OLG München: Insolvenzverfahren - Zahlungsfiktion des Gesamtsozialversicherungsbeitrags
OLG München, Beschluss vom 11.3.2008 - 19 U 5187/07, rechtskräftig
Leitsätze des Berichterstatters:
1. Der zum 01.01.2008 in Kraft getretene § 28e 12 SGB IV i.d.F.d. Gesetzes zur Änderung des SGB IV vom 19.12.2007 ist auf Zahlungen vor dem 01.01.2008 nicht anzuwenden.
2. Zahlungen vor dem 01.01.2008 unterliegen entsprechend der Rspr. des BGH weiterhin der allgemeinen insolvenzrechtlichen Anfechtung gem. §§ 129 ff. InsO (BGH NZI 2005, 497).
3. Diese Rechtslage ist eindeutig; eine in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt sich nicht.
4. Zur Anwendung von § 321a ZPO.
Zu §§ 129 ff. Ins0, § 28e 12 SGB IV n.F., § 321a ZPO
Hinweis vom 18.01.2008
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da sie nach dem Aktenstand keine Aussichten auf Erfolg hat:
1. Die Entscheidung des Landgerichts erscheint zutreffend.
§ 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO verlangt „die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt". Es ist deshalb eine auf den Streitfall zugeschnittene Darlegung notwendig, in welchen Punkten und aus welchen materiell-rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BGH NJW 2003, 2532). Die Berufungsbegründung muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen, lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG NZA 2005, 597 [598]). Es ist vielmehr klar anzugeben, gegen weiche Ausführungen des Urteils der Angriff sich richtet und wie er begründet wird (BGH NJWRR 2007, 1363).
Soweit die Berufungsbegründung diesen Anforderungen genügt, greifen die dort erhobenen Einwendungen nicht durch:
a) Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die streitgegenständlichen Zahlungen gern. § 131 I Nr. 1 Ins0 anfechtbar waren.
Der Bundesgerichtshof hat in einem nahezu identischen Fall bereits entschieden, dass eine gläubigerbenachteiligende inkongruente Deckung vorliegt, wenn der Schuldner mit einem Dritten vereinbart, dieser solle die geschuldete Zahlung an den Sozialversicherungsträger des Schuldners zur Tilgung einer fälligen Beitragsforderung vornehmen. Leistet der Dritte nicht an den Schuldner, sondern auf dessen Anweisungen an einen seiner Gläubiger, so handelt es sich nämlich nicht um eine verkehrsübliche Zahlungsweise, sondern im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner um eine der Art nach inkongruente Deckung unabhängig davon, ob ein eigenes Forderungsrecht des Insolvenzgläubigers begründet wurde (BGH NZI 2003, 197). Daher kann auch dahinstehen, ob es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter gehandelt hat, der dann als weitere gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung allerdings ggf. seinerseits der Anfechtung gern. § 131 I Nr. 1 Ins0 unterlegen hätte.
b) Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aus § 28e II SGB IV.
Hierzu hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der Entleiher nach § 28e II SGB IV bei einem wirksamen Vertrag zwar für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers, also des Verleihers (vgl. § 1 I AÜG), wie ein selbstschuldnerischer Bürge haftet, soweit ihm die Arbeitnehmer gegen Vergütung überlassen worden sind. Er kann jedoch die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist (§ 28e 112 SGB IV). Vorher besteht ein einredefreier Anspruch des Trägers auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nur gegen den Schuldner als Verleiher, aber noch nicht gegen den Entleiher (BGH NZI 2005, 624).
