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Arbeitsrecht
11.07.2024
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Kein Minderheitenschutz bei Betriebsratswahl allein für diverses Geschlecht zu Lasten anderer Minderheitengeschlechter

ArbG Berlin, Beschluss vom 7.5.2024 – 36 BV 10794/23

Volltext: BB-Online BBL2024-1716-3

 

Sachverhalt

I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die Antragstellerin ist Teil einer internationalen Unternehmensgruppe, die eine E-Commerce-Software anbietet, mit Hilfe derer Einzelhandelsunternehmen Online-Shops erstellen und somit einen Teil ihrer Logistik auslagern können. Der Beteiligte zu 2 ist der aufgrund der hier angefochtenen Betriebsratswahl gebildete (und im Folgenden als solcher bezeichnete) Betriebsrat. Weitere Betriebsräte sind im Unternehmen der Antragstellerin nicht gebildet.

Die Antragstellerin leitete im Mai 2023 eine globale Umstrukturierung ein. Kurz vor der Ankündigung der globalen Umstrukturierung initiierten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Antragstellerin die Gründung eines Betriebsrats und wählten am 11.05.2023 einen Wahlvorstand.

Am 28.07.2023 erließ der Wahlvorstand das Wahlausschreiben zur Wahl eines siebenköpfigen Betriebsrats bei der Antragstellerin (Anlage ASt1, Blatt 12 fortfolgende der Akte). In Ziffer 3 des Wahlausschreibens heißt es:

"Nach § 9 BetrVG sind 7 Betriebsratsmitglieder zu wählen. Unter diesen müssen sich gemäß § 15 Abs. 2 BetrVG mindestens 1 Angehörige der Minderheitengruppe, Divers befinden."

In der Wählerliste zum Wahlausschreiben (Anlage ASt1, Blatt 17 fortfolgende) sind insgesamt 118 als "wahlberechtigt" bezeichnete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgeführt. Davon seien 45 Frauen, 56 Männer und 17 Personen, die als "Divers" bezeichnet werden. Von den insgesamt 118 Personen seien 91 Personen "Aktiv & Passiv" wahlberechtigt. 27 Personen seien nur "Passiv" wahlberechtigt, also wählbar. Die Wählerliste differenziert zwischen wahlberechtigten Frauen, wahlberechtigten Männern und wahlberechtigten Personen, die dem Geschlecht "Divers" zugeordnet werden. Letztere Gruppe umfasst zum einen Personen, die gegenüber der Antragstellerin keine Angabe zu ihrem Geschlecht gemacht haben und deshalb in der dem Betriebsrat überlassenen Mitarbeiterliste weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet wurden. Zum anderen umfasst sie fünf Personen, die bei der Frage nach dem Geschlecht "Additional Gender" oder "Multiple Gender" angegeben hatten.

Für die Betriebsratswahl standen zwei Listen zur Wahl. Auf Liste I standen drei Kandidaten, darunter zwei Männer an erster und zweiter Stelle und eine Frau an dritter Stelle. Auf Liste II kandidierten insgesamt elf Personen, darunter an den Stellen zwei und drei zwei dem Geschlecht "Divers" zugeordnete Personen und an letzter Stelle eine Frau.

Die Wahl fand am 13.09.2023 statt. Der Wahlvorstand erstellt eine Niederschrift, in welcher er feststellte, dass von Liste I zwei Personen, jeweils Männer, und von Liste II fünf Personen, drei Männer und zwei dem Geschlecht "Divers" zugeordnete Personen, in den Betriebsrat gewählt wurden. Eine Frau war hiernach nicht in den Betriebsrat gewählt worden (Anlage ASt2, Blatt 43 fortfolgende der Akte). Wörtlich heißt es in der Niederschrift insbesondere:

"Aufgrund § 15 Abs. 2 BetrVG und § 15 Abs. 5 WO ergab sich wegen des Schutzes des Geschlechts in der Minderheit (Divers) folgende endgültige Sitzverteilung:

Liste I 2 Sitze

Liste II 5 Sitze"

