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Arbeitsrecht
12.05.2022
Arbeitsrecht
LAG Baden-Württemberg: Einigungsstelle – offensichtliche Unzuständigkeit – Interessenausgleich – Sozialplan – Stilllegung – Betriebsteilübergang

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 9.3.2022 – 19 TaBV 1/22

Volltext: BB-Online BBL2022-1140-3

Leitsätze

1. Die nach § 112 Abs. 2 BetrVG für den Versuch eines Interessenausgleichs einzusetzende Einigungsstelle ist offensichtlich unzuständig (§ 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG), wenn der Unternehmer eine Einschränkung oder Stilllegung eines Betriebsteils durch den Ausspruch von Kündigungen bereits durchgeführt hat; er hat damit vollendete Tatsachen geschaffen, die er nicht mehr einseitig rückgängig machen kann.

2. Die für den Abschluss eines Sozialplans nach den §§ 112 Abs. 2, Abs. 4 i.V. mit 111 BetrVG einzusetzende Einigungsstelle ist offensichtlich unzuständig, wenn von der Stilllegung (§ 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG) kein wesentlicher Betriebsteil betroffen ist. Das richtet sich bei einem Personalabbau danach, ob hinsichtlich des Betriebsteils die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG erreicht werden.

3. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle liegt auch dann vor, wenn ein in diesem Sinne wesentlicher Betriebsteil nicht stillgelegt, sondern nur eingeschränkt wird und der Personalabbau selbst die Zahlengrößen des § 17 Abs. 1 KSchG bezogen auf den Betrieb nicht erreicht.

4. Ein Fall der offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle liegt aber nicht vor, wenn der Unternehmer ursprünglich beabsichtigte, den Betriebsteil auf ein anderes Unternehmen zu übertragen, wodurch die Arbeitsverhältnisse ohne Kündigung und zu unveränderten Arbeitsbedingungen übergehen sollten, er sich dann aber entschließt, sämtliche Arbeitsverhältnisse insbesondere durch Kündigungen zu beenden und das andere Unternehmen den betroffenen Arbeitskräften neue Arbeitsverträge anbietet. Nimmt ein nach Zahl- und Sachkunde wesentlicher Teil des Personals das Vertragsangebot an, kann jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen werden, dass eine Spaltung in Verbindung mit einem Betriebsteilübergang vorliegt (§ 111 Satz 3 Alternative 2 BetrVG).

Sachverhalt

A

Der antragstellende Betriebsrat begehrt die Einsetzung einer Einigungsstelle wegen eines Interessenausgleichs und Sozialplans, die die Beteiligte zu 2. (i.F. Arbeitgeberin) für offensichtlich unzuständig hält.

Die Arbeitgeberin ist Teil einer internationalen Unternehmensgruppe und befasst sich schwerpunktmäßig mit der Produktion und dem Verkauf von semipermanenten Hallen, Veranstaltungs- und Industriezelten. Sie unterhält zwei Standorte an ihrem Sitz in F. und in M. bei B. mit insgesamt 166 Arbeitskräften. Der Betriebsrat ist für beide Standorte zuständig.

Neben dem Verkauf befasst sich die Arbeitgeberin auch mit der kurz- und längerfristigen Vermietung von Zelten und semipermanenten Bauten, intern als "Rental" bezeichnet.

Insofern entschied die Arbeitgeberin im Jahr 2019, den Kundenstamm bezogen auf sämtliche Vermietungsaktivitäten – bis auf laufende Dauermietverhältnisse – auf die Konzernzugehörige L. (i.F. L. Zeltverleih) zu übertragen. Am 27. August 2020 schlossen die Beteiligten einen Interessenausgleich und Sozialplan, der sich auch auf Mitarbeiter im Bereich Rental erstreckte (Anlagen BK1, BK 2 = Bl. 57ff., 60ff).

Bereits im Jahr 2020 wechselten der für die sog. Richtmeister zuständige Disponent sowie zwei Vertriebsassistenzkräfte zur L. Zeltverleih. Außerdem unterhält die Arbeitgeberin Lagerstätten für die für die Vermietung erforderlichen Gegenstände/Sachmittel. Die Lagerstätten werden von der Arbeitgeberin mit zwei Lageristen in M. und deren 14 in F. weiter betrieben; der Inhalt wurde auf die D. BV (i.F. D. Logistics) übertragen.

Zuletzt waren bei der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Vermietung – ohne Lagerkräfte – an beiden Standorten noch folgende Arbeitskräfte tätig:

Neun Richtmeister, die auf Anforderung der L. Zeltverleih Zelte und sonstige Bauten beim jeweiligen Kunden errichten; ein Niederlassungsleiter (M.); zwei Vertriebsmitarbeiter ("Account Manager"); vier Arbeitskräfte, davon eine längerfristig erkrankt, die noch laufende Dauermietverhältnisse betreuen.

Unter dem 20. Mai 2021 wandten sich die L. Zeltverleih und die Arbeitgeberin an die jeweilige Belegschaft unter dem Betreff "Anstehende Betriebsänderung in der Abteilung "Rental" – Übergang auf die L. Zeltverleih" (Bl. 5, 6 der Akte des ArbG). Das Schreiben lautet auszugsweise:

... wir haben gestern den Betriebsrat darüber informiert, dass wir beabsichtigen, die Abteilung "Rental" von der L. auf die L. Zeltverleih zu übertragen. In enger Abstimmung mit dem Betriebsrat werden wir in den kommenden Wochen die Umsetzung dieser Maßnahme vorantreiben und so die Struktur der L. Unternehmensgruppe an die tatsächlichen Gegebenheiten anpassen.

