LAG Berlin-Brandenburg: Kündigungsschutzklage gegen Nicht-Arbeitgeber
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3.8.2017 – 5 Sa 369/17
ECLI: ECLI:DE:LAGBEBB:2017:0803.5SA369.17.00
Volltext: BB-Online BBL2017-2867-4
Leitsätze
1. Eine Kündigungsschutzklage ist unzulässig, wenn sie sich gegen eine Person richtet, welche die Kündigung nicht ausgesprochen hat und diese sich auch nicht zurechnen lässt.
2. Soweit ein Gewerbetreibender, welcher das Recht besitzt, unter Verwendung fremder Ware und fremder Geschäfts- und Markenbezeichnungen einen Sonderpostenmarkt zu betreiben, unternehmerische Freiheiten im personellen Bereich hat und Gewinn erzielt, ist er nicht als "Strohmann" desjenigen anzusehen, der ihm dieses Recht einräumt.
§ 4 KSchG, § 242 BGB
Sachverhalt
Die Parteien streiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses und dessen Beendigung, die Beschäftigung der Klägerin und die Erteilung eines Zwischenzeugnisses.
2
Die Beklagte schloss am 05.09.2011 mit Frau S., die bis Oktober 2011 private Arbeitsvermittlerin war, eine schriftliche Vereinbarung, wonach Frau S. das Recht und die Pflicht übertragen wurde, unter Verwendung des Firmennamens „T. P.“ sowie entsprechender Symbole, Embleme, Werbesprüche und sonstiger Kennzeichen in Brandenburg a. d. H. einen T. P.-Markt zu betreiben. Die Beklagte hatte Frau S. die Ladeneinrichtung kostenlos zur Verfügung zu stellen und ihr die in den Markt zum Verkauf gelangenden Waren zu liefern. Darstellung des Marktes und der Waren hatten einem einheitlichen Erscheinungsbild der T. P.-Märkte zu entsprechen. Forderungen aus dem Verkauf von Waren galten als Forderungen der Beklagten, Frau S. sollte eine Verkaufsprovision von 9 % des Nettoumsatzes erhalten. Frau S. hatte dafür Sorge zu tragen, dass stets ausreichendes und gut ausgebildetes Personal vorhanden war, Anstellungsvereinbarungen hatte sie in eigenem Namen abzuschließen. Wegen der Bestimmungen der Vereinbarung vom 05.09.2011 im Einzelnen wird auf Bl. 36 – 50 verwiesen.
Die zu diesem Zeitpunkt arbeitslose Klägerin rief eine in einer Annonce vom 24./25.09.2011 angegebene Telefonnummer an. Mit dieser Annonce wurden unter der Bezeichnung „T. P. KOMPAKT Sonderposten“ für einen neuen Markt in 14770 Brandenburg Kassierer, Verkäufer und Lagerarbeiter mit dem Zusatz „auch in Teilzeit und für die Markterrichtungsphase“ gesucht (Bl. 79 d. A.). Es meldete sich Frau S., die die Klägerin aufforderte, zu einem Vorstellungsgespräch in den Räumen des Marktes zu erscheinen. Aus eigenem Antrieb erstellte die Klägerin anschließend ein Bewerbungsschreiben (Bl. 80 d. A.), suchte sich im Internet die Anschrift der Beklagten heraus und sendete das Bewerbungsschreiben nebst weiterer Bewerbungsunterlagen dorthin. Am 04.10.2011 meldete Frau S. ein Gewerbe für den Einzelhandel mit Waren verschiedener Art an (Bl. 51 d. A.). Am 05. oder 06.10.2011 erschien die Klägerin zum verabredeten Vorstellungsgespräch in den Räumen des Marktes, bei dem neben Frau S. und einem anderen privaten Arbeitsvermittler auch 50 bis 60 weitere Bewerberinnen und Bewerber zugegen waren. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass sie ab dem 26.10.2011 bei einer Bruttostundenvergütung von 7,00 EUR eingestellt werden könne, dass bis dahin aber eine Auswahl stattfinde. Vorher sollten die Bewerber den Laden einräumen. Die Klägerin, die bis zum 25.10.2011 Hartz 4-Leistungen bezog, teilte dies dem Jobcenter mit und erhielt von diesem einen Bescheid über eine Maßnahme zur Eignungsfeststellung für eine feste Einstellung, in dem die Beklagte unter der Adresse des Brandenburger Marktes als Arbeitgeber angegeben war. Die Klägerin führte ab dem 12.10.2011 Arbeiten zur Einräumung des Marktes aus. Zusammen mit Frau S. prüften ein Bezirksleiter der Beklagten und ein Geschäftsführer der Gesellschafterin der Beklagten, die bis zur Markteröffnung anwesend waren, die Arbeiten der eingesetzten Personen. Am 26.10.2011 wurde der Markt in den von der Beklagten gemieteten Räumen eröffnet, die Klägerin wurde fortan als Verkäuferin und Kassiererin eingesetzt und erhielt eine Vergütung von 7,00 EUR brutto je Stunde (s. die Lohnabrechnung für Oktober 2011, Bl. 221 d. A.). Am 24.11.2011 unterzeichnete die Klägerin einen auch von Frau S. unterzeichneten Arbeitsvertrag, in welchem „T. P. Sonderposten, Inhaberin: D. S., N. Straße 69, 1… B.“ als Arbeitgeber angegeben wurde und wonach die Klägerin ab dem 26.10.2011 als „Verkäuferin/Kassiererin m. erweitertem Tätigkeitsfeld“ tätig sein sollte (Bl. 15 f. d. A.). Frau S. erteilte Arbeitsanweisungen, teilte die Schichten ein und entschied über Überstunden, Urlaub und freie Tage. Zuletzt wurde die Klägerin als stellvertretende Marktleiterin bei einer Bruttomonatsvergütung von 1.512,00 EUR beschäftigt.
