: Einstweilige Verfügung - Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG
ArbG Köln, Beschluss vom 3.3.2008 - 1 Ga 28/08
LEITSÄTZE:
1. Der Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG kann grundsätzlich auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden.
2. An einem hierfür erforderlichen Verfügungsanspruch fehlt es aber im Falle eines nicht ordnungsgemäßen Widerspruchs des Betriebsrats gegen die Kündigung.
3. Die Regelung des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG entbindet den Arbeitnehmer nicht davon, im einstweiligen Verfügungsverfahren - gerichtet auf (vorläufige) Weiterbeschäftigung - einen Verfügungsgrund darzulegen und glaubhaft zu machen (wie LAG Köln, Urteil vom 18.01.1984 - 7 Sa 1156/83, NZA 1984, 57; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.08.1993 - 15 Sa 35/93, LAGE § 102 BetrVG 1972 Beschäftigungspflicht Nr. 20; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.09.2005 - 9 Sa 561/05, zitiert nach juris; gegen LAG Hamburg, Urteil vom 14.09.1992 - 2 Sa 50/92, LAGE § 102 BetrVG 1972 Beschäftigungspflicht Nr. 10; LAG Köln, Beschluss vom 02.08.1984 - 5 Ta 133/84, NZA 1984, 300).
4. Zur Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ist es deshalb nicht ausreichend, dass der Arbeitnehmer darauf verweist, dass mit jedem Tag der Nichterfüllung sein Beschäftigungsanspruch erlösche und er durch eine Beschäftigungsverfügung wirksam vor der Vereitelung seines Anspruchs geschützt werden könne. Vielmehr muss die einseitig verfügte Maßnahme zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen dringend erforderlich sein. Ein schwerer Nachteil liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Nichterfüllung Beeinträchtigungen erleiden würde, die über sein bloßes Interesse an der rechtzeitigen Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs hinausgehen.
5. Der Gegenstandswert für ein (vorläufiges) Weiterbeschäftigungsbegehren ist regelmäßig mit einem Bruttomonatsverdienst zu bemessen (im Anschluss an LAG Köln, Beschluss vom 16.10.2007 - 9 Ta 298/07, zitiert nach juris, zu II. 2. a) dd) der Gründe m.w. Nachw.).
BetrVG § 102 Abs. 3 Nr. 1 und 3, Abs. 5 Satz 1; ZPO §§ 935, 940
Sachverhalt:
I. Der Antragsteller begehrt mit seiner am 26.02.2008 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Antragsschrift vom 25.02.2008, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Arbeitsgericht Köln unter dem Aktenzeichen - 2 Ca 9677/07 - anhängigen Kündigungsschutzverfahrens als Mitarbeiter in der technisch/gra-fischen Abteilung zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen, hilfsweise der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Kündigungsschutzverfahrens auf einem mit der Tätigkeit in der technisch/grafischen Abteilung gleichwertigen Arbeitsplatz zu im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Zur Begründung führt der Antragsteller im Wesentlichen aus, er sei seit dem 01.01.1989 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftige, als Mitarbeiter in der technischen/grafischen Abteilung auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 01.01.1989 zu einem Bruttomonatsverdienst in Höhe von 4.210,86 € tätig. Im Oktober 2007 habe die Antragsgegnerin beschlossen, ihm eine Änderungskündigung ausgesprochen. Hierzu habe sie den bei ihr bestehenden Betriebsrat mit Schreiben vom 22.10.2007, diesem zugegangen am 23.12.2007, angehört, in dem sie die Kündigung damit begründet habe, dass sie beschlossen habe, die Grafikabteilung zum 31.12.2007 zu schließen, wodurch sein Arbeitsplatz entfalle. Eine Sozialauswahl sei entbehrlich, da er mit anderen Mitarbeitern nicht vergleichbar sei. Mit Schreiben vom 30.10.2007, das der Antragsgegnerin am selben Tag zugegangen sei, habe der Betriebsrat der Kündigung mit der Begründung widersprochen, er, der Antragsteller, sei mit anderen Arbeitnehmern in anderen Abteilungen vergleichbar, so dass eine Sozialauswahl durchzuführen sei. Von diesen vergleichbaren Arbeitnehmern verfügten einige über weniger Sozialpunkte als er, der Antragsteller, und seien deshalb weniger sozial schutzwürdig. Dies gelte insbesondere für die Mitarbeiter im Sekretariat der Abteilung Services und die Sachbearbeiter in der Abteilung Einkauf. Zudem gebe es andere Beschäftigungsmöglichkeiten, weil bestimmte Mitarbeiter nur befristet bis zum 31.12.2007 beschäftigt gewesen seien.
