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Arbeitsrecht
09.09.2021
Arbeitsrecht
LAG Nürnberg: Einigungsstelle – Konzernstruktur –Konzernbetriebsrat

LAG Nürnberg, Beschluss vom 21.6.2021 – 1 TaBV 11/21

Volltext: BB-Online BBL2021-2164-3

Leitsätze

1. Entscheidet sich die Konzernobergesellschaft, allen Mitarbeitern weltweit eine einheitliche Corona-Prämie zukommen zu lassen, ist für die Festlegung der Verteilungsmaßstäbe nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG grundsätzlich der Konzernbetriebsrat zuständig.

2. Existiert kein Konzernbetriebsrat, weil im Geltungsbereich des BetrVG nur ein einziger Betrieb einer Konzerntochter vorhanden ist, ist die Verlagerung des Mitbestimmungsrechts auf den Betriebsrat dieser Tochter zumindest nicht offensichtlich aus Rechtsgründen ausgeschlossen.

3. Dies gilt erst recht dann, wenn die Konzernobergesellschaft gleichzeitig als Komplementärgesellschaft der - den in Deutschland gelegenen Betrieb führenden - Konzerntochter fungiert. In dieser Konstellation kann von "fehlender Einflussmöglichkeit" der Konzerntochter (hierauf stellt BAG v. 12.06.2019, 1 ABR 57/17, ab) nicht ausgegangen werden.

4. Eine andere Betrachtung könnte zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Aushöhlung der Mitbestimmungsrechte führen.

5. Im Verfahren nach § 100 ArbGG ist die ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung durch entsprechenden Betriebsratsbeschluss festzustellen - der Offensichtlichkeitsmaßstab des § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG gilt hierfür nicht.

6. Das Gericht ist nicht gehalten, den vom Antragsteller vorgeschlagenen Vorsitzenden auszuwählen; es kann auch ohne substantiierte Einwendungen des weiteren Beteiligten gegen die Person des Vorgeschlagenen eine andere geeignete Person einsetzen.

Sachverhalt

I. Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Entlohnungsgrundsätze für die Corona-Sonderzahlung“.

Die Beteiligte zu 2.) ist ein in der Spielzeugbranche tätiges Unternehmen. Bei ihrer Komplementärgesellschaft handelt es sich um eine Stiftung. Diese Stiftung ist hundertprozentige Gesellschafterin der Firma B… Holding GmbH. Diese Holding hält an den 15 selbständigen Gesellschaften der Gruppe - unter anderem der Beteiligten zu 2.) - die Stimmen- bzw. Anteilsmehrheit. Die einzelnen Tochtergesellschaften sind in verschiedenen Ländern Europas, in der USA, in Kanada und in Mexiko mit jeweils eigenen Betrieben tätig. Die Beteiligte zu 2.) ist das einzige in der Bundesrepublik Deutschland tätige Unternehmen; dieses enthält einen Betrieb, als dessen Betriebsrat der Beteiligte zu 1.) fungiert. Einen Konzernbetriebsrat gibt es nicht.

Die laufenden Geschäfte der Stiftung führt deren Vorstand. Darüber hinaus gibt es einen Stiftungsbeirat mit Sitz in Z… (Deutschland), dem bestimmte Angelegenheiten vorbehalten sind.

Dieser Stiftungsbeirat wies im November 2020 den Vorstand der Stiftung verbindlich an, eine Corona-Sonderzahlung in den Gesellschaften der Unternehmensgruppe auf dem rechtlich zulässigen Weg zu veranlassen. Dabei sollte für die Gesellschaften kein Umsetzungsspielraum bestehen. Die Prämie sollte 500,- € betragen, bei Teilzeitbeschäftigten anteilig. Es sollte eine im Einzelnen bestimmte Kürzung bei Arbeitsunfähigkeit vorgenommen werden (Anlage 4 zur Antragsschrift, Bl. 30 ff. d.A.). Die Prämie wurde um die Jahreswende 2020/2021 ausgezahlt.

Der Beteiligte zu 1.) verwies in der Folge auf ein ihm zustehendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, dessen Bestehen die Beteiligte zu 2.) verneinte.

Mit am 26.03.2021 eingegangenem Antrag der Prozessbevollmächtigten selben Datums hat der Beteiligte zu 1.) die Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Entlohnungsgrundsätze für die Corona-Sonderzahlung“ mit dem Vorsitzenden VRiBAG a.D. K… und der Zahl der Beisitzer auf drei pro Seite begehrt. Der Beteiligte zu 1.) hält ein diesbezügliches Mitbestimmungsrecht für gegeben unabhängig davon, dass die Vorgabe von der Stiftung erfolgt sei. Zumindest liege keine offensichtliche Unzuständigkeit vor. Die Stiftung werde durch den Vorstand vertreten, der Beirat sei ein freiwilliges und beratendes Gremium. Er bestreite „mit Nichtwissen“, dass der Beirat verbindliche Vorgaben für alle Tochtergesellschaften gemacht habe. In der vorliegenden Konstellation sei die Stiftung zudem als Komplementärin der Beteiligten zu 2.) maßgeblich an der Entscheidung beteiligt. Ein Komplementär könne sich nicht darauf zurückziehen, dass er zugleich als Konzernobergesellschaft gehandelt habe mit der Folge, dass Mitbestimmungsrechte wegfallen würden. Der als Vorsitzender Vorgeschlagene sei unparteiisch und besonders geeignet. Soweit die Beteiligte zu 2.) keine gravierenden Bedenken gegen seine Person vortrage, sei das Gericht gehalten, ihn zu benennen. Wegen der Schwierigkeit und Bedeutung der Angelegenheit seien drei Beisitzer pro Seite erforderlich, zumal er - der Beteiligte zu 1.) - für vier Standorte zuständig sei.

Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) hat erstinstanzlich beantragt,

1.    Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Entlohnungsgrundsätze für die Corona-Sonderzahlung als Einmalzahlung in Höhe von 500,00 €“ wird Herr VorsRiBAG a.D. K… bestellt.

2.    Die Zahl der von den Beteiligten jeweils zu benennenden Beisitzer wird auf drei festgesetzt.

Die Beteiligte zu 2.) hat beantragt,

1.    Die Anträge werden zurückgewiesen.

2.    Höchst hilfsweise und nur für den Fall, dass das Gericht beschließt, die Einigungsstelle einzusetzen, wird Herr Dr. E…, Präsident des Arbeitsgerichts H…, … straße ..., … H…, zum Vorsitzenden der Einigungsstelle, die über die Entlohnungsgrundsätze für die Corona-Sonderzahlung als Einmalzahlung verhandeln soll, bestellt.

3.    Höchst hilfsweise und nur für den Fall, dass das Gericht beschließt, die Einigungsstelle einzusetzen und seitens des Gerichts Bedenken gegen die Bestellung von Herrn Dr. E… zum Einigungsstellenvorsitzenden bestehen, wird Herr Richter am Arbeitsgericht T…, … straße ..., … N…, zum Vorsitzenden der Einigungsstelle, die über die Entlohnungsgrundsätze für die Corona-Sonderzahlung als Einmalzahlung verhandeln soll, bestellt.

4.    Höchst hilfsweise und nur für den Fall, dass das Gericht beschließt, die Einigungsstelle einzusetzen und seitens des Gerichts Bedenken gegen die Bestellung von Herrn Dr. E… oder Herrn T… zum Einigungsstellenvorsitzenden bestehen, wird Herr Richter am Arbeitsgericht Dr. Ho…, … straße ..., … N…, zum Vorsitzenden der Einigungsstelle, die über die Entlohnungsgrundsätze für die Corona-Sonderzahlung als Einmalzahlung verhandeln soll, bestellt.

5.    Höchst hilfsweise und nur für den Fall, dass das Gericht beschließt, die Einigungsstelle einzusetzen, wird die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf zwei festgesetzt.

Die Beteiligte zu 2.) hält die Einigungsstelle für offensichtlich unzuständig. Sie selbst habe bei der Ausgestaltung der Prämie keinerlei Gestaltungsspielraum, sei vielmehr an die Vorgaben des Stiftungsrats gebunden. Dieser habe die Verteilungsgrundsätze abschließend geregelt. Die Doppelfunktion des Vorstands der Stiftung - gleichzeitig auch gesetzlicher Vertreter der Beteiligten zu 2.) als Vorstand der Komplementärgesellschaft - spiele hierbei keine Rolle. Eine Umgehung des Mitbestimmungsrechts liege nicht vor. Die Entscheidung sei für den gesamten Konzern und alle seine Tochtergesellschaften gefallen. Im Übrigen lehne sie den vorgeschlagenen Vorsitzenden ab. Hilfsweise schlage sie andere Vorsitzende vor. Die Zahl der Beisitzer sei mit zwei pro Seite ausreichend, insbesondere sei eine besondere Komplexität nicht erkennbar.