Am 30.12.2015 erhielt die Klägerin ein von Frau S. unterzeichnetes Schreiben, in welchem „T. P. Sonderposten Inh. D. S. N. Str. 69 1… B.“ als Absender angegeben war und mit welchem das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31.01.2016, hilfsweise zum nächst möglichen Termin gekündigt wurde (Bl. 18 d. A.).
Mit der am 19.01.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, die Beklagte habe die Annonce vom 24./25.09.2011 geschaltet und ihr mündlich den Abschluss eines Arbeitsvertrages als Verkäuferin/Kassiererin im Markt Brandenburg zu einem Stundenlohn von 7,00 EUR angeboten. Dieses Angebot habe die Klägerin angenommen. Die Beklagte habe die Klägerin auch bezahlt, ihr Geschäftsführer und ein Bezirksleiter hätten den eingesetzten Mitarbeitern ab dem 12.10.2011 Anweisungen erteilt. Frau S. habe keine Kaufmannseigenschaft gehabt und sei im Rahmen der Vertragsunterzeichnung von der Beklagten als Strohfrau vorgeschoben worden. Frau S. sei weder am 12.10.2011 noch danach Betreiberin des Marktes gewesen. Neben der Entscheidung über Lage, Größe und Einrichtung des Marktes und über die zu verkaufende Ware habe die Beklagte auch die Hoheit über das eingesetzte Personal gehabt und habe die Arbeit der Beschäftigten nach Qualität und Quantität durch ihren Bezirksleiter überprüft und diese bei Schlechtleistung gerügt. Frau S. habe der Beklagten monatlich die Lohnsummen gemeldet.
Mit Versäumnisurteil vom 22.11.2016 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen das ihr am 23.11.2016 zugestellte Versäumnisurteil hat die Klägerin mit am 30.11.2016 eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt und hat beantragt, unter Aufhebung des Versäumnisurteils
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Frau S. mit Schreiben vom 30.12.2015, zugegangen am 30.12.2015, nicht aufgelöst wurde, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.01.2016, hilfsweise über den nächstmöglichen Termin hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zur Rechtskraft der Entscheidung als Verkäuferin/Kassiererin im Markt der Beklagten in Brandenburg an der Havel, N. Straße 69, 1… B. an der Havel weiter zu beschäftigen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 22.11.2016 aufrecht zu erhalten.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe die Annonce nicht geschaltet, den Abschluss eines Arbeitsvertrages habe Frau S. der Klägerin angeboten. Diese habe auch die Gehälter der Mitarbeiter festgelegt. Die im Eigentum der Beklagten stehende Ware sei von Frau S. als Kommissionärin im eigenen Namen für Rechnung der Beklagten verkauft worden. Frau S. habe den Verkauf mit ihrem eigenen Verkaufsunternehmen erledigt, das sie auf eigene Rechnung und Gefahr betrieben habe. Zwischen den Parteien habe kein Arbeitsverhältnis bestanden.