Mit dem Übergang der Abteilung "Rental" wird die L. Zeltverleih Arbeitgeberin der dortigen Beschäftigten. Im Übrigen geht mit der Maßnahme keine Änderung der Arbeitsbedingungen einher. Die Arbeitsverhältnisse bleiben unverändert mit allen Rechten, Ansprüchen und Anwartschaften bestehen. Auch die Betriebszugehörigkeit wird vollständig übernommen. Die Betriebsänderung ist ausdrücklich nicht mit Beendigungs- und Änderungskündigungen oder einem Personalabbau verbunden. Die "Rental"-Kollegen bleiben an den Standorten F. und B. erhalten.

Zum Hintergrund der Maßnahme: Unser Ziel ist es, die Einheit "Rental" bei einer Gesellschaft der Unternehmensgruppe zu bündeln, um die schon gelebte Realität auch organisatorisch abzubilden. ...

In der Folgezeit bestand zwischen den Beteiligten Uneinigkeit, inwiefern die Arbeitsbedingungen bei der L. Zeltverleih betreffend die Richtmeister von denen bei der Arbeitgeberin abweichen.

Unter dem 19. November 2021 hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung der Richtmeister, der zwei Account Manager und des Niederlassungsleiters an. Letztgenannte schlossen neue Arbeitsverträge mit der L. Zeltverleih. Die neun Richtmeister wurden betriebsbedingt gekündigt und erhielten ebenfalls Vertragsangebote für Arbeitsverhältnisse mit der L. Zeltverleih, deren vier davon Gebrauch machten. Sieben der neun Richtmeister erhoben Klage vor dem Arbeitsgericht.

Mit dem am 17. Dezember 2021 bei dem Arbeitsgericht eingereichten Antrag hat der Betriebsrat vorgetragen und die Ansicht vertreten, es liege eine interessenausgleichs- und sozialplanpflichtige Maßnahme vor, weil der wesentliche Betriebsteil "Rental" stillgelegt bzw. abgespalten werde und auf die L. Zeltverleih übergehe. Dem Betriebsteil seien nicht nur 12 Arbeitskräfte, sondern deren weitere vier im Bereich Dauermietverhältnisse sowie die drei bereits übergegangenen Arbeitsplätze Disposition und Administration/Vertriebsassistenz und weitere Arbeitsplätze zuzuordnen. Die Stilllegung bzw. Verlagerung habe Auswirkungen auf Arbeitsplätze im Lagerbereich, in der Buchhaltung, in der Personalabteilung und im Fuhrparkmanagement. Seit dem Jahr 2019 bestehe eine einheitliche Planung, den Bereich "Rental" sukzessive auf die L. Zeltverleih zu übertragen. Ein wesentlicher Betriebsteil liege nicht nur mit Blick auf die Zahl der Arbeitskräfte, sondern auch wegen des erwirtschafteten Umsatzes vor. Die Zahl der Beisitzer sei auf deren vier festzulegen.

Der Betriebsrat hat beantragt:

1. Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Thema Interessenausgleich und Sozialplan wegen Abspaltung/Stilllegung des Bereiches Rental/Vermietung wird bestimmt Vizepräsident des Arbeitsgerichtes X. a. D. X.

2. Auf jeder Seite nehmen vier Beisitzer an der Einigungsstelle teil.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen und hilfsweise:

1. Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Interessenausgleich und Sozialplan wegen Abspaltung/Stilllegung des Bereiches Rental/Vermietung wird Herr Richter am Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Y., im Falle von dessen Verhinderung, Herr Richter am Hessischen Landesarbeitsgericht Z. bestimmt.

2. Es werden für jede Betriebspartei zwei Beisitzer bestellt.

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen und die Ansicht vertreten, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig. Eine Betriebsänderung liege nicht vor. Es sei mit zwölf Mitarbeitern kein wesentlicher Betriebsteil i.S.v. § 111 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 17 KSchG betroffen. Das gelte auch für den Umsatzanteil des Bereichs Vermietung, der sich einschließlich der Dauervermietung auf 12-13% des Gesamtumsatzes belaufe. Es liege eine Stilllegung vor, die keine nennenswerten Auswirkungen auf andere Arbeitsplätze habe, zumal wesentliche Funktionen an externe Dienstleister vergeben seien. Es sei auch kein Betriebs-(Teil)Übergang gegeben, weil nur vier der neun Richtmeister das Vertragsangebot der L. Zeltverleih angenommen hätten.

Es bestünden Bedenken der Unparteilichkeit des vorgeschlagenen Vorsitzenden und zwei Beisitzer pro Seite seien ausreichend.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 5. Januar 2022 die Zahl der Beisitzer auf deren zwei je Seite festgelegt und im Übrigen dem Antrag des Betriebsrats entsprochen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Anträge seien hinreichend bestimmt und das Verfahren durch Beschluss des Betriebsrats vom 13. Dezember 2021 ordnungsgemäß eingeleitet worden. Die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Vorliegend könnte eine Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils gegeben sein. Es sei nicht nur auf zwölf Mitarbeiter (Richtmeister, Niederlassungsleiter und Account Manager) abzustellen. Dem Bereich Rental seien auch drei mit Dauermietverhältnissen befasste Mitarbeiter zuzurechnen und mithin 15 von 166 Mitarbeiter. Damit liege ein wesentlicher Betriebsteil vor, weil das geringfügige Unterschreiten des als Richtschnur dienenden Wertes des § 17 KSchG unschädlich sein könne. Damit sei nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass ein wesentlicher Betriebsteil von der unternehmerischen Entscheidung betroffen sei, den Bereich Rental, Vermietung vollständig aufzugeben.