Der Beteiligte zu 1.) hat bestritten, dass ein entsprechender Beschluss des Beirats verbindlich gewesen sei. Dieser habe die Aufgabe, den Vorstand zu beraten und zu überwachen. Er sei für die Sonderzahlung aber nicht zuständig.

Im Anhörungstermin vom 14.04.2021 hat die Beteiligte zu 2.) die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Beteiligten zu 1.) zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens bestritten.

Der Beteiligte zu 1.) hat daraufhin auf die Beschlussfassung in der Sitzung vom 01.03.2021 verwiesen. Er hat auf die Einladung vom 25.02.2021, das Protokoll über die Beschlussfassung, die Teilnehmerlisten, die Bestätigung zweier per Telefon zugeschalteter Betriebsratsmitglieder und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Er hat erklärt, dass die Sitzung in drei verschiedenen Räumlichkeiten stattgefunden habe. Ein geladenes Betriebsratsmitglied habe gefehlt, für das Mitglied G… habe das Ersatzmitglied Hu… an der Sitzung teilgenommen. Es seien also 20 von 21 Stimmberechtigten anwesend gewesen. 12 der 20 Stimmberechtigten hätten mit Ja gestimmt, acht hätten sich enthalten.

Die Beteiligte zu 2.) hat eingewandt, die Beschlussfassung sei schon deshalb nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil die Ladung zur Sitzung in zu kurzer Frist, nämlich von weniger als zwei Werktagen, erfolgt sei. Aus den Unterlagen sei nicht erkennbar, an welchen Adressatenkreis die Einladung erfolgt sei. Es werde bestritten, dass das Betriebsratsmitglied G… wirklich verhindert gewesen sei. Des Weiteren werde bestritten, dass es sich beim Vertreter Hu… um das zuständige Ersatzmitglied gehandelt habe. Es werde bestritten, dass gewährleistet gewesen sei, dass hinsichtlich der telefonisch zugeschalteten Mitglieder Dritte keine Kenntnis vom Inhalt der Sitzung hätten erlangen können. Die beiden telefonisch zugeschalteten Betriebsratsmitglieder hätten ihre Teilnahme erst am 14.04.2021 per Mail bestätigt; hierbei handle es sich um einen schweren Verfahrensverstoß. Es fehle weiter an einem Nachweis, dass das 21-köpfige Gremium beschlussfähig gewesen sei. Es würden drei Teilnehmerlisten vorgelegt mit jeweils weniger als 10 Unterschriften. Außerdem werde bestritten, dass die beiden ab 10.50 Uhr abwesenden Betriebsratsmitglieder wirklich an der Beschlussfassung teilgenommen hätten. Es sei nicht vorgetragen, wie im Einzelnen der Beschluss zustande gekommen sei. Schließlich sei das Sitzungsprotokoll nicht unterzeichnet.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 23.04.2021 wie folgt entschieden:

1. Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Entlohnungsgrundsätze für die Corona-Sonderzahlung als Einmalzahlung in Höhe von € 500,00“ wird Herr RiArbG T… bestellt.

2. Die Anzahl der von den Beteiligten jeweils zu benennenden Beisitzer wird auf 2 festgesetzt.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, es sei von einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung auszugehen. Anhaltspunkte, dass ein Betriebsratsmitglied die Ladung nicht erhalten hätte, seien nicht erkennbar. Unerheblich sei, ob das Betriebsratsmitglied G… verhindert gewesen sei - sei dies nicht der Fall, müsse die Stimme des Ersatzmitglieds abgezogen werden; es ergebe sich dann immer noch eine ausreichende Mehrheit der Stimmen der Anwesenden für den Beschluss. Anhaltspunkte, dass nicht das richtige Ersatzmitglied geladen worden sei, seien ebenfalls nicht erkennbar. Die Ladung sei noch rechtzeitig erfolgt, eine feste Frist gebe es hierfür nicht. Unerheblich sei, dass sich die Teilnehmer in drei verschiedene Listen eingetragen hätten. Etwaige Protokollierungsfehler führten nicht zur Unwirksamkeit des Beschlusses. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass Dritte von der Sitzung Kenntnis genommen hätten. Die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Die Stiftung sei gleichzeitig Komplementärin, die von der Stiftung ihrerseits zu 100% abhängige Holding Kommanditistin der Beteiligten zu 2.). Eine Entscheidung ihrer Gesellschafter müsse sich die Gesellschaft zurechnen lassen. Eine gesellschaftliche Regelung, die die Entscheidungskompetenz einem Gesellschafter zuweise, könnte ansonsten zur Ausschaltung des Mitbestimmungsrechts führen. Es sei in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt, ob die Entscheidung, freiwillige Leistungen nur auf Konzernebene erbringen zu wollen, das Mitbestimmungsrecht der Gesamt- oder Einzelbetriebsräte auch dann ausschließe, wenn kein Konzernbetriebsrat gebildet worden sei oder wenn er aus Rechtsgründen nicht habe gebildet werden können. Ob ein Ausschluss der Mitbestimmungsmöglichkeiten des Einzelbetriebsrats bei Geldzahlungen, die die Muttergesellschaft oder eines ihrer Organe beschlossen habe, wirklich denklogisch ausgeschlossen sei, sei ebenfalls nicht abschließend geklärt. Vorliegend habe - anders als im vom LAG München (11.08.2017, 9 TaBV 34/17) entschiedenen Sachverhalt - auch nicht die Muttergesellschaft selbst vertragliche Beziehungen zu den begünstigten Arbeitnehmern gehabt. Da nach alldem die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig sei, sei ein unparteiischer Vorsitzenden zu bestimmen. Eine Bindung an Vorschläge der Beteiligten bestehe hierbei nicht. Die Beteiligte zu 2.) habe gegen den vom Beteiligten zu 1.) vorgeschlagenen Richter Bedenken erhoben, der Beteiligte zu 1.) gegen zwei der drei von der Beteiligten zu 2.) vorgeschlagenen Richter, nicht aber gegen den Richter am Arbeitsgericht T…; dieser somit habe bestellt werden können. Es genüge die Regelbesetzung mit zwei Beisitzern. Die Verteilungsmaßstäbe würden nicht komplexer dadurch, dass der Betriebsrat für vier Standorte zuständig sei. Bei der Aufstellung von Verteilungsgrundsätzen einer einmaligen freiwilligen Leistung handle es sich um eine überschaubare und nicht besonders komplexe Angelegenheit.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 23.04.2021 ist den anwaltlichen Vertretern der Beteiligten zu 1.) und 2.) ausweislich deren elektronischer Empfangsbekenntnisse jeweils am 23.04.2021 zugestellt worden.

Die Vertreter der Beteiligten zu 2.) haben namens und in Vollmacht der Beteiligten zu 2.) mit Schriftsatz vom 07.05.2021, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Die Vertreter des Beteiligten zu 1.) haben namens und im Auftrag des Beteiligten zu 1.) mit Schriftsatz vom 07.05.2021, eingegangen beim Landesarbeitsgericht am selben Tag, Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Sie haben die Beschwerde - nach Verlängerung der Begründungsfrist aufgrund am 07.05.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Antrags bis 14.05.2021 - mit am 14.05.2021 eingegangenem Schriftsatz selben Datums begründet.

