ArbG Berlin: Ersatzmitglied wegen Interessenkollision eines Betriebsratsmitglieds
ArbG Berlin, Urteil vom 1.2.2013 - 28 Ca 18456/12
Leitsätze
Ist ein Mitglied des Betriebsrates bei der Beratung und Beschlussfassung über seine Kündigung (§ 103 Abs. 1 BetrVG) wegen Interessenkollision als "zeitlich verhindert" (§ 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) anzusehen (s. etwa BAG 3.8.1999 - 1 ABR 30/98 - BAGE 92, 162 = AP § 25 BetrVG 1972 Nr. 7; 19.3.2003 - 7 ABR 15/02 - BAGE 105, 311 = AP § 40 BetrVG 1972 Nr. 77), so dasselbe spiegelbildlich für ein Betriebsratsmitglied, das als Vorgesetzte(r) eines anderen Mitgliedes dessen Kündigung betreibt: Auch für dieses ist zur Beratung und Beschlussfassung ein Ersatzmitglied zu befassen. Verstößt das Gremium gegen dieses Verfahrensgebot, so ist die Kündigung des betreffenden Mitgliedes schon deshalb unwirksam.
Sachverhalt
Es geht um - vorzugsweise: fristlose - Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes. - Vorgefallen ist dies:
Der (heute1) 26-jährige Kläger trat im Oktober 2008 als Kundenberater2 in die Dienste der Beklagten, die mit mehr als zehn ständig beschäftigten Arbeitspersonen ein Unternehmen für „Dialogmarketing" betreibt. Er ist Mitglied des gewählten Betriebsrates und bezog zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bei 40 Wochenarbeitsstunden ein Grundgehalt von monatlich 1.650,-- Euro (brutto), das sich durch Prämien nach Maßgabe einer Prämienzielvereinbarung3 (Kopie: Urteilsanlage I.) allerdings in gewissem Rahmen aufbessern ließ.
Mit besagten „Ereignissen" hat es folgende Bewandtnis:
Seit (spätestens) 14. Juni 2012 ist der Kläger dienstlich damit befasst, für einen der Auftraggeber der Beklagten Anfragen zu beantworten, die dessen Kunden per E-Mail an den Auftraggeber richteten4. Diese Kunden waren dem Arbeitsplatz (unter anderem) des Klägers in der Weise programmtechnisch gleichsam per „Warteschlange" zugeordnet, dass dieser die jeweils anstehende Anfrage per Mausklick öffnen konnte, um sich sodann deren Bearbeitung zu widmen5.
Das tat der Kläger denn auch, allerdings nicht ausschließlich: Er ging vielmehr seit dem 14. Juni 2012 des Öfteren dazu über, anstelle des zur Öffnung von E-Mail-Dateien angebotenen „Buttons 'nächster Case'" den „Button 'neuer Case'" zu betätigen, womit sich in der Tat besagter „neuer Case" ergab, der nicht mit konkreten Kundenanfragen verknüpft war6. Wegen des Erscheinungsbildes der sich ihm insoweit darbietenden Bildschirmoberfläche wird zur besseren Veranschaulichung auf deren von der Beklagten eingereichte Kopie7 („screen-shot"; Urteilsanlage II.) verwiesen.
Worum es sich bei diesem „neuen Case" konkret handelte, stellen die Parteien unterschiedlich dar: Während der Kläger beteuern lässt, er habe „in dieser Zeit Arbeitsanweisungen im von Kunden vorgeschriebenen Infoporta 'Mike' gelesen" und „Standardtexte gesichtet", die für die E-Mail-Bearbeitung nötig - und damit vertragsgerecht - seien8, besteht die Beklagte darauf, dass es vor allem um - betrügerische - Zweckentfremdung bezahlter Arbeitszeit gehe („Erbringung von Arbeitszeiten vorgespiegelt"9; s. auch unten, S. 6 [VI.1.]). Unstreitig ist immerhin, dass so im Laufe der Zeit vom 14. Juni bis 14. November 2012 insgesamt gut 80 Stunden zusammen kamen, die der Kläger auf besagte Weise mit „neuen Case's" verbrachte10.
Das blieb nicht unbemerkt:
81. Als sich den Worten der Beklagten zufolge am 14. November 2012 der Kläger nicht mehr in der Lage sah, „den Case zu schließen", nahm sich ihr Mitarbeiter P. T. am 16. November 2012 des Problems an11. Weil dieser dann bemerkte, dass jener „Case" weder mit Kundenanfragen noch mit Bearbeitungsschritten verbunden war, gab er seine Beobachtungen am 19. November 2012 an seine Vorgesetzten weiter12. Diese betrauten ein weiteres Mitglied des Betriebsrates, nämlich Frau A. Z. als zuständige Junior-Projektleiterin damit, der Sache auf den Grund zu gehen, was diese auch tat13.
Am 20. November 2012 kam es im Beisein des Teamleiters (Herrn St. H.) zu einer Aussprache zwischen Frau Z. und dem Kläger14, über deren Inhalte die Darstellungen der Parteien streckenweise auseinander gehen. Während die Beklagte versichert, der Kläger habe mit der Angabe, „Recherchen betrieben zu haben", die „vorstehend dargestellten Manipulationen" zugegeben15, beteuert dieser, lediglich auf die oben (unter 3.) bereits erwähnten Inhalte verwiesen und keineswegs irgendwelche „Manipulationen" zugegeben zu haben16.
Fest steht indessen, dass hiernach Frau Z. einen Text verfasste, den sie am 20. November 2012 per E-Mail17 (Kopie: Urteilsanlage III.) an den „Betriebsrat" richtete:
„Lieber Betriebsrat,
ich fasse die Gründe für die fristlose Kündigung von F. H. [Name des Klägers im Original ausgeschrieben; d.U.] zusammen:
Es liegt ein Betrug in mehr als 850 Fällen vor. Hier sind nur die Fälle genannt, die ich beweisen kann über einen Zeitraum vom 14.6.2012 bis 14.11.2012.
Durch das Öffnen und nach wenigen Sekunden Schließen des Cases, den Herr H. [wie oben; d.U.] am 14.6.2012 eigens für diese Zwecke angelegt hat, ohne eine Kundenanfrage oder Ähnlichem, hat er seine AHT18 manipuliert. Dadurch verschaffte er sich einen finanziellen Vorteil in Form der Höchstprovision für AHT. Dadurch beeinflusste er den Teamdurchschnitt dermaßen, dass andere MA dadurch Nachteile in ihrer Provision erhalten haben.
Weiterhin wurden an ..... überhöhte Rechnungen gestellt. Damit liegt ein wirtschaftlicher Schaden ohne Zweifel vor. Nicht zu vergessen ist der Schaden in unserem Ansehen beim Mandanten.
Im Gespräch am 20.11.2012 hat F. gegenüber uns (St. H. und mir) zugegeben, dies so praktiziert zu haben. Als Begründung gab er an, in der Zeit Recherchen in MIKE betrieben zu haben.
In der Anlage findet Ihr einen Auszug aus den Bearbeitungen.
A.
Beste Grüße aus Berlin
A. Z.
Junior Projektleiterin .... Support".
Dem verschloss sich das Gremium nicht: Jedenfalls entstand zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt unter dem Datum des 22. November 2012 folgendes Schriftstück19 (Kopie: Urteilsanlage IV.):
„Beschluss zur Kündigung des BR-Mitgliedes F. H. [wie oben; d.U.]
Berlin, den 22.11.2012
Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung vom 22.11.2012 beschlossen, dass der fristlosen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes F. H. zugestimmt wird.
i.V. - ... handschriftlicher Namenszug; d.U.]
(Betriebsratsvorsitzender)".
Mit Schreiben gleichen Datums20 (22. November 2012; Urteilsanlage V.), das den Kläger ebenfalls noch am selben Tage erreichte21, ließ die Beklagte ihm hiernach folgendes ausrichten:
„Fristlose Kündigung
... hiermit kündigen wir das mit Ihnen am 27.10.2008 geschlossene Arbeitsverhältnis fristlos zum 22.11.2012. Hilfsweise kündigen wir zum nächsten fristgerechten Termin.
Wir weisen Sie vorsorglich darauf hin, dass Sie sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit in Berlin arbeitssuchend zu melden haben.
Wir bedanken uns für die geleistete Arbeit und wünschen Ihnen privat und beruflich alles Gute für die weitere Zukunft.
Beste Grüße ... ".