Mit seinem am 26.09.2023 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und dem Betriebsrat am 04.10.2023 zugestellten Schriftsatz ficht die Antragstellerin die Betriebsratswahl an. Nach den gesetzlichen Vorgaben hätten Frauen in den Betriebsrat gewählt werden müssen. Insbesondere könnten die hier maßgeblichen Vorschriften zur Wahl nicht so ausgelegt werden, dass, sofern sie in der Minderheit seien, nur diverse Personen, also Personen, die sich selbst dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, von dem dort formulierten Gleichstellungsgebot erfasst seien. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots für Männer und Frauen seien die hier maßgeblichen Vorschriften zur Wahl jedenfalls zumindest auch auf Frauen anzuwenden, wenn diese gegenüber den Männern in der Minderheit seien. Es sei der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers gewesen, Frauen und Männern einen gleichberechtigten Zugang zum Betriebsrat zu sichern. Der Fehler sei bereits im Wahlausschreiben angelegt gewesen, weswegen eine bloße Korrektur des Wahlergebnisses nicht in Betracht komme. Zudem hätte wegen der kontinuierlich sinkenden Belegschaftsstärke ein fünfköpfiger Betriebsrat gewählt werden müssen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Betriebsratswahl vom 13.09.2023 für unwirksam zu erklären.

Der Betriebsrat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Nach seiner Auffassung sei das weibliche Geschlecht nicht das Geschlecht, welches zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens und der Wahl in der Minderheit war. Der Wahlvorstand habe rechtsfehlerfrei auch das dritte Geschlecht berücksichtigt. Die hier in Rede stehenden Vorschriften seien verfassungskonform und wortlautgetreu dahingehend auszulegen, dass sie nur die Gleichstellung desjenigen der drei Geschlechter geböten, das in der Minderheit sei. Regelmäßig sei das dritte Geschlecht ohnehin so gering vertreten, dass sich kein Anspruch auf einen Sitz im Betriebsrat ergäbe. Würde man zwei von drei Geschlechtern bevorzugen, ergäbe dies faktisch eine Benachteiligung des Mehrheitsgeschlechts. Jedenfalls seien die beiden weiblichen Kandidatinnen in den Listen derart hinten platziert gewesen, dass bei anderer Anwendung der gesetzlichen Vorgaben kein anderes Ergebnis entstanden wäre. Zudem habe der Wahlvorstand die regelmäßige Betriebsgröße im entscheidenden Zeitpunkt zutreffend eingeschätzt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der wechselseitig ausgetauschten Schriftsätze Bezug genommen.

Aus den Gründen

II.

Der Antrag hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet.

1. Der Antrag ist zulässig. Er ist binnen einer Frist von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 13.09.2023 und damit nach § 19 Absatz 2 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) rechtzeitig eingereicht worden. Dabei ist unschädlich, dass die Antragsschrift dem Betriebsrat erst nach Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses nach Maßgabe des § 181 der Zivilprozessordnung (ZPO) förmlich zugestellt worden ist. Es genügt, dass die Antragsschrift innerhalb der Zweiwochenfrist des § 19 Absatz 2 Satz 2 BetrVG beim Arbeitsgericht eingeht, wenn die Zustellung – wie hier – demnächst im Sinn des § 167 ZPO erfolgt (vergleiche Bundesarbeitsgericht (BAG), Beschluss vom 13.03.2013 – 7 ABR 67/11 –, juris Randnummer 9).

Zudem erfolgte die Einreichung gemäß § 19 Absatz 2 Satz 1 BetrVG durch die Arbeitgeberin.

 

2. Der Antrag ist begründet. Die Betriebsratswahl vom 13.09.2023 ist unwirksam und insofern von der Antragstellerin zu Recht angefochten worden.

Eine Betriebsratswahl kann nach § 19 Absatz 1 BetrVG beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Im Zuge der Betriebsratswahl vom 13.09.2023 ist gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen worden.

Es wurde gegen § 3 Absatz 2 Nummer 5, § 5 und § 15 Absatz 5 der Wahlordnung (WO) in Verbindung mit § 15 Absatz 2 BetrVG verstoßen. Dieser Verstoß war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

 

a. Gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht und das Wahlverfahren wurde verstoßen, indem im Wahlausschreiben das Minderheitengeschlecht fehlerhaft genannt und in der Konsequenz auch die Anzahl der Sitze des Minderheitengeschlechts fehlerhaft bezeichnet wurden (§ 3 Absatz 2 Nummer 5 WO). Dies führte weiterhin dazu, dass auch die Verteilung der Betriebsratssitze unter Verstoß gegen § 15 Absatz 5 WO erfolgte. Es kann weiter nicht festgestellt werden, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

