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Arbeitsrecht
21.11.2019
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Häusliche Umkleidezeiten als Arbeitszeit

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.8.2019 – 15 Sa 575/19

ECLI:DE:LAGBEBB:2019:0821.15SA575.19.00

Volltext: BB-ONLINE BBL2019-2867-5

Amtliche Leitsätze

1. Das Umziehen im Betrieb, soweit eine auffällige Bekleidung anzulegen ist, ist nach der Rechtsprechung des BAG auf jeden Fall fremdnützig, da es sich um eine Tätigkeit handelt, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient. Die ausschließliche Fremdnützigkeit entfällt nach hiesiger Ansicht jedenfalls dann nicht, wenn sich der Arbeitnehmer zu Hause umzieht und ihm eine zumutbare betriebliche Umkleidemöglichkeit durch den Arbeitgeber nicht zur Verfügung gestellt wird.

2. Der Arbeitsweg wird selbst dann nicht ausschließlich fremdnützig zurückgelegt, wenn wegen unzumutbarer Umkleidemöglichkeiten vor Ort die Uniform schon zu Hause angelegt werden muss. Der Arbeitsweg bleibt insofern mindestens auch eigennützig.

§ 241 Abs 2 BGB, § 611 BGB, § 16 Abs 2 ArbZG, § 37 Abs 1 TV-L

Die Entscheidung wurde durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18.09.2019, Az. 15 Sa 575/19, berichtigt.

Sachverhalt

1

Der 1956 geborene Kläger war aufgrund Arbeitsvertrags vom 06.01.1991 seit dem 01.01.1991 als Wachpolizist vollzeitig im Zentralen Objektschutz bei dem beklagten Land beschäftigt. Er ist mit einem Grad von 40 schwerbehindert und einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Im streitgegenständlichen Zeitraum seit Sommer 2015 war und ist er als Springer in zahlreichen zu bewachenden Objekten eingesetzt. Die Objekte wechselten teilweise mehrmals pro Woche. In dem hier relevanten Zeitraum wenden die Parteien auf ihr Arbeitsverhältnis den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12.10.2006, zuletzt geändert durch den Änderungstarifvertrag Nr. 10 vom 07.11.2017 (nachfolgend: TV-L) an, der auszugsweise lautet:

§ 6 Regelmäßige Arbeitszeit

(1) 1Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen …

b)beträgt im Tarifgebiet West 38,5 Stunden für die nachfolgend aufgeführten Beschäftigten:

aa)Beschäftigte, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit leisten …

2Bei Wechselschichtarbeit werden die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen in die Arbeitszeit eingerechnet. 3Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf fünf Tage, aus dringenden betrieblichen/dienstlichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden.

(2) 1Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. 2Abweichend von Satz 1 kann bei Beschäftigten, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, sowie für die Durchführung so genannter Sabbatjahrmodelle ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.

(3) 1Soweit es die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse zulassen, wird die/der Beschäftigte am 24. Dezember und am 31. Dezember unter Fortzahlung des Tabellenentgelts und der sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile von der Arbeit freigestellt. 2Kann die Freistellung nach Satz 1 aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht erfolgen, ist entsprechender Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten zu gewähren. 3Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für jeden gesetzlichen Feiertag, sowie für den 24. Dezember und 31. Dezember, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden.

Protokollerklärung zu § 6 Absatz 3 Satz 3:

Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit betrifft die Beschäftigten, die wegen des Dienstplans am Feiertag frei haben und deshalb ohne diese Regelung nacharbeiten müssten.

§ 7 Sonderformen der Arbeit

(1) 1Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden. 2Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. 3Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen.

…   

(5) Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr. …

(7) Überstunden sind die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten (§ 6 Absatz 1) für die Woche dienstplanmäßig beziehungsweise betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden.

(8) Abweichend von Absatz 7 sind nur die Arbeitsstunden Überstunden, die …

c)im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden einschließlich der im Schichtplan vorgesehenen Arbeitsstunden, die bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden,

angeordnet worden sind.

§ 8 Ausgleich für Sonderformen der Arbeit …

(7) 1Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von 105 Euro monatlich. …

§ 26 Erholungsurlaub

(1) 1Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). 2Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage. 3Arbeitstage sind alle Kalendertage, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten haben oder zu arbeiten hätten, mit Ausnahme der auf Arbeitstage fallenden gesetzlichen Feiertage, für die kein Freizeitausgleich gewährt wird. 4Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch entsprechend. 5Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. 6Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt werden; er kann auch in Teilen genommen werden.

Protokollerklärung zu § 26 Absatz 1 Satz 6:

Der Urlaub soll grundsätzlich zusammenhängend gewährt werden; dabei soll ein Urlaubsteil von zwei Wochen Dauer angestrebt werden.

§ 27 Zusatzurlaub

…   

(2) Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Absatz 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Absatz 2 leisten und denen die Zulage nach § 8 Absatz 7 Satz 1 oder Absatz 8 Satz 1 zusteht, erhalten einen Arbeitstag Zusatzurlaub

a)bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate …

Protokollerklärung zu § 27 Absatz 2 und 3:

1Der Anspruch auf Zusatzurlaub bemisst sich nach der abgeleisteten Schicht- oder Wechselschichtarbeit und entsteht im laufenden Jahr, sobald die Voraussetzungen nach Absatz 2 oder 3 erfüllt sind. 2Für die Feststellung, ob ständige Wechselschichtarbeit oder ständige Schichtarbeit vorliegt, ist eine Unterbrechung durch Arbeitsbefreiung, Freizeitausgleich, bezahlten Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit in den Grenzen des § 22 unschädlich.

(4) 1Zusatzurlaub nach diesem Tarifvertrag und sonstigen Bestimmungen mit Ausnahme von § 125 SGB IX wird nur bis zu insgesamt sechs Arbeitstagen im Kalenderjahr gewährt. …

(5) Im Übrigen gilt § 26 mit Ausnahme von Absatz 2 Buchstabe b entsprechend.

Das beklagte Land zahlte an den Kläger im März 2019 ein monatliches Tarifentgelt nach der Entgeltgruppe 5 Stufe 6 (W) TV-L in Höhe von 3.028,23 € brutto zuzüglich einer Wechselschichtzulage von 105,00 €. Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers im erstinstanzlich ruhend gestellten Eingruppierungsverfahren zum Az. 16 Ca 6122/15 vor dem Arbeitsgericht Berlin, in dem der Kläger seine zutreffende Eingruppierung in die Entgeltgruppen 8 TV-L geltend macht.

Die Aufgaben des zentralen Objektschutzes, dem der Kläger zugeordnet ist, werden durchgehend an sämtlichen Kalendertagen des Jahres an 24 Stunden wahrgenommen. Das beklagte Land führte am 25.06.2015 das Arbeitszeitzeitmodell Metropolitan auf der Grundlage der Geschäftsanweisung „Dir ZA Nr. 3/2015 über die Einführung neuer Arbeitszeitregelungen in der Direktion Zentrale Aufgaben Zentraler Objektschutz“ (nachfolgend: GA) ein, zunächst mit Zustimmung des Personalrats probeweise für die Dauer eines Jahres sowie längstens bis zum 24.06.2020. In dieser GA ist für die Tarifbeschäftigten im Objektschutz (TB OS) auszugsweise das Folgende geregelt:

2.2 Schichtplan

(1) Der Schichtplan bildet die Grundlage für die Berechnung der Arbeitszeit/Anwesenheitszeit. Dieser umfasst die nachfolgend dargestellten drei Schichtarten:

für TB OS:

 

Kurz   

Bezeichnung

Beginn

Ende   

u. Pause

Länge 

F       

Frühschicht

06:30 

14:45 

30 min

8:15   

S       

Spätschicht

14:30 

22:45 

30 min

8:15   

N       

Nachtschicht

22:30 

06:45 

30 min

8:15   

 

 

 (2) Die Dienstzeiten beinhalten die erforderlichen Übernahme- und Übergabetätigkeiten.

 (3) Gemäß dem nachfolgenden Schichtplan wird bei durchschnittlich 4,67 Dienstantritten pro Woche innerhalb von 9 Wochen die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche geltende Arbeitszeit/Anwesenheitszeit geleistet:

 

  

Mo    

Di    

Mi    

Do    

Fr    

Sa    

So    

Woche 1

F       

F       

S       

S       

N       

N       

        

Woche 2

        

*       

F       

F       

S       

S       

N       

Woche 3

N       

        

        

*       

F       

F       

S       

Woche 4

S       

N       

N       

        

        

*       

F       

Woche 5

F       

S       

S       

N       

N       

        

        

Woche 6

*       

F       

F       

S       

S       

N       

N       

Woche 7

        

        

*       

F       

F       

S       

S       

Woche 8

N       

N       

        

        

*       

F       

F       

Woche 9

S       

S       

N       

N       

        

*       

        

 

Nach Ziffer 2.5 (1) der GA wird die Arbeitszeit bzw. Anwesenheitszeit aller Dienstkräfte des ZOS (Zentraler Objektschutz) auf einem Zeitkonto im Verfahren PuZMan (Personal- und Zeitmanagement) gebucht. Nach Ziffer 3 (1) erfolgt die Urlaubsberechnung in Schichten, wobei der Urlaubsanspruch für die TB OS pro Kalenderjahr 28 Schichten beträgt und der Gesamtfreizeitraum insgesamt 6 Wochen (42 Kalendertage) erreichen muss. Nach Ziffer 3 (6) erhalten die TB OS gemäß § 27 TV-L auf der Grundlage des Schichtplans maximal sechs Tage Zusatzurlaub im Kalenderjahr. Auf den weiteren Inhalt der GA wird Bezug genommen.

Das beklagte Land teilte die Arbeitnehmer im zentralen Objektschutz in neun Gruppen (A bis I) ein, die jeweils um einen Kalendertag versetzt nach Einführung des neuen Arbeitszeitmodells mit der ersten Frühschicht begonnen haben und entsprechend Ziffer 2.2. (3) GA fortlaufend in den drei verschiedenen Schichten (FFSSNNXXX) eingesetzt wurden. Der Kläger wurde der G-Gruppe zugeordnet. Auf die Dienstplanung für die G-Gruppe seit Einführung des neuen Arbeitszeitmodells bis zum Jahr 2017 wird Bezug genommen (Anlagen K 10, 11). Hierbei sind folgende Schichtzeiten vorgesehen: 6.30 - 14.45, 14.30 - 22.45 und 22.30 – 6.45 Uhr.

Der Kläger war verpflichtet, seine Tätigkeit in der ihm zur Verfügung gestellten Dienstuniform und persönlichen Schutzausrüstung auszuüben, deren Bestandteile zwischen den Parteien unstreitig sind. Auf der Oberbekleidung der Uniform ist in weißer Schrift auf dunklem Untergrund der Schriftzug „POLIZEI“ aufgebracht. Der Kläger ist Träger einer Dienstwaffe (Faustfeuerwaffe), die nach der Geschäftsanweisung ZSE II Nr. 1/2016 über den Umgang mit Faustfeuerwaffen in streifenfertigem Zustand zu führen ist, d.h. mit Reservemagazin und Munition, geladen und entspannt.

Das beklagte Land stellt seinen Mitarbeitern im zentralen Objektschutz frei, ob sie ihren Weg zum und vom Dienst in Uniform oder bürgerlicher Kleidung zurücklegen und ob sie das ihnen in einer Polizeidienststelle zur Verfügung gestellte Waffenschließfach zur Verwahrung der Waffe außerhalb der Dienstzeiten nutzen oder die Dienstwaffe zuhause in einem gegebenenfalls privat anzuschaffenden Waffenschließfach verwahren. Eine Kombination zwischen Uniformteilen und privater Kleidung ist nach der PDV 350 (Stand August 2007) Ziffer 3.2.4.1.5 nicht erlaubt. Wird die Waffe in der Polizeidienststelle geladen, erfolgt dies in sogenannten Ladeecken, in denen ein sich etwa lösender Schuss risikofrei abgefangen werden kann. Zuhause muss der Ladevorgang über einem splitterfreien Material (z.B. Sofa) erfolgen. Dem Kläger war bis zum 30.04.2017 ein Waffenschließfach in der Nebenwache in der Dorotheenstraße 89, 10117 Berlin und ab dem 01.05.2017 in der Nebenwache in der Friedrichstraße, 10117 Berlin zugewiesen. Ein Spind stand ihm dort nicht zur Verfügung. Ihre jeweilige Arbeitsschicht haben die Mitarbeiter nach Weisung des beklagten Landes mit vollständig angelegter Uniform nebst persönlicher Schutzausrüstung einschließlich der streifenfertigen Waffe anzutreten. Der Kläger legt arbeitstäglich in seiner Wohnung vor Dienstbeginn seine Uniform, die persönliche Schutzausrüstung und die Dienstwaffe an sowie nach Dienstende wieder ab, wobei er die Waffe in einem privat angeschafften Waffenschließfach in seiner Wohnung verwahrt. Bei Krankheit und Urlaub deponiert er die Waffe in dem ihm zugewiesenen Waffenschließfach. Der Kläger fährt mit dem Pkw zum Einsatzobjekt. Bei Schichtübergabe müssen Informationen ausgetauscht und teilweise Einsatzmittel (z.B. Funkgeräte) überprüft werden. Dafür rechnet das beklagte Land 15 Minuten ein. Erfolgt die Ablösung schneller, erhalten die Wachpolizisten trotzdem die volle Übergabezeit angerechnet.

Das beklagte Land berechnete den Zusatzurlaub, ebenso wie den Erholungsurlaub gemäß § 26 TV-L, entsprechend der Geschäftsanweisung (GA) nach dem Schichtprinzip in der Weise, dass wöchentlich 4,67 Schichten zugrunde gelegt und für jeden Urlaubstag eine freie Schicht gewährt werden.

Der Kläger hatte nach dem Dienstplan jährlich jeweils an weniger als 15 Sonntagen dienstfrei. Rechnet man die Sonntage hinzu, die in den seit 2015 vergangenen Jahren während des genommenen Urlaubs anfielen, wird diese Zahl jeweils überschritten. An weiteren Sonntagen hatte der Kläger deswegen frei, weil er arbeitsunfähig erkrankte.