Das Arbeitsgericht hat das klageabweisende Versäumnisurteil mit Urteil vom 07.02.2017 aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass die Kündigung vom 30.12.2015 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgelöst habe, da zwischen ihnen kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Der Arbeitsvertrag der Klägerin vom 24.11.2011 sei von Frau S. erkennbar in eigenem und nicht im Namen der Beklagten abgeschlossen worden, was sich aus der Bezeichnung der Frau S. als „Inhaberin“ ergebe. Gleichermaßen habe Frau S. auch die streitgegenständliche Kündigung in eigenem Namen ausgesprochen, weil sie sich darin wie auch in weiteren schriftlichen Erklärungen als „Inhaberin“ bezeichnet habe. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, neben dem schriftlichen Arbeitsvertrag noch einen mündlichen Arbeitsvertrag am Telefon mit Frau S. für die Beklagte abgeschlossen zu haben. Selbst wenn die Vertragsverhandlung am Telefon nur so zu verstehen gewesen sei, dass Frau S. als Vertreterin der Beklagten gehandelt habe, sei der mündlich abgeschlossene Arbeitsvertrag dahingehend geändert worden, dass Frau S. Arbeitgeberin der Klägerin sei. Frau S. habe auch nicht lediglich als Strohfrau für die Beklagte, sondern gemäß den Bedingungen des im September 2011 mit der Beklagten geschlossenen Franchisevertrages gehandelt. Aufgrund des hiernach eingeschränkten Einflusses auf die Führung des Unternehmens sei Frau S. nicht die Rechtsmacht genommen, im eigenen Namen Arbeitsverträge abzuschließen. Der allgemeine Feststellungsantrag sei aufgrund mangelnden Feststellungsinteresses als unzulässig zurückzuweisen. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei mangels ausdrücklich entgegenstehender Erklärung der Klägerin als ein nur für den Erfolg des Bestandsschutzbegehrens gestellter Antrag anzusehen, über ihn sei daher nicht zu entscheiden gewesen. Schließlich habe die Beklagte der Klägerin mangels eines zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses auch kein Zwischenzeugnis zu erteilen.
Gegen dieses der Klägerin am 23.02.2017 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 17.03.2017 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24.05.2017 am 24.05.2017 begründete Berufung. Sie trägt vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht nicht in den Tatbestand aufgenommen, dass die Klägerin sich auf eine Anzeige der Beklagten beworben und die Beklagte Kassierer, Verkäufer und Lagerarbeiter gesucht habe, ferner, dass die Klägerin ihre Bewerbung an die Beklagte gesendet habe. Durch Bewerbung und Einstellung sei zwischen den Parteien bereits vor Markteröffnung ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Dessen Beendigung habe Frau S. nicht durch den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 24.11.2011 herbeiführen können. Ferner habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass Frau S. keine für die Inhaberschaft des Unternehmens wesentlichen Entscheidungen getroffen habe und nicht Kommissionärin, sondern Scheinselbständige gewesen sei. Bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages sei Frau S. von der Beklagten gezielt als Strohmann eingesetzt worden, insbesondere um die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes zu umgehen.
Die Klägerin beantragt,
1. Unter Abänderung des am 07.02.2017 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel zu dessen Az.: 2 Ca 46/16, wird beantragt zu erkennen, das Urteil einschließlich des Versäumnisurteils vom 22.11.2016 aufzuheben und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Frau S. mit Schreiben vom 30.12.2015, zugegangen am selben Tage, nicht aufgelöst wurde, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.01.2016, hilfsweise über den nächstmöglichen Termin hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zur Rechtskraft der Entscheidung als Verkäuferin/Kassiererin im Markt der Beklagten in Brandenburg an der Havel, N. Straße 69, 1…. B. an der Havel, weiter zu beschäftigen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein wohlwollendes, qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, bei der Annonce habe es sich nach ihrem Inhalt um eine Anzeige der Frau S. als Inhaberin des neuen Marktes gehandelt. Unerheblich und falsch sei, dass ein Geschäftsführer der Beklagten in der Markteinrichtungsphase Anweisungen gegenüber der Klägerin erteilt habe. Frau S. sei zu keinem Zeitpunkt als Vertreterin der Beklagten aufgetreten, ein mündlicher Arbeitsvertrag sei von den Parteien nicht geschlossen worden. Das Arbeitsgericht sei auch zutreffend vom Bestehen eines Franchiseverhältnisses zwischen Frau S. und der Beklagten ausgegangen, nach dessen Inhalt Frau S. den Markt auf eigene Rechnung und Gefahr als selbständige Kauffrau betrieben habe. Frau S. habe den Arbeitsvertrag, die angegriffene Kündigung und alle sonstigen schriftlichen Erklärungen gegenüber der Klägerin im eigenen Namen ausgesprochen. Ein Schein- oder Strohmanngeschäft habe nicht vorgelegen.
Wegen des zweitinstanzlichen Vortrages der Parteien wird im Übrigen auf den Schriftsatz der Klägerin vom 24.05.2017 (Bl. 304 – 316 d. A.), den Schriftsatz der Beklagten vom 30.06.2017 (Bl. 325 – 329 d. A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2017 (Bl. 331 – 333 d. A.) verwiesen.
Aus den Gründen
I.
25 Die Berufung der Klägerin ist nur teilweise zulässig. Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. c und Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie wurde aber nicht im Hinblick auf alle Klageanträge gem. §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 Abs. 3 ZPO ausreichend begründet.
