ArbG Berlin: Kündigung aufgrund eines anonymen Beschwerdeschreibens
ArbG Berlin, Urteil vom 30.9.2016 – 28 Ca 6347/16
Volltext: BB-ONLINE BBL2017-308-5
unter www.betriebs-berater.de
Leitsätze
1. Stützt der Arbeitgeber seinen Wunsch nach Kündigung nach einem anonymen Beschwerdeschreiben wegen des Verdachts der Urheberschaft der zu kündigenden Arbeitsperson ausschließlich auf ein zur Textvergleichung eingeholtes Privatgutachten, so gehört es zur ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrates über die „Gründe“ der Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, dem Gremium das Gutachten komplett – und nicht nur mit drei von Hunderten von Seiten zum Ergebnis der Expertise – zur Prüfung der Stichhaltigkeit vorzulegen (Abgrenzung zu BAG 22.09.1994 – 2 AZR 31/94 – AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 68 = NZA 1995, 343). Beschränkt sich der Arbeitgeber stattdessen auf einen Aus-zug, der diese Kontrolle nicht zulässt, so ist die Kündigung nach den bekannten Grundsätzen (s. BAG 16.09.1993 – 2 AZR 267/93 – AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 62 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 84; ständige Judikatur) entsprechend § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG rechtsunwirksam.
2. Zur Würdigung von Textvergleichsanalysen zur Autorenbestimmung bei Anonymschreiben (s. dazu auch BGH 20.12.2007 – StB 12/07 u.a. - NStV 2008, 146 = StV 2008, 351; 11.03.2010 – StB 16/09 – NStZ 2010, 711 = StV 2010, 553).
Sachverhalt
Es geht im Wesentlichen um - auf Fehlverhalten gestützte, vorzugsweise fristlose - Kündigung (Klage) und um Schadensersatz (Widerklage). - Vorgefallen ist folgendes:
I. Die (heute[1]) 50-jährige Klägerin trat im November 2000 als „Kinder- und Jugendlichentherapeutin“ im Bereich Interkulturelle Familienberatung (künftig kurz: „IFB“) in die Dienste des Beklagten (Kopie Arbeitsvertrag[2]: Urteilsanlage I.), der mit mehr als 20 (Teilzeit-)Beschäftigten in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins Beratungsdienste im Erziehungswesen erbringt[3]. Hier bezog die Klägerin zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden ein Monatsgehalt von 1.705,50 Euro[4] (brutto).
II. Wie es den Parteien und übrigen Beteiligten im Laufe der Jahre miteinander erging, ist nicht in allen Einzelheiten ausgeleuchtet. Immerhin hat es den Anschein[5], dass es um die Beziehungen zwischen (zumindest) Teilen der Belegschaft und der Vereinsleitung zeitweise und namentlich in jüngster Zeit nicht gänzlich zum Besten stand.
1. Fest steht, dass einer Begegnung des (wohl) achtköpfigen[6] Teams des vorerwähnten „IFB“ am 1. Juni 2015 dem Erscheinungsbild zufolge ein Briefentwurf entsprang ([aufbereitete] Kopie[7]: Urteilsanlage II.), den Sachwalter des Beklagten bei späteren Recherchen (s. dazu noch unten, S. 10 [5 b.]) in einem PC-Verzeichnis der Klägerin fanden, und welchen diese (Klägerin) tags darauf (2. Juni 2015) wohl[8] für „Ergänzungen“ per E-Mail einer Kollegin (Frau A. M.) übermittelt hatte; Text (Schriftart wohl „Arial“):
„An die Mitglieder des Vorstands des Arbeitskreis N. E. e.V.
Sehr geehrte Vorstandsmitglieder,
[9]nach einem Treffen des Teams mit der Geschäftsführerin [Frau Dr. A.; d.U.] und W. S.[10] am heutigen 1.6.2015 sehen wir uns in unserer Existenz bedroht.
Grund für diese tiefe Beunruhigung sind allerdings nicht die immens großen Zahlen, die uns – ohne wirklich differenzierte Erläuterung[11] - vorgesetzt wurden und uns ein von uns produziertes Defizit von 64.000 Euro bescheinigten.
Grund für unsere existenzielle Beunruhigung ist der Fakt, dass ab dem 1.7.2015 folgende Stunden unbesetzt sind und – o[12] die Ankündigung[13] – auch unbesetzt bleiben sollen:
39 Std, also die gesamte Leitungsstelle von A. M., wovon 19,5 Std auf Leitungstätigkeit und 19,5 Std auf Beratung entfallen.
19,25 Std, die C. K. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] vertritt, seit U. Ma. Ende Oktober 2014 die Beratungsstelle verlassen hat. Die von Frau K. gewünschte dauerhafte Stundenerhöhung wurde ihr vertretungsweise lediglich bis zum 30.6.2015 angeboten und soll nun auch nicht verlängert werden.
10 Std Beratungszeit von A. B.. Frau B. hat ihre 30-Std Stelle freiwillig um 10 Std. reduziert.
Weitere 10 Std., die ohnehin nicht besetzt sind
Die Finanzierung der Beratungsstelle setzt sich aus einer Sockelfinanzierung des Landes Berlin und einer Fallpauschalenfinanzierung des Bezirks F.-K. zusammen.
Das Land Berlin zahlt für 3 volle Stellen plus 0,75 Verwaltungskraft in dieser Sockelfinanzierung.
Momentan sind mit den noch vorhandenen Mitarbeiterinnen der IFB[14] diese 3 Stellen genau besetzt.
Der Bezirk zahlt augenblicklich Fallpauschalen für 149 Fälle, was bei einem angenommenen Fallkorridor von etwa 60-80 Fällen pro voller Beraterstelle derzeit wenigstens 1,75 Stellen für die Bezirksfälle bedeutet. Diese Stellen sind ab dem 1.7.2015 komplett unbesetzt.
Wenn wir ab dem 1.7.2015 einen K.-Fall bearbeiten, so kann dies nur durch ein/e Beraterin aus den Stellen der Sockelfinanzierung geschehen, was damit jedoch einer Doppelfinanzierung gleichkommt.
Zudem ist durch die Geschäftsführerin geplant, dass die Leitungsstelle nicht neu besetzt werden soll. Die Geschäftsführung drohte heute dem Team mit den Worten: ,Entweder Ihr teilt die unangenehmen Leitungsaufgaben unter einander auf, oder schaufelt eurer eigenes Grab.'
Müssten Teammitglieder in Zukunft Leitungsaufgaben übernehmen, so bedeutet das, dass diese Teammitglieder weniger Beratungstätigkeit durchführen könnten. Da der Anteil an Leitungsaufgaben 19,5 Std. beträgt, käme diese Rollenaufteilung einer weiteren Kürzung der Beratungskapazität um weitere 19,5 Std gleich.
Diese Haltung wurde uns durch die Geschäftsführerin im Sinne eines Machtkampfes als alternativlos dargestellt.
Das Team ist aber völlig anderer Ansicht:
Das Übertragen der Leitungsaufgaben auf mehrere Personen, die sich zunächst sehr zeitaufwendig in diese einzelnen Aufgaben einarbeiten müssen, halten wir für unsinnig und auch rechtlich für nicht vertretbar, da nach arbeitsrechtlicher Beratung Leitungsaufgaben nicht auf Teammitglieder gegen deren Willen übertragen werden können.
Dieser unser Unwille rührt aber einzig und allein aus unserer Überzeugung, dass von Seiten der Geschäftsführung in Wirklichkeit keine neue Leitung mehr gewünscht ist. Wir hingegen sind der Meinung, dass wir dringend eine neue Leitung brauchen, wie sie für eine EFB[15] vom Geldgeber auch vorgesehen ist.
Das vorgeschlagene Modell bedeutet eine Erschwernis in der die Kommunikation, die Qualität und Kontinuität der Leitung wäre nicht gewahrt[16]. Auch wären wir von überaus wichtigen Gremien und Informationen, wie z.B. der Leiterrunde der freien Träger abgeschnitten, da solch eine geplante ,Halbleitung' daran natürlich nicht teilnehmen könnte.
A. B., die gestern in Abwesenheit als Vertretung gehandelt wurde, war nie stellvertretende Leitung sondern lediglich Vertretung der Vertretung U. Ma. und hat eine Leitungstätigkeit in mündlichem Gespräch, wie auch schriftlich abgelehnt.
Dieser Umgang mit all den unbesetzten Kapazitäten bewirkt, dass wir unsern l[17]eistungsvertrag mit Sicherheit nicht erfüllen können.
Pro Monat fehlen uns ab Juli mindestens 60 Std Beratungskapazität. Ohne gewichtigen Grund werden wir plötzlich nach A. M.s Weggang in eine existenzielle Notlage gezwungen.
Uns werden Zahlen vorgeführt, die wir nicht wirklich überprüfen und einordnen können, weil deren Offenlegung natürlich nicht gewollt ist.
Statt eines Gespräches gibt es lange Monologe, in welchen wir für das schlechte Image der Beratungsstelle, für eine ,Schwatzkultur', die dieses verursacht habe und für unser ungeheures Defizit verantwortlich gemacht werden.
Wir wissen uns in dieser momentan total verfahrenen Situation keinen anderen Rat, als Sie, als Vorstandsmitglieder, auch über unsere Perspektive zu der momentanen Situation zu informieren und Sie zu bitten Ihre Verantwortung wahrzunehmen. Sollte sich der ANE von seiner EFB trennen wollen, so würden wir uns darüber eine offene Auseinandersetzung wünschen. Wir wollen nicht, dass auf Grund von fahrlässigem Umgang mit unbesetzten Stellen die IFB ihren Vertrag nicht erfüllen kann und somit ihr Berechtigung verliert.
Nach 3,5 Jahren Leitung durch A. M. befindet sich die IFB in einem absolut grund-solide[n?] Zustand. Der EFB Assistent ist erfolgreich eingeführt, ebenso wurde in dieser Zeit ein Kinderschutzverfahren etabliert. Wir haben inhaltlich zu allen relevanten Themen gearbeitet (frühe Bildung/Bindungsgruppe/Elternbriefstammtisch) und haben alle nötigen Kontakte auf Bezirks- und Landesebene gepflegt. Zu allen relevanten [Textabbruch im Original; d.U.]“.
3. Was aus diesem Briefentwurf wurde, ist nicht genau nachgezeichnet. Fest steht jedoch (zuletzt[18]) wiederum, dass den Vorstand (wohl) im Anhang einer E-Mail vom 29. Juni 2015 (Kopie[19]: Urteilsanlage III.) dieser Text erreichte (Kopie[20]: Urteilsanlage IV.):
„Brief des Teams der IFB und des Betriebsrats an den geschäftsführenden Vorstand des Arbeitskreis N.E. e.V.
Berlin den 29. Juni 2015
Betreff: Aufforderung zur unverzüglichen Ausschreibung und Besetzung aller freien Stellen in der IFB, um die verbleibenden Stellen nicht zu gefährden
Sehr geehrter geschäftsführender Vorstand,
[21]in der momentanen Situation sehen wir uns in unserer Existenz bedroht. Grund für unsere existenzielle Beunruhigung ist der Fakt, dass ab dem 1.7.2015 folgende Stunden unbesetzt sind und – so die Ankündigung – auch vorerst unbesetzt bleiben sollen:
39 Std, also die gesamte Leitungsstelle von A. M., wovon 19,5 Std auf Leitungstätigkeit und 19,5 Std auf Beratung entfallen.
19,25 Std, die C. K. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] vertritt, seit U. Ma. Ende Oktober 2014 die Beratungsstelle verlassen hat. Diese Vertretung wurde nur zum 30.6.2016 gewehrt[22] und wird nicht verlängert.
30 Std Beratungszeit von A. B., da Frau B. ihre Stelle zum 15.7.2015 gekündigt hat.
Weitere 10 Std., die ohnehin nicht besetzt sind. So wurden diese 10 Stunden eingespart, als die Stellen von A W. (19,25Std.) und H. B. (19,25 STD) durch A. B. mit 30 Std ersetzt wurden.
Forderung:
Wir fordern unverzüglich Stellenausschreibungen zu veröffentlichen, um diese unbesetzten Stellen zeitnah zu besetzen, da ansonsten auch der Rest der Stellen in Gefahr ist, da wir unsere Verträge nicht erfüllen können.
Die Finanzierung der Beratungsstelle setzt sich bekanntermaßen aus einer Sockelfinanzierung des Landes Berlin und einer Fallpauschalenfinanzierung des Bezirks F.-K. zusammen.
Das Land Berlin zahlt für 3 volle Stellen plus 0,75 Verwaltungskraft in dieser Sockelfinanzierung. Mit der sogenannten Sockelfinanzierung sind keine dezidierten Beratungsfallzahlen verbunden. D.h. hier gewährt der Senat den einzelnen Trägern etwas mehr Gestaltungsspielraum, was die Verteilung der Arbeitszeit auf Beratung, Prävention und Vernetzung angeht. Sehr wohl ist diese Sockelfinanzierung aber an die Rahmenvereinbarung geknüpft und heißt ,Zuwendung über Erziehungs- und Familienberatung der freien Träger' und damit haben wir dem Land Berlin die Durchführung von Beratung, Prävention und Vernetzung im Rahmen der Arbeitszeit von mindestens 3 vollen festangestellten Stellen zugesagt. (§ 3 Abs. 1)
Ab 15. 7.15 können wir diese Leistungszusage an das Land Berlin aus Kapazitätsgründen nicht mehr erfüllen, da nur noch 2,5 MitarbeiterInnen (plus Sekretärin) von den finanzierten 3 vollen Stellen vorhanden sind.
Wir sind aber nicht nur eine Leistungsverpflichtung dem Land gegenüber eingegangen, sondern auch dem Bezirk F.-K. gegenüber. Der Bezirk zahlt augenblicklich Fallpauschalen für 149 Fälle, was bei einem angenommenen Fallkorridor von etwa 60-80 Fällen pro voller Beraterstelle derzeit wenigstens 1,75 Stellen für die Bezirksfälle bedeutet. Auch diese Stellen sind spätestens ab dem 15.7.2015 komplett unbesetzt.
In der Rahmenvereinbarung steht hierzu:
§2 Abs3[23]:
,Darüber hinaus erbringen die Beratungsstellen der freien Träger Einzelfallberatungen für ratsuchende des Standortbezirkes.
...
§ 3 Abs2
Die freien Träger haben weitere Fachkräfte in der Beratungstell[24] bereit zu halten, um Leistungen gemäß §2 Abs. 3 zu erbringen.'
Wenn wir ab dem 15.7.2015 einen K.- Fall beraten, so kann dies nur durch ein/e Beraterin erfolgen, die/der aus der Sockelfinanzierung stammt, was damit jedoch einer Doppelfinanzierung gleichkommt.
Forderung:
Wir benötigen bis zum 15.7.2015 eine schriftliche Leitungsanweisungen der Geschäftsführung darüber, wer die K.- Fälle beraten soll bzw. wie wir mit dem Problem der Doppelfinanzierung umgehen sollen. Sollte der gf Vorstand der Meinung sein, dass es kein Problem der Doppelfinanzierung gäbe, so bitten wir um schriftliche Erläuterung in diesem Punkt.
In den Erziehungs- und Beratungsstellen ist das Vorhandensein einer Leitung eingeplant, denn laut §5 trägt die zuständige Senatsverwaltung zur Finanzierung der Leistungen gemäß §2 Abs2 durch eine einheitliche Festbetragsfinanzierung pro Beratungsstelle und Bezirk bei. Bei den ,kernteambezogenen Personalaufwendungen' ist die ,Aufwendung für Leitung' ausdrücklich aufgezählt. Darüber hinaus ist eine Leitung zur Sicherstellung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung als Teil des gesetzlichen Auftrags vorgesehen §6 Abs1
Forderung:
Wir benötigen bis zum 1.7.2015 eine schriftliche Leitungsanweisung darüber, wer im Kinderschutzfall die Rolle der Leitung übernimmt und die Einhaltung des Kinderschutzverfahrens garantiert und unsere Fachaufsicht durchführt.
Die Geschäftsführerin plant derzeit, dass die Leitungsstelle nicht neu besetzt werden soll. Die Leitungsaufgaben sollen in sogenannte Arbeitspakete aufgeteilt und den verbleibenden Mitarbeiterinnen übertragen werden.
Dieses vorgeschlagene Modell bedeutet eine Erschwernis in der Kommunikation, die Qualität und Kontinuität der Leitung ist ab dem 30.6.2015 nicht mehr gewährt. Auch sind wir von überaus wichtigen Gremien und Informationen, wie z.B. der Leiterrunde der freien Träger abgeschnitten. Außerdem sieht keiner der vorhandenen Arbeitsverträge der einzelnen KollegInnen vor, dass diesen, ohne schriftliche Vertragsänderungen, Leitungsaufgaben übertragen werden könnten, so jedenfalls die ungeteilte Einschätzung aller einzelner Arbeitsrechtler, nach jeweiliger Rücksprache mit ihnen.
Forderung:
Die Leitungsstelle der IFB ist unverzüglich mit einer geeigneten Person zu besetzen, die die Leitungsaufgaben wahrnimmt und damit das Fortbestehen der IFB sichert. Darüber hinaus benötigen wir eine Fachaufsicht. Wir wünschen schriftlich Auskunft darüber, wer ab dem 30.6.2015 die Fachaufsicht wahrnimmt.
Wir MitarbeiterInnen sind in echter Sorge, dass auf Grund von fahrlässigem Umgang mit unbesetzten Stellen die IFB ihren Vertrag nicht erfüllen kann und somit ihre Berechtigung verliert.
Durch die gemeinsame Arbeit der letzten Jahre befindet sich die IFB in einem absolut grund solidem Zustand. Der EFB Assistent ist erfolgreich eingeführt, ebenso wurde in dieser Zeit ein Kinderschutzverfahren etabliert. Wir haben in dieser Zeit inhaltlich zu allen relevanten Themen gearbeitet (frühe Bildung/Bindungsgruppe/Inklusion/Elternbriefstammtisch) und haben alle nötigen Kontakte auf Bezirks- und Landesebene gepflegt.
Wir fordern den geschäftsführenden Vorstand auf, innerhalb von 14 Tagen auf unsere Forderungen in schriftlicher Form zu reagieren.
Mit besten Grüßen
Das gesamte IFB-Team und der Betriebsrat“.
4. Dass die so vorgetragenen Wünsche – insbesondere hinsichtlich der angesprochenen Leitungsproblematik - auf den erhofften Widerhall gestoßen wären, ist nicht vorgetragen.
a. Fest steht, dass (wohl) im Dezember 2015 ein ohne Verfasserangabe erzeugtes Schriftstück die an der Finanzierung („Doppelfinanzierung“) der Beratungsstelle (IFB) beteiligten Verwaltungseinheiten erreichte, dessen Erscheinungsbild (Kopie[25]: Urteilsanlage V.) wie folgt wiederzugeben versucht[26] sei:
„Senatsverwaltung für B., J. und W.
Beschwerdemanagement
…..Str.6
10…. Berlin
Bezirksamt F.-K.
Jugendamt
Dr. U. Z.
Leiterin der kommunalen EFB[27]
Sehr geehrte Damen und Herren!
Betr.: Unhaltbare Zustände in der Interkulturellen Familienberatung (IFB) des Arbeitskreises[28] N. E. (ANE)
Dieses Schreiben geht vertrauensvoll und mit Bitte um dringende Klärung folgender Angelegenheiten an Sie:
Mit mündlicher Mitteilung zum Beginn der KW 50 an die Mitarbeiter der IFB durch Frau Dr. A., Geschäftsführerin des Arbeitskreises N. E. (ANE), übernimmt Hr. K. [Name im Original ausgeschrieben; d.U.] ab dem 1. Januar 16 die Leitung der Interkulturellen Familienberatung.
