LAG Berlin: Entschädigungsanspruch wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung bei Beförderung
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2011 - 3 Sa 917/11
leitsätze
1. Die zweistufige Regelung des § 611a Abs 1 S 3 BGB aF lässt die Beweislastverteilung unberührt, senkt aber das Beweismaß dahingehend, dass der klagende Arbeitnehmer lediglich Tatsachen vortragen muss, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Werden vom Arbeitnehmer Hilfstatsachen vorgetragen, die für sich genommen nicht zur Begründung der Vermutungswirkung ausreichen, ist vom Tatrichter eine Gesamtbetrachtung dahingehend vorzunehmen, ob die Hilfstatsachen im Zusammenhang gesehen geeignet sind, die Vermutungswirkung zu begründen (im Anschluss an BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 -).
2. In die vom Tatrichter im Rahmen des § 611a Abs 1 S 3 BGB aF vorzunehmende Gesamtwürdigung sind nicht nur solche Tatsachen einzubeziehen, denen ein "roter Faden" innewohnt. Sinn der Gesamtbetrachtung ist, Indizien, die für sich genommen den Tatrichter nicht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit geschlechtsdiskriminierender Motive überzeugen konnten, darauf zu überprüfen, ob sie in der Gesamtschau eine entsprechende Überzeugung erbringen. Aus welchen Bereichen diese Indizien stammen, ist hierfür nicht von Bedeutung. Der innere Zusammenhang der vorgebrachten Tatsachen ist nicht Voraussetzung der Vermutung einer gesetzwidrigen Benachteiligung. Vielmehr kann sich gerade erst aus diesen Tatsachen eine "Benachteiligungskultur" im Unternehmen ergeben (im Anschluss an BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 -).
Solche Indizien können sich sowohl aus Erklärungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers vor der geltend gemachten benachteiligenden Entscheidung als auch aus zeitlich nach dieser Entscheidung abgegebenen Erklärungen ergeben.
3. Besteht aufgrund der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts, muss der Arbeitgeber Tatsachen darlegen und beweisen, dass ausschließlich nicht auf die Schwangerschaft bezogene sachliche Gründe seine Auswahlentscheidung gerechtfertigt haben. Hierfür genügt es nicht vorzutragen, der beförderte Mitbewerber sei der bestplatzierte Bewerber gewesen. Dies folgt aus § 611a Abs 3 BGB aF (im Anschluss an BAG 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 -).
sachverhalt
Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch der Klägerin wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung bei einer Beförderungsentscheidung.
Die Klägerin war seit dem 1. April 2002 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt, zuletzt als „Marketing Director International Division" bei einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von etwa 8.700,00 Euro.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Musikbranche, das im Jahr 2005 aufgrund eines Joint Ventures zwischen der S. C. of America und der B. AG durch Verschmelzung der S. M. E. Germany GmbH und der B. R. GmbH entstanden ist. Die Klägerin arbeitete in dem Bereich „International Marketing", dem der Vizepräsident der Beklagten E. vorstand. Sie war als „Director Pop" Abteilungsleiterin. In dem Bereich gab es nach der Verschmelzung außerdem zwei männliche Abteilungsleiter, die Mitarbeiter L. (Abteilung Rock/Alternative) und G. (Abteilung Urban). Jedenfalls Herr G. war vor dem Joint Venture bei der B. R. GmbH beschäftigt. Sowohl die Klägerin als auch Herr E. waren vor der Verschmelzung bei der S. M. E. G. GmbH tätig. Zu dieser Zeit vertrat die Klägerin den damaligen Bereichsleiter E. in aller Regel allein. Nach dem Joint Venture waren alle drei Abteilungsleiter jedenfalls fachlich im Rahmen ihrer Aufgabengebiete zur Vertretung berechtigt. Der Klägerin war die Befugnis eingeräumt, bei Abwesenheit des Herrn E. Marketingpläne freizuschalten, was eine Budgetverantwortung iHv. 150.000,00 Euro einschloss. Zeitlich später als der Klägerin wurde auch dem Mitarbeiter G. diese Befugnis eingeräumt. Der Zeitpunkt ist zwischen den Parteien streitig.
Die Stelle des Bereichsvorstands „International Marketing", welche nach Beförderung des Herrn E. am 26. September 2005 zum „Senior Vice President Music Division" frei geworden war und auf der Ebene der Hauptabteilungsleiter angesiedelt ist, wurde danach im Herbst 2005 dem Mitarbeiter G. übertragen. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin schwanger, was Herrn E. und den anderen für die Beförderungsentscheidung maßgeblichen Vorgesetzten bekannt war. Die Klägerin hatte sowohl Herrn E. als auch den zuständigen Personalsachbearbeiter am 29. Juli 2005 über ihre Schwangerschaft informiert. Herrn E. und der Personalabteilung war bekannt, dass die Mutterschutzfrist nach den Berechnungen des Arztes am 19. Dezember 2005 beginnen sollte.
Der Klägerin war die Beförderungsstelle jedenfalls auch - wie konkret ist streitig - in Aussicht gestellt worden, ohne dass ihr mitgeteilt worden wäre, dass einer ihrer beiden männlichen Kollegen ebenfalls als Nachfolger in Betracht komme oder dass bei der Beförderungsentscheidung Proporzgesichtspunkte betreffend die ehemaligen Unternehmen S. und B. zu berücksichtigen seien. Eine Stellenausschreibung erfolgte nicht.
Herr E. teilte der Klägerin am 13. Oktober 2005 mit, dass nicht sie, sondern der Mitarbeiter G. zu seinem Nachfolger bestimmt worden sei. Am 14. Oktober 2005 fand ein weiteres Gespräch zwischen ihm und der Klägerin statt. In dem ersten Gespräch äußerte Herr E. gegenüber der Klägerin, diese solle sich auf ihr Kind freuen. In beiden Gesprächen fragte die Klägerin nach den Gründen für die Entscheidung der Beklagten. Jedenfalls in einem der Gespräche äußerte Herr E. jedenfalls sinngemäß, Herr G. habe 105% und sie 95% gegeben. Auf Proporzgesichtspunkte berief sich Herr E. während dieser Gespräche nicht. Der konkrete Inhalt der Gespräche ist streitig.
Die Klägerin hatte vor der Beförderung des Mitarbeiters G. keine Elternzeit beantragt.
Zum Zeitpunkt der Beförderungsentscheidung überwog der Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft der Beklagten. Die Positionen des Präsidenten und des Vizepräsidenten waren zum Zeitpunkt der Beförderungsentscheidung jeweils mit einem Mann besetzt. Als Hauptabteilungsleiter waren eine Frau und im Übrigen Männer tätig. Nach dem Vorbringen der Klägerin gab es 10 Hauptabteilungsleiter. Auf den insgesamt 17 Abteilungsleiterpositionen waren zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Beförderung 12 Männer und 5 Frauen tätig, darunter die Klägerin.
Der Bereich „International Marketing" wurde von Berlin nach München verlegt. Die Beklagte unterbreitete der Klägerin mit Schreiben vom 23. März 2006 ein Änderungsangebot, ihre Tätigkeit ab dem 1. Januar 2006 am Standort München auszuüben. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 489 der Akte (Anlage BB 2) Bezug genommen.