Der Kläger hatte im Zeitraum von April 2017 bis Mai 2018 an insgesamt fünf Feiertagen dienstplanmäßig frei. Dies waren der 17.04.2017, 25.12.2017, 26.12.2017, 01.05.2018 und 10.05.2018.

Mit Schreiben vom 21.12.2016 machte der Kläger gegenüber dem beklagten Land u.a. Ansprüche betreffend die Vergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten, die Gewährung von Ruhe- und Ausgleichszeiten und die zutreffende Berechnung für Überstunden geltend, die er – nach Ablehnung der Ansprüche durch das beklagte Land mit Schreiben – mit seiner Klage weiterverfolgt. In dessen Verlauf hat er teilweise die Klage erweitert und die Anträge umformuliert.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass er gezwungen sei, sich zu Hause umzukleiden, zu rüsten und seine Waffe anzulegen und zu laden, da angemessene und zumutbare Umkleidemöglichkeiten weder am Einsatzort noch in den Nebenwachen bestünden. An keinem der von ihm zu bewachenden Objekte habe ihm ein abschließbarer Spind zur Verfügung gestanden. Er benötige etwa 8 Minuten, um sich zu Hause in den zum Dienstantritt erforderlichen Ausrüstungszustand mit Uniform und persönlicher Schutzausrüstung zu versetzen. Weitere 4 Minuten benötige er, um die Dienstwaffe aus dem häuslichen Waffenfach zu entnehmen und zu laden. Die Wegezeit von der Wohnung zum Einsatzort und zurück sei als Arbeitszeit zu vergüten. Hierfür benötige er mit seinem Pkw, abhängig von Strecke, Verkehrsaufkommen und Tageszeit, regelmäßig zwischen 21 und 59 Minuten pro Richtung. Die vom Land kalkulierten 15 Minuten für die reinen Übergabetätigkeiten reichten schon für diese nicht aus. Die auf das Umkleiden und Rüsten sowie auf die Wegezeiten entfallenden Zeiten seien als Überstunden außerhalb der dienstplanmäßig festgelegten Arbeitszeit zu beurteilen, die das beklagte Land wegen des Fehlens anderweitiger Umkleidemöglichkeiten für den Kläger konkludent angeordnet oder zumindest geduldet habe. Da ein Freizeitausgleich für die Überstunden nicht gewährt werde, seien diese nebst Überstundenzuschlag sowie weiteren Zuschlägen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit bei entsprechender Lage der Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten, nach Maßgabe der Regelungen in § 8 TV-L zu vergüten. Ein Anspruch auf Vergütung bestehe auch im Hinblick auf die zu beanspruchende Gleichbehandlung mit den Beamten und Tarifbeschäftigten im Polizeidienst der Polizeiabschnitte, denen für vorbereitende Tätigkeiten ein Buchungskorridor von 30 Minuten für jeden tatsächlich geleisteten Dienst gewährt werde. Die Tarifbeschäftigten in den Polizeiabschnitten seien mit dem Kläger trotz unterschiedlicher Aufgaben vergleichbar, da sie ebenfalls in Berlin nach dem TV-L Wechselschichtarbeit leisteten und vor und nach der Schicht vor- und nachbereitende Tätigkeiten zu erledigen hätten. Bei der Berechnung des Erholungsurlaubs nach § 26 TV-L und des Zusatzurlaubs für Wechselschichtarbeit nach § 27 TV-L lege das beklagte Land unzutreffend das Schichtprinzip zu Grunde, während der tarifliche Anspruch eine Berechnung nach dem Tagesprinzip erfordere. Bei zutreffender Berechnung nach dem Tagesprinzip ergebe sich ein Jahresurlaubsanspruch von 33 Urlaubstagen (Erholungsurlaub) sowie ein jährlicher Anspruch auf sechs Tage Zusatzurlaub. Durch die Anwendung des Arbeitszeitsystems Metropolitan verstoße das beklagte Land gegen § 11 Abs. 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG), da dem Kläger nicht stets ein Ersatzruhetag für geleistete Arbeit an Sonn- und Feiertagen im unmittelbaren Anschluss an elf Stunden Erholungszeit nach § 5 Abs. 1 ArbZG ermöglicht werde, ohne dass dem zwingende technische oder arbeitsorganisatorische Gründe entgegenstünden. Weiter werde im Arbeitszeitsystem Metropolitan der Anspruch des Klägers gemäß § 11 Abs. 1 ArbZG auf 15 beschäftigungsfreie Sonntage pro Jahr nicht erfüllt, da nur die dienstplanmäßig und tatsächlich wegen dienstplanmäßiger Freistellung genossenen Sonntage als beschäftigungsfreie Sonntage im Sinne des § 11 Abs. 1 ArbZG zu beurteilen seien, während Sonntage, an denen wegen Urlaubs oder Arbeitsunfähigkeit nicht gearbeitet werden konnte, nicht zu berücksichtigen seien. Der Anspruch des Klägers aus § 6 Abs. 3 Satz 3 TV-L auf Reduzierung der Soll-Arbeitszeit im Falle dienstplanmäßiger Freizeit an Feiertagen werde nicht realisiert, sondern er werde durchgehend nach dem Dienstplan für die G-Gruppe zur Arbeit herangezogen. Dadurch leiste er Überstunden im Umfang von 7,7 Stunden (38,5 : 5) für jeden nicht durch Verringerung der Arbeitszeit ausgeglichenen dienstfreien Feiertag, die ihm mangels gewährten Freizeitausgleichs als Arbeitszeit auf seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben seien. Insofern müssten daher auf seinem Arbeitszeitkonto für die 5 Feiertage noch 38,5 Stunden gutgeschrieben werden. Die Weisung des beklagten Landes, nach dem Arbeitszeitmodell Metropolitan zu arbeiten, sei auch im Hinblick darauf rechtswidrig, dass entgegen § 6 Abs. 1 S. 3 TV-L durchschnittlich an 5,44 Arbeitstagen Arbeit zu leisten sei. Zugleich liege ein Verstoß gegen § 6 Abs. 3 TV-L vor. Zwar werde regelmäßig im Jahresdurchschnitt 38,5 Stunden wöchentlich gearbeitet, im Hinblick auf die zu vermindernde Arbeitszeit zum Ausgleich für dienstfreie Feiertage und Vorfeiertage ergebe sich jedoch durchschnittlich eine Jahresmehrarbeit von 27,225 Stunden. Da das beklagte Land diese Verstöße ohne Not und insbesondere ohne zwingende technische oder arbeitsorganisatorische Gründe begehe, seien sie zu unterlassen. Dies sei dem beklagten Land durch die Wahl eines anderen Arbeitszeitmodells ohne weiteres möglich. Das beklagte Land könne sich nicht auf die tariflichen Ausschlussfristen stützen, da dies im Hinblick auf die Einführung des Arbeitszeitmodells Metropolitan in Kenntnis der damit verbundenen Verstöße gegen die Regelungen des TV-L treuwidrig sei.

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

1. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die von ihm in der Zeit seit dem 25. Juni 2015 bei dem beklagten Land erbrachte zusätzliche Arbeitszeit für das An- und Ablegen der Dienstuniform (Umkleiden) und das Auf- und Abrüsten mit den ihm persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen (Rüsten) zu vergüten;

2. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die von ihm in der Zeit seit dem 25. Juni 2015 beim beklagten Land erbrachte zusätzliche Arbeitszeit für das Zurücklegen von Wegezeiten in vorgeschriebener, auffälliger Dienstkleidung, die den Namen des Arbeitgebers trägt, zu vergüten;

3. festzustellen, dass ihm für die von ihm geleisteten Überstunden nach Ziffer 1. und 2. der Zeitzuschlag nach § 8 Absatz 1 lit. a), Variante 1 TV-L in Höhe von 30 v. H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 seiner zutreffenden Entgeltgruppe zusteht;

4. a) festzustellen, dass ihm für die von ihm in Nachtarbeit geleisteten zusätzlichen Arbeitszeiten nach Ziffer 1. und 2. der Zeitzuschlag nach § 8 Absatz 1 lit. b) TV-L in Höhe von 20 v. H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 seiner zutreffenden Entgeltgruppe zusteht;

4. b) festzustellen, dass ihm für die von ihm an Sonntagen geleisteten zusätzlichen Arbeitszeiten nach Ziffer 1. und 2. der Zeitzuschlag nach § 8 Absatz 1 lit. c) TV-L in Höhe von 25 v. H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 seiner zutreffenden Entgeltgruppe mit der Maßgabe, dass beim Zusammentreffen von Zeitzuschlägen nach § 8 Absatz 1 Satz 2 lit. c) bis f) nur der höchste Zeitzuschlag gezahlt wird, zusteht;

4. c) festzustellen, dass ihm für die von ihm an Feiertagen geleisteten zusätzlichen Arbeitszeiten nach Ziffer 1. und 2. der Zeitzuschlag nach § 8 Absatz 1 lit. d) TV-L in Höhe von 135 v. H. ohne Freizeitausgleich und in Höhe von 35 v. H. mit Freizeitausgleich des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 seiner zutreffenden Entgeltgruppe mit der Maßgabe, dass beim Zusammentreffen von Zeitzuschlägen nach § 8 Absatz 1 Satz 2 lit. c) bis f) nur der höchste Zeitzuschlag gezahlt wird, zusteht;

5. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm nach § 27 TV-L Zusatzurlaub im Umfang von 6 Arbeitstagen pro Kalenderjahr zu gewähren;

6. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm nach § 26 TV-L Erholungsurlaub im Umfang von 33 Arbeitstagen im Kalenderjahr unter Zugrundelegung des sogenannten Tagesprinzips zu gewähren;

7. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm nach § 11 Absatz 4 ArbZG die Sonn- oder Feiertagsruhe oder den Ersatzruhetag nach § 11 Absatz 3 ArbZG unmittelbar in Verbindung mit der 11-stündigen Ruhezeit nach § 5 ArbZG in Gestalt einer ununterbrochenen Freizeit von 35 Stunden zu gewähren;

8. das beklagte Land zu verurteilen, ihm auf seinem Zeitkonto 38,5 Arbeitsstunden für geleistete Mehrarbeit gutzuschreiben,

hilfsweise,

ihm für diese Stunden Mehrarbeitsvergütung zu gewähren;

9. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, seinen dienstlichen Einsatz derart zu gestalten, dass in jedem Kalenderjahr 15 Sonntage – ausschließlich der sogenannten Ausschlaftage – beschäftigungsfrei bleiben;

10. das beklagte Land zu verurteilen, es zu unterlassen, ihn über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinaus an durchschnittlich 5,44 Arbeitstagen pro Woche dienstlich einzusetzen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat ausgeführt, der Kläger könne sich am jeweiligen Einsatzobjekt umziehen und rüsten sowie das ihm zur Verfügung gestellte dienstliche Waffenschließfach nutzen. Die Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten seien nicht als Arbeitszeit zu bewerten, da der Kläger sich nicht ausschließlich fremdnützig zu Gunsten des beklagten Landes in seiner Wohnung umziehe und rüste, sondern auch im eigenen Interesse. Der Kläger habe keine Weisung des beklagten Landes erhalten, sich zuhause oder in bestimmten Diensträumen umzukleiden und zu rüsten, sondern dies sei ihm freigestellt. Bei entsprechender Bedarfsmeldung durch den Kläger, die bisher nicht erfolgt sei, könne der Kläger einen eigenen Spind in einer nächstgelegenen Polizeidienststelle erhalten. Für das Umkleiden und Rüsten seien insgesamt maximal ca. fünf Minuten anzusetzen, wobei das Rüsten mit den am Koppel befindlichen Ausrüstungsgegenständen nur wenige Sekunden in Anspruch nehme. Die Wegezeit sei nicht zu vergüten, da es sich nicht um Arbeitszeit handele. Der Kläger werde im PKW auch nicht als Polizist wahrgenommen. Der Zusatzurlaub nach § 27 TV-L sei dem Kläger seit der Einführung des Arbeitszeitsystems Metropolitan stets im Umfang von sechs Tagen jährlich gewährt worden, so dass es auf die Berechnungsmethode nicht ankomme. Die Berechnung des Erholungsurlaubs nach § 26 TV-L erfolge zutreffend nach dem Schichtprinzip, wobei der Kläger so viele Urlaubstage gewährt erhalte wie § 26 TV-L vorsehe, nämlich insgesamt 30 Urlaubsschichten, aus denen sich rechnerisch 42 Kalendertage (6 Wochen) und damit eben so viel Urlaub ergebe wie tariflich mit 30 Urlaubstagen bei der 5-Tage-Woche vorgesehen. Die arbeitszeitlichen Vorgaben halte das beklagte Land auch im Rahmen des Modells Metropolitan uneingeschränkt ein. Für die streitgegenständlichen dienstfreien Feiertage habe der Kläger jeweils eine Zeitgutschrift von 6,1875 Dezimalstunden (= 6 Stunden und 11 Minuten) erhalten, die sich bei zutreffender Berechnung als Durchschnittswert ergebe. In jedem Jahr habe der Kläger an mehr als 15 Sonntagen tatsächlich nicht gearbeitet, wobei die im Urlaub oder während einer Arbeitsunfähigkeit des Klägers liegenden Sonntage auch zu berücksichtigen seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage nur insofern stattgegeben, als es das beklagte Land verurteilt hat, dem Kläger auf seinem Arbeitszeitkonto 15,4 Arbeitsstunden wegen der Wochenfeiertage am 01.05.2018 und 10.05.2018 gutzuschreiben. Hinsichtlich der anderen freien Wochenfeiertage sei der Anspruch verfallen, da die Ausschlussfrist nicht eingehalten worden sei. Die Anträge zu 1-6 seien unzulässig. Der zulässige Antrag zu 7 sei unbegründet, da er einen Globalantrag darstelle. Der Antrag zu 9 sei unbegründet, während der Antrag zu 10 unzulässig sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger, soweit er unterlegen ist. Hierbei hat er seine mit der Berufung weiter verfolgten Anträge teilweise verändert.

