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Arbeitsrecht
07.06.2023
Arbeitsrecht
LAG Nürnberg: Kleinbetrieb – Kündigung – Krankheit – Maßregelung

LAG Nürnberg, Urteil vom 10.3.2023 – 8 Sa 340/22

Volltext: BB-Online BBL2023-1395-3

Amtlicher Leitsatz

Die ordentliche Kündigung in einem Kleinbetrieb anlässlich einer Krankmeldung stellt für sich genommen keine nach § 612a BGB verbotene Maßregelung dar.

 

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung in einem Kleinbetrieb.

Der am ...1978 geborene, geschiedene und vier Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten zuletzt 30 Stunden die Woche und einem Bruttostundenlohn von € 15,- beschäftigt.

Der Kläger war zunächst vom 04.07.2017 bis 31.08.2018 beschäftigt. Am 06.11.2018 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag.

Die Beklagte beschäftigt die Ehefrau des Geschäftsführers im Rahmen eines Minijobs, den Sohn des Geschäftsführers, Herrn P…, in Vollzeit, Frau B… in Vollzeit, Die schwerbehinderte Frau C… mit 20 Stunden die Woche und Frau S… mit 32,5 Stunden die Woche.

Am Morgen des 16.12.2020 wies der Kläger die Beklagte per E-Mail darauf hin, dass er sich gemäß der Quarantäneverordnung in Quarantäne begeben müsse, da der Kollege, den er am 12.12.2020 privat getroffen habe, sich bereits in Quarantäne begeben habe. Mit E-Mail vom 18.12.2020 um 11:37 Uhr teilte der Kläger mit, dass er sich krankmelden müsse, da er unter Halskratzen, Husten und Kopfschmerzen leide.

Mit Schreiben vom 21.12.2020 kündigte die Beklagte dem Kläger unter Beachtung der geltenden Kündigungsfrist, nach den Berechnungen der Beklagten zum 31.01.2021, hilfsweise zum nächstzulässigen Zeitpunkt. Mit Schreiben vom 07.05.2021 kündigte die Beklagte dem Kläger vorsorglich nochmals fristlos.

Der Kläger trägt vor, dass die Kündigung darauf gründe, dass er am 12.12.2020 einen privaten Kontakt der Kategorie 1 mit einem Kollegen, der ebenfalls Transportunternehmer bei der Beklagten sei, gehabt habe, der am 15.12.2020 positiv auf Covid-19 getestet worden sei, was der Kläger am 16.12.2020 erfahren habe. Er habe außerdem von den Plätzchen, die der Kollege den ganzen Tag im Auto gehabt habe und die nur lose mit einer Plastikfolie bedeckt gewesen seien und die ihm der Kollege geschenkt habe, gegessen. Die Beklagte habe nach dem Hinweis des Klägers, dass er sich in Quarantäne begeben müsse, telefonisch Druck auf ihn ausgeübt und behauptet, dass das Unternehmen systemrelevant sei und er sich, solange keine Symptome bestünden, noch nicht einmal mit einer Infektion in Quarantäne begeben müsse. Der Kläger habe die Beklagte sodann darüber informiert, dass er sich abgeschlagen fühle und anfängliche Zeichen einer Erkältung aufgetreten seien, was der Geschäftsführer der Beklagten mit Druck und Hohn abgetan habe. Dem Kläger sei mitgeteilt worden, dass sich die Beklagte Gedanken machen würde, inwieweit das für sie noch Sinn mache und, dass ihm das, wenn er kein Corona habe, sowieso als unbezahlter Urlaub abgezogen werde. Der Kläger habe sich diesem Druck gebeugt, da er bereits ca. 25 Krankheitstage wegen des Mobbings der Inhaberin der Beklagten und diverser Infekte angehäuft gehabt habe, habe sich jedoch darauf geeinigt, die Kontakte auf ein Minimum zu begrenzen. Hinzu komme, dass bei nahezu jedem Kunden der Beklagten an der Tür stehe, dass ein Betreten der Räume nicht gestattet sei, wenn ein Kontakt mit einer nachweislich mit dem Corona-Virus infizierten Person stattgefunden habe, sodass es nicht darauf ankomme, ob das Infektionsschutzgesetz greife.

Am 17.12.2020 sei der Kläger angewiesen worden, Pendelfahrten zwischen dem Klinikum F… und dem Klinikum N… zu tätigen, was ihm bereits Gewissensbisse bereitet habe. Am 18.12.2020 sei der inzwischen deutlich erkältete Kläger zuerst angewiesen worden, von einem Medikamentengroßhändler Morphium für eine Sterbende in eine Apotheke zu liefern, was der Kläger ausgeführt habe. Gegen 11:30 Uhr sei er sodann angewiesen worden, zwölf Blumensträuße in Privathaushalte, Krankenhäuser und Seniorenheime zu liefern, was der Kläger aus Gewissensgründen verweigert und sich krankgemeldet habe. Hier hätte die Beklagte sich so verhalten müssen, wie in der aus Februar 2019 vorgelegten WhatsApp, in der dem Kläger mitgeteilt worden sei, dass er noch zu Hause bleiben solle, anstatt ihn, wie geschehen, in der Ausübung seiner zulässigen Rechte zu beschneiden und dadurch andere Menschen massiv zu gefährden.

Fahrten im Rahmen des Dienstleistungsvertrags habe der Kläger nur zwischen 6:30 und 8:30 Uhr mit seinem privaten Pkw ausgeführt. Er habe am 16.12., 17.12. und 18.12. jeweils drei Fahrten im Rahmen dieses Vertrags gemacht. Es handlte sich dabei um Touren, bei denen der Kläger teilweise gar keinen persönlichen Kontakt habe oder ein Kontakt lediglich aus der Ferne bestehe. Die einzige Vertretung des Klägers habe die Tour nicht übernehmen können, da sie bereits belegt gewesen sei. Ab 8:30 Uhr habe er jeweils mit dem Dienstfahrzeug die beschriebenen Fahrten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses durchgeführt.

