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Arbeitsrecht
03.05.2012
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Kündigung eines Polizisten wegen außerdienstlichen Herstellens der Partydroge „liquid ecstasy"

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.10.2011 - 19 Sa 1075/11


Leitsatz


Ein angestellter Polizist im Wachschutz, der hoheitlich tätig ist, verletzt seine vertragliche (Neben-)pflicht zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs. 2 BGB schwerwiegend, wenn er unerlaubt Partydrogen herstellt und deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung verurteilt wird. Die ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ist regelmäßig gerechtfertigt, § 1 Abs. 2 KSchG.(Rn.30)(Rn.31)


Orientierungssatz


Die außerdienstliche Begehung von Straftaten kann auch Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Arbeitnehmers begründen und dazu führen, dass es diesem an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben fehlt. Daraus kann, abhängig von der Funktion des Beschäftigten, ein personenbedingter Kündigungsgrund folgen. Ob ein solcher Grund vorliegt, hängt von der Art des Delikts und den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. Straftaten eines im Öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers werden grundsätzlich auch dann zu einem Eignungsmangel führen können, wenn sie außerdienstlich begangen wurden und es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt.(Rn.38)


(Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt unter dem Aktenzeichen 2 AZN 3/12)


Tatbestand


Die Parteien streiten über eine fristgemäße Verdachtskündigung des beklagten Landes, das dem Kläger vorwirft, es bestehe der begründete Verdacht, zwischen Februar 2008 und dem 13. Januar 2010 Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt hergestellt zu haben. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Berlin vom 30.05.2011 ist der Kläger inzwischen wegen des unerlaubten Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gem. § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten mit Bewährung verurteilt worden. Auf das strafgerichtliche Urteil, das zu den Akten gelangt ist (vgl. Bl. 252 bis 260 d. A.) und das den Parteien bekannt ist, wird Bezug genommen.



Der am .....1969 geborene ledige Kläger war seit dem 19.10.2001 beim beklagten Land als angestellter Wachpolizist im Objektschutz gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 2.500 EUR und einer 38,5-Stunden-Woche tätig. Er versah seinen Dienst in Polizeiuniform und mit Dienstwaffe; er war gem. § 3 der Verordnung über die Wahrnehmung bestimmter polizeilicher Aufgaben durch die Dienstkräfte der Polizei mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet und hoheitlich tätig.



In Ausführung eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts N. wurde seine Wohnung am 13.01.2010 polizeilich durchsucht. Dabei wurden verschiedene Flaschen mit Gamma-Butyrolakton, im Folgenden GBL, Utensilien zur Herstellung von Gamma-Hydroxybuttersäure, im Folgenden GHB, Natriumhydroxid, Indikatorpapier und eine Anleitung zur Herstellung von GHB gefunden. Entsprechend dem Gutachten des Landeskriminalamtes, das in der strafgerichtlichen Verhandlung verlesen wurde und das dem strafgerichtlichen Urteil zugrunde liegt, hat das Landgericht B. in dem strafgerichtlichen Urteil festgestellt, dass der Kläger in nicht geringer Menge unerlaubt Betäubungsmittel hergestellt hat. Der Kläger hat eingeräumt, diese Betäubungsmittel, die umgangssprachlich auch also KO-Tropfen oder als Partydroge "Liquid Ecstasy" bezeichnet werden, ausschließlich zum Eigenverbrauch hergestellt zu haben.



Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 19.10.2001 ist der BAT unter Berücksichtigung der jeweils in Frage kommenden Sonderregelungen mit allen künftigen Änderungen und Ergänzungen sowie die mit dem Land Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten, insbesondere Vergütungstarifverträge, .. in Bezug genommen (vgl. Bl. 331 und 332 d. A.); im Übrigen ist der Kläger nicht unmittelbar tarifgebunden.



Nach Anhörung des Klägers kündigte das beklagte Land mit Schreiben vom 13.08.2010, dem Kläger am 19.08.2010 zugegangen, das Arbeitsverhältnis unter Zustimmung der angehörten Frauenvertreterin und des beteiligten Personalrates wegen des Verdachts einer Straftat zum 31.12.2010 (vgl. Bl. 4-6 d. A.). Zuvor war dem Land die Anklage der Staatsanwaltschaft vom 22.06.2010 am 30.06.2010 zugegangen.



Mit Urteil vom 29.03.2011 hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen. Wegen der Urteilsgründe sowie des weiteren erstinstanzlichen Tatbestandes wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen (vgl. Bl. 184 bis 196 d. A.).