26 Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen. Bezieht sich das Rechtsmittel auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, ist zu jedem Anspruch eine ausreichende Begründung zu geben. Fehlen Ausführungen zu einem Anspruch, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Begründetheit des einen Anspruchs denknotwendig von der des anderen abhängt (BAG, Urteil vom 19. Mai 2016 – 3 AZR 131/15, Rz. 15). Vorliegend setzt sich die Berufungsbegründung hinsichtlich der vom Arbeitsgericht abgewiesenen Kündigungsschutzklage (Antrag zu 1.) ausreichend mit der dafür gegebenen Begründung des Arbeitsgerichts auseinander, es habe zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden. Insoweit ist die Berufung also zulässig. Dies gilt auch für die Anträge zu 3. und 4., obwohl sich die Berufungsbegründung diesbezüglich nicht ausdrücklich mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt. Da mit ihr aber geltend gemacht wird, das Arbeitsgericht habe der Kündigungsschutzklage stattgeben müssen, wäre unter Zugrundelegung der Annahme des Arbeitsgerichts, dass es sich bei dem Antrag zu 3. um einen uneigentlichen Hilfsantrag handelt, vom Arbeitsgericht über diesen zu entscheiden gewesen. Bestünde entsprechend den Ausführungen in der Berufungsbegründung ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien, hätte das Arbeitsgericht auch den Antrag zu 4. nicht mit der gegebenen Begründung abweisen dürfen.
27 Unzulässig ist hingegen die Berufung, soweit sie sich auch gegen die Abweisung des Antrages zu 2. richtet. Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht unabhängig von der Frage des Bestandes eines Arbeitsverhältnisses der Parteien mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig gehalten, weil keine der Parteien vorgetragen habe, dass nach der in Streit befindlichen Kündigung eine weitere Kündigung ausgesprochen wurde oder ein sonstiger Beendigungstatbestand vorlag. Der von der Klägerin mit der Berufungsbegründung geltend gemachte Bestand eines Arbeitsverhältnisses hätte also nicht denknotwendig zugleich die Zulässigkeit des Antrages zu 2. zur Folge. Nach der Begründung des Arbeitsgerichts, die insoweit mit der Berufungsbegründung nicht angegriffen worden ist, müsste mangels sonstiger Beendigungstatbestände auch bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses der Parteien die Unzulässigkeit des Antrages zu 2. angenommen werden.
II.
28 Soweit das Urteil des Arbeitsgerichts mit der Berufung in zulässiger Weise angefochten worden ist, ist die Klage teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
1.
29 Der Rechtsstreit ist aufgrund des Einspruchs der Klägerin vom 30.11.2016 gegen das Versäumnisurteil vom 22.11.2016 in die Lage vor Eintritt der Säumnis vom 20.09.2016 zurückversetzt worden ist (§§ 59, 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 342 ZPO).
2.
30 Die Klage ist hinsichtlich Antrages zu 1. unzulässig, soweit mit diesem gem. § 4 S. 1 KSchG geltend gemacht wird, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei nicht durch die Kündigung „der Frau S. mit Schreiben vom 30.12.2015“ aufgelöst worden. Insoweit fehlt der Klägerin das erforderliche Feststellungsinteresse. In der Regel ist im Falle eines Antrages nach § 4 S. 1 KSchG ein solches zwar bereits deshalb gegeben, weil mit diesem Antrag der Eintritt der Fiktion des § 7 KSchG verhindert werden soll (BAG v. 11.02.1981 – 7 AZR 12/79, Rz. 26). Jedoch findet die Klagefrist des § 4 KSchG auf Fälle, in denen die ausgesprochene Kündigung dem Arbeitgeber nicht zugerechnet werden kann, keine Anwendung (BAG v. 06.09.2012 – 2 AZR 858/11, Rz. 13). Hier kann die Kündigungserklärung vom 30.12.2015 bereits nach dem Klagevortrag der Beklagten nicht zugerechnet werden. Sie ist von Frau S. unter der Bezeichnung „T. P. Sonderposten Inh. D. S.“ und der Anschrift des Marktes in Brandenburg a. d. H. ausgesprochen worden. Darin liegt bei Auslegung der Erklärung nach §§ 133, 157 BGB kein Handeln im Namen der Beklagten, die unter der Firma „T. P. GmbH & Co. KG“ handelt und deren „Inhaberin“ Frau S. nicht ist. Frau S. hat diese Kündigung also im eigenen Namen ausgesprochen, die Kündigungserklärung ist von der Beklagten, die sich im Prozess durchgehend darauf berufen hat, dass Frau S. nicht in ihrem Namen gehandelt habe, auch nicht nachträglich genehmigt worden. Dahinstehen kann insoweit, ob Frau S. bei der Begründung und Abwicklung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin als „Strohfrau“ der Beklagten handelte. Denn gem. § 242 BGB kann bei dieser Fallkonstellation ein Rechtsgeschäft nur insoweit nichtig und dem durch die „Strohfrau“ handelnden Dritten zuzurechnen sein, soweit zwingende soziale Schutzrechte umgangen werden (BAG v. 15.05.2013 – 7 AZR 494/11, Rz. 33). Die Zurechnung eines im eigenen Namen handelnden Dritten erfolgt zum Schutze des Betroffenen, nicht zu seinen Lasten. Rechnete man vorliegend die von Frau S. ausgesprochene Kündigung der Beklagten zu, würde dies nicht dem Schutze der Klägerin dienen, sondern zu ihren Lasten gehen, weil eine dem Erklärungsinhalt nach zur Beendigung des ggf. zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht geeignete Kündigung aufgrund der Zurechnung zu Lasten der Klägerin Rechtswirkungen entfalten könnte.
