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Arbeitsrecht
22.09.2016
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Mindestlohn für Praktikanten

ArbG Berlin, Urteil vom 17.6.2016 – 28 Ca 2961/16

Volltext: BB-ONLINE BBL2016-2356-7

unter www.betriebs-berater.de

Leitsätze

Die Verpflichtung, auch Praktikanten vorbehaltlich der Ausnahmetatbestände in § 22 Abs. 1 MiLoG den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen, kann bei einem schriftlich auf vier Monate befristeten Praktikum nach Ablauf des ersten Monats nicht dadurch im Nachhinein aus der Welt geschafft werden, dass der Arbeitgeber mit dem Betroffenen für die restlichen drei Monate einen auf nunmehr (noch) drei Monate befristeten Praktikantenvertrag abschließt und im Rechtsstreit beteuert, die vorherige Abmachung sei nur „missverständlich“ abgefasst gewesen.

Sachverhalt

Es geht es um Vergütungsdifferenzen nach Unterschreitung des sogenannten „Mindestlohns“ für Praktikum. - Vorgefallen ist folgendes:

I.          Die (heute[1]) 22-jährige Klägerin empfing unter dem Datum des 7. April 2015 ein nach Erscheinungsbild und Diktion von der Beklagten vorformuliertes Schriftstück (Kopie[2]: Urteilsanlage I.), mit welchem die Beklagte, die eine Kindertagesstätte unterhält, sie folgenden Text unterzeichnen ließ (Auszüge):

„Praktikum

V e r t r a g

zwischen

[es folgt: Bezeichnung der Parteien; d.U.].

Zwischen der … [Beklagten] und [der Klägerin] wird für ein Praktikum nachstehender Vertrag geschlossen.

Hierdurch wird kein Ausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder Arbeitsverhältnis eingegangen. Die Praktikantin oder der Praktikant absolviert das Praktikum mit dem Ziel der Berufsfindung. Wir[3] das Praktikum nicht vor dem 31.07.2015 beendet, so bekommt die Praktikantin die Möglichkeit ab dem 01.08.2015 eine Ausbildung berufsbegleitend zur Erzieherin in der Kita [der Beklagten] zu absolvieren.

§ 1 Praktikumsdauer

            Die Praktikumszeit beginnt am 01.04.2015 und endet am 31.07.2015.

Die wöchentliche und tägliche Arbeitszeit während des Praktikums beträgt 30/6 Zeitstunden. …

§ 5 Vergütung

Die Praktikantin oder der Praktikant erhält eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 100,-- € monatlich. Die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen ist von dem Betrieb/der Einrichtung sichergestellt“.

II.         Auf diesem Hintergrund wurde die Klägerin für die Beklagte im April 2015 insgesamt (22 [Tage] à 6 [Stunden] = ) 132 Stunden tätig, im Mai 2015 (21 x 6 = ) 122 Stunden, im Juni (22 x 6 = ) 132 Stunden und im Juli 2015 nochmals (23 x 6 = ) 138 Stunden. Für die somit binnen vier Monaten insgesamt erbrachten (132 + 122 + 132 + 138 = ) 528 Stunden entrichtete die Beklagte die besagte „Aufwandsentschädigung“ von monatlich 100,-- Euro, zusammen 400,-- Euro. - Unterdessen hatten die Parteien unter dem Datum des 25. Juni 2015 einen „Anstellungsvertrag“ (Kopie[4]: Urteilsanlage II.) unterzeichnet. Ihm zufolge sollte die Klägerin ab August 2015 für die Beklagte gegen ein Monatsgehalt von 1.023,-- Euro (brutto) bei wöchentlich 25 bis 30 Stunden „als Erziehungshelferin“ (§ 1 Abs. 1 ArbV) Verwendung finden. Diesen Vertrag, den die Beklagte (wohl) als Ausbildungsvertrag einstuft, kündigte die Klägerin aus Gründen, die von den Parteien nicht näher thematisiert werden, mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 (Kopie[5]: Urteilsanlage III.) zum 13. November 2015.

III.         Fest steht, dass sie die Beklagte nach vergeblicher vorgerichtlicher Aufforderung im Anwaltsschreiben vom 25. November 2015 (Kopie[6]: Urteilsanlage IV.) mit ihrer am 2. März 2016 bei Gericht eingereichten und acht Tage später (10. März 2016) zugestellten Zahlungsklage auf Ausgleich von Vergütungsdifferenzen nebst Verzugszinsen in Anspruch nimmt, die sich aus dem für 528 Stunden geschuldeten Mindestlohn von (528 x 8,50 Euro = ) 4.488,-- Euro (brutto) und den empfangenen 400,-- Euro (netto) ergeben. Hierzu verweist sie darauf, dass ihr hiesiges Praktikum dem Vertragstext (Urteilsanlage I.) zufolge vier Monate dauere und einer freiwilligen Orientierung mit dem Ziel der Berufsfindung diene[7]. Damit gelte unabhängig von der vertraglichen Entgeltsabmachung der Mindestlohn, den sie denn auch einfordere.