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Beteiligte zu 2.) vorgetragen, sie bleibe dabei, dass eine ordnungsgemäße Beschlussfassung zur Verfahrenseinleitung nicht gegeben sei. Zunächst fehle es an Sachvortrag zur genauen Einladung zur Sitzung, zu Einzelheiten der Empfängerliste der Einladung, zum genauen Verlauf der Betriebsratssitzung und insbesondere zum Verfahren der Beschlussfassung einschließlich der genauen Uhrzeit der Beschlussfassung, zum Sitzungsprotokoll, welches weder den Beschlussinhalt selbst noch eine von den Sitzungsteilnehmern unterzeichnete Anwesenheitsliste enthalte. Immerhin habe die aus den Teillisten erkennbare Teilnehmerzahl mindestens um drei Personen variiert. Die drei Teilnehmerlisten enthielten nur 18 Personen, keine der Teilnehmerlisten enthalte mehr als zehn Unterschriften. Es werde bestritten, dass eine „Hybrid-Sitzung“ in drei Räumen tatsächlich stattgefunden habe. Es sei nicht klar, welche Betriebsratsmitglieder an welchen Standorten teilgenommen hätten. In einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Nürnberg trage der Beteiligte zu 1.) vor, dass er technische Arbeitsmittel benötige, weil er seine Sitzungen sonst nicht digital durchführen könne, weil insbesondere die Sprachqualität der Verbindung mangelhaft sei. Dem widerspreche es, wenn er jetzt die Durchführung einer ordnungsgemäßen Sitzung behaupte. Dies gelte umso mehr, als der Beteiligte zu 1.) behaupte, der Betriebsratsvorsitzende habe den langen Text des Beschlusses vorgelesen. Es fehle ein Nachweis, dass der Beschluss mit ausreichender Mehrheit zustande gekommen sei. Schließlich seien die Unstimmigkeiten hinsichtlich der Anwesenheitszeiten nicht aufgeklärt. Nicht vorgetragen sei, welche Anlagen der Betriebsratsvorsitzende mit der Ladung übersandt habe. Bestritten werde, dass das Ersatzmitglied Hu… die Ladung erhalten habe, und wenn, dann sei dies nicht rechtzeitig erfolgt. Der Beschluss sei zudem wegen der zu kurzfristigen Einladung unwirksam. Eine Heilung dieses Mangels sei nicht einstimmig beschlossen worden. Es sei nicht erkennbar, dass mit dem Ersatzmitglied Hu… das richtige Ersatzmitglied geladen worden sei. Die Teilnahme der beiden Mitglieder über die Telefonverbindung werde bestritten. Diese hätten ihre Teilnahme zudem erst mehr als sechs Wochen nach der Sitzung bestätigt. Sie hätten zudem nicht sicherstellen können, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen konnten.

Hinsichtlich der offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle führt die Beteiligte zu 2.) aus, es entspreche gefestigter Rechtsprechung, dass in Konzernangelegenheiten keine Ersatzzuständigkeit des örtlichen Betriebsrats bestehe. Dies ergebe sich aus den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 21.11.2017 und vom 12.06.2019, ebenso aus dem Beschluss des LAG München vom 25.09.2019 (4 TaBV 52/18). Anders als beim Beschluss des LAG Nürnberg vom 23.02.2021 (6 TaBV 1/21) habe die Konzernobergesellschaft ihren Sitz nicht im Ausland. Dort sei es zudem um eine leistungsbezogene Vergütung gegangen. Es entspreche gefestigter Rechtsprechung, dass die Mitbestimmung des Betriebsrats ausgeschlossen sei, wenn diejenige Gesellschaft, bei der der Betriebsrat gebildet sei, keinerlei Handlungs- und Einflussmöglichkeit auf die von der Konzernmutter beschlossene Leistung habe. Der Beschluss des Stiftungsbeirats sei als bindende Vorschrift im Sinne des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG zu verstehen. Nichts anderes ergebe sich daraus, dass die Stiftung gleichzeitig als Komplementärgesellschafterin der Beteiligten zu 2.) fungiere. Diese Eigenschaft sei völlig losgelöst von der Eigenschaft als Konzernmutter zu sehen. Es existiere keine gesetzliche Norm, die diesbezüglich eine Zurechnung vorsehe.

Die Beteiligte zu 2.) und Beschwerdeführerin stellt im Beschwerdeverfahren den Antrag,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23.04.2021, Az. 8 BV 24/21, abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1), Beschwerdeführer und Beschwerdegegner beantragt,

1.    Der Beschluss des Arbeitsgerichte Nürnberg vorn 23.04.2021, Az. 8 BV 24/21, wird abgeändert.

2.    Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Entlohnungsgrundsätze für die Corona-Sonderzahlung als Einmalzahlung in Höhe von 500,00 €“ wird Herr Vorsitzender Richter BAG a.D. K… bestellt.

3.    Die Zahl der von den Beteiligten jeweils zu benennenden Beisitzer wird auf 3 festgesetzt.

4.    Die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 2.) und Beschwerdegegnerin hat beantragt,

die Anträge des Beteiligten zu 1.) zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1.) hat in seiner Anschlussbeschwerde geltend gemacht, gegen den vom Arbeitsgericht bestimmten Einigungsstellenvorsitzenden beständen Bedenken wegen der Verfügbarkeit. Zudem habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft nicht den von ihm - dem Beteiligten zu 1.) - vorgeschlagenen Vorsitzenden bestellt. Dieser sei immer dann zu bestellen, wenn keine verifizierbaren Bedenken gegen ihn vorgebracht würden, wie das LAG Nürnberg am 02.07.2004 entschieden habe. Fehlerhaft habe das Arbeitsgericht die Zahl der jeweiligen Beisitzer nicht mit drei festgelegt. Schon den gewechselten Schriftsätzen sei zu entnehmen, wie umfangreich das Verfahren sei. In der Einigungsstelle werde es zunächst um gesellschaftsrechtliche Fragen und die Beurteilung der Konzernstruktur gehen. Hier sei ein Beisitzer mit Kenntnissen über gesellschaftsrechtliche Problematiken nötig. Die Verteilung der Sonderzahlung berge diverse auch rechtliche Problematiken, so dass der Sachverhalt auch insoweit überdurchschnittliche Schwierigkeiten aufweise, zumal Besonderheiten von vier Standorten zu berücksichtigen seien.

Die von der Beteiligten zu 2.) wiederholten Bedenken gegen die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats seien unberechtigt. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass auch hierfür der Offensichtlichkeitsmaßstab gelte. Zudem sei am 25.02.2021 allen 21 ordentlichen Betriebsratsmitgliedern die Ladung mit Tagesordnung übermittelt worden. Der Erhalt sei durch die jeweilige Lesebestätigung nachgewiesen. Aufgrund der Befassung in vorherigen Sitzungen seien keine Fragen offen gewesen. Für das Betriebsratsmitglied G… sei das Ersatzmitglied Hu… nachgeladen worden, für das Betriebsratsmitglied U… das Ersatzmitglied No… Es seien zwei Besprechungszimmer im Betriebsteil D…, ein weiteres im Betriebsteil Z… genutzt worden. 17 ordentliche Mitglieder und das Ersatzmitglied Hu… seien anwesend, zwei Betriebsratsmitglieder via Telefon zugeschaltet gewesen. Das Protokoll sei ordnungsgemäß erstellt worden; im Übrigen machten Fehler hierbei die Beschlussfassung nicht unwirksam. Während der Sitzung habe es beim streitigen Beschluss keine Einschränkungen der Tonqualität gegeben. Es seien 20 Betriebsratsmitglieder bei der Beschlussfassung anwesend gewesen, die Beschlussfassung sei mit 12 Jastimmen und acht Enthaltungen ordnungsgemäß erfolgt. Die per Telefon zugeschalteten Betriebsratsmitglieder könnten bestätigen, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung nicht hätten Kenntnis nehmen können. Die Einigungsstelle sei auch nicht offensichtlich unzuständig. Gerade zur vorliegenden Konstellation existiere keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Es gehe nicht um die Frage der Ersatzzuständigkeit des lokalen Betriebsrats für trotz bestehender Möglichkeit nicht gebildeten Konzernbetriebsrat. Es sei schon nicht hinreichend klargelegt, dass es sich um einen klassischen Konzernsachverhalt handeln würde. Im Sachverhalt, der dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 21.11.2017 zugrunde gelegen habe, sei ein Konzernbetriebsrat gebildet gewesen. Bei dessen Fehlen komme es nicht darauf an, ob die Konzernobergesellschaft im Ausland sitze oder nicht. Es sei nicht abschließend geklärt, in welcher Form und mit welchen Zuständigkeiten in der vorliegenden Konstellation überhaupt ein Konzernbetriebsrat gebildet werden könne. Der Beschluss des Stiftungsbeirats sei keineswegs eine bindende Vorschrift im Sinne des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG. Keine von der Beteiligten zu 2.) zitierten Entscheidungen bezögen sich auf eine Stiftung. Im Gegensatz zum Sachverhalt, über den das Bundesarbeitsgericht am 12.06.2019 entschieden habe, gehe es vorliegend nicht um Aktienoptionen, sondern um Geldzahlungen, die die Konzerntochter gegebenenfalls selbst erfüllen könne. Insofern sei ein Gestaltungsspielraum durchaus gegeben.

