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Arbeitsrecht
21.11.2014
Arbeitsrecht
StGH Baden-Württemberg: Effektivität eines Rechtsmittels und rechtliches Gehör

StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 3.11.2014 – 1 VB 8/14

Leitsätze

1. Zur Wahrung des Justizgewährungsanspruches (Art. 2 Abs.1 LV und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 23 Abs. 1 LV) dürfen keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Die Gerichte dürfen ein von der Verfahrensordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine zu enge Handhabung der Vorschriften über dessen Begründung ineffektiv machen.

2. Im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren erhalten diese Anforderungen eine besondere Tragweite, weil dort der Vorsitzende die Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG allein treffen kann. Kommt es für die Prüfung der Zulässigkeit der Berufung nicht auf die Erfüllung formaler Kriterien an, sondern stehen materielle Rechtsfragen im Vordergrund, ist für die Verwerfung einer Berufung nach § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG regelmäßig kein Raum.

3. Eine offensichtlich unrichtige Anwendung von Präklusionsvorschriften kann eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG) darstellen. Diese ist etwa dann anzunehmen, wenn im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren unabhängig von dem in § 67 Abs. 2 Satz 1 ArbGG genannten Kriterium der Verzögerung zusätzliche Anforderungen für die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel aufgestellt werden.

Aus den Gründen

A.

I.

1          Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Zurückweisung ihrer Berufung durch das Landesarbeitsgericht sowie gegen die Zurückweisung ihrer dagegen gerichteten Anhörungsrüge. Sie macht einen Verstoß gegen ihre Grundrechte auf rechtliches Gehör, auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes und auf Justizgewährung sowie gegen das Willkürverbot geltend.

2          1. In dem Ausgangsverfahren klagte die Beschwerdeführerin gegen ihren Arbeitgeber, das Evangelische Kinderdorf Stammheim e.V. Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob der Beschwerdeführerin Ansprüche auf Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlages zustehen.

3          Die Beschwerdeführerin ist eine für den Privatschuldienst beurlaubte Beamtin des Landes Baden-Württemberg und seit 1993 bei dem Evangelischen Kinderdorf Stammheim e.V. beschäftigt. Der der Beschäftigung zugrunde liegende Dienstvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

4          Dienstvertrag

§1

5          Der Mitarbeiter tritt ab 13. August als Lehrer in den Dienst des Evangelischen Kinderdorfs Stammheim e.V. mit 27-Wochenstundendeputat. Das Dienstverhältnis wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

6          (…)

§ 2

7          Dem Dienstverhältnis werden die Bestimmungen der §§ 101 Abs. 2,. 103 Abs. 1 und 2 und 104 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg zugrundegelegt. Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Arbeitsvertragsrichtlinien der diakonischen Werke der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR) in der jeweils gültigen Fassung. (…)

8          (…)

9          Die Arbeitsvertragsrichtlinien für Einrichtungen, die dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen sind (Stand 1. Juni 2013; im Folgenden: AVR-D) lauten auszugsweise wie folgt:

10        § 1a Geltungsbereich

11        (1) Die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) gelten für alle Einrichtungen, die dem diakonischen Werk der EKD angeschlossen sind und die die Anwendung der AVR mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dienstvertraglich vereinbaren.

12        (2) (…)

13        § 45 Ausschlussfrist

14        (1) Ansprüche auf Leistungen, die auf die Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit nach den §§ 12 und 13 gestützt sind, sowie die allmonatlich entstehenden Ansprüche auf Entgelt (§§ 14-19a) müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

15        (2) Andere Ansprüche aus dem Dienstverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden, soweit die AVR nichts anderes bestimmen.

16        Im Bereich der württembergischen Landeskirche gibt es für deren diakonisches Werk eine eigene arbeitsrechtliche Kommission. Die Arbeitsvertragsrichtlinien in der Fassung der Arbeitsrechtlichen Kommission Landeskirche und Diakonie Württemberg (Stand Juni 2013; im Folgenden: AVR-DW) lauten auszugsweise wie folgt:

17        § 37 Ausschlussfrist

18        (1) Anstelle von § 37 Abs. 1 TVöD wird bestimmt:

19        1. Ansprüche auf Leistungen, die auf die Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit nach den §§ 12 bis 14 bzw. den entsprechenden Bestimmungen der AVR-Württemberg - Zweites Buch - gestützt sind, sowie die allmonatlich entstehenden Ansprüche auf das Tabellenentgelt (einschließlich der Beträge aus einer individuellen Zwischen- bzw. Endstufe) und die sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

20        2. Andere Ansprüche aus dem Dienstverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht werden, soweit die AVR- Württemberg - Erstes, Zweites oder Fünftes Buch - nichts anderes bestimmen.