Als er den Fahrzeugschlüssel der Beklagten in den Briefkasten geworfen habe, um persönlichen Kontakt zu anderen zu vermeiden, sei er beim Wegfahren auf den Geschäftsführer der Beklagten getroffen, der sicherstellen wollte, dass der potentiell infizierte Kläger nicht seine Geschäftsräume betrete. Außerdem habe er dem Kläger zugerufen, dass ihm klar sein müsse, dass es dies gewesen sei.

Im Übrigen sei Herr P… nicht sozial schutzwürdiger als er. Dem Kläger sei neu, dass dieser überhaupt als Angestellter geführt werde. Er habe zudem ausschließlich als Fahrer und auch nur dann, wenn er dies gewollt habe, gearbeitet. Er sei zwar fünf Jahre länger im Betrieb als der Kläger, jedoch sei er vier Kindern zum Unterhalt verpflichtet und 13 oder 14 Jahre älter. Zudem würden die Umsatzzahlen nichts über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten aussagen. Noch im August 2020 habe der Geschäftsführer selbst gesagt, dass es der Firma sehr gut gehe. Die angeblichen Verluste seien zu bestreiten. Diese seien fingiert, da diese aus vollkommen überzogenen Personalkosten resultierten.

Der Kläger meint, dass die Kündigung auch im hier vorliegenden Kleinbetrieb sozial ungerechtfertigt sei. Da die Kündigung aufgrund des privaten Kontakts mit dem positiv getesteten Kollegen ausgesprochen worden sei, sei die Kündigung zudem sittenwidrig. Aufgrund der sittenwidrigen Maßregelkündigung, bei der schon der Anscheinsverdacht eine Beweislastumkehr hervorrufe, finde auch im Kleinbetrieb das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Aufgrund der zeitlichen Nähe zwischen Krankmeldung und Kündigung, in Verbindung mit den vorgetragenen Umständen sei der Anscheinsbeweis hinreichend erbracht. Die Beklagte habe es dem Kläger verweigert, sich in Quarantäne zu begeben und habe Druck auf ihn ausgeübt, seine Arbeit anzutreten. Diesem Druck habe sich der Kläger zunächst gebeugt, bis seine Erkältungssymptome stärker geworden seien und er sich krankgemeldet habe. Die Beklagte habe gekündigt, als der Kläger die Weiterarbeit verweigert habe.

Im Übrigen sei die Sozialauswahl nicht nach sozialer Schutzwürdigkeit vollzogen worden, weshalb diese also gar nicht durchgeführt worden sei. Zudem sei von einer durchgängigen Betriebszugehörigkeit seit 04.07.2017 auszugehen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger am 19.04.2021 einen Antrag auf 34 Monate Elternzeit gestellt habe. Wenn das Arbeitsverhältnis fortbesteht, wäre der Kläger beitragsfrei zu führen, wäre es beendet, müsste er während seiner Elternzeit seine Sozialversicherungsbeiträge selbst bezahlen.

Mit seiner am 08.01.2021 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangen Klage, die der Beklagten am 15.01.2021 zugestellt wurde, wendet sich der Kläger gegen die Kündigung vom 21.12.2020.

Der Kläger beantragte erstinstanzlich zuletzt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche ordentliche Kündigung vom 21.12.2020, zugegangen am 23.12.2020, nicht zum 31.01.2021 enden wird.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die „nachgeschobene“ außerordentliche, fristlose Kündigung vom 07.05.2021, dem Kläger zugegangen am 12.05.2021, nicht beendet wird.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass die ordentliche Kündigung nichts mit einem privaten Kontakt des Klägers mit Herrn J… zu tun habe. Die Beklagte habe sich aufgrund der Tatsache, dass die Umsatzerlöse von ca. 1,7 Millionen € im Jahr 2018 bereits im Jahr 2019 auf ca. 1,3 Millionen gesunken seien und sich im Jahr 2020 lediglich ein Umsatz von ca. 1 Million € ergeben habe, dazu entschlossen, einen Mitarbeiter zu entlassen. Bereits in einem Telefonat am 30.09.2020 sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass es zunächst nur bis Jahresende weitergehe, dann müsse man sehen wie die Zahlen aussehen. Da die Zahlen nicht gut ausgesehen hätten, sei die Kündigung ausgesprochen worden.

Gleiches ergebe sich aus den jeweiligen wirtschaftlichen Ergebnissen. Im Jahr 2018 habe sich noch ein vorläufiges Ergebnis von 59.066,31 € ergeben. Im Jahr 2019 habe das vorläufige Ergebnis für den Zeitraum von Januar bis Mai minus 3.660,04 € betragen für das gesamte Jahr 2019 habe sich ein Minus von 8.855,06 € ergeben. Im Jahr 2020 habe das vorläufige Ergebnis für den Zeitraum von Januar bis Mai minus 24.533,33 € betragen und für das gesamte Jahr 2020 habe sich ein Minus von 40.893,09 € ergeben. Hinzu komme ein massiver Auftragsrückgang. Darüber hinaus seien im Jahr 2020 mehrere Großkunden abgesprungen. Bei zwei bis drei Kunden sei ein erheblicher Umsatzrückgang zu verzeichnen. Bei einem der Kunden sei der Umsatz von 207.324,44 € im Jahr 2018 auf 43.356,20 € im Jahr 2019 und sodann auf 5.758,96 € im Jahr 2020 zurückgegangen, bei einem Weiteren von 233.753,65 € im Jahr 2018 auf 116.365,41 € im Jahr 2019 und auf 82.082,20 € im Jahr 2020. Vor 2020 hätten zwei bis drei Mitarbeiter die Aufträge bearbeitet und disponiert. Dies werde nunmehr teilweise von einem Mitarbeiter erledigt.