Der Kläger führt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags und der dort vertretenen Rechtsansichten zur Begründung seiner Berufung aus, ein Anspruch auf Vergütung der Ankleide-, Rüst- und Anlegezeit für die Waffe sowie für die Auskleide-, Abrüst- und Ablegezeit für die Waffe bestehe und könne zulässigerweise mit dem – teilweise geänderten und durch einen Hilfsantrag ergänzten – Feststellungsantrag geltend gemacht werden. Es liege kein Globalantrag vor, da mehrere trennbare Tätigkeiten im Antrag genannt seien. Die Umkleidezeit sei vergütungspflichtig, weil das Umkleiden am Einsatzobjekt unzumutbar sei, was er auf den Seiten 31-45 der Berufungsbegründungsschrift zu jedem der 19 Objekte näher ausführt. Als Springer sei für ihn regelmäßig kein Spind vorgesehen, was sich schon aus Ziffer 4.2.1 der Unterlage „Polizeiangestellte/r im Objektschutz“ vom 22.01.2002 (Anlage K 21) ergebe. Nirgendwo sei ihm ein Spind zugewiesen. Ein getrenntes Umziehen nach Geschlechtern sei nirgends möglich. Darüber hinaus fehlten teilweise bei einzelnen Objekten jegliche Umkleidemöglichkeiten. Der Anspruch könne in zeitlicher Hinsicht auch mit Erfolg auf die Grundsätze der Gleichbehandlung gestützt werden. Bezüglich der einzelnen vom Kläger mittels Falk-Routenplaner ermittelten Wegezeiten zwischen seinem Wohnort und dem jeweiligen Einsatzobjekt wird wird auf die Seiten 9 - 13 des Schriftsatzes vom 02.08.2019 verwiesen.

Der Kläger beantragt zuletzt nach Rücknahme der Berufung bezüglich der Anträge zu 5 und 6,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 31. Januar 2019 zum Aktenzeichen 58 Ca 13324/17, zugestellt am 20. Februar 2019, teilweise abzuändern und

1. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die vom Kläger in der Zeit seit dem 25. Juni 2015 für den Beklagten jeweils im häuslichen Bereich erbrachte zusätzliche Arbeitszeit für das An- und Ablegen der Dienstuniform (Umkleiden), das Auf- und Abrüsten mit den dem Kläger persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen (Rüsten), das Entnehmen, Laden und Anlegen der Dienstwaffe vor dem offiziellen Dienstbeginn und für das Ablegen, Entladen und Wegschließen der Dienstwaffe nach dem offiziellen Dienstende zu vergüten;

hilfsweise, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die vom Kläger in der Zeit seit dem 25. Juni 2015 an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, jeweils im häuslichen Bereich erbrachte zusätzliche Arbeitszeit für das An- und Ablegen der Dienstuniform (Umkleiden) sowie das Auf- und Abrüsten mit den dem Kläger persönlich zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen (Rüsten) im Umfang von insgesamt 16 Minuten (bestehend aus 8 Minuten vor dem offiziellen Dienstbeginn und 8 Minuten nach dem offiziellen Dienstende), die zusätzliche Arbeitszeit für das Entnehmen, Laden und Anlegen der Dienstwaffe von 4 Minuten vor dem offiziellen Dienstbeginn und die zusätzliche Arbeitszeit für das Ablegen, Entladen und Wegschließen der Dienstwaffe von 4 Minuten nach dem offiziellen Dienstende nach Maßgabe der tariflichen Vorschriften des TV-L nach der zutreffenden Entgeltgruppe des Klägers zu vergüten;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die vom Kläger für den Beklagten in der Zeit seit dem 25. Juni 2015 durch das Zurücklegen von Wegzeiten zwischen seiner Wohnung in der Bahnhofstraße 111A in 13127 Berlin und dem jeweiligen Ort des tatsächlichen Dienstantritts in vorgeschriebener, auffälliger Dienstkleidung, die den Namen des Arbeitgebers trägt sowie unter Mitführung der Dienstwaffe, zusätzlich erbrachte Arbeitszeit nach Maßgabe der tariflichen Vorschriften des TV-L zu vergüten;

hilfsweise, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die vom Kläger für den Beklagten an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, in der Zeit seit dem 25. Juni 2015 durch das Zurücklegen von Wegzeiten zwischen seiner Wohnung in der Bahnhofstraße 111A in 13127 Berlin und dem jeweiligen Ort des tatsächlichen Dienstantritts in vorgeschriebener, auffälliger Dienstkleidung, die den Namen des Arbeitgebers trägt sowie unter Mitführung der Dienstwaffe, zusätzlich erbrachte Arbeitszeit im Umfang von 38 Minuten beim Einsatz am Jüdisches Seniorenheim (Herbartstraße 25, 14057 Berlin), 36 Minuten bim Einsatz an der Synagoge (Dernburgstraße 35, 14057 Berlin), 38 Minuten beim Einsatz an der Botschaft des Staates Israel (Auguste-Viktoria-Straße 74, 14193 Berlin), 33 Minuten beim Einsatz an der Synagoge Fraenkelufer (Fraenkelufer 10, 10999 Berlin), 38 Minuten beim Einsatz am Jüdischen Gemeindehaus (Fasanenstraße 79, 10623 Berlin), 39 Minuten beim Einsatz an der Residenz Großbritannien (Höhmannstraße 10, 14193 Berlin), 40 Minuten beim Einsatz an der Synagoge Chabad Lubawitsch Berlin (Münstersche Straße 6, 10709 Berlin), 35 Minuten beim Einsatz an der Residenz des türkischen Generalkonsuls (Kirschenallee 21a, 14050 Berlin), 22 Minuten beim Einsatz an der Synagoge Brunnenstraße und an der Thora-Schule (Brunnenstraße 33, 10115 Berlin), 43 Minuten beim Einsatz an der jüdischen Kita (Delbrückstraße 8, 12051 Berlin), 24 Minuten beim Einsatz an der Neuen Synagoge (Oranienburger Straße 28 – 30, 10117 Berlin), 30 Minuten beim Einsatz am Verbundobjekt Deutscher Bundestag / Reichstag (Platz der Republik 1, 11011 Berlin), 49 Minuten beim Einsatz an der jüdischen Grundschule (Waldschulallee 73 – 80, 14055 Berlin), 43 Minuten beim Einsatz an der Residenz Türkei (Koenigsallee 64, 14193 Berlin), 23 Minuten beim Einsatz an der Israelitischen Synagogengemeinde Adass Jisroel (Tucholskystraße 40, 10117 Berlin), 22 Minuten beim Einsatz am Wohnsitz eines Politikers (Fehrbelliner Straße 42 a, 10119 Berlin), 34 Minuten beim Einsatz an der Syrischen Botschaft (Rauchstraße 25, 10787 Berlin), 36 Minuten beim Dienstantritt in der Thomas-Dehler-Straße 4 in 10787 Berlin (Einsatz im mobilen Objektschutz in der OSK 205), 44 Minuten beim Dienstantritt in der Direktion 2 in der Charlottenburger Chaussee 75 in 13597 Berlin (Einsatz im mobilen Objektschutz in der OSK 103) sowie 27 Minuten beim Dienstantritt in der Wedekindstraße 8 – 16 in 10243 Berlin (Einsatztraining) je einfacher Wegstrecke nach Maßgabe der tariflichen Vorschriften des TV-L zu vergüten.

3. festzustellen, dass dem Kläger für die von ihm geleisteten Überstunden nach Ziffer 1. und 2. der Zeitzuschlag nach § 8 Abs. 1 a), Variante 1 TV-L in Höhe von 30 v.H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der zutreffenden Entgeltgruppe des Klägers zusteht;

4a. festzustellen, dass dem Kläger für die von ihm in Nachtarbeit geleisteten zusätzlichen Arbeitszeiten nach Ziffer 1. und 2. der Zeitzuschlag nach § 8 Abs. 1 b) TV-L in Höhe von 20 v.H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der zutreffenden Entgeltgruppe des Klägers zusteht;

4b. festzustellen, dass dem Kläger für die von ihm an Sonntagen geleisteten zusätzlichen Arbeitszeiten nach Ziffer 1. und 2. der Zeitzuschlag nach § 8 Abs. 1 c) TV-L in Höhe von 25 v.H. des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der zutreffenden Entgeltgruppe des Klägers mit der Maßgabe, dass beim Zusammentreffen von Zeitzuschlägen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 c) bis f) nur der höchste Zeitzuschlag gezahlt wird, zusteht;

4c. festzustellen, dass dem Kläger für die von ihm an Feiertagen geleisteten zusätzlichen Arbeitszeiten nach Ziffer 1. und 2. der Zeitzuschlag nach § 8 Abs. 1 d) TV-L in Höhe von 135 v.H. ohne Frei-zeitausgleich und in Höhe von 35 v.H. mit Freizeitausgleich des auf eine Stunde entfallenden Anteils des Tabellenentgelts der Stufe 3 der zutreffenden Entgeltgruppe des Klägers mit der Maßgabe, dass beim Zusammentreffen von Zeitzuschlägen nach § 8 Abs. 1 Satz 2 c) bis f) nur der höchste Zeitzuschlag gezahlt wird, zusteht;

5. …

6. …

7. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger nach § 11 Abs. 4 ArbZG die Sonn- oder Feiertagsruhe oder den Ersatzruhetag nach § 11 Abs. 3 ArbZG unmittelbar in Verbindung mit der 11-stündigen Ruhezeit nach § 5 ArbZG in Gestalt einer ununterbrochenen Freizeit von 35 Stunden zu gewähren und festzustellen, dass dem keine technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründe entgegenstehen;

8. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger auf seinem Zeitkonto 38,5 Arbeitsstunden für geleistete Mehrarbeit am 17. April 2017, 25. Dezember 2017, 26. Dezember 2017, 1. Mai 2018 und 10. Mai 2018 gutzuschreiben, hilfsweise ihm für diese Stunden Mehrarbeitsvergütung zu gewähren;

9. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den dienstlichen Einsatz des Klägers derart zu gestalten, dass beginnend ab dem 28. Juni 2015 in jedem Jahr 15 Sonntage – ausschließlich der sog. Ausschlaftage – beschäftigungsfrei bleiben;

10. den Beklagten zu verurteilen es zu unterlassen, den Kläger über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinaus an durchschnittlich 5,44 Arbeitstagen pro Woche dienstlich einzusetzen;

11. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger auf seinem Zeitkonto 7,7 Arbeitsstunden für geleistete Mehrarbeit am 31. Dezember 2016 gutzuschreiben, hilfsweise ihm für diese Stunden Mehrarbeitsvergütung zu gewähren.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen;

Das beklagte Land trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags unter anderem vor, inwiefern Umkleidemöglichkeiten bei den einzelnen Objekten bestünden (Seiten 10-12 der Berufungserwiderung). Für jeden der streitgegenständlichen Feiertage sei der zutreffend berechnete Durchschnittswert von 6,18 Stunden gutgeschrieben worden und zu berücksichtigen. Soweit das beklagte Land erstinstanzlich obsiegt hat, verteidigt es die arbeitsgerichtliche Entscheidung in materieller Hinsicht und geht im Übrigen von der Unzulässigkeit sämtlicher Feststellungsanträge aus.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Aus den Gründen

A)

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG überwiegend statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Kläger setzt sich in seiner Berufung mit dem angegriffenen Urteil ausreichend i.S.d. § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO auseinander. Daher ist sie ganz überwiegend zulässig.

Unzulässig ist die Berufung jedoch insofern, als der Kläger auch für den 01.05.2018 und 10.05.2018 erneut eine Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto begehrt. Insofern fehlt es an der notwendigen Beschwer, denn das Arbeitsgericht hatte in diesem Punkt der Klage im Umfang von 15,4 Stunden stattgegeben.

Soweit der Kläger einige mit seiner Berufung weiter verfolgten Anträge gegenüber der I. Instanz verändert hat, liegt keine Klageänderung im Sinne der §§ 533, 263 ZPO vor, sondern eine teilweise Erweiterung oder Beschränkung der Hauptforderung (§ 264 Nr. 2 ZPO) bzw. eine Präzisierung der Anträge und Anführungen (§ 264 Nr. 1 ZPO) unter Berücksichtigung der erstinstanzlich vorzunehmenden Auslegung. Dies gilt für die Änderungen in den Anträgen zu 1 und 2 durch Formulierung neuer Hilfsanträge.

B)

Die Berufung hat jedoch nur zu einem geringeren Teil Erfolg. Nur insofern war das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Nur für einen späteren Zeitpunkt ab dem 01.04.2016 und nur im Umfang von 12 Minuten pro Schicht sind die häuslichen Umzieh- und Rüstzeiten als Arbeitszeit zu vergüten. Darüber hinaus war das beklagte Land zu verurteilen, dem Kläger für weitere 14,14 Arbeitsstunden für geleistete Mehrarbeit am 25.12.2017 und 26.12.2017 Mehrarbeitsvergütung zu zahlen.

I. Antrag zu 1 (Umkleide- und Rüstzeiten; Laden und Entladen der Waffe)

Der Hauptantrag ist unzulässig, da ihm das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist nur gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit zwischen den Parteien insgesamt beseitigt wird, das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Dies setzt voraus, dass über weitere Faktoren, die die Vergütungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung insofern lediglich eine Rechenaufgabe ist (BAG 07.02.2019 – 6 AZR 84/18 – juris Rn. 15). Vorliegend streiten die Parteien auch darüber, wie lange die Umkleide- und Rüstzeit dauert. Insofern hätte über diesen Faktor eine Zeitangabe in dem Feststellungsantrag aufgenommen werden müssen. Daran fehlt es.

Der Hilfsantrag ist zulässig und teilweise begründet. Das beklagte Land ist insofern verpflichtet, die vom Kläger in der Zeit seit dem 01.04.2016 an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, jeweils im häuslichen Bereich erbrachte zusätzliche Arbeitszeit für das Umkleiden und Rüsten im Umfang von insgesamt 12 Minuten nach Maßgabe der tariflichen Vorschriften des TV-L nach der zutreffenden Entgeltgruppe des Klägers zu vergüten. Der weitergehende Antrag des Klägers (vorherige Zeiten; Zeiten für das Laden und Entladen der Waffe) ist unbegründet, so dass es insofern bei der Klageabweisung verbleibt.