21        3. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.

22        (…)

23        Abweichend von der arbeitsvertraglichen Regelung war die Beschwerdeführerin bereits seit Beginn ihrer Tätigkeit wie eine verbeamtete Lehrerin im Dienst des Landes Baden-Württemberg bezahlt worden. Grundsätzlich stehen ihr Ansprüche auf Zahlung der kinderbezogenen Bestandteile des Familienzuschlages für ihre drei Kinder nach § 41 Abs. 3 und 4 des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg (LBesGBW) zu. Seit dem Jahr 2004 waren der Beschwerdeführerin die kinderbezogenen Anteile des Familienzuschlages nicht mehr ausbezahlt worden.

24        Die Beschwerdeführerin hatte sich zunächst mit Anwaltsschreiben vom 7. Dezember 2012 außergerichtlich an den Beklagten gewandt mit dem Ziel, eine gütliche Einigung über eine Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlages und einen Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung zu erreichen. Ihr stehe rückwirkend ab dem Jahr 2004 der kinderbezogene Anteil des Familienzuschlages zu. Sie könne sich möglicherweise einen Kompromiss dahingehend vorstellen, dass eine Nachzahlung rückwirkend ab dem 1. Januar 2009 erfolge.

25        Nachdem eine Einigung nicht erzielt worden war, hat die Beschwerdeführerin mit Klageschrift vom 21. Dezember 2012, welche dem Beklagten am 29. Dezember 2012 zugestellt wurde, bei dem Arbeitsgericht Pforzheim eine Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags für ihre drei Kinder für den Zeitraum Januar 2009 bis einschließlich Dezember 2011 in Höhe von insgesamt 19.100,93 Euro geltend gemacht.

26        Mit Urteil vom 30. Juli 2013 hat das Arbeitsgericht Pforzheim die Klage abgewiesen. In den Tatbestand des Urteils (dort S. 6) wurde als unstreitiger Sachverhalt aufgenommen, dass die Klägerin ihre Ansprüche auf Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlages im Dezember 2012 schriftlich geltend gemacht habe. Daraufhin seien diese Anteile rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 nachbezahlt worden. In den Entscheidungsgründen hat das Gericht ausgeführt, es könne offengelassen werden, ob der Beschwerdeführerin ein Anspruch auf Zahlung des kinderbezogenen Familienzuschlages zugestanden habe. Jedenfalls sei er aufgrund der Ausschlussfristen der AVR verfallen. Im Kammertermin sei unstreitig gewesen, dass eine formgerechte Geltendmachung nicht erfolgt sei. Bei der Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrages, derzufolge sich der Inhalt des Arbeitsverhältnisses und damit auch die zwischen den Parteien streitigen Vergütungsansprüche nach den AVR richteten, handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Die Verweisungsklausel sei nicht überraschend und verstoße auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die AVR selbst unterlägen nicht der Vertragskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB.

27        2. Gegen dieses Urteil hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie sich auf drei verschiedene Berufungsangriffe gestützt. Zum Ersten sei das angefochtene Urteil jedenfalls hinsichtlich des Anspruchs auf Auszahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags für den Monat Dezember 2011 aufzuheben, da diesbezüglich die Ausschlussfrist gewahrt worden sei. Die Klägerin habe ihre Ansprüche unstreitig mit Anwaltsschreiben vom 7. Dezember 2012 geltend gemacht. Hierfür bestehe eine Ausschlussfrist von zwölf Monaten nach Fälligkeit, welche am 15. eines jeden Kalendermonats eingetreten sei. Zum Zweiten habe das Arbeitsgericht verkannt, dass jedenfalls auch hinsichtlich des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags für die Monate Oktober und November 2011 ein Berufen des Beklagten auf die Ausschlussfrist gegen Treu und Glauben (§§ 242, 134 BGB) verstoße, weil sie die Klägerin an der Geltendmachung des Anspruches und an der Einhaltung der Verfallsfrist gehindert habe. Wie erstinstanzlich unbestritten vorgetragen worden sei, habe die Klägerin im Oktober 2012 die Personalverwaltung aufgesucht und um Klärung gebeten, warum ihre Kollegin einen weitaus höheren kinderbezogenen Anteil des Familienzuschlages erhalte. Man habe daraufhin erkannt, dass dem Beklagten ein Fehler unterlaufen sei und sich bereiterklärt, den kinderbezogenen Anteil des Familienzuschlags rückwirkend nachzuzahlen. Zum Dritten hat die Beschwerdeführerin schließlich ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt, dass die AVR-D lediglich nachrangig gelten würden, vorrangig aber die Bestimmungen des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg und der Landesbesoldungsordnung. Nach § 6 LBesGBW gelte lediglich eine Verjährungsfrist von drei Jahren, nicht aber eine Ausschlussfrist von zwölf Monaten. Außerdem lägen die Voraussetzungen des § 45 AVR-DW nicht vor, da die Beschwerdeführerin keine Entgeltbestandteile nach den §§ 14 bis 19a AVR-DW erhalte, sondern vielmehr entsprechend einer Beamtin nach dem Landesbesoldungsgesetz (Besoldungsgruppe A 13) vergütet werde.