Die Beteiligte zu 2.) meint, die ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung sei in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Ein Offensichtlichkeitsmaßstab gelte hierfür nicht. Die Gerichte hätten daher aufzuklären, ob eine ordnungsgemäße Beschlussfassung hierüber vorliege. Jedenfalls fehle vorliegend ein Beschluss des Betriebsrats darüber, dass die Sitzung in hybrider Form abgehalten werden könne. Die fehlende Beschlussfassung zur Verfahrenseinleitung führe auch zur Unzulässigkeit der Beschwerde, weil auch hierfür kein Betriebsratsbeschluss vorliege. Das Arbeitsgericht habe mit der Einsetzung des RiArbG T… ihrer - der Beteiligten zu 2.) - bestehenden Bedenken gegenüber der vom Beteiligten zu 1.) vorgeschlagenen Person, die darin begründet seien, dass der Vorgeschlagene für die Prozessvertreter Seminare abgehalten habe, ebenso wie den Bedenken des Beteiligten zu 1.) gegenüber den beiden anderen von ihr - der Beteiligten zu 2.) - vorgeschlagenen Personen Rechnung getragen. Gegen die Person des RiArbG T… habe kein Beteiligter Bedenken geäußert. Zwei Beisitzer pro Seite seien ausreichend, weil in der Einigungsstelle keine schwierigen Fragen zu verhandeln seien.

Der Beteiligte zu 1.) hat vorgetragen, er habe in der Sitzung vom 31.05.2021 vorsorglich einen erneuten Beschluss zur Verfahrenseinleitung gefasst.

Die Beteiligte zu 2.) hat die Wirksamkeit auch dieses Beschlusses im Einzelnen gerügt.

In der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht vom 21.06.2021 hat das Gericht die Vorschlagsliste, über die das Ersatzmitglied Hu… geladen worden ist, durch Einsichtnahme im i-Pad der Prozessbevollmächtigten, an die die abfotografierte Vorschlagsliste übersandt worden war, geprüft. Der Betriebsratsvorsitzende Bo… hat auf Fragen des Gerichts über das laut geschaltete Telefon erklärt, das vor dem Arbeitnehmer G… als Ersatzmitglied stehende, ausgestrichene Ersatzmitglied R… sei inzwischen ausgeschieden. Das Gericht hat Einsicht genommen in die ebenfalls abfotografierte Rücktrittserklärung des Ersatzmitglieds R… vom 18.09.2018. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung des Sachverhalts in den Gründen des arbeitsgerichtlichen Beschlusses vom 23.04.2021, auf die Niederschrift über die Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht vom 21.06.2021 (Bl. 404 ff. d.A.) und auf die von den Beteiligten zur Akte eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Aus den Gründen

II. Beschwerde und Anschlussbeschwerde sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht beim Landesarbeitsgericht eingereicht und auch begründet. Hinsichtlich der Beschwerde des Beteiligten zu 1.) gilt, dass die Begründungsfrist auch im Verfahren nach § 100 ArbGG verlängert werden kann (vgl. im Einzelnen LAG Nürnberg vom 20.11.2020, 1 TaBV 25/20).

In der Sache haben die Beschwerden keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Einigungsstelle zu Recht eingesetzt; auch die Auswahl des Vorsitzenden und die Festlegung der Beisitzerzahl ist in keiner Weise zu beanstanden. Das Beschwerdegericht folgt den sehr sorgfältigen und ausführlichen Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Beschlusses, denen sie sich anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG entsprechend). Im Hinblick auf die in der Beschwerde wiederholten und neu vorgetragenen Argumente der Beteiligten ist folgendes anzufügen:

1. Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Betriebsrat einen ordnungsgemäßen Beschluss zur Einleitung des Verfahrens auf Durchsetzung der Einrichtung einer Einigungsstelle und zur Beauftragung der Prozessbevollmächtigten gefasst hat.

a. Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 1.) ist die Frage, ob das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden ist, nicht nur am Offensichtlichkeitsmaßstab zu messen. Der in § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG normierte Offensichtlichkeitsmaßstab bezieht sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Prüfung der fehlenden inhaltlichen Zuständigkeit der Einigungsstelle. Für die Verfahrenseinleitung sowie für die Beauftragung von Prozessbevollmächtigten gilt dagegen das Verfahren nach §§ 80 bis 84 ArbGG entsprechend (§ 100 Abs. 1 S. 3 BetrVG; so zuletzt auch LAG Berlin-Brandenburg vom 28.07.2011, 26 TaBV 1298/11; LAG Hamm vom 15.07.2011, 10 TaBV 41/11; LAG Berlin-Brandenburg vom 19.08.2009, 26 TaBV 1185/09; vom 07.08.2008, 14 TaBV 1212/08; LAG Hamm vom 11.02.2008, 10 TaBV 111/07; LAG Hamm vom 18.07.2007, 10 TaBV 71/07; Koch in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 21. Aufl. 2021, § 76 ArbGG Rn. 4; a.A. LAG Baden-Württemberg vom 24.01.2005, 15 TaBV 10/04, obiter dictum; LAG Köln vom 01.03.2001, 3 TaBV 92/00; LAG Hamburg vom 02.11.1988, H 4 TaBV 6/88, jeweils zitiert nach juris; GK-Jacobs, Gemeinschaftskommentar zum BetrVG, 11. Aufl. 2018, § 76 Rn. 74). Zwar soll nach dem Zweck des besonderen Verfahrens zur Einsetzung der Einigungsstelle in der Regel eine Beweisaufnahme nicht stattfinden müssen. Die Einigungsstelle soll vielmehr selbst über ihre Zuständigkeit entscheiden, wenn das Fehlen der Zuständigkeit nicht offensichtlich ist. Es besteht aber kein Anlass, dies auch auf die ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung für das gerichtliche Bestellungsverfahren zu beziehen. Zum einen hat diese Frage mit dem tatsächlichen - nicht offensichtlichen - Bestehen eines Mitbestimmungsrechts in der Sache nichts zu tun. Die Entscheidung der Einigungsstelle über ihre Zuständigkeit betrifft nicht die Frage, ob die Einigungsstelle selbst ordnungsgemäß eingesetzt ist - sonst müsste sie ihre Zuständigkeit ja auch bei anderen Fragen wie etwa über ausreichendes Verhandeln der Betriebsparteien oder die zutreffende Auswahl des Vorsitzenden oder ähnliche Fragen nochmals vorweg abschließend entscheiden. Zum anderen hat es der antragstellende Betriebsrat in der Hand, durch Vorlage von Urkunden, die die betreffende Beschlussfassung zur Verfahrenseinleitung und Anwaltsbeauftragung belegen, für eine schnelle Nachprüfbarkeit der Ordnungsmäßigkeit der Verfahrenseinleitung zu sorgen.

b. Das Beschwerdegericht ist aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der vorgenommenen Feststellungen von der Ordnungsmäßigkeit des Betriebsratsbeschlusses zur Verfahrenseinleitung und Anwaltsbeauftragung am 01.03.2021 überzeugt. Dabei ist unerheblich, ob der Beteiligte zu 1.) Sachvortrag ausdrücklich schriftsätzlich wiederholt hat, der sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt. Die Gerichte sind zwar - wie die Beteiligte zu 2.) zutreffend anmerkt - nicht verpflichtet, sich Tatsachen aus umfangreichen Unterlagen selbst zusammenzusuchen, wenn ein entsprechender Vortrag nicht erfolgt ist. Ob dies allerdings im selben Maß auch für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren gilt, in dem nicht der Beibringungs-, sondern der Untersuchungsgrundsatz anzuwenden ist (§ 83 Abs. 1 S. 1 ArbGG), erscheint schon als zweifelhaft. Jedenfalls dann, wenn das Gericht Tatsachen, die sich aus vorgelegten Unterlagen ergeben, auf die ein Beteiligter Bezug genommen hat, ohne Weiteres herauslesen kann, ist es in keiner Weise gehindert, sondern aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, dies auch zu tun und den Sachvortrag für seine Bewertung zugrunde zu legen.