31 Jedoch ist von einem Antrag nach § 4 S. 1 KSchG regelmäßig auch das Begehren umfasst festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat (BAG v. 18.12.2014 – 2 AZR 163/14, Rz. 22). Die Klägerin hat nicht erklärt, den Antrag zu 1. allein auf die Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung vom 30.12.2015 beschränken zu wollen. Dies folgt auch nicht daraus, dass sie neben dem Antrag zu 1. mit dem Antrag zu 2. selbständig eine allgemeine Feststellungsklage erhoben hat, weil diese sich nach ihrem Wortlaut auf die Zeit nach dem in der Kündigung genannten Auflösungszeitpunkt bezogen hat Soweit demnach der Antrag zu 1. auch eine Klage umfasst, die sich auf den Zeitraum bis zu dem in der angegriffenen Kündigung vorgesehenen Auflösungszeitpunkt vom 31.01.2016 bezieht, liegt das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor, weil die Beklagte den Bestand eines Arbeitsverhältnisses der Parteien in Abrede stellt.
32 Der Antrag zu 3. ist unabhängig davon, ob er – wovon das Arbeitsgericht ausgeht – nur für den Fall des Erfolges des Bestandsschutzbegehrens gestellt worden ist oder eine unbedingte Leistungsklage darstellt, zulässig. Das gilt auch für den Antrag zu 4.
3.
33 Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet.
a)
34 Der Antrag zu 1. ist, soweit er zulässig ist, unbegründet, weil bis zu dem in der angegriffenen Kündigung vorgesehenen Auflösungszeitpunkt am 31.01.2016 zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Weder vor dem 12.10.2011, noch am 26.10.2011 oder am 24.11.2011 ist zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, welches mangels eines Beendigungstatbestandes am 31.01.2016 noch Bestand gehabt hätte. Die Beklagte muss sich zudem auch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs so behandeln lassen, als sei ein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zustande gekommen.
aa)
35 Die Parteien haben vor dem 12.10.2011 keine mündliche Vereinbarung über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses getroffen. Dies hatte die Klägerin schon mit dem bis zu mündlichen Verhandlung vom 27.07.2017 erfolgten Vortrag nicht schlüssig dargelegt. Sie hatte hiermit nicht vorgetragen, welche von der Beklagten entsprechend bevollmächtigten Personen mit der Klägerin eine derartige mündliche Vereinbarung getroffen haben. Der ursprüngliche Vortrag, die Klägerin habe nach Anruf der in der Annonce angeführten Telefonnummer auf Nachfrage die Adresse der Beklagten erhalten, dorthin ein Bewerbungsschreiben gesendet, „die Beklagte“ habe der Klägerin sodann nach Eingang des Bewerbungsschreibens den Abschluss eines Arbeitsvertrages als Verkäuferin/Kassiererin angeboten und die Klägerin nach Aufnahme der Arbeiten am 12.10.2011 bezahlt, enthielt diese Darlegung nicht.