28        Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2013 hat der Beklagte des Ausgangsverfahrens die Zurückweisung der Berufung beantragt. Sie sei unzulässig, weil sich die Berufungsführerin mit dem angefochtenen Urteil nicht im Einzelnen auseinandersetze, sondern lediglich ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederhole. Die Berufung sei außerdem unbegründet. Dies gelte auch, soweit der kinderbezogene Anteil des Familienzuschlags für den Monat Dezember 2011 in Streit stehe. Wenn das Arbeitsgericht auf Seite 6 des angefochtenen Urteils feststelle, dass die Ansprüche auf Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlages im Dezember 2012 schriftlich geltend gemacht worden seien, werde hiermit auf die Einreichung der Klageschrift abgestellt, welche dem Beklagten am 29. Dezember 2012 zugestellt worden sei, nicht aber auf den außergerichtlichen Schriftsatz der Klägerin vom 7. Dezember 2012. Da die Vergütung zum 15. eines jeden Monats zur Zahlung fällig sei, seien die am 15. Dezember 2011 zur Zahlung fällig gewordenen Vergütungsbestandteile durch die Einreichung der Klageschrift nicht rechtzeitig geltend gemacht worden. Das Anwaltsschreiben vom 7. Dezember 2012 stelle keine schriftliche Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche dar, weil es keine Aufforderung zur Zahlung und auch keine Konkretisierung der Höhe der angeblich bestehenden Ansprüche enthalte. Die Beschwerdeführerin habe damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie auf die Erfüllung etwaiger Ansprüche bestehe. Darüber hinaus verstoße ein Berufen auf die Ausschlussfrist des § 37 AVR-DW auch für die Monate Oktober und November 2011 nicht gegen Treu und Glauben. Eine Zahlung der länger als ein Jahr zurück liegenden Gehaltsbestandteile sei gerade nicht in Aussicht gestellt worden. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Nichteingreifen der Ausschlussfrist seien rechtlich nicht haltbar. Auch Grund und Höhe der geltend gemachten Forderung würden nach wie vor bestritten. Es sei unrichtig, dass die Zahlungen lediglich versehentlich unterblieben seien.

29        Mit Verfügung vom 10. Dezember 2013 hat das Landesarbeitsgericht den Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung aufgehoben und darauf hingewiesen, dass der Berufungsschriftsatz nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung genüge, weil er sich mit dem Begründungsgebäude des Arbeitsgerichts nicht auseinandersetze. Ausgehend von dem in dem Urteil dargestellten arbeitsvertraglich vorgegebenen Prüfungsrahmen komme das Arbeitsgericht auch auf Grundlage seiner nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellung der fehlenden formgerechten Geltendmachung zur Erkenntnis des Verfalls der Ansprüche. Die bloße Darstellung der eigenen Rechtsansicht sei der falsche Ansatz. Soweit die Beschwerdeführerin neue Angriffs- und Verteidigungsmittel habe vorbringen wollen, fehle es an der Darlegung, warum diese zweitinstanzlich zuzulassen sein sollten.

30        Nachdem die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2013 hierzu Stellung genommen hatte, hat das Landesarbeitsgericht die Berufung mit Beschluss vom 19. Dezember 2013 ohne mündliche Verhandlung als unzulässig verworfen. Unter Verweis auf die Verfügung vom 10. Dezember 2013 hat der Vorsitzende ausgeführt, dass die Berufungsbegründung für jede einzelne der tragenden rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichtes darlegen müsse, warum sie unzutreffend sein solle. Hieran gemessen liege keine ordnungsgemäße Berufungsbegründung vor, da es an einer kritischen Würdigung der Rechtsansicht des Vordergerichtes fehle.