Mit ihrer am 13. März 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 22. März 2006 zugestellten Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung in Geld, mindestens jedoch 17.062,50 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Sie hat behauptet, im Januar 2005 habe ihr Herr E. mitgeteilt, sie sei für den Fall seiner eigenen Beförderung oder sonstigen beruflichen Veränderung als seine Nachfolgerin vorgesehen. Dies habe er ihr in mehreren Gesprächen konkret in Aussicht gestellt. Seit 2003 sei sie bei urlaubsbedingten und sonstigen Abwesenheitszeiten von Herrn E. dessen einzige Vertreterin gewesen. Sie sei die einzige Mitarbeiterin gewesen, die bei dessen Abwesenheit zur weltweiten Freigabe der Marketingpläne der Beklagten im Internet berechtigt gewesen sei. Diese Ermächtigung sei eigens für sie bei der Konzernleitung in New York beantragt und von dieser genehmigt worden. Sie habe idR die Vertretung von Herrn E. bei internen und externen Meetings zu übergreifenden Themen übernommen. Herr G. habe vor seiner Beförderung nicht über ihre Vertretungskompetenz und über die Berechtigung zur Freigabe der Marketingpläne verfügt. Es sei technisch möglich gewesen, mehrere Personen für die Freischaltung der Marketingpläne zu berechtigen. Herr G. sei nicht besser als sie geeignet gewesen. Sie habe auch wichtige Kunden als Geschäftspartner gewinnen können und verfüge über wichtige Kontakte, zB zu den Fernsehsendern ZDF, Pro7, ARD, RTL und Sat1, und habe ebenfalls bedeutenden Künstlern zum Durchbruch verholfen. In dem Gespräch am 13. Oktober 2005 habe Herr E. ihr mitgeteilt, nunmehr würde der Mitarbeiter G. zum Vice President International ernannt. Als Begründung habe er lediglich gesagt: „Ich musste jetzt den G. zum Vice President machen. Aber das ist ja auch ok. Du bist ja jetzt schwanger und hast Dich für Familie und gegen Karriere entschieden. Das ist ja auch gut so, ein ganz neuer Lebensabschnitt, auch wichtig." In einem weiteren Gespräch am Folgetag habe er sinngemäß nachgefragt, warum sie sich so aufrege, sie sei doch nach wie vor in der Job-Description enthalten, sonst würde man wiederkehrenden Müttern geringerwertige Arbeiten zuweisen. Sie sei ausschließlich wegen ihrer Mutterschaft bei der Besetzung der Beförderungsstelle nicht berücksichtigt worden. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, aus den von ihr vorgetragenen Tatsachen ergebe sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für ihre Benachteiligung bei der Stellenbesetzung wegen ihres Geschlechts. Die Beklagte habe in keiner Weise dargelegt, warum Herr G. besser geeignet gewesen sein soll. Bei der Höhe der Entschädigung sei mindestens der sechsfache Unterschiedsbetrag zwischen ihrer bisherigen und der angestrebten Position angemessen. Hierbei seien sowohl ihre auszugleichenden materiellen Nachteile als auch die mit der Diskriminierung verbundene Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts zu berücksichtigen. Nach ihren Informationen sei die Position des Vice President International mit einer Vergütung von ca. 9.000,00 Euro verbunden. Ihr sei für das Jahr 2005 ein Bonus von 10.000,00 Euro gewährt worden. Unter Berücksichtigung der Sachbezüge für den Dienstwagen in Höhe von 495,65 Euro monatlich, des Urlaubsgeldes und des 13. Monatsgehaltes ergebe sich daher ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt von 11.493,33 Euro. Der Unterschiedsbetrag errechne sich auf 2.843,75 Euro, weil ihr durchschnittliches Bruttomonatsgehalt 8.649,58 Euro betragen habe.
Die Beklagte hat behauptet, die Beförderung von Herrn E. habe sich im Sommer 2005 abgezeichnet. Es seien innerhalb der Geschäftsführung daher Überlegungen angestellt worden, wer seine Nachfolge antreten würde. Dafür seien grundsätzlich alle drei auf der Direktorenebene in der Betriebsabteilung „International Marketing" tätigen Mitarbeiter in Frage gekommen. Im Ergebnis habe sich die Geschäftsführung entschieden, Herrn G. zu befördern. Diese Entscheidung sei den Entscheidungsträgern nicht leicht gefallen, da im Grundsatz sowohl die Klägerin als auch Herr G. und Herr L. die Qualifikation für die Nachfolge mitgebracht hätten. Entscheidend sei gewesen, dass die Geschäftsführung Herrn G. im Endergebnis die Leitung der Betriebsabteilung „International Marketing" eher zugetraut habe als der Klägerin. Für ihn hätten letztendlich die besseren Argumente gesprochen. Seit einer gelungenen Kooperation mit T-M. im Jahr 2000 habe er über erstklassige Kontakte zu diesem wichtigen Kunden verfügt. Er habe einigen bedeutenden Künstlern zum Durchbruch verholfen. Für die Wahl von Herrn G. hätten zudem auch Proporzgesichtspunkte gesprochen. Im Rahmen des Joint Ventures hätten für Führungspositionen sowohl ehemalige Mitarbeiter der S. M. E. GmbH als auch der B. R. GmbH berücksichtigt werden müssen. Die Vertretung von Herrn E. sei aufgeteilt gewesen, so dass alle drei Direktoren, also die Klägerin, Herr G. und Herr L., Vertretungsbefugnis besessen hätten, die aber beschränkt auf die jeweiligen Projekte gewesen sei. Der Grund, warum zunächst allein die Klägerin zu der Freigabe der Marketingpläne befugt gewesen sei, sei technischer Natur. Neben Herrn E. habe für Deutschland lediglich eine weitere Person im Internet freigeschaltet werden können. Dies habe sich erst am 19. Oktober 2005 geändert. Zu diesem Zeitpunkt sei Herr G. neben der Klägerin zur Freigabe von Marketingplänen während der Abwesenheit von Herrn E. freigeschaltet worden. Herr E. habe gegenüber der Klägerin lediglich geäußert, sie habe Chancen auf eine Beförderung, er habe ihr keine konkrete Zusage gemacht, hierzu sei er auch nicht befugt gewesen. Herr E. habe als Grund für die Beförderung von Herrn G. nicht die Schwangerschaft der Klägerin angeführt. Er habe der Klägerin Anfang 2005 zugesagt, er werde sich bei der Zusammenführung der Gesellschaften dafür verwenden, dass sie eine Position auf der Direktorenebene behalten könne. Er habe ihr gegenüber auch unterstrichen, dass dies ungeachtet ihrer Schwangerschaft gelte. Um ihr das Angebot, in München weiterzuarbeiten, schmackhaft zu machen, sei ihr eine Erhöhung des Gehalts von 82.875,00 Euro auf 95.000,00 Euro angeboten worden.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 28. April 2006 die Beklagte zur Zahlung von 17.062,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. März 2006 verurteilt. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe Tatsachen glaubhaft gemacht, die ihre Benachteiligung vermuten ließen, die Beklagte habe den ihr danach obliegenden Gegenbeweis, dass sachliche Gründe, die nicht auf das Geschlecht bezogen seien, die Entscheidung rechtfertigen würden, nicht erbracht. Mehr als die von der Klägerin errechneten 17.062,50 Euro erschienen der Kammer nicht angemessen, weniger aber auch nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 48 bis 63 der Akte Bezug genommen.
Gegen dieses der Beklagten am 19. Mai 2006 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung, die mit einem beim Landesarbeitsgericht am 19. Juni 2006 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 19. Juli 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist.
Die Beklagte hat unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vorgetragen: Die Klägerin habe keinerlei Zweifel gelassen, dass sie nach Ablauf der Mutterschutzfristen wieder in Vollzeit weiterarbeiten wolle. Da hier mithin nur eine mutterschutzbedingte Auszeit von 14 Wochen in Rede gestanden habe, lasse dies keine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten. Die Klägerin habe bei einer Beförderung ohne weiteres vorübergehend ersetzt werden können, beispielsweise durch eine kommissarische Besetzung durch einen anderen Arbeitnehmer. Jedenfalls würden sachliche Gründe für die Beförderung von Herrn G. sprechen. Am 30. September 2005 habe der Geschäftsführer B. die Entscheidung getroffen, Herrn G. zu befördern. Dieser Entscheidung seien informelle Gespräche vorausgegangen, in denen auch über subjektive Wertungen bezüglich der Qualifikation, Erfahrungen und Befähigungen der potentiell zur Nachfolge anstehenden Kandidaten geredet worden sei. Ungeachtet unterschiedlicher subjektiver Bewertungen der handelnden Personen auf ihrer Seite hätten Proporzgesichtspunkte eine ganz wesentliche Rolle für die Entscheidung zugunsten von Herrn G. gespielt. Bei dem Joint Venture hielten beide Parteien jeweils 50 % der Anteile. Dieser Proporz müsse sich bei der Besetzung von Führungspositionen in dem zusammengeführten Unternehmen widerspiegeln. Wäre die Klägerin statt Herr G. befördert worden, hätte sich ausgehend bei acht Abteilungen, bei denen zwei Abteilungen von externen Managern geleitet würden, seit dem 1. November 2005 ein deutliches Übergewicht von 4:2 zu Gunsten der Ex-S. Manager ergeben. Wegen der weiteren Ausführungen zu der Besetzung von Positionen wird auf den Schriftsatz vom 19. Juli 2006, Seiten 5 bis 8 (Bl. 104 bis 107 der Akte) und den Schriftsatz vom 18. Oktober 2006, Seiten 3 und 4 (Bl 182 bis 183 der Akte) Bezug genommen. Herr E. habe auch den Herren L. und G. gegenüber geäußert, sie hätten Chancen auf eine Beförderung. Die Äußerungen von Herrn E. gegenüber der Klägerin hätten vornehmlich das Ziel bezweckt, die Klägerin in der Phase der Unsicherheit als geschätzte Mitarbeiterin im Unternehmen zu halten.