Hiergegen richtet sich die am 5. Dezember 2012 bei Gericht eingereichte und acht Tage später (13. Dezember 2012) zugestellte Kündigungsschutzklage. Der Kläger bestreitet, der Beklagten einen Grund zur - gar abrupten - Trennung gegeben zu haben und rügt die Nichteinhaltung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB22. Darüber hinaus hat er zunächst die „ordnungsgemäße Anhörung" des Betriebsrats mit Nichtwissen bestreiten lassen23, ehe er sich mit Schriftsatz vom 2. Januar 2013 auf seine Betriebsratseigenschaft besann und berief, um die Verletzung des § 15 KSchG24 zu rügen und das Vorliegen der nach § 103 BetrVG25 erforderlichen Zustimmung rügte26.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten im Schreiben vom 22. November 2012 noch durch die mit demselben Schreiben erklärte hilfsweise Kündigung zum nächsten fristgerechten Termin beendet worden ist;
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht;
die Beklagte im Falle seines Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder zu 2. zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Kundenberater weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält das Klagebegehren der Sache nach für gegenstandslos. Die Kündigung lasse sich, wie sie meint, rechtlich nicht beanstanden. Ihr stehe ein Recht auf fristlose Kündigung zu; das sehe auch der Betriebsrat nicht anders27:
So habe der Kläger mit erheblicher krimineller Energie die Erbringung von Arbeitszeiten vorgespiegelt28. Er habe sich damit zum einen seine Vergütung, zum anderen zusätzliche Provisionen erschlichen, hierdurch auch Kollegen geschädigt und obendrein verursacht, dass sie ihren Kunden zu hohe Rechnungen gestellt habe29.
Was die Konsultation des Betriebsrates angehe, so sei dem Gremium der Sachverhalt durch den Text vom 20. November 2012 (s. oben, S. 4 [3.]; Urteilsanlage III.) nur „kurz dargelegt", er sei aber auch durch Frau Z. und Herrn H. am selben Tag (20. November 2012) „erläutert" worden30. Anschließend sei die Kündigung erst nach Zugang des Beschlusses des Betriebsrates (s. oben, S. 4 [4.]; Urteilsanlage IV.) ausgesprochen worden31.
Hierzu erwidert der Kläger unter anderem, es fehle für eine Kündigung bereits an einer Verletzung vertraglicher Verpflichtungen32: So enthalte weder die Prämienzielvereinbarung vom 13. Januar 2011 (s. oben, S. 2 [I.]; Urteilsanlage I.) eine Arbeitsanweisung dahin, dass aktive Arbeitszeit ausschließlich durch Drücken des Buttons „nächster Case" in Betracht komme33. Es gebe auch außerhalb der Prämienzielvereinbarung keine derartige Anweisung34. Wenn die Beklagte nunmehr behaupte, dass die Zeit seine produktive Arbeitszeit bestimme, in der der Case im Status als „in Bearbeitung" geführt sei, deckten sich diese Ausführungen nicht mit der Prämienzielvereinbarung35. Somit habe er nicht gegen konkrete Arbeitsanweisungen verstoßen36. Im Übrigen bestreite er, dass er in den Zeiten, in denen die von der Beklagten benannten „Cases" geöffnet gewesen seien, nicht gearbeitet habe37: Wie bereits erwähnt (s. oben, S. 3 [vor III.]), habe er dazu schon angegeben, welche Aktivitäten er diesbezüglich entfaltet habe38. - Unabhängig davon sei auch das Verfahren nach § 103 BetrVG39 nicht eingehalten40. Hierzu lässt der Kläger folgende Ausführungen machen41:
„Auch nach § 103 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe der Kündigung vor deren Ausspruch mitzuteilen. Als Einleitung des Zustimmungsverfahrens fügt die Beklagte die E-Mail der Juniorprojektleiterin A. Z. vom 20.11.12 an. Hieraus ergibt sich jedoch nicht,
- wer im Einzelnen informiert wurde und
- dass es sich hierbei überhaupt um die Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 103 BetrVG handeln soll.
In dieser E-Mail fasst die von der Beklagten benannte Zeugin Z. lediglich die Gründe für die fristlose Kündigung des Klägers zusammen. Die Zeugin Z. ist ebenfalls Betriebsratsmitglied und hat an den für die Kündigung des Klägers maßgeblichen Sitzungen und der Abstimmung teilgenommen.
Es wird ausdrücklich bestritten, dass das Zustimmungsverfahren durch einen Antrag an das zuständige Betriebsratsmitglied eingeleitet wurde.
Die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds muss gemäß § 103 BetrVG jedoch vor Ausspruch der Kündigung erfolgen.
Es wird bestritten, dass dem Betriebsrat die Screenshots übergeben wurden. Es wird ferner bestritten, dass dem Betriebsrat der Sachverhalt mündlich durch die zuständige Junior-Projektleiterin, die Zeugin Z. und dem Teamleiter dem Zeugen H. am 20.11.12 erläutert wurden. Der Vortrag hierzu ist unsubstantiiert. Sofern die Beklagte Bezug nimmt auf die Kopie des 'Beschlusses zur Kündigung des Betriebsratsmitgliedes F. H.' vom 22.11.12 [s. oben, S. 4 [4.]; Urteilsanlage IV.] sei angemerkt, dass im Kopf dieser Kopie lediglich auftaucht 'Betriebsrat der Firma ... [Firmierung der Beklagten; d.U.]'. Es wird bestritten, dass die Beklagte die streitgegenständliche Kündigung nach Zugang des Beschlusses des Betriebsrates ausgesprochen hat. Die streitgegenständliche Kündigung vom 22.11.12 ist dem Kläger bereits per Boten am 22.11.12 zugestellt worden. Somit dürften die Voraussetzungen des § 103 BetrVG nicht eingehalten sein, so dass die außerordentliche Kündigung schon aus diesem Grunde unwirksam ist, die ordentliche Kündigung gemäß § 15 KSchG42 nicht zulässig".
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen. Hiervon nicht inbegriffen sind die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 25. Januar 2013, weil die Beklagte dazu kein ausreichendes rechtliches Gehör erhalten und deshalb im Kammertermin am 1. Februar 2013 vorsorglich um Erklärungsfrist gebeten hat. Soweit hier aus diesem Schriftsatz zitiert oder berichtet wird, geschieht dies daher ausschließlich zur Illustration.
Aus den Gründen
35 Der Klage ist ihr Erfolg insgesamt nicht zu versagen. - Im Einzelnen:
36 A. Die Kündigungen vom 22. November 2012
37 Die Kündigung im Schreiben vom 22. November 2012 (s. oben, S. 5 [5.]; Urteilsanlage V.) haben die ihr zugedachte Wirkung nicht entfaltet. Sie haben das Arbeitsverhältnis der Parteien weder mit Zugang beim Kläger noch zu einem anderen Zeitpunkt aufzulösen vermocht. Sie sind unwirksam:
38 I. Der Kläger hat seine Feststellungsklage binnen dreier Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens (22. November 2012) bei Gericht einreichen lassen (5. Dezember 2012). Deren Zustellung ist am 13. Dezember 2012 bewirkt worden. Damit hat der Kläger selbst ohne die anderenfalls rechtlich gebotene43 Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen aus § 167 ZPO44 die ihm in den §§ 13, Abs. 1 Satz 245, 4 Satz 146 KSchG zur Klageerhebung gesetzte dreiwöchige Frist gewahrt. Die Kündigungen „gelten" folglich nicht schon kraft Gesetzes nach den §§ 13 Abs. 1 Satz 247, 7 (1. Halbsatz)48 KSchG als „von Anfang an rechtswirksam". Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit vielmehr eines besonderen Grundes und dürfen - selbstverständlich - auch sonst nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen.