31        3. Unter dem 21. Januar 2014 hat die Beschwerdeführerin gegen den am 7. Januar 2014 zugestellten Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 2013 Anhörungsrüge und Gegenvorstellung eingelegt. Soweit der kinderbezogene Anteil des Familienzuschlags für den Monat Dezember 2011 in Streit stehe, sei die Ausschlussfrist durch die unstreitige schriftliche Geltendmachung der Ansprüche mit Anwaltsschreiben vom 7. Dezember 2012 gewahrt worden. Das Urteil des Arbeitsgerichts sei schon deshalb fehlerhaft. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts lasse jegliche Ausführungen hierzu vermissen, so dass davon auszugehen sei, dass es den Vortrag in der Berufungsbegründung nicht zur Kenntnis genommen habe. Auch hinsichtlich der Nachzahlung für die Monate Oktober und November 2011 sei der Vortrag der Beschwerdeführerin übergangen und ein erheblicher Beweis nicht erhoben worden. Bereits in erster Instanz habe sie unter Angebot von Zeugenbeweis vorgetragen, dass hierüber mit der Personalverwaltung im Oktober 2012 gesprochen worden sei und durch diese eine rückwirkende Nachzahlung jedenfalls ab 1. Januar 2012 zugesichert worden sei; alles andere sei zu besprechen. Auch im übrigen liege eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung vor. So sei dargelegt worden, warum die Ausschlussfrist nicht eingreife.

32        Mit Beschluss vom 7. Februar 2014 hat das Landesarbeitsgericht die Anhörungsrüge als unbegründet und die Gegenvorstellung als unzulässig zurückgewiesen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sei nicht gegeben. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sei ihr Vortrag, sie habe unstreitig jedenfalls im Dezember 2012 ihre Ansprüche auf Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags schriftlich geltend gemacht, berücksichtigt worden. In der im Beschluss in Bezug genommenen Verfügung werde darauf hingewiesen, dass das Arbeitsgericht aufgrund seiner nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellung der fehlenden formgerechten Geltendmachung zur Erkenntnis des Verfalls der Ansprüche gelangt sei. Die Beschwerdeführerin zeige nicht auf, warum die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts fehlerhaft sei. Diese fehlende Auseinandersetzung sei unter anderem der Grund für die Verwerfung der Berufung als unzulässig. Da als unstreitig festgestellt worden sei, dass die Geltendmachung der Ansprüche nicht formgerecht erfolgt sei, liege eine Gehörsrechtsverletzung auch nicht etwa deshalb vor, weil ein ordnungsgemäß angebotener erheblicher Beweis nicht erhoben worden sei. Es hätte zunächst einer hinreichenden Kritik an dieser Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts bedurft, um die „geschlossene Tür“ des streitigen Vorbringens wieder zu öffnen.

33        4. Auf die ebenfalls am 21. Januar 2014 gegen den zuständigen Vorsitzenden Richter eingelegte Dienstaufsichtsbeschwerde hat der Präsident des Landesarbeitsgerichts der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 10. Februar 2014 mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für ein dienstaufsichtsrechtliches Einschreiten nicht gegeben seien. Die Verwerfung einer Berufung wegen Unzulässigkeit betreffe den Kernbereich der richterlichen Tätigkeit.

II.

34        Mit ihrer am 7. Februar 2014 und damit fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde, welche mit Schriftsatz vom 11. März 2014 auf die Zurückweisung der Anhörungsrüge erweitert wurde, macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte auf rechtliches Gehör und auf Bewilligung effektiven Rechtsschutzes sowie auf Justizgewährung geltend und rügt eine Verletzung des Willkürverbots.

35        Das Landesarbeitsgericht sei auf den wesentlichen Kern des Parteivortrags in der Berufungsbegründung nicht eingegangen. Selbst der Beklagte habe nicht in Abrede gestellt, dass jedenfalls für Dezember 2011 der kinderbezogene Anteil des Familienzuschlags nicht von der Ausschlussfrist umfasst sei, da im Dezember 2012 die Ansprüche schriftlich und damit formgültig angemeldet worden seien. Dies habe das Arbeitsgericht auch im unstreitigen Tatbestand seines Urteils auf dessen Seite 6 festgehalten. Gleichwohl habe es auch die Ansprüche für Dezember 2011 abgewiesen, womit sich das Landesarbeitsgericht aber nicht auseinandergesetzt habe. Dies lasse auf eine Nichtberücksichtigung des Vortrags und damit auf einen Gehörsrechtsverstoß schließen. Auf diesem Verstoß beruhe der angegriffene Beschluss, da nicht ausgeschlossen sei, dass das Landesarbeitsgericht der Sichtweise der Beschwerdeführerin bei Berücksichtigung des Vortrags gefolgt wäre.