36 Auf entsprechenden Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin sodann ihren Vortrag geändert. Nun trägt sie vor, Frau S., die zu diesem Zeitpunkt als private Arbeitsvermittlerin aufgetreten sei, habe sie in einem Telefongespräch zu einem Vorstellungsgespräch am 05. oder 06.10.2011 in die zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingerichteten Räume des Markts in Brandenburg a. d. H. eingeladen. Das von der Klägerin aus eigenem Antrieb erstellte Bewerbungsschreiben habe sie an die Beklagte geschickt, deren Adresse sie sich aus dem Internet herausgesucht habe. Bei dem Bewerbungsgespräch seien 50 bis 60 weitere Bewerber und neben Frau S. auch ein weiterer privater Arbeitsvermittler zugegen gewesen. Es sei der Klägerin gesagt worden, dass sie ab dem 26.10.2011 bei einer Vergütung von 7,00 EUR je Stunde eingestellt werde, allerdings solle bis dahin eine Auswahl stattfinden. Ab dem 12.10.2011 habe die Klägerin als Verräumerin (Einräumung des Ladens) tätig werden sollen. Bis zum 25.10.2011 habe sie vom Jobcenter weiter Hartz 4 Leistungen bezogen. Sie habe dem Jobcenter mitgeteilt, dass sie für die Zeit vom 12. bis 25.10.2011 eine Maßnahme vom Jobcenter gebraucht habe und von diesem dann einen Bescheid über eine Maßnahme zur Eignungsfeststellung für eine feste Einstellung erhalten habe. In diesem Bescheid sei unter der Anschrift des Marktes in Brandenburg a. d. H. die Beklagte als Arbeitgeber bezeichnet gewesen, bei dem sie eingestellt habe werden sollen. Ihr und Frau S. als Vermittlerin habe im Einstellungsfalle ab dem siebten Monat eine Prämie zugestanden, diese hätten sie aber nicht geltend gemacht. Während der Einrichtung des Marktes seien Frau S., ein Bezirksleiter der Beklagten und der Geschäftsführer T. P. zugegen gewesen und hätten die Arbeit der eingesetzten Personen geprüft, der Bezirksleiter und Herr P. hätten der Klägerin Arbeitsanweisungen erteilt.
37 Auch aus diesem vom ursprünglichen Vortrag in auffällig vielfältiger Weise abweichenden Vortrag kann das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien für die Zeit ab dem 12.10.2011 nicht abgeleitet werden. Frau S. ist hiernach als private Arbeitsvermittlerin und nicht als Vertreterin der Beklagten aufgetreten. Mit sonstigen Mitarbeitern der Beklagten hat die Klägerin nach ihrem Vortrag über die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit für die Beklagte nicht verhandelt. Der Vortrag der Klägerin lässt unabhängig davon auch von der Abwicklung her den Schluss nicht zu, dass die Klägerin im Zeitraum vom 12.10.2011 bis 25.10.2011 bei der Markteinrichtung Leistungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbrachte. Ihr Vortrag, wonach sie in diesem Zeitraum weiter Hartz 4 Leistungen bezog und vom Jobcenter einen „Bescheid über eine Maßnahme zur Eignungsfeststellung für eine feste Einstellung“ erhielt, legt nahe, dass die Klägerin im Zeitraum vom 12. bis 25.10.2011 im Rahmen einer Eingliederungsleistung nach § 16 SGB II eingesetzt wurde. Gem. § 16 Abs. 1 S. 2 SGB II in der vom 01.04.2011 bis 31.03.2012 geltenden Fassung konnte die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter (§§ 6, 44 b SGB II i. d. F. v. 01.04.2011) Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB III erbringen. Hierzu gehörten Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 46 SGB III in der vom 01.01.2009 bis 31.03.2012 geltenden Fassung, insbesondere die Feststellung, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen oder die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung (§ 46 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 SGB III i. d. F. v. 01.01.2009). Gem. § 46 Abs. 2 S. 2 SGB III i. d. F. v. 01.01.2009 konnten entsprechende Maßnahmen auch bei oder von einem Arbeitgeber durchgeführt werden, wenn sie die Dauer von vier Wochen nicht überschritten. Hierzu gehören Arbeitserprobungen und Probeschäftigungen (Gagel/Bieback, März 2013, § 45 SGB III, Rz. 61). Bewilligt aber ein zuständiger Träger einem Hilfebedürftigen als Eingliederungsleistung nach § 16 SGB II eine betriebliche Praxiserprobung bei einem privaten Unternehmen, so wird hierdurch ein von Rechtssätzen des öffentlichen Rechts geprägtes Rechtsverhältnis und kein Arbeitsverhältnis begründet (BAG v. 19.03.2008 – 5 AZR 435/07, Rz. 9). Die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen lassen hier keinen anderen Schluss zu.
38 Dass im Zeitraum vom 12. bis 25.10.2011 nach Behauptung der Klägerin ihr auch Mitarbeiter der Beklagten Arbeitsanweisungen erteilten, ändert nichts an diesem Ergebnis. Dies folgt aus der Natur einer bei einem Arbeitgeber durchgeführten Eingliederungsmaßnahme. Dass innerhalb der hierdurch begründeten öffentlich-rechtlichen Beziehung Arbeitsleistungen des Hilfebedürftigen entgegengenommen werden, beinhaltet kein ausdrückliches oder konkludentes Angebot auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses (BAG a.a.O., Rz. 11).