Gegen das dem Kläger am 19.04.2011 zugestellt Urteil hat er am 19.05.2011 Berufung eingelegt und diese am 11.08.2011 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.08.2011 gegenüber dem Landesarbeitsgericht begründet.


Der Kläger wendet sich vor allem aus Rechtsgründen gegen die angefochtene Entscheidung und meint, die streitgegenständliche Kündigung sei schon deswegen rechtsunwirksam, da die vom Kläger begangene Straftat außerdienstlich erfolgte und einen Bezug zum Arbeitsverhältnis nicht aufweise. Der Kläger unterliege nicht mehr der inzwischen abgelösten Vorschrift des § 8 BAT, sondern nur noch den geringeren Verhaltensanforderungen in § 41 TVöD. Dies ergebe sich aus einer erforderlichen ergänzenden Vertragsauslegung.


Er sei erst seit dem 20.11.2009 gewillt und in der Lage gewesen, die zur Herstellung von GHB notwendige Synthese durchzuführen. Er habe nur ein einziges Mal und keine größere Menge GHB hergestellt. Seit der Wohnungsdurchsuchung habe er kooperativ mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet und seine Dienstvorgesetzten informiert. Mehrfach sei ohne Befund ein Drogenscreening bei ihm durchgeführt worden. Er sei ab dem 24.05.2010 wieder tätig geworden und habe auch an Schießübungen teilgenommen. Ab 19.07.2010 sei er in der Aktensammelstelle eingesetzt worden.


Die Straftat habe keine Beziehung zu seinem Arbeitsverhältnis oder seiner Dienststelle gehabt, vom Kläger sei auch keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht fehlerhaft angenommen, eine vorherige Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen. Schließlich habe die Interessenabwägung nicht zu Lasten des Klägers ausfallen dürfen.


Der Kläger beantragt,


das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29.03.2011 - 50 Ca 13388/10 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung mit Schreiben vom 13.08.2010 nicht aufgelöst worden ist,


hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit diesem Antrag,


die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur Rechtskraft der Entscheidung zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Angestellter des Zentralen Objektschutzes weiter zu beschäftigen.


Das beklagte Land beantragt,


die Berufung zurückzuweisen.


Es verteidigt das angefochtene Urteil ebenfalls überwiegend mit Rechtsausführungen und meint, der Kläger habe durch seine Tat als Polizist das Ansehen seines Dienstherrn bzw. der Berliner Landespolizei insgesamt in der Öffentlichkeit beschädigt. Sein Fall sei auch in der Tagespresse wiedergegeben worden. Bei einem Polizisten wie dem Kläger sei jedes Delikt von Bedeutung, er stelle für die Öffentlichkeit das sprichwörtliche "Auge des Gesetzes" dar. Die vom Kläger zitierten Rechtsauffassungen in obergerichtlichen Urteilen seien mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Es werde im Übrigen bestritten, dass der Kläger nicht gewusst habe, eine Straftat begangen zu haben. Die Art der Begehung dieser Tat zeuge vom Gegenteil. Der negative Befund des Drogenscreenings sei unbeachtlich, da sich "Liquid Ecstasy" schon nach kurzer Zeit im Körper nicht mehr nachweisen lasse. Welches Vertrauen dem Kläger entgegengebracht worden sei und welchen Vorgesetzten er sein Bedauern ausgedrückt habe, sei unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig.


Wegen des weiteren Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie ihre mündlichen Ausführungen im Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht Bezug genommen.


Entscheidungsgründe


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Aus den Gründen


Die zulässige, frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers blieb erfolglos. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mithin steht fest, dass die streitgegenständliche Kündigung des beklagten Landes vom 13.08.2010 das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2010 beendet hat. Das Berufungsgericht macht sich die arbeitsgerichtlichen Ausführungen im Urteil vom 29.03.2011 zu eigen und verzichtet auf ihre Wiederholung; auf die Ausführungen wird ausdrücklich Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG.


Zur Berufung ist noch Folgendes auszuführen:


1. Die streitgegenständliche Kündigung des beklagten Landes vom 13.08.2010 hat das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist mit dem 31.12.2010 beendet. Die Kündigung ist gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, nämlich durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt.