36        Der die Anhörungsrüge zurückweisende Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 7. Februar 2014 beseitige den Gehörsrechtsverstoß nicht, sondern stelle einen erneuten Gehörsrechtsverstoß dar. Es hätte erkannt werden müssen, dass das arbeitsgerichtliche Urteil zumindest widersprüchlich sei. Während im Tatbestand eindeutig festgestellt werde, dass die Ansprüche im Dezember 2012 schriftlich geltend gemacht worden seien, werde in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass eine formgerechte Geltung unstreitig nicht erfolgt sei. Darüber hinaus wäre dies nicht im Rahmen der Zulässigkeit, sondern im Rahmen der Begründetheit der Berufung zu erörtern gewesen.

37        Die Rechtsweggarantie und das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz seien verletzt, weil der Vorsitzende des Landesarbeitsgerichts die Voraussetzungen von § 520 Abs. 3 ZPO offensichtlich verkannt und die Vorschrift falsch angewendet habe. Mit der Berufungsbegründungsschrift habe er sich nicht im Einzelnen auseinandergesetzt. Diese habe die einzig tragende Erwägung des Arbeitsgerichts, nämlich dass die geltend gemachten Ansprüche wegen des Eingreifens der Ausschlussfrist nicht mehr bestehen würden, mit begründeten und erheblichen Argumenten in Zweifel gezogen und dargelegt, weshalb diese Auffassung nicht zutreffend sein könne. Die Berufungsbegründung lasse erkennen, inwieweit die Beschwerdeführerin mit der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts nicht einverstanden sei. Weder die Schlüssigkeit noch auch nur die Vertretbarkeit der Begründung seien Zulässigkeitsvoraussetzungen. Der Vorsitzende des Landesarbeitsgerichts habe bei Anwendung der Verfahrensvorschriften die Anforderungen überspannt.

38        Schließlich liege auch ein Verstoß gegen das Willkürverbot vor. Es sei bekannt, dass die Verwerfungsquote des zuständigen Vorsitzenden Richters um etwa das Achtfache erhöht sei. Seine Verwerfungsbeschlüsse seien bis auf winzige Änderungen inhaltsgleich und beschäftigten sich nicht mit den Erwägungen der Parteien. Es sei offensichtlich, dass bei diesem Vorgehen prozessökonomische Erwägungen im Vordergrund stünden. Auch sei die Entscheidung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und mit § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG nicht mehr in Einklang zu bringen. Die Behauptung, die Berufung würde den Begründungsanforderungen des § 520 ZPO nicht genügen, sei willkürlich, weil die Beschwerdeführerin mit zahlreichen rechtlichen Erwägungen den einzigen tragenden Rechtssatz des Arbeitsgerichts, die Ausschlussfrist stehe der Geltendmachung der Ansprüche entgegen, angegriffen habe.

III.

39        Die Verfassungsbeschwerde wurde dem Justizministerium Baden-Württemberg und dem Beklagten des Ausgangsverfahrens zugestellt. Das Justizministerium hat von einer Stellungnahme abgesehen. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens hat sich dahingehend geäußert, dass die Verfassungsbeschwerde unbegründet sei. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin sei vollumfänglich berücksichtigt worden. Die Berufungsbegründung habe sich allerdings darin erschöpft, den erstinstanzlichen Sachvortag und die dort vorgebrachten rechtlichen Würdigungen zu wiederholen, ohne die tragenden Erwägungen des erstinstanzlichen Gerichts anzugreifen. Sie erfülle damit nicht die Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.

B.

40        Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 19. Dezember 2013 ist aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurück zu verweisen (§ 59 Abs. 1 und § 55 Abs. 2 StGHG). Er verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Justizgewährungsanspruch (Art. 2 Abs. 1 LV und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 23 Abs. 1 LV) und in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG).

I.

41        1. Die fristgerecht erhobene Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich der Rüge einer Verletzung des Justizgewährungsanspruchs (Art. 2 Abs. 1 LV und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 23 Abs. 1 LV) durch den Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 2013 zulässig.

42        2. Hinsichtlich der gerügten Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG) ist die Verfassungsbeschwerde nur insoweit in Sinne der § 15 Abs. 1 Satz 2 und § 56 Abs. 1 StGHG hinreichend substantiiert begründet, als die Beschwerdeführerin eine Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags für den Monat Dezember 2011 verlangt hatte.

43        Die Beschwerdeführerin bezieht die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs zwar auf die angegriffene Entscheidung als Ganze, sie begründet diese allerdings nur insoweit, als sie ihre Berufung darauf gestützt hat, dass sie den kinderbezogenen Anteil des Familienzuschlags jedenfalls für den Monat Dezember 2011 rechtzeitig und formgerecht geltend gemacht habe und das arbeitsgerichtliche Urteil deshalb zu korrigieren sei. Diesbezüglich behauptet sie auch, dass die Entscheidung auf der Gehörsrechtsverletzung beruhen würde.

