LAG Berlin-Brandenburg: Heilung von Fehlern bei der Unterrichtung bei Betriebsübergang
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.9.2018 – 21 Sa 391/18
Volltext: BB-ONLINE BBL2018-2995-3
Amtliche Leitsätze
1. Soll ein Betrieb im Wege eines Betriebsübergangs auf eine neu gegründete GmbH übertragen werden und ist die GmbH entgegen der Darstellung im Unterrichtungsschreiben nach § 613a Abs. 5 BGB zum Zeitpunkt der Unterrichtung noch nicht im Handelsregister eingetragen, ist die Unterrichtung über die Betriebserwerberin fehlerhaft und unklar mit der Folge, dass die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen beginnt.
2. Die fehlerhafte Unterrichtung wird durch die nachträgliche Eintragung der GmbH im Handelsregister nicht automatisch geheilt. Es bedarf vielmehr einer ausdrücklichen Korrektur bzw. der nachträglichen Information, dass die GmbH entgegen der Darstellung im Unterrichtungsschreiben nunmehr tatsächlich im Handelsregister eingetragen ist.
3. Einzelfallentscheidung zur Verwirkung und zur rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Widerspruchsrechts
4. Eine vorläufige Weiterbeschäftigung ist nicht schon deshalb unmöglich iSd. § 275 Abs. 1 BGB oder unzumutbar iSd. § 275 Abs. 2 Satz 1 BGB, weil sämtliche Arbeitsplätze besetzt sind.
§ 613a Abs. 5 und 6 BGB, § 242 BGB, § 275 Abs. 1 und 2 BGB
Sachverhalt
Die Klägerin und die Beklagte zu 2), einem Unternehmen des „H. Konzerns“, streiten darüber, ob zwischen ihnen aufgrund des Widerspruchs der Klägerin gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 1) weiterhin ein Arbeitsverhältnis besteht. Außerdem nimmt die Klägerin die Beklagte zu 2) auf vorläufige Weiterbeschäftigung in Anspruch.
Die Klägerin war bei der Beklagten zu 2) bzw. deren Rechtsvorgängerin, der H. AG, seit dem 27. Mai 1991 zuletzt auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 20. Juli 2004 als kaufmännische Mitarbeiterin gegen eine monatliche Vergütung nach Gehaltsgruppe A 4 Stufe 3 des zwischen dem Verband Verkehr und Logistik Berlin und Brandenburg e.V. und der ver.di - Vereinigte Dienstleistungsgesellschaft geschlossenen Gehaltstarifvertrages Brandenburg (im Folgenden: GTV Logistik Brandenburg) zuzüglich einer nicht anrechenbaren außertariflichen Zulage beschäftigt und im Bereich „Point of Sale Services (POSS)“ als Kundenbetreuerin im Innendienst tätig. Wegen des weiteren Inhalts des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrages vom 20. Juli 2004 wird auf dessen Ablichtung (Bl. 12 d.A.) verwiesen.
In einer Mitarbeiterinformation vom 14. September 2010 teilte die Beklagte zu 2) den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ua. mit, es sei beabsichtigt, den Bereich „POSS“ sowie den dazugehörigen Vertrieb als eigenständigen Betriebsteil zu etablieren und dafür aus dem gemeinsamen Betrieb mit der H. PBS AG und der S. C. GmbH herauszulösen. Mittelfristig sei beabsichtigt, den neuen Betrieb „e. POSS“ gemäß § 613a BGB in eine eigene Gesellschaft zu überführen. In einer weiteren Mitarbeiterinformation vom 10. Januar 2011 teilte sie den Beschäftigten des ehemaligen Bereichs „POSS“ ua. mit, sie habe die angekündigte Betriebsabspaltung zum 1. Januar 2011 umgesetzt. Der neue Betrieb „POSS“ umfasse die „POSS Außendienstregionen“, den „POSS Innendienst“, den „POSS Vertrieb“ und die „POSS Personalleitung“. Schließlich teilte die H. PBS AG den konzernangehörenden Beschäftigten in einer Mitarbeiterinformation vom 25. Januar 2011 ua. mit, es sei beabsichtigt, den abgespalteten Betrieb „e. POSS“ im Zuge einer Unternehmensabspaltung nach dem Umwandlungsgesetz auf eine neue Gesellschaft zu übertragen, und geplant, die beabsichtigte Unternehmensabspaltung mit anschließendem Betriebsübergang bis spätestens zum 1. Mai 2011 umzusetzen. Wegen des weiteren Inhalts der Mitarbeiterinformationen vom 14. September 2010, 10. Januar 2011 und 25. Januar 2011 wird auf deren Ablichtungen (Bl. 92, 91 und 93 d.A.) verwiesen.
Laut Handelsregisterauszug vom 29. Januar 2018 (Bl. 207 d.A.) wurde die Beklagte zu 1) durch Gesellschaftsvertrag vom 8. Februar 2011 gegründet.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2011 teilte die Beklagte zu 2) der Klägerin sinngemäß mit, es sei geplant, die beabsichtigte Unternehmensabspaltung mit anschließendem Betriebsübergang im März/April 2011 umzusetzen. Das Schreiben (Bl. 90 d.A.) lautet wie folgt:
„Information über bevorstehenden Betriebsübergang
Sehr geehrte Frau H.,
wie wir Ihnen auf den Regionaltagungen mitgeteilt haben, planen wir nun den Prozess der beabsichtigten Unternehmensabspaltung mit anschließendem Betriebsübergang umzusetzen. Voraussichtlich wird die Eintragung der Abspaltung in das Handelsregister im März/April 2011 erfolgen.
Die Einzelheiten entnehmen Sie bitte dem anliegenden Schreiben.
Bitte bestätigen Sie uns den Erhalt des Schreibens per Fax oder durch Rücksendung der Zweitschrift im beiliegenden Rückumschlag.
Ihre offenen Fragen beantworten wir gerne persönlich.
Mit freundlichen Grüßen“
Das in dem Schreiben erwähnte „anliegende Schreiben“ hat auszugsweise folgendem Inhalt:
„Betriebsübergang nach § 613 a BGB durch Unternehmensabspaltung
Sehr geehrte Frau H.,
…
Hiermit informieren wir sie darüber, dass der Betrieb POSS der e. Logistik GmbH & Co. KG auf die POS Servicegesellschaft mbH übertragen werden soll.
Die Übertragung des Betriebes POSS wird durch eine Spaltung im Sinne des Umwandlungsgesetzes erfolgen, und zwar eine Abspaltung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 1 Umwandlungsgesetz (UmwG). Die e. Logistik GmbH & Co. KG und die POS S. mbH werden einen Spaltungs- und Übernahmevertrag schließen, nach dem der Unternehmensteil POSS von der e. Logistik GmbH & Co. KG als übertragende Gesellschaft auf die POS S. GmbH als übernehmende Gesellschaft unter Fortbestand der e. Logistik GmbH & Co. KG abgespalten wird. Die Spaltung wird mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam. Mit der Eintragung der Spaltung in das Handelsregister wird der Betrieb POSS dann von der POS Servicegesellschaft mbH ohne Veränderung geführt.