1.1. Nach ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das Berufungsgericht sich anschließt, ist eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine Vertragspflichten erheblich verletzt hat, das Arbeitsverhältnis dadurch auch künftig konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen, eine weitere Störung zuverlässig ausschließenden Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint (vgl. dazu nur zuletzt Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.10.2010 - 2 AZR 293/09, NZA 2011, 112 ff. mit weiterem Nachweis). Der Arbeitnehmer muss keine Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt haben. Auch die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sozial rechtfertigen (BAG, a. a. O.). Darüber hinaus kann eine schwere und schuldhafte Vertragspflichtverletzung auch ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB sein, was auch bei der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten gilt (vgl. nur Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.01.2011 - 2 AZR 825/09, NZA 2011, 798 ff. mit weiterem Nachweis). Ist jedoch eine Vertragsverletzung als wichtiger Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB anzusehen, stellt sie erst recht einen anzuerkennenden Grund gem. § 1 Abs. 2 KSchG dar. So liegt es im vorliegenden Fall.


1.2. Der Kläger war zum Zeitpunkt der Wohnungsdurchsuchung am 13.01.2010, unstreitig jedoch mindestens seit dem 20.11.2009 in der Lage, GHB herzustellen. Tatsächlich verfügte der Kläger, wie sich durch die Wohnungsdurchsuchung herausgestellt hat und dem strafgerichtlichen Urteil im Einzelnen zu entnehmen ist, über GHB mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt über 190g, was deutlich oberhalb des Grenzwertes der nicht geringen Menge von 150 durchschnittlichen Konsumeinheiten liegt. Aufgrund dieser tatsächlichen Feststellungen und der Einlassung des Klägers, er habe die Droge ausschließlich für sich als Schlafmittel benutzt, hat das Landgericht Berlin im Strafurteil festgestellt, dass der Kläger vorsätzlich eine nicht geringe Menge von Betäubungsmitteln unerlaubt hergestellt hat und ihn entsprechend zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung verurteilt (vgl. dazu im Einzelnen die Ausführungen im strafgerichtlichen Urteil Bl. 252 bis 260 d. A.).


Die Straftat, die der Kläger begangen hat, bildet die Grundlage des arbeitgeberseitigen Vorwurfs in der streitgegenständlichen Kündigung vom 13.08.2010. Zwar hat das beklagte Land - im Hinblick auf den damaligen Ermittlungsstand - nur eine Verdachtskündigung ausgesprochen, doch ist es dem Berufungsgericht unbenommen, nunmehr von einer Tatkündigung auszugehen, weil die entsprechenden Feststellungen im landgerichtlichen Strafurteil vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt werden und die Straftat daher als unstreitige Pflichtverletzung, begangen durch den Kläger, angesehen werden kann.


Entsprechend der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 27.01.2011 (a. a. O. zu Rdnr. 26) ist das Tatsachengericht befugt, wenn sich nach tatrichterlicher Würdigung das tatsächliche Vorliegen einer Pflichtwidrigkeit ergibt, diese Feststellung seiner Entscheidung zugrunde zu legen, auch wenn der Arbeitgeber lediglich eine Verdachtskündigung ausgesprochen hat und diese streitgegenständlich ist. Mithin steht fest, dass der Kläger durch das unerlaubte Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge während des Bestandes seines Arbeitsverhältnisses pflichtwidrig gehandelt hat.


1.3. Entgegen der Ansicht des Klägers bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob zur Beurteilung der Pflichtwidrigkeit des klägerischen Verhaltens entsprechend der arbeitsvertraglichen Inbezugnahme § 8 BAT oder § 41 TVöD zugrunde zu legen ist.


1.3.1. Denn gem. § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrages zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies gilt auch für die Vertragsparteien des vorliegenden Prozesses. Nach langjähriger und ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer sich anschließt, ist der Arbeitnehmer auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Allerdings kann ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers grundsätzlich die entgegen stehenden Interessen des Arbeitgebers nur beeinträchtigen, wenn es einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit des Arbeitnehmers hat. Ein solcher konkreter Bezug kann etwa dadurch entstehen, dass der Arbeitnehmer die Straftat unter Nutzung von Betriebsmitteln oder betrieblichen Einrichtungen begeht oder der Arbeitgeber sich staatlichen Ermittlungen ausgesetzt sieht oder in der Öffentlichkeit mit der Straftat in Verbindung gebracht wird. Fehlt ein solcher Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, scheidet eine Verletzung der vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers regelmäßig aus. Für Arbeitsverhältnisse, die § 41 S. 1 TVöD unterfallen, hat das Bundesarbeitsgericht im Übrigen (vgl. Urteil vom 10.09.2009 - 2 AZR 257/08, NZA 2010, 220 ff.) entschieden, das lediglich für nicht hoheitlich tätige Arbeitnehmer des Öffentlichen Dienstes nach § 41 TVöD keine weitergehenden vertraglichen Nebenpflichten als für die Beschäftigten der Privatwirtschaft gelten.


