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Arbeitsrecht
04.09.2014
Arbeitsrecht
LAG Nürnberg: Einstellung – keine Verfahrensbeendigung wegen deklaratorischem Charakter

LAG Nürnberg, Beschluss vom 20.8.2014 – 2 TaBV 5/14

Amtlicher Leitsatz

Einstellungsbeschlüsse nach §§ 81 Abs. 2, 83a Abs. 2 und 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG sind keine verfahrensbeendenden Beschlüsse im Sinne von §§ 85 bzw. 91 ZPO, sondern Beschlüsse im Sinne von §§ 83 Abs. 5 bzw. 90 Abs. 3 ArbGG. Sie haben lediglich deklaratorischen Charakter. Gegen Einstellungsbeschlüsse des Landesarbeitsgerichts findet daher kein Rechtsmittel statt (§ 90 Abs. 3 ArbGG).

Aus den Gründen

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 19.08.2014 die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 09.01.2014 – 6 BV 31/13 zurückgenommen. Daher war das Verfahren nach § 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG vom Vorsitzenden einzustellen.

1. Die Rücknahme war wirksam.

Sie erfolgte zwar erst nach Verkündung der Beschwerdeentscheidung am 16.07.2014. Nach § 89 Abs. 4 Satz 1 ArbGG ist eine Rücknahme der Beschwerde jedoch jederzeit möglich, und damit auch nach Verkündung der Entscheidung des Gerichts über die Beschwerde, solange noch keine Rechtskraft eingetreten oder gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt worden ist (GMP/Matthes/Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 55; GK-ArbGG/Dörner, § 89 ArbGG Rn. 58; GWBG/Greiner, 8. Aufl., 2014, § 89 ArbGG, Rn 18).

Die Beschwerde ist auch in der für die Einlegung vorgeschriebenen Form erfolgt durch Einreichung eines von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schriftsatzes beim Landesarbeitsgericht (§ 89 Abs. 4 Satz 1 iVm Abs. 1 und § 11 Abs. 4 ArbGG).

Einer Zustimmung der übrigen Beteiligten bedurfte die Rücknahme der Beschwerde nicht (GMP/Matthes/Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 57; Düwell/Lipke/Oesterle § 89 ArbGG Rn 28).

2. Die Rücknahme der Beschwerde hat den Verlust des Rechtsmittels zu Folge. Dies war ebenfalls durch Beschluss von Amts wegen gem. §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO auszusprechen (GWBG/Greiner, 8. Aufl., 2014, § 89 ArbGG, Rn 18; GMP/Matthes/ Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 60). Die ergangene Beschwerdeentscheidung ist damit wirkungslos, der erstinstanzliche Beschluss bleibt jedoch bestehen (GWBG/Greiner, 8. Aufl., 2014, § 89 ArbGG, Rn 18).

3. Eine Entscheidung über Kosten ergeht im Beschlussverfahren nicht. Dies gilt auch für den Einstellungsbeschluss nach § 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG (GMP/Matthes/Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 60;

4. Einer Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es nicht. Eine solche wäre nur bei einem verfahrensbeendenden Beschluss nach § 91 ArbGG gem. §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 3a ArbGG notwendig. Der vorliegende Einstellungsbeschluss stellt aber keinen solchen Beschluss dar (GWBG/Greiner, 8. Aufl., 2014, § 89 ArbGG, Rn 22, a.A. allerdings die hM, z.B: ErfK/Koch, 14. Aufl., § 89 ArbGG Rn 7; Schwab/Weth/Busemann, ArbGG, 3. Aufl., § 89 ArbGG, Rn 54; GMP/Matthes/ Schlewing, 8. Aufl., 2013, § 89 ArbGG Rn. 59; GK-ArbGG/Dörner, § 89 ArbGG Rn. 59 allesamt unter Berufung auf LAG Rheinland-Pfalz vom 25.06.1982 – 6 TaBV 10/82).

Verfahrensbeendende Beschlüsse sind vielmehr nur die Beschlüsse gemäß §§ 84 bzw. 91 ArbGG, die dem Urteil im Urteilsverfahren entsprechen, die Beschlüsse über Anträge auf Erlass von einstweiligen Verfügungen gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG und die Beschlüsse über die Besetzung von Einigungsstellen gemäß § 98 ArbGG. Hierfür spricht bereits, dass mit Ausnahme des besonders eiligen Einigungsstellenbesetzungsverfahrens nach § 98 ArbGG alle diese Beschlüsse durch die Kammer ergehen, während die Beschlüsse über die Einstellung des Verfahrens gemäß §§ 81 Abs. 2, 83 a Abs. 2 und 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG durch den Vorsitzenden allein erlassen werden. Schon dies stellt eine Parallele zu den meisten nach §§ 83 Abs. 5 bzw. 90 Abs. 3 ArbGG ergehenden sonstigen Beschlüssen dar.

Außerdem erfolgt die Einstellung des Verfahrens in den Fällen der §§ 81 Abs. 2, 83 a Abs. 2 und 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG von Amts wegen. Mit dem Einstellungsbeschluss ist auch keine eigene Entscheidung des Gerichts verbunden, ihm kommt lediglich eine formal verfahrensbeendende Funktion zu. Inhaltlich wird der dem Beschlussverfahren zu Grunde liegende Streit nicht entschieden. Im Gegenteil: Die Beteiligten wollen dies mit Antragsrücknahme, Erledigterklärung oder Beschwerderücknahme gerade vermeiden. Der Vorsitzende hat beim Einstellungsbeschluss keinerlei Spielraum.

Es erscheint auch nicht sinnvoll, bei einer Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Einstellungsbeschluss, der keinerlei Sachentscheidung enthält, den gesamten Streitstoff in die zweite Instanz zu hieven, ohne die Möglichkeit der Zurückverweisung (§ 91 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).

Auch die Tatsache, dass der Einstellungsbeschluss den Beteiligten nicht förmlich zuzustellen, sondern ihnen gemäß §§ 81 Abs. 2 Satz 3, 83a Abs. 2 Satz 2 und 89 Abs. 4 Satz 3 ArbGG nur zur Kenntnis zu geben ist, zeigt, dass der Einstellungsbeschluss kein das Verfahren beendender Beschluss ist, der nur innerhalb einer durch förmliche Zustellung in Gang gesetzten Frist nach §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 bzw. 92 Abs. 2, 74 Abs. 1 ArbGG angefochten werden kann. Ansonsten wären die §§ 81 Abs. 2 Satz 3, 83a Abs. 2 Satz 2 und 89 Abs. 4 Satz 3 ArbGG überflüssig.

5. Im Ergebnis handelt es sich daher bei den Einstellungsbeschlüssen nach §§ 81 Abs. 2, 83 a Abs. 2 und 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG nicht um verfahrensbeendende Beschlüsse im Sinne von §§ 85 bzw. 91 ArbGG, sondern um solche nach §§ 83 Abs. 5 bzw. 90 Abs. 3 ArbGG mit lediglich deklaratorischem Charakter. (vgl. LAG Hamm vom 21.09.1999 – 13 TaBV 53/99 für die erstinstanzlichen Einstellungsbeschlüsse gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 ArbGG bei der Antragsrücknahme und gemäß § 83 a Abs. 2 ArbGG bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen; LAG Hessen vom 24.01.1984 – 4 TaBV 82/83). Solche Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts sind nicht anfechtbar (§ 90 Abs. 3 ArbGG).

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