Nach derzeitigem Kenntnisstand trägt Herr K. die Titel Prof. und Dr. aus seinem Heimatland, ein Nachweis darüber ist keinem der Mitarbeiter im ANE bekannt, Anfragen zur Klärung werden durch die Geschäftsführung als auch Hr. K. abgelehnt. Seine mündlich benannten Qualifikationen, bsp.weise ein Linguistik-Studium (in den Niederlanden?) entsprechen nicht den BKE[29]-Richtlinien und Rahmenvereinbarungen zur Leitung einer Familienberatung. Seine laufende Zusatzqualifikation als Familientherapeu...[30] nicht anerkannt (Arbeitsamtsmaßnahme). Weiterhin gibt es berechtigte Zweifel an seinen Fähigkeiten, sich adäquat um die Belange der Familienberatung kümmern zu können, da er sich der deutschen Sprache im Mündlich nur unzulänglich, im Schriftlichen gar nicht mächtig erweist. Frau Dr. A. wird dazu einen Coach für Hr K. einstellen, welcher in seinem Namen die Leitungsaufgaben erfüllen soll, was zweifelhaft erscheint, da es hierzu besonderer fachlicher Kompetenzen bedarf und der anvisierte Coach nicht aus dem pädagogischen Bereich kommt (zuzüglich Doppelfinanzierung). Hr. K. soll keinerlei Leitungsaufgaben in der IFB übernehmen, er soll sich nur um die Belange der Roma hinsichtlich Projektakquiese[31], insbesondere Mittelbeschaffung, kümmern. Dazu sind u.a. für Fr. Dr. A. und Hr. K[32]. eine Dienstreise zur UNO nach New York geplant sowie Besuche diverser Roma-Treffen im außereuropäischen Ausland für Hr. K. als Präventionsarbeit.
Als Konsequenz fällt die Mitarbeit Hr. K. in der Beratung der IFB weg. Da Hr. Sp. (neuer Psychologe in der IFB) Hr. K. beim Aufbau einer Roma-Versorgung zugänglich sein soll, entfällt seine Beratungstätigkeit ebenfalls, mit der Konsequenz, dass die rund 70 Quartalsfälle von 2,5 Mitarbeiterstellen bearbeitet werden müssen und viele Leitungsaufgaben durch das Sekretariat abgedeckt werden müssen. Zusätzlich entfallen die Präventions- und Vernetzungsstunden aller IFB-Berater. Leitungsaufgaben, Prävention und Vernetzung beziehen sich nach BKE-Richtlinien auf alle Klientengruppen und nicht explizit auf die Versorgung einer Gruppierung.
Im vergangenen halben Jahr 2015 wurde die Familienberatung in den verschiedenen Aufgabenbereichen lediglich über Dienstanweisungen der Geschäftsführung, ohne monetäre Vergütung, wie nach BEK Richtlinien empfohlen, von den langjährigen Mitarbeitern geführt. Nunmehr werden die Qualifikationen aller Mitarbeiter in Frage gestellt. Qualifikationsnachweise, auch solche, welche festangestellte Mitarbeiter im Rahmen der IFB Forbildungen als Zusatzqualifikationen (BKE Richtlinien) erlangten, eingefordert sowie Verbote zur Beratung in Fremdsprachen, in denen bereits seit vielen Jahren beraten wird, ausgesprochen.
Eine Klärung und Lösung durch den Vorstand ist nicht zu erwarten, da dieser durch finanzielle Vergütungen einzelner Personen (z-B.Familienmitglied Fr. I.[33]) oder Angehöriger (z.B.Tochter des Vorstandsmitgl. Hr. M.[34]) und beispielsweise Anmietung von Büroräumen zur Eigennutzung (Arabische Eltern Union im Mehrgenerationenhaus W.strasse), Dauernutzung von ANE Räumlichkeiten für Privatveranstaltungen uvm zum Stillschweigen berufen ist.
Weiterhin ist die Vorstandsvorsitzende die Geschäftsführerin und die vor kurzem benannte stellvertretende Geschäftsführerin besteht lediglich auf dem Papier, ist nie anwesend und nimmt keinerlei Aufgaben im ANE wahr.
Aus dieser Konstellation entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis, welches einem Ansprechen der beängstigenden Zustände im Verein entgegensteht.
Eine adäquate Arbeit wird durch das systematische Nichtbeachten von Standards und Qualitätsansprüchen seitens der Geschäftsführung zerstört. Kompetenzen werden aberkannt und die langjährige professionelle Arbeit der Mitarbeiter zu Nichte gemacht.
In gehäuften Personalgesprächen wird den Mitarbeitern mit gerichtlichen Schritten bis zur Kündigung gedroht, dabei erhält Fr. Dr. A. die Unterstützung durch Hr. S., Verwaltungsleiter.
Bitte nehmen Sie sich, da es keinerlei Klarheit für alle Beteiligten gibt, dieser Angelegenheit an, um die Existenz der IFB und in letzter Konsequenz der daran hängenden Jobs zu wahren. Durch Fr. Dr. Z. erfolgten bereits mehrere Anfragen bzgl. Gewährleistung der Leistungserbringung, Zukunftsplänen und Absichten des ANE mit der IFB.
Bitte haben Sie Verständnis für die Wahrung der Anonymität, namentliche Nennung ist gleichbedeutend mit unmittelbarer Entlassung. Mit frdl. Gruß“.
b. Diesen Text leitete die angesprochene Senatsverwaltung mit Schreiben vom 28. Januar 2016 (Kopie[35]: Urteilsanlage VI.) an den Beklagten weiter.
5. Hiernach geschah, soweit vorgetragen, folgendes:
a. Am 5. Februar 2016 erteilte der Beklagte der schon erwähnten Sachwalterin (s. oben, S. 2 Fn. 5) den Auftrag, durch Textvergleiche nach Möglichkeit herauszufinden, von wem das den Verwaltungen zugespielte Schriftprodukt herrühre[36]. Dabei beschränkte er den Prüfauftrag von dem seinerzeit an sich achtköpfigen[37] Team des IKB auf fünf Personen[38].
b. Nach Sammlung und Auswertung von Vergleichstextmaterialien aus den Beständen des Beklagten erstattete die Privatgutachterin unter dem 18. April 2016 ihre – zweibändige[39] – Stellungnahme, die später in Teilen[40] auch zur Gerichtsakte gelangt ist (s. oben, S. 2 Fn. 5). Sie kommt zum Ergebnis (S. 94 a.a.O. - Kopie[41]: Urteilsanlage VII.), dass die Klägerin als Urheberin des inkriminierten Texts (s. oben, S. 8-9 [a.]; Urteilsanlage V.) nicht nur nicht auszuschließen, vielmehr nach der zugrunde gelegten Plausibilitätsskala „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (Stufe +3) die maßgebliche Autorin“ der zur Debatte stehenden Anonymschrift sei.
c. Mit Schreiben vom 20. April 2016 (Kopie[42]: Urteilsanlage VIII.) wandte der Beklagte sich nun an die Klägerin. Er lud diese mit einem Text, in dem ihr die „Eröffnung“ des umstrittenen Beschwerdeschreibens für diesen Termin in Aussicht gestellt wurde[43] und auf dessen übrige Einzelheiten verwiesen wird, zu einer „Anhörung“ für den 27. April 2016 ein.
d. Mit Schreiben des Folgetages (21. April 2016; Kopie[44]: Urteilsanlage IX.), auf dessen Einzelheiten gleichfalls verwiesen wird, ließ der Beklagte (auch) den Betriebsrat wissen, dass er die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin beabsichtige. Ihm legte der Beklagte zur Verdeutlichung seines Bildes zur Urheberschaft des Anonymschriftstücks (Urteilsanlage V.) in der Anlage zum Konsultationstext drei Seiten des mehrbändigen Gutachtens bei (Seiten 1, 84 und 94[45]; Urteilsanlage IX.4. bis IX.6.), auf deren Inhalte ebenfalls Bezug genommen wird.
e. Am 25. April 2016 reagierte das Gremium per E-Mail auf die ihm mitgeteilten Absichten (Kopie[46]: Urteilsanlage X.): Darin wandte es sich sowohl gegen die in erster Linie beabsichtigte fristlose, als auch auch gegen die ersatzweise geplante fristgerechte Kündigung. Wegen der vom Beklagten zugleich angestrebten sogenannten „Verdachtskündigung“ verwies es ergänzend darauf, dass insofern noch keine Anhörung der Betroffenen stattgefunden habe und es (Gremium) insofern erst im Anschluss daran anzuhören sei.
f. Hiernach kam es am 27. April 2016 von 14.00 bis 14.30 Uhr zu einer Begegnung der Parteien, über deren Besetzung[47] und Verlauf der Beklagte ein „Protokoll“ (Kopie[48]: Urteilsanlage XI.) hat fertigen lassen. Dort heißt es unter anderem:
„TOP 0 Begrüßung/Einleitung
HA[49] gibt eine kurze Einführung über den Hintergrund dieses Treffens
und die vorgesehene TO[50]. Sie geht auf das vorliegende Gutachten von Frau B. R. ein, nach dem CK[51] lt. Einstufung der Gutachterin mit +3 (, … mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit … ') die Autorin des anonymen Briefes ist, der zum Jahreswechsel 2015/2016 sowohl an die Senatsverwaltung für B., J. und S. Berlin als auch an das Bezirksamt F.-K. gegangen ist.
Das umfängliche Gutachten liegt mit den wesentlichen Kernaussagen zur Autorenschaft CK (Seiten 39-84) zur Einsicht bereit. CK nimmt Einsicht. In die Seiten 39-84.
TOP 1 Anhörung lt. Ankündigungsschreiben vom 20.04.2016 an C. K. [wie oben]
HA fordert die Gegenpartei[52] zur Stellungnahme der im Anhörungsschreiben [Urteilsanlage VIII.] angeführten Vorwürfe auf. CK betont, dass sie diesen Brief weder verfasst noch mit verfasst habe. RAM[53] fordert Einsicht in das anonyme Schreiben [Urteilsanlage V.], dies wird ihm und CK gewährt.
Es gibt keine weiteren Ausführungen von CK und RAM zu dem Sachverhalt.
Nachfrage HA: ,Haben Sie im Rahmen der Anhörung alles gesagt, was Sie hierzu sagen wollen?' RAM + CK: ,Ja, im Rahmen der Anhörung ist von unserer Seite alles gesagt'.
TOP 2 Austausch/weiterer Gesprächsbedarf
Auf Nachfrage von HA und RAB[54] wird kein weiterer Gesprächsbedarf von der Gegenseite und dem BR angemeldet.
Unmittelbar vor Beendigung der Anhörung fragt RAM, ob CK freigestellt würde, worauf RAB für den Vorstand meint, dass CK ihre arbeitsvertraglichen Pflichten kenne.
Damit ist die Anhörung um 14.30 h beendet“.
g. Zehn Minuten später (27. April 2016; 14.40 bis 15.20 Uhr) folgte an gleicher Stelle eine abschließende Erörterung der Angelegenheit mit dem Betriebsrat, für die der Beklagte ebenfalls ein als „Protokoll“ überschriebenes Schriftstück (Kopie[55]: Urteilsanlage XII.) herstellen ließ. Hier finden sich unter anderem folgende Passagen:
„TOP 1 Anhörung des BR lt. Ankündigungsschreiben vom 21.04.2016
HA fragt, ob es nach der Anhörung von 14.00-14.30 h von CK und nach Einsichtnahme in das komplette Gutachten von B. R. am 21.04.2016 und am 25.04.2016 noch Kommentare bzw. Klärungsbedarf gebe:
1. zur Anhörung von C. K[56].
2. zum Widerspruch des BR
Der BR
erwidert, dass CK betont habe, sie sei nicht (Mit-)Verfasserin des Schreibens – mehr sei dazu von seiner Seite nicht zu sagen.
wendet zum Gutachten ein, dass es zwar als interessant sei, aber im Hinblick auf das Vergleichsmaterial als ungleichgewichtig angesehen werden könnte.
HA und RAB erläutern,
dass das unterschiedliche Material nach einem Auswahlverfahren zusammengestellt wurde,
dass das Material anfangs beschränkt war auf wenige Papiere, dann wurde durch die Gutachterin nach Ausschlussverfahren weiteres Material nachgefordert, um weitere Analysen vornehmen zu können,
dass CK danach als ,mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit' (in der Bewertungsskala der Gutachterin mit +3) als Autorin bewertet wurde und
dass der ANE-Vorstand den Vorgang mit Sicherheit nicht im Sinne einer Vorverurteilung einer bestimmten Person betrieben habe.
Fazit des Gutachtens: CK ist die zentrale Schreiberin.
Der BR weist darauf hin
dass nicht das Gutachten als Gutachten in Zweifel gezogen werde, ihm jedoch entsprechendes Fachwissen und somit eine solide Grundlage fehle, um es richtig einordnen und bewerten zu können und
dass die langjährige Beschäftigungszeit und Tätigkeit von CK berücksichtigt werden solle
und er empfiehlt dem Vorstand:
mit CK ein informelles Gespräch zu führen mit dem Ziel
Bewahrung des Betriebsfriedens
Vermeidung eines Gerichtsverfahrens und somit Kosten sparen
vor allem mit Rücksichtnahme auf die Klienten und das bestehende Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und CK eine verträglichere Lösung zu finden.
Weiteres Vorgehen im Kündigungsverfahren
… BR erklärt abschließend, dass er seinen Widerspruch zu sämtlichen Kündigungsgründen, insbesondere auch zur Verdachtskündigung lt. seinem Schreiben vom 25.04.2016 [Urteilsanlage X.] bestätige, auch nach der Anhörung von CK, da diese keine neuen Erkenntnisse gebracht hat.
Der BR bittet um eine Kopie des Protokolls.
Der BR vertritt die Auffassung, sämtliche Widerspruchsgründe geltend gemacht zu haben, insbesondere
soziale Gründe
Hinweis auf die Klientengruppen
Empfehlung an den Vorstand zu versuchen, eine andere Lösung zu finden als eine fristlose Kündigung auszusprechen,
Festhalten der Aussage von CK, nicht die Verfasserin des anonymen Schreibens zu sein.
Damit ist ein weiteres Anschreiben an den BR nicht mehr erforderlich, da alle Gründe für den Widerspruch genannt sind.
Die Beteiligung des BR an diesem Verfahren ist damit auch nach Ansicht des BR abgeschlossen.
TOP 2 Informeller Austausch
HA würde es begrüßen, wenn der BR ein Verfahren finden würde, sich weiterhin am Thema zu beteiligen, auch im Hinblick auf den betrieblichen Frieden und die anderen der durch den Brief verleumdeten und der somit unmittelbar betroffenen Kollegen.
Ende der Sitzung 15.20 h
Prot. 27.4.2016, hh
Protokoll gelesen und einverstanden, 28.04.2016
[Unterschrift]
M. H.
Betriebsratsvorsitzende“.
4. Es half nichts: Trotz aller Appelle des Betriebsrates erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 29. April 2016 (Kopie[57]: Urteilsanlage XIII.), das die Klägerin am selben Tage erreichte und auf dessen Einzelheiten abermals verwiesen wird, unter Erläuterung seiner Sicht der Dinge die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, und zwar bevorzugt mit sofortiger Wirkung.
IV. Hiermit will es die Klägerin nicht bewenden lassen. Sie nimmt den Beklagten mit ihrer am 13. Mai 2016 bei Gericht eingegangen und eine Woche später (20. Mai 2016) zugestellten Kündigungsschutzklage im Wesentlichen auf Feststellung in Anspruch, dass die Kündigungen ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hätten. Sie rügt das Fehlen eines wichtigen Grundes zur Kündigung, die im Übrigen auch sozialwidrig sei, und bestreitet[58] die Einhaltung des Kündigungserklärungsfrist aus § 626 Abs. 2 BGB[59]. Außerdem werde die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates mit Nichtwissen bestritten[60].
IV. Die Klägerin beantragt sinngemäß,
1. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung des Beklagten im Schreiben vom 29. April 2016 beendet wird;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht;
3. im Falle ihres Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder
zu 2. den Beklagten zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Kinder- und Jugendtherapeutin weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
w i d e r k l a g e n d[61] ,
die Klägerin zu verurteilen, ihm 16.177,46 Euro (brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
V. Der Beklagte hält die Klage der Sache nach für haltlos[62], die Widerklage für gerechtfertigt[63]:
1. Was die Kündigung (Urteilsanlage XIII.) anbelangt, so ergebe sich sein Recht zur – auch abrupten – Trennung von der Klägerin, wie er meint, daraus, dass diese „nach gutachterlicher Feststellung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ die maßgebliche Autorin des zitierten Schreibens (s. oben, S. 8-9 [a.]; Urteilsanlage V.) sei[64]. Im besagten Text seien Mitarbeiter, Vorstandsmitglieder und der Verein selber „beleidigt, verunglimpft und in ihrem/seinem Ruf schwer geschädigt worden“[65]. Das sei ihr (Klägerin) auch im Schreiben vom 20. April 2016 (Urteilsanlage VIII.) und sodann am 27. April 2016 auch „unter Vorlage“ des Gutachtens „eröffnet und begründet“ worden[66]. Zwar habe die Klägerin sich „in der Anhörung nach Einsichtnahme in den ,Beschwerdebrief' und die wesentlichen, sie betreffenden Gutachtenauszüge“ - so der Beklagte - „schlicht dahingehend eingelassen“, dass sie den Brief weder verfasst noch mitverfasst habe[67]. Diese Einlassung habe ihn (Beklagten) angesichts des sehr sorgfältig begründeten Gutachtens über eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Autorenschaft aber nicht „vom Gegenteil zu überzeugen“ vermocht[68]. Damit sei eine Trennung von ihr für seinen Vorstand unausweichlich[69].
2. Der mit der Widerklage verfolgte Zahlungsanspruch von 16.177,46 Euro (brutto) betrifft zum einen die für das Privatgutachten aufgebrachten 12.614,-- Euro[70] und zum anderen vorgerichtlich aufgewandte Anwaltskosten, die der Beklagte mit weiteren insgesamt 3.563,46 Euro beziffert[71]. Beide Geldbeträge seien, wie er meint, von der Klägerin zu erstatten[72]. Diese seien notwendig gewesen, um sie „einer vorsätzlichen Vertragsverletzung zu überführen“[73].
VI. Hierzu erwidert die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016[74] unter anderem, der Beklagte habe es vor der Erteilung des Gutachterauftrages unterlassen, sie und etwaige weitere verdächtigte Personen zur Urheberschaft am Anonymschreiben anzuhören[75]. Ihr habe der Verwaltungsleiter das Schriftstück vielmehr erst am 18. Februar 2016 zur Kenntnis gegeben[76]. Vorgerichtliche Anwaltskosten könnten im Übrigen schon nach den Grundsätzen zu § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG[77] nicht erstattet verlangt werden[78]. Im Übrigen beteuert sie auch im gerichtlichen Verfahren, das Schreiben weder verfasst noch mitverfasst und auch keine Kenntnis vom Urheber oder den Urhebern zu haben[79]. Des Weiteren legt die Klägerin Wert auf die Feststellung, dass der Beklagte die Eingabe des Betriebsrats und des IFB-Teams vom 29. Juni 2015 (s. oben, S. 5-7 [3.]; Urteilsanlage III.) seinerzeit erhalten habe[80]. Damit sei dessen Inhalt nicht nur sämtlichen zugehörigen Personen bekannt, sondern auch Teil des von der Privatgutachterin auf S. 77 und 84 ihres Gutachtens angesprochenen „gemeinsamen Erlebnishorizonts“ gewesen[81]. Unabhängig davon entspreche die Rede der Gutachterin auf S. 76 ihrer Stellungnahme von jenem „patzigen Ton“, in dem eine Stellungnahme ihrerseits (Klägerin) verfasst worden sei, der „Bände darüber“ spreche, was sie (Klägerin) von der Nachforderung von Qualifikationsnachweisen halte, unter keinerlei Gesichtspunkten einer unabhängigen und sachlichen Begutachtung[82]. Schließlich lasse der Beklagte völlig offen, warum er den Kreis potentieller Verfasser des Anonymschreibens auf „die fünf im Projekt ,Weide' genannten Mitarbeiter eingeschränkt habe[83]. - Endlich lässt die Klägerin die Richtigkeit ihrer Angabe, das fragliche Schriftstück „weder verfasst noch mitverfasst“ (oder auch nur Kenntnis von dessen Urheberschaft) zu haben, vorsorglich an Eides Statt versichern (Kopie[84]: Urteilsanlage XIV.).