39 II. Letzteres (Gesetzesverstoß) tun die hiesigen Kündigungen aber. Das bedarf für die fristgerechte Kündigung mit Rücksicht auf den Sonderkündigungsschutz amtierender Betriebsratsmitglieder aus § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG49 keiner näheren Erläuterung (§ 134 BGB50). Aber auch um den als fristlos verlautbarten Trennungswunsch der Beklagten steht es letztlich nicht besser: Er vernachlässigt bereits die prozeduralen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Konsultation des Betriebsrates (hier) aus § 103 Abs. 1 BetrVG51 und teilt schon deshalb das Schicksal der ordentlichen Kündigung. Somit kann auf sich beruhen, ob der Beklagten im Übrigen der benötigte - hier sogar „wichtige" (s. nochmals § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG52) - Grund zur Kündigung bescheinigt werden könnte. Darauf kommt es wegen des Verfahrensdefizits nicht mehr an. - Der Reihe nach:
40 1. Die Kündigung verstößt, wie gerade schon vorausgeschickt, gegen die normativen Vorgaben des § 103 Abs. 1 BetrVG53. Nach dieser Vorschrift bedarf die außerordentliche Kündigung unter anderem von Mitgliedern des Betriebsrates der Zustimmung des Gremiums. Diese soll hier mit dem von der Beklagten vorgelegten Schriftstück (s. oben, S. 4 [4.]; Urteilsanlage IV.) tatbestandlich zwar dokumentiert sein. Zu beachten bleibt aber, dass nach dem Zweck des Zustimmungsvorbehalts - nicht anders als in der Grundvorschrift des § 102 Abs. 1 BetrVG54 - auch die dem Votum zugrunde liegende Verfahrensweise55 keine rechtserheblichen Mängel aufweisen darf. - Dazu, nochmals, der Reihe nach:
41 a. § 103 BetrVG entstammt bekanntlich der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahre 1972. Mit dieser Regelung sollten missbräuchlichen betrieblichen Praktiken ein Ende gesetzt werden, „Betriebsratsmitglieder durch willkürliche außerordentliche Kündigungen aus dem Betrieb zu entfernen und durch Ausnutzung der Rechtsmittel das Verfahren so lange zu verschleppen, dass inzwischen das Betriebsratsmitglied dem Betrieb entfremdet wird und keine Aussicht auf eine Wiederwahl hat"56.
42 b. Welche Anforderungen danach an die vom Arbeitgeber zu wahrende Verfahrensweise zu stellen sind, bedarf an dieser Stelle keiner abschließenden Ausleuchtung. Hier genügt es, festzuhalten, dass diese Anforderungen jedenfalls nicht hinter jenen Gewährleistungsstand zurückfallen können, die schon bei der Konsultation des Gremiums für Arbeitspersonen zu wahren sind, die ohne den besonderen Kündigungsschutz des § 103 Abs. 1 BetrVG auskommen müssen und somit lediglich den Schutz des gerade zitierten § 102 Abs. 1 BetrVG57 genießen. Für diese letztere Vorschrift entspricht langjähriger Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen, dass diese dem Betriebsrat Gelegenheit geben soll, dem Arbeitgeber seine Überlegungen aus Sicht der Arbeitnehmerschaft zu Gehör zu bringen58. Allerdings erschöpft sich das historisch bekanntlich äußerst umkämpfte Konsultationsgebot59 nicht darin, dem Arbeitgeber etwa lediglich innerbetrieblichen Informationsservice zu bieten: Sinn der obligatorischen Einschaltung gewählter Mandatswalter ist es hier vielmehr, diesen die Möglichkeit zum „Einfluss" auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers zu nehmen60 und dadurch die Kündigung in geeigneten Fällen möglichst zu verhindern61. Der so erhoffte Effekt ist im Fachschrifttum zu Recht mit dem pointierten Diktum vom „retardierenden" Einfluss der Anhörungsprozedur62 belegt worden.
43 c. Essentielle Funktionsvoraussetzung dieses Konzepts ist es naturgemäß, dass der Arbeitgeber nicht selber mit Sitz und Stimme im Betriebsrat repräsentiert ist. Das machte - im Bilde und Volksmund gesprochen - „den Bock zum Gärtner" und unterliefe das mit ihm intendierte Kräftespiel gegensätzlicher Zuständigkeiten63. Für entsprechende „Gegnerfreiheit" sorgen institutionell bereits weitgehend diejenigen organisationsrechtlichen Vorschriften zur Wahlberechtigung (§ 7 BetrVG64) und Wählbarkeit (§ 8 BetrVG65), die auf Basis der Rückausnahmen zum spezifischen Arbeitnehmerbegriff des Gesetzes (§ 5 Abs. 266, Abs. 367 BetrVG) die nötige Rollenklarheit gewährleisten (sollen). Allerdings bietet der Streitfall ein Lehrstück dafür, dass es zu kontraproduktiven Unvereinbarkeiten auch in vordergründig unauffälligeren Konstellationen kommen kann. Das kann etwa dort der Fall sein, wo sich - wie hier in Gestalt von Frau Z. (s. oben, S. 3-4 [III.1.-3.]; Urteilsanlage III.) - ein Mitglied des Betriebsrates in Vorgesetztenfunktion mit Problemlagen konfrontiert sieht, welche die Frage nach Sanktionierung vertraglichen Fehlverhaltens68 bis hin zur Kündigung der betreffenden Zielperson aufwerfen. Macht sich das betreffende Mitglied des Gremiums dann als Vorgesetzter den dienstlichen Impuls zu eigen, gegen die Zielperson die Kündigung zu betreiben, so agiert es als Repräsentant des Arbeitgebers und somit als „Partei". Genau damit wird nicht nur dem besagten Schutzkonzept des Gesetzes (s. oben, S. 10-11 [b)]) eine Funktionsbedingung entzogen69. Sondern dies bedeutet zugleich auch ein Paradebeispiel für jene klassischen Gefährdungsmuster „kontaminierter" Entscheidungsfindung, wie sie der Rechtsordnung etwa als Ausschluss- oder Befangenheitslagen (s. etwa § 41 ZPO70 einerseits; §§ 42 ff. ZPO71 andererseits) hinlänglich geläufig sind72.
44 d. Jedenfalls besteht dann, sofern und soweit nicht schon das kodifizierte Gesetzesrecht die nötigen Vorkehrungen trifft73, alle Veranlassung, im Wege der Auslegung des verfügbaren Normstoffs die nötige Feinabstimmung konkurrierender Rechtsbelange zu bewirken. Dafür bietet sich das in § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG74 vorgezeichnete Regelungsmodell an. Seine Wertungen werden von den Gerichten für Arbeitssachen bekanntlich als Fall der „zeitlichen Verhinderung" eines Betriebsratsmitgliedes seit vielen Jahrzehnten in Fallgestaltungen umgekehrter „Selbstbetroffenheit" herangezogen, in denen über dessen Kündigung nach § 103 Abs. 1 BetrVG zu beschließen ist75. Es ist die auch dort zur Sprache gebrachte psychologische Binsenweisheit, dass niemand „Richter in eigener Sache" sein könne76, die auch im hiesigen Problemzusammenhang - nur eben spiegelbildlich77 - Beherzigung einfordert. Bitter nötig wäre dies ohnehin: Denn die Zulassung eines die Kündigung betreibenden Vorgesetzten als stimmberechtigtem Teilnehmer der Anhörungsprozedur beim Betriebsrat fiele phänomenologisch in jene rechtsstaatlich längst überwundenen Zeiten klerikaler Inquisition zurück, in denen Anklage und Schuldspruch gleichfalls mit den bekannten Folgen in ein und dieselbe Hand gelegt waren78.
45 2. Im Lichte dieser Grundsätze hält die hiesige Befassung des Betriebsrates der Beklagten mit deren Kündigungswunsch rechtlicher Kontrolle offensichtlich nicht stand. - Denn diese Anhörung fand unter Beteiligung und auch sonst maßgeblichem Einfluss von Frau Z. statt, die bei korrekter Sachbehandlung als „zeitlich verhindert" (§ 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG79) durch ein Ersatzmitglied des Gremiums hätte vertreten werden müssen:
46 a. Das belegt ihr Schreiben vom 20. November 2012 (s. oben, S. 4 [3.]; Urteilsanlage III.) nach Existenz, Erscheinungsbild und Inhalt in aller Deutlichkeit:
47 aa. Mit Anrede und übriger Diktion des Texts (Von: A. Z.; An: Betriebsrat; - „Lieber Betriebsrat") tritt seine Unterzeichnerin als engagierte Repräsentantin des Arbeitgebers auf, nicht als unbeteiligte Sachwalterin des Gremiums. Sie ist es, die das Kündigungsansinnen für die Arbeitgeberin formuliert und an den Betriebsrat heranträgt. Sie ist es auch, die eine - nicht eben unproblematische80 - Bewertung vorgibt („Betrug in mehr als 850 Fällen") und sich für das Verfahrensziel („die fristlose Kündigung von F. H.") höchstpersönlich bemerkenswert ins Zeug legt (Fälle, „die ich beweisen kann"). - Das ist, um nicht missverstanden zu werden, nicht etwa ehrenrührig. Nur äußert sich hier eben die Sprache eines zur Kündigung entschlossenen Arbeitgebers und nicht die eines Gremiums, dem jedenfalls diesseits von Initiativen nach § 104 BetrVG81 oder auch § 17 Abs. 1 AGG82, wie schon erläutert (s. oben, S. 10-11 [b.]), bei Einschaltung vor Kündigung zuförderst ein Schutzmandat anvertraut83 ist.