Auch eine Spaltung sei nicht offensichtlich ausgeschlossen. Der Betriebsrat gehe von einem Betriebsteilübergang nach § 613a BGB aus, der regelmäßig mit einer Spaltung des Betriebes einhergehe. Den gekündigten zwölf Mitarbeitern sei aus der Unternehmensgruppe heraus eine Weiterbeschäftigung bei der L. Zeltverleih angeboten worden. Dass es zu einer Abspaltung verbunden mit einem Betriebsteilübergang komme, sei daher aufgrund der Planung der Arbeitgeberin möglich, jedenfalls sei eine Betriebsänderung i.S.d. Gesetzes nicht offensichtlich ausgeschlossen.

Für Verhandlungen über einen Interessenausgleich sei die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig. Zwar habe die Arbeitgeberin durch den Ausspruch der Kündigungen bzw. vertragliche Wechselabreden mit der Betriebsänderung begonnen, damit jedoch die Aufgabe des Bereichs Rental noch nicht vollständig umgesetzt, da noch die Dauermietverhältnisse und die dafür benötigten Mitarbeiter vorhanden seien. Jedenfalls in diesem Bereich könne noch über das "wie" verhandelt werden. Da die nachteiligen Folgen für die Belegschaft oder wesentliche Teile der Belegschaft kraft Gesetzes fingiert würden, liege auch keine offensichtliche Unzuständigkeit im Hinblick auf den Regelungsgegenstand Sozialplan vor.

Der vorgeschlagene Vorsitzende sei unparteilich und verfüge über die notwendige Sach- und Rechtskunde. Ausreichend seien indessen zwei Beisitzer für jede Seite.

Mit der Beschwerde rügt die Arbeitgeberin, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, ohne die Entscheidung des Arbeitsgerichts im Übrigen anzugreifen. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass dem Bereich "Rental" lediglich zwölf Mitarbeiter zuzuordnen seien. Denn der Rückzug aus dem Tätigkeitsfeld "Rental"/"Kurzzeitmieten" zum Jahreswechsel 2021/2022 habe keine Auswirkungen auf den Bereich "Dauermietverhältnisse". Die Dauermietverträge seien noch vor Übertragung des Kundenstammes auf die L. Zeltverleih geschlossen worden und würden – ohne unternehmerische Entscheidung – nach und nach auslaufen. Der durch die Entscheidungen im Jahr 2019 ausgelöste Stellenabbau sei abgeschlossen, er sei Teil des Interessenausgleichs vom 27. August 2020. Die den Kundenstamm betreffende Entscheidung aus dem Jahre 2019 habe nichts mit der vorliegenden Entscheidung zu tun, Richtmeistertätigkeiten nicht mehr anzubieten, die sich wiederum nicht auf die Dauermietverhältnisse auswirke. Das Arbeitsgericht habe zu viele Arbeitnehmer dem stillgelegten Betriebsteil zugeordnet, nämlich 15 statt deren zwölf. Damit werde die Wesentlichkeitsschwelle von 10% der Belegschaft deutlich verfehlt. Das gelte indessen auch bei Ansatz von 15 Mitarbeitern. Das Lager B. sei von der hier interessierenden Entscheidung nicht tangiert.

Auch eine Spaltung nebst Betriebsteilübergang sei offensichtlich ausgeschlossen. Der Bereich "Rental" sei durch den Auf- und Abbau von Zelten/Hallen in der Messe- und Veranstaltungsbranche geprägt. Von neun betroffenen Richtmeistern hätten lediglich vier einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben, von denen bereits einer selbst wieder gekündigt habe. Die Arbeitgeberin habe lediglich als Botin Vertragsangebote der L. Zeltverleih unterbreitet, jedoch keinen Plan betreffend den Übergang der Arbeitsverhältnisse verfolgt. Sie habe in Stilllegungsabsicht gehandelt. Wesentliche Betriebsmittel seien auch nicht übergegangen. Ferner sei nicht jede Bagatellmaßnahme mitbestimmungspflichtig.

Die Maßnahme sei abgeschlossen. Verhandlungen über einen Interessenausgleich könnten nicht nachgeholt werden. Die ausgesprochenen Kündigungen könne die Arbeitgeberin nicht zurücknehmen. Für den Bereich "Dauermietverhältnisse" seien keine Maßnahmen geplant und auch nicht für das Lager B.. Das Ziel der Verhandlungen über einen Sozialplan sei unklar.