Als Arbeitnehmer des Betriebes POSS sind Sie von diesem Betriebsübergang betroffen. Aus diesem Grund unterrichten wir Sie nachfolgend gemäß § 613a Abs. 5 BGB.
Die den Betrieb übernehmende Gesellschaft ist die POS Servicegesellschaft mbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam. Die Gesellschaft hat ihren Sitz in 14612 Falkensee in der Straße der …. Geschäftsführer ist Herr P. N.. Die Gesellschaftsanteile werden nahezu vollständig von der H. PBS AG, Am …., 13507 Berlin, gehalten. Ein Anteil wird von der e. Logistik Verwaltungs GmbH mit Sitz in Falkensee gehalten. Die e. Logistik Verwaltungs GmbH wird ihren Anteil an der übernehmenden Gesellschaft nach Vollzug der Spaltung an die H. PBS AG abtreten.
…
Die Spaltung wird voraussichtlich im Februar 2011 zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Voraussichtlich wird die Eintragung in das Handelsregister im März/April 2011 erfolgen. Ihr Arbeitsverhältnis wird mit dem Wirksamwerden der Spaltung durch Eintragung der Spaltung in das Handelsregister von der e. Logistik GmbH & Co. KG auf die POS Servicegesellschaft GmbH Servicegesellschaft mbH übergehen. Der Zeitpunkt des Übergangs ihres Arbeitsverhältnisses ist daher abhängig von der Eintragung der Spaltung in das zuständige Handelsregister. Wir werden Sie unverzüglich informieren, sobald die Eintragung vollzogen ist.
…
Die H. PBS AG wird gegenüber der POS Servicegesellschaft mbH eine im Konzern übliche Patronatserklärung abgeben, wie sie auch gegenüber der e. Logistik GmbH & Co. KG abgegeben worden ist.
…
…“
Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf dessen Ablichtung (Bl. 106 ff. d.A.) verwiesen.
Die in dem Schreiben vom 21. Februar 2011 erwähnte mit „RÜCKANTWORT“ überschriebene Zweitschrift des Schreibens vom 21. Februar 2011 unterzeichnete die Klägerin als “erhalten“ (Bl. 105 d.A.). Ob die Klägerin die Zweitschrift zusammen mit dem Schreiben vom 21. Februar 2011 erhalten hat oder zu einen anderen Zeitpunkt und ob dem Schreiben vom 21. Februar 2011 das Informationsschreiben mit den Einzelheiten des bevorstehenden Betriebsübergangs beigefügt war, ist nicht geklärt bzw. zwischen den Parteien streitig.
Am 7. März 2011 wurde die Beklagte zu 1) mit den in dem Informationsschreiben genannten Angaben ins Handelsregister Potsdam eingetragen (Bl. 208 d.A.). Eine gesonderte Information der Beschäftigten hierüber erfolgte nicht.
Laut Handelsregisterauszug vom 29. Januar 2018 (Bl. 208 d.A.) wurde am 8. März 2011 ein Abspaltungs- und Übernahmevertrag geschlossen, die entsprechenden Beschlüsse durch die Gesellschafterversammlungen gefasst und die Abspaltung am 2. Mai 2011 ins Handelsregister eingetragen (Bl. 209 d.A.). In einer Mitarbeiterinformation vom 2. Mai 2011 (Bl. 329 d.A.) informierte die Beklagte zu 1) die Beschäftigten über die Eintragung der Abspaltung iSd. § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG ins Handelsregister und den Vollzug des geplanten Betriebsübergangs.
Zum 1. Juni 2017 schied die Beklagte zu 1) aus dem „H. Konzern“ aus. Hierüber wurde die Klägerin unterrichtet, wobei unklar ist, wann und wie dies geschah. Mit Schreiben vom 28. Juli 2017, welches der Klägerin am 31. Juli 2017 zuging, kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 28. Februar 2018.
Mit an die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) gerichtetem anwaltlichen Schreiben vom 29. November 2017 (Bl. 94 d.A.) widersprach die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der Beklagten zu 2) auf die Beklagte zu 1). Mit Schreiben vom 27. Februar 2018 kündigte die Beklagte zu 2) vorsorglich ein etwaiges Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin zum 30. September 2018. Bezüglich dieser Kündigung ist beim Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel ein weiterer Rechtsstreit anhängig.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 1. Mai 2018 - 35 IN 51/18 - wurde über das Vermögen der Beklagten zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet.
Mit der am 3. August 2017 beim Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel eingegangenen, der Beklagten zu 1) am 10. August 2017 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 28. Juli 2018 gewandt und ihre vorläufige Weiterbeschäftigung begehrt. Ferner hat sie vorsorglich ihren Urlaubsanspruch für das Jahr 2017 geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 29. November 2018 hat sie die Klage gegen die Beklagte zu 2) erweitert und die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) sowie ihre vorläufige Weiterbeschäftigung durch die Beklagte zu 2) begehrt.
Die Klägerin hat - soweit für den Rechtsstreit mit der Beklagten zu 2) von Bedeutung - behauptet, dem Schreiben vom 21. Februar 2017 sei keine Anlage beigefügt gewesen. Sie könne sich zwar nicht mehr erinnern, an welchem Tag sie das Schreiben erhalten habe. Sie könne sich nur noch erinnern, dass eine Kollegin durchs Büro gegangen sei und gesagt habe, dass das Schreiben unterzeichnet werden müsse. Die Anlage sei dabei nicht ausgehändigt worden. Mit ihrer Unterschrift auf der Zweitschrift habe sie lediglich den Erhalt des Schreibens vom 21. Februar 2011 bestätigt.
Weiter hat die Klägerin die Auffassung vertreten, selbst wenn sie die Anlage zu dem Schreiben erhalten hätte, sei sie nicht ordnungsgemäß über den Betriebsübergang informiert worden. Das Informationsschreiben erfülle nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterrichtung, weil die Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt der Unterrichtung mangels Eintragung ins Handelsregister rechtlich noch gar nicht existiert habe und es auch weder einen unterzeichneten Abspaltungs- und Übernahmevertrag gegeben habe, noch die entsprechenden Gesellschafterbeschlüsse gefasst gewesen seien. Zudem sei nicht einmal der Zeitpunkt des geplanten Betriebsübergangs mitgeteilt worden. Außerdem fehlten Hinweise darauf, dass die Konzernbetriebsvereinbarungen nur solange weitergelten, als die Beklagte zu 1) zum „H. Konzern“ gehöre, und dass die Beklagte zu 1) nach § 112a Abs. 2 BetrVG nicht der Sozialplanpflicht unterliege.
Das Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Zum Zeitpunkt des Widerspruchs habe der Betriebsübergang noch keine sieben Jahre zurückgelegen. Sie habe über ihr Arbeitsverhältnis auch nicht disponiert.
Die Klägerin hat die Klage im Hinblick auf einen allgemeinen Feststellungantrag zurückgenommen und im Übrigen beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung vom 28. Juli 2017 nicht aufgelöst wird;
2. festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis besteht;
hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1.
3. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als kaufmännische Mitarbeiterin im Umfang von 40 Wochenstunden bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen;
hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 2.
4. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als kaufmännische Mitarbeiterin im Umfang von 40 Wochenstunden bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2) hat behauptet, die Anlage sei dem Schreiben vom 21. Februar 2011 beigefügt gewesen. Das Schreiben nebst Anlage und Rückantwortschreiben sei der Klägerin und weiteren Beschäftigten im Büro persönlich übergeben worden. Dabei sei den Beschäftigen auch erläutert worden, dass die vorbereitete Rückantwort allein dazu diene, den Erhalt der Information über den Betriebsübergang zu dokumentieren. Die Beklagte zu 2) hat gemeint, durch ihre Unterschrift habe die Klägerin auch den Erhalt der Anlage bestätigt.
Weiter hat die Beklagte zu 2) die Auffassung vertreten, mit der Anlage sei die Klägerin umfassend und vollständig iSd. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet worden. Daher gehe der erst mit Schreiben vom 29. November 2011 erklärte Widerspruch ins Leere. Jedenfalls sei das Widerspruchsrecht verwirkt. Nach mehr als sechs Jahren seit dem Betriebsübergang habe sie darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin dem Betriebsübergang nicht mehr wiedersprechen werde. Da nach so langer Zeit an das Umstandsmoment praktisch keine Anforderungen mehr zu stellen seien, sei dieses schon deshalb erfüllt, weil die Klägerin gegen die von der Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben und dabei Ansprüche auf Weiterbeschäftigung und Urlaub gegen die Beklagte zu 1) geltend gemacht habe.
Zudem widersprächen sich die gegen die Beklagte zu 1) und die gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Klageanträge.
Mit Urteil vom 15. Februar 2018, auf dessen Tatbestand (Bl. 227 - 231 d.A.) wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht der gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Klage stattgegeben und die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es
- soweit für den Rechtsstreit mit der Beklagten zu 2) von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt, der Feststellungsantrag sei zulässig. Dass die Klägerin gleichzeitig die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1) begehre, berühre die Zulässigkeit des Antrags nicht. Der Feststellungsantrag sei auch begründet. Der Widerspruch der Klägerin gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 1) sei nicht verfristet. Zwar sei davon auszugehen, dass die Klägerin im Februar 2011 auch die Anlage zu dem Schreiben vom 21. Februar 2011 erhalten habe. Jedoch seien die Informationen über den Betriebsübergang nicht vollständig gewesen, weil die Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt der Unterrichtung noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Dass die Beklagte zu 1) am 7. März 2011 tatsächlich mit den Angaben im Informationsschreiben ins Handelsregister eingetragen worden sei, ändere daran nichts. Die Monatsfrist diene nicht dazu, sich die vorgeschriebenen Informationen selbst zu beschaffen. Vielmehr gehe es darum, dass die einzelnen Beschäftigten - vollständig informiert - einen Monat Zeit haben, sich zu entscheiden, ob sie von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen wollen. Das Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt gewesen, da zwischen dem Betriebsübergang und dem Widerspruch noch keine sieben Jahre gelegen hätten. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 231 - 235 d.A.) verwiesen.
Das Urteil ist den Parteien jeweils am 27. Februar 2018 zugestellt worden. Mit beim Landesarbeitsgericht am 20. März 2018 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. Mai 2018 mit am 28. Mai 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vorsorglich begründet. Mit am 22. März 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte zu 2) ebenfalls Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. Mai 2018 mit am 28. Mai 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagte zu 2) setzt sich - unter teilweiser Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Die Formulierung im Informationsschreiben „eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam“ bedeute nicht, dass die Beklagte zu 1) „bereits (jetzt) eingetragen“ sei, sondern sei dahin zu verstehen, dass die Beklagte zu 1) in das (zuständige) Handelsregister „einzutragen ist bzw. eingetragen werde“. Auch sei die Identität des Betriebserwerbers keineswegs unklar geblieben, zumal die Vorgesellschaft mit der Beklagten zu 1) personenidentisch gewesen sei. Der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) Herr N. sei den Beschäftigten bekannt gewesen, weil er zum damaligen Zeitpunkt bereits seit Jahren auch ihr Geschäftsführer gewesen sei, was unstreitig ist. Die Angabe der Handelsregisternummer sei für eine ordnungsgemäße Unterrichtung nicht erforderlich. Es sei auch nicht ersichtlich, welche weiteren im Informationsschreiben nicht genannten Informationen die Klägerin durch Einsicht in das Handelsregister hätte erhalten können. Indem im Informationsschreiben klargestellt worden sei, dass die H. PBS AG „eine im Konzern übliche Patronatserklärung“ abgeben werde, sei den Beschäftigten klargemacht worden, dass es auf das Stammkapital der neu gegründeten Gesellschaft niemals ankommen werde. Jedenfalls sei die einmonatige Widerspruchsfrist durch die Eintragung der Beklagten zu 1) ins Handelsregister am 7. März 2011 ausgelöst worden. Einer gesonderten Information hierüber habe es nicht bedurft. Diesbezüglich verweist die Beklagte zu 2) auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Dezember 2016 (8 AZR 612/15) zum fehlenden Hinweis auf eine Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 BetrVG und meint, diese sei auf die Nachholung einer bereits beantragten und kommunizierten Eintragung ins Handelsregister übertragbar. Aber auch hierauf komme es nicht an, weil die Klägerin spätestens mit der Information über die Eintragung der Abspaltung am 2. Mai 2011 vollständig und richtig informiert gewesen sei. Durch die Information über die Eintragung der Abspaltung sei zugleich klargestellt worden, dass die Beklagte zu 1) (nunmehr) im Handelsregister eingetragen sei, da die Abspaltung andernfalls nicht hätte eingetragen werden können.
Auch die weiteren Einwände der Klägerin gegen die Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung überzeugten nicht. Unrichtig sei, dass die Entscheidung über die Abspaltung erst nach der Unterrichtung getroffen worden sei. Vielmehr sei die Betriebsabspaltung bereits im Januar 2011 vollzogen worden. Lediglich die umwandlungsrechtliche Abspaltung habe noch beschlossen werden sollen. Auch der Einwand, es habe noch nicht einmal festgestanden, ob die Beklagte zu 1) überhaupt ins Handelsregister eingetragen werde, gehe ins Leere. Die vertraglichen Grundlagen seien alle verbindlich geschaffen gewesen, wobei die Eintragung eine Rechtsbedingung für die getroffenen Absprachen gewesen sei. Nach § 613a Abs. 5 BGB müsse nur der geplante Zeitpunkt des Betriebsübergangs mitgeteilt werden. Dies sei vorliegend erfolgt. Außerdem müsse die Unterrichtung immer nur an dem Sachverhalt ausgerichtet sein, der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs beabsichtigt und erkennbar gewesen sei. Dass die Beklagte zu 1) viele Jahre später aus dem Konzern ausscheiden würde, sei weder absehbar, noch geplant oder gar beschlossen gewesen. Ein Sozialplanprivileg habe nach § 112a Abs. 2 Satz 2 BetrVG nicht bestanden. Zudem sei ein etwaiger diesbezüglicher Fehler durch Zeitablauf geheilt.