44        Hinsichtlich der weiteren Berufungsangriffe, nämlich der geltend gemachten Ansprüche auf Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags für die Monate Oktober und November 2011 und der Problematik, ob die Ausschlussfrist generell einer Zahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlages entgegensteht, fehlen im Rahmen der Darlegungen zum Gehörsrecht im Gegensatz zur Anhörungsrüge vom 21. Januar 2014 jegliche Ausführungen dazu, ob und warum auch diese von dem Landesarbeitsgericht übergangen worden sein sollen oder worin sonst der Gehörsrechtsverstoß liegen soll.

45        Ob es für eine Einbeziehung sämtlicher Berufungsangriffe in die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs im Rahmen der Verfassungsbeschwerde ausreicht, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Ausführungen zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes moniert hat, das Landesarbeitsgericht habe „Umstände, die den Umfang der Anfechtung des arbeitsgerichtlichen Urteils eindeutig erkennen ließen, außer Betracht gelassen“ und im Folgenden ausgeführt hat, was sie zu den verschiedenen Berufungsangriffen vorgetragen hatte, kann offen gelassen werden. Die Beschwerdeführerin hat nämlich ausschließlich für den ersten der drei Berufungsangriffe vorgetragen, dass die angegriffene Entscheidung auf dem behaupteten Gehörsrechtsverstoß beruhen würde, nicht aber hinsichtlich ihrer übrigen Berufungsangriffe. Eine Beeinträchtigung des Gehörsrechts setzt aber stets ein Beruhen der angefochtenen Entscheidung auf dem Fehlen des rechtlichen Gehörs voraus (vgl. BverfGE 60, 313 - Juris Rn. 20; st.Rspr.). Zwar genügt es im Rahmen der allgemein für das Beruhen geltenden Maßstäbe, dass für den Fall der Gewährung rechtlichen Gehörs eine inhaltlich andere Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerf- GE 86, 133 - Juris Rn. 41; BVerfGE 89, 381 - Juris Rn. 36). Auch hierzu trägt die Beschwerdeführerin nichts vor.

II.

46        Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Justizgewährungsanspruchs (Art. 2 Abs. 1 LV und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 23 Abs. 1 LV) rügt, ist die Verfassungsbeschwerde begründet. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht das Grundrecht der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör (Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.

47        1. a) Der Justizgewährungsanspruch ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaates. Rechtsschutz vor den Gerichten wird nicht nur durch die in Art. 67 Abs. 1 LV verankerte Rechtsweggarantie gewährleistet, sondern darüber hinaus im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs. Dieser ist Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (Art. 23 Abs. 1 LV) in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 93, 99 - Juris Rn. 29; BVerfGE 107, 395 - Juris Rn. 16 ff.). Im rechtsstaatlichen Kerngehalt unterscheiden sich die Rechtsweggarantie und der allgemeine Justizgewährungsanspruch nicht (vgl. BVerfGE 52, 203 - Juris Rn. 13; BVerfGE 117, 71 - Juris Rn. 151 m.w.N.). Da die Rechtsweggarantie Rechtsschutz durch den Richter, nicht aber gegen den Richter gewährleisten soll, ist jedenfalls für zivilrechtliche Streitigkeiten in erster Linie auf den Justizgewährungsanspruch zurückzugreifen (vgl. BVerfGE 107, 395 <Plenum> - Juris Rn. 22 ff. m.w.N.; a.A.:Voßkuhle, NJW 2003, 2193).

48        Der Justizgewährungsanspruch gilt ebenso wie Art. 67 Abs. 1 LV für die Ausgestaltung des gesamten Verfahrens und umfasst den Zugang zu den Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung (vgl. BVerfGE 117, 71 - Juris Rn. 151 f.; BVerfGE 107, 395 - Juris Rn. 16 ff.). Ein Anspruch auf einen Instanzenzug folgt hieraus nicht (vgl. BVerf- GE 87, 48 - Juris Rn. 36; BVerfGE 92, 365 - Juris Rn. 161, st.Rspr.). Wird ein Instanzenzug von den Prozessordnungen aber eröffnet, gewährleisten die genannten Garantien wirksamen Rechtsschutz in allen von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen (vgl. BVerfGE 112, 185 - Juris Rn. 91, st.Rspr.).