48 ab. Dem entspricht ihre Rolle bei dem Konflikt insgesamt: Sie ist als Vorgesetzte des Klägers nicht nur mit den Ermittlungen gegen ihn betraut (s. oben, S. 3 [III.1.]). Sie ersetzt auch, wie bereits angeklungen, die betriebliche Personalstelle. Obendrein fungierte sie schon am 20. November 2012 in der arbeitgeberseitig gesuchten Aussprache mit dem Kläger an der Seite des Teamleiters (s. oben, S. 3 [III.2.] mit Fn. 14) als Verhörsperson.
49 ac. Auch dies ist, um es mit Blick auf Frau Z. nochmals zu sagen, nicht etwa ehrenrührig oder anderweit diskreditiert. Es bedeutet aber und unterstreicht in so hohem Maße ihre Selbstfestlegung, dass sie in der Beratungsrunde des Betriebsrates am 22. November 2012 allenfalls als betriebliche Informantin84 über Gegenstand und Tragweite des dem Kläger zur Last gelegten Verhaltens zuzulassen gewesen wäre, nicht aber als belegschaftsnahe Sachwalterin bei der Beratung und Votierung über die aus Arbeitgebersicht85 zu ziehenden Konsequenzen.
50 b. Über den so entstandenen Fehler kann auch nicht hinweggesehen werden. Soweit die Gerichte für Arbeitssachen im Zusammenhang mit Verfahrensverstößen des Betriebsrates zu § 102 Abs. 1 BetrVG86 für fehlerhafte Sachbehandlung, die ohne Wissen und Veranlassung des Arbeitgebers in der „Sphäre" des Gremiums unterlaufen, eine Ausnahme machen87, führt dies zu keinem der Beklagten günstigeren Befund: Abgesehen davon, dass besagte Grundsätze im Kontext der hier zur Debatte stehenden Anhörung nach § 103 Abs. 1 BetrVG88 nach zutreffender Judikatur des Bundesarbeitsgerichts keine Anwendung finden89, lag das hiesige Agieren von Frau Z. für die Beklagte auch offen zutage: Statt mit der schriftlichen Aufbereitung ihrer Problemsicht und Kontaktierung des Betriebsrates die dafür an sich berufene Personalstelle zu befassen, überließ sie Frau Z. das Feld. Daher muss sie sich deren Agieren nach den Grundsätzen des § 166 Abs. 1 BGB90 als eigenes Wissen auch zurechnen lassen91.
51 III. Führt angesichts dieser Sachlage in Ermangelung ordnungsgemäßer Beteiligung des Betriebsrates an der Unwirksamkeit der Kündigung des Klägers schon wegen fehlerhafter Besetzung des Gremiums kein Weg vorbei, so können die übrigen Streitfragen der Parteien auf sich beruhen. Das gilt etwa hinsichtlich der jüngsten des Kritik des Klägers (s. oben, S. 7-8; s. auch S. 8 [VIII.]) und somit unter anderem zur Frage, ob die Beklagte die Belegschaftsvertretung überhaupt ausreichend unterrichtet92 hat, woran angesichts ihrer diesbezüglichen Darlegungen93 (s. oben, S. 3 [3.]; Urteilsanlage III.; S. 6 [vor VII.]) gleichfalls erhebliche Zweifel bestehen könnten. Ebenfalls kann dahingestellt bleiben, was sich ggf. zur zeitlichen Abfolge der Ereignisse und zu den Entstehungsbedingungen des auf den 22. November 2012 datierten Schriftstücks (s. oben, S. 4 [4.]; Urteilsanlage IV.) möglicherweise ermitteln ließe. - Die Konsequenzen bringt der Tenor zu I. des Urteils zum Ausdruck.
52 B. Der „Schleppnetzantrag" (Klageantrag zu 2.)
53 Als gleichfalls berechtigt erweist sich der als Klageantrag zu 2. verfolgte sogenannte allgemeine Feststellungsantrag nach Maßgabe der § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG94, §§ 495 Abs. 195, 256 Abs. 196 ZPO. Insofern ist in der Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen seit langem anerkannt, dass ein Arbeitnehmer mit seiner Klage gegen die Kündigung vorsorglich auch dieses Rechtsschutzbegehren an das Gericht herantragen kann, um zu verhindern, dass der Arbeitgeber sich während des Rechtsstreits womöglich überraschend auf andere - zuweilen schlicht untergeschobene - Beendigungstatbestände beruft97. Dieses Klagebegehren wird daher im Fachschrifttum pointiert als „Schleppnetzantrag" bezeichnet98. Das ihm zugrunde liegende Schutzbedürfnis ist auch dem hiesigen Kläger - ohne damit gegen die Akteure der Beklagten irgendwelchen persönlichen Argwohn zu hegen - objektiv nicht abzusprechen. - Daher: Tenor zu II.
54 C. Die Prozessbeschäftigung
55 Dass der Kläger bis zur Beendigung des Kündigungsrechtsstreits seine vorläufige Weiterbeschäftigung fordern kann, ergibt sich aus den bekannten Grundsätzen in BAGE 48, 12299. Dem trägt der Tenor zu III. Rechnung.
56 D. Kosten und Streitwerte
57 Für die übrigen Entscheidungen lässt es sich kurz machen:
58 I. Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO100). Besagte Kosten treffen nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO101 und in den Grenzen des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG102 die Beklagte, weil sie im Rechtsstreit unterlegen ist (Tenor zu IV.).
59 II. Den Wert der Streitgegenstände hat das Gericht aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG103 im Tenor festgesetzt. Ihn hat es für die Kündigungsschutzklage mit der dreifachen Monatsvergütung des Klägers bemessen, also mit (3 x 1.650,-- Euro = ) 4.950,-- Euro. Der „Schleppnetzantrag" ist mit einem Zehntel dieser Summe bewertet, d.h. mit 495,-- Euro. Der Wunsch nach Weiterbeschäftigung schlägt mit nochmals einem Monatsgehalt zu Buche, also mit 1.650,-- Euro. Das macht zusammen (4.950,-- Euro + 495,-- Euro + 1.650,-- Euro = ) 7.095,-- Euro und erklärt den Tenor zu V.
Fußnoten
1) Geboren im Dezember 1986.
2) S. § 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags vom 27.10.2008 - Kopie als Anlage zur Klageerwiderungsschrift vom 2.1.2013 S. 2 (Bl. 17-20 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA"]).
3) S. Kopie als Anlage zur Klageschrift (Bl. 22-24 GA).
4) S. Klageerwiderungsschrift S. 2 [2.] (Bl. 13 GA): „Der Kläger war insoweit mit der Bearbeitung von E-Mail-Anfragen von Kunden von 2 Auftraggebern der Beklagten befasst, wobei die Bearbeitung mit dem Programm 'SSE' erfolgte".
5) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: „Der Ablauf ist ist hierbei so, dass der Mitarbeiter - vorliegend also der Kläger - in dem Programm durch das Drücken des Buttons 'nächster Case' die nächste zur Bearbeitung anstehende E-Mail-Anfrage öffnet".
6) S. Klageerwiderungsschrift S. 2 [3.] (Bl. 13 GA): „Nach den Feststellungen der Beklagten hat der Kläger am 14. Juni 2012 nicht - wie dies vorgeschrieben ist - den Button 'nächster Case', sondern den Button 'neuer Case' gedrückt und einen neuen Case - mit der Case-ID 282684370 - angelegt, der nicht automatisch mit einer Kundenanfrage verknüpft worden ist und dem auch von dem Kläger keine Kundenanfrage zugeordnet worden ist".
7) S. Kopie als Anlage zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 26 GA).
8) S. Schriftsatz vom 25.1.2013 S. 2 (Bl. 36 GA).
9) S. Klageerwiderungsschrift S. 1 (Bl. 12 GA); ähnlich S. 3 (Bl. 14 GA): „entsprechende - arbeitsvertraglich geschuldete - Tätigkeit nur durch die jeweilige Öffnung der zum Schein angelegten Cases vorgespiegelt" (s. Zitat im Kontext nochmals folgende Fußnote; d.U.).