Abgesehen davon sei der Widerspruch auch als rechtsmissbräuchlich anzusehen, weil die Klägerin durch den Widerspruch lediglich den Rechtswirkungen der durch die Beklagte zu 1) ausgesprochenen Kündigung aus dem Weg gehen wolle. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) zum selben Konzern gehört und denselben Geschäftsführer gehabt habe und die Klägerin nach der Information über das Ausscheiden der Beklagten zu 1) aus dem Konzern und dem Ausspruch der Kündigung vom 31. Juli 2011 noch vier Monate widerspruchslos weitergearbeitet habe, bevor sie mit Schreiben vom 29. November 2017 dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 1) widersprochen habe. Außerdem sei das Widerspruchsrecht verwirkt. Die Klägerin habe nach dem Betriebsübergang nicht nur länger als sechseinhalb Jahre widerspruchslos weitergearbeitet, sondern mit der Beklagte zu 1) zumindest einmal, wenn nicht mehrfach eine Gehaltserhöhung vereinbart und damit zu erkennen gegeben, dass sie die Beklagte zu 1) als ihre Arbeitgeberin akzeptiere. Außerdem überzeuge es nicht, dass die Siebenjahresfrist für eine Verwirkung durch widerspruchslose Weiterarbeit erst mit dem tatsächlichen Betriebsübergang beginnen solle. Es komme vielmehr auf den Zugang der Information nach § 613a BGB an.
Eine vorläufige Weiterbeschäftigung der Klägerin sei ihr nicht möglich, da alle kaufmännischen Arbeitsplätze besetzt seien. Es sei ihr auch nicht zumutbar, einen Arbeitsplatz zu schaffen oder einen besetzten Arbeitsplatz frei zu machen. Die drei im kaufmännischen Bereich angesiedelten von der Klägerin benannten Stellen entsprächen nicht ihrer Gehaltsgruppe und seien entweder bereits besetzt oder nicht mehr zur Besetzung vorgesehen. Zudem fehlten der Klägerin teilweise die erforderlichen Qualifikationen.
Die Beklagte zu 2) beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 15.02.2018
- 4 Ca 630/17 - abzuändern, soweit der Klage gegen die Beklagte zu 2) stattgegeben worden ist und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Klageantrag zu 4. wie folgt lautet:
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als kaufmännische Mitarbeiterin mit Tätigkeiten der Gehaltsgruppe A 4 des zwischen dem Verband Verkehr und Logistik Berlin und Brandenburg e.V. und der ver.di - Vereinigte Dienstleistungsgesellschaft geschlossenen Gehaltstarifvertrages Brandenburg vom 23. April 2018 im Umfang von 40 Stunden wöchentlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits mit der Beklagten zu 2), längstens bis zum 30. September 2018 weiterzubeschäftigen.
Hinsichtlich des weitergehenden Weiterbeschäftigungsantrags hat die Klägerin die Klage mit Zustimmung der Beklagten zu 2) zurückgenommen.
Die Klägerin bleibt dabei, dass sie das Informationsschreiben über den Betriebsübergang nicht erhalten habe, wobei sie ihr bisheriges Vorbringen in der mündlichen Verhandlung am 13. September 2018 teilweise ergänzt und teilweise richtig gestellt hat. Sie habe das Schreiben vom 21. Februar 2011 per Post nach Hause erhalten. Eine Anlage und die Zweitschrift seien dem Schreiben nicht beigefügt gewesen. An die Bestätigung des Erhalts des Schreibens könne sie sich nicht mehr erinnern. Auf Nachfrage habe ihr Frau K. berichtet, sie könne sich erinnern, dass jemand durch die Abteilungen gegangen sei und gebeten habe, den Erhalt des Schreibens auf der Zweitschrift zu quittieren.
Im Übrigen verteidigt die Klägerin - unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - das angefochtene Urteil. Was die Eintragung der Beklagten zu 1) ins Handelsregister betreffe, sei das Informationsschreiben objektiv falsch. Es habe nicht einmal mit Sicherheit festgestanden, ob die Beklagte zu 1) überhaupt eingetragen werde und der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) tatsächlich Herr N. sein würde. Da die Beklagte zu 1) noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen sei, habe sie, die Klägerin, auch keine Erkundigungen anstellen können. Dass die Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt der Unterrichtung bereits als Vorgesellschaft rechtlich existent gewesen sei, ändere nichts an der Unrichtigkeit der Informationen. Der Fehler sei auch nicht durch die später erfolgte Eintragung geheilt worden. Denn anders als beim Wegfall des Sozialplanprivilegs sei der Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister nicht kraft Gesetzes festgelegt. Der gesetzlichen Unterrichtungspflicht werde nicht dadurch genügt, dass eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer „irgendwann und irgendwie“ Kenntnis von den in § 613a Abs. 5 BGB vorgegebenen Informationen erhalte. Es sei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zumutbar, täglich das Handelsregister einzusehen, ob eine fehlende Eintragung zwischenzeitlich nachgeholt worden sei. Schon aus Rechtssicherheitsgründen müsse die Widerspruchsfrist bei Erhalt der Informationen berechenbar sein. Die Information über die Eintragung der Abspaltung genüge ebenfalls nicht. Abgesehen davon, dass von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht erwartet werden könne, dass sie aus dieser Information die Schlussfolgerung ziehen, dass nunmehr auch die Beklagte zu 1) ins Handelsregister eingetragen sein müsse, entspreche die Mitarbeiterinformation vom 2. Mai 2011 auch nicht den formalen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Nachunterrichtung. Der Widerspruch sei auch weder rechtsmissbräuchlich, noch verwirkt. Sie habe lediglich die allgemeinen Tariferhöhungen erhalten. Schließlich sei der Beklagten zu 2) ihre Weiterbeschäftigung auch nicht unmöglich.
Aus den Gründen
Die Berufung der Beklagten zu 2) hat keinen Erfolg. Im Übrigen ist das Verfahren aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 1) nach § 240 ZPO unterbrochen. Soweit das Verfahren nicht unterbrochen ist, konnte nach § 64 Abs. 6 ArbGG, § 301 ZPO durch Teilurteil entschieden werden.
I. Die Berufung der Beklagten zu 2) ist zulässig. Sie ist nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht iSv. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.
II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage gegen die Beklagte zu 2) zu Recht stattgegeben.
1. Der Antrag auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) ist zulässig und begründet.
a) Wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, steht der Zulässigkeit des Antrags nicht entgegen, dass die Klägerin mit dem gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Kündigungsschutzantrag gleichzeitig die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1) begehrt. Hiergegen hat die Beklagte zu 2) in der Berufungsinstanz auch keine Einwände mehr erhoben.
b) Der Antrag ist auch begründet. Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) besteht ein Arbeitsverhältnis.