Das Landgericht hat zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 28e II SGB IV festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Zahlung keine ausdrückliche schriftliche Leistungsaufforderung der Beklagten gegen die Schuldnerin vorgelegen habe (LGU S. 7). Eine gegen diese Feststellung gerichtete konkrete Berufungsrüge i.S.v. § 520 III Nr. 3 ZPO ist nicht ersichtlich; bereits deshalb bindet diese Feststellung den Senat. Soweit in der Berufungsbegründung in unklarem Zusammenhang auf einen Schriftsatz vom 21.09.2007 und eine „schriftliche Mahnung" verwiesen wird (BI. 85 d.A.), wurde dieser Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingereicht, ohne dass hierzu auch nur eine Berufungsrüge gem. § 520 III Nr. 4 ZPO erhoben worden wäre. Soweit die Beklagte mit ihrem dortigen Hinweis auf die „vollständige Ausschöpfung des Akteninhalts" die Meinung vertreten sollte, das Landgericht sei im Anwaltsprozess gehalten gewesen, die vorgelegten Anlagen allgemein auf eventuell entscheidungserhebliche Umstände durchzusehen, träfe dies offensichtlich nicht zu. Im übrigen kann dem von der Beklagten wohl als „Mahnung" angesehenen „Rückstandsverzeichnis" Anlage K 4 weder eine konkrete Zahlungsaufforderungen noch gar eine Fristsetzung entnommen werden.
Bereits deshalb führt auch § 250 S. 2 BGB nicht weiter. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind - wie im Falle des BGH in NZI 2005, 624 - hier nicht gegeben. Dass die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin die Tatbestandsvoraussetzungen des § 250 S. 2 BGB erfüllen könnte, hat der BGH auch in dieser Entscheidung nicht erwogen. Im übrigen war die Entleiherin hier bereits mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28e II SGB IV berechtigt, die Leistung gegenüber der Beklagten zu verweigern.
c) Auch der für jede Insolvenzanfechtung erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen der angefochtenen Rechtshandlung und der Verkürzung des dem Gläubigerzugriff offenstehenden Schuldnervermögens besteht hier.
Ein solcher ursächlicher Zusammenhang ist grundsätzlich zu bejahen, wenn die Insolvenzgläubiger ohne die Rechtshandlung bessere Befriedigung erlangt hätten; das hat das Landgericht rechtsfehlerfrei bejaht (LGU S. 7 unten). Die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Rechtshandlung des Schuldners und der Gläubigerbenachteiligung ist dabei auf Grund des realen Geschehens zu beurteilen. Durch einen hypothetischen, nur gedachten Kausalverlauf können die Wirkungen eines realen, ursächlichen Ereignisses nicht beseitigt werden. Deswegen ist es für die Ursächlichkeit der Zahlung vom 24.02.2006 für die Gläubigerbenachteiligung ohne Bedeutung, ob dieselbe Zahlung vor der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt am 23.03.2006 (Anlage K 2) rechtmäßig hätte erfolgen können (vgl. BGH NZI 2005, 497). Im übrigen lagen die Voraussetzungen des § 28e II SGB IV auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Denn das - bemerkenswerterweise erst nach bereits erfolgter Zahlung ausgestellte - Schreiben der Beklagten vom 03.03.2007 (Anlage K 8) kann schon deshalb keine Mahnung i.S.v. § 28e II SGB IV darstellen, weil es sich nicht an die Schuldnerin als Arbeitgeber, sondern an den Entleiher als Bürgen richtet.
d) Auch die Rüge, es handele sich hälftig um den Beschäftigen zustehende Arbeitnehmeranteile, geht hier fehl.
Zu dieser Frage hat der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden, dass die vom Arbeitgeber abgeführten Arbeitnehmeranteile der allgemeinen insolvenzrechtlichen Anfechtung gern. §§ 129 ff. Ins0 unterliegen. Die Benachteiligung der übrigen Gläubiger ergibt sich aus dem Umstand, dass auch die Arbeitnehmeranteile in vollem Umfang zum Vermögen des Arbeitgebers gehören. Anderes kann gelten, wenn die Beiträge im Rahmen eines nach außen erkennbar gewordenen Treuhandverhältnisses als Guthaben des Arbeitnehmers verwaltet und für diesen abgeführt werden (BGH NZI 2005, 497). Derartiges kann aber auch der Berufungsbegründung nicht entnommen werden.