bb)
39 Auch aufgrund der Beschäftigung der Klägerin als Kassiererin/Verkäuferin ab dem 26.10.2011 bzw. aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24.11.2011 ist zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
40 Die Beschäftigung ab 26.10.2011 erfolgte durch Frau S. in dem von ihr gem. § 1 Ziff. 1 der Vereinbarung vom 05.09.2011 betriebenen Markt. Dem entspricht auch der Vortrag der Klägerin, dass nach der Markteröffnung am 26.10.2011 – mit Ausnahme des zeitlich nicht konkretisierten Vortrages zu von Bezirksleitern der Beklagten gegenüber Frau S. und den Marktmitarbeitern erteilte Rügen – Mitarbeiter der Beklagten dort nicht mehr anwesend waren. Auch den Arbeitsvertrag vom 24.11.2011 hat Frau S. in eigenem Namen abgeschlossen. Auch hier handelte sie unter der Firma „T. P. Sonderposten Inhaberin: D. S.“, also für die Klägerin trotz Verwendung der Bezeichnung „T. P.“ erkennbar im eigenen Namen. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der Klägerin vorgelegten sonstigen schriftlichen Erklärungen ihr gegenüber (Lohnabrechnungen, Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung, Arbeitszeugnis; Bl. 220 ff. d. A.), in denen sich Frau S. jeweils als „Inhaberin“ bezeichnete. Die sozialversicherungsrechtliche Meldung bei der Einzugsstelle (§ 28 a SGB IV) beinhaltet keine gegenüber der Klägerin abgegebene Erklärung.
cc)
41 Die Beschäftigung ab dem 26.10.2011 im Unternehmen der Frau S. erfolgte auch nicht auf der Grundlage eines Schein- oder Strohmanngeschäftes. Dass die Klägerin und Frau S. am 26.10.2011 oder am 24.11.2011 übereinstimmend zum Schein ein Arbeitsverhältnis eingingen, um ein tatsächlich von Frau S. im Namen der Beklagten abgeschlossenes Arbeitsverhältnis zu verdecken (§ 117 BGB) trägt die Klägerin nicht vor. Selbst wenn ihre Annahme zutreffend wäre, wonach Frau S. als „Strohfrau“ der Beklagten handelte, läge ein Scheingeschäft nicht vor. Wird beim Vertragsschluss eine Person als Vertragspartner vorgeschoben (so genannter Strohmann), so sind die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts in der Regel nicht erfüllt. Denn die erklärte Rechtsfolge ist von den Beteiligten normalerweise ernsthaft gewollt, weil andernfalls der erstrebte wirtschaftliche Zweck nicht oder nicht in rechtsbeständiger Weise erreicht würde (BGH v. 04.04.2007 - III ZR 197/06, Rz. 5). Dass die Beklagte trotz Vorschiebens der Frau S. als Strohfrau gleichwohl ein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin begründen wollte, lässt sich aus dem Vortrag der Klägerin gerade nicht ableiten.
42 Die Beklagte muss sich aber auch aufgrund rechtsmissbräuchlichen Verhaltens aufgrund eines zu Zwecken der Umgehung arbeitsvertraglicher Schutzrechte getätigten „Strohmanngeschäfts“ nicht so behandeln lassen, als sei sie Vertragspartnerin der Klägerin geworden. Ein Rechtsmissbrauch kann sich aus dem bewussten und gewollten Zusammenwirken mehrerer Personen bei den Vertragsgestaltungen ergeben. Das kann dazu führen, dass sich Rechte, die durch Zwischenschaltung eines „Strohmanns“ umgangen werden sollen, gegen einen Dritten richten können. Sollen im bewussten und gewollten Zusammenwirken arbeitsrechtliche Schutzvorschriften umgangen werden, kann dies zur Folge haben, dass sich eine hieran beteiligte Person so behandeln lassen muss, wie sie bei Anwendung der umgangenen Vorschrift zu behandeln wäre. Hieraus folgt freilich nicht zwingend, dass das Vertragsverhältnis zu dem dazwischen geschalteten Dritten nichtig wäre. Die Rechtsfolge kann vielmehr auch darin bestehen, dass sich bei Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses zum Dritten nur einzelne Ansprüche gegen denjenigen richten, der rechtsmissbräuchlich vertragliche Beziehungen zu sich verhindert hat. Entscheidend sind der Schutzzweck der umgangenen Norm und die Frage, ob die Umgehung gerade in der Verhinderung der gesetzlich an sich vorgesehenen Begründung eines Rechtsverhältnisses zu einem Dritten insgesamt oder lediglich in der Vermeidung oder Verkürzung einzelner Ansprüche liegt (BAG v. 15.05.2013 – 7 AZR 494/11, Rz. 33). Eine unternehmerische Tätigkeit des „Strohmanns“ steht dabei der Annahme entgegen, dass in der gewählten Vertragskonstruktion gerade die Verhinderung eines Arbeitsverhältnisses liegt. (BAG v. 17.01.2017 – 9 AZR 76/16, Rz. 42) Wenn ein Arbeitgeber für bestimmte Arbeiten erforderliche Arbeitskräfte nicht selbst einstellt, sondern Dritte anweist, im eigenen Namen auf fremde Rechnung und nach bestimmten Richtlinien Arbeitsverträge für diese Arbeiten zu schließen, so kann darin ein Missbrauch der Rechtsform des mittelbaren Arbeitsverhältnisses und eine Umgehung von Gesetzen und Tarifverträgen liegen. Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Mittelsmänner unternehmerische Entscheidungen nicht treffen und keinen Gewinn erzielen können. (BAG v. 20.07.1982 – 3 AZR 446/80).