1. Der Hilfsantrag ist als Feststellungsantrag zulässig.

Hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrages hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in der Entscheidung vom 05.06.2019 – 23 Sa 1694/18 Folgendes zutreffend ausgeführt:

 „Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags sind gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die hinreichende Bestimmtheit des Antrags sowie gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse an der begehrten alsbaldigen gerichtlichen Feststellung.

Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Der Streitgegenstand und der Umfang der gerichtlichen Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis müssen klar umrissen sein. Bei einer Feststellungsklage sind grundsätzlich keine geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen als bei einer Leistungsklage (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 181/10 - Rn. 10). Für das Verständnis eines Klageantrags ist nicht an dem buchstäblichen Wortlaut der Antragsfassung zu haften. Bei Zweifeln ist der Antrag auszulegen. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) sind für die Auslegung von Klageanträgen heranzuziehen (BAG 07. Februar 2019 – 6 AZR 84/18 – Rn. 25). Die Gerichte sind gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass hierdurch eine vom Antragsteller erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird. Im Zweifel ist gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht (BAG 23. März 2016 - 5 AZR 758/13 - Rn. 26; 25. April 2018 – 5 AZR 245/17 – Rn. 17).

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage (BAG 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 13). Eine Feststellungsklage setzt nach § 256 Abs. 1 ZPO weiterhin ein rechtliches Interesse des Klägers voraus, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Dieses besondere Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen (st. Rspr., etwa BAG 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 14; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 14). Ein solches Feststellungsinteresse ist nur dann gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Das setzt bei einem auf die Feststellung der Rechtsgrundlage für die Vergütung gerichteten Antrag jedenfalls voraus, dass über weitere Faktoren, die die Vergütungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung dann lediglich eine Rechenaufgabe ist, die von den Parteien ebenso unstreitig durchgeführt werden kann wie die Umsetzung der weiteren Zahlungsmodalitäten. Anderenfalls müssen auch die weiteren Berechnungskriterien zum Gegenstand des Feststellungsantrags gemacht werden, damit nicht lediglich eine Vorfrage geklärt wird (BAG 27. August 2014 - 4 AZR 518/12 - Rn. 15 mwN; 07. Februar 2019 – 6 AZR 84/18 – Rn. 13 - 15).“

Bei Anwendung dieser Kriterien ist der Hilfsantrag zulässig.

Der Antrag ist hinreichend bestimmt. Der Kläger möchte erreichen, dass die im häuslichen Bereich aufgewandte Zeit für das Umkleiden (An- und Ablegen der Uniform), des Anlegens und Ablegens der persönlichen Schutzausrüstung (16 Minuten) und des Ladens und Entladens der Waffe (2 mal 4 Minuten) als zusätzliche Arbeitszeit zu vergüten ist. Welche Uniformteile und welche Teile der persönlichen Schutzausrüstung betroffen sind, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Dies betrifft in gleicher Weise die Handhabung der Waffe. Für die zeitliche Dimension erfolgt eine Angabe in Minuten.

Auch wenn sich der Antrag nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen bezieht, ist er als sogenannte Elementenfeststellungsklage zulässig. Zwischen den Parteien soll verbindlich entschieden werden, ob ein einzelnes Element, nämlich das Umkleiden und Rüsten im häuslichen Bereich einschließlich des Ladens der Waffe, zu vergüten ist.

Der Hilfsantrag enthält auch alle Elemente, die zwischen den Parteien streitig sind, so dass die spätere Berechnung der Vergütung sich als reine Rechenaufgabe darstellt. Soweit offen bleibt, an welchen einzelnen Tagen der Kläger eingesetzt wurde, ist dies unschädlich, da das beklagte Land aufgrund der bei ihm vorhandenen Dienstpläne auch nach Ansicht des Klägers einfach feststellen kann, wann dies der Fall war. Der Hinweis auf eine Vergütung nach dem TV-L ist ausreichend, auch wenn zwischen den Parteien in einem weiteren Klageverfahren darüber gestritten wird, ob der Kläger nicht höher einzugruppieren ist. Schon in dem gerichtlichen Schreiben vom 20.08.2019 war darauf hingewiesen worden, dass der hiesige Antrag dahingehend ausgelegt wird, dass die Vergütungshöhe nach der jetzigen Vergütung und – falls beim Eingruppierungsrechtsstreit eine höhere Vergütung rechtskräftig festgestellt wird – diese nach jener Höhe zu bestimmen ist. Dem sind die Parteien in der Berufungsverhandlung nicht entgegengetreten. Zwischen den Parteien ist auch nicht streitig, dass nur die Zeiten berücksichtigt werden können, die vom Kläger unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit erforderlich sind (modifizierter subjektiver Maßstab). Hierauf hatten beide Parteien erstinstanzlich hingewiesen. Auch insofern muss dieses Kriterium nicht in die Antragsformulierung aufgenommen werden. Zur Vergütungspflicht nach dem TV-L gehört es auch, dass ggf. entsprechende Zuschläge zu zahlen sind. Auch dies ist zwischen den Parteien nicht streitig und kann daher als reine Rechenaufgabe geklärt werden. Das beklagte Land bestreitet nur eine Vergütungspflicht an sich. Die Pflicht zur Zahlung der Zuschläge wird daher als Teil dieses Antrages aufgefasst.

2. Nur die geltend gemachten Umkleide- und Rüstzeiten, nicht aber die Zeiten für das Laden und Entladen der Waffe, sind wie Arbeitszeit gemäß § 611 BGB ab dem 01.04.2016 zu vergüten, da diese Tätigkeiten nach den Kriterien des BAG ausschließlich fremdnützig sind.

2.1 Die für die Beurteilung erforderlichen Kriterien hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in der Entscheidung vom 05.06.2019 – 23 Sa 1694/18 zutreffend aufgeführt:

 „Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 BGB an die Leistung der versprochenen Dienste an. Zu den „versprochenen Diensten“ iSd. § 611 BGB zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. „Arbeit“ als Leistung der versprochenen Dienste iSd. § 611 Abs. 1 BGB ist jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 12 mwN; 25. April 2018 – 5 AZR 245/17 – Rn. 22). Um vergütungspflichtige Arbeit handelt es sich bei dem An- und Ablegen einer besonders auffälligen Dienstkleidung. An der Offenlegung der von ihm ausgeübten beruflichen Tätigkeit gegenüber Dritten hat der Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektiv feststellbares eigenes Interesse. Die Notwendigkeit des An- und Ablegens der Dienstkleidung und der damit verbundene Zeitaufwand des Arbeitnehmers beruhen auf der Anweisung des Arbeitgebers zum Tragen der Dienstkleidung während der Arbeitszeit. Daher schuldet der Arbeitgeber Vergütung für die durch den Arbeitnehmer hierfür im Betrieb aufgewendete Zeit (BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 13 mwN; 25. April 2018 – 5 AZR 245/17 – Rn. 23).

Das Ankleiden mit einer vorgeschriebenen Dienstkleidung ist nicht lediglich fremdnützig und damit keine Arbeitszeit, wenn sie zu Hause angelegt und - ohne besonders auffällig zu sein - auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann. Gleiches gilt, wenn es dem Arbeitnehmer gestattet ist, eine an sich besonders auffällige Dienstkleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen, und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieb an- und abzulegen. Dann dient das Umkleiden außerhalb des Betriebs nicht nur einem fremden Bedürfnis, weil der Arbeitnehmer keine eigenen Kleidungsstücke auf dem Arbeitsweg einsetzen muss oder sich aus anderen, selbstbestimmten Gründen gegen das An- und Ablegen der Dienstkleidung im Betrieb entscheidet (BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 13 mwN; 25. April 2018 – 5 AZR 245/17 – Rn. 24).“

2.2 Bei Anwendung dieser Kriterien stellen sich die hier streitigen Zeiten des Umkleidens und Rüstens, nicht aber die Zeit für das Laden und Entladen der Waffe ausschließlich als fremdnützig dar.

2.2.1 Die anzulegende Uniform ist „besonders auffällig“ im Sinne der Rechtsprechung.

Ausreichend ist ein Uniformcharakter (BAG 12.11.2013 – 1 ABR 59/12 – juris Rn. 35). Vorliegend ähneln die Kleidungsstücke nicht nur einer Uniform, sondern sie bilden eine Uniform. Dies allein ist ausreichend. Hinzu kommt, dass auf der Oberbekleidung in einem großen Schriftzug der Begriff „POLIZEI“ angebracht ist. Dies wäre ebenfalls allein schon ausreichend, um von einer besonders auffälligen Bekleidung auszugehen.

Soweit das beklagte Land darauf hinweist, dass der Uniformcharakter durch zivile Kleidung überdeckt werden könne, ist dies unverständlich. Nach der entsprechenden Dienstanweisung darf gerade nicht eine Mixtur aus Uniform und ziviler Kleidung getragen werden (PDV 350, Stand August 2007, dort Ziffer 3.2.4.1.5).

Der auffällige Charakter verschwindet auch nicht dadurch, dass der Kläger in einem PKW den Weg zum Einsatzort zurücklegt. Mindestens der Weg von der Wohnung zum Parkplatz des Privatautos und der weitere Weg von Parkplatz am Einsatzort zum jeweiligen Bewachungsobjekt lassen den Kläger als Angehörigen der Polizei erkennbar werden.

2.2.2 Das häusliche Anlegen der Uniform und der persönlichen Schutzausrüstung erfolgt ausschließlich fremdnützig. Dies ergibt sich daraus, dass für den Kläger als Springer an den jeweiligen Einsatzobjekten eine zumutbare Umkleidemöglichkeit nicht vorhanden ist.

Hierbei ist davon auszugehen, dass es die allgemeine Fürsorge- und Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) gebietet, zum einen wenigstens Umkleideräume getrennt nach Geschlechtern einzurichten und zum anderen für jeden Beschäftigten eine verschließbare Einrichtung zur Aufbewahrung seiner persönlichen Kleidung zur Verfügung zu stellen, so wie dies in Ziffer 4.1 Abs. 3 des Anhangs der Arbeitsstättenverordnung vorgesehen ist.

In keinem der hiesigen Objekte war dem Kläger ein verschließbarer Spind zur eigenen Verfügung gestellt worden. Bei der israelischen Botschaft zum Beispiel standen jeder Schicht nur ein Spind (so der Kläger) oder allenfalls zwei Spinde (so das beklagte Land) zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung. Verschließbare individuelle Einrichtungen existieren nicht. Eine Aufbewahrungsmöglichkeit der privaten Sachen in einer Sporttasche, so die Idee des beklagten Landes, stellt keine adäquate Alternative zu einer nicht einfach wegzubewegenden verschließbaren Einrichtung dar. Unerheblich ist auch der Einwand, dass dem Kläger auf Antrag ein Spind zur Verfügung gestellt worden wäre. Ansprüche aus Nebenpflichten ergeben sich aus dem Arbeitsverhältnis selbst und begründen sich nicht erst nach Antragstellung. Im Übrigen zeigen das hiesige und auch weitere Parallelverfahren, dass das beklagte Land dazu vielfach gar nicht in der Lage war und ist. Soweit das beklagte Land bestreitet, dass dem Kläger nirgends ein Spind zur Verfügung stand, reicht dies nicht aus. Dem Land oblag die Organisation der Umkleidemöglichkeiten. Insofern hätte es konkret angeben müssen, wo welcher Spind dem Kläger zugewiesen worden sein soll. Daran fehlt es.

Es existierten auch keine nach Geschlechtern getrennten Umkleideräume, so dass auch aus diesem Grund eine zumutbare Umkleidemöglichkeit nicht bestand. Vom beklagten Land war auch nicht dafür gesorgt worden, dass eine nach Geschlechtern getrennte Nutzungsmöglichkeit ermöglicht wird. Der Vortrag, ein geschlechtsgetrenntes Umziehen bedürfe nur der Absprache zwischen den weiblichen und männlichen Einsatzkräften, reicht nicht. Dies ist unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten nicht ausreichend. Für die Beschäftigten ist zum einen nicht kalkulierbar, wann sie am Einsatzobjekt erscheinen müssten, denn sie müssen immer damit rechnen, dass der jeweilige Container/Raum gerade und bis auf weiteres von den Mitgliedern des anderen Geschlechts zum Umziehen genutzt wird. Schon abgelöste Dienstkräfte müssten zum anderen vor der Tür bei jeder Witterung warten, bis das Umziehen der Angehörigen des jeweils anderen Geschlechts beendet ist, da es einen weiteren Aufenthaltsraum nicht gibt. Gleiches gilt für die Umkleidemöglichkeit am Sowjetischen Ehrenmal, wo neuerdings mit einem an der Tür befindlichen Piktogramm für die Beschäftigten signalisiert werden soll, welche Beschäftigten mit welcher Geschlechtszugehörigkeit sich gerade hinter der Tür befinden.

Das Umziehen im Betrieb, soweit eine auffällige Bekleidung anzulegen ist, ist nach der Rechtsprechung des BAG auf jeden Fall fremdnützig, da es sich um eine Tätigkeit handelt, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient. Die ausschließliche Fremdnützigkeit entfällt nach hiesiger Ansicht jedenfalls dann nicht, wenn sich der Arbeitnehmer zu Hause umzieht und ihm eine zumutbare betriebliche Umkleidemöglichkeit durch den Arbeitgeber nicht zur Verfügung gestellt wird. Der Arbeitgeber erspart sich in einer solchen Konstellation die Schaffung einer betrieblichen Umkleidemöglichkeit und verlagert gleichzeitig die Pflicht des Umziehens in den häuslichen Bereich, denn die Objektschützer haben ihren Dienst in Uniform und vollständig gerüstet anzutreten. Der Arbeitnehmer handelt nicht selbstbestimmt und damit auch nicht eigennützig, denn eine zumutbare Wahlmöglichkeit wird ihm nicht eingeräumt.