Ob das Gesetz zur Änderung des SGB IV vom 19.12.2007 daran in Zukunft etwas ändern wird, kann hier dahin stehen. Denn dieses Gesetz ist am 01.01.2008 in Kraft getreten, ohne dass seine Rückwirkung angeordnet worden wäre. Daher gilt es für die hier streitgegenständlichen Zahlungen im Jahr 2006 jedenfalls noch nicht.
z. Bei dieser Sachlage wird empfohlen, die Berufung zurückzunehmen. Der Senat ist aufgrund der gesetzlichen Regelung verpflichtet, einen Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zu geben und - wenn sich Änderungen nicht ergeben - die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Zu diesen Hinweisen kann der Berufungsführer binnen drei Wochen ab Zugang Stellung nehmen.
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht erlässt der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündlichen Verhandlung am 11.03.2008 folgenden
Beschluss:
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I, 20. Zivilkammer, vom 19.10.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.724,04 Euro festgesetzt.
aus den gründen:
1. Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussweg als unbegründet zurückzuweisen, da der Senat diese einstimmig für aussichtslos hält, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und keine Entscheidung i.S.d. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO erfordert.
Der Senat hält das Urteil des Landgerichts für zutreffend. Er nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug. Bezug genommen wird ferner auf die Hinweise des Senats vom 18.01.2008, wonach er die Berufung i.S.v. § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält. Auch die weiteren Schriftsätze der Beklagten gaben keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung:
a) Das am 01.01.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des SGB IV vom 19.12.2007 ist auf die streitgegenständliche Zahlung im Februar 2006 offensichtlich nicht anzuwenden.
Gem. Art. 82 II 1 GG soll jedes Gesetz den Tag des Inkrafttreten bestimmen. Eine solche Bestimmung ist nicht Teil des Gesetzgebungsverfahrens, sondern gehört zu den inhaltlichen Regelungen eines Gesetzes, die der Gesetzgeber vorzunehmen hat (vgl. z.B. BVerfG, NVwZ 1992, 1182). Hier hat der Gesetzgeber den 01.01.2008 als Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestimmt. Damit hat er dem Gesetz für eine frühere Zeit, in der es mangels Verkündung noch nicht existent war, ausdrücklich keine Rückbewirkung von Rechtsfolgen mit Wirkung auch für die Vergangenheit beigelegt. Die Bestimmung des zeitlichen Geltungsanspruchs des Änderungsgesetzes ergibt sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut, in dem sich der objektivierte Wille des Gesetzgebers für jedermann erkennbar dokumentiert. Besonderheiten, die es rechtfertigen könnten, hiervon - etwa unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes - im Wege „berichtigender" Auslegung abzugehen (vgl. z.B. BVerfG, NVwZ 1992, 1182), sind nicht ersichtlich. Insbesondere reicht es für eine derartige „berichtigende Auslegung" nicht aus, dass ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BR-Drs. 543/07 S. 42 zu Nr. § 28e) wohl fälschlich davon ausgegangen wurde, es handele sich um eine bloße Klarstellung und nicht um eine Änderung der Rechtslage. Denn es würde selbst dann an der erforderlichen Entscheidung des Gesetzgebers fehlen, ob er die andere Rechtslage für die Vergangenheit hinnehmen will, wie es regelmäßig der Fall ist, oder ob er diese Rechtslage ausnahmsweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit ändern will.
Daher bedarf auch keiner Entscheidung, ob eine solche Rückwirkung für die Vergangenheit hier ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig gewesen wäre, obwohl eine Rückbewirkung von belastenden Rechtsfolgen für Sachverhalte eines Zeitraums, in dem das Gesetz noch nicht existent war, regelmäßig mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Vertrauensschutz unvereinbar ist (vgl. z.B. BVerfG, NVwZ 1992, 1182). Denn der Gesetzgeber hat eine solche Rückwirkung hier gerade nicht angeordnet.
Ein klärungsbedürftige Rechtsfrage kann der Senat daher nicht erkennen; er hält die Rechtslage vielmehr für eindeutig. Auch eine abweichende Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts, die eine Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof rechtfertigen könnte, hat die Beklagte nicht vorgelegt. Bloße gerichtliche Hinweise, die sich mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Anordnung und die Voraussetzungen einer gesetzlichen Rückwirkung nicht im einzelnen befassen, reichen hierfür nicht aus.
