LAG Nürnberg: Mitbestimmung bei der Wahl der Sprache im Betrieb
LAG Nürnberg, Beschluss vom 18.6.2020 – 1 TaBV 33/19
Volltext: BB-Online BBL2020-2035-2
Amtliche Leitsätze
1. Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass der Vertreter des Arbeitgebers in Gesprächen mit ihm – dem Betriebsrat – in deutscher Sprache spricht und diese versteht, wenn gewährleistet ist, dass jeweils entsprechende Übersetzungen erfolgen.
2. Existieren keine arbeitgeberseitigen Vorgaben zur Verwendung einer Sprache, kann der Betriebsrat ein Begehren dahingehend, dass der Arbeitgeber bzw. sein Filialleiter mit Mitarbeitern immer in deutscher Sprache kommunizieren muss, auch nicht auf eine Verletzung des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG stützen.
3. Zur Auslegung entsprechender Unterlassungs- bzw. Handlungsansprüche
BetrVG § 2 Abs. 1, § 23 Abs. 3, § 78, § 87 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG § 64 Abs. 6, § 87 Abs. 2, § 92 a
Sachverhalt
I.
Die Beteiligten streiten über Unterlassungsbegehren des Betriebsrats und insbesondere darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, mit Betriebsratsmitgliedern und Mitarbeitern in deutscher Sprache zu kommunizieren.
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1.) ist Betriebsrat der Filiale der Beteiligten zu 2.), die in Deutschland mit etwa 80 Filialen und ca. 4.500 Mitarbeitern Bekleidung, Accessoires und Schuhe verkauft, in N… In dieser Filiale sind etwa 64 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Beteiligte zu 2.) gehört zu einem Konzern mit Sitz in Spanien. Die über die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens hinaus von der Beteiligten zu 2.) eingesetzte Filialleiterin G… hatte zunächst kaum, später bessere Kenntnisse in deutscher Sprache. Unter dem 20.12.2018 vereinbarten die Betriebsparteien eine „Regelungsabsprache zur Betriebssprache Deutsch“, die schriftlich niedergelegt und von den Vertretern der Beteiligten unterzeichnet wurde. Diese hat folgenden Wortlaut (Anlage 1 zur Antragsschrift, Bl. 13 f. d.A.):
Die Betriebssprache in den Betrieben des Unternehmens ist Deutsch. Die Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Kunden hat in der Betriebssprache Deutsch zu erfolgen.
Zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern wird in Einzelgesprächen wie zBsp:
- Personalgesprächen
- Vorstellungsgesprächen
- Beurteilungsgesprächen
- Schulungen wird ebenfalls die Betriebssprache Deutsch verwendet. Erklärungen in anderen Sprachen außer der Landessprache erfolgen nicht.
Die Regelungsabsprache gilt befristet ab dem 20.12.2018 bis zum 3.3.2019.
Eine Information über den Inhalt der Regelungsabrede wurde per Aushang veröffentlicht.
Der Beteiligte zu 1.) macht geltend, die Beteiligte zu 2.) habe gegen das Gebot zur Verwendung der deutschen Sprache verstoßen und damit seine Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt. So sei die Bewerberin B… nicht eingestellt worden; diese habe auf Englisch auf die Filialleitung eingesprochen und eine Erklärung für ihre Nichteinstellung verlangt. Die Filialleiterin G… habe in Anwesenheit des Betriebsrats auf Englisch geantwortet. Andere Mitarbeiter hätten ihn, den Beteiligten zu 1.), informiert, dass mit ihnen Personalgespräche auf Englisch geführt worden seien. Unter anderem sei es darum gegangen, dass ein Mitarbeiter in der Herrenabteilung nicht minutengenau gestempelt habe. Im Personalgespräch mit einer Mitarbeiterin aus der Kinderabteilung, das die unmittelbare Vorgesetzte mit dieser auf Deutsch geführt habe, habe die Filialleiterin ergänzend englisch mit der Kollegin gesprochen. Die Filialleiterin habe bei anderer Gelegenheit ein Gespräch mit einer schwangeren Kollegin in Englisch geführt. Mitarbeiterbesprechungen - die täglichen kurzen „Nippons“ - würden von der Filialleitung auf Englisch geführt, wenn die Filialleiterin anwesend sei, und zum Teil nicht übersetzt. In den Mitarbeiterversammlungen würden Sachverhalte nicht übersetzt, wenn die Übersetzung den Abteilungsleitern als zu schwierig erscheine. Im Monatsgespräch vom 28.02.2019 habe die Filialleiterin auf entsprechende Vorhalte von Betriebsratsmitgliedern sinngemäß erklärt, sie könne in ihrer Filiale tun und lassen, was sie wolle. Im Übrigen habe die Filialleiterin mehrere Personalgespräche auf Englisch geführt. Wegen des Verstoßes der Filialleiterin gegen die Regelungsabrede und gegen das Mitbestimmungsrecht habe er, der Beteiligte zu 1.), die Durchführung des Beschlussverfahrens beschlossen. Die begehrte Unterlassungsverpflichtung folge aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Danach bestehe ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, das eingreife, wenn der Arbeitgeber die zu verwendende Sprache regle. Die vom Arbeitgeber erwünschte englische Kommunikation sei dem Ordnungsverhalten zuzurechnen und unterliege daher dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Dies sei von der Beteiligten zu 2.) nicht eingehalten. Die Beteiligte zu 2.) habe zudem mehrfach gegen die Regelungsabrede verstoßen.