Die Klägerin hat unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages die angefochtene Entscheidung verteidigt und weiter vorgetragen: Im Zeitpunkt der Beförderungsentscheidung habe nicht festgestanden, dass sie sofort nach Ablauf der Mutterschutzfrist ihre Arbeit wieder aufnehmen werde. Es sei mündlich zwischen ihr und Herrn E. auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer sechsmonatigen Elternzeit besprochen worden. Herr E. habe ihr mehrmals zugesagt, sie sei als seine Nachfolgerin vorgesehen. Auch der Umstand, dass sie über Gründe für die Beförderungsentscheidung nicht informiert worden sei, zeige, dass solche Gründe nicht existierten. Bei der Besetzung von Führungspositionen müsse sich bei der Beklagten nicht ein Proporzgesichtspunkt von 50% widerspiegeln. Wegen der weiteren Ausführungen der Klägerin hierzu wird auf den Schriftsatz vom 9. August 2006, Seiten 8 bis 11 (Bl. 139 bis 142 der Akte) verwiesen.
Das Landesarbeitsgericht hat, nachdem es Herrn E. als Zeugen vernommen und die Klägerin angehört hatte, auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Wegen des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 24. August 2006 (Bl. 151 bis 152 der Akte) und vom 19. Oktober 2006 (Bl. 176 bis 179 der Akte) Bezug genommen. Nach Zulassung der Revision hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 24. April 2008 (- 8 AZR 257/07 -) das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts (Bl. 214 bis 220 der Akte) wird verwiesen.
Die Beklagte hat in dem erneuten Berufungsverfahren weiter behauptet, Herr E. habe die Geburt des Kindes angesprochen, weil er der angesichts der Mitteilung der Beförderungsentscheidung aufgelösten Klägerin etwas Positives in Aussicht habe stellen wollen. Es habe sich um ein „Trostpflaster" hinsichtlich der Enttäuschung, nicht befördert zu werden, gehandelt. Die Erklärung von Herrn E., Herr G. habe 105% und die Klägerin nur 95 % gegeben, sei eine plausible und nachvollziehbare Erläuterung. Für Herrn E. habe bei der Mitteilung der Beförderungsentscheidung der Leistungsaspekt im Vordergrund gestanden, aus seiner Sicht wären Proporzgesichtspunkte für die Klägerin schwerer nachvollziehbar gewesen. Sie hätte einen Ausfall der Klägerin unabhängig von der Dauer ohne weiteres kompensieren können. Eine disziplinarische Vertretung des Herrn E. seitens der Klägerin habe es nicht gegeben. Bis zu dem Joint Venture habe das System von S. M. vorgesehen, dass eine Person mit der Freischaltung zu betrauen sei. Darüber hinaus habe nur eine weitere Person benannt werden können. Dies seien Herr E. und die Klägerin gewesen. Herr G. sei bei B. berechtigt gewesen, seinerseits Marketingpläne für die von ihm betreuten Labels freizuschalten. Nach dem Joint Venture seien zunächst beide Systeme noch parallel gelaufen. Erst ab dem 19. Mai 2005 sei dann Herr G. für die Freischaltung autorisiert worden. Mitarbeiterinnen, die aus dem Mutterschutz oder der Elternzeit zurückkämen, würden von ihr im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts weiterbeschäftigt. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die von der Klägerin dargelegten statistischen Daten könnten keine Indizwirkung für deren geschlechtsbedingte Benachteiligung bei der Beförderungsentscheidung entfalten. Die Klägerin könne als Entschädigung allenfalls den dreifachen monatlichen Unterschiedsbetrag beanspruchen.
Die Klägerin hat unter Aufrechterhaltung ihres Vortrages zu dem Inhalt der Gespräche am 13. und 14. Oktober 2005 weiter behauptet, sie habe Herrn E., nachdem dieser ihr die Beförderung von Herrn G. mitgeteilt habe, am Nachmittag des 13. Oktober 2005 in einer E-Mail gefragt, ob die den Job nicht bekommen habe, weil sie schwanger sei. Dies habe Herr E. in dem anschließenden Gespräch verneint und geäußert, dass er schon längere Zeit beobachtet habe, dass Herr G. 105% gebe und sie nur 95%. Als sie ihm vorgehalten habe, warum er dies nicht früher gesagt habe, habe er das Gespräch ohne nähere Angabe beendet. Ihrer Kenntnis nach sei Herr G. während seiner Tätigkeit für B. nicht berechtigt gewesen, die Marketingpläne freizugeben. Bei S. seien vor dem Joint Venture zwar Marketingpläne geschrieben worden, diese seien aber von ihr und den anderen zuständigen Mitarbeitern direkt an das jeweilige Management versandt worden. Erst nach dem Joint Venture im Jahr 2005 sei das Global Marketing-Team mit dem GMS einheitlich von der Beklagten übernommen worden. Ihr sei erst danach die Berechtigung zur Freigabe erteilt worden und damit zu einem Zeitpunkt, als Herr G. sich bereits im Team befunden habe. Herr G. habe die Befugnisse zur Freigabe erst nach seiner Beförderung erhalten. Die Klägerin hat ferner die Ansicht vertreten, Indiz für die Diskriminierung wegen ihres Geschlechts sei auch die mangelnde Repräsentation von Frauen in den Führungspositionen der Beklagten. Die tatsächliche Besetzung der Führungspositionen mache deutlich, dass bei der Beklagten eine „gläserne Decke" bestehe, Frauen also ab einer bestimmten Hierarchiestufe keine Chance mehr hätten, befördert zu werden. Wegen ihres diesbezüglichen Vortrages wird auf den Schriftsatz vom 16. Dezember 2008, Seiten 4 bis 7 (Bl. 262 bis 265 der Akte) und den Schriftsatz vom 4. Februar 2009, Seiten 5 bis 8 (Bl. 338 bis 341 der Akte) verwiesen.
Das Landesarbeitsgericht hat nach einer erneuten Beweiserhebung durch Vernehmung des Zeugen E. und Vernehmung der Klägerin als Partei die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Wegen des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. Februar 2009 (Bl. 370 bis 374 der Akte ) Bezug genommen. Nach erneuter Zulassung der Revision hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 27. Januar 2011 (- 8 AZR 483/09 -) das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts (Bl. 409 bis 414 der Akte) wird verwiesen.
Die Beklagte wiederholt ihr Vorbringen. Sie behauptet weiterhin, die Klägerin habe seit dem 1. Februar 2005, zu diesem Zeitpunkt habe Herr E. die Abteilung „International Marketing", die sich aus Mitarbeitern von S. und B. zusammengesetzt habe, übernommen, keine Sonderstellung als „Hauptabwesenheitsvertreterin" gehabt. Wegen der Wettbewerbssituation habe Herr E. allen drei Führungskräften auf der Direktorenebene die Beförderung auf seine Position in Aussicht gestellt, wenn er selbst befördert werden sollte. In der Zeit ab dem 1. Februar 2005 seien alle drei in Frage kommenden Kandidaten von Herrn E. dann beobachtet worden, wie sie sich in dem neuen Umfeld entwickeln und welche Leistungen sie bringen. Dabei sei er zu dem Schluss gelangt, dass Herr G. bessere Leistungen erbracht habe. Er habe dies im Vergleich zur Klägerin auf die Formel 105% : 95% gebracht. Darüber hinaus hätten die Kontakte von Herrn G. zu wichtigen Kunden (T-M.) sowie sein Erfolg bei der Etablierung von Künstlern auf dem deutschen Markt und nicht zuletzt die dargelegten Proporzgesichtspunkte für seine Beförderung gesprochen. Herr E. habe nach der Beförderungsentscheidung zugunsten von Herrn G. der Klägerin Beschäftigungssicherheit in ihrer bisherigen Position zugesichert und sich dafür eingesetzt, dass sie ein Angebot zu deutlich verbesserten Konditionen bei einem Wechsel nach München erhalte. Der Umzug von S. M. nach München sei von einem erheblichen Personalabbau begleitet gewesen. Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, die von der Klägerin vorgetragenen Indizien reichten insgesamt nicht aus, um eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten zu lassen. Das Bundesarbeitsgericht verlange, dass sich aus den Indizien eine „Benachteiligungskultur" ergeben müsse. Ferner sei ihre Beförderungsentscheidung diskriminierungsfrei gewesen, da sachliche Gründe, die mit dem Geschlecht der Klägerin nicht im Zusammenhang gestanden haben, ausschlaggebend gewesen seien.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. April 2006 - 28 Ca 5196/06 - wird abgeändert und die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin wiederholt ebenfalls ihr Vorbringen. Sie behauptet, die angebotene Gehaltserhöhung sei vor dem Hintergrund der höheren Lebenshaltungskosten in München erfolgt, zudem sei mit der Beschäftigung die Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages verbunden gewesen. Sie habe auch einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung in München gehabt. Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe ausreichend Vermutungstatsachen vorgetragen. Die Beklagte habe den Gegenbeweis nicht geführt. Deren Vortrag sei insoweit auch widersprüchlich. Die geforderte Entschädigung sei angemessen. Sie sei die sogenannte bestgeeignete Bewerberin gewesen. Wegen der weiteren Ausführungen zur Entschädigungshöhe wird auf den Schriftsatz vom 8. Juni 2011, Seiten 8 bis 12 (Bl. 441 bis 445 der Akte) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Tatbestände der bisher ergangenen Urteile und auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.
aus den gründen
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft und gemäß §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und Abs. 2, 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
II. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 17.062,50 Euro zu zahlen. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich aus § 611a Abs. 2 und Abs. 5 BGB in der bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung (im Folgenden: BGB aF). Die Beklagte hat gegen das in § 611a Abs. 1 BGB aF geregelte Benachteiligungsverbot verstoßen. Die Höhe einer Entschädigung von 17.062,50 Euro ist angemessen.