49        Der Justizgewährungsanspruch richtet sich auch an den die Verfahrensordnung anwendenden Richter. Zwar ist es nicht Aufgabe des Staatsgerichtshofs, in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren über die Richtigkeit der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts durch die Gerichte zu befinden. Der Staatsgerichtshof ist kein Revisionsgericht, sondern prüft nur, ob die Rechtsanwendung Verfassungsrecht verletzt. Verfassungsrecht in Gestalt des Justizgewährungsanspruchs ist dann verletzt, wenn das Gericht den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen von Voraussetzungen abhängig macht, die unerfüllbar oder unzumutbar sind oder den Zugang in einer aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (vgl. BVerfGE 112, 185 - Juris Rn. 92; BVerfGE 78, 88 - Juris Rn. 23 f.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26.1.1993 – 2 BvR 1058/92 -, Juris Rn. 12). Zur Wahrung des Justizgewährungsanspruches dürfen daher keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden. Das Gericht darf ein von der Verfahrensordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leer laufen“ lassen (vgl. StGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.7.2014 - 1 VB 131/13 u.a.-, Juris Rn. 32; BVerfGE 74, 228 - Juris Rn. 25; BVerfGE 96, 27 - Juris Rn. 48).

50        Diese Anforderungen erhalten im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren eine besondere Tragweite, weil dort der Vorsitzende die Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung allein, also ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss treffen kann (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Insofern weicht das arbeits- gerichtliche Verfahren von dem Zivilprozess ab, wo eine Verwerfung der Berufung im Beschlusswege die Entscheidung des gesamten Spruchkörpers voraussetzt. Hinzu kommt, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Rechtsbeschwerde nur dann statthaft ist, wenn diese in dem Beschluss über die Verwerfung der Berufung ausdrücklich zugelassen wurde (vgl. § 77 ArbGG). Um der hierin angelegten Missbrauchsgefahr zu begegnen, bedarf es einer Anwendung der genannten Vorschriften, die den Verfahrensgrundrechten der Rechtsuchenden in besonderer Weise Rechnung trägt. Bei einer Zurückweisung der Berufung nach § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ist zu beachten, dass die der Verfahrensbeschleunigung und Rechtsmittelvereinfachung dienende Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden nach der Gesetzesbegründung darauf beruht, dass für eine Kammerentscheidung kein sachliches Bedürfnis bestehe, weil nicht materielle Rechtsfragen, sondern formale Kriterien im Vordergrund stünden (vgl. BT-Drs. 16/7716, S. 25; Pfeiffer, in: Natter/Gross <Hrsg.>, ArbGG, 1. Aufl. 2010, § 66 Rn. 49). Kommt es damit für die Prüfung der Zulässigkeit der Berufung nicht auf die Erfüllung formaler Kriterien an, sondern stehen - etwa bei der eine Analyse des erstinstanzlichen Urteils erfordernden Prüfung der hinreichenden Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung - materielle Rechtsfragen im Vordergrund, ist für die Verwerfung einer Berufung nach § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG regelmäßig kein Raum.

51        b) Indem das Landesarbeitsgericht die Berufung mit dem Beschluss vom 19. Dezember 2013 als unzulässig verworfen hat, hat es die dargestellten Grundsätze nicht ausreichend beachtet und den Justizgewährungsanspruch verletzt. Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung wurden überspannt und die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert. Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts genügt die Berufungsbegründung den Erfordernissen der § 64 Abs. 6 ArbGG und § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.

52        Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Zwar brauchen die Berufungsgründe für die Zulässigkeit des Rechtsmittels weder schlüssig noch rechtlich haltbar zu sein. Erforderlich ist aber eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berufungsbegründungen sollen ausgeschlossen werden. Der Berufungsführer hat die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. BAG, Urteil vom 28.5.2009 - 2 AZR 223/08 -, Juris Rn. 14; BAGE 105, 200- Juris Rn. 13). Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BAGE 105, 200- Juris Rn. 13; BAGE 88, 171 - Juris Rn. 19 m.w.N.; Hohmann, ArbGG, 2. Aufl. 2013, § 64 Rn. 9a).

53        Diesen Anforderungen wird die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Berufungsbegründung jedenfalls teilweise gerecht.

54        aa) Die Beschwerdeführerin hat das arbeitsgerichtliche Urteil zum einen mit der Argumentation angegriffen, dass ihr aufgrund der schriftlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche im Dezember 2012 jedenfalls für den Monat Dezember 2011 ein Anspruch auf Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags zustehe. Ihrer Ansicht nach wahre das Rechtsanwaltsschreiben vom 7. Dezember 2012 die mit Ablauf des 15. Dezember 2011 angelaufene zwölfmonatige Ausschlussfrist.