Aufgrund des Widerspruchs der Klägerin vom 29. November 2011 ist das mit der Beklagten zu 2) begründete Arbeitsverhältnis nicht mit Wirkung ab dem 2. Mai 2011 auf die Beklagte zu 1) übergegangen, sondern besteht mit der Beklagte zu 2) fort. Zwar ist der Betrieb „POSS“, dem die Klägerin bei der Beklagten zu 2) zuletzt zugeordnet war, im Zuge einer Unternehmensabspaltung zum 2. Mai 2011 auf die Beklagte zu 1) übergegangen mit der Folge, dass die Beklagte zu 1) nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auch in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis der Klägerin eingetreten war. Jedoch wirkt ein nach einem Betriebsübergang erklärter Widerspruch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück (BAG 21. April 2016 - 8 AZR 728/14 - Rn. 25 mwN.).
Der mit anwaltlichem Schreiben vom 29. November 2011 erklärte Widerspruch der Klägerin gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 1) ist wirksam. Das Recht der Klägerin nach § 613a Abs. 6 BGB, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 1) zu widersprechen, war zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerspruchs weder erloschen noch verwirkt. Dessen Ausübung ist auch nicht aus sonstigen Gründen als rechtsmissbräuchlich anzusehen.
aa) Das Widerspruchsrecht war nicht nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wegen Fristablaufs erloschen.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Informationsschreiben über den geplanten Betriebsübergang dem Schreiben der Beklagte zu 2) vom 21. Februar 2011, welches die Klägerin unstreitig erhalten hat, beigefügt war. Es kann deshalb auch offen bleiben, welche inhaltliche Bedeutung iSd. § 416 ZPO der Unterschrift der Klägerin auf der Zweitschrift des Schreibens vom 21. Februar 2011 zukommt und ob der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 13. September 2018 geschilderte Sachverhalt geeignet wäre, im Rahmen des § 286 ZPO den Beweiswert der schriftlichen Empfangsbestätigung zu erschüttern (dazu BGH 22 Mai 2014 - I ZR 109/13 - Rn. 21 f.; vgl. auch BAG 19. Februar 1997 - 5 AZR 83/96 - Rn. 20 zitiert nach juris, NZA 1997, 652; Schaub/Linck, ArbRHb 17. Aufl. § 98 Rn. 110). Denn auch dann, wenn die Klägerin das Informationsschreiben im Februar 2011 erhalten haben sollte, war das Widerspruchsrecht nicht erloschen. Die in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB für den Widerspruch vorgesehene Frist von einem Monat nach der Unterrichtung über den Betriebsübergang ist weder durch das Informationsschreiben von Februar 2011 noch zu einem späteren Zeitpunkt in Lauf gesetzt worden.
(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 BGB, wonach Beschäftigte dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats „nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5“ widersprechen können. Damit setzt § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechende Unterrichtung voraus. Im Übrigen ergibt sich dies auch zwingend aus dem Sinn und Zweck der in § 613a Abs. 5 BGB geregelten Unterrichtungspflicht. Danach haben das Veräußererunternehmen und/oder das Erwerberunternehmen die Beschäftigten so zu informieren, dass diese sich über die Person der Betriebserwerberin oder des Betriebserwerbers und die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände „ein Bild machen“ können. Sie sollen durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung ihres Widerspruchsrechts erhalten. Den Beschäftigten soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (vgl. BAG 15. Dezember 2016 - 8 AZR 612/15 - Rn. 34 mwN.).
(2) Danach ist die Widerspruchsfrist weder durch das Informationsschreiben von Februar 2011, noch durch die spätere Eintragung der Beklagten zu 1) ins Handelsregister am 8. März 2011, noch durch die Mitarbeiterinformation vom 2. Mai 2011 über die Eintragung der Abspaltung ins Handelsregister in Lauf gesetzt worden.
(a) Das Informationsschreiben von Februar 2017 genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterrichtung, da es unzutreffende Angaben über die Betriebserwerberin enthielt und diese damit nicht ausreichend identifizierbar iSd. § 613a Abs. 5 BGB war.
(aa) Zur Identifizierbarkeit des Erwerberunternehmens gehört die vollständige Firmenbezeichnung, die Nennung des Firmensitzes, um ggf. das zuständige Handelsregister einsehen zu können, die Angabe einer Geschäftsadresse, um ggf. einen Widerspruch gegenüber dem Erwerberunternehmen erklären zu können, sowie die Nennung der gesetzlichen Vertretung des Unternehmens oder zumindest einer identifizierbaren natürlichen Person mit Personalkompetenz als Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 20; BAG 15. Dezember 2016 - 8 AZR 612/15 - Rn.47).
(bb) In dem Informationsschreiben von Februar 2011 heißt es, die den Betrieb übernehmende Gesellschaft sei „die POS S. mbH, eingetragen im Handelsrester des Amtsgerichts Potsdam“.
Diese Information war zum Zeitpunkt der Unterrichtung objektiv unzutreffend. Ausweislich des von der Klägerin eingereichten Handelsregisterauszugs vom 29. Januar 2018 (Bl. 207 d.A.) war die Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt der Unterrichtung zwar schon gegründet, aber noch nicht im Handelsregister eingetragen. Bis zu ihrer Eintragung am 8. März 2011 existierte damit nur eine Vorgesellschaft auch „Vor-GmbH“ oder „GmbH in Gründung (GmbH iGr.)“ genannt. Eine Vorgesellschaft kann als Personengesellschaft eigener Art zwar grundsätzlich schon am Rechtsverkehr teilnehmen (Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 21. Aufl. § 11 Rn. 6 und 12) und auch Trägerin eines Unternehmens und damit zugleich Betriebserwerberin sein (Grau/Schaut, NZA 2018, 216), hat aber noch keine volle Rechtsfähigkeit (Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 21. Aufl. § 11 Rn. 6 und 12) und ist insbesondere nicht mit der nach § 11 Abs. 1 GmbHG erst durch die Eintragung ins Handelsregister entstehenden Vollgesellschaft identisch (vgl. Grau/Schaut, NZA 2018, 216 f.). Zudem unterscheidet sich eine GmbH in Gründung von einer Voll-GmbH gerade auch dadurch, dass sie nicht ins Handelsregister eingetragen ist und demzufolge auch keine weiteren Erkundigungen über sie durch Einsichtnahme in das Handelsregister eingeholt werden können.
(cc) Die Beklagte zu 2) kann auch nicht damit gehört werden, die Formulierung „eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam“ sei dahin zu verstehen, dass die Betriebserwerberin in das zuständige Handelsregister (noch) „einzutragen sei bzw. eingetragen werde“.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bei einer eintragungspflichtigen Betriebserwerberin - wie der Beklagte zu 1) - die bereits erfolgte Eintragung ins Handelsregister zwingende Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB ist (insoweit zumindest missverständlich ErfK/Preis, 18. Aufl. § 613a BGB Rn. 88; MüKo/Müller-Glöge, 7. Aufl,. § 613a Rn. 106) oder ob die Unterrichtung grundsätzlich auch schon zu einem Zeitpunkt möglich ist, zu dem sich die Betriebserwerberin noch im Gründungstadium befindet (so Grau/Schaut, NZA 2018, 217 unter Verweis auf BAG 21. August 2008 - 8 AZR 407/07 - Rn. 36 ff. und BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 21). Denn jedenfalls muss dieser Umstand offengelegt und eine sich noch im Stadium der Vorgesellschaft befindliche zukünftige GmbH z.B. durch den Zusatz „iGr.“ als solche bezeichnet werden (vgl. BAG 21. August 2008 - 8 AZR 407/07 - Rn. 36 ff. und BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 21; Grau/Schaut, NZA 2018, 217). Daran fehlt es vorliegend.