IV.        Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 4.488,-- Euro (brutto) abzüglich 400,-- Euro (netto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 1. August 2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

V.         Sie hält das Klagebegehren der Sache nach für haltlos[8]. Sie räumt ein, mit der Klägerin den hier vorgelegten Praktikumsvertrag (Urteilsanlage I.) in der Tat abgeschlossen zu haben[9]. Allerdings legt sie Wert auf die Feststellung, dass sie die Klägerin später mit Erfolg aufgefordert habe, neben der so gestalteten Vertragsurkunde eine auf den 30. April 2015 datierte weitere Urkunde (Kopie[10]: Urteilsanlage V.) zu unterzeichnen[11]. Diese habe „klarstellen“ sollen, dass das eigentliche Praktikum, dem eine einmonatige Hospitation vorgeschaltet habe werden sollen, erst mit dem 1. Mai 2015 begonnen habe[12]. Insofern sei die von der Klägerin beigebrachte Vertragsurkunde zuvor „missverständlich, bzw. nicht hinreichend klar aufgesetzt“ gewesen[13].

VI.        Hierzu erwidert die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2016[14] unter anderem, beim Vortrag der Beklagte handele es sich um einen „nachvollziehbaren, jedoch untauglichen Versuch, die Klageforderung abzuwenden“[15]. Zwar habe sie die auf den Zeitraum von Mai bis Juli 2015 bezogene (zweite) Urkunde (Urteilsanlage V.) unterzeichnet[16]. Das ändere aber nichts an der Tatsache, dass damit eine Vergütungspflicht nach dem Mindestlohngesetz eintrete[17]: Beide Verträge regelten ein Praktikum mit dem Ziel der Berufsfindung[18]. Für die von der Beklagten dafür behauptete Hospitation finde sich hingegen keinerlei Anhaltspunkt[19]. Insofern handele es sich lediglich um eine nachträglich vorgeschobene Behauptung, die die Klageforderung nicht zu Fall bringen könne[20].

VII.       Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen.

Aus den Gründen

Der Klage ist ihr Erfolg nicht zu versagen. Die Beklagte schuldet der Klägerin die beanspruchte Differenzvergütung nebst Verzugszinsen. - Daran können ihre Einwände nichts ändern:

A.         Die Parteien haben unter dem Datum des 7. April 2015 (Urteilsanlage I.) einen Vertrag über ein Praktikum von vier Monaten (April bis Juli 2015) und unter jenem des 30. April 2015 (Urteilsanlage V.) nochmals von drei Monaten (Mai bis Juli 2015) geschlossen. Da die Klägerin bei der Beklagten somit – so oder so – insgesamt vier Monate als Praktikantin unter Vertrag stand, ist die gesetzliche Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG[21], die die Beklagte von den zwingenden Vergütungssätzen des Mindestlohngesetzes hätte befreien können, tatbestandlich nicht erfüllt. Fiel die Klägerin damit nicht in den Kreis der Ausnahmevorschriften zum persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes, so führt kein Weg daran vorbei, dass die Beklagte ihr den gesetzlichen Mindestlohn nach Maßgabe der §§ 1 Abs. 1[22], 20[23] MiLoG zu zahlen hat. Die geforderten Zinsen sind aufgrund der §§ 288 Abs. 1[24], 286 Abs. 2 Nr. 1[25], 614 Satz 1[26] BGB geschuldet.

B.         Die Beklagte will das zwar nicht gelten lassen. Das schützt sie aber nicht vor den Folgen:

I.          Soweit sie zunächst beteuert (s. oben, S. 4 [vor VI.]), das Vertragswerk vom 7. April 2015 „missverständlich, bzw. nicht hinreichend klar“ formuliert zu haben, befreit sie das nicht von den Konsequenzen der selber  besiegelten Worte. Es ist bekanntlich wesentlicher Sinn einer Verschriftlichung rechtsgeschäftlicher Willensakte, dass mit der per Schriftform angeregten Selbstprüfung der Akteure und der daraus typischerweise herrührenden Überlegung[27] ein besonderes Maß an Verlässlichkeit erzeugt werden soll. Nicht zuletzt deshalb wird dem Inhalt von Privaturkunden schon seit den Zeiten des Reichsgerichts in Zivilsachen[28] eine Vermutung für dessen „Richtigkeit“ zugeschrieben[29]. Nachdem die Beklagte für die Ausgestaltung ihrer Willensäußerung in diesem Sinne gesteigert verantwortlich war, kann sie mit der Darstellung, sie habe nicht gewollt, was darin gesagt ist, schon phänomenologisch nicht gehört werden.