1. Die Klage ist zulässig. Für die hinreichende Bestimmtheit des Klageantrages gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist es ausreichend, dass die Klägerin die Berechnungsgrundlagen in der Klagebegründung dargelegt und einen Mindestbetrag der begehrten Entschädigung angegeben hat. Dies ist ausreichend, wenn die Bestimmung der Höhe des Anspruches von billigem Ermessen oder einer gerichtlichen Schätzung abhängt (vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 17, NZA 2008, 1051).
2. Die Klage ist auch begründet.
a) Da sich die Klägerin auf eine im Herbst 2005 von der Beklagten begangene Benachteiligung beruft, ist als Anspruchsgrundlage § 611a BGB aF heranzuziehen. Gemäß § 33 AGG ist diese Vorschrift weiterhin maßgeblich für mögliche Benachteiligungen des Beschäftigten wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, die zeitlich vor Inkrafttreten des Gesetzes am 18. August 2006 stattgefunden haben.
b) Die Ausschlussfristen der § 611a Abs. 4 Satz 3 BGB aF und § 61b Abs. 1 ArbGG in der bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung sind eingehalten (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 22, NZA 2011, 689; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 17, NZA 2008, 1051).
c) Die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nach § 611a Abs. 2 und Abs. 5 BGB aF liegen vor. Die Beklagte hat die Klägerin bei einem beruflichen Aufstieg wegen ihres Geschlechts gemäß § 611a Abs. 1 BGB aF benachteiligt.
aa) Die Klägerin ist als Arbeitnehmerin von der Beklagten als Arbeitgeberin gegenüber dem Mitarbeiter G. bei ihrem beruflichen Aufstieg benachteiligt worden, indem diesem als Nachfolger von Herrn E. die gegenüber der Abteilungsleiterposition höherwertige Position des Bereichsvorstands „International Marketing" übertragen wurde (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 23, NZA 2011, 689).
bb) Die Benachteiligung erfolgte auch wegen des Geschlechts der Klägerin. Unter Berücksichtigung des unstreitigen Tatsachenvortrages und des eigenen Vortrages der Beklagten liegen Tatsachen vor, die eine Benachteiligung der Klägerin bei der Beförderungsentscheidung vermuten lassen. Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung nicht widerlegt.
(1) Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt bereits dann vor, wenn eine rechtliche Ungleichbehandlung an das Geschlecht anknüpft. Es kommt nicht darauf an, ob daneben auch andere Gründe maßgeblich waren. Soll die Beachtung des verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbotes auch für den Arbeitgeber verbindlich gemacht werden - und darin liegt der Sinn des § 611a BGB aF -, so muss es diesem verwehrt sein, das Geschlecht eines Bewerbers bei seiner Entscheidung überhaupt zu dessen Lasten zu berücksichtigen. Das ist aber bereits dann der Fall, wenn in dem Motivbündel, das seine Entscheidung beeinflusst hat, das Geschlecht des abgewiesenen Bewerbers als negatives oder das andere Geschlecht als positives Kriterium enthalten ist (BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 23, NZA 2008, 1051 mit Verweis auf BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BVerfGE 89, 276).
(2) Nach der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregel muss grundsätzlich derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen (BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 32, NZA 2011, 153; Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. Vor § 284 Rn. 17a). Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehört auch die Kausalität zwischen dem Nachteil und dem Geschlecht. § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF enthält allerdings eine Beweislastregelung, die sich auf den Benachteiligungsgrund bezieht, also auf die Tatsache der Benachteiligung aus geschlechtsbezogenen Gründen.
(a) § 611a Abs. 1 Satz 3 aF lässt die Beweisverteilung zunächst unberührt, er senkt lediglich das Beweismaß dahingehend, dass der klagende Arbeitnehmer lediglich Tatsachen vortragen muss, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Solche Vermutungstatsachen können in Äußerungen des Arbeitgebers bzw. anderen Verfahrenshandlungen begründet sein, welche die Annahme einer Benachteiligung wegen des Geschlechts nahelegen. Es genügen Indizien, die aus einem regelhaft einem Geschlecht gegenüber geübten Verhalten auf eine solchermaßen motivierte Entscheidung schließen lassen (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 25, NZA 2011, 689; 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 25, NZA 2008, 1051; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - Juris-Rn. 62, BAGE 109, 265). Dabei ist kein zu strenger Maßstab anzulegen, da es nicht erforderlich ist, dass die Tatsachen einen zwingenden Indizienschluss auf eine Benachteiligung zulassen. Vielmehr reicht es aus, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung besteht (BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 40, NZA 2008, 1051).
(b) Da § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF zu keiner Änderung der Beweislastverteilung führt, sondern lediglich geringere Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers stellt, unterliegt die Würdigung, ob dieser seiner (verminderten) Darlegungs- und Beweislast genügt hat, er also Tatsachen vorgetragen hat, die seine Benachteiligung wegen seines Geschlechts vermuten lassen, ebenso der freien Überzeugung des Tatsachengerichts nach § 286 Abs. 1 ZPO wie in den Fällen der uneingeschränkten Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Erbringung des so genannten "Vollbeweises" durch die darlegungs- und beweispflichtige Partei (BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 27, NZA 2008, 1051).
(c) Werden von dem benachteiligten Arbeitnehmer Hilfstatsachen vorgetragen, welche jeweils für sich allein betrachtet nicht ausreichen, um für den Tatrichter die Vermutungswirkung gemäß § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF herbeizuführen, ist vom Tatsachengericht eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, ob diese Hilfstatsachen im Zusammenhang gesehen geeignet sind, die Vermutungswirkung zu begründen. Es gibt nämlich Fälle, in denen die einzelnen vom Arbeitnehmer dargelegten Umstände des Einzelfalles oder Handlungsweisen bzw. Äußerungen des Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, die Gesamtschau der einzelnen Umstände des Einzelfalles oder der Handlungsweise bzw. der Äußerungen des Arbeitgebers aber eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer geschlechtsbezogenen Benachteiligung begründen und damit die Vermutungswirkung des § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF entfalten können (BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 41 mwN, NZA 2008, 1051; vgl. auch BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 25, NZA 2011, 689, BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - Rn. 83, NZA 2011, 83). In die im Rahmen des § 611a Abs 1 S 3 BGB aF vorzunehmende Gesamtwürdigung sind nicht nur solche Tatsachen einzubeziehen, denen ein "roter Faden" innewohnt. Sinn der Gesamtbetrachtung ist es, Indizien, die für sich genommen den Tatrichter nicht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit geschlechtsdiskriminierender Motive überzeugen konnten, darauf zu überprüfen, ob sie in der Gesamtschau eine entsprechende Überzeugung erbringen. Aus welchen Bereichen diese Indizien stammen, ist hierfür nicht von Bedeutung. Der innere Zusammenhang der vorgebrachten Tatsachen ist nicht Voraussetzung der Vermutung einer gesetzwidrigen Benachteiligung. Vielmehr kann sich gerade erst aus diesen Tatsachen eine "Benachteiligungskultur" im Unternehmen ergeben (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 38f., aaO).
(d) Ist die Benachteiligung aus geschlechtsbezogenen Gründen nach diesen Grundsätzen überwiegend wahrscheinlich, muss der Arbeitgeber gemäß § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF den vollen Beweis führen, dass die Benachteiligung aus rechtlich zulässigen Gründen erfolgt ist (BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 25, NZA 2008, 1051; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - Rn. 62, BAGE 109, 265).