aa. Der Beteiligte zu 1.) hat die - teilweise geschwärzte - Einladung zur Sitzung vom 25.02.2021 in Ablichtung vorgelegt. Dort ist unter Ziff. 6 der Tagesordnungspunkt „Beratung und Beschlussfassung Einforderung Mitbestimmung bei Corona-Sonderzahlung und Anwaltsbeauftragung“ enthalten (Anlage zum Schriftsatz vom 16.04.2021, Bl. 124 d.A.). Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten zu 2.) sieht das Beschwerdegericht keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der Betriebsratsvorsitzende eine solche Tagesordnung für die Sitzung am 01.03.2021 versandt hat.

bb. Der Beteiligte zu 1.) hat die Liste der Empfänger der Einladung vorgelegt (ebenda, Bl. 130 d.A.). Erkennbar sind 20 der 21 ordentlichen Betriebsratsmitglieder aufgeführt. Die in der Empfängerliste nicht aufgeführte Betriebsrätin No… hat den Erhalt der Einladung gesondert bestätigt, so dass von der Ladung der 21 zunächst teilnahmeberechtigten Mitglieder ausgegangen werden kann. Der Umstand, dass drei der 21 geladenen Betriebsratsmitglieder die Antwort zum Zeitpunkt des Ausdrucks nicht als gelesen markiert hatten, ist unerheblich. Entscheidend ist allein, dass die Ladung auf dem üblichen vorgesehenen Weg am Mail-Account der Betriebsratsmitglieder oder auf andere Weise angekommen ist. Unerheblich ist, ob und warum die Empfänger ihre elektronische Post geöffnet oder nicht geöffnet haben. Hierfür ist der einladende Betriebsratsvorsitzende nicht verantwortlich. Der Umstand, dass die Empfängerliste kein Datum und keine Uhrzeit enthält, ist dabei irrelevant. Die Liste stimmt mit denjenigen Personen, die auch als Teilnehmer bezeichnet sind, überein. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass der Betriebsratsvorsitzende bewusst eine falsche Liste vorgelegt haben soll, bestehen nicht. Die von der Beteiligten zu 2.) erhobene Rüge erscheint als „ins Blaue hinein“ erhoben und ist unbeachtlich.

cc. Nach der Einsichtnahme in die vom Beteiligten zu 1.) auf das I-Pad der Prozessbevollmächtigten übersandten, abfotografierten Vorschlagsliste ist das Beschwerdegericht davon überzeugt, dass der Betriebsratsvorsitzende für das verhinderte Betriebsratsmitglied G… mit dem Ersatzmitglied Hu… auch das richtige Ersatzmitglied zur Sitzung geladen hat. Dort ist der Arbeitnehmer Hu… zwar nur als Nr. 6 aufgeführt. Die Beteiligte zu 2.) hat dem Vortrag, die Arbeitnehmerin M… sei ausgeschieden, so dass das auf Nr. 4 der Liste aufgeführte Ersatzmitglied P… in die Funktion des ständigen Mitglieds nachgerückt sei, der auf Nr. 5 der Liste aufgeführte Bewerber R… habe am 18.09.2018 seinen Rücktritt erklärt, keine fundierten Einwendungen mehr entgegengehalten. Das Beschwerdegericht hat nach Einsicht in die abfotografierte Vorschlagsliste und in die abfotografierte Rücktrittserklärung keinen Anhaltspunkt, daran zu zweifeln, dass mit dem Arbeitnehmer Hu… auch das richtige Ersatzmitglied zur Sitzung am 01.03.2021 geladen war.

dd. Der Beteiligte zu 1.) hat zumindest im Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht klargestellt, dass die Sitzung in mehreren Räumen stattgefunden hat, in denen insgesamt 17 ordentliche Betriebsratsmitglieder sowie das Ersatzmitglied Hu… anwesend gewesen seien. Dies ergibt sich im Übrigen bereits aus dem Text der in Ablichtung vorgelegten Einladung (a.a.O., Bl. 123 d.A.). Vorgetragen ist auch, dass die Betriebsratsmitglieder Bä… und Ko… per Telefonzuschaltung an der Sitzung teilgenommen haben.

ee. Das Beschwerdegericht hat angesichts der Geltung der Übergangsvorschrift des § 129 BetrVG bis zum 30.06.2021 keinen Zweifel, dass sowohl die Aufteilung der Betriebsratsmitglieder auf mehrere Räume als auch die Zuschaltung der beiden weiteren Mitglieder per Telefon möglich und zulässig war. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eines der Betriebsratsmitglieder der gewählten Handhabung widersprochen hätte oder dass diese Handhabung dazu geführt hätte, dass nicht dieselben Betriebsratsmitglieder an der Sitzung hätten vollumfänglich teilnehmen können. Nach dem Vortrag des Beteiligten zu 1.) existierten Einrichtungen, aufgrund derer Wortbeiträge der in Präsenz anwesenden Mitglieder für alle Beteiligten zu verstehen waren. Das Beschwerdegericht hat auch diesbezüglich keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser aus den Umständen - insbesondere dem Abstimmungsverhalten - naheliegenden Erklärung zu zweifeln.

ff. Der Einwand, der Beteiligte zu 1.) habe in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht die Zurverfügungstellung weiterer technischer Mittel verlangt, weil die derzeitige Ausstattung nicht störungsfrei funktioniere, erscheint für die fragliche Abstimmung als widerlegt. Der Beteiligte zu 1.) hat unwidersprochen vorgetragen, der Betriebsratsvorsitzende habe den Beschlusstext über die Einleitung des Verfahrens und die Anwaltsbeauftragung wörtlich vorgelesen. Widerspruch sei nicht erhoben worden. Die in den drei Räumen anwesenden 18 Betriebsratsmitglieder sowie die beiden telefonisch zugeschalteten Betriebsratsmitglieder hätten ihre Stimme abgegeben. Störungen habe es hierbei nicht gegeben. Die Beschwerdekammer hat auch diesbezüglich keinen Anlass, an den Angaben zu zweifeln. Anders als die Beteiligte zu 2.) meint, besteht zwischen der Behauptung, am 01.03.2021 sei die Stimmabgabe ohne Störungen möglich gewesen, und dem Wunsch, verbessertes Equipment vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt zu bekommen, kein wirklicher Widerspruch. Weitere Untersuchungen und Beweiserhebungen waren daher nicht erforderlich, um zur Überzeugung zu gelangen, dass die Beschlussfassung am 01.03.2021 tatsächlich möglich war und auch stattgefunden hat. Hätte ein an der Sitzung teilnehmendes Mitglied den vorgelesenen Text ganz oder teilweise nicht verstanden, hätte es nahegelegen, beim Betriebsratsvorsitzenden nachzufragen und um Wiederholung zu bitten. Hierfür gibt es ebenfalls keine Anhaltspunkte.

gg. Die Beschwerdekammer hat auch keinen Zweifel, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung wie behauptet 20 Mitglieder beteiligt waren und an der Beschlussfassung teilgenommen haben. Der Zeitpunkt des Einstempelns einzelner Betriebsratsmitglieder erscheint hierfür unerheblich. Auch diesbezüglich erscheint der Einwand nicht derart fundiert, dass er der Überzeugungsbildung des Gerichts entgegenstehen und weitere Ermittlungen veranlassen würde.

hh. Auf den Einwand, dass die Teilnehmer auf drei verschiedenen Teilnehmerlisten aufgeführt sind - was offensichtlich dem Aufenthalt in den drei verschiedenen Räumen geschuldet ist -, kommt es ebenso wenig an wie darauf, dass die telefonisch zugeschalteten Betriebsratsmitglieder ihre Erklärung über die Teilnahme offensichtlich erst nachträglich übersandt haben. Das Vorhandensein der Teilnehmerliste stellt keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beschlussfassung des Betriebsrats dar. Die Teilnehmerliste ist Teil der Niederschrift über die Sitzung (einhellige Auffassung, vgl. nur Fitting u.a., BetrVG, 30. Aufl. 2020, § 34 Rn. 21). Ihr Fehlen ist für die Rechtsgültigkeit eines Beschlusses ohne Bedeutung (Fitting, a.a.O., § 34 Rn. 26). Unabhängig davon ist das Beschwerdegericht aufgrund der Vorlage der Anwesenheitslisten und der Bestätigungen der telefonisch zugeschalteten Mitglieder von der Anwesenheit der betreffenden Betriebsratsmitglieder an der Sitzung überzeugt.