Die Arbeitgeberin beantragt:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Heilbronn (Az. 3 BV 13/21) vom 5. Januar 2022 wird abgeändert und der Antrag des Beteiligten zu 1. abgewiesen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Betriebsrat verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt ergänzend vor, der Vermietungsbereich sei ein wesentlicher Betriebsteil. Es sei im Betrieb nie zwischen temporärer und dauerhafter Vermietung unterschieden worden, sondern zwischen Vermietung und Produktion und Verkauf. Es seien folglich nicht nur zwölf, sondern vier weitere einschließlich einer langzeiterkrankten Arbeitskraft und zusätzlich zwei Lagerarbeiter in B. zu berücksichtigen. Letztgenannte seien nach einer Präsentation vom 19. Mai 2021 ebenfalls betroffen. Außerdem müssten noch die zwei Stellen Administration und die Stelle des Personaldisponenten dem Vermietungsgeschäft zugeordnet werden. Auch unabhängig von der Zahl der beschäftigten Mitarbeiter liege ein wesentlicher Betriebsteil vor. Die L. Zeltverleih bezahle an die Arbeitgeberin eine Pauschale, die mindestens 15% des Gesamtumsatzes erreiche.

Der Wechsel der Mitarbeiter sei Teil der Gesamtmaßnahme: Übernahme des ganzen Vermietungsgeschäftes. Davon seien auch andere Mitarbeiter betroffen (Personalabteilung, Fuhrparkmanagement, Subunternehmerverträge und Gabelstapler). Die Ausgangsentscheidung sei bereits 2019 gefallen. Das Schreiben vom 20. Mai 2021 spreche gegen eine Stilllegung und für eine Betriebsspaltung. Die Arbeitgeberin selbst habe den Betriebsrat im Sommer 2021 zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Interessenausgleich aufgefordert und die Maßnahme als Betriebsspaltung angesehen.

Alle Mitarbeiter der Abteilung Rental hätten ein Arbeitsplatzangebot bei der L. Zeltverleih bekommen. Folglich sei deren Wechsel abgesprochen und beabsichtigt gewesen. Soweit fünf Mitarbeiter das Angebot nicht angenommen hätten, sei die Situation mit einem Betriebsübergang und entsprechendem Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses vergleichbar. Unabhängig vom Übergang sächlicher Betriebsmittel wie Büroausstattung und Fahrzeuge seien hochqualifizierte Mitarbeiter und Know-How-Träger übergegangen.

Die Einigungsstelle sei für den Versuch des Interessenausgleichs nicht offensichtlich unzuständig. Die Arbeitgeberin könne die ausgesprochenen Kündigungen in laufender Kündigungsfrist zurücknehmen. Betreffend die Arbeitsplätze in der Dauervermietung seien keine unumkehrbaren Maßnahmen getroffen. Die durch einen Sozialplan auszugleichenden Nachteile seien im Verlust des Arbeitsplatzes der gekündigten Arbeitskräfte zu sehen aber auch in den schlechteren finanziellen Arbeitsbedingungen bei der L. Zeltverleih.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die bezeichneten Anlagen Bezug genommen.

Aus den Gründen

B

Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig, aber nur begründet wegen des Regelungsgegenstandes Interessenausgleich; im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

Die Beschwerde ist an sich statthaft nach § 100 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Sie ist auch im Übrigen zulässig, denn sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet; §§ 100 Abs. 2 Satz 2, 3, 87 Abs. 2 Satz 2, 11 Abs. 4 ArbGG. Auf die diesbezüglichen Feststellungen in der Sitzungsniederschrift vom 9. März 2022 wird Bezug genommen (Bl. 76).

II.

Die Beschwerde ist auch teilweise begründet, weil die Einigungsstelle über die Betriebsänderung selbst keinen Interessenausgleich mehr vereinbaren kann.

1. Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 76 Abs. 2 Satz 2, 3 BetrVG hat das Arbeitsgericht die Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen, wenn darüber eine Einigung zwischen den Betriebsparteien nicht zustande kommt. Das Arbeitsgericht entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird. Nach § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG können die Anträge wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist.

Im Bereich des erzwingbaren Einigungsstellenverfahrens (§ 76 Abs. 5 Satz 1 BetrVG) ist von einer offensichtlichen Unzuständigkeit auszugehen, wenn die streitige Regelungsfrage nach fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegt (Beck Onlinekommentar Arbeitsrecht/Poeche ArbGG § 100 Rn. 11 m.w.N. zur Rspr. der LAGe).

2. Der Interessenausgleich nach § 112 BetrVG bezieht sich ausschließlich auf die geplante Betriebsänderung. Für einen Interessenausgleich ist kein Raum mehr, wenn der Unternehmer die Betriebsänderung bereits durchgeführt und vollendete Tatsachen geschaffen hat. Der Betriebsrat muss auf das Ob und Wie der Betriebsänderung noch Einfluss nehmen können. Ansonsten haben die von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer möglicher Weise Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG (Richardi BetrVG/Annuß 17. Aufl. 2022, BetrVG § 112 Rn. 16; Fitting u.a. 30. Aufl. 2020, BetrVG § 112a Rn. 11).

Eine Betriebsänderung in Form der Stilllegung besteht in der Aufgabe des Betriebszwecks unter gleichzeitiger Auflösung der Betriebsorganisation für unbestimmte, nicht nur vorübergehende Zeit.