Die Formulierung „eingetragen“ ist eindeutig und kann nur so verstanden werden, dass die Betriebserwerberin im Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam bereits eingetragen ist und nicht erst noch eingetragen werden soll. Das Unterrichtungsschreiben enthält auch sonst keinen Hinweis, dass sich die Betriebserwerberin noch im Stadium der Vorgesellschaft befindet. Im Gegenteil wird die Betriebserwerberin durchgängig als GmbH bezeichnet, gleichwohl dies zum Zeitpunkt der Unterrichtung objektiv unrichtig war.
(dd) Der Fehler ist vorliegend auch nicht schon deshalb unbeachtlich, weil in dem Unterrichtungsschreiben darauf hingewiesen wurde, dass die H. PBS AG gegenüber der Betriebserwerberin eine im Konzern übliche Patronatserklärung abgeben werde und es insofern auf die Höhe des Stammkapitals nicht ankommt - wie die Beklagte zu 2) meint. Abgesehen davon, dass die Angabe „im Konzern übliche Patronatserklärung“ nichts darüber aussagt, ob es sich um eine sog. harte und damit verbindliche oder nur um eine sog. weiche und damit mehr oder weniger rechtlich unverbindliche Erklärung handelt (vgl. dazu BeckOGK/Harnos, Stand 01.06.2018, § 765 BGB Rn. 614), ändert die Ankündigung, eine solche Erklärung abgeben zu wollen, nichts daran, dass die Identität der Betriebserwerberin zum Zeitpunkt der Unterrichtung unklar war.
(b) Die fehlerhafte Unterrichtung ist auch nicht automatisch dadurch geheilt worden, dass die Beklagte zu 1) am 8. März 2011 nachträglich ins Handelsregister eingetragen worden ist. Um die Widerspruchsfrist in Lauf zu setzen, hätte es vielmehr einer ausdrücklichen Korrektur bedurft.
(aa) Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Wegfall der Sozialplanprivilegierung eines neu gegründeten Unternehmens nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BGB (BAG 15. Dezember 2016 - 8 AZR 612/15 - Rn. 37 ff.) ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob der Entscheidung in jedem Fall zu folgen ist, gleichwohl der Zeitpunkt des Wegfalls der Sozialplanprivilegierung und damit auch der an den Wegfall der Sozialplanprivilegierung anknüpfende Beginn der Widerspruchsfrist für die Beschäftigten im Einzelfall unklar sein kann. Der Privilegierungszeitraum von vier Jahren seit der Gründung eines neuen Unternehmens beginnt nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit, die nach § 138 AO dem Finanzamt mitzuteilen ist. Der Zeitpunkt der Aufnahme der Erwerbstätigkeit muss aber nicht zwingend mit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs zusammenfallen (vgl. BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 26).
(bb) Anders als bei der Sozialplanprivilegierung geht es vorliegend nicht um den Wegfall eines für die Ausübung des Widerspruchsrechts wesentlichen, aber von vornherein zeitlich befristeten Umstands, sondern um eine unzutreffende Bezeichnung der Betriebserwerberin. Es geht nicht darum, dass es die Beklagte zu 2) unterlassen hat, im Unterrichtungsschreiben auf einen Umstand hinzuweisen, der aufgrund bloßen Zeitablaufs seine Bedeutung für die Ausübung des Widerspruchsrechts verliert, sondern um die Identifizierbarkeit der Betriebserwerberin. Die Klägerin konnte sich zum Zeitpunkt der Unterrichtung über die zukünftige Inhaberin des Betriebes „kein Bild machen“ und auch keine weitergehenden Erkundigungen einholen, weil die in dem Informationsschreiben von Februar 2011 benannte Beklagte zu 1) rechtlich noch gar nicht existent war. Durch Einsicht in das Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam konnte die Klägerin nur feststellen, dass die Angaben in dem Informationsschreiben unzutreffend sind und eine „POS S. mbH“ mit Sitz in Falkensee nicht existiert. Da das Informationsschreiben auch keinen Hinweis auf eine Vorgesellschaft enthielt, die bereits über einen Firmensitz, eine Geschäftsanschrift und einen Geschäftsführer verfügt und deren Eintragung ins Handelsregister beantragt ist, konnte die Klägerin auch nicht anderweitig Erkundigungen über die zukünftige Betriebserwerberin einholen. Sie hatte auch keinen Grund für die Annahme, dass die Eintragung demnächst erfolgen werde und die Widerspruchsfrist dann zu laufen beginnt.
(cc) Außerdem gibt es für die Eintragung einer GmbH ins Handelsregister - anders als für den Wegfall der Sozialplanprivilegierung - keine gesetzliche Frist, ab der eine GmbH automatisch als ins Handelsregister eingetragen gilt. Im Unterschied zu einer unvollständigen Information wegen eines unterlassenen Hinweises auf eine Sozialplanprivilegierung wird eine zunächst fehlerhafte oder unvollständige Unterrichtung über die Existenz einer GmbH nicht kraft Gesetzes durch bloßen Zeitablauf richtig oder vollständig (vgl. dazu BAG 15. Dezember 2016 - 8 AZR 612/15 - Rn. 41).
(c) Schließlich ist die Unterrichtung auch nicht durch die Mitarbeiterinformation vom 2. Mai 2011 korrigiert oder vervollständigt worden.
(aa) Zwar können Fehler im Unterrichtungsschreiben auch noch nachträglich korrigiert und eine unzureichende Information nachträglich vervollständigt werden, mit der Folge, dass die Widerspruchsfrist mit der Korrektur oder der Vervollständigung zu laufen beginnt. Dies setzt aber voraus, dass die Korrektur oder die Vervollständigung in der gesetzlichen Form erfolgt und im Falle einer Vervollständigung aus Gründen der Rechtsklarheit auch als solche bezeichnet wird, damit die betroffenen Beschäftigten über den dadurch in Gang gesetzten Lauf der Widerspruchsfrist Kenntnis erlangen (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 21).
(bb) Diesen Anforderungen genügt die Mitarbeiterinformation vom 2. Mai 2011 nicht.
Zum einen enthält die Mitarbeiterinformation vom 2. Mai 2011 keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die Beklagte zu 1) im Handelsregister eingetragen ist. Es wird den Beschäftigten nur mitgeteilt, dass die Abspaltung iSd. § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG ins Handelsregister eingetragen und damit der Betriebsübergang auf die Beklagte zu 1) vollzogen sei. Aus der Eintragung der Abspaltung ins Handelsregister müsste die Klägerin auch nicht auf die Eintragung der Beklagte zu 1) im Handelsregister schließen. Denn von juristischen Laien wie der Klägerin kann nicht erwartet werden, dass ihnen dieser rechtliche Zusammenhang bekannt ist.