(3) Eine unmittelbare geschlechtsbezogene Benachteiligung liegt nicht nur dann vor, wenn bei einer Auswahlentscheidung direkt an das Geschlecht angeknüpft wird, sondern auch dann, wenn negativ auf Auswahlkriterien abgestellt wird, welche ausschließlich von Angehörigen eines Geschlechts erfüllt werden können, wie beispielsweise die Schwangerschaft bei Frauen (BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 31, NZA 2008, 1051 mit Verweis auf die st. Rspr. des EuGH, vgl. 13. Dezember 1989 - C-102/88 - EuGHE 1989, 4311 = AP EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 22). Dies stellt mittlerweile auch Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 3 der RL 76/207/EWG idF der RL 2002/73/EG vom 23. September 2002 (ABl. EG Nr. L 269 S. 15) klar.
(a) Allein die Tatsache, dass die Beklagte zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die streitgegenständliche Stellenbesetzung von der Schwangerschaft der Klägerin Kenntnis hatte, lässt eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts nach § 611 Abs. 1 Satz 3 BGB aF allerdings nicht vermuten. Es kann dahinstehen, ob ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers und dem Anzeigen der Schwangerschaft durch die Arbeitnehmerin, die Vermutungswirkung des § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF entfaltet und damit zu einer Beweislastumkehr führt (vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 31, NZA 2008, 1051 mit Hinweisen zum Meinungsstreit). Denn ein solcher enger zeitlicher Zusammenhang hat vorliegend nicht bestanden. Der Zeitpunkt der von der Beklagten getroffenen Personalentscheidung bezüglich der Besetzung der Position des Bereichsleiters "International Marketing" war unabhängig von der Schwangerschaft der Klägerin und deren Bekanntgabe an die Beklagte. Die Neubesetzung der Stelle war auf Grund der Beförderung des bisherigen Stelleninhabers E. erforderlich geworden. Der Zeitpunkt der Neubesetzung wurde damit auf Grund einer betrieblichen Organisationsentscheidung der Beklagten und unabhängig von der Kenntnis von der Schwangerschaft der Klägerin festgelegt. Dieses "zufällige" Zusammenfallen der getroffenen Personalentscheidung mit der Schwangerschaft der Klägerin entfaltet für sich allein nicht die Vermutungswirkung des § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF (so BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 38, NZA 2008, 1051; BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 33, NZA 2011, 689).
(b) Die Beklagte hat beim Besetzungsverfahren objektiv betrachtet auch gegen keine (Form-) Vorschriften verstoßen, die eine Vermutungswirkung für sich begründen könnten (so BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - Rn. 36, NZA 2008, 1051).
(c) Auch das von der Klägerin vorgetragene Zahlenmaterial ergibt für sich keine Indizien dafür, dass die Beförderung der Klägerin wegen ihres Geschlechts unterblieben ist. Aus Statistiken können sich zwar grundsätzlich Indizien für eine Geschlechtsdiskriminierung ergeben (zu § 22 AGG: BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - NZA 2011, 93). Vorliegend kann aber weder das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis in der Belegschaft der Beklagten einerseits und auf den Führungsebenen andererseits noch das zahlenmäßige Geschlechterverhältnis auf der Abteilungsleiterebene einerseits und der Hauptabteilungsleiterebene andererseits noch das Absinken des Frauenanteils ab der Ebene der Abteilungsleiter als Indiz für die geschlechtsbezogene Benachteiligung der Klägerin gewertet werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - bereits ausgeführt. Nach dieser Entscheidung indizieren die dargelegten Zahlen keine so genannte „gläserne Decke" zwischen der Hierarchieebene der Abteilungsleiter und der der Hauptabteilungsleiter und lassen auch kein generell frauenfeindliches Klima bei der Beklagten vermuten (vgl. dazu insgesamt BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 29ff., NZA 2011, 689). Die Klägerin hat im weiteren Berufungsverfahren kein neues Zahlenmaterial zu der Beförderungspolitik oder neue Tatsachen zu den Beförderungsmöglichkeiten im Unternehmen vorgetragen.
(d) Es liegen hier aber mehrere unstreitige Tatsachen bzw. solche Tatsachen, die sich auch aus dem Vortrag der Beklagten ergeben, vor, die bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Personen, die für die Beklagte die Entscheidung über die Beförderung getroffen haben und deren Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss, bei ihrer Entscheidung, Herrn G. und nicht die Klägerin zu befördern, auch die Schwangerschaft der Klägerin als einen Grund mitberücksichtigt haben.
(aa) Dabei sind nach Auffassung der Kammer folgende Tatsachen, die unstreitig sind bzw. sich aus dem Vortrag der Beklagten ergeben und von der Klägerin jedenfalls hilfsweise zu eigen gemacht worden sind, in die Gesamtbetrachtung, die zu der Vermutungswirkung gemäß § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF führt, einzubeziehen:
(aaa) Die Klägerin war wie Herr G. und Herr L. vor der Beförderung des Herrn E. als Abteilungsleiterin tätig. Sie vertrat nach dem Abschluss des Joint Venture wie auch die anderen Abteilungsleiter G. und L. jedenfalls im Rahmen ihres Aufgabengebietes Herrn E. bei dessen Abwesenheit. Die Klägerin war nach dem Zustandekommen des Joint Ventures ferner befugt, bei Abwesenheit des Herrn E. Marketingpläne freizuschalten, was eine Budgetverantwortung iHv. 150.000,00 Euro einschloss. Die Kammer geht zu Gunsten der Beklagten davon aus, dass auch Herrn G. ab dem 19. Mai 2005 diese Befugnis besaß.
(bbb) Aufgrund ihrer Qualifikation kam die Klägerin grundsätzlich wie auch die beiden anderen Abteilungsleiter G. und L. als Nachfolger von Herrn E. in Betracht.
(ccc) Herr E. äußerte gegenüber der Klägerin jedenfalls, dass sie Chancen habe, seine Nachfolgerin zu werden. Zugunsten der Beklagten geht die Kammer davon aus, dass Herr E. auch gegenüber den Abteilungsleitern G. und L. geäußert hatte, sie hätten Chancen, seine Nachfolger zu werden und der Klägerin gegenüber nicht erklärt hatte, es sei bereits der Plan, sie zu seiner Nachfolgerin zu machen. Herr E. hat der Klägerin allerdings nicht mitgeteilt, auch einer ihrer männlichen Kollegen komme ebenfalls als Nachfolger in Betracht.
(ddd) Weder vor der Entscheidung über die Beförderung noch in den Gesprächen vom 13. und 14. Oktober 2005 ist der Klägerin erklärt worden, dass bei der Beförderungsentscheidung auch Proporzgesichtspunkte betreffend die ehemaligen Unternehmen S. und Bertelmann zu berücksichtigen seien oder berücksichtigt worden seien.
(eee) Den für die Beförderungsentscheidung maßgeblichen Personen war die Schwangerschaft der Klägerin im Zeitpunkt der Beförderungsentscheidung bekannt. Die Klägerin teilte Herrn E. ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Beginn der Mutterschutzfrist am 29. Juli 2005 mit. Der vom Arzt errechnete Beginn der Mutterschutzfrist war der 19. Dezember 2005.
(fff) Mit der Klägerin wurden keine konkreten Bewerbungsgespräche geführt. Ihr wurde vor der Beförderungsentscheidung nicht mitgeteilt, ihre Leistungen seien im Vergleich zu Herrn G. schlechter.
(ggg) Vor der Beförderungsentscheidung hatte die Klägerin noch keine Elternzeit beantragt. Sie hatte jedenfalls auch nicht erklärt, dass sie auf jeden Fall Elternzeit beantragen würde.
(hhh) Nachdem Herr E. der Klägerin mitgeteilt hatte, dass nicht sie, sondern Herr G. die Position erhalten werde, äußerte er gegenüber der Klägerin, sie solle sich über ihr Kind freuen. In diesem Zusammenhang hat er ihr jedenfalls sinngemäß auch gesagt, sie solle sich doch freuen, dass sie jetzt eine Jobsicherheit in München habe. Auch nach dem Vortrag der Klägerin ist nämlich davon auszugehen, dass Herr E. die Jobsicherheit in München in dem Gespräch am 13. Oktober 2005 angesprochen hat, weil die Klägerin selber vorträgt, es sei jedoch unstreitig, dass von Herrn E. zumindest angesprochen worden sei, dass sie ihren Job behalten könne.