10) S. Klageerwiderungsschrift S. 3 [vor 4.] (Bl. 14 GA): „In der Folgezeit bis zum 14. November 2012 hat der Kläger diese von ihm künstlich geschaffenen leeren Cases mehr als 850 mal geöffnet und wieder geschlossen. [Beweis: ... ]. - Die gesamte Bearbeitungszeit dieser zum Schein angelegten Cases beläuft sich auf 80 h 19 min und 22 s, so dass der Kläger in dem Zeitraum vom 14. Juni bis 14. November 2012 über 80 h seiner Arbeitszeit nicht mit der Bearbeitung von Kundenanfragen verbracht hat und eine entsprechende - arbeitsvertraglich geschuldete - Tätigkeit nur durch die jeweilige Öffnung der zum Schein angelegten Cases vorgespiegelt hat".
11) S. Klageerwiderungsschrift S. 3 [4.] (Bl. 14 GA).
12) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
13) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: „Die Überprüfung dieses Vorgangs durch die zuständige Junior-Projektleiterin, Frau Z., ergab den vorstehend dargestellten Sachverhalt".
14) S. Klageerwiderungsschrift S. 4. (Bl. 15 GA): „Der Kläger ist von der Zeugin Z. und dem zuständigen Teamleiter am 20. November 2012 auf diesen Vorgang angesprochen worden ... ".
15) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
16) S. Schriftsatz vom 25.1.2013 S. 2 (Bl. 36 GA).
17) S. Kopie als Anlage zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 32 GA).
18) Als „AHT" ist im betrieblichen Sprachgebrauch ein Vergütungsbestandteil von „max. Bonus 0,90 EUR/Stunden" angesprochen (s. Urteilsanlage I.), der nach den durchschnittlichen Bearbeitungszeiten für Kundenanfragen bemessen wird; s. auch Klageerwiderungsschrift S. 2 [1.] (Bl. 13 GA): „zusätzliche Provision in Abhängigkeit von den durchschnittlichen Bearbeitungszeiten für Kundenanfragen (AHT)".
19) S. Kopie als Anlage zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 34 GA).
20) S. Kopie als Anlage zur Klageschrift (Bl. 5 GA).
21) Hierzu hat die Beklagte im Termin am 1.2.2013 (nicht protokolliert) angeben lassen, dem Kläger sei das Kündigungsschreiben gegen 16.45 Uhr zugegangen, nachdem der Betriebsrat seinen Beschluss gegen 16.30 Uhr bekanntgegeben habe; d.U.
22) S. Text: „§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. - (2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil den Kündigungsgrund auf Verlangen unverzüglich schriftlich mitteilen".
23) S. Klageschrift S. 2 (Bl. 2 GA).
24) S. Text: „§ 15 Unzulässigkeit der Kündigung.(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats ... ist unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach §103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist".
25) S. Text: „§ 103 Außerordentliche Kündigung und Versetzung in besonderen Fällen. (1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats ... bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. - (2) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. ... ".
26) S. Schriftsatz vom 2.1.2013 (Bl. 11 GA).
27) S. Klageerwiderungsschrift S. 1 (Bl. 12 GA).
28) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
29) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
30) S. Klageerwiderungsschrift S. 4 [vor 5.] (Bl. 15 GA).
31) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
32) S. Schriftsatz vom 25.1.2013 S. 1 (Bl. 35 GA).
33) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: „Die Prämienzielvereinbarung enthält keine Arbeitsanweisung, dass ausschließlich in dem Programm durch das Drücken des Buttons 'Case' die nächste zur Bearbeitung anstehende E-Mail geöffnet wird".
34) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
35) S. Klageerwiderungsschrift S. 2 (Bl. 36 GA).
36) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
37) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
38) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.
39) S. Text oben, S. 5 Fn. 25.
40) S. Klageerwiderungsschrift S. 2 (Bl. 36 GA): „ ... bestritten, dass das Verfahren nach § 103 BetrVG eingehalten wurde".
41) S. Klageerwiderungsschrift S. 2-3 (Bl. 36-37 GA).
42) S. Text oben, S. 5 Fn. 24.
43) Vgl. zur analogen Anwendung der Vorgängervorschrift in § 270 Abs. 3 ZPO statt vieler BAG26.6.1986 - 2 AZR 358/85 - BAGE 52, 263 = AP § 4 KSchG 1969 Nr. 14 = NZA 1986, 761 [B.II.3 c, cc.], wonach die Regelung des § 270 ZPO a.F. „auch im Bereich der Klageerhebung nach § 4 KSchG Anwendung findet"; 17.6.1998 - 2 AZR 336/97 - NZA 1998, 1225 = RzK I 7 b Nr. 32 [II.1.], wonach „gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 KSchG auch dann gewahrt wird, wenn die Klage zwar vor Fristablauf bei dem Gericht eingereicht worden ist, aber die Zustellung an den Prozessgegner erst danach erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: 'demnächst')"; ebenso schon BAG8.4.1976 - 2 AZR 583/74 - AP § 4 KSchG 1969 Nr. 2.
44) S. Text: „§ 167 Rückwirkung der Zustellung.Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt".
45) S. Text: „§ 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen. (1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden".
46) S. Text: „§ 4 Anrufung des Arbeitsgerichts. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist".
47) S. Text oben, S. 8 Fn. 45.
48) S. Text: „§ 7 Wirksamwerden der Kündigung. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam".
49) S. Text oben, S. 5 Fn. 24.
50) S. Text: „§ 134 Gesetzliches Verbot. Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt".
51) S. Text oben, S. 5 Fn. 25.
52) S. Text oben, S. 5 Fn. 24.
53) S. Text oben, S. 5 Fn. 25.
54) S. Text: „§ 102 Mitbestimmung bei Kündigungen. (1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam".
55) S. insofern zur entsprechenden Anwendung des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG insbesondere in Fällen, in denen der Arbeitgeber den Betriebsrat zwar nicht komplett übergangen, ihn aber nicht ausreichend über seine Beweggründe unterrichtet hat, bereits BAG 28.2.1974 - 2 AZR 455/73 - BAGE 26, 27 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 2 = MDR 1974, 786 [vor I.]: „Die streitbefangene Kündigung ist ... gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG 1972 unwirksam, weil die Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsmäßig angehört hat"; deutlich dann BAG 4.8.1975 - 2 AZR 266/74 - BAGE 27, 209 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 4 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 14 [Leitsatz 2.]: „Die Kündigung ist nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber kündigt, ohne überhaupt zuvor den Betriebsrat eingeschaltet zu haben, sondern auch dann, wenn dem Arbeitgeber bei der Durchführung der Anhörung Fehler unterlaufen".
56) So Regierungsentwurf vom 29.1.1971 zum BetrVG - BT-Drs. VI/1786 S. 53 [Zu § 103 - Außerordentliche Kündigung in besonderen Fällen].
57) S. Text oben, Fn. 53.
58) S. dazu schon BAG 28.2.1974 - 2 AZR 455/73 - BAGE 26, 27 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 2 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 8 = MDR 1974, 786 [I. - „Juris"-Rn. 7]: „Dabei muss Ausgangspunkt der sein, dass die vom Gesetz verlangte Anhörung in der Rangordnung der Beteiligungsrechte mehr ist als die bloße Mitteilung über eine bevorstehende Kündigung wie sie in § 105 BetrVG 1972 vorgesehen ist, und dass die Einschaltung des Betriebsrats im Rahmen des Anhörungsverfahrens über die reine Unterrichtung hinaus den Sinn hat, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, seine Überlegungen zur Kündigungsabsicht aus der Sicht der Arbeitnehmerseite dem Arbeitgeber zur Kenntnis zu bringen, damit dieser bei seiner Entscheidung die Stellungnahme des Betriebsrats, insbesondere dessen Bedenken oder dessen Widerspruch gegen die beabsichtigte Kündigung (...), berücksichtigen kann"; im Anschluss etwa BAG 13.7.1978 - 2 AZR 717/76 - BAGE 30, 386 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 17 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 35 = NJW 1979, 1677 [III.2 a. - „Juris"-Rn. 15].