Danach gilt im vorliegenden Fall Folgendes:


1.3.2. Der Kläger hat durch seine Straftat während des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem beklagten Land in rechtswidriger, vorsätzlicher und schwerer Weise gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf entgegenstehende Interessen seines Arbeitgebers gem. § 241 Abs. 2 BGB verstoßen. Dass der Kläger als Polizist im Objektschutz zur vertraglichen Rücksichtnahme dergestalt verpflichtet ist, sich jeglicher Straftat zu enthalten, liegt im Hinblick auf seine besondere Aufgabenerfüllung auf der Hand. Die Herstellung einer nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln stellt eine Straftat dar und ist mithin rechtswidrig, damit vertragswidrig. Der Kläger, dies hat auch das strafgerichtliche Urteil im Einzelnen festgestellt und wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt, hat gewusst, dass er eine solche Partydroge nicht herstellen darf und insofern vorsätzlich gehandelt.


Die Vertragsverletzung ist auch schwerwiegend, was sich bereits aus dem Strafmaß, der Verurteilung zu 11 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung, ergibt. Im Übrigen ist die Vertragverletzung auch deswegen gegenüber seinem Vertragspartner, dem beklagten Land, als schwerwiegend anzusehen, weil der Kläger mit seiner Aufgabenerledigung neben dem Objektschutz hauptsächlich und schwerpunktmäßig dazu angehalten ist, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von Bürgern zu verhindern. Das beklagte Land würde sich in den Augen der Öffentlichkeit geradezu widersprüchlich verhalten, wäre es von Gesetzes wegen gezwungen, die Begehung schwerwiegender Straftaten des eigenen Personals ohne kündigungsrechtliche Konsequenzen hinnehmen zu müssen. Jedenfalls gilt dies nach Auffassung des Berufungsgerichts für Straftaten, wie sie vorliegend der Kläger begangen hat, die von einigem Gewicht und von einiger Bedeutung für die Aufgabenerledigung, die Sicherung und Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch das beklagte Land sind.


1.3.3. Allerdings ist festzustellen, dass die Straftat des Klägers außerdienstlich begangen worden ist. Indessen ist auch der Kläger außerdienstlich zur Rücksichtnahme verpflichtet, wie ausgeführt worden ist.


Entgegen der Ansicht des Klägers geht das Berufungsgericht davon aus, dass die außerdienstlich begangene Straftat die berechtigten entgegenstehenden Interessen des beklagten Arbeitgebers jedenfalls auch deswegen beeinträchtigt hat, weil die Straftat einen unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweist.


Dies ist zum einen der Fall, weil der Kläger als Wachpolizist mit hoheitlichen Aufgaben und umfassenden polizeilichen Befugnissen während seines Wachdienstes ausgestattet ist. Dies ist für den normalen Bürger schon dadurch erkennbar, dass der Kläger seinen Dienst in Uniform und mit einer Dienstwaffe versieht. Der Kläger ist, wie es das beklagte Land ausgedrückt hat, für die Bevölkerung das "Auge des Gesetzes". Es ist daher dem Arbeitgeber aus Rechtsgründen nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis mit einem Wachpolizisten fortzusetzen, der selbst in schwerwiegender Weise Strafgesetze gebrochen hat. Die hoheitlichen Aufgaben und Befugnisse des Klägers erfordern aus der Sicht des Berufungsgerichts eine unbedingte Rechtstreue. Insofern ist es unerlässlich, dass der Kläger nicht als Straftäter in Erscheinung tritt.


Im Übrigen hat die außerdienstlich begangene Straftat schon deswegen einen Bezug zum konkreten Arbeitsverhältnis der Parteien, weil das beklagte Land durch die Presseveröffentlichungen mit der Straftat des Klägers in Verbindung gebracht wird. Im vorliegenden Fall ist über die Straftat des Klägers, seinen Prozess und die gerichtlichen Entscheidungen in der Presse berichtet worden. Genau darauf hat sich das beklagte Land auch vorliegend berufen.


Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die hoheitlichen Befugnisse des Klägers in einem Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland auch deswegen von der Bevölkerung und den rechtsunterworfenen Bürgern akzeptiert werden, weil die - berechtigte - Erwartung herrscht, der die Hoheitsbefugnisse ausübende Polizist biete durch sein eigenes gesetzestreues Verhalten die Gewähr dafür, die Bürgerrechte und Strafgesetze zu achten und zu beachten. Diese Gewähr besteht jedoch nicht, wenn das beklagte Land die erhebliche Straftat des Klägers nicht zum Anlass nehmen kann, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.


2. Die ordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 13.08.2010 ist auch durch Gründe in der Person des Klägers bedingt und daher gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt.


Nach anerkannter höchstrichterlicher Rechtsprechung kann die außerdienstliche Begehung von Straftaten auch Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Arbeitnehmers begründen. Denn strafbares außerdienstliches Verhalten eines Beschäftigten kann dazu führen, dass es diesem an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben fehlt. Daraus kann, abhängig von der Funktion des Beschäftigten, ein personenbedingter Kündigungsgrund folgen. Ob ein solcher Grund vorliegt, hängt von der Art des Delikts und den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. Straftaten eines im Öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers werden grundsätzlich auch dann zu einem Eignungsmangel führen können, wenn sie außerdienstlich begangen wurden und es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt (vgl. dazu im Einzelnen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.09.2009, a. a. O. mit weiterem Nachweis).


Vorliegend hat der Kläger eine erhebliche Straftat außerdienstlich begangen. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts zu 1.3.3. ist außerdem ein enger Bezug zum konkreten Arbeitsverhältnis gegeben. Es steht für das Berufungsgericht außer Frage, dass der Kläger durch die Begehung dieser Straftat gezeigt hat, dass er für die künftige Tätigkeit als Wachpolizist im Objektschutz nicht geeignet ist.


Das Gericht weist darauf hin, dass im Hinblick auf die Herstellung einer Partydroge nicht ausgeschlossen ist, sondern nahe liegt, dass der Kläger, der diese Droge ausschließlich zum Eigengebrauch hergestellt haben will, unter Drogen seinen Dienst mit Schusswaffe versieht. Es bedarf keiner großen Phantasie sich vorzustellen, welchen Einfluss die Partydroge auf die Erfüllung der Ordnungsgemäßheit seines Dienstes haben kann. Für das Berufungsgericht ist es daher nahe liegend und selbstverständlich, dass das Vertrauen des beklagten Landes in die Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Klägers als Wachpolizist erheblich gestört und im Endergebnis wohl zerstört ist. Selbstverständlich ist es auch der Allgemeinheit nicht zuzumuten, dass der Kläger seinen Dienst als Wachpolizist versieht, ohne dass die Gewähr besteht, in seinem dienstlichen Handeln nicht durch Drogen beeinflusst zu sein. Dabei kommt es nicht darauf an zu entscheiden, ob die klägerische Einlassung, er habe die Droge lediglich als Ersatz für ein Schlafmittel benutzt, glaubwürdig ist. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass er die Droge auch zu Dienstbeginn oder während des Dienstes nimmt und daher unter Einfluss der Drogen seine dienstliche Tätigkeit wahrnimmt. Dies muss schon im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung und des notwendigen Grundvertrauens des Arbeitgebers in seine Mitarbeiterschaft vermieden werden.


Nach alledem fehlt es dem Kläger auch an der Eignung für die zukünftige Wahrnehmung seiner Tätigkeit über die Kündigungsfrist hinaus. Darüber hinaus fehlt es an dem erforderlichen Vertrauen des beklagten Landes als Arbeitgeber des Klägers.


3. Auch die grundsätzlich erforderliche Interessenabwägung zur streitgegenständlichen Kündigung vom 13.08.2010 führt nicht zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Im Gegenteil überwiegen die Interessen des beklagten Landes an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.


Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und einer Gesamtwürdigung der beiderseitigen Interessen wiegt die Straftat des Klägers schwer. Er hat vorsätzlich und im Wissen des strafrechtlichen Verbots in nicht unerheblichem Maße eine Partydroge hergestellt. Dass er sie nicht in den Verkehr gebracht hat und ausschließlich für sich genutzt haben will, ist zu seinen Gunsten zu unterstellen. Dies verringert das Gewicht dieser Straftat jedoch nicht entscheidend. Denn die Gefahr, dass der Kläger seinen Dienst unter Drogen versieht, ist wie ausgeführt, groß. Sie wäre mit unabsehbaren Folgen verbunden.