VII. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen. - Zur ergänzen ist, dass der Beklagte drei Tage vor der mündlichen Verhandlung am 30. September 2016 noch Wert auf den Hinweis gelegt hat, sein Vorstand habe mittlerweile Strafanzeige gegen die Klägerin erstattet[85]. Die Klägerin selbst hat das im Termin um die Bemerken[86] ergänzt, sie sei mittlerweile auch aus seinem Verein ausgeschlossen.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet (A.), die Widerklage ist es nicht (s. unten, S. … [B.]). - Im Einzelnen:
A. Die Klage
I. Der Kündigungsschutz (Antrag 1.)
Soweit sich die Rechtsschutzbegehren der Klägerin gegen die Kündigung(en) im Schreiben vom 29. April 2016 (Urteilsanlage XIII.) richten, erweist sich die Klage als begründet. Keine der dortigen Kündigungen des Beklagten hat das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst; sie werden solche Wirkung auch künftig nicht entfalten. Die Kündigungen sind vielmehr unter jedem in Betracht kommenden Gesichtspunkt unwirksam. Daran ändern seine Einwände nichts. - Der Reihe nach:
A. Die Klägerin hat ihre Feststellungsklage binnen dreier Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens (29. April 2016) bei Gericht einreichen lassen (13. Mai 2016). Die Zustellung ist am 20. Mai 2016 bewirkt worden. Damit hat die Klägerin selbst ohne die andernfalls rechtlich gebotene[87] Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen aus § 167 ZPO[88] die ihr durch §§ 13 Abs. 1 Satz 2[89], 4 Satz 1 KSchG[90] zur Klageerhebung gesetzte dreiwöchige Frist gewahrt. Die Kündigungen „gelten“ folglich nicht schon kraft Gesetzes nach § 7 (1. Halbsatz)[91] KSchG als „von Anfang an rechtswirksam“. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit vielmehr angesichts der Beschäftigtenzahl des Beklagten (§ 23 Abs. 1 KSchG[92]) und der (weit) mehr als sechsmonatigen Dauer des Arbeitsverhältnisses (§ 1 Abs. 1 KSchG[93]) eines besonderen Grundes und dürfen – selbstverständlich – auch sonst nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen.
2. Letzteres (Gesetzesverstoß) tun die hiesigen Kündigungen aber. Das liegt angesichts der speziellen Problemlage des Sachverhalts daran, dass schon der Betriebsrat im Vorfeld der Kündigung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden ist (s. sogleich, a.). Dass sich allerdings auch im Übrigen durchgreifende Bedenken gegen die Gewissheit des Beklagten aufdrängen, in (gerade) der Klägerin die Autorin des Anonymschreibens vor sich zu haben, ist daher lediglich ergänzen anzumerken (s. dazu unten, S. 25 ff. [b.]).
a. Zur Konsultation des Betriebsrates gilt dabei folgendes:
aa. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG[94] hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören.
(1.) Hierzu hat er dem Gremium namentlich „die Gründe“ seines Trennungswunschs mitzuteilen (§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Geschieht dies nicht (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) oder nicht ausreichend[95], so ist die Kündigung – schon deshalb – unheilbar unwirksam. Sinn der Prozedur ist es nach langjähriger Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen, dass diese dem Betriebsrat Gelegenheit geben soll, dem Arbeitgeber seine Überlegungen aus Sicht der Arbeitnehmerschaft zu Gehör zu bringen[96]. Allerdings erschöpft sich das historisch bekanntlich äußerst umkämpfte Konsultationsgebot[97] nicht darin, dem Arbeitgeber etwa lediglich innerbetrieblichen Informationsservice zu bieten: Sinn der obligatorischen Einschaltung gewählter Mandatswalter ist es hier vielmehr, diesen die Möglichkeit zum „Einfluss“ auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers zu nehmen[98] und dadurch die Kündigung in geeigneten Fällen möglichst zu verhindern[99]. Der so erhoffte Effekt ist im Fachschrifttum zu Recht mit dem pointierten Diktum vom „retardierenden“ Einfluss der Anhörungsprozedur[100] belegt worden.
(2.) Festzuhalten ist vorab auch, dass weder Arbeitgeber noch Betriebsrat oder beide gemeinsam über den gesetzlich in § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG[101] geforderten Informationsumfang – wie auch sonst über Umfang und Ausgestaltung zwingender Beteiligungsrechte[102] - disponieren können[103]. Insofern enthebt es das Gericht nicht seiner diesbezüglichen Kontrolle, wenn der Arbeitgeber sich vom Betriebsrat im Zuge der Anhörungsprozedur vom betrieblichen Verhandlungspartner – wie hier (s. oben, S. 13; Urteilsanlage XII.2.) - unterschreiben lässt, dass das Konsultationsverfahren mit den gegebenen Auskünften abgeschlossen, oder gar umfassend ordnungsgemäß verlaufen sei[104]. Auch dann führt jede rechtserheblich defizitäre Unterrichtung der Belegschaftsvertretung vielmehr – vom Betriebsrat unverzichtbar - zur Unwirksamkeit der Kündigung[105].
ab. So verhält es sich im Streitfall. Die Beklagte hat den Betriebsrat – letztlich offensichtlich – nicht ausreichend über die Grundlagen ihres Kündigungswillens unterrichtet. Er konnte damit deren „Stichhaltigkeit“[106] schon deshalb nicht brauchbar prüfen:
(1.) Der Beklagte macht keinen Hehl daraus, dass ihm als einzige Quelle des hinsichtlich der Urheberschaft der „Beschwerde“ (s. oben, S. 8-9 [a.]; Urteilsanlage V.) gegen die Klägerin gehegten Argwohns jenes Gutachten dient, das er bei Frau R. Anfang Februar 2016 (s. oben, S. 10 [a.]) in Auftrag gegeben hat. Einen anderen Anhaltspunkt dafür, dass gerade die langjährige Mitarbeiterin des „IFB“ für die in der Tat mehr als unannehmliche Aktion verantwortlich sein sollte, hat er nicht.
(a.) Verhält es sich so, dann muss im Lichte der Zwecke des Konsultationsgebots aus § 102 Abs. 1 BetrVG[107] auf Anhieb überraschen, dass das nach § 79 Abs. 1 Satz 1 BetrVG[108] bekanntlich mit umfänglichen Schweigepflichten belegte Gremium in der Anlage zum Anhörungstext vom 21. April 2016 (s. oben, S. 11 [d.]; Kopie[109]: Urteilsanlage XV.1. bis XV.3.) aus einem mehrbändigen Konvolut von Hunderten von Seiten lediglich drei Blatt Papier zugänglich gemacht erhält. Davon ist eines das Deckblatt des Privatgutachtens (Urteilsanlage XV.1.), ein Zweites die isolierte – und als solche nicht prüfbare - Gesamteinschätzung der Gutachterin zur Klägerin (S. 84; Urteilsanlage XV.2.) und das Dritte eine Zusammenfassung ihrer Sicht zu – nicht näher belegten - Ausschlusstatbeständen für die übrigen in die engere Auswahl gezogenen „Kandidaten“ der Urheberschaft des Anonymschreibens (S. 94; Urteilsanlage XV.3.). Nicht enthalten sind hingegen neben dem (mindestens) zweiten Band des Werkes sämtliche übrigen nahezu einhundert Seiten des ersten Bandes mit allen Erläuterungen, darunter die Seiten 25 u. 80 (Kopien[110]: Urteilsanlage XVI.1. u. XVI.2.). Diese enthalten Annahmen der Gutachterin über Herkunft und Schicksal des Entwurfstexts vom 1. Juni 2015 (s. oben, S. 2-5 [II.1.]; Urteilsanlage II.), von denen schon oben (S. 5 Fn. 18) die Rede war, die auch sonst noch (s. unten, S. 31 [ba.]) eine Rolle spielen werden und vor allem Sachverhalte thematisieren, deren Irrtumsgehalt[111] der Betriebsrat schon kraft eigenen Wissens unschwer beurteilen konnte. - Darüber hinaus fehlen mit den erwähnten fast einhundert Seiten komplett jene Überlegungen, mit denen die Gutachterin nicht nur eine Entlastung der Klägerin ausschließt (s. Seiten 39-45 des Gutachtens [7.1.5.][112]), sondern auch diejenigen Gesichtspunkte, die sie als relevante Ähnlichkeiten zwischen Schreibprodukten der Klägerin und besagtem Anonymtext eingestuft sehen will (s. Seiten 46-80 des Gutachtens [7.2][113]). - Kein Zweifel: Da die Belegschaftsvertretung zwar erfährt, was die Gutachterin meint, aber nicht, wie ihre Sicht zustande kommt, kann sie die „Stichhaltigkeit“ der getroffenen Wahrscheinlichkeitsaussagen als Kündigungsmotiv des Beklagten nicht einmal im Ansatz beurteilen. Das entspricht jedoch nicht einer Gesetzgebung (s. oben, S. 18-20 [(1.)]), die den Arbeitgeber wohlweislich dazu anhalten will, „seine wesentlichen Argumente und Informationen offen[zu]legen“ (Wolfhard Kohte a.a.O.), um seinem innerbetrieblichen Gesprächspartner die Möglichkeit zu verschaffen, wenigstens mit rhetorischen Mitteln auf sein Kündigungsmotiv Einfluss zu nehmen. Erst Recht kann auf diese Weise ein „retardierender“ Effekt auf die (vermeidbare) Kündigung von Arbeitsverhältnissen (Wolfhard Kohte[114]) beim besten Willen nicht erreicht werden. - So also geht es nicht.
(b.) An den Konsequenzen aus § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG führt auch der Umstand nicht vorbei, dass der Beklagte in der halbstündigen Unterredung am 27. April 2016 (s. oben, S. 11-12 [f.]; Urteilsanlage XI.) das Privatgutachten seiner Sachverständigen offenbar bereithielt: Denn abgesehen davon, dass zu diesem Zeitpunkt die dem Betriebsrat primär gesetzte Dreitagefrist zur Stellungnahme[115] (Urteilsanlage IX.3.) längst abgelaufen war und auch besagte Begegnung vom 27. April 2016 zuförderst nicht seiner Beteiligung, sondern der Anhörung der Klägerin galt, bliebe die situativ dergestalt gebotene Chance, ein mehrbändig wissenschaftlich aufgemachtes Konvolut von Hunderten von Seiten – im Beisein der „Gegenpartei“ (Originalton des Beklagten: Urteilsanlage XI.1.) - erstmals körperlich in die Hand zu nehmen und darin zu blättern, Welten von dem entfernt, was dem Gesetz als Gelegenheit zur substanziellen Mitsprache in Kündigungskonflikten vorschwebt[116]. - Eine derart verkürzte Prozedur kann das Gericht nicht als gesetzeskonform „durchwinken“.
(2.) Die Kammer verkennt bei dieser Beurteilung nicht, dass die Gerichte für Arbeitssachen in vordergründig vergleichbaren Problemlagen zuweilen und zutreffend daran erinnern, dass die Konsultation des Betriebsrates nicht darauf angelegt ist, einen Kündigungsschutzprozess vorwegzunehmen:
(a.) Hierzu hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) etwa im September 1994[117] klargestellt, dass der Arbeitgeber im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 Abs. 1 BetrVG[118] nicht gehalten sei, den Betriebsrat über die ihm (Arbeitgeber) bekannte Tatsache aufzuklären, dass ein für den Kündigungsvorwurf relevanter Zeuge von einem in anderer Sache mitbefassten Landgericht (angeblich) für unzuverlässig gehalten worden sei[119]. „Umstände“, so der Zweite Senat a.a.O. weiter, „die die Glaubwürdigkeit von Zeugen oder anderen Beweismitteln betreffen“, gehörten „in der Regel nicht zum Kündigungssachverhalt im Sinne des § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG“[120]. Andernfalls werde „unterstellt, dass es solcher Beweismittel“ überhaupt bedürfe[121]. Und, weiter: „Hielte man den Arbeitgeber generell für verpflichtet, auch solche Umstände mitzuteilen, die Zweifel an der Beweiskraft seiner Beweismittel begründen könnten, so führte dies zu einer mit § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nicht beabsichtigten Vermenung der formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Anhörung mit der Überprüfung der Kündigungsgründe aufgrund der Prozesssituation und damit zu einer Vorverlagerung des Kündigungsschutzprozesses in das Anhörungsverfahren“[122]. - Im Januar 1995[123] hat der Zweite Senat die Entscheidung der dortigen Vorinstanz[124] aufgehoben, die den Betriebsrat für unzureichend unterrichtet hielt, weil diesem im Blick auf den Kündigungsvorwurf, die Zielperson habe während angeblicher Arbeitsunfähigkeit umfangreich Zimmermannsarbeiten ausgeführt, eine von einem Privatdetektiv des Arbeitgebers beigebrachte Fotomappe nebst Videofilm nicht vorgelegt worden war: Hierzu verwies der Zweite Senat auf seine Judikatur vom September 1994 und meinte, deren Grundsätze „verdienten“ auch hier Geltung[125]. Die Arbeitgeberin habe mit einem Anhörungsschreiben und zusätzlichen Informationen durch ihren Geschäftsführer ihrer Informationspflicht nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG genügt, so dass es nicht erforderlich gewesen sei, „dem Betriebsrat auch noch die Beweismittel für diesen Kündigungssachverhalt vorzulegen“[126]. Begründung: „Bestritt nämlich der Kläger den Kündigungssachverhalt nicht, erübrigte sich eine Auswertung der Fotomappe und des Videofilms“[127]. Unstreitig sei zudem, dass der Kläger bei seiner Anhörung durch den Betriebsrat diesem gegenüber eingeräumt habe, „während der Arbeitsunfähigkeit mit Hilfe seiner Söhne schwere Zimmermannsarbeiten durchgeführt zu haben“[128]. - Diese Würdigung ist im Fachschrifttum aus guten Gründen mit den Worten bedacht worden, sie zeige, „wie schmal der Grad zwischen der Nichtinformation über Beweismittel und einer umfassenden Information“ im Sinne der zitierten Grundsätze zu § 102 Abs. 1 BetrVG sei[129]. Das strittige Beweismaterial (Fotomappe und Videofilm) habe nämlich belegen sollen, dass der gekündigte Arbeitnehmer schwere Zimmermannsarbeiten (selbst) durchgeführt habe, nachdem dieser gerade den kündigungsrelevanten Aspekt des Geschehens bestritten hatte[130]: Er habe sich zwar an Zimmermannsarbeiten beteiligt, jedoch auf Leitungsaufgaben beschränkt, während seine Söhne die körperlich belastende Arbeit ausgeführt hätten[131]. Insofern gehöre die Information über den tatsächlichen Ablauf speziell in dieser Hinsicht in der Tat zum mitzuteilenden Kündigungsgrund, weil der Betriebsrat sich über den strittigen Aspekt nur so ein eigenes Bild habe machen und die Anhörung ihren Zweck habe erfüllen können[132].
(b.) Was die Berechtigung und Tragweite dieser Judikatur anbelangt, die der Zweite Senat im Februar 1997[133] bekräftigt, im März 2003[134] aufgegriffen und im November 2005[135] zumindest noch einmal erwähnt hat, kann beides für den hiesigen Streitfall dahingestellt bleiben. Wo sich „die Gründe für die Kündigung“ (§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG[136]) als archimedischer Punkt der Personifizierung des Kündigungswillens nämlich ausschließlich aus einem schriftlichen Gutachten für den Arbeitgeber ergeben (sollen), setzt die Kontrolle der „Stichhaltigkeit“ seines hierauf gestützten Vorwurfsbildes, wie eben schon angeklungen (s. oben, S. 21-23) die Kenntnis des Inhalts besagten Gutachtens – und nicht nur seiner Existenz – offenbar zwingend voraus. Soll der Zweck des Gesetzes als nicht zuletzt präventiver Schutzbehelf in diesen Konstellationen nicht restlos vereitelt werden, so kann eine Prozedur, die „die Katze im Sack“ lässt, vor Gericht keine Anerkennung erwarten. Wenn es Teil des des normativen Geltungsanspruchs des § 102 Abs. 1 BetrVG ist, den Arbeitgeber dazu anzuhalten, sich vom Betriebsrat „in die Karten schauen“ zu lassen[137], so ist dafür jedenfalls in Konfliktlagen wie der hiesigen die rechtzeitige Vorlage des kompletten Gutachtens zur ungestörten Auswertung und Meinungsbildung unerlässlich.
ac. Bei dieser Sachlage erweisen sich die Kündigungen vom 29. April 2016 (Urteilsanlage XIII.) schon nach den Grundsätzen des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG als rechtsunwirksam. - Was daraus folgt, spiegelt der Tenor zu I. des Urteils.
b. Wie schon vorausgeschickt (s. oben, S. 18 [2.]), ist das aber noch nicht alles. Wären die Kündigungen nicht ohnehin unwirksam, so wäre ihnen spätestens Sozialwidrigkeit zu bescheinigen. Die Klägerin hat dem Beklagten nämlich in der Tat keinen „Grund“ gegeben, ihr Arbeitsverhältnis – gar abrupt – aufzukündigen. Eine Kündigung wäre schon nicht im Sinne des§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[138] „sozial gerechtfertigt“[139]. Folglich steht dem Beklagten erst recht kein sogenannter „wichtiger“ Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB[140] zu. Gegenläufige Tatsachen hat der als Arbeitgeber bekanntlich darlegungs- und beweisbelastete[141] Beklagte nicht beigebracht:
ba. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[142] ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen. Von den so umschriebenen möglichen „Störquellen“ (Wilhelm Herschel [143]) im Vollzug eines Arbeitsverhältnisses geht es der Beklagten erklärtermaßen um sogenannte verhaltensbedingte Gesichtspunkte. Als Grundstein setzt eine so motivierte Kündigung eine – in aller Regel: vorwerfbare - Verletzung vertraglicher Pflichten des Arbeitnehmers voraus[144].
bb. Bereits diese Voraussetzung verhaltensbedingter Kündbarkeit des hiesigen Arbeitsverhältnisses sind auf der Grundlage des Prozessvorbringens des Beklagten nicht objektivierbar.
(1.) Ihm ist allerdings einzuräumen, dass Verhaltensweisen, wie er sie der Klägerin hier beharrlich zur Last legt (s. oben, S. 15 [V.1.]), bei Wahrung der übrigen normativen Anforderungen an die Kündbarkeit geschützter Arbeitsverhältnisse ein Trennung von der Klägerin durchaus in Reichweite bringen könnten. Nicht minder trivial ist allerdings, dass der vor Gericht feststellbare Sachverhalt das so postulierte Geschehen auch hergeben muss.
(2.) Davon für den Streitfall jedoch, wie schon angeklungen (s. oben, S. 18 [2.]), keine Rede sein:
(a.) Der Beklagte sieht sich für sein gegenläufiges Lagebild freilich nachhaltig bestätigt durch jenes Gutachten (s. oben, S. 10 [b.]), das ihm Frau R. per 18. April 2016 mit den Mitteln der Textvergleichung auftragsgemäß erstattet hat. Nach dessen Einschätzung (Urteilsanlage VII.) ergebe die Analyse des Anonymschreibens und des Vergleichsmaterials eine „sehr hohe Wahrscheinlichkeit (Stufe +3)“ dafür, dass die Klägerin „die maßgebliche Autorin der anonymen Anzeige“ (Urteilsanlage V.) sei.
(b.) Dem kann das Gericht nicht beitreten. Tatsächlich erbringt das Privatgutachten des Beklagten weder den Nachweis etwaiger Urheberschaft der Klägerin (§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG[145], §§ 495 Abs. 1[146], 286 Abs. 1 Satz 1[147] ZPO) noch einen brauchbaren Verdacht ihres Zutuns (s. dazu unten, S. 38 ff. [(bb.)]). Es regt auch selbst dann nicht zu weiterer Sachaufklärung an, wenn man davon absehen wollte, dass die Kündigungen ohnehin schon im Lichte des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG allesamt unwirksam sind (s. oben, S. 18-26 [2 a.]). – Daran können die Einwände des Beklagten nichts ändern:
(ba.) Was zunächst den „Tatnachweis“ anbelangt, so gilt folgendes:
[1.] Versteht man unter „Tatnachweis“ im rechtlichen Sinne mit der mittlerweile schon „klassischen“ Judikatur des frühen Reichsgerichts (RG)[148] einen „für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit“ des Gerichts, der „den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“[149], so kommt ein solcher Nachweis anhand schlichter Textvergleichung schon strukturell nicht in Betracht: Wie auch die Privatgutachterin der Sache nach zubilligt, gelangt die Textvergleichung bestenfalls zu Wahrscheinlichkeitsaussagen, die den Grad naturwissenschaftlicher Stringenz nicht erreichen können[150]. Deshalb hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Strafsachen schon wiederholt Veranlassung gesehen, auf die Grenzen des „Beweiswertes“ einschlägiger Analysen hinzuweisen[151]. - Das sieht die Kammer – jedenfalls im Prinzip - nicht anders.