Mit Schreiben vom 31.10.2007 habe ihm die Antragsgegnerin eine Änderungskündigung zum 30.04.2008 ausgesprochen und ihm für das auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.05.2008 als Pförtner in der Zentralverwaltung des Landschaftsverbandes Rheinland gerichtete Änderungsangebot eine Annahmefrist bis zum 21.11.2007 gesetzt. Er habe das Änderungsangebot nicht angenommen und mit Schriftsatz vom 14.11.2007 beim Arbeitsgericht Köln Kündigungsschutzklage erhoben sowie seine Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG geltend gemacht. Die Güteverhandlung in diesem Verfahren, das unter dem Aktenzeichen - 2 Ca 9677/07 - anhängig sei, habe am 04.01.2008 stattgefunden. Sie sei erfolglos geblieben. Der Kammertermin sei auf dem 23.05.2008 bestimmt worden. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin habe im Gütetermin erklärt, es bestünden keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Sozialauswahl sei ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Der Antragsteller ist der Meinung, es bestehe ein Verfügungsanspruch, da der Betriebsrat der Antragsgegnerin der Änderungskündigung frist- und formgerecht widersprochen habe. Der Anspruch sei nicht wegen zwischenzeitlich eingetretener Unmöglichkeit erloschen, da - so behauptet der Antragsteller - der Grafikbereich bislang nicht stillgelegt worden sei. Jedenfalls müsse er seiner Ansicht nach auf einem gleichwertigen anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden. Die Darlegung eines besonderen Verfügungsgrundes hält der Antragsteller bei einem Antrag nach § 102 Abs. 5 BetrVG nicht für erforderlich.
Der Antragsteller beantragt,
1. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Arbeitsgericht Köln unter dem Aktenzeichen - 2 Ca 9677/07 - anhängigen Kündigungsschutzverfahrens als Mitarbeiter in der technisch/grafischen Abteilung zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen
2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Arbeitsgericht Köln unter dem Aktenzeichen - 2 Ca 9677/07 - anhängigen Kündigungsschutzverfahrens auf einem mit der Tätigkeit in der technisch/grafischen Abteilung gleichwertigen Arbeitsplatz zu im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Antragsschrift vom 25.02.2008 nebst Anlagen Bezug genommen.
Aus den Gründen:
II. Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag sind jeweils zulässig, aber unbegründet.
Der Antragsteller kann nicht verlangen, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wird, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen - 2 Ca 9677/07 - anhängigen Kündigungsschutzverfahrens entweder als Mitarbeiter in der technisch/grafischen Abteilung zu unveränderten Arbeitsbedingungen oder auf einem mit dieser Tätigkeit gleichwertigen Arbeitsplatz zu im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Durchsetzung des sich aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG zu Gunsten des Arbeitnehmers ergebenden Weiterbeschäftigungsanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung wird zwar nach überwiegender Ansicht in der Rechtsprechung und in der Literatur grundsätzlich für möglich gehalten (siehe die zahlr. Nachw. bei Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 23. Aufl. 2003, § 102 Rdnr. 116).
1. Im Streitfall fehlt es aber bereits an einem „ordnungsgemäßen" Widerspruch des Betriebsrats i.S. von § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG und damit am Bestehen eines Verfügungsanspruchs.
a) Nach ständiger Rechtsprechung kommt ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gemäß § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG u.a. nur dann in Betracht, wenn der Betriebsrat seinen Widerspruch gegen die Kündigung ordnungsgemäß begründet hat (vgl. BAG, Urteil vom 17.06.1999 - 2 AZR 608/98, AP Nr. 11 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung, zu II. 2. b) bb) der Gründe; BAG, Urteil vom 09.07.2003 - 5 AZR 305/02, AP Nr. 14 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung, zu I. 2. a) der Gründe).