 

b. Nach § 3 Absatz 2 Nummer 5 WO muss das Wahlausschreiben neben der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder auch die auf das Geschlecht in der Minderheit entfallenden Mindestsitze im Betriebsrat (§ 15 Absatz 2 BetrVG) angeben. § 15 Absatz 2 BetrVG bestimmt, dass das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein muss, wenn der Betriebsrat – wie vorliegend der Fall – mindestens aus drei Mitgliedern besteht. Dabei ist gemäß § 5 Absatz 1 Satz 3 WO die Zahl der Angehörigen des Geschlechts in der Minderheit entscheidend, die am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens dem Betrieb angehören. Eine nach Erlass des Wahlausschreibens eintretende Veränderung der zahlenmäßigen Zusammensetzung der Arbeitnehmerschaft des Betriebs bleibt unberücksichtigt. Die Ermittlung der Mindestsitzzahl für das Minderheitengeschlecht gefolgt gemäß § 5 WO nach dem Grundsatz der Verhältniswahl, das heißt nach dem d’Hondtschen Höchstzahlverfahren. § 3 Absatz 2 Nummer 5 WO ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren (vergleiche BAG, Beschluss vom 13.03.2013 – 7 ABR 67/11 –, juris Randnummer 12; Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.07.2015 – 7 TaBV 7/15 –, juris Randnummer 65 folgend).

 

c. Hiernach hätten mindestens drei Betriebsratssitze auf das weibliche Geschlecht entfallen müssen.

Es kann dahinstehen, ob, nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das sogenannte dritte Geschlecht als weitere Geschlechterkategorie anerkannt hat (vergleiche BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16 –, juris Randnummer 35 fortfolgende), § 15 Absatz 2 BetrVG und der hierauf Bezug nehmende § 3 Absatz 2 Nummer 5 WO auch auf das dritte Geschlecht anzuwenden sind. Entgegen der vom Betriebsrat vertretenen Auffassung können diese Vorschriften jedenfalls nicht so ausgelegt werden, dass gegebenenfalls allein das dritte Geschlecht von dem Minderheitenschutz profitiert und für das im Verhältnis von Frauen und Männern in der Minderheit befindliche Geschlecht keine Mindestsitze zu bestimmen und zu besetzen sind.

§ 15 Absatz 2 BetrVG und § 3 Absatz 2 Nummer 5 WO schützen zumindest auch das im Verhältnis von Frauen und Männern in der Minderheit befindliche Geschlecht. Zwar ist dem Betriebsrat zuzugestehen, dass der Wortlaut der Normen jeweils nur auf "das Geschlecht in der Minderheit" Bezug nimmt, also den Begriff des Geschlechts in der Einzahl verwendet. Die Berücksichtigung der Geschlechter in § 15 Absatz 2 BetrVG wurde aber bereits mit dem Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23.07.2001 (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2001 Teil I, Seite 2518 fortfolgende) geregelt, also weit vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017. Schon vor diesem Hintergrund lässt der Wortlaut des § 15 Absatz 2 BetrVG auch die Auslegung zu, dass der damit vermittelte Minderheitenschutz zumindest auch für das im Verhältnis von Frauen und Männern in der Minderheit befindliche Geschlecht gelten soll.

Zur Überzeugung der Kammer sprechen gegen die vom Betriebsrat vertretene Ansicht vor allem systematische Erwägungen, die durch die Entstehungsgeschichte des § 15 Absatz 2 BetrVG untermauert werden.

Ausweislich der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 14/5741, Seite 37) soll mit § 15 Absatz 2 BetrVG sichergestellt werden, dass der Zugang von Frauen zum Betriebsrat, in dem sie in aller Regel unterrepräsentiert sind, nicht nur erleichtert, sondern auch tatsächlich durchgesetzt wird. Mit der Umwandlung der vorherigen Soll-Vorschrift in eine Muss-Vorschrift sollte dem Gleichberechtigungsgrundsatz des Artikels 3 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) Rechnung getragen werden. Die Gesetzesbegründung verweist weiterhin ausdrücklich darauf, dass der Betriebsrat mit den beruflichen Problemen der Frauen unmittelbar konfrontiert sei und daher eine Schlüsselposition bei der Beseitigung von Nachteilen und Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern einnehme. Die Frauen erhielten so die Möglichkeit, ihr Potenzial wirksamer in die Betriebsratsarbeit einzubringen und Einfluss insbesondere auf frauenspezifische Themen wie zum Beispiel Förderung der Gleichberechtigung, Förderung von Familie und Erwerbstätigkeit sowie Frauenförderpläne zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Geschlechterquote in § 15 Absatz 2 BetrVG auf Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG basiert und damit der Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern dient (vergleiche Trebinger/Linsenmaier/Schelz/ Schmidt, in: Fitting/Trebinger/Linsenmaier/Schelz/Schmidt, Betriebsverfassungsgesetz, 32. Auflage 2024, § 15 Randnummer 11b; Koch, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 24. Auflage 2024, § 15 BetrVG Randnummer 2). Diesem Verständnis steht auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.10.2017 nicht entgegen, da der Schutz vor Diskriminierungen für Personen, die sich nicht dauerhaft dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, auf Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG gestützt (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16 –, juris Randnummer 58) und gleichzeitig hervorgehoben wird, dass in systematischer Hinsicht kein Widerspruch zum Gleichberechtigungsgebot des Artikel 3 Absatz 2 GG bestehe, das nur von Männern und Frauen spreche (BVerfG, Beschluss vom 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16 –, juris Randnummer 60).