ii. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass es auf die von der Beteiligten zu 2.) aufgeworfene Frage, ob das Betriebsratsmitglied G… wirklich verhindert gewesen ist, für die Entscheidung nicht ankommt. Dann wäre die Stimme des Ersatzmitglieds Hu… nicht mitzuzählen. Falls er - worauf es nicht ankommt - für den Antrag gestimmt hat, wäre die Mehrheit der Stimmen der Anwesenden - dann wäre 19 Anwesende die maßgebliche Größe - mit 11 Stimmen immer noch erreicht.

jj. Unerheblich ist, ob der Vorsitzende die Betriebsratsmitglieder - und auch das Ersatzmitglied Hu… - rechtzeitig unter Angabe der Tagesordnung geladen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich das Beschwerdegericht anschließt, können die erschienenen Betriebsratsmitglieder einstimmig beschließen, trotz fehlender Rechtzeitigkeit der Ladung oder Mitteilung der Tagesordnung bestimmte Tagesordnungspunkte einstimmig auf die Tagesordnung zu setzen und hierzu Beschlüsse zu fassen (BAG vom 15.04.2014, 1 ABR 2/13 (B), zitiert nach juris). Zwar gibt es keine Anhaltspunkte, dass ein solcher Beschluss ausdrücklich gefasst worden ist. Von einer einvernehmlichen Erweiterung der Tagesordnung ist jedoch bereits dann auszugehen, wenn keines der anwesenden Betriebsratsmitglieder der Befassung mit diesem Tagesordnungspunkt und der Beschlussfassung in der Sache widersprochen hat (so ausdrücklich BAG vom 15.04.2014, a.a.O., Rn. 37; schon BAG vom 29.04.1992, 7 ABR 74/91, Rn. 28 der Gründe; BAG v. 18.02.2003, 1 ABR 17/02, Rn. 50 der Gründe am Ende, jeweils ebenfalls zitiert nach juris). Hierbei werden die Rechte der einzelnen Betriebsratsmitglieder - insbesondere dasjenige, sich umfassend auf die Entscheidung vorbereiten zu können - in ausreichendem Maß gewahrt. Auf die umfangreichen diesbezüglichen Einwendungen der Beteiligten zu 2.) zur Frage der rechtzeitigen Mitteilung der Tagesordnung kommt es nach alldem aus rechtlichen Gründen nicht an.

kk. Das Beschwerdegericht sieht keinen Anhaltspunkt für die von der Beteiligten zu 2.) geäußerten Befürchtung, bei der Sitzung und Beratung in Telefonkonferenz sei nicht ausreichend sichergestellt gewesen, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen konnten. Das Beschwerdegericht hat schon Zweifel, ob ein solcher Fehler zur Unwirksamkeit des Beschlusses führen würde und ob sich der Arbeitgeber hierauf berufen könnte. Unabhängig hiervon sind Anhaltspunkte dafür, dass Dritte bei den im Home-Office befindlichen Betriebsratsmitgliedern Bä… und Ko… im Raum gewesen wären oder dass sie - etwa durch Aufschaltung auf die Telefonleitung - hätten mithören können, in keiner Weise erkennbar.

ll. Schließlich genügt der vom Beteiligten zu 1.) gefasste Beschluss (ebenda, Bl. 126 d.A.) seinem Inhalt nach den zu stellenden Anforderungen. Er erfasst die Durchsetzung des behaupteten Anspruchs. Damit ist auch die Willensbildung zur Einlegung einer etwaigen Beschwerde ausreichend dokumentiert.

mm. Auf die Frage, ob der Betriebsrat am 31.05.2021 einen erneuten Beschluss gefasst hat, ob dies ausreichend dokumentiert und wirksam war, kommt es nach alldem nicht mehr an.

2. Zur Recht hat das Arbeitsgericht die Einigungsstelle eingesetzt, weil die offensichtliche Unzuständigkeit im Sinne des § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG nicht gegeben ist.

a. Hierbei hat das Arbeitsgericht zutreffend den Prüfungsmaßstab beschrieben. Ein Antrag nach § 100 ArbGG kann nur abgewiesen werden, wenn die Zuständigkeit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt als möglich erscheint, wenn offensichtlich ist, dass das vom Betriebsrat in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht nicht gegeben ist. Diese Voraussetzung liegt nur vor, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt (Einzelheiten vgl. bei Schlewing in Germelmann u.a., ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 100 Rn.9 f.; Fitting u.a., a.a.O., § 76 Rn. 31 f.; Jacobs in GK-BetrVG, a.a.O., § 76 Rn. 70 ff.; Maschmann in Richardi/Thüsing, BetrVG, 16. Aufl. 2018, § 76 Rn. 65, jeweils mit weiteren Nachweisen). Der Offensichtlichkeitsmaßstab gilt auch für die Frage, ob der antragstellende Betriebsrat oder ein anderes Mitbestimmungsgremium zur Klärung der Frage zuständig ist (zuletzt LAG Berlin-Brandenburg vom 17.02.2021, 4 TaBV 50/21, Rn. 36 der Gründe; ErfK-Koch, a.a.O., § 100 ArbGG Rn. 3; Fitting u.a., a.a.O., § 76 Rn. 35 am Ende).

b. Zunächst ist nicht zweifelhaft, dass ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Betracht kommt, weil durch die Beteiligte zu 2.) - unabhängig davon, wer dies letztlich veranlasst hat - ein Bonus für eine Vielzahl von Mitarbeitern gewährt worden ist. Insoweit ist zwar nicht das Volumen einer solchen Bonuszahlung, aber die Verteilungsmaßstäbe auf die einzelnen Mitarbeiter mitbestimmungspflichtig. Besteht ein solches Mitbestimmungsrecht, ist auch die Durchsetzung dieses Rechts mit Hilfe der Einigungsstelle möglich (§ 87 Abs. 2 BetrVG).

c. Das Mitbestimmungsrecht ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Bedingungen für die Zahlung schon eingetreten und die Leistungen schon erbracht sind. Das Beschwerdegericht folgt - wie auch das Arbeitsgericht - der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezüglich der Ausübung des Mitbestimmungsrechts dann, wenn der Arbeitgeber die Verteilung bestimmter Vergünstigungen ohne Einschaltung des Betriebsrats versprochen und auch schon vorgenommen hat. War oder ist die Festlegung ohne Beteiligung des Betriebsrats getroffen, kann diese noch nachgeholt, kann die Verteilung des vorhandenen Volumens - des sog. „Dotierungsrahmens“ - auch nachträglich vorgenommen werden. Betriebsrat und Arbeitgeber können die Angelegenheit genauso regeln, wie wenn der Arbeitgeber noch keine Versprechungen abgegeben und noch keine Auszahlungen vorgenommen hätte. Eine solche nachträgliche Regelung von Arbeitgeber und Betriebsrat, notfalls mit Hilfe der oder durch Spruch der Einigungsstelle, kann für einzelne Arbeitnehmer erstmals einen Anspruch, für andere einen höheren Anspruch, für wiederum andere Betroffene einen geringeren Anspruch auf derartige Zahlungen festlegen. Auf diese Festlegungen können sich die Arbeitnehmer dann berufen, natürlich nur, soweit der nunmehr festgelegte Anspruch nicht durch bereits erfolgte Zahlungen des Arbeitgebers erfüllt ist. Andererseits kann ein Arbeitnehmer gegebenenfalls den ihm verbindlich zugesagten Zahlungsanspruch auch dann durchsetzen, wenn das Mitbestimmungsverfahren für ihn einen geringeren Bonus ergeben sollte. Dies entspricht dem im Verhältnis von Arbeitsvertrag zu Betriebsvereinbarung anzuwendenden Günstigkeitsprinzip (BAG v. 14.01.2014, 1 ABR 57/12, zitiert nach juris). Es ist das Versäumnis des Arbeitgebers, nicht rechtzeitig für eine erforderliche Beteiligung des Betriebsrats gesorgt zu haben. Daher muss er sich mitbestimmungsrechtlich so behandeln lassen, als hätte er den Arbeitnehmern noch nichts verbindlich zugesagt und erst recht nicht ausgezahlt. Gegebenenfalls muss er - entsprechend der dann erfolgten Einigung mit dem Betriebsrat - noch bestimmte Beträge nachzahlen (BAG v. 14.06.1994, 1 ABR 63/93, zitiert nach juris; Fitting u.a., BetrVG, 30. Aufl. 2020, § 87 Rn. 448; Klebe in Däubler u.a., BetrVG, 17. Aufl. 2020, § 87 Rn. 319, jeweils mit weiteren Nachweisen). Hat der Arbeitgeber die Zahlung noch nicht verbindlich zugesagt oder die Auszahlung - wegen bisher nicht durchgeführter Mitbestimmung oder aus sonstigen Gründen - mit einem Vorbehalt versehen, kann er den gesamten oder einen Teil des Bonus von den betreffenden Arbeitnehmern zurückfordern (so auch LAG Nürnberg vom 23.02.2021, 6 TaBV 1/21 Rn. 34 der Gründe).