aa) Gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat der Kündigung widersprechen, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Ein ordnungsgemäßer Widerspruch setzt insoweit nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.07.2003 voraus, dass der Betriebsrat aufzeigt, welcher vom Arbeitgeber bei der sozialen Auswahl nicht berücksichtigte Arbeitnehmer sozial weniger schutzwürdig ist. Dies gilt unabhängig vom Umfang der Mitteilung des Arbeitgebers nach § 102 Abs. 1 BetrVG (BAG, Urteil vom 09.07.2003 - 5 AZR 305/02, AP Nr. 14 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung, zu I 2. b) der Gründe). Auch wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat keine Sozialdaten anderer Arbeitnehmer mitteilt, weil er der Meinung ist, es gebe keine vergleichbaren Arbeitnehmer, hat der Betriebsrat im Widerspruch nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG darzulegen, warum die vom Arbeitgeber getroffene soziale Auswahl fehlerhaft sei (BAG, Urteil vom 09.07.2003 - 5 AZR 305/02, a.a.O.).
Macht der Betriebsrat mit seinem Widerspruch geltend, der Arbeitgeber habe zu Unrecht Arbeitnehmer nicht in die soziale Auswahl einbezogen, müssen diese Arbeitnehmer vom Betriebsrat entweder konkret benannt oder anhand abstrakter Merkmale aus dem Widerspruchsschreiben bestimmbar sein (BAG, Urteil vom 09.07.2003 - 5 AZR 305/02, a.a.O.). Dies folgt aus dem Regelungszusammenhang von § 102 Abs. 3 Nr. 1 mit § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Das Arbeitsgericht kann den Arbeitgeber nur dann im Wege der einstweiligen Verfügung von der Weiterbeschäftigungspflicht wegen eines offensichtlich unwirksamen Widerspruchs nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG entbinden, wenn sich aus dem Widerspruch des Betriebsrats hinreichend deutlich ergibt, welche Arbeitnehmer im Hinblick auf ihre soziale Schutzwürdigkeit zu vergleichen sein sollen. Den hierfür erforderlichen Sachvortrag kann der Arbeitgeber nur leisten, wenn der oder die nach Auffassung des Betriebsrats weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer jedenfalls identifizierbar sind (BAG, Urteil vom 09.07.2003 - 5 AZR 305/02, a.a.O.).
Zur Begründung des Widerspruchs nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG ist weiter erforderlich, dass der Betriebsrat plausibel darlegt, warum ein anderer Arbeitnehmer sozial weniger schutzwürdig sei. Hierzu sind zwar nicht die einzelnen Sozialdaten i.S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG aufzuführen. Der Betriebsrat hat aber aufzuzeigen, welche Gründe aus seiner Sicht zu einer anderen Bewertung der sozialen Schutzwürdigkeit führen (BAG, Urteil vom 09.07.2003 - 5 AZR 305/02, a.a.O.).
bb) Für einen ordnungsgemäßen Widerspruch des Betriebsrats nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG, wonach der Betriebsrat der Kündigung widersprechen kann, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, reicht es nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.06.1999 zur Begründung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG nicht aus, wenn der Betriebsrat nur allgemein auf eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens verweist (BAG, Urteil vom 17.06.1999 - 2 AZR 608/98, AP Nr. 11 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung, Leitsatz 1 und zu II. 2. b) cc) der Gründe). Nicht erforderlich ist zwar, dass der Betriebsrat im Widerspruchsverfahren Tatsachen angibt, die schlüssig einen Widerspruchsgrund i.S. von § 102 Abs. 3 BetrVG ergeben. Ein rein spekulativer Widerspruch in dem Sinne, es sei im Betrieb irgendeine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden, reicht allerdings nicht aus. Dem Betriebsrat ist vielmehr ein Mindestmaß an konkreter Argumentation abzuverlangen. Der Betriebsrat muss konkret darlegen, auf welchem freien Arbeitsplatz eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in Betracht kommt. Hierbei muss der Arbeitsplatz in bestimmbarer Weise angegeben und der Bereich bezeichnet werden, in dem der Arbeitnehmer anderweitig beschäftigt werden kann (BAG, Urteil vom 17.06.1999 - 2 AZR 608/98, a.a.O.)
b) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erweist sich der Widerspruch des Betriebsrats vom 30.10.2007 gegen die Kündigung des Antragstellers als nicht ordnungsgemäß.