43 Selbst wenn vorliegend durch den Abschluss des Arbeitsvertrages durch Frau S. als „Strohfrau“ die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes hätte umgangen werden können, weil es auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Frau S. im Unterschied zu einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten keine Anwendung fand, liegen die Voraussetzungen eines rechtsmissbräuchlichen Umgehungsgeschäfts nicht vor. Denn es ist von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt worden, dass Frau S. keine unternehmerischen Entscheidungen treffen konnte und keinen Gewinn erzielte. Die Beklagte hat vorgetragen, dass Frau S. das Personal des Marktes ausgewählt und eingestellt hat, deren Gehälter festlegte, dass sie die Arbeitsanweisungen an die Marktmitarbeiter erteilt hat, über die Schichteinteilung entschied, Überstunden anordnete und freie Tage und Urlaub bewilligte. Dies entspricht auch § 5 Ziff. 6 der Vereinbarung der Frau S. mit der Beklagten vom 05.09.2011. Dem ist die für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nur insoweit entgegengetreten, als dass sie ohne Darlegung konkreter Tatsachen behauptete, die Beklagte habe die Personalhoheit durch ihre Bezirksleiter ausgeübt, zu deren für die Erteilung täglicher Arbeitsanweisungen erforderlichen Anwesenheit im Markt sie schon nichts vortrug. Ferner hat sie ohne Darlegung konkreter Tatsachen und für die Beklagte dabei handelnder Personen behauptet, die Beklagte und nicht Frau S. habe das Personal ausgewählt. Auch soweit sie behauptet, die Beklagte habe Gehälter an die Marktmitarbeiter gezahlt, hat sie diese Behauptung trotz gegenteiligen Vortrages der Beklagten nicht hinsichtlich Art und Weise des Auszahlungsvorganges und der dabei beteiligten Personen konkretisiert und einen entsprechenden Vortrag in Bezug auf die Klägerin und den Zeitraum ab dem 12.10.2011 ausdrücklich abgeändert. Unstreitig gelassen hat die Klägerin den Vortrag der Beklagten zur Schichteinteilung, Überstundenanordnung und Freizeit- bzw. Urlaubsgewährung. Selbst wenn Frau S. im Übrigen infolge der Vereinbarung mit der Beklagten vom 05.09.2011 hinsichtlich der Markteröffnung, der Lage des Marktes, der Parkplätze, der Werbung und des Warenbestandes so gut wie keine Entscheidungsbefugnisse gehabt haben sollte, kann demnach auch nach dem Klägervortrag nicht davon ausgegangen werden, dass Frau S. keine unternehmerischen Entscheidungen bei der Umsetzung des Betriebszwecks treffen konnte. Ausweislich § 6 Nr. 2 der Vereinbarung vom 05.09.2011 erzielte sie zudem auch einen sich aus dem Netto-Umsatz ergebenden und damit auch vom ihrem eigenen unternehmerischen Geschick bei der Personalbeschaffung und -führung abhängigen Gewinn.
b)
44 Zu Recht ist das Arbeitsgericht unter Berufung auf den Beschluss des BAG v. 30.08.2011 (2 AZR 668/10 (A)) davon ausgegangen, dass der Antrag zu 3. einen nur für den Erfolg des Bestandsschutzbegehrens gestellten Hilfsantrag darstellt, obwohl er von der Klägerin nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet worden ist. Dieser Annahme des Arbeitsgerichts ist die Klägerin in der Berufungsbegründung nicht entgegengetreten, so dass auch für die Berufungsinstanz nichts anderes gilt. Hiernach hat eine Entscheidung über den Antrag zu 3. zu unterbleiben, da das Bestandsschutzbegehren der Klägerin insgesamt keinen Erfolg hat.
c)
45 Mangels Bestands eines Arbeitsverhältnisses der Parteien kann die Klägerin von der Beklagten auch nicht gem. § 241 Abs. 2 BGB die Erteilung eines Zwischenzeugnisses verlangen.
III.
46 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
IV.
47 Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Die Klägerin wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) hingewiesen.