Mit der Durchführung einer Betriebsstilllegung beginnt der Unternehmer, sobald er unumkehrbare Maßnahmen zur Auflösung der betrieblichen Organisation getroffen hat. Noch kein Beginn der Betriebsstilllegung sind in der Regel der Stilllegungsentschluss und dessen Verlautbarung, die bloße Einstellung der Produktion oder die – widerrufliche – Freistellung von Arbeitnehmern. Auch mit der Anhörung des Betriebsrats zu den beabsichtigten Kündigungen nach § 102 BetrVG und mit einer Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG beginnt der Arbeitgeber noch nicht mit der Betriebsstilllegung. So lange der Beginn der Betriebsstilllegung wieder rückgängig gemacht werden kann, liegen keine unumkehrbaren Maßnahmen vor. Nach der Rechtsprechung beginnt aber die Durchführung der Betriebsänderung jedenfalls mit dem Ausspruch der Kündigungen (BAG 14. April 2015 – 1 AZR 794/13 – NZA 2015, 1147; 7. November 2017 – 1 AZR 186/16 – NZA 2018, 464, Rn. 25; Fitting a.a.O. § 111 BetrVG Rn. 110 m. zahlreichen w. N.).

3. Danach ist die Einigungsstelle für den Versuch eines Interessenausgleichs offensichtlich unzuständig.

a) Nach den ins Stocken geratenen Verhandlungen mit dem Betriebsrat im 2. Halbjahr 2021 hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat unter dem 19. November 2021 zur beabsichtigten Kündigung von zwölf Mitarbeitern des bereits zuvor personell geschrumpften Bereichs "Rental" angehört. Sie hat die Arbeitsverhältnisse der neun Richtmeister gekündigt. Auch in Bezug auf die drei weiteren Arbeitsverhältnisse ist vom Vorliegen von Beendigungstatbeständen (Eigenkündigungen oder Aufhebungsverträge) auszugehen, denn die betreffenden Arbeitskräfte haben unstreitig neue Arbeitsverträge mit der L. Zeltverleih geschlossen. Insofern kann die Arbeitgeberin nicht mehr einseitig Maßnahmen rückgängig machen. Sie kann allenfalls durch die sog. "Rücknahme der Kündigung" die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses anbieten. Sie hat auch keinen Einfluss auf die Erhebung oder Fortsetzung einer Kündigungsschutzklage. Im Übrigen dürften die relevanten Kündigungsfristen zwischenzeitlich abgelaufen sein.

b) In Bezug auf die mit Dauermietverhältnissen beschäftigten Arbeitskräfte liegen keine Planungen i.S.d. § 111 Abs. 1 BetrVG vor, über die der Betriebsrat zu unterrichten wäre. Bereits im Jahr 2019 wurde von der Arbeitgeberin entschieden, den Kundenstamm zu veräußern und keine neuen kurzzeitigen oder längerfristigen Mietverhältnisse einzugehen. Es wurde ferner entschieden, laufende Dauermietverhältnisse nicht auf Dritte zu übertragen (zu versuchen), sondern diese fortzuführen bis zu deren Auslaufen. Bereits der Begriff "Dauermietverhältnis" vermittelt einen unbestimmten Zeitraum. Es stehen keine die Arbeitskräfte betreffenden Maßnahmen an, schon gar keine Übertragungsaktivitäten. Das hat der Betriebsrat auf den dem Vorsitzenden im Termin zur Anhörung der Beteiligten vorgelegten Ausdrucken einer Präsentation vom 19. Mai 2021 handschriftlich bestätigt.

c) Zwar sind in der Präsentation auch zwei Lagerarbeitskräfte des Standorts M. aufgeführt. Die Arbeitgeberin hat aber im Termin bekräftigt, dass an beiden Lagerstandorten keine Veränderung anstehe. Die Lager werden weiterhin von der Arbeitgeberin für die D. Logistic betrieben, die darin Gegenstände/Sachmittel für die Vermietung eingelagert hat. Das Beschwerdegericht ist davon überzeugt, dass bis zum Termin der Anhörung der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz keine Planungen (mehr) bestanden, die die Lager betreffen. Dagegen spricht schon der Zeitraum seit dem 19. Mai 2021, in dem keinerlei Aktivitäten der Arbeitgeberin dahingehend entfaltet wurden. Dagegen spricht auch, dass – unstreitig – die 14 Lagerarbeitskräfte am Standort F. zu keiner Zeit von Überlegungen zur Stilllegung/Verlagerung von Vermietungs-Aktivitäten der Arbeitgeberin betroffen waren.

Die Einigungsstelle ist deshalb insofern offensichtlich unzuständig und auf die begründete Beschwerde der Arbeitgeberin war der Beschluss des Arbeitsgerichts teilweise abzuändern.

III.

Zu Recht hat aber das Arbeitsgericht die Einigungsstelle in Bezug auf einen Sozialplan eingesetzt.

1. Nach § 112 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 bis 3 BetrVG entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans anlässlich einer geplanten Betriebsänderung, wenn eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande kommt. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Als Betriebsänderungen i.S.v. § 111 Satz 1 BetrVG gelten nach Satz 3 der Vorschrift – soweit vorliegend von Belang – die Einschränkung und die Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (Nr. 1) sowie die Spaltung von Betrieben (Nr. 3 Alt. 2).