Daher ist für die streitgegenständliche Zahlung im Februar 2006 weiterhin die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgebend, wonach die vom Arbeitgeber abgeführten Arbeitnehmeranteile der allgemeinen insolvenzrechtlichen Anfechtung gern. §§ 129 ff. Ins0 unterliegen (BGH NZI 2005, 497). Eine Änderung dieser Rspr. ist bisher nicht erfolgt. Dass die Beklagte eine solche Änderung im Hinblick auf die nunmehrige gesetzliche Regelung und eine Entscheidung des BSG für geboten hält, reicht nicht aus (dazu, dass mögliche zukünftige Änderungen der Rspr. des BGH eine Anwendung von § 522 II ZPO nicht ausschließen, vgl. z.B. BVerfG, WM 2008, 46).
b) Der Senat hält die ebenfalls Zahlungen an den Sozialversicherungsträger durch einen Dritten betreffende Entscheidung BGH NZI 2003, 197 weiterhin für einschlägig. Dass eine unmittelbare Zahlung des Entleihers an den Sozialversicherungsträger im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung auch außerhalb der Krise des Schuldners eine verkehrsübliche Zahlungsweise darstellen würde, wurde in der Berufungsbegründung überhaupt nicht und nunmehr nur unsubstantiiert und im übrigen verspätet geltend gemacht. Für eine solche Ausnahme (vgl. BGH aa0: "in der Regel" liegt bei Zahlung durch Dritten eine inkongruente Deckung vor) wäre die Beklagte von Anfang an darlegungs- und beweispflichtig gewesen.
c) Wie im Hinweis ausgeführt, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der Entleiher die Zahlung verweigern kann, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist (§ 28e II 2 SGB IV). Vorher besteht ein einredefreier Anspruch des Trägers auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nur gegen den Schuldner als Verleiher, aber noch nicht gegen den Entleiher (BGH NZI 2005, 624). Davon kann das BSG in der vorgelegten Entscheidung zumindest in Bezug auf die Anfechtungsvorschriften der Ins0 schon deshalb nicht tragend abgewichen sein, weil hierfür ggf. eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes gem. Art. 95 III GG einzuholen gewesen wäre. Außerdem geht es hier nicht um die Haftung des Entleihers nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern um die „Insolvenzfestigkeit" von dessen Zahlung als Dritter vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens .
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Ein Ausspruch zur Vollstreckbarkeit erübrigt sich, weil der Beschluss mit seinem Erlass rechtskräftig ist, § 522 Abs. 3 ZPO.
3. Da die Beklagte mit ihren Anträgen das Ersturteil voll angreift, entspricht der Streitwert des Berufungsverfahrens dem Streitwert des Verfahrens erster Instanz.
Vorsitzender Richter Richter Richter am Oberlandesgericht erlässt der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 09.04.2008 folgenden
Beschluss:
Die Gehörsrüge der Beklagten vom 31.03.2008 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
aus den gründen:
1. Die statthafte Gehörsrüge ist jedenfalls unbegründet.
a) Ob die Rüge die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 321a ZPO erfüllt, erscheint zumindest zweifelhaft. Denn dazu müsste die Rüge gern. § 321a II 5 ZPO auch das Vorliegen der in § 321a 11 Nr. 2 ZPO genannten Voraussetzungen darlegen, mithin also ausführen, wodurch das Gericht den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt haben soll. Für das Berufungsverfahren bedeutet dies, dass in der Rüge konkret dargelegt werden müsste, welche gern. § 520 III 2 Nr. 2-4 ZPO statthafte Berufungsrüge der Senat bei seiner Entscheidung übergangen haben soll. Derartiges kann der Rügeschrift hier nicht entnommen werden. Sie wiederholt vielmehr LW. ihre von Senat abweichenden Rechtsstandpunkte.
b) Der Senat hat in dem Beschluss vom 11.03.2008 und in seinem vorangegangenen Hinweis die jetzt von der Gehörsrüge nochmals umfassten Argumente bereits geprüft, selbst soweit dies jeweils nur knapp angemerkt worden ist, und diese Argumente sämtlich für nicht durchgreifend erachtet.