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1.) hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1.
der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, mit Mitgliedern des Betriebsrates über Betriebsratsangelegenheiten in einer anderen Sprache als der deutschen Sprache zu kommunizieren;
2.
der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, Mitarbeiterversammlungen („Nippons“) in einer anderen Sprache als der deutschen Sprache durchzuführen, solange und soweit die Zustimmung des Betriebsrates hierzu nicht vorliegt oder durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt wird;
3.
der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, mit Arbeitnehmern, die nicht leitende Angestellte sind, in einer anderen Sprache als der deutschen Sprache zu kommunizieren, solange und soweit die Zustimmung des Betriebsrates hierzu nicht vorliegt oder durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt wird;
4.
der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht werden.
Die Beteiligte zu 2.) hat dagegen beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Die Beteiligte zu 2.) hat eingewandt, die etwa 64 Arbeitnehmer der Filiale in N… kämen aus einem Dutzend verschiedener Länder und sprächen unterschiedliche Sprachen. Sie könnten teilweise schlecht oder kaum Deutsch. Es beständen keine Vereinbarungen mit Mitbestimmungsgremien und keine Vorgaben der Arbeitgeberseite über die zu verwendende Sprache. Die mit dem Beteiligten zu 1.) geschlossene Regelungsabrede sei unpraktikabel gewesen und daher nach ihrem Auslaufen nicht verlängert worden. Die Filialleiterin G… spreche italienisch, englisch und zunehmend auch deutsch. Mit der stellvertretenden Filialleiterin und anderen Abteilungsleitern seien Führungskräfte vorhanden, die gegebenenfalls alles übersetzen könnten und auch übersetzten. Dies gelte auch für die typischerweise bei den Gesprächen anwesende Personalreferentin. In den täglichen kurzen Mitarbeiterversammlungen werde auf Deutsch kommuniziert; wenn die Filialleiterin doch einmal etwas auf Englisch mitteile, werde dies vollständig übersetzt. Es treffe nicht zu, dass manche Äußerungen, weil zu schwierig, nicht übersetzt worden seien. In den Monatsgesprächen mit dem Betriebsrat sei die Personalreferentin anwesend und übersetze etwaige englische Angaben der Filialleiterin. Es sei unverständlich, warum die Filialleiterin nicht auf Englisch antworten können solle, wenn sie auf Englisch angesprochen werde. Im Übrigen seien die Anträge zu 1.) und 2.) schon unzulässig, weil kein einziger Sachverhalt vorgetragen worden sei, in dem mit dem Betriebsrat nur auf Englisch kommuniziert worden wäre. Die Anträge seien sämtlich unbegründet, weil keine Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats erkennbar sei. Sie, die Beteiligte zu 2.), habe keine Verhaltensregeln über die zu verwendende Sprache aufgestellt, die gegebenenfalls mitbestimmungspflichtig wären. Jedem Arbeitnehmer stehe frei, innerhalb des Betriebes nur auf Deutsch zu kommunizieren, auch mit der Filialleiterin. Die Ansprüche könnten im Übrigen schon deswegen nicht begründet sein, weil sie in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Mitarbeiter eingreifen würden. Da das Begehren des Betriebsrats letztlich bewirken würde, dass nur deutschsprachige Mitarbeiter als Führungskräfte eingesetzt werden könnten, lägen auch ein unzulässiger Eingriff in die unternehmerische Freiheit und eine verbotene Diskriminierung der Filialleiterin wegen ihrer Herkunft vor. Unabhängig hiervon habe der Beteiligte zu 1.) keinen einzigen Sachverhalt vorgetragen, in dem eine Kommunikation nicht auf Deutsch stattgefunden habe oder ins Deutsche übersetzt worden sei. Die Anträge seien zudem zu global, weil sie auch Bagatellfälle wie die Antwort mit „Yes“ umfassten, sowie private Gespräche mit Arbeitnehmern, die mit betrieblicher Kommunikation nichts zu tun hätten, und Arbeitsanweisungen, hinsichtlich derer ein Mitbestimmungsrecht nicht eröffnet sei.