Soweit das beklagte Land bestreitet, dass der Kläger sich zu Hause umgezogen hat, ist dieser Einwand nicht berücksichtigungsfähig. Zwar ist davon auszugehen, dass das Land hierzu selbst keine Kenntnis hat, doch hätte dem Land bekannt sein müssen, wann der Kläger die dienstlichen Umkleidemöglichkeiten nutzt, woraus sich dann indirekt ergibt, wann der Kläger sich zu Hause umgezogen haben muss. Bei einer Nutzung der dienstlichen Umkleidemöglichkeiten wären diese Zeiten auf jeden Fall als Arbeitszeit auch im Sinne des Arbeitszeitrechts zu werten, da sie innerdienstlich anfallen. Eine Wahlfeststellung ist vorliegend aber nicht möglich, denn der Antrag des Klägers bezieht sich nur auf das häusliche Umziehen. Insofern reicht der Einwand des beklagten Landes nicht aus, dass keine Daten darüber erhoben wurden, wer wann die Umkleideräume aufsucht. Es handelt sich um relevante Daten, die schon wegen § 16 Abs. 2 ArbZG hätten zur Kenntnis genommen werden müssen, denn nur wer die tatsächlichen Arbeitszeiten kennt, kann auch beurteilen, ob die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden überschritten wird (vergleiche zur Ermittlung von Überstunden auch EuGH 14.05.2019 – C-55/18 – juris Rn. 52). Insofern geht es um die Zurechnung und Kenntnisnahme von Wissen in arbeitsteiligen Organisationen. Dies ist für die ordentliche Gerichtsbarkeit schon lange ein Thema (BGH 1.3.1984 – IX ZR 34/83 – juris Rn 20). Die hierzu entwickelte Dogmatik wurde aus dem sogenannten Gleichstellungsargument abgeleitet. Die Aufspaltung von Zuständigkeiten dürfe nicht dazu führen, dass ein Vertragspartner einer juristischen Person schlechter gestellt wird als der Vertragspartner einer natürlichen Person (BGH 13.10.2000 – V ZR 349/99 – juris Rn 14). Jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation sei verpflichtet, Informationen verkehrsgerecht zu verwalten (BGH 15.4.2010 – IX ZR 62/09 – Rn 11). Rechtserhebliche Informationen müssten von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden. Ein Informationsfluss von unten nach oben und umgekehrt sei organisatorisch abzusichern. Komme die Organisation dem nicht nach, müsse sie sich das Wissen einzelner Arbeitnehmer zurechnen lassen unabhängig davon, auf welcher Ebene diese tätig sind (BGH 15.10.2005 – IX ZR 227/04 – Rn 13f). Dem ist die Arbeitsgerichtsbarkeit – wenn auch nicht immer so ausführlich – gefolgt (ArbG Berlin 02.11.2012 – 28 Ca 13586/12 – juris Rn 37f; BAG 29.01.2014 – 6 AZR 642/12 – Rn. 10; BAG 01.06.2017 – 6 AZR 433/15 – Rn 33; LAG Berlin-Brandenburg 28.06.2017 – 15 Sa 66/17 – juris Rn 44, r.k.). Insofern hätte das beklagte Land auch vorliegend den Informationsfluss so gewährleisten müssen, dass es jeweils feststellen kann, wann und in welchem Umfang Arbeitszeiten bei ihren Beschäftigten anfallen. Es hätte diese Information durch Vorgesetzte, durch Aufzeichnungen der Beschäftigten oder auf anderen Wegen ermitteln lassen können. Auch der EuGH geht davon aus, dass die Mitgliedsstaaten die Arbeitgeber zu verpflichten haben, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann (EuGH 14.05.2019 – C-55/18 – juris Rn. 60). Für das beklagte Land als staatlichem Arbeitgeber bedarf es insofern auch keines weiteren Umsetzungsaktes der Richtlinie 2003/88/EG (Ulber NZA 2019, 677, 680).

2.2.3 Die Vergütung hat wie Arbeitszeit zu erfolgen.

Zwar sind die Tarifvertragsparteien berechtigt, eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen (BAG 13.12.2016 – 9 AZR 174/15 – juris Rn. 27), doch fehlt vorliegend eine solche tarifvertragliche Regelung für Umkleidezeiten (BAG 19.09.2012 – 5 AZR 678/11 – juris Rn 29). Insofern unterscheidet sich die hiesige Situation zum Beispiel von der bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG), denn dort finden sich im „Tarifvertrag Pauschalentgelt“ teilweise Regelungen zu den hier im Streit stehenden Komplexen. Damit verbleibt es vorliegend bei dem Grundsatz, dass die zusätzlichen Zeiten wie Arbeitszeit zu vergüten sind.

2.2.4 Das häusliche Laden und Entladen der Waffe stellt keine vergütungspflichtige Arbeitszeit dar, da diese Tätigkeiten zwar auch fremdnützig, aber nicht ausschließlich fremdnützig sind. Dem Kläger war es freigestellt, insofern das dienstliche oder häusliche Waffenschließfach zu nutzen. Im Gegensatz zu den Umkleidemöglichkeiten bestand eine zumutbare Alternative. Wenn der Kläger sich für die Durchführung im häuslichen Bereich entschloss, erfolgt dies aus selbstbestimmten Gründen. Allein deswegen ist nach der Rechtsprechung des BAG eine Vergütungspflicht ausgeschlossen. Daher ist die Klage abzuweisen, soweit der Kläger jeweils 4 Minuten vor Dienstaufnahme und nach Dienstschluss vergütet erhalten will.

3. An den Tagen, an denen der Kläger tatsächlich eingesetzt worden ist, ist die zusätzliche Arbeitszeit für das Umkleiden und Rüsten im Umfang von insgesamt 12 Minuten (bestehend aus 6 Minuten vor dem offiziellen Dienstbeginn und 6 Minuten nach dem offiziellen Dienstende) zu vergüten. Weitere Zeiten sind nicht zu vergüten. Dies ergibt sich auf Basis einer Schätzung.

Verlangt ein Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber – wie hier – die Vergütung von zusätzlichen Zeiten als Überstunden, hat er darzulegen und gegebenenfalls auch zu beweisen, dass er die Arbeit in einem die normale Arbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat und dass dies auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgte. Wenn feststeht, dass Überstunden an sich geleistet worden sind, kann das Gericht den Umfang der geleisteten Überstunden nach § 287 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 und S. 2 ZPO schätzen, wenn der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast für einzelne Überstunden nicht in jeder Hinsicht genügt. Voraussetzung ist allerdings, dass die klagende Partei dem Gericht eine tatsächliche Grundlage für die Schätzung geliefert und sich in einem den Umständen nach zumutbarem Maß um eine Substanziierung bemüht hat (BAG 13.12.2016 – 9 AZR 574/15 – juris Rn. 53). Hierbei muss durch das Tatsachengericht das Mindestmaß der erforderlichen Zeiten zutreffend geschätzt werden (BAG 26.10.2016 – 5 AZR 168/16 – juris Rn. 37).

Bei Anwendung dieser Kriterien war eine Schätzung möglich. Die exakte Feststellung der jeweiligen Zeiten an den einzelnen Tagen ist im Nachhinein unmöglich, da entsprechende Aufzeichnungen (und Beweismöglichkeiten) fehlen. Jedenfalls wäre ein solches Vorgehen mit derartigen Schwierigkeiten verbunden, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen (vergleiche § 287 Abs. 2 S. 2 ZPO). Welche Kleidungsstücke und persönlichen Ausrüstungsgegenstände jeweils an- und abzulegen waren, hat der Kläger dargelegt und war zwischen den Parteien auch nicht streitig.

Das beklagte Land hatte erstinstanzlich für das reine Umkleiden maximal 5 Minuten

und für das Anlegen der persönlichen Schutzausrüstung (Handschuhe, Schlagstock, Reizstoffsprühgerät etc.) allenfalls wenige Sekunden zugestanden. Erstinstanzlich war in einem Parallelverfahren (21 Ca 14.877/17) im Kammertermin am 08.08.2018 eine informatorische Vorführung erfolgt, wonach dieser Vorgang insgesamt ca. 5 Minuten dauerte. Der hiesige Vorsitzende (63 Jahre alt, somit leicht älter als der Kläger) hat für das An- und Ablegen eines Hemdes mit Knöpfen, einer Hose, eines zusätzlichen zweiten Gürtels (als Simulation eines Koppels), von Socken und Schuhen mit Schnürsenkeln im Selbstversuch 3 Minuten und 45 Sekunden gebraucht, wobei Hemd und Hose jeweils auf Kleiderbügel in einem Schrank aufgehängt wurden. Hierüber sind die Parteien in dem Hinweisschreiben vom 20.08.2019 in Kenntnis gesetzt worden. Insofern ist es im Regelfall angemessen und ausreichend, als durchschnittliche Mindestzeit für den gesamten Umkleidevorgang jeweils fünf Minuten anzusetzen. Da es sich um geschätzte Mindestzeiten handelt, kann es auch nicht darauf ankommen, ob zu bestimmten Witterungszeiten weitere Kleidungsstücke anzulegen sind, zumal diese Zeiten nicht näher eingegrenzt wurden. Unerheblich ist auch, ob bestimmte Gegenstände an dem Koppel nicht von vornherein befestigt sind, sondern jeweils zusätzlich angeklickt werden. Eine entsprechende Erforderlichkeit für diesen Vorgang ist vom Kläger nicht dargelegt worden. Es ist auch zusätzlich nicht ersichtlich, dass für diese schnell auszuführende Tätigkeit eine relevante zusätzliche Zeitspanne sich ergeben würde.

Der hiesige Kläger hat sich zusätzlich aber auch darauf berufen, dass er wegen seiner Erkrankungen (u.a. Funktionsstörung durch eine Fußfehlform; beidseitige Funktionsbehinderung des Hüftgelenks; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule) zusätzliche Zeit benötige. Er verweist insofern auf einen Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 19.03.2012, wonach ein Grad der Behinderung von 40 vorliegt. Die Kammer schätzt insofern, dass die aufzuwendende Zeit daher um 20 %, also eine weitere Minute, zu erhöhen ist. Hierbei wurde auch berücksichtigt, dass der Kläger immer noch als Wachschützer eingesetzt wird, so dass er im Ernstfall in der Lage sein muss, schnell zu reagieren. Dies führt zu der Einschätzung, dass eine Erhöhung um 1 Minute ausreichend ist.

Der Kläger kann die Berücksichtigung weiterer zusätzlicher Zeiten auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ableiten. Der Kläger führt insofern ein Schreiben des Polizeipräsidenten vom 26.04.2011 an, indem ausgeführt wird, dass die Arbeitszeit für alle Tarifbeschäftigten – einheitlich mit den beamteten Dienstkräften – mit Betreten und Verlassen des Gebäudes beginnt und endet. Der Kläger kann hieraus schon deswegen nichts zu seinen Gunsten ableiten, weil die von ihm geltend gemachten Zeiten gar nicht innerhalb eines Dienstgebäudes anfielen. Im Übrigen ergibt sich aus diesem Schreiben eine Abweichung zu den Arbeitshinweisen über die Arbeitszeit in der Berliner Polizei vom 19.06.2009, dort Ziffer 8, nur insofern, als dort für Angestellte aus dem Tarifrechtskreis Ost und für Arbeiterinnen und Arbeiter geregelt war, dass die Arbeitszeit erst am Arbeitsplatz beginnt. Nach Z. 8 Abs. 3 war für Dienststellen, bei denen im Rahmen eines Arbeitszeitmodells ein Dienstbeginn zeitlich festgelegt worden war, spezieller geregelt worden, dass der Dienst zum festgelegten Zeitpunkt beginnt. Der Kläger, der im so genannten Metropolitan-Modell arbeitete, fiel unter diese Kategorie. Auch insofern lag eine Ungleichbehandlung nicht vor. Der Kläger beruft sich dann noch auf Ziffer 2.6 der Geschäftsanweisung über die Arbeitszeit in den Abschnitten vom 26.04.2017. Dort wird den Dienstkräften ermöglicht, weitestgehend selbstständig innerhalb eines Zeitrahmens von insgesamt max. 30 Minuten den Dienst vor der planmäßigen Schicht zu beginnen sowie nach dem planmäßigen Schichtende zu beenden. Dieser Buchungskorridor wird nur für planmäßige Dienste gewährt, bei denen eine Übergabe und Übernahme der Dienstgeschäfte erforderlich ist. Auch hieraus kann der Kläger nichts ableiten, da er nicht Übergabe-, sondern Umkleidezeiten geltend macht. Im Übrigen hat das beklagte Land erst- und auch zweitinstanzlich unwidersprochen vorgetragen, dass nicht generell 30 Minuten gutgeschrieben werden, sondern nur tatsächlich geleistete Übergabezeiten. Auch insofern kann der Kläger über die tatsächlich geleisteten Umkleidezeiten hinaus nicht noch weitere Zeiten geltend machen, obwohl diese nicht angefallen sind.

4. In zeitlicher Hinsicht kann der Kläger eine solche Vergütung erst für einen Zeitraum ab dem 01.04.2016 verlangen. Die Zeiten davor sind nicht zu vergüten, da der Kläger die sechsmonatige Ausschlussfrist (§ 37 Abs. 1 TV-L) nicht eingehalten hat.

4.1 Das Bundesarbeitsgericht (06.09.2018 – 6 AZR 204/17 – juris Rn. 43) hat bezogen auf eine ordnungsgemäße Geltendmachung ausgeführt:

 „Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können. Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss, geschützt werden. Für eine ordnungsgemäße Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 TV-L ist daher erforderlich, dass der Anspruchsgegner zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufgefordert wird. Der Anspruchsteller muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht. Der Anspruchsgegner muss ausgehend von seinem Empfängerhorizont erkennen können, um welche Forderung es sich handelt. Das setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Anspruchsgegner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs und die Tatsachen, auf die dieser gestützt wird, müssen erkennbar sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Bezifferung nicht zwingend erforderlich (vgl. zum Ganzen BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 700/14 - Rn. 45 mwN, BAGE 154, 118 [zu § 37 Abs. 1 TVöD-AT]).“

4.2 Der Kläger stützt seinen Anspruch auf Vergütung der häuslichen Umkleidezeiten auf die Tatsache, dass an den jeweiligen Einsatzobjekten eine zumutbare Umkleidemöglichkeit nicht besteht bzw. bestand. In dem Schreiben vom 21.11.2016, mit dem der Kläger außergerichtlich Ansprüche geltend macht, weist er – im Gegensatz zu ähnlichen Schreiben in Parallelverfahren – darauf hin, dass an den Einsatzobjekten auch keine Umkleidemöglichkeiten vorhanden seien. Dies wahrt daher Ansprüche, die am 21.5.2016 noch nicht verfallen waren.