[2.] Auf diesen Hintergrund kann dem hiesigen Privatgutachten nicht einmal Indizwert zu Lasten der Klägerin entnommen werden. Abgesehen davon, dass es schon den situativen Rahmen des Geschehens verkennt, können auch die einzelnen Denkschritte seiner „Beweisführung“ die Kammer nicht überzeugen. Tatsächlich ist keineswegs auszuschließen, kann aber letztlich auch auf sich beruhen, dass vorliegend andere (einzelne, mehrere oder sogar unbekannte) Akteure die Hände im Spiel hatten, die die relativ frei kursierenden Textfragmente über die Stimmung im Bereich „IFB“ für eigene Zwecke einzuspannen suchten. - Insofern, abermals, der Reihe nach:
[a.] Das Privatgutachten vermerkt an sich einleuchtend, wie beim Versuch, Wahrscheinlichkeitsaussagen über die Urheberschaft eines Texts vorzugehen sei[152]; es heißt dort (Seite 6[153]):
„Bei der Autorenbestimmung wird das Merkmalsset anonymer Texte mit den Merkmalen des Vergleichsmaterials von Personen, die der Urheberschaft der anonymen Text verdächtigt werden, abgeglichen.
Dabei wird zunächst überprüft, ob die verdächtigten Personen entlastet werden können, indem auf verschiedenen sprachlichen Analyseebenen (s.u.) gezielt nach divergierenden Merkmalsausprägungen gesucht wird. Finden sich Divergenzen, ist zu prüfen, ob die jeweilige Merkmalsausprägung mit der anderen systematisch inkompatibel ist. Setzt z.B. ein Verdächtiger in seinen Vergleichstexten durchweg kein Komma bei Relativsätzen, der Anonymus (der Autor des Anonymschreibens) hingegen setzt es an mehreren Belegstellen korrekt, ist dies als gravierende Divergenz zu werten. Ob eine Divergenz tatsächlich als sytematischer Unterschied, und damit als entlastend, einzustufen ist, ist stets unter Berücksichtigung des Gesamtkontexts sorgfältig abzuwägen.
Werden keine oder nur sehr wenige systematischen Unterschiede zwischen den anonymen Texten und den Vergleichstexten identifiziert, wird im nächsten Schritt nach Gemeinsamkeiten zwischen den Textgruppen gesucht. Anzahl und Signifikanz der Übereinstimmungen werden anschließend bewertet. Besondere Bedeutung kommt dabei gemeinsamen Fehlern zu. Durch die zunehmende Qualität der Rechtschreib- und Grammatikprüfungen moderner Texterstellungsprogramme (der Großteil der Anonymschreiben wird am PC erstellt), sind auffällige Rechtschreibfehler allerdings seltener geworden. Daneben sind von besonderer Aussagekraft Merkmalskomplexe, die mehrere sprachliche Analyseebenen umfassen, oder aber die Kombination mehrerer Merkmale – wie bei identischen Formulierungen“.
Auf dieser Basis, so die Privatgutachterin, seien ihre die Klägerin belastenden Schlussfolgerungen (Urteilsanlage XV.3.) entstanden.
[b.] Dem folgt die Kammer weder im situativen Ausgangspunkt noch in den folgenden Analyseschritten. Zwar ist gegen die beschriebene Methode, solange die Grenzen der Aussagekraft ihrer Ergebnisse bewusst bleiben (s. oben, S. 29 mit Fn. 150 u. 151), in der Tat nichts einzuwenden. Die Kammer teilt allerdings nicht die Gewissheit des Beklagten, dass das Gutachten zulasten der Klägerin die benötigten Annahmen tragen könnte. Das beginnt schon, wie eben angeklungen, beim situativen Umfeld des Anonymschreibens im hiesigen betrieblichen Sozialgeschehen:
[ba.] Das Gutachten stellt auf Seite 25[154] (Urteilsanlage XVI.1.) heraus, dass es sich beim unter den Dateien der Klägerin aufgefundenen Text vom (wohl) 1. Juni 2015 (Urteilsanlage II.) um „einen besonders interessanten Text“ handele:
<1.> Dieser sei nicht nur „stilistisch aus einem Guss“, sondern rühre auch trotz der gewählten „Wir-Form“ mutmaßlich von der Klägerin her. Darüber hinaus versichert das Gutachten (ebenso nochmals S. 80[155]; Urteilsanlage XVI.2.), der Vorstand des Beklagten habe nach Kenntnis seiner Vorsitzenden „nie einen derartigen Beschwerdebrief“ erhalten. - Diese Aussage trifft aber nicht zu. Wie die Klägerin dem Beklagten unwidersprochen entgegengehalten hat[156] und das Gericht sich im Kammertermin von ihm nochmals bestätigen ließ[157], hat das gemeinsame Schreiben des Betriebsrats und des Teams „IFB“ im Anhang der E-Mail vom 29. Juni 2015 (s. oben, S. 5-6 [3.]; Urteilsanlage III.) den Vorstand seinerzeit tatsächlich erreicht.
<2.> Das bleibt nicht ohne Folgen. Denn damit steht fest, dass die einst möglicherweise von der Klägerin entwurfshalber entwickelten Überlegungen die isolierte Nische höchstpersönlicher Verwendung verlassen haben und ins Forum kollektiver Betrachtung gelangt sind. Wie nicht zuletzt die Vielzahl von Änderungen und Ergänzungen im Brief vom 29. Juni 2015 eindrucksvoll belegt, kann das daraus erwachsene Textgebilde folglich mitnichten mehr – wie zuvor noch das Vorprodukt vom 1. Juni 2015 aus ihrem PC – allein der Klägerin zugeordnet werden. Durch den medialen Wechsel kann vielmehr jede Person, die mit dem Sprachgebilde vom 29. Juni 2015 zu tun bekommen hat, sich seiner Daten für eigene Zwecke „bemächtigt“ und diese ggf. mit Inhalten aus anderen (eigenen) Quellen zum späteren Anonymschreiben (Urteilsanlage V.) umkomponiert haben. Damit rückt im Streitfall genau diejenige Lage ins Blickfeld der Möglichkeiten, die schon den Bundesgerichtshof bewogen hatten, sogenannten „Bekennerschreiben“ jede wesentliche Bedeutung zur Begründung eines Tatverdachts gegen einzelne Individuen rundheraus abzusprechen[158]. Die Kammer teilt diese Skepsis, zumal ihre Erkenntnisse überzeugenden Stellungnahmen des linguistischen Fachschrifttums[159] voll und ganz entsprechen.
[bb.] Verfehlt das Privatgutachten mit dem situativen Kontext unter Negierung des Schriftstücks vom 29. Juni 2015 damit schon die Prämissen seiner Versuche, gerade die Klägerin mit dem Anonymschreiben in Verbindung zu bringen, so bleibt allenfalls ergänzend zu bemerken, dass auch weder dem einen noch dem anderen seiner gedanklichen Folgeschritte hinreichende Plausibilität bescheinigt werden könnte:
<1.> Das gilt zunächst für die (vom Gericht) sogenannte Ausschlusskontrolle:
<a.> Für diese „Ausschlusskontrolle“ registriert das Gutachten zunächst eine Reihe von „Sprachlichen Besonderheiten“ im Textprodukt des Anonymus (S. 28[160]), um das Vergleichsmaterial der Klägerin auf Ähnlichkeiten hin durchzumustern. Hier stellt es fest, dass sich in der Tat eine Reihe von Divergenzen zum Vergleichsmaterial der Klägerin zeigen. Allerdings zieht das Gutachten daraus nicht den Schluss, dass diese als Autorin des Anonymschreibens auszuscheiden habe. Es gebe nämlich nur eine einzige „gewichtigere Divergenz“, nämlich „die Wahl des Ausrufungszeichens nach der Anrede“ (S. 43[161]). Da eine Faustregel besage, „dass erst bei mindestens drei gravierenden Divergenzen von einer Nicht-Identität der Autoren auszugehen“ sei, könne die Klägerin „nicht von dem Verdacht entlastet werden, die alleinige Autorin“ der Anonymschrift zu sein.
<b.> Dieser Würdigung folgt das Gericht nicht. Sucht man die Argumentation des Gutachtens nämlich nachzuvollziehen, so ist dem Eindruck nicht auszuweichen, dass eine ganze Reihe weiterer auffälliger Divergenzen zwar registriert, dann aber inadäquat neutralisiert werden. Das wird schon durch einen Lapsus des Gutachtens eingeleitet:
<ba.> So springt ins Auge, dass das Gutachten unter den als „Sprachliche Besonderheiten“ kategorisierten Merkmalen (s. oben, Fn. 160) den in der Tat ebenso ungewöhnlichen wie auffällig groß geratenen Zeilenabstand bei der Adressierung [Urteilsanlage V.1. - links oben] in der folgenden Einzelerörterung solcher „Besonderheiten“ nicht wieder aufgreift. Tatsächlich taucht der Punkt – offenbar systemwidrig – im späteren Abschnitt ab Seite 44 des Gutachtens[162] unter den Sprachlichen „Gemeinsamkeiten“ (zwischen Klägerin und Anonymus) auf, nämlich auf S. 45[163]. Zwar muss es selbst hier konstatieren, dass sich eine derartige Adressgestaltung in den Vergleichsprodukten der Klägerin nicht findet[164]. Dennoch gelangt das Gutachten zu einer, wie es sagt, „Parallele“: In einem der Klägerin zugeschriebenen Brief aus dem September 2011 (ck42 – S. 20 GA[165]: „Antrag Sommerurlaub 2012“) seien „die Zeilenabstände des gesamten (kurzen) internen Briefs zu groß“. - Diese Gleichstellung wirkt verfehlt. Hier wäre stattdessen ein Ausschlussmerkmal festzustellen gewesen, denn bei der Adressgestaltung ist der (augenscheinlich durch Leerzeilen produzierte) Abstand eben – wie das Gutachten selbst zutreffend feststellt (s. Fn. 164) - normwidrig, während sich Fließtexte in diesem Punkt nach Belieben konfigurieren lassen. Das bedeutet, dass der Umstand, dass sich im Fließtext eines Schriftstücks der Klägerin ein breiter Zeilenabstand findet, nicht das Geringste dafür besagt, dass sie auch im Adressfeld des Anonymschreibens – zumal im krassen Gegensatz zum folgenden engzeiligen Fließtext - plötzlich mit breitem Zeilenabstand agiert haben könnte. Was bleibt, ist schlichte Unterstellung. - Aber weiter:
<bb.> Das Gutachten räumt sodann zunächst ein, dass auch die seltsame Abfolge von Anrede und Betreffzeile [Urteilsanlage V.1. - Mitte] in den Vergleichsschriftstücken der Klägerin nirgendwo auftaucht (Seite 39[166]). Gleichwohl lehnt es die hiernach mehr als nahe gelegte Konsequenz ab, insoweit eine „relevante“ Diverenz anzuerkennen: Da die Klägerin ihre Briefe keineswegs weitgehend einheitlich nach DIN-Norm gestalte, sei ihr der hiesige Normverstoß nämlich „durchaus zuzutrauen“[167]. Somit könne „nicht ausgeschlossen“ werden, dass sie auch einmal denselben Normverstoß begehe[168]. - Auch das liefert statt empirischer Grundlagen durch belastbaren Textvergleich bestenfalls Spekulation.
<bc.> Das Gutachten stellt weiter fest, der Anonymtext wähle mit dem – aufbautechnisch ohnehin deplazierten - Sprachgebilde „Betr.:“ eine Kennzeichnung (und Abkürzungsweise), die nicht nur als solche seit Jahrzehnten überholt ist, sondern in dieser Form auch bei der Klägerin – wiederum - nirgendwo nachweisbar wird (Seite 39[169]). Da sich in einem Brief aus dem Jahre 2015 jedoch „das Hinweiswort Betrifft mit darauffolgendem Doppelpunkt“ (jedoch ohne weitere grafische Mittel wie Fettdruck, Unterstreichung oder Ähnliches) finde, lasse sich insoweit „eine Variante der vom Anonymus gewählten Form“ erkennen: Auch er setze nämlich „die Betreffzeile im Normdruck“, kürze nur eben das Hinweiswort ab. Und weiter: „Die Abkürzung Betr.: (wie bei Frau K. mit anschließendem Doppelpunkt) könnte dabei genauso gut für das von Frau K. verwendete ,Betrifft' stehen wie für das üblichere ,Betreff'“. - Auch dies überschätzt aber den Erkenntniswert der vermeintlichen Ähnlichkeit. Weitaus plausibler wäre es hier nämlich, statt eine konstruiert wirkende Übereinstimmung zu postulieren, die gegenläufig markanten Unterschiede zu registrieren: Der eine besteht darin, dass die Klägerin so gut wie nie mit einem „Betreff“ arbeitet, der andere darin, dass sie – wenn sie dies denn schon einmal (singulär) getan hat – jedenfalls nicht abkürzt. - Beides wäre als eindeutig dominant zu werten. - Fazit: Divergenz.
<bd.> Im Anschluss (Seite 40) kommt das Gutachten zum schon erwähnten (s. oben, S. 32 [<1a.>]) Ausrufungszeichen nach der Anrede. Dazu räumt es auch unumwunden ein, dass „schlicht eine Abweichung im Sprachgebrauch festzustellen“ sei. - Allerdings schließt sich dem keineswegs eine Entlastung der Klägerin an. Vielmehr legt das Gutachten nun Wert auf die Feststellung, dass zumindest eine Kollegin der Klägerin (Frau M.) für die Setzung des Ausrufezeichens in Betracht komme. Und weiter: „Wäre Frau M. die Co-Autorin des Anonymschreibens, so könnte das Ausrufungszeichen nach der Anrede auf Frau M. sprachlichen Einfluss zurückzuführen sein“. - Auch das erscheint jedoch inakzeptabel: Wenn das Gutachten den Kreis der „Verdächtigen“ eigens auf Dritte erweitern muss, um eine Entlastung der Klägerin vermeiden zu können, gibt das jedenfalls zu denken. Zumindest fällt es spätestens hiernach zunehmend schwer, ihm zu bestätigen, was es an anderer Stelle (Seite 94[170]) für sich in Anspruch nimmt: Dass es nach bestem Wissen namentlich unparteiisch erstellt worden sei.
<be.> Des Weiteren thematisiert das Gutachten (S. 40[171]) die Schlussformel des Anonymschreibens, die als „Mit frdl. Gruß“ ein in der Tat facettenreiches Sprachgebilde darstellt. Hierzu räumt das Gutachten ein, dass die Klägerin nicht nur „üblicherweise eines andere Schlussformel“ wähle als der Anonymus (etwa: „Mit freundlichen Grüßen“ oder „Mit freundlichem Gruß“). Es stellt darüber hinaus auch fest, dass die Klägerin in der Regel „ein Komma nach dem Schlussgruß“ setze und zudem Abkürzungen bei der Schlussformel „nie“ verwende. Gleichwohl gilt ihm die Schlussformel des Anonymschreibens als „teilkompatibel mit den Schreibgewohnheiten“ der Klägerin (S. 41[172]). Ihre Entlastung ergebe sich daraus – so wörtlich - „nicht zwingend“. Zur Begründung wird darauf verwiesen (nochmals S. 40), dass „in der besonderen Schreibsituation“ des Anonymschreibens auf den Schlussgruß keine Nennung des Absendernamens folge, „sodass der Verzicht auf ein Komma zur Abtrennung vom folgenden Text geboten“ erscheine. Deshalb sei diese spezielle Abweichung von den Präferenzen von Frau K. „erklärbar und nicht als Entlastungsmerkmal zu werten“. - Dem Gericht geht auch das zu weit: Betrachtet man die vom Gutachten selber beschriebenen Gepflogenheiten der Klägerin, so liegt das hiesige Textgebilde vielmehr so weit außerhalb ihres Variationskorridors, dass an den Konsequenzen kein Weg vorbeiführen sollte. In diesem Punkt verstärkt sich der Eindruck, dass es mit der nach außen beanspruchten Objektivität beim Gutachten tatsächlich nicht weit her ist.
<bf.> Ähnliches begegnet dem Betrachter nochmals, als sich das Gutachten im Anschluss der Datenschreibung im Anonymtext („1. Januar 16“) zuwendet (Seite 41[173]). Das in der Tat äußerst originelle Gebilde taucht, wie auch das Gutachten abermals zugibt[174], in Textprodukten der Klägerin nirgendwo auf. Auch verwende sie „ausgeschriebene Monatsnamen“ selten, diese Variante komme jedoch vor. - Befund des Gutachtens nach Hinweisen auf die Variationsbreite von Datierungen bei der Klägerin: „Eine unorthodoxe Schreibung wie im Anonymschreiben würde demnach durchaus zu Frau K's variantenreichem Stil passen – zumal sie die Vorliebe des Anonymus für die zweitstellige Jahresschreibweise teilt“. - Auch damit verlässt das Gutachten den Pfad empirischer Tugend, um sich – methodisch unstatthaft - auf blanke Zuschreibung zurückzuziehen.
<bg.> Wollte man nach allem für den ersten Untersuchungsschritt eine Zwischenbilanz ziehen, so könnte diese wohl nur dahin lauten, dass sich bei sachgerechterer Bewertung eine Entlastung der Klägerin aufgedrängt hätte. Dafür könnte auf sich beruhen, dass die erwähnte „Faustregel“ (s. oben, S. 32 [<1 a.>]: „drei gravierende Divergenzen“) im informierten Fachschrifttum, wenn dort von lediglich zwei derartigen Abweichungen die Rede ist[175], augenscheinlich nicht geteilt wird. Das bleibt jedoch einerlei, weil auch nach den Maßstäben des Gutachtens – wie gezeigt - mehr als genug Divergenzen auffindbar sind. Insgesamt passte die Summe der Merkwürdigkeiten im Erscheinungsbild des Anonymschreibens statt zum Gedanken an eine „Täterschaft“ der Klägerin zudem weit besser zu einer ganz anderen Arbeitshypothese: Dass sich ein im Umgang mit deutschsprachig selbstverfasstem Schriftgut evident unbeholfener Akteur (s. etwa die Adress-, Anrede-, Betreffs- sowie Schlussformelgestaltung und Datenschreibung) zur Verstärkung der Durchschlagskraft seines Anliegens und zur Kaschierung eigener Professionalitätsdefizite verfügbarer „Fremdprodukte“ bedient hat. - Wenn hingegen ausgerechnet die Klägerin, die schon ausweislich der Zahl der Vergleichstexte des Beklagten (89 Textprodukte) als vergleichsweise versierte Schreiberin ihr zutiefst am Herzen liegendes Anliegen mit einem derart fehlerstrotzenden Anstrich wie dem inkriminierten Exponat (Urteilsanlage V.) versehen haben sollte, so darf dies aus Sicht der befassten Kammer – schon unabhängig von ihrer Eidesstattlichen Versicherung (Urteilsanlage XIV.) - als fernliegend eingestuft werden.
<2.> Ausschließlich abrundungshalber sei angesichts dessen – auch wenn es darauf wegen vorheriger Entlastung der Klägerin nicht mehr ankommen dürfte[176] - gleichwohl noch erwähnt, dass sich das Bild des Gutachtens bei etwaiger Suche nach „Gemeinsamkeiten“ der Texte als zweiter Prüfstufe[177] keineswegs besser darstellte. Allerdings sei die Erläuterung insoweit auf lediglich vier – (hoffentlich) beredte - Schlaglichter beschränkt:
„<a.> Zum Ersten widmet sich das Gutachten der im Anonymschreiben verwendeten Schrifttype (s. oben, S. 8-9; Urteilsanlage V.), also (wohl) „Times New Roman“ (Seite 44[178]), in welcher der Text auch im Tatbestand dieses Urteils abgedruckt ist. Dazu heißt es:
„Der überwiegende Teil der mir vorliegenden Texte von Frau K. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] ist – ausweislich der mir zur Verfügung gestellten Dateikopien [die dem Gericht nicht vorliegen; d.U.] - in modernen serifenlosen Schrifttypen (Arial oder bei jüngeren Texten auch Calibri) gesetzt.
Zwei Texte sind allerdings (wenigstens teilweise) in Times New Roman geschrieben, so dass die Wahl dieser Schriftart nachweislich in die intraindividuelle Variationsbreite von Frau K. fällt.
Der Text ck45[179] [der dem Gericht wie alle übrigen mit Ausnahme des Texts vom 1. Juni 2015 gleichfalls nicht vorliegt; d.U.] wechselt in Z. 104 von Arial zu Times New Roman – und anschließend ab Z. 212 zu Garamond; ein weiterer, zeitnah zum Anonymschreiben entstandener Text (ck79[180], datiert vom 28.9.2015) ist ebenfalls in Times New Roman gesetzt. Ck79 enthält eine andere Autorenangabe in der Dateiinformation als die meisten Texte aus dem Konvolut K.: Der Autor ist ,C.', nicht ,K' – wie beim Großteil der Texte. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Text auf einem anderen PC entstanden ist als die übrigen Texte. Möglicherweise handelt es sich hierbei um den privaten PC von Frau K. - auf dem evtl. auch das Anonymschreiben erstellt worden sein könnte. Insofern ist es besonders aufschlussreich, dass dieser Text vermutlich in derselben Schriftart gesetzt ist wie das Anonymschreiben“.