II.         Das Blatt ist auch nicht damit zu wenden, dass sie die Klägerin offenbar dazu hat bewegen können, ihr unter dem 30. April 2015 noch eine zweite Urkunde (Urteilsanlage V.) zu unterschreiben. Zwar thematisiert deren Text das Praktikum nun in der Tat nur noch für die Monate Mai bis Juli 2015. Das macht aber nicht ungeschehen, was die Parteien auf gleicher vertraglicher Grundlage zuvor schon einen Monat lang praktiziert hatten. Außerdem ist dort eine dahingehende Erklärung für die Vergangenheit nicht einmal getroffen. Angesichts dessen ist nur beiläufig anzumerken, dass es schon nach dem Rechtsgedanken des § 3 MiLoG[30] ohnehin nicht in ihrer Hand läge, ihre bis dato bereits gelebte Beziehung im Nachhinein umzudefinieren; schon gar nicht in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen (s. dazu auch § 309 Nr. 12 Buchstabe b) BGB[31]).

III.        Die Konsequenzen dieser Befunde spiegelt der Tenor zu I. des Urteils.

C.         Für Kosten und Streitwert lässt es sich kurz machen:

I.          Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO[32]). Diese Kosten hat es der – im Prozess unterlegenen - Beklagten zuweisen müssen (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO[33]; Tenor zu II.).

II.         Den Wert des Streitgegenstandes hat das Gericht aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG[34] im Tenor festgesetzt und mit dem bezifferten Wert der Klageforderung bemessen. Das macht also (4.488,-- Euro ./. 400,-- Euro = ) 4.088,-- Euro und erklärt den Tenor zu III.

 

 

 

 

 

 

 



[1]    Geboren im März 1994.

[2]    S. Kopie als Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 4-5 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA“]).

[3]    Schreibweise (statt: „wird“) im Original; d.U.

[4]    S. Kopie als Anlage B 2 zur Klageerwiderungsschrift vom 23.5.2016 (Bl. 56-57 GA).

[5]    S. Kopie als Anlage B 3 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 58 GA).

[6]    S. Kopie als Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 6-7 GA).

[7]    S. Klageschrift S. 2 (Bl. 2 GA).

[8]    S. Klageerwiderungsschrift S. 1-2 (Bl. 53-54 GA) nebst Anlagen B 1 bis B 3 (Bl. 54-58 GA).

[9]    S. Klageerwiderungsschrift S. 1 (Bl. 53 GA): „Ursprünglich wurde zwischen den Parteien der am 7. April 2015 unterzeichnete Praktikumsvertrag geschlossen. Als Praktikumsdauer wurde seinerzeit der 1. April 2015 bis zum 31. Juli 2015 festgelegt. Die Klägerin sollte somit als Praktikantin vier Monate für die Beklagte arbeiten. - Dies ist der Vertrag, den die Klägerin auch dem Gericht zur Verfügung gestellt hat“.

[10]  S. Kopie als Anlage B 1 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 55/R GA).

[11]  S. Klageerwiderungsschrift S. 1-2 (Bl. 53-54 GA).

[12]  S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[13]  S. Klageerwiderungsschrift S. 1 (Bl. 53 GA).

[14]  S. Schriftsatz vom 14.6.2016 S. 1-2 (Bl. 66-67 GA).

[15]  S. Schriftsatz vom 14.6.2016 S. 1 (Bl. 66 GA).

[16]  S. Schriftsatz vom 14.6.2016 S. 2 (Bl. 67 GA).

[17]  S. Schriftsatz vom 14.6.2016 a.a.O.

[18]  S. Schriftsatz vom 14.6.2016 a.a.O.

[19]  S. Schriftsatz vom 14.6.2016 a.a.O.

[20]  S. Schriftsatz vom 14.6.2016 a.a.O.

[21]            S. Text: „§ 22 Persönlicher Anwendungsbereich. - (1) 1Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 2Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, es sei denn, dass sie – 1. ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten, - 2 ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten, - 3. ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder – 4. an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54 a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorberietung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilnehmen. - 3Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt“.

[22]  S. Text: „§ 1 Mindestlohn. - (1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns durch den Arbeitgeber“.