Dies sind die zusätzlichen Zeiten, die ab dem 01.04.2016 angefallen sind. Bei den vom Kläger geltend gemachten zusätzlichen Arbeitszeiten handelt es sich um so genannte ungeplante Überstunden iSv. § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TV-L, da diese im Falle von Wechselschicht- oder Schichtarbeit über die im Schichtplan festgelegten täglichen Arbeitsstunden hinaus angeordnet worden sind bzw. im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden (vgl. BAG 21.03.2017 – 6 AZR 161/16 – juris Rn. 18 zum gleich

lautenden TVöD-K). Insofern entstehen Überstunden immer dann, wenn zu den im Schichtplan festgesetzten „täglichen“ Arbeitsstunden zusätzliche, nicht im Schichtplan ausgewiesene Stunden angeordnet werden (BAG a.a.O. Rn. 20). Letzteres ist hier der Fall, da die zusätzlichen Umkleidezeiten im Schichtplanturnus nicht eingerechnet worden sind. Daher handelt es sich um Entgeltbestandteile, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, so dass diese gemäß § 24 Abs. 1 S. 4 TV-L erst am Zahltag des zweiten Kalendermonats, der auf ihre Entstehung folgt, fällig werden. Die im April 2016 geleisteten Stunden wurden somit nicht zur Zahlung am 30.04.2016 fällig, sondern erst bei Ablauf des weiteren Kalendermonats am 31.05.2016. Die Zeiten vor dem 01.04.2016 sind daher wegen der nicht eingehaltenen Ausschlussfrist verfallen.

4.3 Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers verstößt die Anwendung der Ausschlussfrist weder hier noch bei später zu behandelnden Ansprüchen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Hierfür sind nicht ansatzweise Anhaltspunkte ersichtlich.

Nach der Rechtsprechung des BAG kann es in Ausnahmefällen dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen, Ausschlussfristen zur Anwendung zu bringen. Dies ist der Fall, wenn eine Arbeitsvertragspartei die andere durch aktives Handeln von der Einhaltung der Ausschlussfrist abgehalten oder es pflichtwidrig unterlassen hat, ihr Umstände mitzuteilen, die sie zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (BAG 13.10.2010 – 5 AZR 648/09 – juris Rn. 19). Der Kläger wusste, dass seine Umkleidezeiten nicht vergütet werden. Er kannte auch die Umstände, unter denen er sich vor Ort allenfalls hätte umziehen können. Ein aktives Handeln des beklagten Landes, um ihn von der Geltendmachung seiner Ansprüche abzuhalten, ist nicht erkennbar. Auch ist nicht ersichtlich, auf welche Umstände die Arbeitgeberin den Kläger hätte hinweisen müssen, die dieser nicht kannte.

Selbst wenn man dem nicht folgen will, fällt nach der Rechtsprechung des BAG der Einwand des Rechtsmissbrauchs dann weg, wenn die betroffene Vertragspartei auf anderem Wege von den relevanten Umständen Kenntnis erlangt hat. In einem solchen Fall muss dann die Vertragspartei innerhalb einer kurzen Frist ihre Ansprüche in der nach dem Tarifvertrag gebotenen Form geltend machen (BAG 13.10.2010 – 5 AZR 648/09 – juris Rn. 20). Der Kläger hat hier keinerlei Tatsachen dazu vorgetragen, wann er erstmals unabhängig von dem behaupteten treuwidrigen Verhalten der Arbeitgeberseite von den relevanten Umständen Kenntnis erlangt haben will und inwiefern er deswegen eine kurz bemessene Frist zur Geltendmachung eingehalten hat. Auch hierauf ist er in dem gerichtlichen Schreiben vom 20.08.2019 hingewiesen worden.

5. Dem beklagten Land war auf ihren Antrag hin zum letzten klägerischen Schriftsatz keine Erklärungsfrist einzuräumen.

Die hier relevante Antragsfassung war zwar erst mit einem Schriftsatz kurz vor dem Berufungstermin eingereicht worden, doch enthielt er keinen neuen Tatsachenvortrag. Die Aufnahme einer Minutenangabe in dem Hilfsantrag stellt ebenfalls kein neues Vorbringen dar, denn die Umkleidezeiten waren vom Kläger auch schon zuvor in zeitlicher Hinsicht konkretisiert worden. Die Schwerbehinderung des Klägers war auch bekannt.

II. Antrag zu 2 (Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort)

Der Hauptantrag ist unzulässig, da er keine zeitlichen Angaben für die geltend gemachten Wegezeiten enthält. Es gelten die gleichen Grundsätze wie bei Beurteilung des Antrags zu 1. Der Hilfsantrag ist zulässig, da er diesen Mangel beseitigt. Er ist auch durch die Minutenangaben hinreichend bestimmt. Gegebenenfalls im Rahmen einer Schätzung wäre dann bei der Begründetheit zu prüfen, ob die Zeitangaben als Mindestangaben zutreffend sind.

Der Hilfsantrag, mit dem der Kläger zusätzliche Zeiten für das Zurücklegen des Weges zwischen seiner Wohnung und bestimmten Einsatzobjekten zusätzlich vergütet haben möchte, ist deswegen nicht begründet, weil diese Zeiten nicht ausschließlich fremdnützig geleistet werden.

Da es sich im Kern nicht um die eigentliche Arbeitsaufgabe (Bewachung von Objekten) handelt, gelten hier die gleichen Kriterien, die schon zu der Beurteilung des Antrages zu 1 heranzuziehen waren. Unabhängig hiervon bejaht das Bundesarbeitsgericht eine Vergütungspflicht zwischen den Fahrten von der Wohnung zur ersten Arbeitsstelle dann, wenn das Aufsuchen von Kunden nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zur Arbeitszeit gerechnet wird. (BAG 24.04.2018 – 5 AZR 424/17 – juris Rn. 18). Dies ist unter anderem bei Monteuren und Außendienstmitarbeitern der Fall. Zu dieser Kategorie zählt der Kläger jedoch nicht.

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch verschiedentlich ausgeführt, dass das Tragen einer Dienstkleidung mit Uniformcharakter auf dem Weg zur und von der Arbeit jedenfalls dann dem Interesse des Arbeitgebers dient, wenn es dem Kläger aufgrund des Fehlens von Umkleidevorrichtungen nicht möglich ist, die Dienstkleidung erst am Arbeitsplatz anzulegen (BAG 26.10.2016 – 5 AZR 168/16 – juris Rn. 25; 17.01.2017 – 1 ABR 45/10 – juris Rn. 31f). Diese Ausführungen betrafen jedoch nicht die Vergütungspflicht selbst. Sie enthalten auch keine Angabe dazu, ob von einem ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers auszugehen ist. Jedenfalls bisher hat das Bundesarbeitsgericht – abgesehen von der obigen Ausnahme zu Außendienstmitarbeitern – den Weg zur und von der Arbeitsstelle nicht als vergütungspflichtig angesehen. Genauso wie in der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg in einem Parallelfall (05.06.2019 – 23 Sa 1694/18) ist auch die hiesige Kammer der Auffassung, dass der Arbeitsweg selbst dann nicht ausschließlich fremdnützig zurückgelegt wird, wenn wegen unzumutbarer Umkleidemöglichkeiten vor Ort die Uniform schon zu Hause angelegt werden muss. Der Arbeitsweg bleibt insofern mindestens auch eigennützig, denn das Erreichen des Arbeitsortes ist der Sphäre des Arbeitnehmers zuzurechnen. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich nicht auf diesem Weg. Durch die Wahl des Wohnortes und des Beförderungsmittels hat es der jeweilige Arbeitnehmer selbst in der Hand, die entsprechenden Zeiten zu beeinflussen. Ihm steht es auch frei, Umwege zu fahren, um noch private Dinge zu erledigen. Soweit der Kläger versucht, den Eindruck zu erwecken, er sei wegen der angelegten Uniform auf dem Arbeitsweg praktisch immer Dienst, weil er von den Bürgern als Polizeiangehöriger erkannt werde, trifft dies so nicht zu. Nach den Arbeitshinweisen über die Arbeitszeit der Berliner Polizei (Stand 19.06.2009) wird in Z. 14 Abs. 1 allerdings für beamtete Polizeiangehörige ausdrücklich festgestellt, dass diese sich in bestimmten Fällen aus der Privatsphäre heraus in den Dienst zu versetzen und Amtshandlungen vorzunehmen haben. Bezogen auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse eines Polizeivollzugsangestellten wird in Z. 14 Abs. 6 aber ausgeführt, dass sich eine solche Pflicht für diese Personengruppe nicht herleiten lasse.

III. Anträge zu 3, 4. a) – 4. c) (Zahlung von Zulagen)

Diese Anträge sind nicht zur Entscheidung angefallen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es sich um Hilfsanträge handelt.

Auch wenn Anträge nicht ausdrücklich als Hilfsanträge gestellt worden sind, sind sie auszulegen. Im Zweifel ist das als gewollt anzunehmen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragstellers entspricht (BAG 30.11.2016 – 10 AZR 673/15 – juris Rn. 28).

Vorliegend hat das Gericht eine zusätzliche Vergütungspflicht durch Zahlung von Zulagen schon im Rahmen der zuvor gestellten Anträge angenommen. Insofern kann nicht unterstellt werden, dass der hiesige Kläger unabhängig davon überflüssigerweise weitere Anträge stellen wollte, die dann mangels Feststellungsinteresses abzuweisen wären. Daher sind diese Anträge dahingehend auszulegen, dass sie nur für den Fall gestellt werden, dass eine zugestandene Vergütungspflicht nach den Anträgen zu 1. - 3. nicht auch die Zahlung von entsprechenden Zulagen beinhalten sollte.

IV. Antrag zu 7 (ununterbrochene Freizeit von 35 Stunden)

Es kann offen bleiben, ob das Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO gegeben ist. Echte Prozessvoraussetzung ist ein Feststellungsinteresse nur für ein stattgebendes Urteil. Insofern ist ein Feststellungsinteresse jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn auch die in Betracht kommende Leistungsklage – wie hier – abzuweisen wäre BAG 12.02.2003 – 10 AZR 299/02 – juris Rn. 48; BGH 01.07.2014 – XI ZR 247/12 – juris Rn. 18).

Der Antrag ist unbegründet, da der Anspruch des Klägers durch das beklagte Land bereits erfüllt ist. Hierzu hat das LAG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 05.06.2019 – 23 Sa 1694/18 – ausgeführt:

 „Der Antrag ist unbegründet. Der Kläger erhält im Rahmen des Schichtmodells Metropolitan unter Beachtung der arbeitszeitrechtlichen Vorgaben des § 11 Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 ArbZG i.V.m. § 5 Abs. 1 ArbZG regelmäßig die gesetzlich vorgesehenen Ersatzruhetage für eine Beschäftigung an einem Sonn- oder Feiertag unmittelbar in Verbindung mit einer ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens 11 Stunden in der Weise, dass ihm eine ununterbrochene Freizeit von insgesamt 35 Stunden gewährt wird. Der Anspruch des Klägers wird durch das beklagte Land damit bereits erfüllt (§ 362 BGB).

Gemäß § 5 Abs. 1 ArbZG müssen Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden haben. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG dürfen Arbeitnehmer – abweichend vom grundsätzlichen Beschäftigungsverbot an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen des § 9 Abs. 1 ArbZG – zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden. Gemäß § 11 Abs. 3 S. 1 ArbZG müssen Arbeitnehmer, die an einem Sonntag beschäftigt werden, einen innerhalb von zwei Wochen zu gewährenden Ersatzruhetag haben. Werden sie an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt, müssen sie einen innerhalb von 8 Wochen zu gewährenden Ersatzruhetag gewährt erhalten (§ 11 Abs. 3 S. 2 ArbZG). Gemäß § 11 Abs. 4 ArbZG ist dieser Ersatzruhetag – wie auch die Sonn- oder Feiertagsruhe am beschäftigungsfreien Sonn- oder Feiertag - unmittelbar in Verbindung mit einer Ruhezeit nach § 5 ArbZG gewähren, soweit dem technische oder arbeitsorganisatorische Gründe nicht entgegenstehen.