Auch diese Beurteilung kann das Gericht nicht teilen. Auch damit ersetzt das Gutachten konkrete Eigenfeststellungen durch Spekulation. Tatsächlich bliebe stattdessen zu konstatieren, dass die Klägerin so gut wie nie mit „Times New Roman“ arbeitet, obwohl diese Schriftart sich als ebenso platzsparend wie ästhetisch größter Verbreitung erfreut. „Google“ zufolge, gehört sie zu den „bekanntesten und meistverwendeten Schriftarten“. Bei dieser Sachlage müsste die Eigenfeststellung des Gutachtens, wonach bei der Klägerin für deren Verwendung nahezu durchgehend Fehlanzeige zu erstatten sei, eher zu ihrer Entlastung führen. Jedenfalls überzeugt es namentlich im übrigen Umfeld (s. oben, S. 35-36 [<bg.>]) nicht, stattdessen gerade darin („besonders aufschlussreich“) ein Indiz für ihre Autorenschaft beim Anonymschreiben zu unterstellen.
<b.> Ein zweites Schlaglicht sei mit der Beobachtung des Gutachtens gesetzt, dass das Anonymschreiben – im Unterschied zu sonstigen Anonymtexten – komplett davon absieht, Ausrufezeichen als Ausdruck „von Empathie“ zu verwenden (Seite 48[181]). Dem stellt es die weitere Feststellung gegenüber, dass auch die Klägerin „kein großer Freund von Ausrufezeichen“ sei. So enthalte „das gesamte Konvolut … nur acht Belege“. Dies nimmt das Gutachten zum Zeichen, dass somit „ihr Sprachverhalten auch diesem Punkt dem des Anonymus“ entspreche[182]. - Dies erscheint abermals gründlich verfehlt. Insbesondere tendiert solcher Umgang mit den Fundstücken in Texten der Klägerin dazu, den Sachverhalt umzuschreiben. Wenn da Gutachten nämlich zum einen feststellt, dass der Anonymus keine Ausrufezeichen (als Zeichen der Empathie) verwende, die Klägerin vielmehr sehr wohl und mehrfach, liegt der Schluss einer Divergenz jedenfalls weit näher als der neuerlich betätigte Versuch, mit rhetorischen Mitteln stattdessen Übereinstimmung zu konstatieren.
<c.> Als drittes Schlaglicht sei schließlich auf den Gebrauch vermeintlich aufschlussreicher Begrifflichkeiten verwiesen, die dem Gutachten mit Blick auf das Anonymschreiben als Hinweise auf eine Autorenschaft der Klägerin („interessantes Indiz“) gelten (Seite 69 Fn. 5[183]). Gemeint ist die Thematisierung der Wendung von „gerichtliche[n] Schritte[n]“ im Anonymschreiben (mit denen Mitarbeiter in gehäuften Personalgesprächen bedroht würden). Dieser Ausdrucksweise entspreche, wie das Gutachten meint, eine Formel, die die Klägerin in einem Brief vom 13. Juli 2015 („ck74“[184]) mit den Worten von „rechtlichen Schritten“ genutzt habe. - Auch hier tendierte der Identifikationswert solchen Sprachgebrauchs bei sachgerechtem Verständnis trotz aller vordergründigen thematischen Nähe gegen Null. Abgesehen davon nämlich, dass gerade in Arbeitsverhältnissen und namentlich in Spannungslagen im betrieblichen Sozialgeschehen die Frage nach rechtlichen Optionen ohnehin zu den erfahrungsgemäß unvermeidlichen Themen gehört, muss speziell für die alles andere als konfliktfreien Verhältnisse der Organisation des Beklagten mitveranschlagt werden, wie sehr namentlich subjektive Ohnmachtsempfindungen in einer verrechtlichten Gesellschaft zum „Ruf nach dem Recht“ zu führen pflegen. In solchem Milieu bleibt im Übrigen auch bei der Autorenerkennung durch Textvergleiche zu beachten, dass nicht zuletzt sogenannte „Firmen-Jargons“[185] erheblichen Einfluss auf Sprachpräferenzen aller Beteiligten gewinnen können. Es handelt sich dann um ein Allerweltsphänomen, dessen noch so multiples Auftreten in mehreren Texten entgegen der Annahme des Gutachtens („interessantes Indiz“) nichts beisteuern kann.
<d.> Bedürfte es für derartige nichtsagende Synchronizitäten noch eines Belegs, so böte gerade der Streitfall auch dafür lehrreiches Anschauungsmaterial. Gemeint ist, dass das Gutachten als Teil seines „Mosaik's“ vermeintlich relevanter Ähnlichkeiten im Sprachgebrauch der Klägerin und des Anonymschreibens auf den – an sich (hoffentlich[186]) zutreffenden - Umstand zu sprechen kommt, dass sowohl in einem Brief der Klägerin vom 16. Juli 2015 (S. 20[187]) als auch im Anonymschreiben (Urteilsanlage V.) je ein Mal davon die Rede sei, das Papier „gehe an“[188] (gemeint: einen benannten Adressaten). Dies erklärt das Gutachten für eine „sehr signifikante Gemeinsamkeit“; denn:
„Der Gebrauch des Verbums geht an in diesem Zusammenhang ist eher ungewöhnlich. Üblicher wäre etwa ,Ich gestatte mir, eine Kopie dieses Schreibens an den Betriebsrat zu senden', oder die Kurzform ,cc: Betriebsrat'“.
Auch diese Beurteilung („sehr signifikante Gemeinsamkeit“) verkürzt das Problem. Dafür genüge ein Blick darauf, dass selbst das „Protokoll“ der Begegnung vom 27. April 2016 [Urteilsanlage XI.1.] über die damalige mündliche Einführung in die Tagesordnung durch Frau Dr. A. berichtet:
„Sie geht auf das vorliegende Gutachten von Frau B. R. ein, nach dem CK lt. Einstufung der Gutachterin mit +3 (…) die Autorin des Briefes ist, der zum Jahreswechsel 2015/2016 sowohl an die Senatsverwaltung für B., J. und S. Berlin als auch an das Bezirksamt F.-K. gegangen ist“.
Bei dieser Sachlage sollte der Identifikationswert der hier diskutierten Redewendung zur Autorenbestimmung schon deshalb nicht zu hoch veranschlagt werden.
(bb.) Erweist sich das Privatgutachten nach allem in vielerlei Hinsicht als unzureichend, die Klägerin als Autorin des hiesigen Anonymschreibens zu „überführen“, so ist das Blatt auch nicht dadurch zu wenden, dass der Beklagte seine Kündigung ersatzweise auf den „Verdacht“ gravierender Vertragsverfehlungen gestützt wissen will. - Auch insofern genügt das erkennbare Geschehen den normativen Anforderungen nicht:
[1.] Allerdings ist dem Beklagten zum normativen Rahmen wiederum einzuräumen, dass für die Gerichte für Arbeitssachen nach ebenso langjähriger wie eingespielter Judikatur sowohl als „wichtiger Grund“ im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB[189] als auch als Quelle „sozialer“ Rechtfertigung einer Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[190] nicht nur erwiesene gravierende Vertragsverfehlungen in Betracht kommen, sondern auch Sachverhalte, in denen lediglich der (dann freilich dringende) Verdacht des Arbeitgebers besteht, der Arbeitnehmer habe seine vertraglichen Verpflichtungen in schwerwiegender Weise verletzt[191]. Die besagte – denkbare - Kündbarkeit von Arbeitsverhältnissen wegen gestörten Vertrauens in die Redlichkeit und Loyalität ihrer Zielperson hat jedoch ihre Grenzen.
[2.] Welche Grenzen das im Einzelnen sind, braucht hier nicht in aller Ausführlichkeit ausgebreitet zu werden. - An diese Stelle mag zweierlei genügen:
[a.] Zum einen ist es nicht Sinn der Verdachtskündigung als in äußersten Grenzen akzeptiertes Trennungsmittel trotz fehlenden Tatnachweises, bestehende Erkenntnislücken durch Spekulationen über einschlägige Delikte zu ersetzen. Deshalb verlangt die besagte Judikatur aus guten Gründen die Objektivierbarkeit zumindest „starker“ Verdachtsmomente[192]. Davon könnte im Falle der Klägerin nach allem Gesagten keine Rede sein.
[b.] Zum anderen gehört es – wie der Beklagte an sich nicht verkennt – zu den essentiellen Geboten der Ausschöpfung erreichbarer Mittel zur Sachaufklärung, spätestens nach Abschluss der nötigen Recherchen auch die Zielperson in einer Weise zu konsultieren, die ihr die Mobilisierung verfügbarer Verteidigungsmöglichkeiten gestattet. Hierher gehört mit der Gelegenheit, sich bei Bedarf anwaltlich begleiten zu lassen[193], nicht nur, was der Beklagte der Klägerin insoweit denn auch zu Recht eröffnet hat. Hierher gehört vielmehr auch, dass sich die Zielperson möglichst inhaltlich auf ihre Konfrontation mit typischerweise unbekannten Sachverhalten vorbereiten kann. Damit verträgt es sich hier jedoch offensichtlich nicht, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin mit dem Anonymschreiben (Urteilsanlage V.) das Herzstück des hiesigen Konflikts bis zum 27. April 2016 nach Kräften – im Bilde - „hinter dem Berg gehalten“ hat: Statt eine Kopie gleich der Einladung (Urteilsanlage VIII.) beizufügen, hat er ihr lediglich in Aussicht gestellt, ihr das Produkt - vor Ort - zu „eröffnen“. In der Unterredung ist dann sogar noch nötig geworden – wie das „Protokoll“ (Urteilsanlage XI.1.) eigens notiert - die Einsichtnahme anwaltlich zu „fordern“. Nimmt man bei dieser Sachlage die schon im Kontext der Betriebsratsbeteiligung erwähnten Defizite bei der Offenlegung des Privatgutachtens (s. oben, S. 21-26) hinzu, so kann dem Beklagten endgültig nicht mehr bescheinigt werden, die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung mit ihrem „Belastungsmaterial“ brauchbar vertraut gemacht zu haben[194]: Er hat die Diskretion übertrieben.
3. Auch dies bedingte im Ergebnis, käme es noch darauf an, den Erfolg der Kündigungsschutzsklage (Tenor zu I.). - Somit können Fragen der Wahrung der Kündigungserklärungsfrist (§ 626 Abs. 2 BGB[195]) im Ergebnis ebenso dahingestellt bleiben wie die vom Gericht in den mündlichen Verhandlungen wiederholt knapp angeschnittene Problematik sogenannten „whistle blowing's“. Nur beiläufig sei danach noch angemerkt, dass sich für Aufmachung und Stil des hiesigen Anonymschreibens (Urteilsanlage V.) angesichts des innerbetrieblichen Vorgeschehens (s. oben, S. 5-7; Urteilsanlage IV.) wohl keineswegs zwangsläufig ein Trennungsgrund für den Beklagten ergäbe, stammte dass Papier – entgegen dem nach hiesigem Dafürhalten eindeutigen Lagebild doch von der Klägerin. Bekanntlich judizieren der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR[196]) und das BAG[197] mit Rücksicht auf einschlägig geschützte Grundfreiheiten von Menschen auf den Gebieten der Äußerungsfreiheit (Art. 5 GG[198]) und des Petitionsrechts (Art. 17 Abs. 1 GG[199]) fürvergleichbare Problemlagen sehr differenziert. - Das bedarf hier indessen keiner näheren Untersuchung, sei nur zur Verdeutlichung der Dimension des Konflikts erwähnt.
II. Der „Schleppnetzantrag“ (Antrag 2.)
Der Klage war ihr Erfolg auch nicht zu versagen, soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu 2. festgestellt sehen will, dass ihr Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern fortbestehe: Es ist in der Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen bekanntlich anerkannt, dass ein Arbeitnehmer mit seiner Klage gegen die Kündigung vorsorglich auch den sogenannten allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO[200] stellen kann, um zu verhindern, dass der Arbeitgeber sich während des Rechtsstreits überraschend auf andere – zuweilen schlicht untergeschobene - Beendigungstatbestände beruft[201]. Dieses Klagebegehren wird daher im Fachschrifttum auch pointiert als „Schleppnetzantrag“ bezeichnet[202]. Das ihm zugrunde liegende Schutzbedürfnis ist auch der hiesigen Klägerin – ohne gegen die Akteure des Beklagten auch nur geringsten persönlichen Argwohn zu hegen – objektiv nicht abzusprechen. - Daher also: Tenor zu II.
C. Die Prozessbeschäftigung (Klageantrag 3.)
Dass die Klägerin bis zur Beendigung des Kündigungsrechtsstreits ihre vorläufige Weiterbeschäftigung fordern kann, ergibt sich aus den bekannten Grundsätzen in BAGE 48, 122[203]. - Dem trägt der Tenor zu III. Rechnung.
B. Die Widerklage
Kein Erfolg ist hingegen der Widerklage beschieden. Das gilt für beide Antragsanliegen des Beklagten. - Insofern, nochmals, der Reihe nach:
I. Die Kosten des Privatgutachtens
Der Beklagte kann von der Klägerin keine Erstattung der für das Privatgutachten aufgewandten 12.614,-- Euro verlangen, weil es an einer Anspruchsgrundlage dafür fehlt. Da es an jedem tragfähigen Anhaltspunkt dafür fehlt, dass die Klägerin mit der ihr zugeschriebenen „Beschwerdeschrift“ persönlich etwas zu tun hat, sind weder Grundlagen einer vertraglichen noch einer deliktischen Haftung auch nur im Ansatz objektivierbar[204]. - Folge: Tenor zu IV.
II. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten
Dass die Klägerin dem Beklagten auch keine Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten schuldet, hat sie unter Hinweis auf die Grundsätze zu § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG[205] bereits selber zutreffend zu bedenken gegeben (s. oben, S. 16 [VI.]). Das entspricht in der Tat langjährig eingespielter Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen. Nach einer an ihrem Zweck[206] orientierten erweiternden Auslegung der Vorschrift des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG (respektive ihrer vorgänger) erstrecken die Gerichte deren Regelungsgehalt mittlerweile gewohnheitsmäßig auf diejenigen Anwaltskosten, die – wie die hier zur Sprache gebrachten Honorarforderungen - dem Rechtsstreit vorausgegangen sind[207]. - Fazit daher auch insofern: Tenor zu I.
C. Kosten und Streitwerte
Für Kosten und Streitwerte lässt es sich kurz machen:
I. Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO[208]). Diese Kosten hat es nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO[209] dem Beklagten zuweisen müssen, weil er im Rechtsstreit unterlegen ist (Tenor zu V.).
II. Den Wert der Streitgegenstände hat das Gericht aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG[210] im Tenor festgesetzt. Ihn hat es für die Kündigungsschutzklage gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG[211] mit drei Monatsvergütungen der Klägerin bemessen, also mit (3 x 1.705,50 Euro = ) 5.116,50 Euro. Der sogenannte „Schleppnetzantrag“ ist ohne Ansatz geblieben, während der Wunsch nach Prozessbeschäftigung mit nochmals einer Monatsvergütung (1.705,50 Euro) zu Buche schlägt. Die Widerklage ist mit den bezifferten Beträgen der beteiligten Forderungen veranschlagt, also mit 16.177,45 Euro. Das macht zusammen 5.116,50 Euro + 1.705,50 Euro + 16.177,45 Euro = ) 22.999,45 Euro und erklärt den Tenor zu VI.
[1] Geboren im Februar 1966.
[2] S. Kopie des Zeitvertrags vom 1.11.2000 als Anlage zur Klageschrift (Bl. 9 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA“]); s. ferner Kopien eines (weiteren) Zeitvertrags vom 15.12.2000 sowie endlich Kopie eines „Arbeitsvertrags“ vom 18.12.2001 als (weitere) Anlagen zur Klageschrift (Bl. 10 u. 11/R GA).
[3] S. zur Selbstauskunft auch Beklagtenschriftsatz vom 6.7.2016 S. 3 [b.] (Bl. 69 GA): „Der Beklagte ist ein in Berlin seit 70 Jahren ansässiger Verein mit heute mehr als 20 (Teilzeit-)Beschäftigten, der für Eltern unterschiedlicher Herkunft und für Experten, die in der Elternarbeit tätig sind, verschiedene Angebote entwickelt. … - Der Verein gibt die ,Elternbriefe' heraus, die nicht nur über die Senatsverwaltung und die Bezirksämter an die Grundschulen im Stadtgebiet weitergegeben werden, sondern darüber inaus auch in anderen Bundesländern über die dortigen Schulverwaltungen vertrieben werden. Des Weiteren werden weitere Elternmedien in digitaler und Print-Form entwickelt, Kongresse und Tagungen konzipiert und durchgeführt und in bundesdeutschen und europäischen Netzwerken (z.B. Kooperation mit Verbänden und Institutionen) zusammengearbeitet“.
[4] S. Klageschrift S. 2 (Bl. 2 GA).
[5] Das Gericht bezieht sich hier auf eine Bemerkung auf S. 27 (Bl. 166 GA) des vom Beklagten eingeholten Privatgutachtens (Frau B. R. – Consulting) vom 18.4.2016 (Kopie von Auszügen: Anlage B 9 zum Beklagtenschriftsatz vom 8.7.2016 (Bl. 146-220 GA; künftig kurz: „Privatgutachten“), das in besagten Auszügen (s. auch unten, S. 10 [5 b.]) zur GA gelangt ist; Text: „Nachdem es bei der ANE [Kürzel für: „Arbeitskreis N. E.“; d.U.] wiederholt zu anonymen Beschwerden bei vorgesetzten Behörden gekommen war, hatte die Vorstandsvorsitzende, Frau Dr. A., die Mitarbeiter vor weiteren derartigen Aktionen gewarnt und erklärt, dass das Schreiben anonymer Briefe nicht geduldet würde“.
[6] So hat das Gericht den Beklagten im Kammertermin am 30.9.2016 verstanden; d.U.
[7] S. Kopie als Anlage B 10 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 217-218 GA); der Ausdruck „aufbereitet“ bezieht sich dabei auf die linksseitige Vergabe von Zeilennummern, die von Frau R. (s. oben, Fn. 5) herrühren; d.U.
[8] S. dazu die Schilderung im Privatgutachten R. (Fn. 5) S. 25 (Bl. 164 GA): „Frau K. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] sendete den Entwurf am 2.6.2015 im vorliegenden Stand mit der Betreffzeile ,für Ergänzungen' an Frau A. M.“.
[9] Der Zeileneinzug (zur Platzersparnis statt Leerzeilen) stammt – hier, wie auch später - vom Gericht; dasselbe gilt für die Formatierung im Block- statt Flattersatz; d.U.
[10] Wohl Leiter Organisation/Finanzen (s. Urteilsanlage XI.1.); der Kursivdruck von Personennamen stammt vom Gericht; d.U.
[11] Schreibweise (wohl) wie im Original; d.U.
[12] Wie Fn. 11.
[13] Wie Fn. 11.
[14] S. dazu schon oben S. 2 [I.]: Kürzel für Interkulturelle Familienberatung.
[15] Kürzel für: „Erziehungs- und Familienberatungsstelle“ - so jedenfalls hat das Gericht die Vorsitzende des Beklagtenvorstands (Frau Dr. A.) im Kammertermin verstanden; d.U.
[16] Schreibweise – mit Wortstellungsfehler (statt: „nicht gewahrt wäre“) – wie im Original; d.U.
[17] Ob das Gericht die Vorlage (s. Urteilsanlage II.) hier richtig versteht, ist nicht gewährleistet, Irrtum also – wie auch sonst - vorbehalten; d.U.
[18] S. dazu zunächst die Schilderung im Privatgutachten R. S. 25 (Bl. 164 GA) mit Blick auf den eben zitierten Text vom 1.6.2015 (Urteilsanlage II.): „Nach Kenntnis von Frau Dr. A. erhielt der Vorstand des ANE nie einen derartigen Beschwerdebrief“; im Kammertermin am 30.9.2016 ist dann aber Einigkeit darüber erzielt worden, dass der Beklagte den Folgetext (Urteilsanlage III.) seinerzeit erhalten hat; d.U.
[19] S. Kopie als Anlage zum Klägerinschriftsatz vom 31.8.2016 (Bl. 262 GA); Text: „Lieber gf Vorstand, - anbei ein gemeinsamer Brief des IFB-Teams und des Betriebsrat betreffend der personellen Situation in der IFB. Wir bitten um eine schriftliche Rückmeldung bis zum 13. Juli 2015. - Mit besten Grüßen – Der Betriebsrat“.