Der Beteiligte zu 1.) hat mit Nichtwissen bestritten, dass in der Filiale Mitarbeiter mit keinen oder nicht ausreichenden Deutschkenntnissen beschäftigt seien. Die Filialleitung sei auch zur Verwendung der deutschen Sprache verpflichtet, wenn sie der Auffassung sei, dass der Mitarbeiter englisch verstehen könne. Offensichtlich habe auch die Mitarbeiterin B… sich nicht anders zu helfen gewusst, als die Filialleiterin in englischer Sprache anzusprechen. Er, der Beteiligte zu 1.), bleibe dabei, dass manche englischen Ausführungen der Filialleiterin in den Mitarbeiterbesprechungen nicht übersetzt worden seien. Regelmäßig seien die Mitarbeiterversammlungen in englischer Sprache abgehalten worden. In den Monatsgesprächen sei erst übersetzt worden, als er, der Beteiligte zu 1.), dies verlangt habe. Durch die Einschaltung der Personalreferentin als Übersetzerin sei es kaum möglich gewesen, die anstehenden Probleme ernsthaft zu klären. Mitbestimmungspflichtig seien alle Maßnahmen, die die betriebliche Ordnung beträfen. Es stehe den Mitarbeitern eben nicht frei, mit der Filialleiterin auf Deutsch zu kommunizieren, weil diese der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sei. Die Hinweise auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die unternehmerische Freiheit und die Diskriminierung gingen ins Leere. Ein Verständnis der Anträge dahingehend, dass auch Unterhaltungen im privaten Bereich verboten werden sollten, gehe fehl. Eine solche Kommunikation solle nicht erfasst sein. Auch bei Arbeitsanweisungen, deren Inhalt an sich nicht mitbestimmungspflichtig sei, sei mit der verwendeten Sprache das Ordnungsverhalten mitbetroffen.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 09.10.2019 wie folgt entschieden:
Die Anträge werden abgewiesen.
Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, es fehle nicht an der notwendigen Bestimmtheit der Anträge. Diese sollten erkennbar jegliche Kommunikation umfassen. Ob dies verlangt werden könne, sei eine Frage der Begründetheit. Die Ansprüche seien unbegründet, weil ein Verstoß gegen ein Mitbestimmungsrecht nicht gegeben sei. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG setze ein, wenn der Arbeitgeber verbindliche Vorgaben zur Ordnung im Betrieb oder zum Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb mache. Damit könne die Einführung einer allgemeinen Sprachregelung im Betrieb mitbestimmungspflichtig sein. Solche Verhaltensregeln oder Anordnungen habe die Beteiligte zu 2.) jedoch nicht erlassen. Auch in der tatsächlichen Handhabung der Kommunikation in der Filiale liege keine solche Regel. Hierzu müsste nämlich die Beteiligte zu 2.) mindestens ein faktisches Hindernis geschaffen haben, mit der Filialleitung auf Deutsch zu kommunizieren. Dies sei hier gerade nicht geschehen. Der Betriebsrat trage selbst vor, dass in Gesprächen mit ihm und in den Mitarbeiterversammlungen Übersetzer zur Verfügung ständen. Sämtliche Betriebsratsmitglieder und Beschäftigte könnten ihrerseits die deutsche Sprache verwenden und übersetzen lassen. Die begehrte Untersagung könnte zudem zu einer Benachteiligung jener Arbeitnehmer führen, die ihrerseits der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig seien.
Der arbeitsgerichtliche Beschluss ist den anwaltlichen Vertretern des Beteiligten zu 1.) ausweislich deren Empfangsbekenntnisses am 20.11.2019 zugestellt worden. Diese haben namens und in Vollmacht des Beteiligten zu 1.) mit Schriftsatz vom 20.12.2019, eingegangen beim Landesarbeitsgericht am selben Tag, Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Sie haben die Beschwerde - nach Verlängerung der Begründungsfrist aufgrund am 20.01.2020 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Antrags bis 20.02.2020 - mit am 20.02.2020 eingegangenem Schriftsatz selben Datums begründet.
Zur Begründung seiner Beschwerde lässt der Beteiligte zu 1.) vortragen, das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend zwischen den einzelnen Anträgen differenziert und den vorgetragenen Sachverhalt außer Acht gelassen. Es sei nicht so, dass jedes Mal ein Dolmetscher zur Verfügung stehe, wenn die Filialleiterin mit Mitarbeitern oder dem Betriebsrat spreche. Faktisch sei in diesem Fall die Kommunikation erschwert. Es sei ein faktisches Hindernis vorhanden, mit der Filialleitung zu kommunizieren, weil diese nicht ausreichend Deutsch spreche. Der Betriebsrat habe die Einleitung des Beschlussverfahrens und die Beauftragung der Anwaltskanzlei in der Sitzung vom 27.02.2019, die Einlegung der Beschwerde und weitere Beauftragung der Anwaltskanzlei in der Sitzung vom 29.10.2019 beschlossen.
Der Beteiligte zu 1.) und Beschwerdeführer stellt im Beschwerdeverfahren folgende Anträge:
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.10.2019 zum gerichtlichen Az. 12 BV 31/19 wird abgeändert.
2. Der Beteiligten zu 2.) wird aufgegeben, es zu unterlassen, mit Mitgliedern des Betriebsrates über Betriebsratsangelegenheiten in einer anderen Sprache als der deutschen Sprache zu kommunizieren.
3. Der Beteiligten zu 2.) wird aufgegeben, es zu unterlassen, Mitarbeiterversammlungen („Nippons“) in einer anderen Sprache als der deutschen Sprache durchzuführen, solange und soweit die Zustimmung des Beteiligten zu 1.) hierzu nicht vorliegt oder durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt ist.