(iii) Nach dem Gespräch zwischen der Klägerin und Herrn E. am 13. Oktober 2005 fand jedenfalls am 14. Oktober 2005 ein weiteres Gespräch zwischen diesen Personen statt, in dem die Klägerin nach den Gründen für die Beförderungsentscheidung fragte. Herr E. hat in den Gesprächen am 13. und 14. Oktober 2005 zur Begründung der Beförderungsentscheidung nicht auf Proporzgesichtspunkte hingewiesen. Er hat Leistungsgesichtspunkte angeführt und jedenfalls sinngemäß geäußert, Herr G. gebe 105% und die Klägerin 95%. Eine konkrete Darstellung der Leistungsunterschiede nahm Herr E. in diesen Gesprächen dagegen nicht vor. Die Klägerin hat in diesem Prozess behauptet, eine weitere Begründung sei seitens Herrn E. nicht erfolgt. Auch die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass und welche konkreten Informationen zur Bewertung der Leistungen Herr E. der Klägerin in diesen Gesprächen gegeben hat. Bei seiner Zeugenvernehmung am 19. Oktober 2006 sagte Herr E. lediglich aus, er habe die Entscheidung ua. mit der Performance von Herrn G., mit dessen internationalen Kontakten und mit einer längeren Betriebszugehörigkeit begründet.
(jjj) Herr E. war in den Entscheidungsprozess über die Beförderung mit einbezogen. Auch die Beklagte trägt insoweit vor, Herr E. habe die für seine Nachfolge in Betracht kommenden Kandidaten intensiv beobachtet und sei dann zu dem Schluss gekommen, die Leistungen des Herrn G. seien besser gewesen. Den Aussagen von Herrn E. bei seiner Vernehmung am 12. Februar 2009 ist ebenfalls zu entnehmen, dass er in den Entscheidungsprozess über die Beförderung von Herrn G. involviert war. Er sprach in der „Wir-Person" im Zusammenhang mit dem Entscheidungsprozess über die Beförderung.
(bb) Diese dargestellten Tatsachen lassen nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit den Schluss zu, dass die in die Beförderungsentscheidung eingebundenen Personen bei ihrer Entscheidung, Herrn G. und nicht die Klägerin zu befördern, jedenfalls auch die Schwangerschaft der Klägerin zu deren Ungunsten mitberücksichtigt haben.
(aaa) Die Äußerung von Herrn E., die Klägerin solle sich über ihr Kind freuen, die im direkten Zusammenhang mit der Mitteilung, nicht die Klägerin, sondern Herr G. werde befördert, fiel und zwar ohne dass die Klägerin zuvor ihre Schwangerschaft angesprochen hatte, drückt jedenfalls aus objektiver Sicht die Einstellung des Erklärenden aus, ein Kind sei ein Trost bzw. etwas Positives und damit treffe es eine Schwangere nicht so hart wie eine nicht schwangere Person, wenn sie nicht befördert wird. Wenn man das Erwarten eines Kindes, also die Schwangerschaft, als einen Trost für eine Nichtbeförderung ansieht, bringt man damit durchaus das Verständnis zum Ausdruck, die Schwangerschaft sei ein Ersatz für die Karriere. Aus objektiver Sicht kann aber für die schwangere Frau, die die Beförderung anstrebt, das zu erwartende Kind kein Trost für die Nichtbeförderung sein, da sie ja zum einen das Kind und die Beförderungsstelle möchte.
(bbb) Die weitere Äußerung von Herrn E. gegenüber der Klägerin, sie solle sich doch darüber freuen, dass sie jetzt eine Jobsicherheit in München habe, lässt auf die Einstellung des Erklärenden schließen, es sei nicht selbstverständlich, dass die schwangere Klägerin jedenfalls ihre bisherige Position auch bei einer Verlegung des Aufgabenbereichs von Berlin nach München behält. Da nicht erkennbar ist, dass der Klägerin vor dem 13. Oktober 2005 gegenüber konkret mitgeteilt worden war, ihre Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen stehe bei einer Standortverlagerung in Frage, Entsprechendes hat auch die Beklagte nicht vorgetragen, bestand nämlich an sich gar keine Veranlassung, in dem Gespräch am 13. Oktober 2005 zu erklären, die Klägerin solle sich über die Jobsicherheit freuen. Ferner fiel die Äußerung über die Jobsicherheit im Zusammenhang mit der Erwähnung des erwarteten Kindes. Auch der Vortrag der Beklagten (im Schriftsatz vom 12. April 2006, Seite 5, Bl. 28 der Akte), Herr E. habe der Klägerin gegenüber erklärt, er wolle sich ungeachtet der Schwangerschaft dafür einsetzen, dass sie ihre Position auf der Direktorenebene behalten könne, spricht dafür, dass es bei der Beklagten nicht selbstverständlich ist, die Schwangerschaft bei Personalentscheidungen nicht negativ zu berücksichtigen, es also nicht der Normalfall ist, eine schwangere Mitarbeiterin genauso zu behandeln wie eine nicht schwangere Mitarbeiterin bzw. einen Mitarbeiter.
(ccc) Da Herr E. in den Entscheidungsprozess über die Beförderung mit einbezogen war, ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf zu schließen, dass die in den vorgenannten Äußerungen zum Ausdruck kommende Einstellung auch in den Abwägungsprozess, welche Person die Beförderungsstelle erhalten soll, einfloss. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Qualifikation für die Beförderungsstelle grundsätzlich geeignet war. Die Klägerin vertrat Herrn E. bei dessen Abwesenheit in ihrem fachlichen Aufgabenbereich. Sie war bei seiner Abwesenheit zur Freigabe der Marketingpläne befugt. Herr E. hatte der Klägerin jedenfalls erklärt, sie habe Chancen, seine Nachfolge anzutreten. Die Beklagte hatte die Klägerin auch konkret in ihre Auswahlüberlegungen einbezogen. Wenn aber die Vorstellung bei einer maßgeblich in den Entscheidungsprozess mit einbezogenen Person besteht, ein zu erwartendes Kind sei ein Trost für eine Nichtbeförderung, spricht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine solche Überlegung in der Auswahlentscheidung berücksichtigt wird, wenn diese unter mehreren Personen zu treffen ist, die die Beklagte grundsätzlich für geeignet hält und diese Eignung den Mitarbeitern gegenüber bereits zum Ausdruck gebracht hatte. Denn aus Sicht der in die Entscheidung involvierten Personen ist es für die schwangere Person dann nicht so entscheidend, die Beförderungsstelle zu erhalten wie für die anderen Mitbewerber, zumal wenn ihr die bisherige Position gesichert werden kann. Diese Umstände sprechen für eine „Benachteiligungskultur" bei den für die Beförderung verantwortlichen Personen, deren Verhalten sich die Beklagte zurechnen lassen muss. Bedient sich der Arbeitgeber nämlich bei der Entscheidung über die Beförderung von Arbeitnehmern eigener Mitarbeiter, so trifft ihn auch die Verantwortlichkeit für deren Verhalten (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 35, NZA 2010, 1129).
(ddd) Zu beachten ist ferner, dass die Entscheidungsträger der Beklagten mit einem Beginn der Mutterschutzfrist am 19. Dezember 2005 rechnen mussten. Dieser Zeitpunkt lag nur ca. zweieinhalb Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem die Beförderungsstelle zu besetzen war. Zwar geht die Kammer nicht davon aus, dass bereits der bevorstehende Mutterschutz ein ausreichendes Indiz für den Eintritt der Vermutungswirkung nach § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB aF ist. Eine solche Vermutung besteht insbesondere dann nicht, wenn im Unternehmen die Bereitschaft besteht, diese Zeiten zu überbrücken. Bei einer Beförderung der Klägerin hätte die Beklagte damit rechnen müssen, dass die Stelle jedenfalls vierzehn Wochen nicht besetzt ist und zwar zu einer Zeit, in der die Standortverlagerung durchgeführt wurde. Die Beklagte hat zwar vorgetragen, sie hätte diese Zeit ohne weiteres überbrücken können, zB durch eine kommissarische Besetzung der Stelle. Da aber dieser Vortrag nicht weiter konkretisiert wurde und die Beklagte im Vorfeld ihrer Auswahlentscheidung auch kein Gespräch mit der Klägerin über die Möglichkeiten einer Einarbeitung und Vertretung geführt hatte, spricht dies dafür, dass die Beklagte die Schwangerschaft der Klägerin jedenfalls auch als einen nicht für die Beförderung der Klägerin zu bewertenden Punkt ansah. Im Übrigen bestand für die Beklagte auch dann eine gewisse Planungsunsicherheit, wenn die Klägerin erklärt hatte, sie werde keine Elternzeit nehmen. Denn die Klägerin hatte im Zeitpunkt der Beförderungsentscheidung weiterhin einen Rechtsanspruch auf die Elternzeit.