Ein Eingehen auf alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Entscheidungsgründen war dabei schon nicht erforderlich (BVerfG NJW 1997, 2310). Denn eine - wie hier- unanfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung bedarf von Verfassungs wegen regelmäßig keiner Begründung (vgl. BVerfG NJW 1979, 1161; NJW 1990, 566; NJW 1999, 207). Ein Ausnahmefall wird dann anerkannt, wenn von dem eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen werden soll und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist (vgl. BVerfG NJW 1987, 1619). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Ergänzend wird daher nur kurz (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 321 a Rnr. 13) noch folgendes ausgeführt:
Der Senat hat für die Frage, ob eine Rückwirkung vorliegt, auf die angefochtene Rechtshandlung, hier also die Zahlung, abgestellt. Aber selbst wenn man auf den Zeitpunkt der Insolvenzanfechtung abstellen würde, hätte dieser noch weit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes gelegen und läge somit eine offensichtliche Rückwirkung vor. Die Auffassung der Beklagten, dass auf den Abschluss des gerichtlichen Verfahrens über die Insolvenzanfechtung abzustellen sei, hält der Senat weiterhin für abwegig. Ob eine Zahlungsweise „verkehrsüblich" ist, kann nur an den Zahlungsweisen außerhalb der Krise gemessen werden. Dass das Landgericht Sachvortrag der Beklagten zu einer Mahnung übergangen hätte, wurde von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht gern. § 520 III ZPO gerügt; sie macht auch in ihrer Anhörungsrüge nicht gelten, dass der Senat eine solche Rüge übergangen hätte - nur dann könnte aber eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch den Senat vorliegen. Die Beklagte hat vielmehr, wie sie in ihrer Anhörungsrüge selbst betont, im Berufungsverfahren „herausgearbeitet", dass es nach ihrer Auffassung einer Mahnung nicht bedurft habe. Dem ist der Senat mit dem BGH nicht gefolgt.
2. Angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 321 a ZPO kommt eine entsprechende Anwendung der Anhörungsrüge auf behauptete Verletzungen anderer Verfahrensgrundrechte an sich nicht in Betracht. Rechtsbehelfe müssen vielmehr in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt und in ihren Voraussetzungen für die Bürger erkennbar sein. Es würde daher gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit verstoßen, wenn von der Rechtsprechung außerordentliche Rechtsbehelfe außerhalb des geschriebenen Rechts geschaffen werden, um tatsächliche oder vermeintliche Lücken im bisherigen Rechtsschutzsystem zu schließen (BVerfG, NJW 2007, 2538; vgl. BFH, NJW 2008, 543). Hier kann dies alles dahinstehen, weil die Beklagte derartige andere Verfahrensgrundrechte nicht konkret als verletzt gerügt hat. Insbesondere behauptet selbst die Beklagte nicht, dass die Entscheidung des Senats willkürlich wäre, was aus den genannten Gründen auch offensichtlich nicht der Fall wäre.
Abschließend und zur Klarstellung sei noch darauf hingewiesen, dass der Beklagten hier aus der Behandlung ihrer Berufung gern. § 522 II ZPO kein Rechtsnachteil entstanden ist. Denn es spricht nichts dafür, dass der Senat nach mündlicher Verhandlung anders entschieden hätte; da auch dann aus den genannten Gründen kein Anlass zur Zulassung der Revision bestanden hätte, wäre die Entscheidung wegen § 26 Nr. 8 EGZPO ebenfalls unanfechtbar gewesen.
Da die Rüge der Beklagten somit zurückzuweisen war, war es nicht erforderlich, der Gegenseite Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 321 a Abs. 3 ZPO).
Die Beklagte trägt die Kosten ihres Antrags, § 97 ZPO (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 321a Rnr. 16).