4. Der Beteiligten zu 2.) wird aufgegeben, es zu unterlassen, mit Arbeitnehmern, die nicht leitende Angestellte sind, in einer anderen Sprache als der deutschen Sprache zu kommunizieren, solange und soweit die Zustimmung des Beteiligten zu 1.) hierzu nicht vorliegt oder durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt ist.
5. Der Beteiligten zu 2.) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen vorstehende Verpflichtungen ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu € 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht.
Die Beteiligte zu 2.) und Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2.) hat die Auffassung vertreten, die Anträge seien schon mangels ordnungsgemäßer Beschlussfassung des Betriebsrats hierzu unzulässig. In der Beschwerdebegründung fehle es an einer ausreichenden Auseinandersetzung mit den Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Die Anträge seien zudem unbestimmt, weil nicht klar sei, was unter dem Begriff „kommunizieren“ zu verstehen sei. Unter Kommunikation könnten auch Gebärden gemeint sein. Unklar bleibe auch, ob das Ansprechen in englischer Sprache als solches untersagt sein solle oder auch Übersetzungen. Auch würden Sachverhalte erfasst, in denen die Filialleitung mit Beschäftigten in deren Muttersprache kommunizieren wolle. Unabhängig hiervon sei die bisherige Filialleiterin nicht mehr in der Funktion und wechsle nach M… Sie spreche inzwischen zudem sehr gut deutsch, müsse sich allenfalls einzelne Begriffe übersetzen lassen. Bei Bedarf sei jeweils ein Beschäftigter vorhanden, der die Übersetzungen vornehmen könne.
Der Beteiligte zu 1.) hat eingewandt, der Einwand der Unbestimmtheit gehe ins Leere, weil jeder wisse, was unter dem Begriff „kommunizieren“ zu verstehen sei, nämlich Weiterleitung und Austausch von Informationen. Gesten und Gebärden könnten naturgemäß nicht betroffen sein. Das Ausscheiden der Filialleiterin beeinträchtige das Verfahren nicht, weil der Streit hierdurch nicht endgültig erledigt sei.
Der Beteiligte zu 1.) hat Einzelheiten zur Beschlussfassung und zur Anwaltsbeauftragung vorgetragen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 28.05.2020 und die damit vorgelegten Anlagen Bezug genommen (Bl. 174 ff. d.A.). Die Beteiligte zu 2.) hat ihr Bestreiten dieses Vortrags nicht aufrechterhalten (Schriftsatz vom 17.06.2020, Bl. 189/190 d.A.).
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Der Vorsitzende hat den Beteiligten eine Frist zur Einreichung von Schriftsätzen bis spätestens 17.06.2020 gesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung von Sachverhalt und Gründen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Aus den Gründen
II.
Die form- und fristgerecht eingereichte und auch begründete Beschwerde des Beteiligten zu 1.) ist in der Sache nicht begründet.
1. Die Beschwerde ist nicht unzulässig.
a. Sie ist nicht deswegen unzulässig, weil keine ausreichende Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Begründung des Arbeitsgerichts erfolgt wäre. Vorliegend geht es um eine Rechtsfrage, nämlich derjenigen, ob der Arbeitgeber ohne anderweitige Vereinbarung mit dem Betriebsrat verpflichtet ist, in allen Fällen mit Betriebsräten und Mitarbeitern in deutscher Sprache zu kommunizieren, und - unterstellt, es gebe eine Verpflichtung - ob ein Verstoß hiergegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verletzt. Diese Rechtsfragen hat das Arbeitsgericht verneint. Der Beteiligte zu 1.) hat in der Begründung der Beschwerde dargelegt, dass er hinsichtlich dieser Rechtsfragen eine andere Auffassung vertritt, weil er die gesetzlichen Vorschriften anders interpretiert. Dies genügt den Anforderungen an die Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung.
b. Die Beschwerde ist auch nicht deswegen unzulässig, weil der Betriebsrat keinen ordnungsgemäßen Beschluss zur Einlegung und Bevollmächtigung der Prozessvertreter gefasst hätte. Der Beteiligte zu 1.) hat die entsprechenden Dokumente in Ablichtung ins Verfahren eingebracht. Die Beteiligte zu 2.) hat ihre diesbezügliche Rüge daraufhin nicht mehr aufrechterhalten (Schriftsatz vom 17.06.2020, Bl.189 d.A.). Die Beschwerdekammer sieht im Hinblick auf die Unterlagen wie den Vortrag der Beteiligten keinen Anlass, am Vorliegen eines ordnungsgemäßen Beschlusses zur Verfahrenswie auch zur Beschwerdeeinreichung sowie zur Beauftragung der Prozessvertreter mit der Durchführung zu zweifeln und weitere diesbezüglichen Ermittlungen anzustellen.