aa) Ausweislich des als Anlage AS 4 zur Antragsschrift eingereichten Schreibens vom 30.10.2007 stützt der Betriebsrat seinen Widerspruch gegen die Kündigung des Antragstellers auf § 102 Abs. 3 Nr. 1 und 3 BetrVG mit folgender Begründung: „Wir beziehen uns auf die von Ihnen durchgeführte Sozialauswahl und sehen hier sehr wohl eine Vergleichbarkeit mit anderen Mitarbeitern in anderen Abteilungen als gegeben an. Daher ist die Sozialauswahl nicht korrekt durchgeführt worden, weil Mitarbeiter aus anderen Abteilungen z.B. Services hier Sekretariat und Einkauf hier Sachbearbeiter im Punktewert weniger schutzwürdig sind und Herr E daher vorrangig zu behandeln ist. Des weiteren gehen wir von anderen Beschäftigungsmöglichkeiten im Sinne des § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG aus. Nach unserem Kenntnisstand gibt es Mitarbeiter, die befristet beschäftigt sind."
bb) Hinsichtlich des Widerspruchsgrundes der Nr. 1 von § 102 Abs. 3 BetrVG wurden vom Betriebsrat im Widerspruchsschreiben vom 30.10.2007 keine Arbeitnehmer konkret benannt, die mit dem Antragsteller vergleichbarer und ihm gegenüber sozial weniger schutzwürdig sein sollen. Ebenso wenig wurde vom Betriebsrat im Widerspruchsschreiben konkret aufgezeigt, welche Gründe aus seiner Sicht zu einer anderen Bewertung der sozialen Schutzwürdigkeit führen sollen. Der Betriebsrat verweist vielmehr pauschal auf die Abteilungen Services und Einkauf, ohne in dem Widerspruchsschreiben näher zu bezeichnen und aufzuzeigen, weshalb die dort beschäftigten Arbeitnehmer sozial weniger schutzwürdig sein sollen.
cc) Hinsichtlich des Widerspruchsgrundes der Nr. 3 von § 102 Abs. 3 BetrVG verweist der Betriebsrat lediglich pauschal auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten und Mitarbeiter, die seiner Kenntnis nach befristet beschäftigt sein sollen. Um welche konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten und befristet beschäftigte Arbeitnehmer es sich hierbei handeln soll, wird vom Betriebsrat aber nicht mitgeteilt. Die Widerspruchsbegründung des Betriebsrats geht damit nicht einmal ansatzweise auf den Einzelfall des Antragstellers ein und argumentiert letztlich nur mit Mutmaßungen. Insoweit ist der Widerspruch rein ins Blaue hinein erhoben worden und genügt somit nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG.
2. Selbst wenn den vorangegangenen Ausführungen nicht gefolgt werden sollte, fehlte es an einem für den Erlass einer einstweiligen Verfügung weiterhin erforderlichen Verfügungsgrund.
a) Uneinigkeit besteht darüber, ob für den Erlass einer auf (vorläufige) Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers während eines Kündigungsschutzprozesses gerichteten einstweiligen Verfügung die besonderen Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO gegeben sein müssen. Teilweise wird angenommen, der Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG könne gerichtlich im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, ohne dass es der Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes bedürfe (LAG Hamburg, Urteil vom 14.09.1992 - 2 Sa 50/92, LAGE § 102 BetrVG 1972 Beschäftigungspflicht Nr. 10; LAG Köln, Beschluss vom 02.08.1984 - 5 Ta 133/84, NZA 1984, 300; wohl auch Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 23. Aufl. 2003, § 102 Rdnr. 116). Einer anderen Ansicht zufolge könne auch im Eilverfahren bei der (vorläufigen) Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG nicht von der Prüfung des Vorliegens eines Verfügungsanspruchs abgesehen werden (LAG Köln, Urteil vom 18.01.1984 - 7 Sa 1156/83, NZA 1984, 57; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.08.1993 - 15 Sa 35/93, LAGE § 102 BetrVG 1972 Beschäftigungspflicht Nr. 20; LAG München, Urteil vom 10.02.1994 - 5 Sa 969/93, zitiert nach juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.09.2005 - 9 Sa 561/05, zitiert nach juris; ArbG Leipzig, Urteil vom 07.06.2006 - 17 Ga 25/06, zitiert nach juris).