(eee) Für die Annahme der Kammer, dass auch die Schwangerschaft der Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Grund war, die Klägerin nicht zu befördern, sprechen insbesondere die weiteren Umstände bei der Mitteilung der Nichtbeförderung gegenüber der Klägerin am 13. und 14. Oktober 2005. Denn obwohl die Klägerin offensichtlich für Herrn E. erkennbar die Beförderungsentscheidung nicht verstand, darüber sehr betroffen war und Herrn E. nach den Gründen befragte, beschränkte sich Herr E. auf allgemeine Hinweise, Herr G. habe bessere Leistungen erbracht, was sinngemäß mit der Formel, Herr G. gebe 105% und die Klägerin 95% und gegebenenfalls mit einem Hinweis auf internationale Kundenkontakte zum Ausdruck gebracht wurde. Der Arbeitnehmer hat zwar keinen Anspruch auf eine Begründung der ablehnenden Beförderungsentscheidung. Bei der Klägerin handelte es sich aber auch nach dem Vortrag der Beklagten um eine geschätzte Mitarbeiterin. Herr E. hatte der Klägerin gegenüber eindeutig Hoffnung hinsichtlich der Beförderung gemacht, indem er ihr erklärt hatte, sie habe Chancen, seine Nachfolgerin zu werden, ohne darauf hinzuweisen, dass er dies auch den anderen Mitarbeitern gegenüber geäußert hatte und ohne die Klägerin darauf aufmerksam zu machen, dass er ihre Leistungen schlechter bewerte als die von Herrn G.. Unter Berücksichtigung dieser Umstände wäre aber nach Ansicht der Kammer nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten gewesen, dass der betroffenen Klägerin, die sogar ein weiteres Gespräch suchte, um eine Begründung für die Entscheidung zu erfahren, konkrete Gründe für die Auswahlentscheidung benannt worden wären, wenn diese tatsächlich vorgelegen hätten und nicht die Schwangerschaft bei der Entscheidung, die Klägerin nicht zu befördern, von maßgebender Bedeutung gewesen ist. Für die Mitarbeiterin ist die getroffene Entscheidung besser zu verstehen, wenn ihr eine plausible und auf konkrete Tatsachen bezogene Begründung gegeben wird. Dies musste auch Herr E. erkennen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb Herr E. die Klägerin nicht auf Proporzgesichtspunkte hinwies, wenn diese tatsächlich für die Auswahlentscheidung von Bedeutung gewesen waren. Denn dieser Entscheidungsaspekt wäre für die Klägerin viel weniger verletzend gewesen als der pauschale Hinweis auf ihre schlechteren Leistungen im Verhältnis zu dem Mitkonkurrenten. Die nur allgemein gehaltenen Aussagen des Herrn E. sprechen gerade dafür, dass in dem Abwägungsprozess weder tatsächliche Leistungsunterschiede noch Proporzgesichtspunkte von Bedeutung waren, sondern bereits die Schwangerschaft der Klägerin zu einer Entscheidung gegen deren Beförderung führte. Denn andernfalls hätte Herr E. diese Gründe der Klägerin benennen können, damit sie mit der gesamten Situation besser umgehen kann.
(cc) Gegen die Vermutungswirkung spricht nicht der Umstand, dass die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 23. März 2006 ein Änderungsangebot unterbreitete. Die Klägerin hatte einen bestehenden Arbeitsvertrag. Eine Beendigungskündigung wäre bei einem vorhandenen freien Arbeitsplatz rechtlich nicht möglich gewesen. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte speziell der Klägerin besonders günstige Konditionen in dem Änderungsangebot einräumte. Das Angebot ist dahin zu verstehen, dass die Beklagte generell auf die Arbeitsverhältnisse den für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in München geltenden Tarifvertrag anwenden möchte und dass sich aufgrund der Anwendung dieses Tarifvertrages ein Jahresgehalt von 95.000,00 Euro brutto ergibt. Die Klägerin erhielt auch zuvor bereits eine Bonuszahlung.
(4) Da die Vermutungswirkung nach § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB besteht, obliegt der Beklagten die Darlegungs- und Beweislast, dass ausschließlich nicht auf die Schwangerschaft bezogene sachliche Gründe ihre Auswahlentscheidung gerechtfertigt haben. Die Beklagte muss daher darlegen und beweisen, dass in ihrem Motivbündel bei der Entscheidung, Herrn G. und nicht die Klägerin zu befördern, die Schwangerschaft der Klägerin überhaupt kein Kriterium war (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 44, BAGE 131, 232). Der Vortrag der Beklagten ist nicht geeignet, die Vermutung zu entkräften.
(a) Hierfür genügt nicht der Vortrag, Herr G. sei besser geeignet als die Klägerin. Denn die bessere Eignung eines anderen Bewerbers schließt eine Benachteiligung nicht aus. Nicht nur der bestplazierte Bewerber kann benachteiligt sein, wie gerade die Regelungen von § 611a Abs. 3 BGB, § 61b Abs. 2 Satz 1 ArbGG zeigen. Nach diesen Vorschriften erhalten Bewerber, die auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wären, eine Entschädigung, für die lediglich eine Höchstgrenze der Entschädigung bestimmt worden ist. Eine Benachteiligung liegt auch dann vor, wenn neben der Geschlechtsdiskriminierung auch noch andere Gründe für die Maßnahme maßgeblich waren (BAG 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - Juris-Rn. 68, BAGE 109, 265). Im Übrigen hat die Beklagte auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass Herr G. überhaupt besser geeignet gewesen ist als die Klägerin. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, auf welchen Grundlagen Herr E. zu dem Schluss kam, Herr G. habe im Sinne der Formel 105% : 95% bessere Leistungen als die Klägerin erbracht. Weder werden bessere Arbeitsergebnisse des Herrn G. dargestellt noch wird dargelegt, aufgrund welcher - auch subjektiver Eindrücke - Herr E. von besseren Leistungen des Herrn G. ausging. Bezogen auf die Kundenkontakte hat die Beklagte ebenfalls nicht vorgetragen, weshalb gerade die von Herrn G. betreuten Kunden für sie von größerem Interesse waren als die von der Klägerin betreuten Kunden. Sie hat auch nicht die Überlegungen der Geschäftsführung zu der Auswahlentscheidung substantiiert dargelegt. Der gesamte diesbezügliche Vortrag der Beklagten lässt nicht darauf schließen, die Schwangerschaft der Klägerin habe sich bei der Auswahlentscheidung überhaupt nicht nachteilig für die Klägerin ausgewirkt.
(b) Die von der Beklagten angeführten Proporzgesichtspunkte sind ebenfalls nicht geeignet, die Vermutungswirkung zu entkräften. Ob es sich hierbei um so genannte nachgeschobene Beförderungsbedingungen handelt (vgl. zu nachgeschobenen Anforderungen für die Einstellung BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - BverfGE 89, 276), bedarf keiner Entscheidung. Denn aus dem Vortrag der Beklagten zu der Beachtung von Proporzgesichtspunkten ergibt sich nicht, dass die Schwangerschaft nicht auch als ein für die Klägerin nachteiliges Kriterium bei der Auswahlentscheidung mitberücksichtigt wurde. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte bei der Abwägung, welche Person befördert werden soll, sowohl Proporzgesichtspunkte als auch die Schwangerschaft berücksichtigt hat, nämlich in der Weise, für Herrn G. spricht der Proporz und gegen die Klägerin deren Schwangerschaft. Die Beklagte hat auch nicht substantiiert vorgetragen, es habe eine für sie rechtlich bindende Vorgabe gegeben, bei der Beförderung von Herrn G. zwingend Proporzgesichtspunkte zu beachten und eine Entscheidung, einen Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin von S. und nicht von BMG zu befördern, hätte zu einer Vertragsverletzung im Rahmen des Joint Venture geführt.
d) Die Klägerin hat einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 17.062,50 Euro.
aa) Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen die Art und Schwere der Benachteiligung, der Anlass und der Beweggrund des Handelns sowie das gemeinschaftsrechtliche Erfordernis einer abschreckenden Wirkung der Sanktion (BAG 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - Juris-Rn. 70 mwN, BAGE 109, 265). Auch die Folgen hinsichtlich des Persönlichkeitsrechts und eine etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung sind zu beachten. Wegen des Sanktionszwecks der Norm ist die Höhe auch danach zu bemessen, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Der Arbeitgeber soll von künftigen Diskriminierungen abgehalten werden, wobei die Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 41, NZA 2010, 1129; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 82 mwN, BAGE 129, 181; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 64, NZA 2011, 153 jeweils zu § 15 Abs. 2 AGG).
bb) Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob bei der Bemessung einer Entschädigung nach § 611a Abs. 2 BGB aF anders als bei § 15 Abs. 2 AGG auch materielle Nachteile ausgeglichen werden können (so Fuchs in BeckOK BGB § 611a Rn. 41 Stand 1. Februar 2006; Annuss NZA 1999, 738, 742). Denn jedenfalls rechtfertigen die immateriellen Schäden der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von jedenfalls 17.062,50 Euro. Dieser Betrag liegt unter eineinhalb Bruttomonatsentgelten, die sie auf der Beförderungsstelle verdient hätte. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie bei Erhalt der Beförderungsstelle ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von 11.493,33 Euro erzielt hätte. Ein geringerer Betrag als der, der vom Arbeitsgericht zugesprochen worden ist, wäre nicht mehr angemessen. Ein höherer Betrag kann der Klägerin bereits deshalb nicht zugesprochen werden, weil sie gegen das Urteil des Arbeitsgerichts keine Berufung eingelegt hat (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 483/09 - Rn. 41, NZA 2011, 689).