[20] S. Kopie als (weitere) Anlage zum Klägerinschriftsatz vom 31.8.2016 (Bl. 263-265 GA).
[21] Der Zeileneinzug (zur Platzersparnis statt Leerzeilen) stammt – wiederum - vom Gericht; dasselbe gilt für die Formatierung im Block- statt Flattersatz; d.U.
[22] Schreibweise im Original; d.U.
[23] Schreibweise im Original; d.U.
[24] Schreibweise im Original; d.U.
[25] S. Kopie als Teil des Anlagenkonvoluts B 4 zum Beklagtenschriftsatz vom 6.7.2016 (Bl. 93-94 GA).
[26] Das Gericht verwendet zwar neuerlich Block-, statt Flattersatz und druckt das Anonymschreiben - entsprechend der Vorlage – statt in „Arial“ in „Times New Roman“ aus; dies allerdings im Unterschied zur Vorlage mit einem (Wort-)Trennprogramm; d.U.
[27] S. schon oben, S. 4 Fn. 15.
[28] Das „s“ deutet sich im Original lediglich an, ist als beabsichtigter Buchstabe aber unverkennbar; s. Urteilsanlage V.
[29] Gemeint vermutlich der „Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V.“, der in der Tat über „google“ zugängliche Stellungnahmen und Hinweise erarbeitet und veröffentlicht hat; d.U.
[30] Zeilenende (wohl) wegen Abdeckung nicht lesbar; d.U.
[31] Schreibweise im Original; d.U.
[32] Iin diesem Fall ist der Name auch im Original abgekürzt; d.U.
[33] Name im Original ausgeschrieben; d.U.
[34] Wie vorige Fußnote.
[35] S. Kopie als weiterer Teil des Anlagenkonvoluts B 4 zum Beklagtenschriftsatz vom 6.7.2016 (Bl. 92 GA); Textauszug: „ … Ihre Beratungsstelle betreffend ist das hier beigefügte Schreiben eingegangen. - Es wird um inhaltliche Stellungnahme zu den einzelnen Aspekten innerhalb von 14 Tagen gebeten“.
[36] S. zum Untersuchungsauftrag S. 4 des Privatgutachtens (Bl. 148 GA): „Mit den Mitteln des Textvergleichs sollte überprüft werden, ob die genannten Personen vom Verdacht der Urheberschaft entlastet werden können, oder ob eine oder mehrere von ihnen als Autor und/oder Schreiber des anonymen Briefes in Frage kommt“.
[37] So hat das Gericht die Vorsitzende des Vorstands des Beklagten in der Kammerverhandlung am 30.9.2016 verstanden; d.U.
[38] S. zum so ausgewählten Kreis Privatgutachten S. 4 (Bl. 148 GA): Frau D. D. [Beraterin in der IFB]; Frau C. K. (Klägerin; Name im Original ausgeschrieben) [Beraterin in der IFB]; Frau A. M. [„freie Mitarbeiterin im Projekt ,Berliner Elternbriefe' (ANE) und Ehefrau des Herrn R. M.r - Mitarbeiter der IFB]; dazu Privatgutachterin: „Herr M. kommt als Nicht-Muttersprachler nicht als maßgeblicher Urheber des Anonymschreibens in Betracht“; Frau L. K.[Sekretärin für die IFB]; Frau A.M.[ehemalige Leiterin der IFB].
[39] Es liegt nahe, dass der „Band I“ das Gutachten als solches enthält, der (vermutlich) „Band II“, den das Gericht nicht kennt, hingegen das Vergleichsmaterial; d.U.
[40] S. dazu bereits oben Fn. 5; ferner Beklagtenschriftsatz vom 25.7.2016 S. 2 [2 a.] (Bl. 136 GA): „Es wird nunmehr vorgelegt der Auszug aus dem Gutachten, welcher die methodische Herangehensweise der Sachverständigen Frau R. beschreibt (ebenda, Seite 1-2 und 4-12 oben) sowie die Feststellungen der Sachverständigen zu der Klägerin betrifft, namentlich die Seiten 17-25 und die Seiten 39-84 sowie die zusammenfassende Bewertung auf den Seiten 93-94 des Gutachtens; ferner wird der Text vorgelegt, der die Analyse des anonymen Textes durch die Sachverständige betrifft (ebenda, Seite 26-29). [Beweis: … ]. - Die andere (ehemalige) Mitarbeiter/innen betreffenden Passagen des Gutachtens werden aus datenschutzrechtlichen Gründen derzeit nicht vorgelegt; falls das Gericht die Vorlage dieser Passagen für erforderlich halten sollte, wird ausdrücklich gemäß § 139 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG um einen Hinweis gebeten“.
[41] S. Kopie als Teil des Anlagenkonvoluts B 8 zum Beklagtenschriftsatz vom 25.7.2016 (Bl. 111 GA).
[42] S. Kopie als Anlage B 2 zum Beklagtenschriftsatz vom 6.7.2016 (Bl. 87-89 GA).
[43] S. Textauszug: „Die gegen Sie erhobenen Vorwürfe beziehen sich auf das an die Senatsverwaltung bzw. das Bezirksamt F.-K. im Dezember 2016 [gemeint wohl: 2015; d.U.] anonyme ,Beschwerdeschreiben', das Ihnen in dem Anhörungstermin in der kommenden Woche eröffnet werden wird“.
[44] S. Kopie als Anlage B 10 zum Beklagtenschriftsatz vom 15.9.2016 (Bl. 272-274 GA) nebst Anlagen (Bl- 275-279 GA).
[45] Wie vorige Fußnote; hier: Bl. 275-277 GA.
[46] S. Kopie als Anlage B 6 zum Beklagtenschriftsatz vom 6.7.2016 (Bl. 97-98 GA).
[47] S. dazu als Aufzählung der „TeilnehmerInnen“ den Kopf des Texts (Bl. 90 GA): - Frau C. K. [Klägerin; Name im Original ausgeschrieben; d.U.]; - Herr RA L. M. [Anwalt der Klägerin]; - Frau Dr. A.; - Herr W. S. [Organisation/Finanzen]; Herr RA St. B. [Anwalt des Beklagten]; - M. H. u. C. N. [beide: Betriebsrat],
[48] S. Kopie als Anlage B 3 zum Beklagtenschriftsatz vom 6.7.2016 (Bl. 90-91 GA).
[49] Gemeint ist der „Legende“ des Protokolls zufolge Frau Dr. A.; d.U.
[50] Kürzel für „Tagesordnung“; d.U.
[51] Analog Fn. 49 – gemeint ist diesmal die Klägerin; d.U.
[52] Sprachgebrauch im Original; d.U.
[53] Analog Fn. 49 – gemeint ist diesmal RA M.; d.U.
[54] Analog Fn. 49 – gemeint ist diesmal RA B.; d.U.
[55] S. Kopie als Anlage B 5 zum Beklagtenschriftsatz vom 6.7.2016 (Bl. 95-96 GA).
[56] Auch hier ist der Nachname der Klägerin im Original ausgeschreiben; d.U.
[57] S. Kopie als Anlage zur Klageschrift (Bl. 5-8 GA); nochmals als Anlage B 7 zum Beklagtenschriftsatz vom 6.7.2016 (Bl. 99-102 GA) nebst Anlagen (Bl. 103-106 GA).
[58] S. Klageschrift S. 2 (Bl. 2 GA).
[59] S. Text: „§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. - (2) 1Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. 2Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. 3Der Kündigende muss dem anderen Teil den Kündigungsgrund auf Verlangen unverzüglich schriftlich mitteilen“.
[60] S. Klageschrift S. 2 (Bl. 2 GA).
[61] S. Schriftsatz vom 28.7.2016 S. 2 (Bl. 239 GA).
[62] S. dazu Schriftsätze vom 6.7.2016 S. 1-10 (Bl. 67-76 GA) nebst Anlagen B 1 bis B 8 (Bl. 77-111 GA); 8.7.2016 S. 1-3 (Bl. 115-117 GA); 25.7.2016 S. 1-11 (Bl. 135-145 GA) nebst Anlage B 9 (Bl. 146-220 GA).
[63] S. Schriftsatz vom 28.7.2016 S. 1-9 (Bl. 238-246 GA) nebst Anlagen WK 1 bis WK 5 (Bl. 247-253 GA).
[64] S. Schriftsatz vom 6.7.2016 S. 2 [oben] (Bl. 68 GA).
[65] S. Schriftsatz vom 6.7.2016 a.a.O.
[66] S. Schriftsatz vom 6.7.2016 S. 2 [vor II.] (Bl. 68 GA).
[67] S. Schriftsatz vom 6.7.2016 a.a.O.
[68] S. Schriftsatz vom 6.7.2016 a.a.O.
[69] S. Schriftsatz vom 6.7.2016 a.a.O.
[70] S. Schriftsatz vom 28.7.2016 S. 4 [b.] (Bl. 241 GA).
[71] S. Schriftsatz vom 28.7.2016 S. 5 [c.] (Bl. 242 GA).
[72] S. Schriftsatz vom 28.7.2016 S. 5 [e.] (Bl. 242 GA).
[73] S. Schriftsatz vom 28.7.2016 a.a.O.
[74] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 S. 1-4 (Bl. 258-260a GA) nebst Anlagen (Bl. 261-269 GA).
[75] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 S. 1 (Bl. 258 GA).
[76] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 S. 3 [oben] (Bl. 260 GA).
[77] S. Text: „§ 12 a Kostentragungspflicht. (1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes“.
[78] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 S. 1 (Bl. 258 GA).
[79] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 S. 2 (Bl. 259 GA).
[80] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 S. 3 (Bl. 260 GA).
[81] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 a.a.O.
[82] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 a.a.O.
[83] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 a.a.O.
[84] S. Kopie als Anlage zum Schriftsatz vom 31.8.2016 (Bl. 261 GA).
[85] S. Schriftsatz vom 27.9.2016 S. 1-6 (Bl. 332-337 GA) nebst Anlage B 12 (Bl. 338-353 GA).
[86] Nicht protokolliert; d.U.
[87] Vgl. zur analogen Anwendung der Vorgängervorschrift in § 270 Abs. 3 ZPO statt vieler BAG 26.6.1986 – 2 AZR 358/85 – BAGE 52, 263 = AP § 4 KSchG 1969 Nr. 14 = NZA 1986, 761 [B.II.3 c, cc.], wonach die Regelung des § 270 ZPO a.F. „auch im Bereich der Klageerhebung nach § 4 KSchG Anwendung findet“; 17.6.1998 – 2 AZR 336/97 – NZA 1998, 1225 = RzK I 7 b Nr. 32 [II.1.], wonach „gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 KSchG auch dann gewahrt wird, wenn die Klage zwar vor Fristablauf bei dem Gericht eingereicht worden ist, aber die Zustellung an den Prozessgegner erst danach erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: ,demnächst')“; ebenso schon BAG 8.4.1976 – 2 AZR 583/74 – AP § 4 KSchG 1969 Nr. 2.
[88] S. Text: „§ 167 Rückwirkung der Zustellung. Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt“.
[89] S. Text: „§ 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen. (1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden“.
[90] S. Text: „§ 4 Anrufung des Arbeitsgerichts. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist“.
[91] S. Text: „§ 7 Wirksamwerden der Kündigung. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam“.
[92] S. Text: „§ 23 Geltungsbereich. (1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen“.
[93] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. - (1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist“.
[94] S. Text: „§ 102 Mitbestimmung bei Kündigungen. (1) 1Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. 2Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. 3Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam“.
[95] S. zur entsprechenden Anwendung des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG in Fällen, in denen der Arbeitgeber den Betriebsrat zwar nicht komplett übergangen, ihn aber nicht ausreichend über seine Beweggründe unterrichtet hat, bereits BAG 28.2.1974 – 2 AZR 455/73 – BAGE 26, 27 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 2 = MDR 1974, 786 [vor I.]: „Die streitbefangene Kündigung ist … gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG 1972 unwirksam, weil die Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsmäßig angehört hat“; deutlich dann BAG 4.8.1975 - 2 AZR 266/74 – BAGE 27, 209 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 4 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 14 [Leitsatz 2.]: „Die Kündigung ist nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber kündigt, ohne überhaupt zuvor den Betriebsrat eingeschaltet zu haben, sondern auch dann, wenn dem Arbeitgeber bei der Durchführung der Anhörung Fehler unterlaufen“; s. ferner namentlich BAG 16.9.1993 – 2 AZR 267/93 – BAGE 74, 185 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 62 = NZA 1994, 311 = MDR 1994, 697 [Leitsatz 2.]: „Die Sanktion der Unwirksamkeit einer ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochenen Kündigung (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) gilt aufgrund einer ausdehnenden, entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift auch bei nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit BAG 28.2.1974 …[usw.]. )“.
[96] S. dazu schon BAG 28.2.1974 – 2 AZR 455/73 – BAGE 26, 27 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 2 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 8 = MDR 1974, 786 [I. - „Juris“-Rn. 7]: „Dabei muss Ausgangspunkt der sein, dass die vom Gesetz verlangte Anhörung in der Rangordnung der Beteiligungsrechte mehr ist als die bloße Mitteilung über eine bevorstehende Kündigung wie sie in § 105 BetrVG 1972 vorgesehen ist, und dass die Einschaltung des Betriebsrats im Rahmen des Anhörungsverfahrens über die reine Unterrichtung hinaus den Sinn hat, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, seine Überlegungen zur Kündigungsabsicht aus der Sicht der Arbeitnehmerseite dem Arbeitgeber zur Kenntnis zu bringen, damit dieser bei seiner Entscheidung die Stellungnahme des Betriebsrats, insbesondere dessen Bedenken oder dessen Widerspruch gegen die beabsichtigte Kündigung (…), berücksichtigen kann“; im Anschluss etwa BAG 13.7.1978 – 2 AZR 717/76 – BAGE 30, 386 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 17 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 35 = NJW 1979, 1677 [III.2 a. - „Juris“-Rn. 15].
[97] S. dazu - bei Interesse - die Berichterstattung in: Michael Kittner, Arbeitskampf – Geschichte, Recht, Gegenwart (2005), S. 415 ff., über den legendären „Generalstreik“ der Angestellten der Berliner Metallindustrie im April 1919, der in Gestalt einer Schlichtungsvereinbarung vom 18. April 1919 gegen den bis dahin erbitterten Widerstand organisierter Arbeitgeber erstmals Regelungen zur Mitsprache von Betriebsräten bei Kündigungen erbrachte, hinter denen das seinerzeit anstehende Betriebsrätegesetz 1920 dann allerdings zunächst noch deutlich zurück fiel; zeitgenössischer – jedoch voreiliger - Kommentar des „Vorwärts“ (zitiert nach Kittner a.a.O.): „Das Mitbestimmungsrecht in allen Fragen der Einstellung, Kündigung und Entlassung ist in eine feste Form gegossen, die auch bei der gesetzlichen Regelung der Mitbestimmung Angestellter in den Betrieben nicht mehr wesentlich geändert werden wird. Darin liegt die Bedeutung des Streikerfolgs“.
[98] S. zu dieser Akzentuierung etwa BAG 16.9.1993 – 2 AZR 267/93 – BAGE 74, 185 = NZA 1994, 311 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 62 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 84 [B.II.2 b, cc. (1) - „juris“-Rn. 34]: „Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist es, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen“.
[99] S. in diesem Sinne schon BAG 2.11.1983 – 7 AZR 65/82 – BAGE 44, 201 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 29 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 53 = DB 1984, 407 [A.II.2 b. - „Juris“-Rn. 32]: „Die Anhörung soll in geeigneten Fällen dazu beitragen, dass es erst gar nicht zum Ausspruch einer Küdnigung kommt“; im Anschluss etwa BAG 26.9.2002 – 2 AZR 424/01 – ZTR 2003, 410 = AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1 [B.II.2. - „Juris“-Rn. 44].
[100] S. Wolfhard Kohte, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, 334, 341 [7.]: „Sind somit Defizite an Bestandsschutz im gerichtlichen Verfahren und der bestehenden betrieblichen Praxis eindeutig, so stellt sich die Frage nach möglichen Konsequenzen. … - Präventiv können hier kollektive und individuelle Prozeduren wirken, die vor Ausspruch der Kündigung eingreifen. Die Praxis des BAG hat hier in den letzten Jahren schon indirekt regulierend eingegriffen: so ist die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 I BetrVG in letzter Zeit zutreffend nachhaltig betont worden. Der Arbeitgeber muss seine wesentlichen Argumente und Informationen offenlegen, andernfalls ist die Kündigung unwirksam, auch wenn der Betriebsrat zugestimmt hat. Damit wird in gewisser Weise ,Kündigungsschutz durch Verfahren' bewirkt, denn eine solche Argumentationslast kann retardierend auf vorschnell auszusprechende Kündigungen wirken und ermöglicht kollektive Verhandlungen über die beabsichtigte Kündigung. Bereits heute darf die Quote der auf diese Weise zurückgestellten Kündigungen nicht gering eingeschätzt werden“.
[101] S. Text oben, S. 18 Fn. 94.
[102] S. dazu statt vieler nur BAG 26.8.1997 – 1 ABR 12/97 – BAGE 86, 228 = AP § 112 BetrVG 1972 Nr. 117 = EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 96 = NZA 1998, 216 = BB 1998, 371 [B.II.2 b, aa. - „Juris“-Rn. 40]: „Das liefe nämlich darauf hinaus, dass der Betriebsrat auf seine Beteiligungsrechte hinsichtlich künftiger Interessenausgleiche verzichtet. Ein solcher Verzicht ist aber nicht möglich“; im selben Sinne schon BAG 29.11.1983 – 1 AZR 523/92 – BAGE 44, 260 = AP § 113 BetrVG 1972 Nr. 10 = EzA § 113 BetrVG 1972 Nr. 11 = NJW 1984, 182 = DB 1984, 724 [2. - „Juris“-Rn. 17]: „Das liefe letztlich auf einen unzulässigen Verzicht des Betriebsrats auf seine Beteiligungsrechte hinsichtlich der Herbeiführung eines Interessenausgleichs für künftige Fälle hinaus. Auf seine gesetzlichen Beteiligungsrechte kann der Betriebsrat nicht verzichten“; 23.6.1992 – 1 ABR 53/91 – AP § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 51 = EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 50 = NZA 1992, 1098 = DB 1992, 2643 [B.II.1. - „Juris“-Rn. 22]: „Durch den Vergleich ist nicht vom Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats über ein Mitbestimmungsrecht in künftigen Fällen verzichtet worden. Ein solcher Verzicht würde über die Verfügungsbefugnis des Betriebsrats hinausgehen. Dieser ist verpflichtet, nach pflichtgemäßem Ermessen das Mitbestimmungsrecht wahrzunehmen (...)“.
[103] S. dazu etwa Ulrich Koch, in: Reiner Ascheid/Ulrich Preis/Ingrid Schmidt [APS] (Hrg.), 4. Auflage (2012), § 102 BetrVG Rn. 21: „Die Beteiligungspflicht des Betriebsrats nach § 102 steht regelmäßig nicht zur Disposition von Betriebsrat und Arbeitnehmer. Beide können nicht wirksam auf die Durchführung des Anhörungsverfahrens verzichten“; Michael Bachner, in: Wolfgang Däubler u.a., BetrVG, 15. Auflage (2015), § 102 Rn. 49: „Weder BR noch AN können rechtswirksam auf die ordnungsgemäße Anhörung verzichten (...)“; Gregor Thüsing, in: Reinhard Richardi (Herausgeber), BetrVG, 15. Auflage (2016), § 102 Rn. 44: „Ebenso ist es dem Betriebsrat verwehrt, auf sein Beteiligungsrecht zu verzichten (...)“; KR/Gerhard Etzel/Thomas Raab, 11. Auflage (2016), § 102 Rn. 111: „Der Betriebsrat hat bei der Anhörung nach § 102 BetrVG im Interesse des betroffenen Arbeitnehmers einen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Über das Gesetz darf er sich nicht hinwegsetzen, indem er auf die Anhörung verzichtet (...)“.
[104] S. dazu etwa LAG Brandenburg 13.10.2005 – 9 Sa 205/05 – NZA-RR 2006, 69 = DB 2006, 52 = NJ 2006, 140 [A.II.2 b, aa. - „Juris“-Rn. 67]: „Die Erklärung des Betriebsrats in einem Interessenausgleich, das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG sei abgeschlossen, begründet weder eine Vermutung noch einen Anscheinsbeweis dafür, dass es (ordnungsgemäß) stattgefunden hat“.