2. Soweit allerdings das Arbeitsgericht auf Seite 7 der angefochtenen Entscheidung unter B III. 2. a die Ansicht vertreten hat, eine Betriebsänderung könne vorliegend nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG auch durch die Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils bedingt sein, dies sei jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen, folgt dem die Beschwerdekammer nicht.

a) Das Arbeitsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Bereich "Rental" einen Betriebsteil im Sinne des Gesetzes darstellte. Nach Ansicht der Arbeitgeberin ist der Bereich gleichzusetzen mit den zwölf von der Betriebsänderung betroffenen Personen (Richtmeister, Account Manager, Niederlassungsleiter). Nach Auffassung des Betriebsrats umfasst der Bereich auch die mit Dauermietverhältnissen beschäftigten Arbeitskräfte und eventuell auch noch Arbeitskräfte im Lagerbereich.

aa) Ein Betriebsteil ist eine Einheit, die zwar in die Organisation des (Haupt)-Betriebs eingegliedert und an dessen Zweck ausgerichtet, diesen gegenüber aber organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbstständigt ist. Es handelt sich um räumlich und organisatorisch unterscheidbare Betriebsbereiche, die aber wegen ihrer Eingliederung in den Betrieb allein nicht bestehen können. Ihre Selbstständigkeit ist "relativ". Ohne eine gewisse Selbstständigkeit der Einheit liegt kein Betriebsteil vor. Geht die Selbstständigkeit so weit, dass die Einheit auch alleine sinnvoll bestehen könnte, liegt kein Betriebsteil, sondern ein selbstständiger Betrieb vor, namentlich, wenn sie die in der organisatorischen Einheit ausgeübte Leitungsmacht auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten erstreckt. Dagegen genügt es für einen Betriebsteil bereits, wenn in der Einheit wenigstens eine Person mit Leitungsmacht vorhanden ist, die überhaupt Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt (Fitting 30. Aufl. 2020, BetrVG § 4 Rn. 7, 8; § 111 Rn. 69: betriebswirtschaftlich oder technisch abgrenzbare Organisation innerhalb der Betriebsorganisation; Richardi BetrVG/Annuß, 17. Aufl. 2022, BetrVG § 111 Rn. 82: betriebswirtschaftlich-technologische Abgrenzbarkeit innerhalb der einheitlichen Betriebsorganisation). Allerdings ist ein Betriebsteil nicht identisch mit der Betriebsabteilung i.S.d. § 15 Abs. 5 KSchG. Es braucht sich nicht wie dort um einen in sich abgeschlossenen und relativ selbstständig organisierten Teil des Betriebes zu handeln (Richardi a.a.O. Rn. 82).

bb) Ob der kontrovers abgegrenzte Bereich "Rental" einen Betriebsteil darstellt, könnte angezweifelt werden, weil der für die Richtmeister zuständige Disponent unter Beibehaltung seiner Funktion 2020 zur L. Zeltverleih wechselte und auch die mit den Dauermietverträgen befassten Arbeitskräfte von dort gesteuert werden. Ausreichend ist indessen im vorliegenden Verfahren die Feststellung, dass das Vorliegen eines Betriebsteils nicht offensichtlich auszuschließen ist.

b) Nach § 111 Satz 3 Nr. 1 Alt. 2 BetrVG muss die Einschränkung oder Stilllegung einen wesentlichen Betriebsteil betreffen. Wesentlich ist ein Betriebsteil bei einer quantitativen Betrachtung, wenn in ihm ein erheblicher Teil der Gesamtbelegschaft beschäftigt wird. Maßgeblich sind insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG (BAG 9. November 2010 – 1 AZR 708/09 – NZA 2011, 466, Rn. 15 m.w.N. (Fitting a.a.O. § 111 Rn. 69 – Beck OK ArbR/Besgen, 62. Edition 1.12.2021, BetrVG § 111 Rn. 13)).

aa) Ausgehend von einer Betriebsgröße von 166 Arbeitnehmern müssten dem Bereich "Rental" 10% oder mehr als 25 Arbeitnehmer zugeordnet sein (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG). Das ist bei 12 Arbeitskräften, die die Arbeitgeberin in Ansatz bringt, nicht der Fall. Mit dem Arbeitsgericht und dem Betriebsrat ist von einem wesentlichen Betriebsteil im Sinne der Vorschrift nur dann auszugehen, wenn mindestens die drei oder gar vier mit den Dauermietverhältnissen beschäftigten Arbeitskräfte hinzugezogen werden, mag auch dann noch eine geringfügige Unterschreitung des Schwellenwertes vorliegen (zum Streitstand insofern: Beck OK Besgen a.a.O. Rn. 11a m. zahlreichen Nachweisen). Unter Berücksichtigung der zwei Lagerkräfte in B. wäre der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG in jedem Fall erreicht.