2. Die Beschwerde ist aber in der Sache nicht begründet.
a. Zwar sind die Anträge entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2.) zulässig.
aa. Die Anträge sind auslegungsbedürftig. Die Beschwerdekammer geht davon aus, dass das Antragsziel des Beteiligten zu 1.) in sämtlichen Anträgen darauf gerichtet sein soll, der Beteiligten zu 2.) bestimmte Handlungspflichten aufzuerlegen, nämlich die Kommunikation allein in deutscher Sprache zu führen oder zu ermöglichen. Damit geht es der Sache nach nicht um eine Unterlassungs-, sondern eine Handlungsverpflichtung. Die insoweit ungenaue Formulierung schadet jedoch nicht. Die Anträge - und entsprechend auch der Antrag auf Androhung von Zwangsmitteln - können ohne Weiteres im diesem Sinn verstanden und ausgelegt werden.
bb. Die Beschwerdekammer geht unter Berücksichtigung der Antragsbegründung und der vorgetragenen Beispiele weiter davon aus, dass der Beteiligte zu 1.) den Antrag so verstehen will, dass die Kommunikation in anderer als der deutschen Sprache auch dann untersagt werden bzw. die Kommunikation allein in deutscher Sprache durch Vertreter der Arbeitgeberin auch dann auferlegt werden soll, wenn die entsprechenden Äußerungen im Bedarfsfall übersetzt werden oder werden können.
Würde man den Antrag so verstehen, dass es dem Betriebsrat nur um unmittelbare Kommunikation ohne Übersetzung ginge, würde das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehlen. Der Beteiligte zu 1.) hat keinen einzigen konkreten Fall benannt, in dem eine solche Kommunikation mit den Betriebsratsmitgliedern und Arbeitnehmern ohne Übersetzer oder der Möglichkeit, einen Mitarbeiter zur Übersetzung hinzuzuziehen, erfolgt wäre, wenn ein entsprechender Wunsch nach Übersetzung geäußert worden sei. Ein entsprechendes Recht hat die Beteiligte zu 2.) nach dem Vortrag beider Beteiligter auch nie in Frage gestellt.
Nach der Begründung des Antrags, insbesondere in der Angabe, die Kommunikation sei auch dann erschwert, wenn Übersetzungen vorgenommen werden, geht die Kammer aber davon aus, dass zumindest auch die Gesprächsführung durch die Filialleitung in englischer Sprache untersagt sein soll, wenn ein Mitarbeiter für Übersetzungen zur Verfügung steht.
cc. Den Anträgen fehlt es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit. Auch die Beschwerdekammer geht davon aus, dass unter „kommunizieren“ der Austausch von Gedanken und Meinungen zu verstehen ist. Dieser Austausch, worunter auch der Vortrag einseitiger Vorstellungen zählt, soll durch die Geschäftsleitung gegenüber und mit den Betriebsratsmitgliedern (Ziff. 2 der Beschwerdeanträge) und auf vom Arbeitgeber durchgeführten Mitarbeiterversammlungen (Ziff. 3 der Beschwerdeanträge) sowie gegenüber Arbeitnehmern, soweit sie nicht leitende Angestellte sind, ausnahmslos in deutscher Sprache erfolgen. Das Begehren des Beteiligten zu 1.) ist damit eindeutig und nachvollziehbar. Mit Recht weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung die Anträge nicht mangels Zulässigkeit, sondern mangels Begründetheit abzuweisen sind, wenn sie „zu global“ sind, weil sie auch nur eine Konstellation erfassen, in denen ein Mitbestimmungsrecht oder die begehrte Unterlassungsverpflichtung nicht besteht.
dd. Den Anträgen fehlt nicht deshalb das Rechtsschutzinteresse, weil die Filialleiterin G…inzwischen nicht mehr in dieser Funktion tätig oder gar in eine andere Filiale gewechselt ist. Die Beteiligte zu 2.) trägt selbst vor, dass in der Filiale eine größere Zahl von Mitarbeiterin beschäftigt ist, die der deutschen Sprache nicht vollständig mächtig sind. Sie hält sich auch nach wie vor für uneingeschränkt berechtigt, Mitarbeiter mit der Filialleitung zu betrauen, die der deutschen Sprache nicht oder nicht vollständig mächtig sind. Die zwischen den Betriebsparteien bestehende Streitfrage hat sich also nicht vollständig auch für die Zukunft abschließend erledigt. Damit ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.
c. Die Anträge sind in der Sache jedoch unbegründet.
aa. Dies gilt zunächst für den Beschwerdeantrag Ziff. 2 (im arbeitsgerichtlichen Verfahren Ziff. 1).
(1) Der Beteiligte zu 1.) kann dieses Begehren allerdings von vornherein nicht auf einen Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG stützen. Bei Ziff. 2 des im Beschwerdeverfahren gestellten Antrags geht es um die Kommunikation zwischen Filialleitung - bzw. Arbeitgeberin - und den Mitgliedern des Betriebsrats. Es geht nicht um allgemeine Ordnungsregeln im Betrieb. Ein Anspruch des Betriebsrats mit dem Ziel, dass diese Kommunikation, die auf die Möglichkeit zur Wahrung der Rechte des Betriebsrats und seiner Mitglieder abzielt, nur in deutscher Sprache geführt wird, kann sich aus diesem Grund allenfalls aus § 78 BetrVG - Behinderung der Betriebsratsarbeit - oder aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG - Ermöglichung und Erleichterung der Kommunikation - ergeben.