Im Vergleich zum Kläger würden sämtliche anderen Mitarbeiter bessere Sozialdaten aufweisen. Der Kläger sei zuletzt in die Firma gekommen. Ein weiterer Mitarbeiter, der jedoch in Vollzeit tätig sei und als Disponent eingesetzt werde, sei bereits seit dem 01.09.2012 bei der Beklagten beschäftigt. Die nächste Mitarbeiterin sei seit 13.01.2004 beschäftigt, die weiteren Mitarbeiter seit 15.10.1996, 16.03.1987 und 01.02.1983. Bis auf Herrn P… wiesen alle Mitarbeiter ein höheres Lebensalter auf. Dieser habe jedoch eine Ausbildung zum Kurier- und Expressfachmann. Zu seinen Aufgaben gehörten weitere Aufgaben, wie die Abrechnung sowie Notdienst am Wochenende und außerhalb der Geschäftszeiten. Zudem sei nach der Kündigung im Jahr 2020 vereinbart worden, dass der Kläger nicht mehr als Disponent, sondern nur noch als Fahrer eingesetzt werde. Grund dafür sei, dass es zu erheblichen Beschimpfungen der Mitarbeiter im Büro gekommen sei. Der Kläger habe allenfalls dann, wenn er allein im Büro gewesen sei, als Disponent eingesetzt werden können.

Die Beklagte habe keinerlei Druck auf den Kläger ausgeübt, vielmehr habe sie ihm beispielhaft mitgeteilt, dass er zuhause bleiben solle, wenn er noch ansteckend sei und das mit den Kollegen abklären solle. Im Übrigen sei der Kläger aufgrund der Verordnung des Robert-Koch-Instituts keine Person der Kategorie 1 gewesen, da der Kontakt mit dem Kollegen nicht mehr als 15 Minuten gedauert habe und er nach seinen Angaben zudem eine Maske getragen habe. Der Geschäftsführer der Beklagten habe am 16.12.2020 nur einmal mit dem Kläger telefoniert. Es sei ein ruhiges und sachliches Gespräch gewesen. Der Geschäftsführer habe versucht, den Kläger zu beruhigen und habe erklärt, dass er nicht gleich krank werde, wenn er Plätzchen gegessen habe. Über Symptome sei nicht gesprochen worden. Der Geschäftsführer habe den Kläger zu keinem Zeitpunkt unter Druck gesetzt. Er habe ihm lediglich mitgeteilt, er solle sich beim Gesundheitsamt erkundigen, was los sei, welche Art von Kontaktpersonen er sei und ob er in Quarantäne müsse. Der Kläger habe auch nicht darum gebeten, möglichst wenige Kontakte zu haben. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, den Kläger in der Ausübung seiner Rechte zu beschneiden. Wenn der Kläger bestimmte Räume nicht betreten habe dürfen, so wäre es seine Sache gewesen, dies der Beklagten mitzuteilen, hier hätte es andere Lösungen gegeben. Dem Kläger sei immer deutlich gemacht worden, dass er, wenn er krank sei, zu Hause bleiben solle.

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers sei der Beklagten zu dem Zeitpunkt, als die Kündigung zur Post gegangen sei, noch nicht zugegangen gewesen. Die Kündigung sei lediglich deshalb am 21.12.2020 in Auslauf gegangen, um die Kündigungsfrist sicher einhalten zu können.

Weiterhin habe der Kläger im Rahmen des Dienstleistungsvertrags am 15.12.2020 insgesamt vier Aufträge angenommen, am 16.12.2020 drei Aufträge, am 17.12.2020 neun Aufträge und am 18.12.2020 sechs Aufträge. Sofern der Kläger die Touren nicht hätte fahren wollen und seine Vertretung hierzu ebenfalls nicht in der Lage gewesen wäre, hätte der Kläger bei der Beklagten Bescheid geben können, dann hätte ein anderer Fahrer oder ein Angestellter die Tour übernommen. Am 18.12.2020 habe er sodann nachgefragt wie viele Anfahrten es bei dem Blumenladen wären, die angegebenen zwölf Fahrten seien ihm zu viel gewesen. Nach seiner Krankmeldung habe er dann das Auto abgestellt, gegenüber Frau S… habe er geäußert, dass es das für ihn gewesen sei.

Die Beklagte meint, dass die ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet habe. Das im Kleinbetrieb erforderliche Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme sei gewahrt. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot liege nicht vor. Dabei stelle die Krankschreibung bereits keine Rechtsausübung dar. Die Arbeitsunfähigkeit sei vielmehr ein organisches oder psychisches Geschehen. Zudem müsse zwischen der zulässigen Rechtsausübung und der Benachteiligung ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen, die Rechtsausübung müsse der tragende Beweggrund für die benachteiligende Maßnahme sein. Eine Maßregelung liege nur dann vor, wenn das, aus der Arbeitsunfähigkeit folgende, Recht zum Fernbleiben von der Arbeit verneint werde und dann die Sanktionierung der entsprechenden Rechtswahrnehmung durch eine Kündigung erfolge, was jedoch nicht der Fall sei. Weiterhin komme dem Kläger auch nicht der Anscheinsbeweis zugute. Ein hinreichend abgesicherter Satz der Lebenserfahrung, dass ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer benachteilige, der seine Rechte in zulässiger Weise ausübt, stets auch mit Benachteiligungsabsicht handle, bestehe nicht. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang reiche nicht aus, um die bestehenden Zweifel auszuräumen. Selbst, wenn man von einem Anscheinsbeweis ausginge, sei hier, aufgrund des dargelegten Umsatzrückgangs und dadurch, dass dem Kläger bereits am 30.09.2020 mitgeteilt worden sei, dass abgewartet werden müsse, wie die Zahlen sich entwickelten, von einem atypischen Geschehensablauf auszugehen.

Das Erstgericht hat mit Endurteil vom 19.05.2022, dem Kläger zugestellt am 20.09.2022, die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das Erstgericht aus, dass die Kündigung keiner sozialen Rechtfertigung gemäß § 1 KSchG bedürfe, da das Kündigungsschutzgesetz gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3, 4 KSchG keine Anwendung finde. Die ordentliche Kündigung sei auch nicht gemäß § 612 a i.V.m. § 134 BGB unwirksam. Sie verstoße nicht gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot. Die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht gekündigt, weil der Kläger seine Rechte in zulässiger Weise ausgeübt habe.

Nach § 612a BGB dürfe der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübe. Als „Maßnahmen“ im Sinne des § 612a BGB kämen auch Kündigungen in Betracht. Zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung müsse ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Die zulässige Rechtsausübung müsse der tragende Beweggrund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reiche nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (vgl. BAG 23.04.2009 – 6 AZR 189/08).