d. Das Mitbestimmungsrecht ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Zahlung keinen kollektiven Bezug hätte. Die Zahlung ist an alle Mitarbeiter ohne Rücksicht auf besondere, im einzelnen Arbeitsverhältnis begründete Besonderheiten oder Zusagen erfolgt. Am kollektiven Bezug besteht daher kein Zweifel.

e. Die Bestehen des Mitbestimmungsrechts des Beteiligten zu 1.) ist nicht deswegen offensichtlich ausgeschlossen, weil die Entscheidung durch den Stiftungsrat erfolgt ist, woran das Beschwerdegericht angesichts der vorgelegten Unterlagen keinen Zweifel hat. Im Rechtsverkehr tritt nicht der Stiftungsrat auf, sondern die Stiftung als eigene Rechtsperson. Wer innerhalb dieser Rechtsperson Entscheidungen trifft oder Anweisungen gibt, ist für den Rechtsverkehr - und auch für die Frage, ob und wann Mitbestimmungsrechte der Betriebsratsgremien einzuhalten sind - unerheblich. Letztlich sind solche Entscheidungen der im Rechtsverkehr auftretenden Rechtsperson zuzurechnen. Auf die vom Beteiligten zu 1.) aufgeworfenen Rechtsfragen über die Befugnisse des Stiftungsrats kommt es daher in keiner Weise an.

f. Offensichtliche Unzuständigkeit ist auch nicht darin zu sehen, dass die Ausübung des Mitbestimmungsrechts dem Konzernbetriebsrat und nicht dem Beteiligten zu 1.) zustünde.

aa. Zwar ist von einer Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche von Konzernbetriebsrat, Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat auszugehen. Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats, die grundsätzlich die Mitbestimmungsrechte von Gesamt- und Einzelbetriebsräten ausschließt, setzt voraus, dass die Angelegenheit den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betrifft und - kumulativ - daher nicht durch die Gesamt- oder Einzelbetriebsräte geregelt werden kann (§ 58 Abs. 1 BetrVG). Objektiv unmöglich ist eine Regelung durch die Gesamt- oder Einzelbetriebsräte dann, wenn eine Maßnahme ihrem Gegenstand nach ausschließlich konzernbezogen ist und auch gedanklich nicht in Teilakte zerlegt werden kann, wie dies etwa bei der Ausgestaltung einer konzernweiten Sozialeinrichtung der Fall ist. Subjektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn die Konzernleitung nur auf Konzernebene zur Regelung bereit ist, was insbesondere bei freiwilligen Zuwendungen anzunehmen ist (vgl. z.B. BAG vom 13.12.2016, 1 AZR 148/15, Rn. 25; BAG vom 17.05.2011, 1 ABR 121/09; LAG München vom 25.09.2019, 4 TaBV 52/19, jeweils zitiert nach juris; zum Ganzen Franzen in GK-BetrVG, a.a.O., § 58 Rn. 24; für die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats bei freiwilligen Leistungen vgl. BAG vom 26.09.2017, 1 ABR 27/16; BAG vom 23.03.2010, 1 ABR 82/08, Rn. 20 m.w.N., jeweils zitiert nach juris). Nach diesen Grundsätzen wäre, wenn es einen Konzernbetriebsrat gäbe, nicht zweifelhaft, dass dieser für die Mitbestimmung nach § 87 BetrVG zuständig wäre und nicht der Beteiligte zu 1.).

bb. Zutreffend hat das Arbeitsgericht aber ausgeführt, dass der Ausschluss der Mitbestimmung des Betriebsrats in denjenigen Fällen nicht abschließend geklärt ist, in denen kein Konzernbetriebsrat gebildet werden konnte. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Konzern-Muttergesellschaft ihren Sitz im Ausland hat. Für diese gilt das auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkte Betriebsverfassungsrecht ebenso wie das Aktiengesetz mit seiner Definition des Konzernbegriffs von vornherein nicht (so ausdrücklich BAG vom 23.05.2018, 7 ABR 60/16, Rn. 23 ff. mit Ablehnung der diesbezüglich abweichenden Auffassungen etwa von Fitting u.a., a.a.O., § 54 Rn. 34c ff.). In derartigen Konstellationen werden nach dieser Rechtsprechung die Mitbestimmungsrechte auf die Beteiligungsgremien der niedrigeren Ebene verlagert (BAG vom 23.05.2018, a.a.O.; BAG vom 14.02.2007, 7 ABR 26/06, jeweils zitiert nach juris; zustimmend Franzen in GK-BetrVG, a.a.O., § 54 Rn. 47; ErfK-Koch, a.a.O., § 54 Rn. 7; zweifelnd u.a. Fitting u.a., a.a.O., § 34 Rn. 34 f. ff.; auch Linsenmaier in Festschrift 100 Jahre Betriebsverfassungsrecht, S. 409 ff., 419; wieder anders Wenckebach in Däubler/Klebe/Wedde, BetrVG, 17. Aufl. 2020, Vor § 54 Rn. 23 ff.: es kann ein Konzernbetriebsrat auf niedrigerer Ebene eingerichtet werden). Es kann dahinstehen, welche der vertretenen Auffassungen letztlich zutrifft. Die Rechtsfrage ist ungeklärt und offen und kann nicht zur offensichtlichen Unzuständigkeit des Einzelbetriebsrats führen.

Nichts anderes kann gelten, wenn die Bildung eines Konzernbetriebsrats aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt, etwa weil - wie vorliegend - nur ein einziger Betrieb eines einzigen von der Konzernobergesellschaft gesteuerten Unternehmens im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vorhanden ist. Es ist schon nicht abschließend geklärt, ob in einem solchen Fall überhaupt ein Konzernbetriebsrat gebildet werden kann, weil § 54 Abs. 1 S. 2 BetrVG vom Vorhandensein mehrerer Betriebsrats- oder Gesamtbetriebsratsgremien ausgeht (bejahend etwa Fitting u.a., a.a.O., § 54 Rn. 39; Franzen in GK-BetrVG, a.a.O., § 54 Rn. 50 ff.; Koch in ErfK, a.a.O., § 54 Rn. 6; verneinend etwa BAG vom 13.10.2004, 7 ABR 56/03, zitiert nach juris; Annuß in Richardi/Thüsing, BetrVG, a.a.O., § 54 Rn. 32, jeweils mit weiteren Nachweisen; auch Löwisch in Löwisch/Kaiser, BetrVG, 7. Aufl. 2017, § 54 Rn. 19). Wenn es aber an der rechtlichen Möglichkeit fehlt, einen Konzernbetriebsrat zu gründen, ist die Verlagerung der Mitbestimmungsrechte auf den Gesamt- oder - im Falle dessen Fehlens, weil im Unternehmen nur ein einziger Betrieb gebildet ist - Einzelbetriebsrat zumindest nicht offensichtlich ausgeschlossen.

cc. Diese Verlagerung der Zuständigkeit auf den Gesamt- oder Einzelbetriebsrat gilt nach Überzeugung des Beschwerdegerichts erst recht, wenn nur ein einziges Unternehmen im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsrechtes existiert mit der Folge, dass nur ein einziger Gesamtbetriebsrat oder Einzelbetriebsrat existieren kann. Es ist kein Sachgrund erkennbar, der der Verlagerung der Mitbestimmungsrechte auf ein solches Gremium entgegensteht. In einer derartigen Konstellation können widersprechende Entscheidungen der Mitbestimmungsgremien schon denklogisch nicht auftreten. Die das abhängige Tochterunternehmen steuernde, selbst im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ansässige Konzernobergesellschaft ist gehalten, die im Betriebsverfassungsrecht normierten Beteiligungsrechte einzuhalten. Für diese Pflicht zu Einhaltung spielt es keine Rolle, dass die Konzernobergesellschaft Entscheidungen auch für in anderen Ländern gelegene Unternehmen und Betriebe trifft, für die keine oder andere Beteiligungsrechte gelten. Würde man dies anders sehen, wäre ein Ausschluss jeglicher Mitbestimmungsrechte durch Einführung einer entsprechenden Konzernstruktur - gegebenenfalls mit einem einzigen kleinen im Ausland gelegenen Betrieb - und Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse auf die Konzernebene möglich. Dies widerspricht dem gesetzlichen Konzept, das auf möglichst weitgehende Teilhabe der Belegschaften durch Rechte der Mitbestimmungsgremien ausgerichtet ist. Jedenfalls besteht für diese Konstellation ebenfalls keine gefestigte anderslautende Rechtsprechung, die unter Berücksichtigung des Prüfungsmaßstabes die Unzuständigkeit des Einzelbetriebsrats als offensichtlich erscheinen ließe.