Vorliegend weist das beklagte Land dem Kläger nach dem aus Ziffer 2.2 GA ersichtlichen Schichtplan für jeden nicht beschäftigungsfreien Sonntag, an dem er tatsächlich gearbeitet hat, innerhalb von zwei Wochen an dem jeweils zweiten vollständig freien Tag (dem letzten X im System FFSSNNXXX) einen Ersatzruhetag zu, in der neunten Woche des Zyklus am ersten vollständig freien Tag (Samstag). Diese Ersatzruhetage sind in der GA-Tabelle mit einem * gekennzeichnet. Für jeden nicht beschäftigungsfreien Feiertag, an dem der Kläger tatsächlich gearbeitet hat, weist das beklagte Land ihm innerhalb von acht Wochen an einem der jeweils ersten vollständig freien Tage (dem vorletzten X im System FFSSNNXXX) einen Ersatzruhetag zu. Aufgrund des aus Ziffer 2.2 GA ersichtlichen Schichtplans ist dabei in jedem Fall vor dem Ersatzruhetag eine weitere Ruhephase von mehr als 11 Stunden gewährleistet, da die letzte Nachtschicht am Morgen des ersten nicht mehr vollständig freien Tages (dem ersten X im System FFSSNNXXX) regelmäßig um 6:45 Uhr, im Falle des Klägers wegen seiner als Objektführer vorverlagerten Schichtzeiten um 6:00 Uhr, endet und damit 17 Stunden 15 Minuten bzw. 18 Stunden dieses Tages als Ruhezeit verbleiben.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die Konstellation, in der der Ersatzruhetag für den in der vierten Woche des Schichtmodells liegenden nicht beschäftigungsfreien Sonntag regelmäßig auf den Montag der sechsten Woche fällt, da auch dann in Verbindung mit dem beschäftigungsfreien Sonntag der fünften Woche eine ununterbrochene Ruhezeit von mehr als 35 Stunden gewährleistet ist. Soweit ein Tag beschäftigungsfrei ist, erfüllt er stets die Voraussetzungen einer Ruhezeit (vgl. BAG 13. Februar 1992 – 6 AZR 638/89 – Rn. 29 zu den arbeitszeitlichen Regelungen der Allgemeinen Zollordnung (AZO)). Insoweit kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen der Arbeitnehmer ruht, sondern ob er überhaupt im gesetzlich vorgesehenen Umfang ruhen kann. Ein „qualifiziertes Ruhen“ gerade wegen eines bestimmten Anlasses ist nicht zu beanspruchen, so dass auch Zeiten eines Urlaubs, arbeitsfreie Feiertage und sonstige Zeiten der Arbeitsbefreiung regelmäßig die Voraussetzungen einer Ruhezeit erfüllen (BAG 13. Februar 1992 – 6 AZR 638/89 – Rn. 29). Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 3 S. 1 ArbZG kommt als Ersatzruhetag jeder Werktag, also auch ein ohnehin arbeitsfreier Samstag oder ein schichtplanmäßig arbeitsfreier sonstiger Werktag in Betracht. Das entspricht der Konzeption und dem Zweck des ArbZG, das von der 6-Tage-Woche ausgeht. Im Vordergrund steht der Arbeitszeitschutz (§ 1 Nr. 1 ArbZG), der dem Arbeitnehmer, der sonntags arbeitet, wenigstens einen arbeitsfreien Tag in der Woche gewährleisten soll. Nichts spricht für die Annahme, das Gesetz bewerte die Sonntagsarbeit generell als "doppelt wertvoll" (vgl. BAG 12. Dezember 2001 – 5 AZR 294/00 – Rn. 16).

Soweit sich der Antrag auch auf die Ruhezeit an beschäftigungsfreien Sonn- und Feiertagen und die in unmittelbarer Verbindung zu gewährende Ruhezeit von elf Stunden gemäß § 5 Abs. 1 bezieht, ergibt sich die Erfüllung des Anspruchs unmittelbar aus dem Schicht Metropolitan. Ein vollständig beschäftigungsfreier Sonn- oder Feiertag fällt auf den letzten oder vorletzten freien Tag im Zyklus (letztes oder vorletztes X im System FFSSNNXXX), so dass davor stets entweder ein vollständig freier Tag oder die letzte Nachtschicht mit einem Dienstende um 6:00 Uhr bzw. 6:45 Uhr liegt.

Soweit der Kläger darauf hingewiesen hat, dass sich nach den gewährten Ruhezeiten vor Beginn der nächsten Frühschicht lediglich eine weitere Ruhezeit von 6,5 Stunden – im Falle des Klägers wegen der vorgezogenen Schichten der Objektführer von 5,45 Stunden – anschließt, ist dies nicht zu beanstanden. Die dem Kläger nach dem ArbZG zustehenden Ruhezeiten sind ihm zu diesem Zeitpunkt bereits gewährt worden, und eine Erholung von der Ruhezeit ist nicht erforderlich.“

Diese Erwägungen hält die hiesige Kammer für zutreffend und schließt sich ihnen an (ähnlich: LAG Berlin-Brandenburg 20.05.2019 – 5 Sa 2060/18, wobei aus diesen Erwägungen schon das Feststellungsinteresse verneint wird).

V. Antrag zu 8 (Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto im Umfang von 23,1 Arbeitsstunden für noch 3 Feiertage)

Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts war das beklagte Land verpflichtet, dem Kläger für weitere 14,14 Mehrarbeitsstunden eine Vergütung zu zahlen, da der Kläger am 25.12.2017 und 26.12.2017 Mehrarbeit geleistet hat. Insofern war die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.

Soweit die Berufung zulässig ist, kann der Kläger für den verbliebenen Feiertag vom 17.04.2017 weder eine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto noch hilfsweise eine Vergütung verlangen, da dieser Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht wurde (§ 37 TV-L), so dass er verfallen ist.

Zur rechtlichen Beurteilung hat auch hier das LAG Berlin-Brandenburg am 05.06.2019 – 23 Sa 1694/18 zutreffend ausgeführt:

 „3.2.1. Nach Maßgabe von § 6 Abs. 3 S. 3 TV-L und der zugehörigen Protokollerklärung vermindert sich die regelmäßige Arbeitszeit für jeden gesetzlichen Feiertag und für die beiden Vorfeiertage am 24. Und 31. Dezember eines Jahres, sofern sie auf einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden, da anderenfalls diejenigen Arbeitnehmer, die wegen des Dienstplans am Feiertag frei haben, nacharbeiten müssten. Die tarifliche Regelung begründet nach ihrem Wortlaut keinen Anspruch auf eine Gutschrift von Stunden auf einem Arbeitszeitkonto, sondern auf Verminderung der Sollarbeitszeit (zur wortgleichen Vorschrift des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT: BAG 08. Dezember 2010 – 5 AZR 667/09 - Rn. 17). Die regelmäßige Arbeitszeit wird durch § 6 Abs. 3 Satz 3 TV-L nicht durch gestaltenden Akt des Arbeitgebers, sondern von Rechts wegen „automatisch“ vermindert. Die Rechtsfolge der verminderten regelmäßigen Arbeitszeit des § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K muss vom Arbeitgeber jedoch bei der Dienstplangestaltung, der Arbeitszeiterfassung und der Vergütung umgesetzt werden. Geschieht das nicht, entstehen nachgelagerte Ansprüche des Arbeitnehmers auf Beseitigung des tarifwidrigen Zustands (zur entsprechenden Regelung im TVöD-K: BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 286/12 – Rn. 19 f.).

Geht es um die Korrektur der Arbeitszeiterfassung auf einem Arbeitszeitkonto, kommt dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf korrekte Führung des Arbeitszeitkontos aus § 611 Abs. 1 BGB zu, wenn das Arbeitszeitkonto den Vergütungsanspruch nach der zugrunde liegenden Abrede verbindlich bestimmt (vgl. zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT: BAG 27. März 2014 – 6 AZR 621/12 – Rn. 21; zu § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD-K: 24. Oktober 2013 - 6 AZR 286/12 - Rn. 21). Eine unterbliebene Umsetzung der Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit entgegen § 6 Abs. 3 Satz 3 TV-L kann dazu führen, dass Überstunden in einem zeitlichen Rahmen entstehen, der ohne die Verminderung noch von der regelmäßigen Arbeitszeit umfasst wäre. Reduziert sich die regelmäßige Arbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TV-L, bewirkt dies eine Absenkung der Stundenzahl, ab deren Erreichen Überstunden geleistet werden. Die Vergütungspflicht umfasst dann die ab dem abgesenkten Schwellenwert geleisteten Stunden als Überstunden unter Berücksichtigung der tariflichen Vergütungsvorgaben (vgl. zum wortgleichen § 6 Abs. 3 S. 3 TVöD-AT: BAG 27. März 2014 – 6 AZR 621/12 - Rn. 21).

3.2.2. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf die begehrten Gutschriften zu Recht darauf, dass aufgrund der nicht umgesetzten Verminderung der Arbeitszeit für dienstfreie Feiertage nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TV-L Mehrarbeit geleistet worden ist. Dabei handelt es sich unter Berücksichtigung der vom Kläger durchgehend geleisteten Wechselschichtarbeit um geplante Überstunden iSv. § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 2 TV-L, die bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Schichtplanturnus nicht ausgeglichen werden. Gemäß § 8 Abs. 1 S. 4 und 5 TV-L konnte der Kläger die Faktorisierung dieser Überstunden geltend machen und hat dies mit seiner Klageerweiterung mit der Folge getan, dass sie seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben sind, soweit dies noch nicht erfolgt ist.

Auf die Ausführungen zur Lesart des Bundesarbeitsgerichts von § 7 Abs. 8 Buchst. c TV-L (BAG 23. März 2017 – 6 AZR 161 / 16 – Rn. 20 ff.) unter 1.2.3.1. des vorliegenden Urteils wird Bezug genommen. Es handelt sich um geplante Überstunden, weil der Dienstplan keine Verminderung der Arbeitszeit für dienstfreie Feiertage und Vorfeiertage vorsieht. Unter Schichtplanturnus im Sinn von § 7 Abs. 8 Buchst c TV-L ist der Zeitraum zu verstehen, für den der Schichtplan oder der Dienstplan im Vorhinein aufgestellt ist (zum wortgleichen § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-AT: BAG 25. April 2013 – 6 AZR 800/11- Rn. 26). Ein Ausgleich im Schichtplanturnus muss deshalb im Schichtmodell Metropolitan innerhalb des 9-wöchigen Schichtplanzyklus erfolgen. Dies ist unstreitig nicht erfolgt, sondern der Kläger ist nach dem stets unveränderten Schichtplan für die E-Gruppe zur Arbeit herangezogen worden. Daraus ergibt sich, dass mit dem Ablauf des Schichtplanzyklus, in dem der dienstfreie Feiertag lag, Überstunden im Umfang der nicht umgesetzten Verminderung der Arbeitszeit entstanden sind.

Ein Ausgleich durch entsprechende Freistellung des Klägers innerhalb des jeweiligen Schichtplanzyklus ist unstreitig nicht erfolgt. In welchem Umfang die Verminderung der Arbeitszeit des Klägers zum Ausgleich des dienstfreien Feiertags umzusetzen wäre, ist im Schichtmodell Metropolitan nicht ohne Weiteres offensichtlich, weil der Kläger in der Früh- oder Spätschicht jeweils 8,25 Stunden arbeiten müsste, zu Beginn der ersten Nachtschicht dagegen nur 2,25 Stunden (wegen des um 45 Minuten vorversetzten Arbeitszeitbeginns des Klägers als Objektführer, anderenfalls bei Tarifbeschäftigten im Objektschutz ohne die Funktion eines Objektführers 1,5 Stunden) und zum Ende der zweiten Nachtschicht 6 Stunden (als Objektführer, anderenfalls 6,75 Stunden). Da nicht feststellbar ist, welche diese Arbeitszeiten für den Kläger in dem Fall maßgeblich gewesen wäre, in dem er nicht nach dem Dienstplan für die E-Gruppe dienstfrei gehabt hätte, ist der Durchschnittswert zu errechnen. Dieser beträgt, abweichend von der Einschätzung des Klägers und des Arbeitsgerichts, nicht 7,7 Stunden auf der Grundlage einer 38,5-Stunden-Woche, sondern 7,07 Stunden auf der Grundlage des Schichtmodells Metropolitan mit der Schichtfolge FFSSNNXXX und sieben Arbeitstagen nach dem Tagesprinzip (5 x 8,25 Stunden + 2,25 Stunden + 6 Stunden = 49,5 Stunden : 7 Arbeitstage = 7,07 Stunden/Arbeitstag).

Bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten muss das beklagte Land diese Überstunden grundsätzlich in Freizeit ausgleichen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 TV-L). Nach Ablauf dieses Zeitraums kann der Arbeitnehmer, sofern ein Arbeitszeitkonto nach § 10 TV-L eingerichtet ist, gemäß § 8 Abs. 1 S. 5 TV-L eine Faktorisierung der Überstunden durch Umwandlung in Zeit und deren Ausgleich verlangen. Eine Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto setzt grundsätzlich voraus, dass in ihrem Umfang bereits Arbeit geleistet, aber noch nicht vergütet worden ist. Im hier vorliegenden Fall der nicht umgesetzten Verminderung der Arbeitszeitreduzierung ist der Kläger zwar für die von ihm geleistete Arbeit bezahlt worden, er hatte jedoch einen Vergütungsanspruch in gleichem Umfang für die Leistung verminderter Arbeitszeit. Deshalb hat er Überstunden geleistet und ist für die über die verminderte Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeitszeit noch nicht vergütet worden. Insoweit kann er nach § 8 Abs. 1 S. 4 und 5 TV-L die Faktorisierung seines Freizeitausgleichsanspruchs in umgerechnete Zeit auf seinem nach § 10 TV-L geführten Arbeitszeitkonto PuZMan verlangen, sofern die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse dies zulassen.“

Auch die hiesige Kammer geht davon aus, dass für jeden Feiertag insofern 7,07 Stunden gutzuschreiben sind (38,5 Wochenstunden : 5,44 regelmäßige Einsatztage pro Woche = 7,07 Stunden). Die Berechnung des beklagten Landes berücksichtigt nur, dass es insofern prinzipiell vier unterschiedliche Stundenvolumina geben kann, nimmt aber nicht in den Blick, dass das jeweilige Stundenvolumen unterschiedlich häufig pro Woche auftritt. Die klägerische Berechnung ist insofern unzutreffend, weil er die Wochenstundenzahl nur durch fünf teilt, obwohl er durchschnittlich an 5,44 Arbeitstagen eingesetzt wird.

Weiterhin ist davon auszugehen, dass die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse eine Faktorisierung zulassen, was sich bereits daraus ergibt, dass das beklagte Land selbst von einem Ausgleich dienstfreier Feiertage durch Zeitgutschrift ausgegangen ist.