Eine Auslegung, die – wie vorliegend – dazu führen kann, dass Frauen, die im Verhältnis zu Männern die Minderheit im Betrieb bilden, vom Schutz des § 15 Absatz 2 BetrVG überhaupt nicht mehr profitieren und damit, obwohl sie rund 40 % der Beschäftigten ausmachen, in einem siebenköpfigen Betriebsrat nicht vertreten sind, widerspricht dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers, welcher auf dem verfassungsrechtlichen Gebot zur Förderung der Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen beruht.

Es kann dabei dahingestellt bleiben, wie oft es tatsächlich auf die hier relevante Rechtsfrage ankommt. Der vorliegende Fall zeigt, dass die unterschiedlichen Rechtsauffassungen tatsächlich ganz konkret zu einer erheblich voneinander abweichenden Verteilung der Betriebsratssitze führen können. Ebenso ist unerheblich, ob weitere Ermittlungen zur Geschlechtszugehörigkeit möglich oder zumutbar gewesen wären und ob dies zu einer anderen Zuordnung der Personen in der Wählerliste zu den drei Geschlechtern mit der Folge einer anderen Sitzverteilung geführt hätte. Gegenstand des Wahlanfechtungsverfahrens ist die konkret durchgeführte Wahl.

 

d. Der aufgezeigte Verstoß war geeignet, das Wahlverhalten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit das Ergebnis der Betriebsratswahl zu beeinflussen.

Nach § 19 Absatz 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn sie das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände bei einer hypothetischen Betrachtung zwingend zu demselben Ergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (BAG, Beschluss vom 13.03.2013 – 7 ABR 67/11 –, juris Randnummer 15).

Das Wahlergebnis ist im Hinblick auf den Verstoß gegen § 3 Absatz 2 Nummer 5 WO nicht korrigierbar. Unabhängig von der Feststellung des Wahlergebnisses durch den Wahlvorstand war der Fehler im Wahlausschreiben geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

Es kann schon nicht ausgeschlossen werden, dass anders zusammengesetzte oder weitere Vorschlagslisten eingebracht worden wären, wenn das Wahlausschreiben nicht fehlerhaft ohne Hinweis darauf, dass mindestens drei Frauen in den Betriebsrat zu wählen sind, erlassen worden wäre. Auch ist nicht auszuschließen, dass die Liste II, auf der Personen aufgeführt waren, die dem dritten Geschlecht zugeordnet wurden, von den Wählerinnen und Wählern bei der Wahl bevorzugt wurden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Wählerinnen und Wähler ihre Stimme anders vergeben hätten, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, dass nach § 15 Absatz 2 BetrVG drei Frauen in den Betriebsrat zu wählen gewesen wären (vergleiche BAG, Beschluss vom 10.03.2004 – 7 ABR 49/03 –, juris Randnummer 34; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.07.2015 – 7 TaBV 7/15 –, juris Randnummer 74). Vorliegend waren auch in beiden Listen Frauen vertreten, auf die zur Erreichung des Geschlechterproporzes Betriebsratssitze hätten verteilt werden können.

 

e. Es kann damit schließlich dahinstehen, ob die angefochtene Betriebsratswahl auch aus weiteren Gründen unwirksam ist.

 

3. Die Entscheidung ergeht gemäß § 2 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Verbindung mit § 2a Absatz 1 Nummer 1 ArbGG gerichtskostenfrei.

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