Zum anderen enthält die Mitarbeiterinformation keinerlei Hinweis darauf, dass durch die Mitarbeiterinformation Fehler im ursprünglichen Unterrichtungsschreiben korrigiert werden sollten. Die Klägerin hatte deshalb keinen Anlass anzunehmen, dass die Widerspruchsfrist nunmehr zu laufen begonnen habe.
bb) Das Widerspruchsrecht der Klägerin war auch nicht verwirkt.
(1) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, Schuldnerinnen oder Schuldner stets dann von ihrer Verpflichtung zu befreien, wenn deren Gläubigerin oder Gläubiger längere Zeit ihre oder seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Die oder der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass sie oder er das Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass die oder der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten der oder des Verpflichteten das Interesse der oder des Berechtigten derart überwiegen, dass der oder dem Verpflichteten die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG 24 August 2017 - 8 AZR 265/16 - Rn.18).
(a) Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig in dem Sinne, dass beide Elemente bildhaft im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden sind. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für die Gegenseite unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch oder Recht verwirken. Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger Beschäftigte bereits für das Erwerberunternehmen gearbeitet haben, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl der oder des Berechtigten als auch der oder des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für die oder den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 24 August 2017
- 8 AZR 265/16 - Rn. 19).
(b) Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn das Veräußererunternehmen aufgrund des Verhaltens der Beschäftigten davon ausgehen darf, das Widerspruchsrecht werde nicht mehr ausgeübt. Dies ist der Fall, wenn Beschäftigte zu erkennen gegeben haben, dass sie den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf das Erwerberunternehmen und dieses damit als ihre neue Arbeitgeberin oder ihren neuen Arbeitgeber akzeptiert haben. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn Beschäftigte über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Erwerberunternehmen disponiert haben (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 31; BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 44).
(c) Hingegen stellt die widerspruchslose Weiterarbeit beim Erwerberunternehmen grundsätzlich keinen Sachverhalt dar, durch den das Umstandsmoment verwirklicht werden könnte. Denn mit der Weiterarbeit erfüllen Beschäftigte lediglich die ihnen gegenüber der neuen Betriebsinhaberin oder dem neuen Betriebsinhaber obliegenden Vertragspflichten. Sie lassen zwar erkennen, dass sie das Erwerberunternehmen als ihre Arbeitgeberin oder ihren Arbeitgeber ansehen. Dies entspricht jedoch nur der im Zeitpunkt der Tätigkeit bestehenden objektiven Rechtslage (vgl. BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/18 - Rn. 27; BAG 2. April 2009 - 8 AZR 318/07 - Rn. 22).
Anders ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Situation zu bewerten, wenn Beschäftigte über den (geplanten) Zeitpunkt und den Gegenstand des Betriebsübergangs, das Erwerberunternehmen und den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses (grundlegende Informationen) in Textform unterrichtet und über ihr Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB belehrt worden sind und in Kenntnis ihres Widerspruchsrechts über einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren widerspruchslos weitergearbeitet haben, wobei der für die Erfüllung des Zeitmoments maßgebliche Zeitraum frühestens mit dem Betriebsübergang beginne (BAG 24. August 2017 - 8 AZR 265/18 - Rn. 24 ff.). Unter diesen Voraussetzungen genüge schon die bloße Weiterarbeit, um beim Veräußererunternehmen regelmäßig ein schutzwürdiges Vertrauen dahin zu begründen, dass die Beschäftigten das Erwerberunternehmen als ihre neue Arbeitgeberin oder ihren neuen Arbeitgeber akzeptiert haben und das Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben werden (BAG 24. August 2017
- 8 AZR 265/18 - Rn. 26 u. 30).
(d) Ebenso wenig wie in der Regel die bloße Weiterarbeit sind Vereinbarungen mit dem Erwerberunternehmen, durch die einzelne Arbeitsbedingungen - wie etwa die Art und der Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung oder die Höhe der Arbeitsvergütung - geändert werden, geeignet, beim Veräußererunternehmen ein schutzwürdiges Vertrauen dahin auszulösen, dass das Widerspruchsrecht nicht mehr ausgeübt wird (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32). Aus solchen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses üblichen Anpassungen der Vertragsbedingungen lässt sich kein höherer Erklärungswert im Sinne einer Akzeptanz des Erwerberunternehmens als aus der widerspruchslosen Weiterarbeit ableiten (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 700/10 - Rn. 36). Als Dispositionen über den Bestand des Arbeitsverhältnisses sind nur solche Vereinbarungen oder Verhaltensweisen der Beschäftigten anzusehen, durch die es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt. Dies können insbesondere der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung mit dem Erwerberunternehmen oder die widerspruchslose Hinnahme einer vom Erwerberunternehmen ausgesprochenen Kündigung sein. Auch eine Vereinbarung mit dem Erwerberunternehmen, durch die das Arbeitsverhältnis auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt wird, die nicht mehr als Fortführung des bisherigen Vertrages angesehen werden kann, stellt eine Disposition über das Arbeitsverhältnis dar (vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 18/10 - Rn. 32). Hingegen begründet die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung des Erwerberunternehmens kein Umstandsmoment. Denn durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage soll ja gerade der Bestand des Arbeitsverhältnisses gesichert werden und wird nicht über ihn disponiert (vgl. BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 32).
(2) Danach fehlt es vorliegend am erforderlichen Umstandsmoment.
(a) Die widerspruchslose Weiterarbeit der Klägerin bei der Beklagten zu 1) ab dem 2. Mai 2011 stellt kein hinreichendes Umstandsmoment dar. Das gilt auch für die Weiterarbeit der Klägerin nach dem Zugang der Kündigung der Beklagte zu 1) vom 28. Juli 2017.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Unterrichtung der Klägerin über die Betriebserwerberin durch das Schreiben von Februar 2011 trotz seiner ursprünglichen, zwischenzeitlich behobenen Fehlerhaftigkeit den Anforderungen an die grundlegenden Informationen im Sinne der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt. Denn jedenfalls fehlt es an der weiteren Voraussetzung, dass die Klägerin über einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren widerspruchslos bei der Beklagten zu 1) weitergearbeitet hat. Zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerspruchs mit Schreiben vom 29. November 2017 lag der Betriebsübergang erst etwas mehr als sechseinhalb Jahre und damit noch keine sieben Jahre zurück.
Die Berufungskammer sieht auch keinen Anlass, von dem vom Bundesarbeitsgericht für angemessen erachteten Zeitraum von sieben Jahren nach unten abzuweichen und bereits einen Zeitraum von sechseinhalb Jahren, wie er der Beklagten zu 2) vorschwebt, für die abweichende Bewertung der bloßen Weiterarbeit als Umstandsmoment genügen zu lassen. Der Beklagten zu 2) kann auch darin nicht gefolgt werden, dass der für das Zeitmoment maßgebliche Zeitraum bereits mit den grundlegenden Informationen beginnt und nicht erst mit den Betriebsübergang. Denn eine widerspruchslose Weiterarbeit beim Erwerberunternehmen ist denklogisch erst ab dem Übergang des Betriebes möglich.