bb) Dann allerdings läge keine Stilllegung, sondern bloß eine Einschränkung des Betriebsteils "Rental" vor, weil die Arbeitsverhältnisse im Bereich der Dauermietverhältnisse und des Lagers unverändert fortbestehen. Weitergehende Maßnahmen als der Abbau oder die Verlagerung von zwölf Arbeitsplätzen liegen nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind bei der Einschränkung des Betriebs durch Personalabbau und bei der Bestimmung eines wesentlichen Betriebsteils die Zahlengrößen des § 17 Abs. 1 KSchG zu berücksichtigen. Wollte man bei Betroffenheit eines wesentlichen Betriebsteils jegliche Einschränkungen oder den Betriebsteil selbst als Bezugsgröße genügen lassen, würde man zu völlig unterschiedlichen Abgrenzungen für die Beteiligungspflicht kommen, je nachdem, ob ein wesentlicher Betriebsteil oder der gesamte Betrieb betroffen ist. In einem solchen – wie dem vorliegenden Fall – kann die gesetzliche Fiktion des § 111 Satz 3 BetrVG nicht greifen, dass nachteilige Folgen für die Belegschaft oder für erhebliche Teile der Belegschaft zu erwarten sind. Bei der Prüfung, wann die Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils ihrerseits "erhebliche Teile der Belegschaft" betrifft, können die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG nicht bezogen auf den Betriebsteil zugrunde gelegt werden. Ansonsten käme es zu erheblichen Verzerrungen, je nachdem, ob der Personalabbau nur einen wesentlichen Betriebsteil oder gesamten Betrieb betrifft. Diese Ungereimtheiten können vermieden werden, indem man die Einschränkung eines wesentlichen Betriebsteils i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG nur dann bejaht, wenn sie wesentliche Nachteile für erhebliche Teile der Belegschaft des Gesamtbetriebs zur Folge haben kann, ohne dass es darauf ankommt, ob die von den Nachteilen betroffenen Arbeitnehmer solche des eingeschränkten Betriebsteils sind oder in anderen Teilen des Gesamtbetriebs beschäftigt sind (BAG 9. November 2010 – 1 AZR 708/09 – NZA 2011, 466 Rn. 14,15; Däubler, BetrVG 14. Aufl. § 111 Rn. 67, kritisch auch Richardi/Annuß Rn. 84ff.).

cc) Im Ergebnis betrifft entweder die Stilllegung eines nur zwölf Personen umfassenden Betriebsteils keinen wesentlichen Betriebsteil, da er mit 7,23% deutlich hinter den Grenzwerten des § 17 Abs. 1 Nr. 2 KSchG zurückbleibt. Bei Annahme eines wesentlichen Betriebsteils würden wesentliche Nachteile nicht für erhebliche Teile der Belegschaft eintreten, da nur 7,23% und damit weniger als 10% derselben betroffen sind.

Die Auswirkungen auf sonstige Arbeitskräfte in der Personalabteilung, im Fuhrparkmanagement usw. sind nicht relevant. Denn wesentliche Nachteile sind beispielsweise der Verlust des Arbeitsplatzes, geringerer Verdienst aufgrund einer Versetzung, längere Entfernung zur Arbeitsplatz und damit höhere Fahrtkosten, Beeinträchtigungen und Belastungen durch Leistungsverdichtungen, Qualifikationsverluste oder psychische Belastungen (Beck OK/Besgen § 111 Rn. 9). Dazu ist nichts ersichtlich.

c) Allerdings hält der Betriebsrat eine Betriebsänderung aufgrund einer einheitlichen unternehmerischen Planung für gegeben, die bis in das Jahr 2019 zurückreicht.

aa) Eine einheitliche Planungsentscheidung kann auch eine stufenweise Durchführung vorsehen. Dabei kann ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen mehreren Entlassungswellen ein wesentliches Indiz für eine von Anfang einheitliche Planung sein. Eine spätere Entlassungswelle kann aber auch auf einer neuen Planungsentscheidung des Arbeitgebers beruhen. Erfolgt die neue Planung erst nach Durchführung der ersten Entlassungswelle, sind die Zahlen nicht zusammenzurechnen (Fitting a.a.O. § 111 Rn. 76 m.w.N.).

bb) Gegen die vom Betriebsrat angenommene einheitliche Maßnahme spricht bereits der zeitliche Abstand zwischen der Veräußerung des Kundenstamms im Jahr 2019 zu dem hier vorliegenden Personalabbau. Dagegen spricht auch, dass die Betriebsparteien in Bezug auf frühere Änderungen am 27. August 2020 einen Interessenausgleich vereinbart und damit eine Zäsur gesetzt haben. Wollte man die im Jahr 2020 zur L. Zeltverleih gewechselten zwei Vertriebsassistenten und den Dispositionsleiter hinzurechnen, wären als Referenzgröße nicht 166 betriebsangehörige Arbeitskräfte in Ansatz zu bringen; der Betriebsrat spricht in der Beschwerdeerwiderung von 230 Mitarbeitern (2019).

3. Zu Recht hat aber das Arbeitsgericht festgestellt, dass eine Betriebsänderung nach § 111 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BetrVG in Form einer Spaltung in Verbindung mit einem Betriebsteilübergang nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.

a) Eine Spaltung i.S.v. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG kann sowohl durch eine Aufspaltung des Betriebs als auch durch eine Abspaltung von Betriebsteilen erfolgen. In den Fällen der Abspaltung besteht der Ursprungsbetrieb fort. Die Spaltung kann mit der Veräußerung eines Betriebsteils i.S.v. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB verbunden sein. Anders als nach § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG für Fälle der Betriebsteilstilllegung ist für eine Spaltung i.S.v. § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG nicht erforderlich, dass "wesentliche" Betriebsteile betroffen sind. Die unterschiedliche Behandlung ist mit keinem unauflösbaren Wertungswiderspruch verbunden. Ihr liegt vielmehr die typisierende gesetzgeberische Einschätzung zugrunde, eine Spaltung betreffe anders als eine Teilstilllegung regelmäßig nicht nur den stillgelegten Teil, sondern den gesamten Betrieb.

