BAG: Erziehungsurlaubszeiten in der betrieblichen Altersversorgung
BAG , Urteil vom 20.04.2010 - Aktenzeichen 3 AZR 370/08 (Vorinstanz: LAG Schleswig-Holstein vom 25.03.2008 - Aktenzeichen 2 Sa 469/07; ) (Vorinstanz: ArbG Kiel vom 04.10.2007 - Aktenzeichen 5 Ca 921 d/07; ) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Leitsätze: 1. Der Ausschluss von Erziehungsurlaubszeiten von der Anwartschaftssteigerung stellt weder nach primärem europäischem Gemeinschaftsrecht noch nach deutschem Verfassungsrecht eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts dar. 2. Ein Anspruch auf Berücksichtigung von Erziehungsurlaubszeiten bei der Anwartschaftsberechnung folgt auch nicht aus sekundärem europäischem Gemeinschaftsrecht oder einfachem nationalen Gesetzesrecht. Orientierungssätze: 1. Der Ausschluss von Erziehungsurlaubszeiten von der Anwartschaftssteigerung stellt weder nach primärem europäischem Gemeinschaftsrecht noch nach deutschem Verfassungsrecht eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts dar (Leitsatz 1). 2. Eine unzulässige mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist sowohl nach Art. 141 EG als auch dem nicht weitergehenden Art. 3 Abs. 2 und 3 GG nicht gegeben, wenn die streitige Maßnahme durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, und der vom Arbeitgeber für die Ungleichbehandlung angeführte Grund einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens entspricht und für die Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist. Dies ist bei Versorgungsregelungen, die an die tatsächliche Arbeitsleistung anknüpfen und deshalb Zeiten des Erziehungsurlaubs nicht berücksichtigen, der Fall; das beim Erziehungsurlaub kraft Gesetzes eintretende Ruhen des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt objektiv eine Anspruchsminderung. 3. Wenn das Arbeitsverhältnis im Ganzen ruht, darf der Arbeitgeber seine Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung ebenfalls ruhen lassen. Der sowohl auf nationaler als auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene anerkannte Charakter der betrieblichen Altersversorgung als Vergütung für erbrachte Betriebszugehörigkeit verbietet eine Gleichbehandlung mit einer Sozialplanabfindung. 4. Es bedeutet auch keine mittelbare Diskriminierung von Frauen, wenn Zeiten des Grundwehr- oder Ersatzdienstes (sowie von Wehrübungen) aufgrund § 14a Abs. 1 bis 3 ArbPlSchG (ggf. iVm. § 78 ZDG) als umlagepflichtige Zeiten zu einer Steigerung des Besitzstandsbetrags führen, obgleich das Arbeitsverhältnis während dieser Zeiten ebenfalls ruht, § 1 Abs. 1 ArbPlSchG (ggf. iVm. § 78 ZDG). Nach § 14a Abs. 2 Satz 2 ArbPlSchG kann der - private - Arbeitgeber auf die Zeit des Wehr- oder Zivildienstes entfallende Beiträge beim Bundesministerium der Verteidigung oder der von ihm bestimmten Stelle bzw. beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend oder der von ihm bestimmten Stelle zur Erstattung anmelden. Dies erlaubt eine Differenzierung auch im Arbeitsverhältnis. 5. Dem durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gesicherten Mindestanspruch der Eltern wird durch zahlreiche Einzelvorschriften hinreichend Rechnung getragen. Darüber hinaus besteht aus Gründen des verfassungsrechtlich gebotenen Mindestschutzes nicht die Notwendigkeit, Erziehungszeiten auch im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung anwartschaftssteigernd zu berücksichtigen. 6. § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG (gültig ab dem 1. Januar 2007) sowie § 15 Abs. 2 Satz 6 BErzGG (letzte Fassung; vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2000: § 15 Abs. 3 BErzGG, davor: § 15 Abs. 4 BErzGG), wonach der Anspruch auf Erziehungsurlaub nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden kann, verbieten keine - tarifvertragliche oder satzungsrechtliche - Regelung, nach welcher die Zeiten des ruhenden Arbeitsverhältnisses für eine zusätzliche tarifliche Leistung nicht anspruchssteigernd berücksichtigt werden. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Normenkette: EG Art. 141 (nunmehr: Art. 157 AEUV); GG Art. 3 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 3; GG Art. 6; ArbPlSchG § 14a; BEEG § 15; Satzung der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP-Satzung in der seit dem 1. Juli 1992 geltenden Fassung) § 24; Tarifvertrag zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung (TV BZV vom 28. Februar 1997); Redaktionelle Normenkette: EG Art. 141 (nunmehr: Art. 157 AEUV); GG Art. 3 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 3; GG Art. 6; ArbPlSchG § 14a; BEEG § 15; Satzung der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP-Satzung in der seit dem 1. Juli 1992 geltenden Fassung) § 24; Tarifvertrag zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung (TV BZV vom 28. Februar 1997); AuR 2010, 443
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