b) Der letzteren Auffassung schließt sich die erkennende Kammer aus folgenden Gründen an:
Zu berücksichtigen ist zunächst, dass es sich bei der vom Antragsteller begehrten - auf (vorläufige) Weiterbeschäftigung gerichteten - einstweiligen Verfügung um eine sog. Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung i.S. von § 940 ZPO handelt. Wenngleich diese gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist, weil gemäß §§ 935, 940 ZPO grundsätzlich nur sog. Sicherungs- und Regelungsverfügungen zur einstweiligen Sicherung des Verfügungsanspruchs zulässig sind, kommt sie im Interesse eines umfassenden und effektiven Rechtsschutzes ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sie die einzige wirksame Möglichkeit ist, das Recht des Gläubigers durchzusetzen bzw. diesen vor der Rechtsvereitelung zu schützen. Dabei ist andererseits auch zu beachten, dass das rechtsstaatliche Gebot des umfassenden und effektiven Rechtsschutzes nicht nur für den Gläubiger, sondern auch für den Schuldner des Verfügungsanspruchs gilt. Dieses rechtsstaatliche Gebot muss insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn die Vollziehung der Befriedigungsverfügung ebenso irreversible Verhältnisse schafft, wie ihre Verweigerung, zumal im rein summarischen einstweiligen Verfügungsverfahren die Gefahr der Minderung des Rechtsschutzes des Schuldners besteht. Angesichts dessen ist auch dann, wenn die Befriedungsverfügung die einzige wirksame Möglichkeit ist, das Recht des Gläubigers durchzusetzen bzw. diesen vor der Rechtsvereitelung zu schützen, ein Verfügungsgrund nur gegeben, wenn die Verweigerung der Befriedigungsverfügung eine rechtsstaatswidrige Rechtsschutzverweigerung wäre. Entscheidend ist insoweit eine Interessenabwägung auf der Grundlage des Rechtsstaatsprinzips.
Diese Erwägungen gelten in gleicher Weise bei einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Denn auch eine solche „Weiterbeschäftigungsverfügung" ist eine Befriedigungsverfügung, weil sie auf die jedenfalls einstweilige Befriedigung des Gläubigers durch die Erfüllung des von ihm geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruchs ist. Eine Ausnahme von den grundsätzlichen Anforderungen an den Verfügungsgrund für eine Befriedigungsverfügung ist nicht angezeigt. Zwar ist bei der Prüfung eines Verfügungsanspruchs für eine Befriedigungsverfügung zur Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG stets durchaus zu beachten, dass dieser Weiterbeschäftigungsanspruch in der Tat gerade dem vorläufigen Rechtsschutz des Arbeitnehmers dient und dieser Rechtsschutz nur durch die Entbindung des Arbeitgebers von der Weiterbeschäftigungspflicht gemäß § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG ausgeschlossen werden kann. Dies ändert indes nichts daran, dass der Verfügungsgrund in jedem Einzelfall den eben im Einzelnen genannten grundsätzlichen Anforderungen entsprechen muss.
Zur Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ist es nach alledem nicht ausreichend, dass der Arbeitnehmer darauf verweist, dass mit jedem Tag der Nichterfüllung sein Beschäftigungsanspruch erlösche und er durch eine Beschäftigungsverfügung wirksam vor der Vereitelung seines Anspruchs geschützt werden könne. Vielmehr muss die einseitig verfügte Maßnahme zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen dringend erforderlich sein. Ein schwerer Nachteil liegt nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Nichterfüllung Beeinträchtigungen erleiden würde, die über sein bloßes Interesse an der rechtzeitigen Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs hinausgehen (so zu Recht ArbG Leipzig, Urteil vom 07.06.2006 - 17 Ga 25/06, zitiert nach juris).
c) Das Vorliegen der letzteren Voraussetzungen ist hier aber weder vom Antragsteller konkret dargetan worden noch in sonstiger Weise erkennbar.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf entsprechender Anwendung von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, §§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG, wobei für die Festsetzung des Streitwerts entgegen der Auffassung des Antragstellers am Ende der Antragsschrift nicht zwei Bruttomonatsverdienste maßgebend waren, sondern nur ein Bruttomonatsverdienst. Denn nach neuerer Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer vollinhaltlich anschließt, ist der Gegenstandswert für eine Klage auf Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits regelmäßig nur mit einem Monatsbezug zu bemessen (siehe etwa LAG Köln, Beschluss vom 16.10.2007 - 9 Ta 298/07, zitiert nach juris, zu II. 2. a) dd) der Gründe unter Hinweis auf LAG Köln, Beschluss vom 18.12.2001 - 13 Ta 303/01; LAG Köln, Beschluss vom 27.04.2005 - 11 Ta 7/05; LAG Köln, Beschluss vom 13.01.2006 - 5 Ta 460/05).