(2) Der Betriebsrat kann nicht verlangen, dass der Arbeitgeber selbst oder der vom Arbeitgeber bestimmte Vertreter nur in einer Weise mit ihm kommuniziert, in der der zu den Besprechungen oder Verhandlungen entsandte Vertreter des Arbeitgebers selbst ausschließlich die deutsche Sprache gebraucht. Wesentliche Behinderungen der Betriebsratsarbeit oder Einschränkungen der Entfaltungsmöglichkeiten des Betriebsrats liegen nicht vor, wenn gewährleistet ist, dass sämtliche Erklärungen der Filialleiterin in verständlicher Form gegenüber den Betriebsratsmitgliedern abgegeben und die Erklärungen von Betriebsratsmitgliedern gegenüber der Filialleitung auch entgegengenommen und wahrgenommen werden können. Hierzu gehört, dass Erklärungen in Schrift- oder Textform zumindest dann in deutscher Sprache den Betriebsratsmitgliedern oder - über den Betriebsratsvorsitzenden - dem Betriebsratsgremium zur Kenntnis gegeben werden, wenn diese Betriebsratsmitglieder die Fremdsprache nicht ausreichend beherrschen, wovon nach dem Vortrag der Beteiligten ausgegangen werden muss. Ob der Arbeitgeber oder die von ihm beauftragten Vertreter oder auch die Filialleitung persönlich die Texte in deutscher Sprache verfassen, ist hierbei unerheblich. Entscheidend ist, dass die Texte in deutscher Sprache beim Betriebsrat ankommen und von den Betriebsratsmitgliedern an die Vertreter des Arbeitgebers auf den Weg gegeben werden können.
(3) Dies gilt in derselben Weise auch für mündliche Erklärungen der Beteiligten. Wenn gewährleistet ist, dass Erklärungen der Filialleiterin gegenüber dem Betriebsrat oder Betriebsratsmitgliedern übersetzt werden, soweit dies gewünscht ist, ist gleichzeitig gewährleistet, dass die Betriebsratsmitglieder verstehen und nachvollziehen können, was die Filialleitung meint und ihnen zu verstehen geben will. Falls diejenige Kraft, die die Übersetzung vornimmt, nicht korrekt übersetzt, geht dies zu Lasten der Filialleitung. Mündliche Erklärungen sind rechtlich in derjenigen Weise maßgeblich, wie sie aus dem Empfängerhorizont heraus zu verstehen sind, also wie sie übersetzt an die Betriebsratsmitglieder weitergegeben werden. Nur auf diesen Inhalt kann sich auch der Arbeitgeber berufen. Ähnliches gilt für Erklärungen oder Ausführungen von Betriebsratsmitgliedern, die an die Filialleiterin gerichtet sind. Auch diese können in deutscher Sprache erfolgen; auch diese sind in derjenigen Weise wirksam, wie sie von Personen, die die deutsche Sprache beherrschen, verstanden werden müssen. Auch hier geht also das Risiko, dass die von der Filialleitung eingesetzte Übersetzerin nicht genau dasselbe übersetzt wie es objektiv bei ihr angekommen ist, zu Lasten der Filialleitung und damit des Arbeitgebers.
(4) Nach den Darstellungen der Beteiligten steht - zumindest nach erstmaliger Rüge des Betriebsrats - bei sämtlichen Gesprächen mit Betriebsratsmitgliedern eine Kraft zur Verfügung, die dann übersetzt, wenn die Filialleiterin sich nicht selbst ausreichend in deutscher Sprache ausdrücken kann oder wenn sie Äußerungen der Betriebsratsmitglieder nicht vollständig versteht. Damit ist eine zur Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte ausreichende Kommunikationsmöglichkeit gewährleistet. Eine Behinderung der Betriebsratsarbeit ist nicht erkennbar.
(5) Die Beschwerdekammer kann nachvollziehen, dass eine Gesprächsführung mit der Filialleiterin schwieriger ist, wenn man nicht unmittelbar mit ihr sprechen kann, wenn Erklärungen jeweils erst übersetzt werden müssen. Dies wäre aber nicht anders, wenn die Filialleiterin nicht selbst anwesend wäre, sondern ihrerseits eine Vertretung beauftragen würde, die zwar in deutscher Sprache kommunizieren, aber keine Entscheidungen treffen dürfte und jeweils erst bei der Firmenleitung nachfragen müsste. Auch in einer solchen Konstellation wäre der unmittelbare Austausch erschwert. Auch dies müssten die Betriebsratsmitglieder hinnehmen, könnten nicht durchsetzen, dass derjenige das Gespräch führt, der auch die Befugnis hat, entsprechende Entscheidungen zu treffen - zumal eine solche Person häufig nicht im Beschäftigungsbetrieb anwesend ist, sondern etwa in einer Zentrale. Die Verhandlungen und Gespräche erweisen sich unter solchen Umständen als umständlicher; im Ergebnis kann die Kommunikation aber ohne Einbußen stattfinden. Eine Behinderung der Betriebsratsarbeit liegt nicht vor; auch der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gebietet eine solche unmittelbare Kommunikation ohne Einschaltung eines Übersetzers oder Vertreters nicht.