59) S. dazu - bei Interesse - die Berichterstattung in: Michael Kittner, Arbeitskampf - Geschichte, Recht, Gegenwart (2005), S. 415 ff., über den legendären „Generalstreik" der Angestellten der Berliner Metallindustrie im April 1919, der in Gestalt einer Schlichtungsvereinbarung vom 18. April 1919 gegen den bis dahin erbitterten Widerstand organisierter Arbeitgeber erstmals Regelungen zur Mitsprache von Betriebsräten bei Kündigungen erbrachte, hinter denen das seinerzeit anstehende Betriebsrätegesetz 1920 dann allerdings zunächst noch deutlich zurück fiel; zeitgenössischer - jedoch voreiliger - Kommentar des „Vorwärts" (zitiert nach Kittner a.a.O.): „Das Mitbestimmungsrecht in allen Fragen der Einstellung, Kündigung und Entlassung ist in eine feste Form gegossen, die auch bei der gesetzlichen Regelung der Mitbestimmung Angestellter in den Betrieben nicht mehr wesentlich geändert werden wird. Darin liegt die Bedeutung des Streikerfolgs".
60) S. zu dieser Akzentuierung etwa BAG 16.9.1993 - 2 AZR 267/93 - BAGE 74, 185 = NZA 1994, 311 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 62 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 84 [B.II.2 b, cc. (1) - „juris"-Rn. 34]: „Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist es, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen".
61) S. in diesem Sinne schon BAG 2.11.1983 - 7 AZR 65/82 - BAGE 44, 201 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 29 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 53 = DB 1984, 407 [A.II.2 b. - „Juris"-Rn. 32]: „Die Anhörung soll in geeigneten Fällen dazu beitragen, dass es erst gar nicht zum Ausspruch einer Kündigung kommt"; im Anschluss etwa BAG 26.9.2002 - 2 AZR 424/01 - ZTR 2003, 410 = AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 = EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1 [B.II.2. - „Juris"-Rn. 44].
62) S. Wolfhard Kohte, Zeitschrift für Rechtssoziologie 1984, 334, 341 [7.]: „Sind somit Defizite an Bestandsschutz im gerichtlichen Verfahren und der bestehenden betrieblichen Praxis eindeutig, so stellt sich die Frage nach möglichen Konsequenzen. ... - Präventiv können hier kollektive und individuelle Prozeduren wirken, die vor Ausspruch der Kündigung eingreifen. Die Praxis des BAG hat hier in den letzten Jahren schon indirekt regulierend eingegriffen: so ist die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 I BetrVG in letzter Zeit zutreffend nachhaltig betont worden. Der Arbeitgeber muss seine wesentlichen Argumente und Informationen offenlegen, andernfalls ist die Kündigung unwirksam, auch wenn der Betriebsrat zugestimmt hat. Damit wird in gewisser Weise 'Kündigungsschutz durch Verfahren' bewirkt, denn eine solche Argumentationslast kann retardierend auf vorschnell auszusprechende Kündigungen wirken und ermöglicht kollektive Verhandlungen über die beabsichtigte Kündigung. Bereits heute darf die Quote der auf diese Weise zurückgestellten Kündigungen nicht gering eingeschätzt werden".
63) S. auch BAG 3.8.1999 - 1 ABR 30/98 - BAGE 92, 162 = AP § 25 BetrVG 1972 Nr. 7 = EzA § 33 BetrVG 1972 Nr. 1 = NZA 2000, 440 [B.II.1 a. - „Juris"-Rn. 23]: „Der Betriebsrat hat als Organ die Interessen der von ihm repräsentierten Belegschaft zu artikulieren. Diese Funktion ist nicht mehr gesichert, wenn bei der Beschlussfassung die Eigeninteressen von Betriebsratsmitgliedern so stark sind, dass diese gegenüber den Interessen der Belegschaft in den Vordergrund treten (...)"; im Anschluss BAG 19.3.2003 - 7 ABR 15/02 - BAGE 105, 311 = AP § 40 BetrVG 1972 Nr. 77 = EzA § 40 BetrVG 2001 Nr. 3 = NZA 2003, 870 [II.2 a. - „Juris"-Rn. 11] - und ferner Anschlusspassage: „Liegt eine derartige Interessenkollision bei einem Betriebsratsmitglied vor, ist es gehindert, an der Beratung und Beschlussfassung teilzunehmen (...). Dadurch soll verhindert werden, dass Gründe des Eigeninteresses zu einer dem Betriebsratsmitglied günstigen Entscheidung führen".
64) S. Textauszug: „§ 7 Wahlberechtigung. Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. ... ".
65) S. Textauszug: „§ 8 Wählbarkeit. (1) Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben. ... ".
66) S. Textauszug: „§ 5 Arbeitnehmer. (1) ... - (2) Als Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes gelten nicht - 1. in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist; - 2. die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben; ... ".
67) S. Textauszug: „§ 5 Arbeitnehmer. (1) ... - (3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb - 1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder - 2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder - 3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere auf Grund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein. - ... ".
68) S. auch dazu anschaulich Wolfhard Kohte, II. Anm. BAG [20.5.1988 - 2 AZR 682/87] § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung Nr. 9 [I.]: „Aus rechtstatsächlichen Untersuchungen ist bekannt, dass Kündigungen wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung bzw. unentschuldigten Fehlens zu den wichtigsten Kündigungsgründen in der betrieblichen Praxis zählen (...). Gerade für diese Kündigungsgründe ist kennzeichnend, dass die Kündigung nicht selten als Strafe erfahren bzw. verhängt wird und dabei der Konflikt für beide Seiten eine starke emotionale Komponente hat. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass in mehr als 40% der Sachverhalte die Kündigung ohne Abmahnung bereits beim ersten Konflikt ausgesprochen wird (...)".
69) S. im selben Sinne auch BAG 3.8.1999 (Fn. 63) [B.II.1 a. - „Juris"-Rn. 23] - Zitat Fn. 63; im Anschluss BAG 19.3.2003 (Fn. 63) [II.2 a. - „Juris"-Rn. 11] - Zitat dort; ferner Anschlusspassage a.a.O.: „Liegt eine derartige Interessenkollision bei einem Betriebsratsmitglied vor, ist es gehindert, an der Beratung und Beschlussfassung teilzunehmen (...). Dadurch soll verhindert werden, dass Gründ des Eigeninteresses zu einer dem Betriebsratsmitglied günstigen Entscheidung führen".
70) S. Text: „§ 41 Ausschluss von der Ausübung des Richteramts. Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen: - 1. in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht; ... [usw.]".
71) S. Textauszug: „§ 42 Ablehnung eines Richters. (1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. - ... [usw.]".
72) S. dazu im - strukturell, nicht nominell - verwandten Kontext der Wahrnehmung richterlicher Tätigkeit statt vieler BVerfG 8.2.1967 - 2 BvR 235/64 - BVerfGE 21, 139 = NJW 1967, 1123 = MDR 1967, 650 [C.II.2.-3. - „Juris"-Rnrn. 21-22]: „Wie das BVerfG bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist der richterlichen Tätigkeit nicht nur die in Art. 97 Abs. 1 GG garantierte Weisungsfreiheit und die in Art. 97 Abs. 2 GG institutionell gesicherte persönliche Unabhängigkeit wesentlich. Wesentlich ist, 'dass sie von einem nichtbeteiligten Dritten ausgeübt wird' (...). Diese Vorstellung ist mit den Begriffen 'Richter' und 'Gericht' untrennbar verknüpft (...). Die richterliche Tätigkeit erfordert daher Neutralität und Distanz des Richters gegenüber den Verfahrensbeteiligten. - 3. ... Nach diesem Grundsatz muss auch gewährleistet sein, dass der Rechtssuchende nicht vor einem Richter steht, der - etwa wegen naher Verwandtschaft, Freundschaft oder auch Verfeindung mit einer Partei - die gebotene Neutralität und Distanz vermissen lässt"; 5.10.1977 - 2 BvL 10/75 - BVerfGE 46, 34 = NJW 1978, 37 = MDR 1978, 201 [II.2 b. - „Juris"-Rn. 6]: „Das Institut der Richterablehnung und das Institut des Ausgeschlossenseins eines Richters dienen demselben Ziel: die Richterbank freizuhalten von Richtern, die dem rechtlich zu würdigenden Sachverhalt und den daran Beteiligten nicht mit der erforderlichen Distanz des unbeteiligten und deshalb am Ausgangsverfahren uninteressierten 'Dritten' gegenüberstehen (...)".