Es lägen die Voraussetzungen des Maßregelungsverbots nach § 612a BGB nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer erkrankt, da er mit dem „Kranksein“ kein Recht geltend mache, sondern wegen der infolge Krankheit bestehenden Arbeitsunfähigkeit außerstande sei, seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (§ 275 Abs. 1 BGB). Der faktische Zustand „Kranksein“ sei keine Ausübung eines Rechts, sondern vermittele nur ein „Recht zum Fernbleiben“ wegen subjektiver Unmöglichkeit im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB. Es verstoße nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, wenn einem Arbeitnehmer, für den das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar sei, während einer Erkrankung (oder sogar wegen Erkrankung) gekündigt werde. Dies folge alleine schon aus einem Umkehrschluss aus der gesetzlichen Regelung des § 8 EFZG, nach dessen Absatz 1 Satz 1 der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nicht dadurch berührt werde, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündige (vgl. LAG Köln 15.05.2020 – 4 Sa 693/19, LAG Köln 11.12.2020 – 10 Sa 551/20).

§ 612a BGB sei dann einschlägig, wenn das aus der Arbeitsunfähigkeit folgende Recht zum Fernbleiben von der Arbeit vom Arbeitgeber verneint werde und die Sanktionierung der entsprechenden Rechtswahrnehmung durch den Arbeitnehmer durch eine Kündigung erfolge. Ein wegen Krankheit arbeitsunfähiger Arbeitnehmer sei von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit. Er sei berechtigt, der Arbeit fernzubleiben. Drohe der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer nicht trotz Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit erscheine, und kündige der Arbeitgeber unmittelbar nach der Weigerung des Arbeitnehmers, die Arbeit aufzunehmen, das Arbeitsverhältnis, liege ein Sachverhalt vor, der eine Maßregelung im Sinne des § 612a BGB indiziere (vgl. BAG 23.04.2009 – 6 AZR 189/08).

Den klagenden Arbeitnehmer treffe die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung von dem verklagten Arbeitgeber durch den Ausspruch der Kündigung benachteiligt worden sei. Hierzu habe der Arbeitnehmer unter Beweisantritt einen Sachverhalt vorzutragen, der einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Kündigung durch den Arbeitgeber und einer vorangehenden zulässigen Ausübung von Rechten indiziere. Der Arbeitgeber habe sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag zu erklären. Seien danach entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, seien grundsätzlich die vom Arbeitnehmer angebotenen Beweise zu erheben (vgl. BAG 23.04.2009 – 6 AZR 189/08 mwN.).

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze und Würdigung des Parteivorbringens sei das Gericht der Auffassung, dass die ordentliche Kündigung der Beklagten nicht gegen das Maßregelungsverbot verstoße.

Ein Zusammenhang mit dem Hinweis des Klägers, dass er sich in Quarantäne begeben müsse, sei nicht erkennbar.

Dabei könne dahinstehen, ob der Kläger aufgrund des Kontakts mit dem Kollegen verpflichtet gewesen wäre, sich in Quarantäne zu begeben. Soweit eine solche Verpflichtung nicht bestanden habe, da der Kontakt kürzer als 15 Minuten gewesen sei und der Kläger zudem eine Maske getragen habe, sei eine Aufforderung des Arbeitgebers, der Verpflichtung zur Arbeitsleistung nachzukommen gerade nicht rechtswidrig gewesen. Soweit der Kläger bereits am 16.12.2020 Symptome gehabt habe, hätte er die Möglichkeit gehabt, sich testen zu lassen. Zu einem solchen Test habe der Kläger jedenfalls nicht vorgetragen. Aber auch dann, wenn eine Pflicht bestanden hätte, sich in Quarantäne zu begeben, wäre die Aufforderung der Beklagten zwar nicht rechtmäßig gewesen, gleichwohl habe der Kläger der Aufforderung Folge geleistet. Er habe sich gerade nicht – aufgrund einer tatsächlich oder tatsächlich nicht – bestehenden Pflicht in Quarantäne begeben und sich rechtmäßig oder unrechtmäßig geweigert, seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung nachzukommen. Der Kläger habe also seine diesbezüglich gegebenenfalls bestehenden Rechte gerade nicht ausgeübt. Aus diesem Grund komme es auch nicht darauf an, ob er diese rechtmäßig oder unrechtmäßig ausgeübt hätte.

Da der Kläger im Zusammenhang mit einer etwaig bestehenden Verpflichtung, sich in Quarantäne zu begeben, keine Rechte ausgeübt habe, sei eine diesbezügliche Maßregelung (durch eine spätere Kündigung) ausgeschlossen. Ob der Kläger sich hier einem etwaig seitens der Beklagten ausgeübten Druck gebeugt habe, sei für die Rechtmäßigkeit der später ausgesprochenen Kündigung ohne Belang.

Auch im Zusammenhang mit der eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ergebe sich aus dem Vortrag des Klägers keine Maßregelung.

Der Kläger habe nicht behauptet, dass die Beklagte ihn trotz der bestehenden Arbeitsunfähigkeit aufgefordert hätte, zu arbeiten, er dies verweigert hätte und sodann eine Kündigung ausgesprochen worden sei. Der Kläger habe vorgetragen, dass als Reaktion auf die eingetretene Arbeitsunfähigkeit die Kündigung ausgesprochen worden sei. Dies stelle indes keine Maßregelung dar.

Soweit der Kläger vortrage, dass er bereits vorher mitgeteilt habe, dass er Symptome habe und er sich dem Druck der Beklagten gebeugt und dennoch gearbeitet hätte, liege erneut keine Rechtsausübung seitens des Klägers vor. Er habe gerade nicht seine Arbeitsleistung verweigert, sondern sei der Aufforderung der Beklagten nachgekommen und habe gearbeitet.

Soweit der Kläger vortrage, dass die Kündigung ausgesprochen worden sei, als er sich dem Druck der Beklagten nicht länger gebeugt hätte und nicht mehr gearbeitet hätte, sondern sich krankgemeldet hätte, ergebe sich keine Maßregelung durch den Ausspruch der Kündigung. Der Kläger habe hier, nach seinem Vortrag, erstmals mitgeteilt, dass er arbeitsunfähig sei. Nach dieser Mitteilung sei, auch nach dem Vortrag des Klägers, gerade keine Aufforderung, weiter zu arbeiten, erfolgt. Die Beklagte habe die Krankmeldung damit, soweit ersichtlich, akzeptiert. Der Kläger sei aufgrund der nunmehr vorliegenden Arbeitsunfähigkeit infolge einer Erkrankung nicht zur Arbeit erschienen. Dies habe die Beklagte, auch nach dem Vortrag des Klägers, zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt.

Die ordentliche Kündigung der Beklagten sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam, sie sei weder treu- noch sittenwidrig.

Im Kleinbetrieb sei der Arbeitgeber grundsätzlich nicht gehindert, das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer im Wege der ordentlichen Kündigung zu beenden. Wo die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes nicht greifen, seien die Arbeitnehmer durch die zivilrechtlichen Generalklauseln vor einer sitten- oder treuwidrigen Kündigung des Arbeitgebers geschützt, wobei auch der objektive Gehalt der Grundrechte zu beachten sei. Eine darüber hinausgehende Kontrolle verlange auch der nach Art. 12. Abs. 1 GG gebotene Mindestschutz des Arbeitsverhältnisses außerhalb des Anwendungsbereichs des allgemeinen Kündigungsschutzgesetzes nach § 1 KSchG nicht (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 21.06.2006 – 1 BvR 1659/04).

Eine Kündigung verstoße dann gegen § 242 BGB und sei nichtig, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht erfasst würden, Treu und Glauben verletze, da das Kündigungsschutzgesetz die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiere und abschließend geregelt habe, soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes ginge. Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben, lasse sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden (vgl. BAG vom 16.09.2004 – 2 AZR 511/03, BAG vom 22.04.2010 – 6 AZR 828/08).

Ein Rechtsgeschäft sei sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln sei, dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspreche. Verstoße das Rechtsgeschäft – wie eine an sich neutrale Kündigung – nicht bereits seinem Inhalt nach gegen die grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung, müsse ein persönliches Verhalten des Handelnden hinzukommen, welches diesem zum Vorwurf gemacht werden könne. Hierfür genüge es im Allgemeinen nicht, dass vertragliche Pflichten verletzt werden. Vielmehr müsse eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln oder der zutage tretenden Gesinnung ergeben kann (vgl. BAG vom 05.12.2019 – 2 AZR 107/19 mwN.).

Im Rahmen der Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB sei der objektive Gehalt der Grundrechte zu berücksichtigen. Der durch die zivilrechtlichen Generalklauseln vermittelte verfassungsrechtliche Schutz sei allerdings umso schwächer, je stärker die mit der Kleinbetriebsklausel des § 23 Abs. 1 KSchG geschützten Grundrechtspositionen des Arbeitgebers im Einzelfall betroffen seien. Es gehe vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen. Der Willkürvorwurf scheide aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliege. Ein solcher sei bei einem auf konkreten Umständen beruhenden Vertrauensverlust grundsätzlich auch dann gegeben, wenn die Tatsachen objektiv nicht verifizierbar seien (vgl. BAG aaO. mwN.).

Zu den typischen Tatbeständen einer treuwidrigen Kündigung zählten vor allem Rechtsmissbrauch und Diskriminierungen. Die Rechtsausübung könne missbräuchlich sein, wenn ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse des Arbeitgebers zugrunde liege. Das sei der Fall, wenn die Ausübung des Rechts nur als Vorwand diene, um vertragsfremde oder unlautere Zwecke zu erreichen (vgl. BAG vom 16.09.2004 – 2 AZR 511/03).

Soweit unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen sei, gebiete der verfassungsrechtliche Schutz des Arbeitsplatzes in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme und es dürfe auch ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben. Der Arbeitgeber müsse danach eine einseitige, einzelne Arbeitnehmer belastende Auswahlentscheidung nach vernünftigen, sachlichen, billiges Ermessen wahrenden Gesichtspunkten treffen. Habe der Arbeitgeber keine spezifischen eigenen Interessen, einem bestimmten Arbeitnehmer zu kündigen bzw. anderen vergleichbaren Arbeitnehmern nicht zu kündigen, und entlasse er gleichwohl den Arbeitnehmer mit der bei weitem längsten Betriebszugehörigkeit, dem höchsten Alter und den meisten Unterhaltspflichten, so spreche alles dafür, dass der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer Acht gelassen habe. Bestehen andererseits derartige betriebliche, persönliche oder sonstige Interessen des Arbeitgebers, so sei der durch § 242 BGB vermittelte Grundrechtsschutz des Arbeitnehmers umso schwächer, je stärker die mit der Kleinbetriebsklausel geschützten Grundrechtspositionen des Arbeitgebers im Einzelfall betroffen seien (vgl. BAG vom 21.02.2001 – 2 AZR 15/00).

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Tatsachen, aus denen sich die Unwirksamkeit der Kündigung nach den §§ 134, 138 oder 242 BGB ergebe, liege beim Arbeitnehmer. Die Regel des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, wonach der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen habe, die die Kündigung bedingen, gelte außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes nicht (vgl. BAG vom 16.09.2004 – 2 AZR 511/03).

In Anwendung dieser Grundsätze sei ein Verstoß der streitbefangenen Kündigung gegen die §§ 134, 138, 242 BGB nicht feststellbar.

Die Beklagte habe auch das gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme beachtet. Da die Beklagte nach ihren Ausführungen aufgrund wirtschaftlicher Gründe gekündigt habe, sei die Beklagte gehalten gewesen, dieses Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme zu beachten.

Dabei komme es nicht darauf an, ob aufgrund etwaiger Umsatz- oder Gewinnrückgänge tatsächlich ein Arbeitsplatz weggefallen sei. Aus dem Vortrag des Klägers habe sich weder eine verbotene Maßregelung noch eine aus anderen Gründen treu- oder sittenwidrige Kündigung ergeben. Im Kleinbetrieb ginge es jedoch lediglich darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen. Eine Kündigung sei bereits dann nicht willkürlich, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Kündigung vorliege. Im Kleinbetrieb stelle bereits ein Umsatzrückgang ein sachgerechtes Motiv dar. Der Kläger habe keinerlei Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die Beklagte einen Umsatzrückgang lediglich behaupten würde, obwohl ein solcher gar nicht vorliege. Im Hinblick darauf, dass die Bilanzen der Beklagten im Bundesanzeiger veröffentlicht seien, wäre es Sache des Klägers gewesen, hierzu konkret vorzutragen. Aufgrund der Darlegungs- und Beweislast bei einer Kündigung im Kleinbetrieb sei es vorliegend gerade nicht Sache der Beklagten, den behaupteten Umsatzrückgang nachzuweisen.

Das im Kleinbetreib erforderliche Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme habe die Beklagte beachtet. Auch der Kläger habe nicht bestritten, dass er der Mitarbeiter mit der kürzesten Betriebszugehörigkeit sei. Zwar sei im Betrieb der Beklagten unstreitig auch ein Mitarbeiter beschäftigt, der lediglich eine längere Betriebszugehörigkeit aufweise, jedoch jünger als der Kläger sei und keine Unterhaltsverpflichtungen habe, jedoch seien diese Aspekte nicht zwangsläufig stärker zu gewichten, als die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Hinzu komme vorliegend, dass der betreffende Mitarbeiter eine einschlägige Ausbildung habe und im Betrieb auch andere Aufgaben übernehme als der Kläger. Unabhängig davon, ob dieser Mitarbeiter danach überhaupt in eine Auswahlentscheidung einzubeziehen gewesen sei, habe die Beklagte mit ihrer Entscheidung das im Kleinbetrieb erforderliche Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme gewahrt.

Gegen das dem Kläger am 20.09.2022 zugestellte Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg legte der Klägervertreter am 17.10.2022 Berufung ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 18.11.2022, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag.

Zur Begründung der Berufung lässt der Kläger vortragen, dass das Erstgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass es sich bei der vorliegenden Kündigung nicht um eine Maßregelkündigung gehandelt habe. Hintergrund für die Kündigung sei gewesen, dass er sich geweigert habe, weiterhin zu arbeiten, obwohl er infolge der Erkrankung bzw. der notwendigen Quarantäne nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Trotz der Information über die notwendige Quarantäne sei der Kläger aufgefordert worden, weiter zu arbeiten. Die Behauptung des Geschäftsführers der Beklagten, man müsse selbst bei einer Corona-Infektion nicht in Quarantäne, solange diese symptomlos verlaufe, habe der damaligen Rechtslage widersprochen. Er habe sich dem Druck gebeugt, da er eine Kündigung fürchtete. Erst als er aufgrund der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bekanntgegeben habe, nicht weiter arbeiten zu können, sei die Kündigung erfolgt. Unmittelbar nach dem Erhalt der E-Mail mit der Krankmeldung habe der Geschäftsführer ihm gegenüber geäußert, dass es das dann für ihn gewesen sei. Damit habe der Geschäftsführer der Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass die rechtmäßige Ausübung seiner Arbeitnehmerrechte nicht akzeptiert werde. Dieser Tatsachenvortrag habe in den Urteilsgründen des Erstgerichts keine Berücksichtigung gefunden. Eine diesbezügliche Beweisaufnahme habe trotz aller Beweisangebote nicht stattgefunden. Dieses Unterlassen stelle einen Verstoß gegen die Rechte des Klägers dar.

§ 612 a BGB sei einschlägig, wenn das aus der Arbeitsunfähigkeit folgende Recht zum Fernbleiben vom Arbeitgeber verneint werde und dann die Sanktionierung der entsprechenden Wahrnehmung durch den Arbeitnehmer durch eine Kündigung erfolge. Nach der Bekanntgabe des Klägers, von der Arbeit fernzubleiben, sei ihm unmissverständlich mitgeteilt worden, dass man ihm kündigen werde.

Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass durch den Umsatzrückgang ein sachgerechter Grund vorgelegen habe, auf den die Kündigung gestützt werden durfte. Es sei nicht maßgeblich, ob sich die Kündigung möglicherweise auf einen anderen Beweggrund hätte stützen lassen. Es läge eine unzulässige Maßregelkündigung auch dann vor, wenn an sich ein Sachverhalt gegeben sei, der eine Kündigung gerechtfertigt hätte. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Wahrnehmung der Arbeitnehmerrechte des Klägers und der Ankündigung der Kündigung, die dann am nächsten Tag verfasst worden sei, sei davon auszugehen, dass das berechtigte Fernbleiben von der Arbeit ausschließlich Motiv für die Kündigung gewesen sei. Der bestrittene Umsatzrückgang sei nicht als Kündigungsgrund zu berücksichtigen. Im Übrigen seien durch die vorgelegten Bilanzen die angeblichen Umsatzrückgänge nicht hinreichend belegt. Woraus sich der in der Bilanz ausgewiesene Fehlbetrag ergebe, sei aus dieser nicht ersichtlich. Es sei vom Erstgericht eine unzulässige Beweislastverschiebung auf den Kläger vorgenommen.

Der Kläger beantragt daher in der Berufungsinstanz:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 19.05.2022, Az. 8 Ca 125/21, wird abgeändert und es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche ordentliche Kündigung vom 21.12.2020, zugegangen am 23.12.20202, nicht zum 31.01.2021 beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass es nicht zutreffe, dass Hintergrund für die Kündigung gewesen sei, dass der Kläger sich geweigert habe, seiner Tätigkeit nachzukommen, obwohl er infolge der Erkrankung nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Der Kläger sei auch nicht aufgefordert worden, weiterzuarbeiten. Der Geschäftsführer der Beklagten habe auch nicht behauptet, der Kläger müsse selbst bei einer Corona-Infektion nicht in Quarantäne, solange diese symptomlos verlaufe. Der Kläger habe am 17.12. und 18.12.2020 auch gearbeitet. Der Geschäftsführer der Beklagten habe auch nicht unmittelbar nach der Krankmeldung des Klägers geäußert, dass es das jetzt für ihn gewesen sei. Die krankheitsbedingte Abwesenheit des Klägers sei akzeptiert worden. Der Kläger habe im Zusammenhang mit einer etwaigen bestehenden Verpflichtung, sich in Quarantäne zu begeben, keine Rechte ausgeübt. Der Kläger selbst habe auch nicht behauptet, dass er seitens der Beklagten trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit aufgefordert worden sei, zu arbeiten, dies verweigert habe und sodann die Kündigung ausgesprochen worden sei. Kranksein stelle keine Ausübung eines Rechts im Sinne des § 612 a BGB dar.

Ein Verstoß der Kündigung gegen § 134, 138 BGB liege ebenfalls nicht vor. Die Beklagte habe ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme beachtet. Dem Kläger sei der Umstand bekannt gewesen, dass wirtschaftliche Gründe Hintergrund der Kündigung gewesen seien. Ihm sei der erhebliche Umsatzrückgang bekannt gewesen. Das Erstgericht habe zutreffend ausgeführt, dass hinsichtlich einer möglichen Quarantäne keine Maßregelung vorgelegen habe, da der Kläger diesbezüglich keine Rechte ausgeübt habe. Die Beklagte habe die im Bundesanzeiger veröffentlichten Bilanzen vorgelegt, die einen Umsatzrückgang nachweisen und habe darüber hinaus betriebswirtschaftliche Auswertungen vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Aus den Gründen

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht Nürnberg hat zu Recht und mit überzeugender Begründung die Wirksamkeit der ordentlichen Arbeitgeberkündigung vom 21.12.2020 zum 31.01.2021 angenommen. Insoweit wird auf die Begründung des Erstgerichtes Bezug genommen und von einer rein wiederholenden Darstellung abgesehen. Die Berufungsbegründung des Klägers ergibt keine Anhaltspunkte für eine anderweitige Entscheidung.

1. Die ordentliche Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte fällt unstreitig nicht unter den Geltungsbereich des gesetzlichen Kündigungsschutzes.

2. Die ordentliche Kündigung der Beklagten ist ebenso wenig gemäß § 134 i.V.m. § 612 a BGB unwirksam. Wie das Erstgericht völlig zutreffend ausführt, verstößt die Kündigung nicht gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht gekündigt, weil der Kläger seine Rechte in zulässiger Weise ausgeübt hat.

a) Nach § 612 a BGB darf ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Maßnahme im Sinne des Gesetzes kann auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein (BAG, Urteil v. 23.04.2009, Az. 6 AZR 189/08, in juris recherchiert). Sinn der Regelung ist es, den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei einer Entscheidung darüber zu schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen Repressalien des Arbeitgebers treffen können (BAG, Urteil v. 21.09.2011, Az. 7 AZR 150/10, in juris recherchiert).

Eine Rechtsausübung im Sinne des § 612 a BGB kann nicht nur in der Geltendmachung von Ansprüchen bestehen. Auch die Wahrnehmung sonstiger Rechtspositionen ist Rechtsausübung im Sinne des Gesetzes (BAG, Urteil v. 21.09.2011, a.a.O.). Zwischen der Rechtsausübung und der benachteiligenden Maßnahme oder Vereinbarung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG, Urteil v. 21.09.2011, a.a.O.)

b) Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.12.2020 wurde nicht ausgesprochen, weil der Kläger in zulässiger Weise ein Recht ausgeübt hatte. Der Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit ist ein organisches und/oder psychisches Geschehen, aber keine Rechtsausübung (BAG, Urteil v. 26.10.1994, Az. 10 AZR 482/93; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 07.10.2010, Az. 25 Sa 1435/10, in juris recherchiert). Es gibt kein Recht auf Krankheit (so Richardi/Fischinger in Staudinger, Kommentar zum BGB 202, § 612 a Rz. 14). Der Arbeitnehmer hat keine Wahl, die durch eine Maßregelung des Arbeitgebers beeinträchtigt werden könnte. Er ist arbeitsunfähig und kann deshalb aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten. Indem der Kläger ab dem 20.12.2020 arbeitsunfähig erkrankt war, hat er kein Recht im Sinne von § 612 a BGB ausgeübt, so dass die streitgegenständliche Kündigung auch nicht gegen § 612 a BGB verstoßen kann. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des in § 612 a BGB verankerten Maßregelungsverbots liegen nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer erkrankt. Denn er macht mit dem „Kranksein“ kein Recht geltend, sondern ist wegen der infolge Krankheit bestehenden Arbeitsunfähigkeit außerstande, seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (BAG, Urteil v. 26.10.1994, Az. 10 AZR 482/93; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 07.10.2010, a.a.O.; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 30.08.2007, Az. 2 Sa 373/07; LAG Hamm, Urteil v. 06.09.2005, Az. 19 Sa 1045/05, in juris recherchiert). Der faktische Zustand „Kranksein“ ist keine Ausübung eines Rechts, sondern vermittelt nur ein „Recht zum Fernbleiben“ wegen subjektiver Unmöglichkeit. Anknüpfungspunkt für eine nach § 612 a BGB zu beurteilende Kündigung wegen „Krankseins“ kann daher erst die Negation der sich aus diesem Zustand ergebenden Rechte durch den Arbeitgeber in einem 2. Schritt sein, welches dann wiederum in einer entsprechenden „Ausübung“ durch den Arbeitnehmer beantwortet werden muss, um durch die weitere Reaktion des Arbeitgebers in den Anwendungsbereich des § 612 a BGB zu kommen (BAG, Urteil v. 20.04.2009, Az. 6 AZR 189/08, in juris recherchiert). Daher ist der Gegenauffassung (so ArbG Trier, Urteil v. 08.12.2011, Az. 3 Ca 936/11, in juris recherchiert) nicht zu folgen. Die Differenzierung zwischen dem Recht, eine Leistung zu verweigern (z.B. § 275 Abs. 2 BGB) und dem gesetzlichen Ausschluss der Leistungspflicht aufgrund (subjektiver) Unmöglichkeit bei Erkrankung gem. § 275 Abs. 1 BGB ist selbst im Gesetz angelegt (LAG Köln, Urteil v. 15.05.2020, Az. 4 Sa 693/19, in juris recherchiert). Eine Kündigung verstößt somit nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, weil sie während der Erkrankung des Klägers erklärt wurde. Es verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, wenn einem Arbeitnehmer, für den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, während einer Erkrankung oder sogar wegen Erkrankung gekündigt wird (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 30.08.2007, Az. 2 Sa 373/07; LAG Köln, Urteil v. 15.05.2020, a.a.O., in juris recherchiert). Dies folgt allein schon aus einem Umkehrschluss aus der gesetzlichen Regelung des § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 wird der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts dadurch berührt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Wäre eine während der Erkrankung oder sogar wegen der Erkrankung erklärte Kündigung generell unwirksam, stünde dem Arbeitnehmer ein Entgeltfortzahlungsanspruch bereits auf der Grundlage des dann bestehenden Arbeitsvertrages gemäß § 611 BGB i.V.m. § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz zu, so dass für die Regelung des § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz kein praktisches Bedürfnis bestünde und diese Norm damit überflüssig wäre (LAG Hamm, Urteil v. 06.09.2005, Az. 19 Sa 1045/05; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 30.08.2007, a.a.O., in juris recherchiert).

So hat das BAG in seinem Urteil vom 23.04.2009, Az. 6 AZR 189/08, einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB für den Fall angenommen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zunächst gedroht hat, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer nicht trotz Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit erscheint und dann die Kündigung unmittelbar nach der Weigerung des Arbeitnehmers, die Arbeit aufzunehmen, erfolgt ist. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei auf den unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen der Drohung und dem Zugang der Kündigung hingewiesen, der den Schluss rechtfertige, dass die Kündigung auf der Weigerung des Mitarbeiters beruhe, trotz Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit zu erscheinen. Diese Konstellation ist vorliegend nicht anzunehmen. Der Kläger hat nichts dazu vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Arbeitsunfähigkeitsmeldung nicht akzeptiert habe und ihn trotz mitgeteilter Arbeitsunfähigkeit aufgefordert habe, dennoch zur Arbeit zu erscheinen. Der Kläger geht vorliegend vielmehr rechtsirrig davon aus, dass er mit der Krankmeldung und der krankheitsbedingten Abwesenheit ein Recht im Sinne des § 612 a BGB ausgeübt habe. Einer Beweisaufnahme bedurfte es eben gerade nicht. Denn selbst der Kläger trägt nicht vor, dass die Beklagte ihn nach der Krankmeldung aufgefordert hätte, trotz Arbeitsunfähigkeit weiterzuarbeiten. Gerade das aus der Arbeitsunfähigkeit sich ergebende Recht zum Fernbleiben von der Arbeit wurde vom Geschäftsführer der Beklagten nicht negiert.

Ebenso wenig hat der Kläger im Hinblick auf eine mögliche Verpflichtung, sich in Quarantäne begeben zu müssen, ein Recht ausgeübt. Völlig zu Recht hat das Arbeitsgericht dahinstehen lassen, ob zur damaligen Rechtslage tatsächlich eine Verpflichtung bzw. ein Recht gegeben gewesen sei, sich in Quarantäne zu begeben. Dieses eventuell gegebene Recht hat der Kläger gerade nicht ausgeübt und hat vielmehr tatsächlich weitergearbeitet. Der Kläger trägt selbst vor, dass der Geschäftsführer der Beklagten erst nach der Krankmeldung erklärt haben soll, dass man ihm kündigen werde. Die Krankmeldung ist jedoch – wie bereits ausführlich dargelegt – keine Ausübung eines Rechts im Sinne des § 612 a BGB.

3. Die Kündigung verstößt – wie das Erstgericht völlig zutreffend ausführt – auch nicht gegen Treu und Glauben, § 242 BGB.

Eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes bedurfte die Kündigung gerade nicht. Mangels Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes ist die Beklagte grundsätzlich nicht gehindert, das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege einer ordentlichen Kündigung zu beenden. Wo die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes nicht greifen, sind die Arbeitnehmer lediglich durch die zivilrechtliche Generalklausel vor einer sittenwidrigen oder treuewidrigen Kündigung des Arbeitgebers geschützt. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Umstände, aus denen sich die Unwirksamkeit der Kündigung nach §§ 134, 138, 242 BGB ergeben soll, liegt beim Arbeitnehmer. Die Regel des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, wonach der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen hat, die die Kündigung bedingen, gilt – wie das Erstgericht ausführt – außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes nicht.

Der Kläger hat – auch in der Berufungsinstanz – keinen Sachverhalt vorgetragen, der einen Verstoß der Kündigung gegen Treu und Glauben hätte rechtfertigen können. Umsatzrückgänge sind – wie das Erstgericht zu Recht ausführt – kein willkürliches oder sachfremdes Motiv für die Kündigung. Eine Reaktion auf einen aus den Bilanzen sich ergebenden Umsatzrückgang ist – unabhängig davon, ob und wie hoch ein tatsächlicher Gewinnverlust ist – ein sachgerechtes Motiv. Im Kleinbetrieb steht es dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, zu entscheiden, ob er seinen Betrieb mit reduziertem Personal fortführen möchte. Bei einer Personalreduzierung ist der Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb lediglich an ein Mindestmaß an sozialer Rechtfertigung gebunden. Dass die Beklagte nicht gegen dieses Mindestmaß an sozialer Rechtfertigung verstoßen hat, hat das Arbeitsgericht ausführlich und zutreffend erörtert. Die Berufung des Klägers setzt sich mit dieser Argumentation auch in keinster Weise auseinander.

Der Kläger ist der Mitarbeiter mit der kürzesten Betriebszugehörigkeit. Der Aspekt der Betriebszugehörigkeit kann stärker gewichtet werden als das Alter und die Unterhaltspflichten. Der Mitarbeiter, der jünger ist als der Kläger und keine Unterhaltspflichten hat, ist P…, der Sohn des Geschäftsführers. Dieser hat unbestritten eine einschlägige Ausbildung, die er im elterlichen Betrieb absolvierte, und übernimmt im Betrieb auch weitere Aufgaben. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn in einem kleinen Familienunternehmen – die Ehefrau des Geschäftsführers arbeitet ebenfalls mit – der Sohn als möglicher Nachfolger angesehen und heranerzogen werden soll. Derartige familiäre Gesichtspunkte rechtfertigen es jedenfalls im Rahmen des Mindestmaßes der sozialen Rechtfertigung, den Sohn bereits aus dem Kreis der zu vergleichenden Arbeitnehmer völlig herauszunehmen.

Aus alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV. Gesetzliche Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.

 

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