[23]  S. Text: „§ 20 Pflichten des Arbeitgebers zur Zahlung des Mindestlohns. - Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sind verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 spätestens zu dem in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Zeitpunkt zu zahlen“.

[24]  S. Text: „§ 288 Verzugszinsen. (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszins beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz“.

[25]  S. Text: „§ 286 Verzug des Schuldners. (1) … (2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn – 1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist“.

[26]  S. Text: „§ 614 Fälligkeit der Vergütung. Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten“.

[27]            S. hierzu auch die nach wie vor noch immer ebenso aufschlussreichen wie lesenswerten Ausführungen aus der Entstehungszeit des BGB bei Benno Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich (1899), Bd. I, S. 451: „Die Notwendigkeit der Beachtung einer Form ruft bei den Beteiligten eine geschäftsmäßige Stimmung hervor, weckt das juristische Bewusstsein, fordert zur besonnenen Überlegung heraus und gewährleistet die Ernstlichkeit der gefassten Entschließung. Die beobachtete Form stellt ferner den rechtlichen Charakter der Handlung klar, dient, gleich dem Gepräge einer Münze, als Stempel des fertigen juristischen Willens und setzt die Vollendung des Rechtsakts außer Zweifel“.

[28]  S. dazu etwa schon  RG 13.6.1902 – VII 126/02 – RGZ 52, 23, 26: „Wer daher mündliche Vereinbarungen vor und bei Abschluss des schriftlichen Vertrages gegen dessen Inhalt behauptet, kann damit so lange nicht gehört werden, als er nicht weiter darlegt, dass entgegen der Vermutung der Vollständigkeit der Schrift   a u c h   das mündlich Besprochene habe gelten sollen, dass also die Schrift unrichtig und unvollständig sei. Diese Darlegung kann, wie sich von selbst ergibt, auch in der Weise erfolgen, dass Umstände nachgewiesen werden, die erkennbar auf die Geltung der mündlichen Abreden neben der Schrift schließen lassen“.

[29]  S. RG 13.6.1902 (Fn. 28) – Zitat dort; s. seither statt vieler BGH 14.7.1960 – II ZR 268/58 – VersR 1960, 812 [Leitsatz 1.]: „Die über ein Rechtsgeschäft aufgenommene Urkunde hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Das Vorliegen abweichender mündlicher Vereinbarungen hat daher derjenige Vertragsteil zu beweisen, der die Abweichung behauptet“; 29.4.1970 – VIII ZR 120/68 – MDR 1970, 756 = BB 1970, 860 [III.2 b. - „Juris“-Rn. 28]: „Schriftliche Verträge haben grundsätzlich die Vermutung für sich, dass ihr Inhalt das Vereinbarte zutreffend und vollständig wiedergibt. Wer etwas Abweichendes geltend macht, ist dafür beweispflichtig. Handelt es sich, wie hier, um den Inhalt eines von dem Beweispflichtigen selbst entworfenen Vertrages, so genügt indessen die bloße Behauptung einer anderweitigen Vereinbarung nicht. Vielmehr muss dann dargetan werden, worauf es beruht, dass der Inhalt von dem angeblich Besprochenen abweicht. Das gilt vor allem dann, wenn es sich um eine Abweichung von erheblicher rechtlicher und wirtschaftlicher Tragweite handelt, und wenn der Beweispflichtige, von dem der Vertragstext stammt, über große wirtschaftliche Erfahrung und Gewandheit verfügt  und überdies beim Vertragsschluss rechtlich beraten ist, wie das von der Klägerin, einem bedeutenden wirtschaftlichen Unternehmen gilt“; 11.11.1977 – V ZR 105/75 – MDR 1978, 567 = JR 1978, 157 = WM 1978, 244 [II.1. - „Juris“-Rn. 12]: „Die uneingeschränkte Geltung der in ständiger Rechtsprechung schon des Reichsgerichts (…) zugrundegelegten (tatsächlichen) Vermutung (…) wird auch nicht durch den Hinweis der Revision berührt, dass nicht selten unrichtige Grundstückskaufpreise beurkundet würden. Es bleibt daher dabei, dass die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit hier Platz greift und die Beklagte zum vollen Beweis des Gegenteils zwingt“.

[30]  S. Text: „§ 3 Unabdingbarkeit des Mindestlohns. - 1Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. 2Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den entstandenen Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. 3Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen“.

[31]  Das gilt namentlich auch für § 309 Nr. 12 Buchstabe b) BGB; Textauszug: „§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit. - Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam – 1. … - 12. eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteilss ändert, insbesondere in dem er – a) … - b) den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt“.

[32]  S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) … (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen“.

[33]  S. Text: „§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht. (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen … “.

[34]  S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest“.

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