BAG: Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung übertariflicher Zulagen
BAG , Urteil vom 10.03.2009 - Aktenzeichen 1 AZR 55/08 (Vorinstanz: LAG Hamm vom 16.10.2007 - Aktenzeichen 14 Sa 1415/07; ) (Vorinstanz: ArbG Dortmund vom 02.05.2007 - Aktenzeichen 8 Ca 5878/06; ) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Leitsätze: 1. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung einer Tarifgehaltserhöhung auf übertarifliche Zulagen mitzubestimmen, wenn eine generelle Maßnahme vorliegt, sich durch die Anrechnung die bisher bestehenden Verteilungsrelationen ändern und für die Neuregelung innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum besteht. 2. Erfolgen Tarifgehaltserhöhungen zeitlich versetzt in mehreren Schritten oder Stufen, ist für die Beurteilung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats eine isolierte Betrachtung des jeweiligen Anrechnungsvorgangs nicht immer ausreichend. Vielmehr kann es darauf ankommen, ob den Entscheidungen des Arbeitgebers über eine mögliche Anrechnung eine einheitliche Konzeption zugrunde liegt. Für ein einheitliches Gesamtkonzept kann insbesondere ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den Anrechnungsvorgängen sprechen. Orientierungssätze: 1. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hängt bei der Anrechnung von Tarifgehaltserhöhungen auf übertarifliche Zulagen davon ab, ob bei der Entscheidung des Arbeitgebers über die Anrechnung ein Gestaltungsspielraum verbleibt. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber eine Tarifgehaltserhöhung nur teilweise auf die übertariflichen Zulagen anrechnet. 2. Nimmt ein Arbeitgeber bei zeitlich gestaffelten oder aufeinander aufbauenden Erhöhungen des Tarifgehalts anlässlich der ersten Erhöhung keine, anlässlich der zweiten Erhöhung dagegen eine vollständige und gleichmäßige Anrechnung vor, hängt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats davon ab, ob mehrere voneinander unabhängige Entscheidungen des Arbeitgebers über eine mögliche Anrechnung vorliegen oder den Entscheidungen eine einheitliche Konzeption zugrunde liegt. 3. Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine einheitliche Gesamtkonzeption vorliegt, sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei ist insbesondere der zeitliche Abstand zwischen den Anrechnungsmaßnahmen von wesentlicher Bedeutung. Außerdem kann die Frage, ob eine einheitliche Tarifgehaltserhöhung oder mehrere selbständige Tarifgehaltserhöhungen vorliegen, eine erhebliche Rolle spielen. 4. Verletzt der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, führt dies nach der vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung vertretenen Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung insgesamt zur Unwirksamkeit der Anrechnung. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Normenkette: BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; Redaktionelle Normenkette: BGB § 611 Abs. 1; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 259;
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||