73) S. zu einer Fülle einschlägiger Schlaglichter Dietrich Bickel, Anm. BAG [26.8.1981 - 7 AZR 550/79 (s. sogleich, Fn. 75)] AP § 103 BetrVG 1972 Nr. 13 [2.]: „Aus diesen gesetzlichen Regelungen kann ein allgemeines, für das öffentliche Recht wie für das Privatrecht geltendes Gesetz des Inhalts abgeleitet werden (...), dass Mitglieder von Gremien, die zur Beurteilung und/oder Entscheidung von Rechtssachen berufen sind, bei Selbstbetroffenheit - vorbehaltlich anderer spezialgesetzlicher Regelung (...) - kein Stimmrecht haben".
74) S. Text: „§ 25 Ersatzmitglieder. (1) Scheidet ein Mitglied des Betriebsrats aus, so rückt ein Ersatzmitglied nach. Dies gilt entsprechend für die Stellvertretung eines zeitlich verhinderten Mitglieds des Betriebsrats".
75) S. zu gleichläufigen Wertungen bereits RG 4.2.1927 - III 102/26 - in: Hermann Dersch/Georg Flatow u.a., Rechtsprechung des RG zum ArbR, Bd. 2 (1929) S. 165, 166: „Die Nichtladung des Kl. war eine Selbstverständlichkeit. Bei der Beschlussfassung über eine Angelegenheit, an der er selbst unmittelbar beteiligt war, konnte er nicht mitwirken. Er war 'zeitweilig verhindert' im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 2 BRG"; 22.10.1929 - III 35/29 - ARS 7, 423, 426: „Der Kläger war nach dem allgemeinen Grundsatze des öffentlichen Rechts, dass niemand in eigener Sache Richter sein dürfte, naturgemäß außerstande, über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der ihm zugegangenen Kündigung mitzubestimmen, so dass die Entscheidung allein bei F. lag"; ebenso RAG 14.11.1928 - 181/28 - ARS 4, 348, 349: „Nun betraf im vorliegenden Fall die Straffestsetzung den Kläger selbst. Damit war er rechtlich gehindert, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Betriebsrats bei der Straffestsetzung mitzuwirken"; 5.12.1931 - 82/31 - ARS 13, 533, 535: „Vorliegend war der Antragsteller, da in der Sitzung vom 29.6.1931 über seine eigene Angelegenheit (nämlich über die Zustimmung zur der ihm gegenüber geschehenen Kündigung) entschieden werden sollte, an der Mitwirkung 'zeitweilig verhindert', und es war daher nach § 40 BRG an seiner Stelle der ihm auf der Wahlvorschlagsliste folgende Ersatzmann zur Teilnahme an der Beschlussfassung zu laden. Das hat das Reichsgericht bereits in der arbeitsrechtlichen Entscheidung vom 4.2.1927 (III 102/26) ausgesprochen"; s. zum § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG dann statt vieler schon BAG 25.3.1976 - 2 AZR 163/75 - BAGE 28, 54 = AP § 103 BetrVG 1972 Nr. 6 = EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 12 = NJW 1976, 2180 = BB 1976, 932 [Leitsatz 3.]: „Nach § 25 Abs. 1 BetrVG zeitweilig verhindert oder jedenfalls von der Abstimmung über die vom Arbeitgeber beantragte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist jeweils nur dasjenige Mitglied des Betriebsrats, das durch die ihm gegenüber beabsichtigte Kündigung unmittelbar betroffen ist"; 26.8.1981 - 7 AZR 550/79 - BAGE 36, 72 = AP § 103 BetrVG 1972 Nr. 13 = EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 27 = NJW 1982, 1175 [Leitsatz 1.]: „Im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 103 Abs. 1 BetrVG ist das selbstbetroffene Betriebsratsmitglied nicht nur von der Abstimmung im Betriebsrat ausgeschlossen, sondern auch von der dieser vorausgehenden Beratung (Fall der rechtlichen Verhinderung; Fortentwicklung von BAG 25.3.1976 ... [s. oben; d.U.])".
76) S. BAG 25.3.1976 a.a.O. [2 b. - „Juris"-Rn. 12]: „Eine Einschränkung der den Mitgliedern des Betriebsrats übertragenen Aufgaben folgt jedoch aus dem allgemeinen Grundsatz, dass niemand 'Richter in eigener Sache' sein kann"; 26.8.1981 a.a.O. [„Juris"-Rn. 12]: „Es bedarf auch keiner weiteren Begründung dafür, dass hier eine Selbstbetroffenheit des Klägers vorlag, die ihn von der Abstimmung ausschloß. Niemand kann 'Richter in eigener Sache' sein".
77) S. mit gleicher Tendenz - nur eben bezogen auf die (spiegelbildliche) Situation „passiver", statt „aktiver" Kündigungsbetroffenheit - BAG 25.3.1976 (Fn. 75) [2 b. - „Juris"-Rn. 12]: „Ein Mitglied des Betriebsrats ist deswegen von der Teilnahme an der Sitzung oder zumindest von der Abstimmung ausgeschlossen, wenn im Betriebsrat über eine beabsichtigte Maßnahme des Arbeitgebers zu entscheiden ist, durch die es selbst unmittelbar betroffen ist"; entsprechend BAG 26.8.1981 (Fn. 75) - Zitat Fn. 76: „Selbstbetroffenheit".
78) S. dazu anschaulich den Beitrag aus „Wikipedia", Stichwort: „Inquisitionsverfahren" (Stand: 11.11.2012); Textauszug: „Rechtsunsicherheit durch das Inquisitionsverfahren. - Für den Zeitgenossen bedeutete die Einführung des rationalen Beweismittels faktisch eine erhebliche Einschränkung der Rechte des Angeklagten und damit ein deutlich erhöhtes Risiko der Verurteilung. Weit verheerender war aber die Verschmelzung der unabhängigen Instanzen Richter, Ermittler, Kläger und Verteidiger zu einem allmächtigen klerikalen Inquisitionsrichter".
79) S. Text oben, S. 13 Fn. 74.
80) Die Beklage sei insofern vorsorglich darauf hingewiesen, dass es nicht Sache des Arbeitgebers ist, als Vertragsverletzungen eingeordnete Sachverhalte strafrechtlicher Würdigung zu unterziehen; s. hierzu statt vieler BAG 11.8.1982 - 5 AZR 1089/79 - BAGE 39, 289 = AP Art. 5 GG Meinungsfreiheit Nr. 9 = NJW 1983, 1220 [3.]: „Bedenklich ist, dass der beklagte Sender das Verhalten des Klägers als 'Verleumdung' gewertet hat. Eine strafrechtliche Beurteilung stand ihm nicht zu".
81) S. Text: „§ 104 Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer. Hat ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört, so kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung verlangen. ... ".
82) S. Text: „§ 17 Soziale Verantwortung der Beteiligten. (1) Tarifvertragsparteien, Arbeitgeber, Beschäftigte und deren Vertretungen sind aufgefordert, im Rahmen ihrer Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten an der Verwirklichung des in § 1 genannten Ziels mitzuwirken".
83) S. hierzu auch BAG 3.8.1999 (Fn. 63) [B.II.1 a. - „Juris"-Rn. 23] - Zitat Fn. 63.
84) Zu dieser - vollkommen unproblematischen - Rolle passt, dass die Beklagte in beiden Verhandlungsterminen neben ihren anwaltlichen Bevollmächtigten durch Frau Z. präsent gewesen ist: s. Sitzungsniederschriften zur Güteverhandlung vom 19.12.2012 (Bl. 10 der Gerichtsakte); zur Kammerverhandlung vom 1.2.2013 (Bl. 39 der Gerichtsakte).
85) S. zu Fragen moderner betrieblicher Fehlerkultur und deren essentiellen Grundlagen den Beitrag von Rosemarie Stein im Berliner „Tagesspiegel" vom 29.6.2005 S. 24 mit Hinweis auf das prägnante Diktum des Präsidenten der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz: „Nicht ‚Wer war schuld?', sondern ‚Was war schuld?', habe man zu fragen"; s. im Übrigen etwa auch das Diktum des Vorsitzenden der Fachgruppe Personalmanagement des Bundesverbandes Deutscher Unternehmerverbände (BDU) Jan Kunert im „Tagesspiegel" vom 11.8.2002 S. K 1: „Uns geht es nicht in erster Linie um die Schuldfrage, die ist eher nachrangig. Es müssen Lösungsstrategien entwickelt werden".
86) S. Text oben, S. 9 Fn. 54.