[105] S. dazu etwa BAG 27.6.1985 – 2 AZR 412/84 – BAGE 49, 136 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 37 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 60 =NZA 1986, 426 [II.1 a.]: „Kommt der Arbeitgeber diesen Anforderungen an seine Mitteilungspflicht nicht oder nicht richtig nach, unterlaufen ihm insoweit bei der Durchführung der Anhörung Fehler, dann ist die Kündigung unwirksam (…), und zwar unabhängig davon, ob und wie der Betriebsrat zu der mangelhaften Anhörung Stellung genommen hat (...)“; s. zum Fachschriftum statt vieler zutreffend KR/Gerhard Etzel/Ursula Rinck (Fn. 103) § 102 Rn. 168: „Die fehlende oder fehlerhafte Unterrichtung des Betriebsrats kann grds. nicht dadurch geheilt werden, dass der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ,abschließend' Stellung nimmt (…) oder vor oder nach Ausspruch der Kündigung zustimmt (…). Es lässt sich nicht ausschließen, dass die Stellungnahme des Betriebsrats bei einer fehlerfreien und vollständigen Unterrichtung anders ausgefallen wäre, er insbes. die Zustimmung zur Kündigung nicht erteilt und den Arbeitgeber vom Ausspruch der Kündigung erfolgreich abgehalten hätte“.
[106] S. zu diesem Bezugspunkt der Einschaltung der Belegschaftsvertretung im Vorfeld von Kündigungen etwa schon BAG 15.11.1995 -2 AZR 974/94 – EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 89 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 73 = NZA 1996, 419 [II.1. - „Juris“-Rn. 33]: „Der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt ist vielmehr so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden“; ebenso schon BAG 13.7.1978 – 2 AZR 717/76 - BAGE 30, 386 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 17 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 35 = MDR 1979, 434 [III.3 b.]: „Diese Kennzeichnung des Sachverhalts muss so genau und so umfassend sein, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über seine Stellungnahme schlüssig zu werden“; im Anschluss BAG 27.6.1985 (Fn. 105) [II.1 a.]; ständige Rechtsprechung.
[107] S. Text oben, S. 18 Fn. 94.
[108] S. Text: „§ 79 Geheimhaltungspflicht. (1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Diese Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat … [usw.]“.
[109] S. Kopie als Teil des Anlagenkonvoluts B 10 zum Beklagtenschriftsatz vom 15.9.2016 (Bl. 275-277 GA).
[110] S. Blatt 164 u. 210 GA.
[111] Gemeint ist die angesichts des Texts vom 29.6.2015 (s. oben, S. 5-6 [3.]; Urteilsanlage IV.]) offenkundig verfehlte Aussage, dass der Vorstand des Beklagten „nie einen derartigen Beschwerdebrief“ erhalten habe.
[112] S. Blatt 169-173 GA [7.1.5.].
[113] S. Blatt 174-210 GA [7.2.].
[114] S. oben, S. 19-20 mit Fn. 100.
[115] S. Anhörungsschreiben vom 20.4.2016 S. 3 [4.] (Bl. 274 GA); Text: „Der Betriebsrat wird gebeten, unverzüglich bzw. spätestens innerhalb von drei Tagen seine Stellungnahme/etwaigen Bedenken gegen die beabsichtigte außerordentlich fristlose Kündigung, im Übrigen binnen Wochenfrist schriftlich darzulegen“.
[116] Dabei bleibt hier sogar komplett ausgeklammert, dass die bloße Anwesenheit zweier Mitglieder des Betriebsrates bei der Anhörung einer Arbeitsperson schon als solche nicht die raumzeitlichen Voraussetzungen dafür bietet, unter Wahrung der geschäftsordnungsmäßgen Anforderungen zu einer ordnungsgemäßen Willensbildung und Beschlussfassung des Gremiums (s. §§ 26 ff., 29 ff. BetrVG) zu gelangen.
[117] S. BAG 22.9.1994 – 2 AZR 31/94 – BAGE 78, 39 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 68 = NZA 1995, 363 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 86 = DB 1995, 477.
[118] S. Text oben, S. 18 Fn. 94.
[119] S. BAG 22.9.1994 (Fn. 117) [II.4 d, aa. - „Juris“-Rn. 50]: „Zunächst einmal ist festzustellen, dass das Landgericht Köln im Prozess der Firma W gegen den Kläger den Zeugen W nicht als unglaubwürdig bezeichnet hat (…), so dass die Beklagte insofern auch nicht bewusst die Angabe einer wesentlichen Tatsache verschwiegen hat“.
[120] S. BAG 22.9.1994 (Fn. 117) [II.4 d, aa. - „Juris“-Rn. 50]: „Davon abgesehen gehören Umstände, die die Glaubwürdigkeit von Zeugen oder anderen Beweismitteln betreffen, in der Regel nicht zum Kündigungsachverhalt im Sinne des § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG“.
[121] S. BAG 22.9.1994 a.a.O.
[122] S. BAG 22.9.1994 a.a.O.
[123] S. BAG 26.1.1995 – 2 AZR 386/94 – AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 69 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 87 = NZA 1995, 672 = DB 1995, 1134.
[124] S. LAG Hamm 6.1.1994 – 16 Sa 1216/93 – LAGE § 102 BetrVG 1972 Nr. 40.
[125] S. BAG 26.1.1995 (Fn. 123) [II.2 b. - „Juris“-Rn. 37]: „Diese Grundsätze verdienen auch vorliegend Geltung“.
[126] S. BAG 26.1.1995 (Fn. 123) [II.2 b. - „Juris“-Rn. 37].
[127] S. BAG 26.1.1995 (Fn. 123) [II.2 b. - „Juris“-Rn. 37].
[128] S. BAG 26.1.1995 (Fn. 123) [II.2 b. - „Juris“-Rn. 37].
[129] S. Michael Kittner, Anm. BAG [26.1.1995 - Fn. 123] LAGE § 102 BetrVG 1972 Nr. 87 [2.].
[130] S. Michael Kittner a.a.O..
[131] S. Michael Kittner a.a.O..
[132] S. Michael Kittner a.a.O..
[133] S. BAG 6.2.1997 – 2 AZR 265/96 – AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 85 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 96 = NZA 1997, 656 = BB 1997, 1311 [Leitsatz 1.]: „Die Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG bedarf auch dann nicht der Schriftform bzw. der Übergabe vorhandener schriftlicher Unterlagen, wenn der Kündigungssachverhalt ungewöhnlich komplex ist“; im dortigen Falle waren nach Auffassung der Klägerin eigene Einwände im Anhörungsverfahren zu kurz gekommen, die sie im Vorfeld des Anhörungsverfahrens zu Papier gebracht hatte (s. BAG 6.2.1997 – Rnrn. 4 u. 22).
[134] S. BAG 27.3.2003 – 2 AZR 699/01 – AP Einigungsvertrag Anlage I Kap XIX Nr. 81 = RkZ I 5 h Nr. 67 = PersR 2004, 322; hier ging es um die Frage, ob der Arbeitgeber der Personalvertretung die Akte des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) habe vorlegen müssen, was der Senat verneinte, zumal der Arbeitgeber dem Gremium angeboten hatte, „in die Akten Einblick zu nehmen“.
[135] S. BAG 10.11.2005 – 2 AZR 44/05 – AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 42 = EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 52 = NZA 2006, 655 [B.II.2 - „Juris“-Rn. 40]: „Eine Verpflichtung, dem Betriebsrat vorhandene schriftliche Unterlagen auszuhändigen, besteht im Allgemeinen nicht (...)“; hier war von der Revision gerügt worden, dass dem Betriebsrat im Zuge der Anhörung keine „entsprechenden Unterlagen“ [s. BAG a.a.O. - Rn. 9: „Die Beklagte habe ihm die im Anhörungsschreiben enthaltenen Zitate nicht durch Beifügung entsprechender Unterlagen transparent gemacht“] vorgelegt worden seien.
[136] S. Text oben, S. 18 Fn. 94.
[137] Dabei gilt auch nicht etwa deshalb etwas prinzipiell anderes, weil sich der Betriebsrat hier auf der (vermeintlichen) Schlussetappe der informatorisch von vornherein verkürzten Anhörungsprozedur – begreiflicherweise - als qualifikatorisch hoffnungslos unterlegen empfunden hat (s. Urteilsanlage XII.2. [oben]: fehlendes „Fachwissen“, keine „solide Grundlage“); hier käme vielmehr der Umstand zum Zuge, dass der Betriebsrat, wird er nicht unnötig in eine (vermeintliche) zeitliche Zwangslage gebracht, auch im Kontext des § 102 Abs. 1 BetrVG nicht gehindert ist, Fachwissen in Gestalt außerbetrieblicher Expertise zu aktivieren; s. zum Problem statt vieler nur Gerd Engels u.a., in: Karl Fitting (Begründer), BetrVG, 27. Auflage (2014), § 102 Rn. 26: „Über die Vorlage von Unterlagen besagt § 102 im Gegensatz zu § 99 (…) nichts. Hier findet die allgemeine Vorschrift des § 80 Abs. 2 Anwendung (...)“.
[138] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) 1Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist“.
[139] S. zu dieser Prüfungsfolge auch bei Erklärung einer fristlosen Kündigung näher Ulrich Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen (1987), S. 483-484: „Der Rechtsanwender, dem die Überprüfung einer außerordentlichen Kündigung obliegt, fragt – als Kontrollüberlegung – zunächst, ob der vorgelegte Sachverhalt überhaupt eine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen vermag. Diese Kontrollfrage ist möglich, geboten und hilfreich, weil es in der Tat keinen außerordentlichen Kündigungsgrund geben dürfte, der nicht in diese Dreiteilung eingeordnet werden könnte. … Kommt er nach dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass schon eine ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt wäre, scheitert natürlich erst recht die außerordentliche Kündigung“; ders. DB 1990, 685, 689; ders. Anm. BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 44; Reiner Ascheid, KSchR (1993), Rn. 92; Walter Erman/Detlev W. Belling, BGB, Handkommentar, 12. Auflage (2008), § 626 Rn. 45; früher schon Klaus Popp, Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (1980), in: Wilhelm Maus/F. Jochen Kremp, Handbuch des Arbeitsrechts, Teil VI B; s. im gleichen Sinne auch Wilhelm Herschel, BB 1982, 254.
[140] S. Text oben, S. 14 Fn. 59.
[141] S. zur Beweislast für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG; Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) … 4Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen“; s. entsprechend zum „wichtigen Grund“ nach § 626 Abs. 1 BGB statt vieler etwa BGH 20.2.1995 – II ZR 9/94 – ZIP 1995, 560 = NJW-RR 1995, 669 [I.3 a.]: „Wer einen wichtigen Kündigungsgrund geltend macht, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 28.10.2002 – II ZR 353/00 – ZIP 2002, 2254 = NJW 2003, 431 [I.2 c, bb.]: „Wer einen Kündigungsgrund im Sinne von § 626 BGB geltend macht, wie hier die Beklagte, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 12.2.2007 – II ZR 308/05 – ZIP 2007, 396 = NJW-RR 2007, 690 [III.1.]; ständige Rechtsprechung.
[142] S. Text oben, Fn. 134.
[143] S. Wilhelm Herschel, Anm. BAG [23.7.1970] AP § 1 Gesamthafenbetriebsgesetz Nr. 3 [III.b.2]: „Die Dreiteilung der Kündigungsgründe gibt … die Richtung an, aus der die Störung kommen kann“; ebenso BAG 25.11.1982 – 2 AZR 140/81 – BAGE 40, 361 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 7 [B.I.3.]; 29.1.1997 – 2 AZR 9/96 – BAGE 85, 107 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 32 = NZA 1997, 709 [II.1 c.]: „§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG differenziert insoweit nach der ,Störquelle', nicht nach den der ,Störung' eventuell zugrunde liegenden ferneren Ursachen“.
[144] S. dazu statt vieler BAG 23.6.2009 – 2 AZR 283/08 – AP § 1 KSchG 1969 Abmahnung Nr. 5 = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75 [I.1.]: „Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht – in der Regel schuldhaft – erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit anderer Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint“; s. zur derzeitigen Formel der Judikatur des Zweiten Senats aus neuerer Zeit anschaulich BAG 19.4.2012 – 2 AZR 186/11 – AP § 14 KSchG 1969 Nr. 13 = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 40 = NZA 2013, 27 = DB 2013, 214 [I.2 b. - „Juris“-Rn. 23]: „Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe ,bedingt‘, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht“; 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 – NZA 2014, 250 [B.I.1. - „Juris“-Rn. 20]; s. zu § 626 Abs. 1 BGB orientierungshalber auch BAG 20.8.2009 – 2 AZR 165/08 – NZA 2009, 1227 [B.I.]: „Eine schwere, insbesondere schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grunde an sich nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen“.
[145] S. Text: „§ 46 Grundsatz. (1) … (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt“.
[146] S. Text: „§ 495 Anzuwendende Vorschriften. (1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen Vorschriften des Buches 1, aus den nachfolgenden besonderen Bestimmungen und aus der Verfassung der Amtsgerichte sich Abweichungen ergeben“.
[147] S. Text: „§ 286 Freie Beweiswürdigung. (1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten sei“.
[148] S. RG 14.1.1885 – I 408/84 – RGZ 15, 338, 339: „Vermöge der Beschränkung der Mittel menschlichen Erkennens kann niemand (selbst im Falle eigener unmittelbarer Anschauung eines Vorganges) zu einem absolut sicheren Wissen von der Existenz eines Tatbestandes gelangen. Abstrakte Möglichkeiten der Nichtexistenz sind immer denkbar. Wer die Schranken des menschlichen Erkennens erfasst, wird nie annehmen, das er in dem Sinne zweifellos von der Existenz eines Vorgangs überzeugt sein dürfe, dass ein Irrtum absolut ausgeschlossen ausgeschlossen wäre. Deshalb gilt im praktischen Leben der hohe Grad von Wahrscheinlichkeit, welcher bei möglichst erschöpfender und gewissenhafter Anwendung der vorhandenen Mittel der Erkenntnis entsteht, als Wahrheit, und das Bewusstsein des Erkennenden von dem Vorliegen einer so ermittelten hohen Wahrscheinlichkeit, als die Überzeugung von der Wahrheit“.
[149] S. BGH 17.2.1970 – III ZR 139/67 – BGHZ 53, 245 = NJW 1970, 946 = MDR 1970, 491 [II.2 a. - „Juris“-Rn. 72]: „Diese persönliche Gewissheit ist für die Entscheidung notwendig, und allein der Tatrichter hat ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er die an sich möglichen Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Eine von allen Zweifeln freie Überzeugung setzt das Gesetz dabei nicht voraus“.
[150] S. dazu statt vieler Raimund H. Drommel, Sprachprofiling – Grundlagen und Fallanalysen zur Forensischen Linguistik (2016), S. 25: „Neben der Bezeichnung sprachliche Visitenkarte sind mir hier und anderswo bisher weitere Metaphern wie lingustischer Steckbrief oder linguistischer Fingerabdruck munter aus der Feder geflossen. Das sind natürlich nur Metaphern zweiter oder gar dritter Stufe. Das heißt: Linguistische Analysen zum Nachweis der Urheberschaft können in der Regel nicht den Evidenzgrad z.B. gerichtsmedizinischer Verfahren erreichen. Die Forensische Linguistik will und kann auch mit ihren ,linguistischen Fingerabdrücken' keinesfalls mit den ,genetischen Fingerabdrücken' der Gerichtsmedizin konkurrieren, die unverwechselbare DNS-Merkmale enthalten (...)“; Eilika Fobbe, Forensische Linguistik (2011), S. 61 [2.3.3 Wahrscheinlichkeitsaussagen]: „Da der Untersuchungsgegenstand Sprache nur indirekt materialisiert ist und nicht physikalischen Gesetzen, sondern sozialen Normen, Regeln und Bewertungen unterliegt, erlauben die Ergebnisse, die wir mit den entsprechenden Analyseverfahren erzielen, keine absoluten Aussagen über den Untersuchungsgegenstand. Möglich sind nur relative Aussagen, die in einem bestimmten Maß wahrscheinlich sind“.
[151] S. dazu nur BGH 20.12.2007 – StB 12/07, 13/07, 47/07 – NStV 2008, 146 = StV 2008, 351 [II.3 a. - „Juris“-Rn. 33]: „Der Ansicht des Generalbundesanwalts, der Verdacht für das Bestehen einer Vereinigung ergebe sich aus den bei den Analysen der Bekennerschreiben vorgefundenen Übereinstimmungen in thematischer (Themen wie Globalisierung, Gentechnik, Imperialismus u.a.), stilistischer (Begriffe wie Intervention, ,rund um den Globus', Prekariat, Euromayday u.a.) und textgestalterischer (Textgliederung durch Leerzeichen, willkürliche Ein- und Ausrückungen, uneinheitliche Verwendung von Abkürzungen, Ausschreibung von Zahlwörtern, Rechtschreibunsicherheiten in Bezug auf ,ß' und ,ss' u.a.) Hinsicht, der schlüssigen Auswahl der Anschlagsziele sowie der zeitliche Abfolge der Taten, vermag der Senat nicht zu folgen. Es handeln sich insoweit um Indizien mit einem allenfalls äußerst geringen Beweiswert“; 11.3.2010 – StB 16/09 – NStZ 2010, 711 = StV 2010, 553 = JR 2011, 404 [II.3 a, bb. - „Juris“-Rn. 23]: „Zu denTextvergleichen und den aus deren Ergebnissen gezogenen Schlüssen hat der Senat bereits früher darauf hingewiesen, dass bei Analyse von Bekennerschreiben vorgefundene Übereinstimmungen in thematischer, stilistischer und textgestalterischer Hinsicht regelmäßige Indizien mit einem allenfalls äußerst geringen Beweiswert sind (…). Der Senat sieht sich in dieser Einschätzung durch die Ausführungen indem Behördengutachten des Bundeskriminalamts vom 2. Juli 2001 zu den methodischen Problemen, die sich bei der Analyse und Bewertung von Texten aus dem linksextremistischen Bereich stellen (…), nachhaltig bestätigt. Hinzu kommt die Möglichkeit, dass verschiedene Urheber ihnen zugängliche Texte anderer Autoren zur Kenntnis nehmen und sich darauf beziehen oder diese nachahmen. Somit sind diesbezüglichen Ausführungen des BfV schon für sich nicht geeignet, Wesentliches zur Begründung eines Tatverdachts gegen die früheren Beschuldigten beizutragen“.
[152] S. allerdings zu Fragen der Hypothesenbildung und dem Erkenntniswert etwaiger Falsifizierung aufschlussreich auch Eilika Fobbe (Fn. 150) S. 150 ff.
[153] S. Blatt 150 GA.
[154] S. Blatt 164 GA.
[155] S. Blatt 210 GA.
[156] S. Schriftsatz vom 31.8.2016 S. 3 (Bl. 260 GA).
[157] Nicht förmlich protokolliert; d.U.
[158] S. BGH 10.3.2010 (Fn. 151) – Zitat Fn. 151 am Ende.
[159] S. dazu nur Eilika Fobbe (Fn. 150) S. 41 ff., 43-44: „Multiple Autorschaft und Übernahme des Gruppenjargons erfüllen im Kontext von Straftaten auch eine Schutzfunktion, denn sie führen über den Weg der Textproduktion zur Anonymisierung des Einzelnen, der sich zwar sprachlich äußert, dessen Konturen sich aber in der Gruppe auflösen. In diesem Sinne ist auch der postulierte Autor (…) ein Gruppenkonstrukt; von ihm führt kein Weg zu einem realen, individuellen Verfasser innerhalb der Gruppe (…). Dementsprechend wenig Erfolg konnte Förster auch bei seinen Bemühungen verzeichnen, für bestimmte Bekennerschreiben der RAG einen individuellen Duktus herauszuarbeiten, der auf einen empirischen Autor verwiesen hätte (Förster 1989). … - … Eine weitere Variante ist es, dass das Endprodukt aus eigenen Anteilen der aktuellen Textproduzenten, aus Abschriften, aus wörtlichen und sinngemäßen Zitaten und aus Zusammenfassungen anderer Text bestehen kann. Für einen Text, der so komponiert ist, erübrigt sich die Frage nach seinem empirischen Autor. Dementsprechend sind Bekennerschreiben und Positionspapiere als potentielle Gruppenelaborate für eine Autorschaftsbestimmung grundsätzlich ungeeignet (…), denn der Rekurs auf Positionspapiere ist Teil des Gruppendiskurses (politischer) Gruppen und dient primär ihrer Selbstversicherung; jeder Text, den sich die Gruppe auf diesem Weg aneignet, erlaubt damit Korrekturen und Ergänzungen und wird zum Produkt multipler Autorschaft“.