dd. Aus diesem Grund greift auch die Einwendung der Beteiligten zu 2.) nicht, sie habe auf die Entscheidung der Konzernobergesellschaft keine Einflussmöglichkeiten gehabt, was nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 12.06.2019, a.a.O.) zum Ausschluss des Mitbestimmungsrechtes führen würde. Es ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass die im Gebiet der Bundesrepublik ansässige Konzernobergesellschaft bei ihren Entscheidungen auf die betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben und insbesondere die bestehenden Mitbestimmungsrechte Rücksicht nehmen muss.

ee. Erst recht gilt dies, wenn - wie vorliegend - die Konzernobergesellschaft gleichzeitig als Komplementärgesellschaft der den Betrieb führenden Konzerntochter fungiert. Die Situation stellt sich in diesem Fall - die Komplementärgesellschaft ist kraft ihrer Stellung zur Betriebsführung befugt - nicht anders dar, als wenn ein Unternehmen selbst weltweit Betriebe führen würde, von denen nur ein einziger Betrieb in Deutschland gelegen wäre. Es würde dem Gesetzeszweck widersprechen, würde man in einer solchen Konstellation die nur im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes normierte Mitbestimmung nur deswegen einschränken, weil neben dem im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes gelegenen Betrieb zusätzliche Betriebe im Ausland geführt würden,. Auch wenn die Entscheidung über freiwillige Leistungen nach einem einheitlichen Plan weltweit gleichförmig für alle Betriebe getroffen wird, ist dieser Konstellation kein Grund erkennbar, der es rechtfertigen würde, die für den in Deutschland gelegenen Betrieb geltenden deutschen Gesetze einzuschränken. Die von der Beteiligten zu 2.) behauptete Trennung der Funktion als Konzernobergesellschaft und derjenigen als Komplementärgesellschaft überzeugt in dieser Konstellation nicht. Es handelt sich beide Male um dieselbe die Geschicke des Konzerns wie des vorliegenden Betriebes bestimmende juristische Person. Die Situation stellt sich anders dar, als wenn eine von Entscheidungen eines Dritten abhängige Person Handlungen einerseits im Auftrag der Konzernobergesellschaft, andererseits im Auftrag einer anderen Tochtergesellschaft wahrzunehmen hätte. Ein Einfluss der Beteiligten zu 2.) auf die Konzernentscheidung ist schon deswegen nicht ausgeschlossen, weil ihre Komplementärin, die den Betrieb führt, die Entscheidung selbst getroffen hat. Zumindest besteht auch insoweit keine gefestigte Rechtsprechung, die die fehlende Zuständigkeit der Einigungsstelle als offensichtlich aufzeigen würde.

3. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist - entgegen den mit der Beschwerde des Beteiligten zu 1.) geltend gemachten Einwendungen - auch zutreffend, soweit die Auswahl der Person des Vorsitzenden und die Festlegung der Anzahl der Beisitzer pro Seite betroffen ist.

a. Auch das Beschwerdegericht folgt der Auffassung nicht, dass bei der Bestellung des Einigungsstellenvorsitzenden nach § 100 ArbGG diejenige Person auszuwählen ist, die der Antragsteller benannt hat, soweit keine nachvollziehbaren Einwendungen gegen diese Person erhoben worden sind. Dies könnte auf einen „Wettlauf“ zwischen den Betriebspartnern hinauslaufen, möglichst als erste ein Einsetzungsverfahren beim Arbeitsgericht zu beantragen, um einen ihnen „genehmen“ Vorsitzenden zu erhalten (so umfassend zuletzt LAG Hamburg vom 27.11.2019, 5 TaBV 11/19; LAG Hamm vom 10.08.2015, 7 TaBV 43/15; LAG Düsseldorf vom 25.08.2014, 9 TaBV 39/14; a.A. zuletzt etwa LAG Berlin-Brandenburg vom 18.06.2015, 21 TaBV 745/15, sämtlich zitiert nach juris, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Auffassung der 7. Kammer des LAG Nürnberg (Beschluss vom 02.07.2004, 7 TaBV 19/04, zitiert nach juris), wird vom Beschwerdegericht nicht geteilt (ebenso etwa LAG Nürnberg vom 29.07.2020, 3 TaBV 18/20, zitiert nach juris). Unabhängig hiervon hat die Beteiligte zu 2.) Bedenken gegen den vom Beteiligten zu 1.) vorgeschlagenen Vorsitzenden erhoben. Ob sie stichhaltig sind, war nicht zu überprüfen. Dasselbe gilt für zwei der drei von der Beteiligten zu 2.) vorgeschlagenen Vorsitzenden hinsichtlich der Bedenken des Beteiligten zu 1.). Gegen die Person des vom Arbeitsgericht eingesetzten Richters am Arbeitsgericht hat der Beteiligte zu 1.) mit Ausnahme der Sorge, ob dieser zeitnah zur Verfügung steht, Bedenken nicht erhoben; das Beschwerdegericht hat sich durch Rücksprache mit dem Vorgeschlagenen davon überzeugt, dass diese Sorge nicht berechtigt ist.

b. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) ist auch zurückzuweisen, soweit der Beteiligte zu 1.) die Festlegung der Anzahl der Beisitzer pro Seite angreift. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass in der Regel eine Besetzung mit zwei Beisitzern pro Seite ausreicht, um einerseits die betrieblichen Eigenheiten, andererseits auftretende rechtliche Probleme bewerten zu können. Warum es der vom Beteiligten zu 1.) geltend gemachten weiteren Expertise eines Gesellschaftsrechtlers bedarf, erschließt sich dem Beschwerdegericht nicht. Solche Fragen des Gesellschaftsrechts sind nicht zu klären, insbesondere steht auch die Konzernstruktur fest. Die Frage, wie es sich in diesen Fällen mit der Zuständigkeit der Mitbestimmungsgremien verhält, ist typisch arbeitsrechtlicher und nicht gesellschaftsrechtlicher Natur. Auch der Umstand, dass im Betrieb mehrere Betriebsstätten vorhanden sind, rechtfertigt eine Erhöhung der Zahl der Beisitzer nicht. Der Sache nach geht es darum, nach welchen Kriterien die von der Beteiligten zu 2.) ausgezahlten Sonderprämien auf die Mitarbeiter zu verteilen sind. Die Mitarbeiterlisten kann der Betriebsrat beim Arbeitgeber anfordern. Die Verhältnisse im Betrieb sind ihm entweder bekannt oder er muss sie ermitteln, unabhängig davon, ob er einen oder zwei Beisitzer aus den eigenen Reihen in die Einigungsstelle entsendet. Gegebenenfalls können, soweit erforderlich, solche Ermittlungen auch durch die Einigungsstelle selbst angestellt werden. Das für den Bonus vorhandene Volumen lässt sich durch einfache Addition oder Multiplikation errechnen. Wenn der vom Beteiligten zu 1.) in Aussicht genommene juristische Beisitzer nicht in der Lage sein sollte, die vorliegenden Rechtsfragen - Zuständigkeit der Einigungsstelle einerseits, Reichweite des Mitbestimmungsrechts andererseits - fundiert beurteilen zu können, möge der Beteiligte zu 1.) einen versierteren juristischen Beisitzer auswählen. Eine Rechtfertigung für eine Erhöhung der Zahl der Beisitzer gibt es jedenfalls nicht.

4. Nach alldem sind Beschwerde und Anschlussbeschwerde nicht begründet. Sie sind daher zurückzuweisen.

5. Gegen diese Entscheidung findet ein Rechtsmittel nicht statt (§ 100 Abs. 2 S. 4 ArbGG).

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