(1) Bei der Bemessung der Entschädigungshöhe ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine unmittelbare Benachteiligung gehandelt hat. Eine solche wiegt schwerer als eine mittelbare Benachteiligung (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - Rn. 43, NZA 2010, 1129). Ferner ist von einem vorsätzlichen und nicht nur fahrlässigen Verhalten der Beklagten bei der Benachteiligung auszugehen. Die Diskriminierung betraf auch die Klägerin direkt als Person und kam nicht nur in der Verletzung von Formvorschriften abstrakt zum Ausdruck. Die Folgen für die Klägerin sind erheblich. Ihre Chance auf einen beruflichen Aufstieg, die damit verbundene berufliche Weiterentwicklung und die Steigerung des sozialen Ansehens sind beeinträchtigt worden. Es stellt auch eine besondere Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar, wenn, wie hier, der Arbeitgeber, der einer Arbeitnehmerin schon Hoffnungen auf eine Beförderung gemacht hatte, bei seiner Entscheidung, die Arbeitnehmerin nicht zu befördern, auch die Schwangerschaft als ein Kriterium berücksichtigt. Damit wird der Arbeitnehmerin nämlich vor Augen geführt, dass sie gerade auch wegen ihrer Schwangerschaft berufliche Nachteile erleidet. Die Beklagte hat sich bei der Klägerin weder entschuldigt noch hat sie ihr eine Genugtuung zukommen lassen.
(2) Unter weiterer Berücksichtigung des Sanktionszwecks ist eine Entschädigung in der Größenordnung von etwa eineinhalb Bruttomonatsverdiensten der Beförderungsstelle angemessen, um die Beklagte in Zukunft von Benachteiligungen abzuhalten und um die immateriellen Schäden der Klägerin auszugleichen. Eine Orientierung der Entschädigungshöhe an dem Bruttomonatsverdienst der Beförderungsstelle ist möglich. Das Bruttomonatsentgelt kann geeigneter Maßstab bei der Festlegung der Entschädigungshöhe im Zusammenhang mit Nichteinstellungen und Nichtbeförderungen sein (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - Rn. 84, BAGE 129, 181 zu § 15 Abs. 2 AGG und zur Nichteinstellung). Bereits der Gesetzgeber hat durch die Bestimmung in § 611a Abs. 3 BGB aF zum Ausdruck gebracht, dass der Monatsverdienst, den der Bewerber bei regelmäßiger Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis hätte begründet werden sollen, an Geld- und Sachbezügen zugestanden hätte, bei der Festsetzung der Entschädigungshöhe von Bedeutung ist. In der Höhe des Verdienstes kann zudem die Wertschätzung des Arbeitgebers für den Stelleninhaber zum Ausdruck kommen, ferner ist die Verdiensthöhe durchaus auch für das soziale Ansehen bedeutungsvoll.
(3) Die Entschädigungshöhe ist hier auch nicht auf drei Differenzbeträge zwischen der von der Klägerin auf ihrer bisherigen Stelle erzielten Vergütung und der Vergütung, die sie bei einer Beförderung erhalten hätte, zu begrenzen.
(a) Den Bestimmungen in § 611a Abs. 3 und Abs. 5 BGB aF ist nicht zu entnehmen, dass die Entschädigung in dem Fall, in dem der Bewerber um einen beruflichen Aufstieg auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht befördert worden wäre, auf den dreifachen Unterschiedsbetrag der Vergütung begrenzt wird. Dies ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Aus der in § 611a Abs. 5 BGB angeordneten entsprechenden Geltung der Absätze 2 bis 4 für die Fälle des beruflichen Aufstiegs kann eine Begrenzung auf den dreifachen Unterschiedsbetrag nicht hergeleitet werden. § 611a Abs. 3 BGB gilt vielmehr im Fall der Nichtbeförderung gerade dann entsprechend, wenn die Entschädigungshöhe auch in diesem Fall lediglich auf drei Monatsverdienste beschränkt wird. Da die Entschädigung jedenfalls auch den immateriellen Schaden der Benachteiligung ausgleichen will, ist eine Begrenzung auf die dreifache Vergütungsdifferenz nicht gerechtfertigt. Denn die Persönlichkeitsrechtsverletzung muss im Fall der Auswahl bei Aufstiegsentscheidungen keine geringere sein als bei einer nicht erfolgten erstmaligen Einstellung (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 61, NZA 2011, 153 zu § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG).
(b) Im Übrigen hat die Beklagte vorliegend nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 611a Abs. 3 BGB aF überhaupt vorliegen, die Klägerin also auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht befördert worden wäre. Die Klägerin hat sich darauf berufen, sie sei die am besten geeignete Bewerberin gewesen und wäre, wenn sie nicht schwanger geworden wäre, befördert worden. Ist der Entschädigungsanspruch nach § 611a Abs. 2 BGB aF dem Grunde nach gegeben, dann hat der Arbeitgeber die für ihn günstigere Tatsache zu beweisen, dass der Bewerber oder die Bewerberin auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt bzw. befördert worden wäre und damit die in § 611a Abs. 3 BGB aF festgelegte Höchstgrenze für die Entschädigung zum Tragen kommt (vgl. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 36, Slg. 1997, I-2195; BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 67, NZA 2010, 1412; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 62, NZA 2011, 153, die BAG-Entscheidungen jeweils zu § 15 Abs. 2 AGG). Durch § 611a Abs. 3 BGB aF wird von dem in § 611a Abs. 2 BGB aF aufgestellten Grundsatz, dass die Höhe der Entschädigung nur durch das Kriterium der Angemessenheit begrenzt wird, eine Ausnahme zugunsten des Arbeitgebers geschaffen. Die Beklagte hat hier nicht substantiiert vorgetragen, die Klägerin wäre auch ohne Schwangerschaft nicht befördert worden. Wie bereits ausgeführt, hat sie weder nachvollziehbar vorgetragen, dass Herr G. bessere Leistungen als die Klägerin erbracht oder über für die Beklagte wichtigere Kundenkontakte verfügt hatte noch hat sie vorgetragen, sie sei rechtlich verpflichtet gewesen, Proporzgesichtspunkte zu berücksichtigen. Sie hat auch nicht plausibel dargestellt, dass Proporzgesichtspunkte unter weiterer Berücksichtigung von Leistungsgesichtspunkten im Fall, dass die Klägerin nicht schwanger geworden wäre, ebenfalls zu einer Beförderung von Herrn G. geführt hätten. Ohne eine rechtliche Verpflichtung, Proporzgesichtspunkte zu beachten, ist nicht nachvollziehbar, wenn auch noch mehrere Monate nach der Verschmelzung bei der Besetzung von Hauptabteilungsleiterstellen nicht maßgebend auf Leistungsgesichtspunkte abgestellt wird, sondern ein schlechter qualifizierter Mitarbeiter befördert wird, um den Proporz herzustellen. Die Beklagte hat, wie bereits ausgeführt, die von Herrn G. erbrachten Leistungen bzw. seine Kundenkontakte im Verhältnis zu den Leistungen der Klägerin und deren Kundenkontakten, die für ihre Beförderungsentscheidung maßgebend waren, aber nicht näher dargestellt.
3. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
III. Die Beklagte hat als unterlegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Davon umfasst sind die Kosten ihrer erfolglosen Berufung und die Kosten der Revisionsverfahren, §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Die Zulassung der Revision kam gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht in Betracht. Es handelt sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung. Die hier grundsätzlichen rechtlichen Fragen sind bereits vom Bundesarbeitsgericht entschieden worden. Eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ist nicht erkennbar.