Im Hinblick auf das erforderliche Vertrauen des beklagten Landes in die Straffreiheit und Redlichkeit des Klägers wiegt seine Tat ebenfalls schwer. Zu Recht hat das beklagte Land darauf hingewiesen, dass sein Vertrauen in die vertragstreue Pflichterfüllung des Klägers erheblich gestört ist. Dass das beklagte Land von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist, Straftäter in seinen eigenen Reihen als Wachpolizisten zu beschäftigen, hat das Gericht bereits hervorgehoben.


Hinzu kommt, dass der Kläger durch seine Straftat, die in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist, das Ansehen des beklagten Landes und das Vertrauen der Bevölkerung in die Gesetzestreue seiner Polizisten erheblich beschädigt hat. Dies wiegt als Lösungsgrund vom Vertrag für das beklagte Land ebenfalls schwer.


Es gibt keine Anzeichen dafür, dass der Kläger, wenn das Arbeitsverhältnis aufrecht erhalten bliebe, nicht im Wiederholungsfalle erneut eine Straftat begehen würde. Zwar mag grundsätzlich die strafgerichtliche Verurteilung Einfluss auf den Kläger gehabt haben, Äußerungen und Hinweise des Klägers, er werde sich in Zukunft vertragstreu und redlich verhalten, kann das Berufungsgericht nicht feststellen. Die vage und unsubstantiierte erstinstanzliche Behauptung, er habe unmittelbar nach der Wohnungsdurchsuchung seine Vorgesetzten informiert und ein Bedauern über seine Tat geäußert, ersetzen solche ausdrücklichen Stellungnahmen oder gar eine - nicht auffindbare - Entschuldigung des Klägers nicht.


Schließlich hat das Arbeitsverhältnis auch nicht eine solche Dauer, dass ausnahmsweise zum Schutze der sozialen Existenz des Klägers oder wegen seiner Alterssicherung ausnahmsweise eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses geboten wäre. Der Kläger ist in einem solchen Alter, dass er ohne weiteres - außerhalb des Öffentlichen Dienstes - eine Arbeit finden kann.


Das beklagte Land hat dem Kläger auch nicht dadurch (nachträglich) Vertrauen geschenkt, dass es ihn zeitweise in der Aktensammelstelle und vorübergehend mit seinen früheren Dienstaufgaben beschäftigte, obwohl die Wohnungsdurchsuchung Anhaltspunkte für eine Straftat ergeben hatte. Denn das Land erhielt detaillierte Kenntnis von der Straftat erst mit Übersendung der Anklageschrift am 30.06.2010 und beschäftigte den Kläger dann bis zur Freistellung nach Ablauf der Kündigungsfrist ab dem 19.07.2010 ausschließlich in der Aktensammelstelle. Damit erfüllte das Land lediglich seine Pflicht zur Beschäftigung des Klägers bis zur (vorläufigen) Beendigung des Arbeitsverhältnisses. "Uneingeschränktes Vertrauen" äußert sich damit entgegen der klägerischen Ansicht nicht.


Schließlich bedurfte es entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht einer vorherigen Abmahnung. Angesichts der Schwere der Tat, des Vertrauensverlustes beim beklagten Land und des Ansehensverlustes in der Öffentlichkeit wäre eine bloße Abmahnung nicht verhältnismäßig. Die Schwere der Straftat und das dadurch verursachte Gewicht der Vertragsverletzung ist zu erheblich, als dass es nur einer Abmahnung bedurfte. Das beklagte Land ist nach Ansicht des Berufungsgerichts darauf angewiesen, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird, auch um weitere nachteilige Folgen, die nicht ausgeschlossen sind, zukünftig zu vermeiden. Der persönlich zum Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht geladene Kläger hat zu den ihm gemachten Vorwürfen geschwiegen. Er hat weder sein Bedauern geäußert noch sich entschuldigt. Er hat auch sonst keine Anhaltspunkte vorgetragen oder Hinweise gegeben, die die Vertragsverletzung in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten. Die nahezu ausschließlichen Rechtsausführungen seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vermochten dies jedenfalls nicht.


4. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist nicht zur Entscheidung durch das Berufungsgericht angefallen. Denn er ist ausdrücklich gestellt worden nur für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag.


5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.


Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen dafür fehlte. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den genannten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts; eine Abweichung ist nicht ersichtlich.

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