Da es sich um geplante Überstunden handelt, weil ein Ausgleich durch Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit durch das beklagte Land im Metropolitan-Modell nicht vorgenommen wird, fallen diese Überstunden jeweils nach Ablauf des 9-wöchigen Schichtturnus an. Das Metropolitan-Modell begann am 26.06.2015. Die ersten 9 Wochen endeten am 26.08.2015. Mit dem nächsten Tag (27.08.2015) konnten daher Überstunden fällig geworden sein. Die nächsten Fälligkeitstermine waren dann: 29.10.2015, 31.12.2015, 03.03.2016, 05.05.2016, 07.07.2016, 08.09.2016, 10.11.2016, 12.01.2017, 16.03.2017, 18.05.2017, 20.07.2017, 21.09.2017, 23.11.2017, 25.01.2018, 28.03.2018 und 30.05.2018. Der Kläger hat die hier begehrten Zeitgutschriften mit der Klageerweiterung vom 11.07.2018, die dem beklagten Land am 17.07.2018 zugestellt worden ist, erstmals geltend gemacht. Hierdurch konnten nur Ansprüche erfasst werden, die am 17.01.2018 noch nicht verfallen waren. Für die Feiertage am 25.12.2017 und 26.12.2017 haben sich Überstunden am 25.01.2018 ergeben. Sie waren also noch nicht verfallen, während die Überstunden für den Feiertag vom 17.04.2017 verfallen waren.

Soweit das beklagte Land generell vorträgt, dass es für jeden Feiertag auf dem Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers 6 Stunden und 11 Minuten (6,1875 Dezimalstellen) gutschreibe, kann das im hiesigen Fall nicht nachvollzogen werden, so dass eine entsprechende Reduzierung nicht vorzunehmen ist. Der Kläger hat auf Seite 78 der Berufungsbegründung für die Feiertage im Dezember 2017 erneut auf die Anlage K 22 verwiesen, aus der sich eine derartige Gutschrift nicht ablesen lässt. Die Rechtsbehauptung des beklagten Landes, die entsprechenden Gutschriften seien unstreitig, trifft nicht zu.

VI. Antrag zu 9 (15 freie Sonntage)

Auch hier kann offen bleiben, ob ein Feststellungsinteresse besteht, da eine in Betracht kommende Leistungsklage abzuweisen wäre. Der Kläger wird tatsächliche mindestens 15 Sonntage im Kalenderjahr nicht beschäftigt, so dass auch insofern gemäß § 11 Abs. 1 ArbZG Erfüllung (§ 362 BGB) eingetreten ist. Hierzu hat das LAG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 05.06.2019 – 23 Sa 1694/18 – ausgeführt:

 „Gemäß § 11 Abs. 1 ArbZG müssen mindestens 15 Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei bleiben. Die institutionelle Garantie der Sonntagsruhe erfolgt gemäß § 1 Nr. 2 ArbZG zum Zwecke der Erholung von der Arbeit durch Arbeitsruhe und zum Zwecke der seelischen Erhebung der Arbeitnehmer.

§ 11 Abs. 1 ArbZG setzt ausschließlich die tatsächliche Beschäftigungsfreiheit an mindestens 15 Sonntagen voraus. Die Befreiung von einer Arbeitspflicht ist nicht Voraussetzung der gesetzlichen Vorgabe (vgl. BAG 24. Februar 2005 – 2 AZR 211/04 – Rn. 24). Deshalb sind auch beschäftigungsfreie Sonntage während des Urlaubs und der Arbeitsunfähigkeit zu berücksichtigen (vgl. ErfK/Wank., 19. Aufl. 2019, § 11 ArbZG Rn. 1; Baeck/Deutsch ArbZG, 3. Aufl. 2014, § 11 ArbZG Rn. 7 mwN). Entgegen der Einschätzung des Klägers ist eine Planbarkeit von insgesamt 15 beschäftigungsfreien Sonntagen im Kalenderjahr weder Voraussetzung für die Arbeitsruhe noch für seine seelische Erhebung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 12 Abs. 2 TzBfG, der ausschließlich auf die Planbarkeit der Arbeitsleistung im Falle der Arbeit auf Abruf bezogen ist (vgl. BAG 26. Januar 2011 – 5 AZR 819/09 – Rn.17). Aus dieser gesetzlichen Regelung lässt sich nicht ableiten, dass der Genuss von Arbeitsruhe und die Gelegenheit zu seelischer Erhebung am beschäftigungsfreien Sonntag für den Arbeitnehmer planbar sein müsste. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass der gesetzlich gewollte Zweck im Falle einer Arbeitsunfähigkeit am Sonntag nicht erreicht werden könnte. Soweit der Kläger meint, aus § 9 BUrlG folge, dass ein im Urlaub liegender Sonntag nur seiner Erholung diene und nicht zugleich die Anforderungen an einen beschäftigungsfreien Sonntag erfüllen könne, ist dies nicht nachvollziehbar. Nach § 9 BUrlG werden bei einer Erkrankung während des Urlaubs nachgewiesene Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. In diesem Fall kann der mit der Festsetzung des Urlaubs bezweckte Leistungserfolg, die Befreiung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht für die Dauer des Urlaubs, nicht eintreten, weil die Arbeitspflicht bereits aufgrund Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit entfallen ist (BAG 15. Juni 1993 – 9 AZR 65/90 – Rn. 15). Unerheblich ist dagegen, ob sich der Arbeitnehmer tatsächlich im Urlaub erholen kann. Die institutionelle Garantie der Sonntagsruhe an mindestens 15 Sonntagen im Jahr besteht unabhängig von einer Arbeitspflicht oder deren Wegfall. Eine Parallelität zur Regelung des § 9 BUrlG besteht deshalb für die Frage der Sonntagsruhe nicht.“

Auch diese Erwägungen hält die hiesige Kammer für zutreffend. Insofern ist es ausreichend, dass die 15 freien Sonntage auch dadurch erreicht werden, dass Urlaub gewährt oder der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist. Dies war beim Kläger in der Vergangenheit unstreitig der Fall.

VII. Antrag zu 10 (Unterlassung; Einsatz an 5,44 Kalendertagen pro Woche)

Der zulässige Unterlassungsantrag betreffend den Einsatz an durchschnittlich 5,44 Arbeitstage wöchentlich ist unbegründet. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 6 Abs. 1 S. 3 TV-L. Auch insofern kann auf die zutreffenden Ausführungen des LAG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 05.06.2019 – 23 Sa 1694/18 verwiesen werden:

 „§ 6 Abs. 1 TV-L wird von einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit aus, wobei für die Berechnung des Durchschnitts ein Zeitraum von bis zu einem Jahr, bei ständiger Wechselschicht aber auch ein längerer Zeitraum, zu Grunde zu legen ist (§ 6 Abs. 2 TV-L). Die so errechnete durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TV-L). Diese regelmäßige Arbeitszeit kann nach § 6 Absatz ein S. 3 TV-L auf fünf Tage, aus dringenden betrieblichen/dienstlichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden.

Die tariflichen Vorgaben werden durch das System Metropolitan erfüllt. Unstreitig arbeitet der Kläger regelmäßig durchschnittlich 38,5 Stunden pro Woche, wobei für die Ermittlung des wöchentlichen Durchschnitts der stetig unverändert wiederkehrende 9-wöchige Schichtzyklus zu Grunde zu legen ist. Innerhalb dieser neun Wochen arbeitet der Kläger – gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 TV-L unter Einrechnung der gesetzlich vorgeschriebenen Pause von 30 Minuten pro Schicht (§ 4 S. 1 ArbZG) – insgesamt 346,5 Stunden (7 x 6 Schichten von je 8,25 Stunden = 346,5 Stunden : 9 Wochen = 38,5 Stunden/Woche). Die jeweils aufeinanderfolgenden sechs Schichten von 8,25 Stunden sind unter Berücksichtigung der Aufteilung der Nachtschichten auf jeweils zwei Kalendertage insgesamt auf sieben Kalendertage erstreckt, so dass sich im Durchschnitt eine wöchentliche Verteilung der Arbeitszeit auf 5,44 Kalendertage ergibt (7 x 7 Kalendertage = 49 Kalendertage : 9 Wochen = 5,44 Kalendertage/Woche).

Da die Tätigkeit im zentralen Objektschutz ohne Unterbrechung an 24 Stunden jedes Kalendertags zu erbringen ist, hat das beklagte Land sein Schichtsystem unter Berücksichtigung der gesetzlichen und tariflichen Vorgaben auf diese Anforderungen einzurichten. Weder der TV-L noch das Arbeitszeitgesetz regeln den Vorrang einer Beschäftigung an durchschnittlich höchstens fünf Kalendertagen pro Woche gegenüber einer Beschäftigung von durchschnittlich höchstens acht Stunden pro Arbeitstag (§ 3 ArbZG). Auch bei dem vorangegangenen Arbeitszeitmodell im zentralen Objektschutz mit durchschnittlich 3,5 Schichten von jeweils 12,25 Stunden im regelmäßigen Wechsel von Tag- und Nachtschicht wurde an durchschnittlich 5,25 Kalendertagen pro Woche gearbeitet (14 Schichten in 4 Wochen verteilt auf 21 Kalendertage bei Berücksichtigung von 2 Kalendertagen pro Nachtschicht, 21 : 4 = 5,25). Gegenüber diesem früheren Modell bietet das Modell Metropolitan den Vorteil kürzerer Arbeitsschichten und den Nachteil der Verteilung auf mehr Schichten. Da die Sicherstellung einer durchgehenden Besetzung im zentralen Objektschutz mit beiden Modellen erreicht werden kann und erreicht werden muss, liegt ein dringender dienstlicher Grund iSv. § 6 Abs. 1 S. 3 TV-L für die Verteilung auf mehr als fünf Kalendertage vor, mit dem sämtliche Tarifbeschäftigten im zentralen Objektschutz gleichermaßen belastet und entlastet werden. Eine Anspruchsgrundlage für ein Arbeitszeitmodell, das trotz dauerhafter Wechselschicht zu einer Tätigkeit an nicht mehr als fünf Tagen wöchentlich führt, ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen zwingenden Vorgaben nicht ersichtlich. Die tarifliche Regelung in Abs. 1 S. 3 TV-L schreibt dem Arbeitgeber keine bestimmte betriebliche oder dienstliche Arbeitsorganisation vor, sondern knüpft an die Bedingungen der gegebenen Arbeitsorganisation an. Durch die tarifliche Regelung soll der Arbeitgeber nicht gezwungen werden, in Fällen dauerhaft bestehenden Arbeitsanfalls Schichtzeiten weit über die Grenzen der vorgesehenen täglichen Arbeitszeit von acht Stunden nach § 3 S. 1 ArbZG auszudehnen, um eine Verteilung der Arbeitszeit auf 5 Tage wöchentlich zu gewährleisten. Die Regelungen im ArbZG und in § 6 Abs. 1 S. 3 TV-L dienen dem Arbeitnehmerschutz, ohne dass der Arbeitgeber einen Vorrang insoweit zu berücksichtigen hätte. Nach der tariflichen Vorschrift darf die Arbeitszeit nur dann auf mehr als fünf Tage in der Woche verteilt werden, wenn die von dem Arbeitgeber festgelegte dienstliche Organisation dies unabweisbar macht (vgl. Beck-OK TV-L/Welkoborsky – 44. Ed.: 01.10.2012, § 6 TV-L Rn. 8). Das ist vorliegend der Fall.

Soweit die Klägern beanstandet hat, das beklagte Land berücksichtige die durchschnittliche jährliche Verminderung der Arbeitszeit um 27,225 Stunden wegen dienstfreier Feiertage und Vorfeiertage nicht, wirkt sich dies auf die Verteilung der Arbeitszeit auf 5,44 Arbeitstagen wöchentlich nicht aus.

Ein Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus §§ 79 Abs. 1, 85 Abs. 1 Nr. 1 PersVG Berlin. Nach § 79 Abs. 1 PersVG Berlin bedarf eine Maßnahme, die der Mitbestimmung der Personalvertretung unterliegt, ihrer vorherigen Zustimmung. Zu den mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen gehören Regelungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (§ 85 Abs. 1 Nr. 1 PersVG Berlin), soweit keine tarifliche oder gesetzliche Regelung besteht.

Vorliegend hat der Kläger nicht behauptet, dass die Zustimmung des Personalrats zum Probelauf für das Arbeitszeitmodell Metropolitan gefehlt habe. Eine solche fehlende Zustimmung ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger vorgelegten Personalratsinformationen. Eine Vereinbarung zwischen dem Personalrat und dem beklagten Land über eine bestimmte Befristung des Probelauf hat der Kläger nicht dargelegt. Soweit er behauptet hat, der Personalrat habe den Probelauf zum 31.12.2017 für gescheitert erklärt, ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage der Personalrat seine zuvor erteilte Zustimmung einseitig und mit sofortiger Wirkung zurückziehen könnte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage durch die vorgetragene Erklärung des Personalrats dessen Zustimmung zum Probelauf die mitbestimmungsrechtliche Wirksamkeit verlieren sollte.“

Diese Erwägungen hält die hiesige Kammer für zutreffend und schließt sich ihnen an (im Ergebnis ebenso: LAG Berlin-Brandenburg 20.5.2019 – 5 Sa 2060/18). Insofern ist insbesondere anzunehmen, dass ein dringender dienstlicher Grund im Sinne von § 6 Abs. 1 S. 3 TV-L für die Verteilung auf mehr als 5 Kalendertage vorliegt, da sich das beklagte Land dazu entschieden hat, die Arbeiten im zentralen Objektschutz auf 7 Tage die Woche zu je 24 Stunden zu verteilen.

VIII. Antrag zu 11 (Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto im Umfang von 7,7 Arbeitsstunden für den Feiertag am 31.12.2016)

Da dieser Anspruch erstmals mit der Berufungsbegründung vom 7.5.2019 geltend gemacht wurde, ist er offensichtlich verfallen (§ 37 TV-L)

C. Nebenentscheidungen

Der Kläger hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen (§ 92 Abs. 2 ZPO), da er nur in geringem Umfang obsiegt hat und hierdurch nur geringfügig höhere Kosten veranlasst wurden. Auch soweit er Berufungsanträge zurückgenommen hat, hat er die Kosten zu tragen (§ 516 Abs. 3 ZPO).

Für den Kläger ist die Revision insofern gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen worden, wie der Hilfsantrag zu 2) keinen Erfolg hatte. Insofern fehlt es an einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, ob die Zeit für die Zurücklegung des Arbeitsweges dann zu vergüten ist, wenn er in auffälliger Arbeitskleidung zurückgelegt werden muss, weil zumutbare Umkleidemöglichkeiten vor Ort nicht bestehen. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vor.

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