[160] S. Blatt 167 GA [6.2.]; Textauszug: „Sprachliche Besonderheiten - … Der Anonymus versucht, den Brief als Geschäftsbrief zu gestalten, begeht aber verschiedene Verstöße gegen die moderne Briefform“: - Zu große Zeilenabstände zwischen den Zeilen der Adressangaben; - Fehlendes Leerzeichen vor der Hausnummer; - Veraltetes Ausrufezeichen bei der Anrede; - Betreffzeile nach der Anrede statt vorher; - Veraltete Bezeichnung „Betr.:“ in der Betreffzeile; - Unangemessene Abkürzung der Grußformel [gemeint: „frdl.“; d.U.], die zudem nicht in eine eigene Zeile gerückt wird.
[161] S. Blatt 173 GA [Merkmal (8)]; Textauszug: „Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich beim Abgleich zwischen dem Vergleichskonvolut K. [Nachname der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] und dem Anonymschreiben einige Unterschiede im Sprachgebrauch gezeigt haben, von denen aber nur ein einziger als gewichtigere Divergenz einzustufen ist – das ist die Wahl des Ausrufungszeichens nach der Anrede“.
[162] S. Blatt 174 ff. GA.
[163] S. Blatt 175 GA [Merkmal (4)]: „Zu großer Zeilenabstand (in Adresse)“.
[164] S. Blatt 175 GA a.a.O.; Textauszug: „Wie oben bereits erläutert, sind die Empfängeradressen im Anonymschreiben nicht normkonform gestaltet; die Zeilenabstände zwischen den Adressbestandteilen sind zu groß. Eine vergleichbare Adressgestaltung findet sich im Konvolut K. nicht“.
[165] S. Blatt 159 GA.
[166] S. Blatt 160 GA [Merkmal (1)]; Textauszug: „Die Abweichung in der Textgestaltung ist zu konstatieren“.
[167] S. Blatt 160 GA a.a.O.; Textauszug: „Da Frau K. also keineswegs ihre Briefe weitgehend einheitlich nach DIN-Norm gestaltet, wäre ihr auch der Normverstoß der falschen Positonierung der Betreffzeile durchaus zuzutrauen. Bei eine professionellen Sekretärin wie Frau K. hingegen wäre eine solche Gestaltungsform schwerer vorstellbar“.
[168] S. Blatt 160 GA [Merkmal (1)]; Textauszug: „Aufgrund der wenig einheitlichen Briefgestaltung im gesamten Vergleichskonvolut kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Frau K. auch einmal denselben Normverstoß begeht wie der Anonymus und die Betreffzeile falsch patziert“.
[169] S. Blatt 160 GA [Merkmal (2)]; Textauszug: „Überwiegend gestaltet Frau K. ihre Briefe ganz ohne Betreffzeile. Bei der Gestaltung der vorhandenen Betreffzeilen variiert sie zwischen den obenstehenden Varianten [gemeint: ,in zeitnahem Text einmal Kennzeichnung durch Hinweis Betrifft']“.
[170] S. Blatt 216 GA: „Diese Untersuchung wurde unparteiisch und sorgfältig nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt“.
[171] S. Blatt 170 GA [Merkmal (4) … Form des Schlussgrußes].
[172] S. Blatt 1710 GA [oben].
[173] S. Blatt 171 GA [Merkmal (5) … Datumsschreibung].
[174] S. Blatt 171 GA; Textauszug: „Exakt diese Schreibweise kommt in den Vergleichstexten von Frau K. nirgends vor“.
[175] S. Raimund H. Drommel (Fn. 150) S. 136: „In der Praxis hat sich gezeigt, dass davon auszugehen ist, dass zwei zu vergleichende Texte nicht vom selben Autor verfasst wurden, wenn sie in mindestens zwei voneinander unabhängigen Merkmalen (möglichst auf verschiedenen Analyseebenen) systematisch nicht übereinstimmen. Wie viele weitere übereinstimmende Merkmale es davon abgesehen evtl. geben mag, ist dann völlig unerheblich – es geht eben nicht nur darum ,Ähnlichkeit' zu bestimmen, wie es datenbankgestützte oder rein quantitative Verfahren häufig summarisch tun“.
[176] S. dazu nochmals Raimond H. Drommel (Fn. 150) S. 136 – Zitat im Zusammenhang oben, Fn. 175: „dann völlig unerheblich“.
[177] S. zur methodischen Abstufung oben, S. 30 [a.].
[178] S. Blatt 174 GA [7.2.1.].
[179] Dabei soll es sich der Auflistung auf S. 21 des Gutachtens (Bl. 160 GA) zufolge um einen Text aus dem November 2013 handeln, der den Arbeitstitel „Rohfassung Widerspruch Gutachter“ trage; d.U.
[180] Hierbei soll es sich der Auflistung auf S. 23 des Gutachtens (Bl. 162 GA) zufolge um einen Text handeln, der den Arbeitstitel „Sprachstand in Englisch“ trage; d.U.
[181] S. Blatt 178 GA [Merkmal (9) … Keine/selten Ausrufungszeichen als Ausdruck von Empathie].
[182] S. Blatt 178 GA: „Damit entspricht ihr Sprachverhalten auch in diesem Punkt dem des Anonymus“.
[183] S. Blatt 199 GA [vor Merkmal (41)]; Text (Fußnote 5): „Die inhaltliche Gemeinsamkeit bildet ein interessantes Indiz – ganz unabhängig davon, ob die Formulierung dieses Satzes von Frau K. oder von einem Arbeitsrechtler stammt“.
[184] S. dazu nochmals Seite 22 GA - Blatt 161 GA, wonach es sich um Meinungsverschiedenheiten über die Verbindlichkeit einer – verschriftlichten - Weisung vom 13.7.2015 zu handeln scheint.
[185] S. dazu statt vieler nur Raimund H. Drommel (Fn. 150) S. 102: „4. Autorschaftsprüfung: Procedere - … - Dabei wird folgende Vorgehensweise empfohlen: - 1. … - 2. Verdächtigenkreis um einen möglichen Verdächtigen herum konstruieren. Verdächtige A, B, C … Auch Ermittlung eines möglichen ,Firmen-Jargons' als Analyse-Hintergrund“; Eilika Fobbe (Fn. 150) S. 43: „Gruppenjargon“ - Zitat im Zusammenhang oben, Fn. 159.
[186] Das besagte Schreiben der Klägerin vom 16.7.2015 liegt dem Gericht nicht vor; d.U.
[187] S. Blatt 161 GA [ck74] betreffend einen Brief der Klägerin vom 16.7.2015 an Frau Dr. A. und Herrn S. (wohl wegen Meinungsverschiedenheiten über die Befolgung einer Weisung; d.U.).
[188] S. zum Schreiben der Klägerin dem Gutachten (S. 73 - Bl. 203 GA) zufolge: „Eine Kopie dieses Anschreibens geht an den Betriebsrat“; zum Anonymschreiben: „Dieses Schreiben geht vertrauensvoll und mit Bitte um dringende Klärung folgender Angelegenheit an Sie“.
[189] S. Text oben, S. 14 Fn. 59.
[190] S. Text oben, S. 26 Fn. 138.
[191] S. dazu schon BAG 4.6.1964 – 2 AZR 310/63 – BAGE 16, 72 = AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 13; s. ferner BAG 11.4.1985 - 2 AZR 239/84 – BAGE 49, 39 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 39 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 62 = NZA 1986, 674 [C.III.3.]; 15.5.1986 – 2 AZR 397/85 - RzK I 8 c Nr. 9 [II.2.]; 26.2.1987 – 2 AZR 170/86 – RzK I 8 c Nr. 13 [B.I.]; 30.4.1987 – 2 AZR 283/86 – AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 19 = NZA 1987, 699 [B.I.2 b.]; 14.9.1994 – 2 AZR 164/94 - NZA 1995, 269 [II.3.]; 26.9.2002 – 2 AZR 424/01 – AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 [B.I.1 b.]; 10.2.2005 – 2 AZR 189/04 – AP § 1 KSchG 1969 Nr. 79 = NZA 2005, 1056 [B.I.4 a.]; 28.11.2007 – 5 AZR 952/06 – EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4 = NZA-RR 2008, 344 [II.1 b, aa.]; 13.3.2008 – 2 AZR 961/06 – EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6 = NZA 2008, 809 = PersR 2008, 469 [B.I.1.]; ständige Rechtsprechung.
[192] S. dazu statt vieler BVerfG 15.12.2008 – 1 BvR 347/08 – BverfGK 14, 507 („Juris“) [II.1 a. - „Juris“-Rn. 12]: „Eine Verdachtskündigung kann danach nur dann gemäß § 626 Abs. 1 BGB bzw. § 1 Abs. 1 KSchG rechtmäßig sein, wenn dringende, auf objektive Tatsachen beruhene schwerwiegende Verdachtsmomente vorliegen und diese geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen bei einem verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zu zerstören. … Bloße auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus“; s. zur Fachgerichtsbarkeit BAG 12.5.2010 – 2 AZR 587/08 – AP § 15 KSchG 1969 Nr. 67 = NZA-RR 2011, 15 = EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 67 [II.6 b, aa. – „Juris“-Rn. 27]: „Eine Verdachtskündigung kommt aber nur in Betracht, wenn gewichtige, auf objektive Tatsachen gestützte Verdachtsmomente vorliegen … . Ein dringender Verdacht liegt nur vor, wenn bei kritischer Prüfung eine auf Beweistatsachen (Indizien) gestützte große Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Pflichtverletzung gerade dieses Arbeitnehmers besteht“; 25.11.2010 – 2 AZR 801/09 – AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9 [B.I.1. - „Juris“-Rn. 16]: „starke Verdachtsmomente“; zuvor schon BAG 29.11.2007 – 2 AZR 724/06 – AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 40 = EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5 [B.I.2 a. - „Juris“-Rn. 30]: „Dabei sind an die Darlegung und Qualität der schwerwiegenden Verdachtsmomente besonders strenge Anforderungen zu stellen, weil bei einer Verdachtskündigung immer die Gefahr besteht, dass ein ,Unschuldiger' betroffen ist (...)“.
[193] S. LAG Berlin-Brandenburg 6.11.2009 – 6 Sa 1121/09 – LAGE § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8 [Leitsatz]: „Zur Anhörung des Arbeitnehmers als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Verdachtskündigung gehört, ihm deutlich zu machen, dass der Arbeitgeber aufgrund konkreter Verdachtsmomente einen entsprechenden Verdacht hegt und darauf ggf. eine Kündigung zu stützen beabsichtigt, und dem Arbeitnehmer Gelegenheit zu geben, entweder einen Rechtsanwalt hinzuziehen oder sich über einen Rechtsanwalt innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich zu äußern“; ebenso schon Jochen Corts, Das Arbeitsrecht im BGB, 2. Auflage (2002), § 626 BGB Rn. 178.
[194] S. zu diesen Anforderungen etwa BAG 28.11.2007 (Fn. 191) [II.1 b, bb.]: „Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nicht lediglich mit einer unsubstantiierten Wertung konfrontieren und ihm nicht wesentliche Erkenntnisse vorenthalten. Er muss alle erheblichen Umstände angeben, aus denen er den Verdacht ableitet. Nur dann hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich zum Verdachtsvorwurf und den ihn tragenden Verdachtsmomenten in einer die Aufklärung fördernden Weise zu äußern (BAG 26.9.2002 [Fn. 191] a.a.O. [B.I.1 b, bb.])“; 13.3.2008 [Fn. 191 - [B.I.1 a.]: „Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen zu bezeichnen und so zur Aufhellung der für den Arbeitgeber im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen“; s. auch zutreffend Mario Eylert/Anne Friedrichs, DB 2007, 2203, 2205 [II.3.] – im Zusammenhang: „Insbesondere darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Erkenntnisse vorenthalten, die er im Anhörungszeitpunkt bereits gewonnen hat und die seiner Ansicht nach den Verdacht begründen. Er muss alle relevanten Umstände angeben, aus denen er den Verdacht ableitet. Anderenfalls werden die Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers unzulässig beschränkt und der Sinn der Anhörung, zur Aufklärung beizutragen und eine unnötige Kündigung zu vermeiden, verfälscht“.
[195] S. Text oben, S. 14 Fn. 59.
[196] S. namentlich EGMR 21.7.2011 – 28274/08 – AP § 626 BGB Nr. 235 = EzA § 626 BGB 2002 Anzeige gegen Arbeitgeber Nr. 1 = NZA 20011, 1269 = DuD 2011, 658 [Orientierungssatz 3.]: „Die deutschen Gerichte hatten keinen angemessenen Ausgleich herbeigeführt zwischen der Notwendigkeit, den Ruf des Arbeitgebers zu schützen einerseits, und derjenigen, das Recht der Arbeitnehmerin auf Freiheit der Meinungsäußerung zu schützen, andererseits (….)“.
[197] S. statt vieler nur BAG 3.7.2003 – 2 AZR 235/02 – BAGE 107, 36 = AP § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 45 = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = NZA 2004, 427 = BB 2004, 1964 [II.3 b, dd. - „Juris“-Rn. 38]: „Unter Berücksichtigung dieses Rahmens sind die vertraglichen Rücksichtnahmepflichten dahin zu konkretisieren, das sich die Anzeige des Arbeitnehmers nicht als eine unverhältnismäßige Reaktion auf ein Verhalten des Arbeitgebers oder seines Repräsentanten darstellen darf (…). Dabei können als Indizien für eine unverhältnismäßige Reaktion des anzeigenden Arbeitnehmers sowohl die Berechtigung der Anzeige als auch die Motivation des Anzeigenden oder ein fehlender innerbetrieblicher Hinweis auf die angezeigten Missstände sprechen“; [II.3 b, dd. (2) - „Juris“-Rn. 41]: „Hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf die gesetzeswidrige Praxis im Unternehmen hingewiesen, sorgt dieser jedoch nicht für Abhilfe, besteht auch keine weitere vertragliche Rücksichtnahmepflicht mehr (...)“.
[198] S. Text: „Art. 5 [Freiheit der Meinung, Kunst und Wissenschaft] (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. … (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre“.
[199] S. Text: „Art 17 [Petitionsrecht] Jedermann hat da Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden“.
[200] S. Text: § 256 Feststellungsklage. (1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde“.
[201] S. dazu nur BAG 13.3.1997 – 2 AZR 512/96 – EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 57 [II.1.]: „Es ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass ein Arbeitnehmer neben einer gegen die Kündigung nach § 4 KSchG gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungstermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen kann. … a) Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung der zulässigen Verbindung beider Klagen nach § 4 KSchG und nach § 256 ZPO insbesondere zu den in der Praxis gelegentlich auftretenden Fällen entwickelt, bei denen Arbeitgeber oder deren Prozessbevollmächtigte durch nicht ohne weiteres erkennbare weitere (Prozess-)Kündigungen versuchen, die Wirkungen des § 7 KSchG herbeizuführen“.
[202] S. Walter Bitter; Zur Kombination von Kündigungsschutzklage mit allgemeiner Feststellungsklage – Oder: Zur Schleppnetztheorie des Bundesarbeitsgerichts, DB 1997, 1407 ff.
[203] S. hierzu BAG (GS) 27.2.1985 – GS 1/84 – BAGE 48, 122 = AP § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 14 [Leitsatz 1.]: „Außerhalb der Regelung der §§ 102 Abs. 5 BetrVG, 79 Abs. 2 BPersVG hat der gekündigte Arbeitnehmer einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen“; s. ferner BAG a.a.O. [C.II.3 b. u. C.II.3 c.]: „b) Abgesehen von den Fällen der offensichtlich unwirksamen Kündigung begründet die Unsicherheit über die Wirksamkeit der Kündigung und damit die Ungewissheit über den Prozessausgang mit den daraus folgenden Risiken ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers, den gekündigten Arbeitnehmer für die Dauer des Kündigungsprozesses nicht zu beschäftigen. … [wird aufgeführt; d.U.] – c) Die Interessenlage verschiebt sich jedoch, wenn im Kündigungsprozess ein die Instanz abschließendes Urteil ergeht, das die Unwirksamkeit der Kündigung und damit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststellt. Durch ein solches noch nicht rechtskräftiges Urteil wird zwar keine endgültige Klarheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geschaffen. Aber die Parteien hatten Gelegenheit, dem Gericht in einem ordentlichen Prozessverfahren die zur rechtlichen Beurteilung der Kündigung aus ihrer Sicht erforderlichen Tatsachen vorzutragen, dafür Beweis anzutreten und ihre Rechtsauffassungen darzustellen. Wenn ein Gericht daraufhin eine die Instanz abschließende Entscheidung trifft und die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt, so ist damit zumindest eine erste Klärung der Rechtslage im Sinne des klagenden Arbeitnehmers eingetreten. … Es [gemeint: das Feststellungsurteil; d.U.] wirkt sich, solange es besteht, dahin aus, dass nunmehr die Ungewissheit des endgültigen Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen kann“.
[204] In Ermangelung jeglicher brauchbaren Zurechnungsbasis sind die Grundsätze der vom Beklagten erwähnten Judikatur des BAG zu Fragen der Erstattung von Detektivkosten als Teil geschuldeten Schadensersatzes auch nicht einschlägig; s. dazu etwa BAG 17.9.1998 – 8 AZR 5/97 – BAGE 90, 1 = AP § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers Nr. 113 = EzA § 249 BGB Nr. 23 = NZA 1998, 1334 = BB 1998, 2475 [C.II.1. - „Juris“-Rn. 27]: „Nach der Rechtsprechung des BAG (…) hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber anlässlich eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird“; im Anschluss etwa BAG 26.9.2013 – 8 AZR 1026/12 – AP § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers Nr. 139 = EzA § 280 BGB 2002 Nr. 6 = NZA 2014, 877 = DB 2014, 429 [Rn. 22].
[205] S. Text oben, S. 16 Fn. 77.
[206] S. dazu (im Blick auf die Vorgängervorschrift in § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG a.F.) bereits BAG 23.9.1960 – 5 AZR 258/59 – BAGE 10, 39 = AP § 61 ArbGG 1953 Nr. 3 = NJW 1961, 92 = MDR 1961, 91 [3 b. - „juris“-Rn. 12]: „Die Vorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG will, wenn sie überhaupt einen Sinn haben soll, aus wohlüberlegten Gründen den Arbeitsgerichtsprozess verbilligen. Abhängige Arbeitnehmer sollen – eben wegen ihrer oft gegebenen wirtschaftlichen Schwäche – auch dann, wenn sie im Arbeitsgerichtsprozess unterliegen, nicht mit den in § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG genannten Kosten überzogen werden. Damit wird vermieden, dass sie in künftigen Fällen, bei denen berechtigte und lebensnotwendige Ansprüche auf dem Spiel stehen, den Prozess scheuen“; s. auch BVerfG 20.7.1971 – 1 BvR 231/69 – BVerfGE 31, 306 = AP § 61 ArbGG 1953 Kosten Nr. 12 = NJW 1971, 2302 = MDR 1972, 27 [II.2 c. - „juris“-Rn. 14]: „Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ArbGG entsteht im Verfahren des ersten Rechtszuges lediglich eine Gerichtsgebühr, die bei niedrigen Streitwerten zudem noch geringer liegt als jeder der im Zivilprozess anfallenden Gebühren (§ 12 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Das soll dem Schutz des sozial Schwachen dienen, für den die Kostenlast niedriger und das Prozessrisiko kalkulierbarer wird. Mit solchen Überlegungen lässt sich auch der Ausschluss der Erstattung der Kosten des Anwalts rechtfertigen“.
[207] S. dazu statt vieler nur BAG 14.12.1977 – 5 AZR 711/76 – AP § 61 ArbGG 1953 Kosten Nr. 14 [2.]: „Die Vorschrift des § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ist entgegen der Ansicht der Revision auch auf die außergerichtliche Tätigkeit eines Parteibevollmächtigten zu erstrecken, gilt also vor allem auch für den Fall, dass es überhaupt nicht zu einem Prozess kommt (…). Es wäre sinnwidrig, § 61 Abs. 1 Satz 2 ArbGG nur für die prozessualen Kosten gelten zu lassen“; s. aus jüngerer Zeit auch LAG Berlin-Brandenburg 26.11.2009 – 2 Sa 890 u. 891/09 – n.v. [2.6.]: „Der sachliche Geltungsbereich von § 12 a ArbGG erstreckt sich auch auf die vor- oder außerprozessualen Aufwendungen“.
[208] S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) … (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen“.
[209] S. Text: „§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht. (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen“.
[210] S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest“.
[211] S. Text: „§ 42 Wiederkehrende Leistungen. (1) … (4) Für die Wertberechnung bei Rechts-streitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahrs zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet“.