87) S. insofern die wegen strukturell gleicher Problemlage übertragbaren Wertungen der ständigen Judikatur zur sogenannten „Sphärentheorie"; s. dazu im Ansatz grundlegend BAG 4.8.1975 - 2 AZR 466/73 - BAGE 27, 209 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 4 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 14 [III.]: „Ohne Auswirkungen auf die Ordnungsgemäßheit des Anhörungsverfahrens im Sinne des § 102 Abs. 1 BetrVG sind demgegenüber im Grundsatz solche Mängel, die in dem Bereich vorkommen, für den der Betriebsrat zuständig und verantwortlich ist. ... - 1. Auszugehen ist von dem für das gesamte Betriebsverfassungsrecht geltenden Grundsatz, dass der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Der Arbeitgeber kann und darf sich nicht in die Amtsführung des Betriebsrates einmischen. Soweit der Betriebsrat im Rahmen des Anhörungsverfahrens gemäß § 102 BetrVG beteiligt ist, ist es seine Sache, ob und wie er tätig werden will, insbesondere, welche Verfahrensweise er befolgen will"; aus neuerer Zeit statt vieler BAG 6.10.2005 - 2 AZR 316/04 - AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 150 = EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 16 = NZA 2006, 990 [B.I.1 a. - „juris"-Rn. 21]: „Da im Regelungsbereich des § 102 Abs. 1 BetrVG sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Betriebsrat Fehler unterlaufen können, ermöglicht diese Abgrenzung eine sachgerechte Antwort auf die Frage, wem im Einzelnen ein Fehler zuzurechnen ist. Nur, wenn dem Arbeitgeber bei der ihm obliegenden Einleitung des Anhörungsverfahrens ein Fehler unterläuft, liegt darin eine Verletzung des § 102 Abs. 1 BetrVG mit der Folge der Unwirksamkeit der Kündigung. Mängel, die im Verantwortungsbereich des Betriebsrats entstehen, führen entgegen der Auffassung des LAG grundsätzlich auch dann nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder erkennen kann, dass der Betriebsrat die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat. Solche Fehler gehen schon deshalb nicht zulasten des Arbeitgebers, weil der Arbeitgeber keine wirksamen rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Beschlussfassung des Betriebsrats hat (...)".
88) S. Text oben, S. 5 Fn. 25.
89) S. statt vieler BAG 23.8.1984 - 2 AZR 391/83 - BAGE 46, 258 = AP § 103 BetrVG 1972 Nr. 17 = EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 30 = NZA 1985, 254 [Leitsätze 3. u. 4.]: „Die Grundsätze, die der Senat für die Berücksichtigung der Mängel beim Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG entwickelt hat (Sphärentheorie), sind auf das Zustimmungsverfahren des § 103 BetrVG nicht übertragbar, weil die erforderliche Zustimmung zur Kündigung (§ 15 KSchG) an sich einen wirksamen Beschluss voraussetzt. - 4. Nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes darf der Arbeitgeber zwar grundsätzlich auf die Wirksamkeit eines Zustimmungsbeschlusses nach § 103 BetrVG vertrauen, wenn ihm der Betriebsratsvorsitzende oder sein Vertreter mitteilt, der Betriebsrat habe die beantragte Zustimmung erteilt. Das gilt aber dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Tatsachen kennt oder kennen muss, aus denen die Unwirksamkeit des Beschlusses folgt. Eine Erkundigungspflicht des Arbeitgebers besteht insoweit allerdings nicht"; s. auch BAG 3.8.1999 (Fn. 63) [Leitsatz 2.]: „Für das verhinderte Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu laden. Die Nichtbeachtung dieser Pflicht führt zur Unwirksamkeit des Beschlusses, mit dem der Betriebsrat die Zustimmung zur Umgruppierung verweigert".
90) S. Text: „§ 166 Willensmängel; Wissenszurechnung. (1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht".
91) S. insofern aufschlussreich auch BGH 2.2.1996 - BGHZ 132, 30 = NJW 1996, 1339 = MDR 1996, 1003 [II.C.2 a.] - mit Hinweis auf BGH 24.1.1992 - V ZR 262/90 - BGHZ 117, 104 = NJW 1992, 1099 = MDR 1992, 480 [II.3 b.].
92) S. dazu nur BAG 23.4.2008 - 2 ABR 71/07 - AP § 103 BetrVG 1972 Nr. 56 = EzA § 103 BetrVG 2001 nr. 6 = NZA 2008, 1081 [B.II.2 a, aa. - „Juris"-Rn. 23]: „Hinsichtlich der Art und des Umfangs der Informationen gelten dieselben Grundsätze wie zur Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG (...). ... Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat seine Kündigungsabsicht mitzuteilen, die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers genau zu bezeichnen und die Kündigungsgründe anzugeben. Er muss den Betriebsrat über alle Aspekte unterrichten, die ihn zur Kündigung veranlasst haben".
93) S. zur Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers für die im Sinne des § 102 BetrVG ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates statt vieler bereits BAG 19.8.1975 - 1 AZR 613/74 - AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 5 [I.6.] (mit zustimmender Anmerkung von Wilhelm Herschel a.a.O.): „Hat aber der Arbeitnehmer einmal das Kündigungsschutzverfahren eingeleitet, so muss der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen beweisen, ‚die die Kündigung bedingen'. Dazu gehört nicht nur der Nachweis der personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Kündigungsgründe, sondern schon der Nachweis der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates als erste Voraussetzung für die mögliche Wirksamkeit einer Kündigung (...)".
94) S. Text: „§ 46 Grundsatz. (1) ... (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt".
95) S. Text: „§ 495 Anzuwendende Vorschriften. (1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen Vorschriften des Buches 1, aus den nachfolgenden besonderen Bestimmungen und aus der Verfassung der Amtsgerichte sich Abweichungen ergeben".
96) S. Text: § 256 Feststellungsklage. (1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde".
97) S. dazu nur BAG 13.3.1997 - 2 AZR 512/96 - EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 57 [II.1.]: „Es ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass ein Arbeitnehmer neben einer gegen die Kündigung nach § 4 KSchG gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungstermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen kann. ... a) Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung der zulässigen Verbindung beider Klagen nach § 4 KSchG und nach § 256 ZPO insbesondere zu den in der Praxis gelegentlich auftretenden Fällen entwickelt, bei denen Arbeitgeber oder deren Prozessbevollmächtigte durch nicht ohne weiteres erkennbare weitere (Prozess-)Kündigungen versuchen, die Wirkungen des § 7 KSchG herbeizuführen".
98) S. Walter Bitter; Zur Kombination von Kündigungsschutzklage mit allgemeiner Feststellungsklage - Oder: Zur Schleppnetztheorie des Bundesarbeitsgerichts, DB 1997, 1407 ff.
99) S. hierzu BAG (GS) 27.2.1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122 = AP § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 14 [Leitsatz 1.]: „Außerhalb der Regelung der §§ 102 Abs. 5 BetrVG, 79 Abs. 2 BPersVG hat der gekündigte Arbeitnehmer einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen"; s. ferner BAG a.a.O. [C.II.3 b. u. C.II.3 c.]: „b) Abgesehen von den Fällen der offensichtlich unwirksamen Kündigung begründet die Unsicherheit über die Wirksamkeit der Kündigung und damit die Ungewissheit über den Prozessausgang mit den daraus folgenden Risiken ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers, den gekündigten Arbeitnehmer für die Dauer des Kündigungsprozesses nicht zu beschäftigen. ... [wird aufgeführt; d.U.] - c) Die Interessenlage verschiebt sich jedoch, wenn im Kündigungsprozess ein die Instanz abschließendes Urteil ergeht, das die Unwirksamkeit der Kündigung und damit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststellt. Durch ein solches noch nicht rechtskräftiges Urteil wird zwar keine endgültige Klarheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geschaffen. Aber die Parteien hatten Gelegenheit, dem Gericht in einem ordentlichen Prozessverfahren die zur rechtlichen Beurteilung der Kündigung aus ihrer Sicht erforderlichen Tatsachen vorzutragen, dafür Beweis anzutreten und ihre Rechtsauffassungen darzustellen. Wenn ein Gericht daraufhin eine die Instanz abschließende Entscheidung trifft und die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt, so ist damit zumindest eine erste Klärung der Rechtslage im Sinne des klagenden Arbeitnehmers eingetreten. ... Es [gemeint: das Feststellungsurteil; d.U.] wirkt sich, solange es besteht, dahin aus, dass nunmehr die Ungewissheit des endgültigen Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen kann".
100) S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) ... (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen".
101) S. Text: „§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht. (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen ... ".
102) S. Text: „§ 12 a Kostentragungspflicht. (1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes".
103) S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest".