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Arbeitsrecht
10.03.2010
Arbeitsrecht
BAG: Kein Zuschlag für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit bei Pausen

 

 
 
BAG , Urteil  vom 18.11.2009 - Aktenzeichen 5 AZR 774/08 (Vorinstanz: LAG Frankfurt/Main vom 15.05.2008 - Aktenzeichen 5 Sa 1937/07; ) (Vorinstanz: ArbG Kassel - 3 Ca 300/07 - 22.11.2007 )
Amtliche Leitsätze: Orientierungssätze: 1. Gewährt ein (Firmen-)Tarifvertrag Zuschläge für Nachtarbeit sowie Arbeit an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen, fallen diese für Pausen während der Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit nicht an. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer Betriebsvereinbarung die Pausen mit der (tariflichen) Grundvergütung bezahlt. 2. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers setzt das Angebot der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer voraus, §§ 293 ff. BGB. Im ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnis kann anders als nach Ausspruch einer Kündigung regelmäßig nicht angenommen werden, der Arbeitgeber habe eine vorzunehmende Handlung nicht rechtzeitig vorgenommen. Macht der Arbeitgeber von einem (vermeintlichen) Recht Gebrauch, die Arbeitszeitdauer zu bestimmen, kommt § 296 BGB (Entbehrlichkeit des Angebots) nicht zur Anwendung.
  Amtliche Normenkette: ArbZG § 4; BGB §§ 293 ff.; BGB § 615; Redaktionelle Normenkette: ArbZG § 4; BGB § 293; BGB § 615;
Tatbestand: 
Die Parteien streiten über die Zahlung von Zuschlägen für Pausen während der Nachtarbeit sowie an Sonn- und Feiertagen. RN 1
Der Kläger, Mitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie Energie, war seit 1998 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Lagerarbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Firmentarifvertrag (FirmenTV) vom 13. September 2005 Anwendung, der zur Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ua. Folgendes regelt: RN 2
"§ 3 
Arbeitszeit 
... 
3. Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit 
... 
3.2 Als Nachtarbeit gilt die in der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr geleistete Arbeit. 
3.3 Die an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr geleistete Arbeit gilt als Sonn- und Feiertagsarbeit. 
... 
3.6 Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist zuschlagspflichtig. 
Die Zuschläge betragen: 
... 
b) für Nachtarbeit während der regelmäßigen Arbeitszeit  25 v.H. 
c) für Arbeit an Sonntagen sowie an gesetzlichen Feiertagen, sofern diese auf einen Sonntag fallen  60 v.H. 
...   
e) für Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen, sofern diese nicht auf einen Sonntag fallen  100 v.H. 
Die Zuschläge sind aus dem tariflichen Entgelt pro Stunde zu berechnen." 
Die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden/Woche bzw. 8 Stunden/Tag ohne Ruhepausen. § 3 Ziff. 1.2 FirmenTV lässt eine abweichende Vereinbarung der Betriebsparteien zu. RN 3
Am 28. August 2006 schlossen die Betriebsparteien eine "Betriebsvereinbarung über 'Flexible Arbeitszeit'" (RahmenBV), in der es ua. heißt: RN 4
"4. Soll-Arbeitszeit 
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt gemäß Haustarifvertrag der V GmbH & Co. KG, Niederlassung K 40 Stunden (einschließlich 2 mal 15 Minuten bezahlte Pausen) für alle Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmer. 
Die tägliche Soll-Arbeitszeit beträgt bezogen auf eine 5-Tagewoche 1/5 der wöchentlichen Arbeitszeit, sofern einzelvertraglich keine andere Regelung (z. B. Teilzeit) getroffen ist. 
5. Verteilung der Arbeitszeit 
Die von den Tarifparteien vereinbarte Regelarbeitszeit von 40 Std./Woche 8 Std./Tag, (einschließlich 2-mal 15 Minuten bezahlte Pausen) wird durch die §§ 3,4,5 Abs. 1 ArbZG geregelt. ..." 
Nach Ziff. 2 einer ebenfalls am 28. August 2006 abgeschlossenen weiteren Betriebsvereinbarung (BV), die für Mitarbeiter gelten soll, die in der von C abhängigen Produktion tätig sind, beträgt die regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit 40 Stunden, die regelmäßige tägliche Arbeitszeit acht Stunden (einschließlich zwei mal 15 Minuten bezahlte Pausen) und die im Monatsentgelt zu vergütende Arbeitszeit 174,4 Stunden. RN 5
Der Kläger arbeitete im Schichtdienst wöchentlich 40 Stunden. Diese Zeit beinhaltete insgesamt 2,5 Stunden bezahlte Pausen. Die Beklagte vergütete die Acht-Stunden-Schichten des Klägers einschließlich der beiden jeweils 15-minütigen Pausen mit einem Stundenlohn von 10,51 Euro brutto. Die anfallenden Zuschläge leistete sie nur auf die tatsächlich erbrachte Arbeit, nicht auf die Pausenzeiten. Für Pausen in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen zahlte sie lediglich die Grundvergütung. RN 6
Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Zahlung der ihrer Höhe nach unstreitigen Zuschläge für die Pausenzeiten von insgesamt 40 Nacht-, Sonn- und Feiertagsschichten im Zeitraum März bis September 2007. Er meint, die Beklagte müsse nach dem FirmenTV für die Arbeitszeit von 40 Stunden/Woche Grundvergütung und Zuschläge leisten. Die Betriebsparteien seien nicht befugt gewesen, die Arbeitszeit mit der Folge einer Minderung der Vergütung zu verkürzen. RN 7
Der Kläger hat beantragt, RN 8
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 99,56 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins aus 17,34 Euro seit dem 15. April 2007, aus 11,57 Euro seit dem 15. Mai 2007, aus 24,15 Euro seit dem 15. Juni 2007, aus 17,34 Euro seit dem 15. Juli 2007, aus 10,24 Euro seit dem 15. August 2007 und aus 18,92 Euro seit dem 15. Oktober 2007 zu zahlen. 
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der FirmenTV sehe Zuschläge nur für tatsächlich geleistete Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit vor. Die RahmenBV gehe nicht darüber hinaus, sondern verringere nur die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit durch Einräumung von bezahlten Pausen. RN 9
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht ist die Beklagte nicht vertreten worden. Der Kläger hat Erlass eines Versäumnisurteils beantragt.

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