(6) Ein Anspruch des Betriebsrats auf Zurverfügungstellen eines Übersetzers in bestimmten Konstellationen könnte allenfalls gegeben sein, wenn Äußerungen seines Vorsitzenden oder seiner Mitglieder gegenüber der Filialleitung deswegen nicht beachtet würden, weil sie mangels Übersetzung oder korrekter Übersetzung von dieser nicht korrekt wahrgenommen würden. Einen solchen Sachverhalt hat jedoch auch der Betriebsrat nicht behauptet. Ein solches Begehren hat der Betriebsrat im Übrigen auch nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt.
(7) Ein Anspruch aus der am 20.12.2018 abgeschlossenen Regelungsabsprache ist schon deswegen nicht gegeben, weil diese die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zum Inhalt hat. Unabhängig hiervon ist sie ausgelaufen.
(8) Nach alldem ist der Antrag unbegründet, soweit eine Kommunikation mit Betriebsratsmitgliedern allein in deutscher Sprache verlangt wird.
(9) Im Übrigen wäre der Antrag schon deswegen als zu weitgehend und damit als zu global abzuweisen, weil der Sonderfall nicht ausgenommen ist, dass ein Betriebsratsmitglied eine andere Sprache besser beherrscht als die deutsche und weil deswegen eine Kommunikation mit diesem Mitglied ohne weiteres in dieser Sprache stattfinden könnte - die Betriebsratsarbeit würde in diesem Fall nicht behindert, sondern erleichtert. Der insoweit zu weit gefasste Antrag würde den Austausch auch dann verbieten. Hierfür gibt es keine Grundlage. Dabei ist unerheblich, dass bei der derzeitigen Betriebsratsbesetzung eine solche Konstellation offenbar nicht gegeben ist. Die begehrte Verpflichtung ist in die Zukunft gerichtet, soll von der Arbeitgeberin in der Zukunft erfüllt werden. Wie dargestellt hat er sich durch die Abberufung und Versetzung der Filialleiterin G… nicht erledigt, weil es nicht fernliegt, dass der Arbeitgeber wieder eine Filialleitung ohne gute deutsche Sprachkenntnis einsetzen könnte. Ebenso liegt es im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu einem ausländischen Konzern und der relativ großen Zahl der ausländischen Mitarbeiter im Betrieb nicht fern, dass auch ein Betriebsratsmitglied in anderer Sprache leichter kommunizieren könnte als in der deutschen.
d. Unbegründet ist auch der Antrag, dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen, Mitarbeiterversammlungen in einer anderen Sprache als der deutschen durchzuführen (Ziff. 3 der Beschwerdeanträge) bzw. - so die Auslegung der Beschwerdekammer (s.o.) - ihm aufzugeben, in Mitarbeiterversammlungen allein die deutsche Sprache zu verwenden.
aa. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass sich diese begehrte Unterlassungs- oder Handlungspflicht allein daraus ergeben könnte, dass die Beteiligte zu 2.) durch Erklärungen, die den Mitarbeitern in englischer oder anderer als der deutschen Sprache gegeben werden, Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verletzen würde. Als verletztes Mitbestimmungsrecht kommt hier, wovon das Arbeitsgericht wie auch die Beteiligten ausgehen, allein § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in Betracht.
bb. Die Beschwerdekammer folgt dem Arbeitsgericht darin, dass die Beteiligte zu 2.) das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht verletzt hat. Diese hat keine allgemeinen Vorgaben für die Beschäftigten hinsichtlich der zu verwendenden Sprache im Betrieb gemacht. Insbesondere sind auch den Mitarbeitern gerade keine Pflichten auferlegt worden; diese müssen weder eine andere Sprache sprechen noch sie verstehen. Auch faktisch sind sie nicht gehalten, sich zu bemühen, Vorgaben zu verstehen, die in anderer als in deutscher Sprache gemacht werden. Etwaige Äußerungen der Filialleiterin auf den Mitarbeiterversammlungen sind regelmäßig, wie auch der Beteiligte zu 1.) vorträgt, übersetzt worden. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass die Beteiligte zu 2.) erwarten würde, dass manche Äußerungen, die von den leitenden Mitarbeitern nicht übersetzt worden sein sollen, als in irgendeiner Weise relevant oder verbindlich für die Beschäftigten angesehen wurden. Damit weicht die vorliegende Konstellation entscheidend von derjenigen ab, über die das LAG Köln zu befinden hatte, auf dessen Beschluss sich der Beteiligte zu 1.) beruft (Beschluss vom 09.03.2009, 5 TaBV 114/08, zitiert nach juris). Dort hatte der Arbeitgeber Rundschreiben in englischer Sprache an die Mitarbeiter versandt und deutlich gemacht, dass dies so praktiziert werden, da die Kenntnis der englischen Sprache bei Mitarbeitern in bestimmten Positionen Voraussetzung sei. Nach den Feststellungen des LAG Köln hat der Arbeitgeber damit eine grundlegende Erwartung hinsichtlich des englischen Sprachgebrauchs zum Ausdruck gebracht. Aus diesem Grund, nämlich der Festlegung einer allgemeinen Regelung für einen abstrakt bestimmten Mitarbeiterkreis mit dem Inhalt, dass dieser Mitarbeiterkreis in englischer Sprache gefasste Anweisungen zur Kenntnis zu nehmen verpflichtet sei, hat das LAG Köln das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG als betroffen angesehen und die Zuständigkeit der Einigungsstelle zur Regelung der zu verwendenden Sprache - außerhalb des direkten Weisungsbereichs über die Erbringung der Arbeitsleistung - angenommen. Vorliegend fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Beteiligte zu 2.) von den Mitarbeitern in irgendeiner Weise Verständnis der englischen oder einer anderen Sprache als der deutschen erwarten würde. Damit existiert eine allgemeine, vom Arbeitgeber vorgegebene oder erwartete Sprachregelung für Mitarbeiter nicht. Eine solche Verpflichtung oder Erwartung ist weder ausdrücklich ausgesprochen noch kann sie von den Mitarbeitern nachvollziehbar aus den Umständen angenommen werden.