Eine Spaltung setzt voraus, dass zumindest zwei neue Einheiten entstehen. Dieses Erfordernis ist auch erfüllt, wenn ein abgespaltener Betriebsteil anschließend an einen anderen Betrieb angegliedert wird und dabei untergeht. Keine Spaltung liegt jedoch vor, wenn sich die Maßnahme darin erschöpft, die betriebliche Tätigkeit eines Betriebsteils zu beenden, ohne dass dessen Substrat erhalten bliebe. Dann handelt es sich um eine Stilllegung dieses Betriebsteils und nicht um eine Spaltung des Betriebs (BAG 18. März 2008 – 1 ABR 77/06 – NZA 2008, 957 zu B II. 1. a) b) der Gründe m.w.N.; Fitting BetrVG § 111 Rn. 86,87 m.w.N.).

b) Nach Auffassung der Arbeitgeberin umfasst der Betriebsteil "Rental" zwölf Arbeitskräfte. Mit diesen hat sie für die L. Zeltverleih, bei welcher das Vermietungsgeschäft angesiedelt ist, Dienstleistungen erbracht, beispielsweise die Montage von Mietzelten durch die Richtmeister.

aa) Die Tätigkeiten in dem so abgegrenzten Betriebsteil sollten nach dem mit Schreiben vom 20. Mai 2021 gemeinsam von der Arbeitgeberin und der L. Zeltverleih kommunizierten Plan künftig von Arbeitskräften der letztgenannten Gesellschaft ausgeübt werden. Die Fortführung der Tätigkeit ist essentiell für die Fortführung des Vermietungsgeschäftes. Folgerichtig erhielten sämtliche zwölf betroffenen Arbeitskräfte ein Vertragsangebot seitens der L. Zeltverleih. Zwar hat die Arbeitgeberin offensichtlich von ihrer noch am 20. Mai 2021 geäußerten Absicht, die Betriebsänderung nicht mit Beendigungs- und Änderungskündigungen oder einem Personalabbau zu verbinden, Abstand genommen. Denn sie beabsichtigte zuletzt, wie sich das aus der Betriebsratsanhörung am 19. November 2021 ergibt, zwölf Kündigungen auszusprechen. Dem kamen zwei Account Manager und der Niederlassungsleiter durch Abschluss von Verträgen mit der L. Zeltverleih zuvor. Sämtlichen gekündigten Richtmeistern wurden ebenfalls entsprechende Verträge angeboten Das deutet auf den Willen der betroffenen Arbeitgeber hin, den Betriebsteil "Rental" im Wesentlichen unverändert – mit Ausnahme der Person der Arbeitgeberin – fortzuführen.

bb) Zwar führt eine Funktionsnachfolge ohne den Übergang sächlicher oder immaterieller Betriebsmittel und ohne die Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals nicht zu einem Betriebsteilübergang i.S.d. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB (BAG 24. Mai 2005, NZA 2006, 31, zu II 1; BAG 16. Mai 2007, NZA 2007, 1296 Rn. 16 m.w.N.). Vorliegend haben aber im Ergebnis tatsächlich sieben von zwölf Arbeitskräften von der Vertragsofferte Gebrauch gemacht, darunter drei sog. Know-How-Träger.

cc) Damit ist ein Betriebsteilübergang mit notwendiger vorangegangener Abspaltung des Betriebsteils jedenfalls nicht offensichtlich auszuschließen. Das korrespondiert mit den Ausführungen im Schreiben vom 20. Mai 2021, wonach arbeitgeberseitig beabsichtigt sei, die Abteilung "Rental" von der Arbeitgeberin auf die L. Zeltverleih zu übertragen, wodurch Letztgenannte zur Arbeitgeberin der dortigen Beschäftigten werde, die Arbeitsverhältnisse unverändert mit allen Rechten, Ansprüchen und Anwartschaften bestehen blieben und die Betriebszugehörigkeit vollständig übernommen werde.

Die Arbeitgeberin hat zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, an ihren Planungen habe sich irgendetwas bis zum Ausspruch der Kündigungen geändert. Vielmehr haben just ihre eigenen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 3. und 30. August 2021 (Bl. 7, 10 der Akte des ArbG) ein Einigungsstellenverfahren zur Verhandlung über einen Interessenausgleich einzuleiten versucht.

dd) Dass die Beschäftigung unverändert im Betrieb F./M. und/oder von diesem aus stattfindet, steht einer Spaltung nicht entgegen (BAG 10. Dezember 1996 – 1 ABR 32/96 – NZA 1997, 898 zu B II. 1. b) der Gründe). Streitige Fragen im Zusammenhang mit sog. Bagatellausgliederungen bedürfen im vorliegenden Verfahren keiner Beantwortung. Jedenfalls ist die Mindestgröße eines Betriebsrats nach § 1 BetrVG nicht unterschritten (vgl. Beck OK/Besgen § 111 Rn. 22). Ob und wenn ja, welche wesentlichen Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile davon aufgrund der Spaltung eintreten, ist erst bei der Aufstellung des Sozialplans zu prüfen (BAG 10. Dezember 1996 a.a.O. zu B II. 1. b der Gründe).

IV

Gegen die Person des bestimmten Vorsitzenden liegen keine Angriffe vor. Die festgesetzte Zahl der Beisitzer ist von keiner Seite angefochten.

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin war deshalb der Beschluss des Arbeitsgerichts teilweise abzuändern und im Übrigen die Beschwerde zurückzuweisen.

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