(b) Der Umstand, dass die Klägerin Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 28. Juli 2017 erhoben hat und gegenüber der Beklagten zu 1) ihre vorläufige Weiterbeschäftigung sowie ihren Urlaub für 2017 geltend gemacht hat, genügt als Umstandsmoment ebenfalls nicht. Dadurch hat die Klägerin über ihr Arbeitsverhältnis gerade nicht disponiert, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie an dem Arbeitsverhältnis festhalten will, und im Übrigen im Rahmen einer Kündigungsschutzklage übliche Ansprüche geltend gemacht.
Entsprechendes gilt für die von der Beklagten zu 2) behaupteten und von der Klägerin bestrittenen Vereinbarungen über eine Gehaltserhöhung. Denn selbst wenn die Beklagte zu 1) nicht nur die der Klägerin arbeitsvertraglich zustehenden Tariferhöhungen an die Klägerin weitergegeben haben sollte - wie die Klägerin behauptet -, wurde dadurch das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf eine völlig neue Grundlage gestellt.
(c) Schließlich ist, da das Arbeitsverhältnis der Klägerin keinen Konzernbezug aufweist, auch unerheblich, dass die Beklagte zu 1) ursprünglich zum selben Konzern gehörte und denselben Geschäftsführer wie die Beklagte zu 2) hatte und die Klägerin, nach dem Ausscheiden der Beklagten zu 1) aus dem Konzern zum 1. Juni 2017 noch mehrere Monate verstreichen ließ, bevor sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 1) widersprach.
cc) Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2) ist die Ausübung des Widerspruchsrechts auch sonst nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Dass die Klägerin von ihrem Widerspruchsrecht erst nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte zu 1) Gebrauch gemacht hat, ist nicht rechtsmissbräuchlich, sondern entspricht dem gerade auch durch das Widerspruchsrecht geschützten legitimen Interesse der Klägerin, an ihrem Arbeitsverhältnis festzuhalten.
2. Der im Berufungsverfahren zuletzt gestellte Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung längstens bis zum 30. September 2018 ist ebenfalls zulässig und begründet.
a) Der Antrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Gegen die Umformulierung des Antrags in der Berufungsinstanz bestehen keine prozessualen Bedenken. Es handelt sich um eine bloße, gleichwohl sinnvolle Konkretisierung des Antrags, die letztlich auch im Wege der Auslegung möglich gewesen wäre (vgl. dazu die Ausführungen der Kammer im Beschluss vom 5. September 2018 - 21 Ta 967/18 - zur Bestimmtheit des vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Weiterbeschäftigungsanspruchs unter II. 2. b) dd) der Gründe, Bl. 648 - 651 d.A.).
b) Der Antrag ist mit der zeitlichen Begrenzung auf den 30. September 2018 auch begründet.
aa) Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 - GS 1/84 - (AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) hat eine gekündigte Arbeitnehmerin oder ein gekündigter Arbeitnehmer nach dem Ablauf der Kündigungsfrist einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung bis zur endgültigen Klärung der Wirksamkeit der Kündigung, soweit kein überwiegendes schützenswertes Interesse der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers dem Beschäftigungsanspruch entgegensteht. Ist durch arbeitsgerichtliche Entscheidung festgestellt worden, dass die Kündigung unwirksam ist, ist ein überwiegendes Interesse der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nur gegeben, wenn besondere Umstände vorhanden sind, die der Weiterbeschäftigung entgegenstehen.
bb) Umstände, die einer vorläufigen Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 27. Februar 2018 am 30. September 2018 entgegenstehen, hat die Beklagte zu 2) nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Soweit sie sich darauf beruft, eine vorläufige Weiterbeschäftigung der Klägerin sei ihr nicht möglich bzw. nicht zumutbar, fehlt es an einem substantiierten, nachprüfbaren Vortrag (zur Darlegungs- und Beweislast Palandt/Grüneberg, 77. Aufl. § 275 Rn. 34; BeckOK ZPO/Stürner, Stand 01.07.2018 § 888 Rn. 18; MüKo ZPO/Gruber, 5. Aufl. 2016 § 888 Rn. 13; KR/Rinck, 11. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 314).
(1) Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für die Person des Schuldners oder für jedermann unmöglich ist. Neben der hier nicht vorliegenden objektiven Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 Alt. 2 BGB) regelt die Vorschrift auch die subjektive Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Eine subjektive Unmöglichkeit ist gegeben, wenn zwar andere die Leistung erbringen könnten, der Schuldnerin oder dem Schuldner selbst jedoch diese Fähigkeit fehlt oder verloren gegangen ist, weil sie oder er das Leistungshindernis, das auch in der notwendigen Mitwirkung einer oder eines anderen bestehen kann, nicht überwinden kann (BAG 21. März 2018 - 10 AZR 560/16 - Rn. 18 mwN.). Dabei kann es sich sowohl um eine tatsächlich als auch eine rechtliche Unmöglichkeit handeln.
Ferner steht der Schuldnerin oder dem Schuldner nach § 275 Abs. 2 Satz 1 BGB ein Leitungsverweigerungsrecht zu, wenn die Leistungserbringung mit einem Aufwand verbunden ist, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zum Leistungsinteresse der Gläubigerin oder des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der der Schuldnerin oder dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist nach § 275 Abs. 2 Satz 2 BGB auch zu berücksichtigen, ob die Schuldnerin oder der Schuldner das Leitungshindernis zu vertreten hat.
(2) Danach ist weder eine subjektive Unmöglichkeit gegeben, noch steht der Beklagte zu 2) nach § 275 Abs. 2 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu.
Tätigkeiten für eine kaufmännische Mitarbeiterin fallen bei der Beklagten zu 2) unstreitig an. Die Beklagte zu 2) hat auch weder behauptet noch dargelegt, dass darunter keine Tätigkeiten sind, die der Gehaltsgruppe A 4 des GTV Logistik Brandenburg entsprechen, oder dass die Klägerin aus rechtlichen Gründen oder mangels der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten tatsächlich nicht in der Lage wäre, die anfallenden Tätigkeiten auszuführen.
Die Beklagte zu 2) hat auch nicht dargelegt, dass der Aufwand, der mit einer vorläufigen Weiterbeschäftigung der Klägerin verbunden wäre, in einem groben Missverhältnis zum Interesse der Klägerin an der vorläufigen Weiterbeschäftigung steht. Sie hat sich lediglich darauf berufen, dass sämtliche in Frage kommenden Arbeitsplätze besetzt seien und es ihr nicht zumutbar sei, einen der besetzten Arbeitsplätze für die Gläubigerin frei zu machen. Sie hat jedoch weder vorgetragen, dass die auf den besetzten Arbeitsplätzen tätigen Beschäftigten im Fall der Weiterbeschäftigung der Klägerin nicht mehr ausgelastet bzw. unterbeschäftigt wären, noch, dass die auf den besetzten Arbeitsplätzen zu erledigenden Aufgaben nicht aufteilbar sind oder mit der Aufteilung ein wirtschaftlich unzumutbarer finanzieller Aufwand verbunden wäre.
III. Über die Verteilung der Kosten ist nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung im Schlussurteil zu entscheiden.
IV. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.