cc. Es kann vorliegend dahinstehen, ob dem Betriebsrat im Rahmen des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Initiativrecht für die Einführung einer bestimmten Sprachregelung im Betrieb zusteht, mit der Folge, dass sich der Arbeitgeber an eine entsprechend abgeschlossene Vereinbarung halten müsste. Bisher besteht eine solche Vereinbarung nicht. Solange aber eine solche Regelung nicht existiert, liegt auch kein Verstoß des Arbeitgebers vor, muss er Handlungen - hier die Äußerungen der Filialleitung in englischer Sprache, die in der Regel übersetzt werden, auf Mitarbeiterversammlungen - mangels Vorhandensein einer Verpflichtung nicht unterlassen.
dd. Eine derartige Verpflichtung ergibt sich nicht aus der am 20.12.2018 abgeschlossenen Regelungsabrede. Diese enthält zunächst nur die Feststellung, dass die Betriebssprache Deutsch sei, bezieht sich dann auf die - unzweifelhaft das Arbeitsverhalten betreffend und damit an sich nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig - Kommunikation zwischen Mitarbeitern und Kunden. Sodann ist eine Verpflichtung hinsichtlich von Einzelgesprächen vereinbart. Allgemeine Ansprachen wie etwa Erläuterungen auf Mitarbeiterversammlungen sind in der Regelungsabrede schon gar nicht enthalten. Unabhängig hiervon war die Regelungsabrede befristet und ist zum 03.03.2019 ausgelaufen. Irgendwelche Ansprüche kann der Beteiligte zu 1.) aus ihr schon aus diesem Grund nicht ableiten. Regelungsabreden entfalten zudem keine Nachwirkung (ausdrücklich BAG vom 13.08.2019, 1 ABR 10/18, zitiert nach juris).
e. Auch der Antrag hinsichtlich Kommunikation mit Mitarbeitern durch die Geschäftsleitung (Ziff. 4 der Beschwerde) ist nicht begründet.
aa. Dies gilt zunächst aus denselben Gründen wie unter Ziff. 4 dargelegt. Eine allgemeine Vorgabe des Arbeitgebers gibt es diesbezüglich nicht. Anhaltspunkte, dass der Arbeitgeber solche Regelungen einführen wollte, sind in keiner Weise ersichtlich. Regeln über eine solche Pflicht sind nicht vorhanden. Eine Pflicht, gegen die der Arbeitgeber verstoßen haben könnte, existiert nicht. Daher besteht auch keine Unterlassungsverpflichtung.
bb. Unabhängig hiervon wäre der Antrag als zu weitgehender Globalantrag als unbegründet abzuweisen. Die begehrte Verpflichtung bezieht sich auf jegliche Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmern im Betrieb. Es ist aber nicht erkennbar, aus welchem Grund der Arbeitgeber verpflichtet sein sollte, mit Arbeitnehmern, die die englische Sprache gut - vielleicht sogar besser als die deutsche - beherrschen, nur in deutscher Sprache reden zu dürfen. Hierfür gibt es weder nachvollziehbare Gründe noch ein Bedürfnis. Zu weit geht dieser Antrag auch, weil er sich auf jegliche Kommunikation bezieht, auch eine solche, die sich unmittelbar auf die Erbringung der Arbeitsleistung bezieht. Streng genommen wäre hierdurch auch die Verwendung englischer Begriffe untersagt, die dem betroffenen Arbeitnehmer ohne weiteres geläufig sind. Entsprechende Unterlassungs- oder Handlungspflichten des Arbeitgebers existieren nicht.
f. Da entsprechende Unterlassungs- oder Handlungspflichten gerade nicht bestehen, kann auch ein Ordnungsgeld - bzw. ein Zwangsgeld - nicht angedroht werden. Die Beschwerdekammer geht davon aus, dass dieser Antrag ohnehin als Hilfsantrag für den Fall der Stattgabe der anderen Anträge gestellt sein sollte, so dass eine Entscheidung über ihn nicht anfällt.
3. Sämtliche der gestellten Anträge sind nicht begründet. Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen. Eine Kostenentscheidung kommt im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nicht in Betracht, weil gerichtliche Kosten nicht erhoben werden.
4. Die Beschwerdekammer konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten im Wege schriftlichen Verfahrens entscheiden (§§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 128 Abs. 2 ZPO).
5. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.