55        Zwar trifft es zu, dass die Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Rechtsstandpunktes in weiten Teilen den Sachvortrag aus der ersten Instanz wiederholt. Auf Seite 7 ihres Berufungsbegründungsschriftsatzes macht sie entgegen der Rechtsansicht des Landesarbeitsgerichts allerdings hinreichend deutlich, warum das angefochtene Urteil aus ihrer Sicht unrichtig ist. Sie verweist dort ausdrücklich darauf, dass aus dem Urteil auf dessen Seite 6 hervorgehe, dass die Klägerin ihre Ansprüche auf Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags „im Dezember 2012 (…) schriftlich geltend“ gemacht habe. Auf der Folgeseite stellt sie den Bezug zu der aus ihrer Sicht unstreitigen Geltendmachung der Ansprüche mit Anwaltsschreiben vom 7. Dezember 2012 her und zieht daraus den Schluss, dass jedenfalls hinsichtlich des Monats Dezember 2011 das angegriffene Urteil unzutreffend sei.

56        Dabei hat sich die Beschwerdeführerin allerdings nicht damit auseinandergesetzt, dass - im Gegensatz zu der zitierten Feststellung auf Seite 6 des erstinstanzlichen Urteils - auf dessen Seite 10 (zu Beginn der Entscheidungsgründe, aber aufgrund der enthaltenen tatsächlichen Feststellung noch zum Tatbestand gehörend) zu lesen ist, es sei im Kammertermin „unstreitig“ gewesen, „dass eine formgerechte Geltendmachung nicht erfolgt“ sei. Bezieht man - wie die Beschwerdeführerin - die Feststellung auf Seite 6 des Urteils auf das Anwaltsschreiben vom 7. Dezember 2012 (und nicht, wie die Gegnerin des Ausgangsverfahrens, auf die Einreichung der Klage, welche am 29. Dezember 2012 erfolgt ist), ist der Tatbestand des Urteils widersprüchlich. Dies zeigt die Beschwerdeführerin in ihrer Berufungsbegründung nicht ausdrücklich auf. Auch trägt sie nichts dazu vor, ob - wie von der Beklagten des Ausgangsverfahrens gerügt wird - die streitgegenständlichen Ansprüche mit dem Anwaltsschreiben vom 7. Dezember 2012 überhaupt geltend gemacht wurden, oder ob hierin allein der Versuch zur Herbeiführung einer gütliche Einigung zu sehen ist. In ihrem Vortrag stellt die Beschwerdeführerin aber in hinreichender Weise klar, dass die arbeitsgerichtliche Entscheidung hinsichtlich der genannten Frage zur Überprüfung gestellt werden soll und aus welchen rechtlichen Erwägungen heraus die Entscheidung für unrichtig gehalten wird. Ob diese Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind, ist für die Frage der Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 21.5.2003 - VIII ZB 133/02 -, Juris Rn. 10 m.w.N.).

57        Ebenso wenig kann der Zulässigkeit der Berufung entgegenstehen, dass der vorgetragene Rechtsstandpunkt nicht in allen Facetten beleuchtet wird. Es kann vom Rechtsmittelführer nicht mehr an Begründung verlangt werden, als vom Ausgangsgericht in diesem Punkt selbst aufgewendet worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 28.5.2009 - 2 AZR 223/08 -, Juris Rn. 18; BAG, Urteil vom 16.3.2004 - 9 AZR 323/03 -, Juris Rn. 61). Da auch das Arbeitsgericht sich mit der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Problematik nur sehr knapp befasst hat, reicht das Vorgetragene aus, um die Berufung in einer § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügenden Weise zu begründen.

58        bb) Aus denselben Erwägungen heraus hat die Beschwerdeführerin das arbeitsgerichtliche Urteil zum anderen auch im Hinblick auf die Ansprüche auf Nachzahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags für die Monate Oktober und November 2011 in zulässiger Weise angegriffen. Auf Seite 8 der Berufungsschrift trägt sie vor, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass diesbezüglich ein Berufen des Beklagten auf die Ausschlussfrist gegen Treu und Glauben verstoße, weil er gegenüber der Beschwerdeführerin anlässlich eines Gesprächs im Oktober 2012 den Eindruck erweckt habe, der Anspruch würde auch ohne Wahrung der Ausschlussfrist erfüllt werden. Mit dieser Argumentation hat die Beschwerdeführerin - wenn auch knapp - Gegenstand und Richtung des Berufungsangriffs zum Ausdruck gebracht. Es wird deutlich, dass sie damit nicht die grundsätzliche Geltung der 12-monatigen Ausschlussfrist angreifen will, sondern deren Anwendung aufgrund der bereits in erster Instanz vorgetragenen Gespräche für die Monate Oktober und November 2011 nach § 242 BGB für unzulässig hält. Ob die Beschwerdeführerin mit dieser Argumentation letztlich rechtlich durchdringen kann und wie es zu bewerten ist, dass sie sich vor dem Arbeitsgericht - soweit ersichtlich - auf das Vorliegen eines treuewidrigen Verhaltens nicht ausdrücklich berufen hat, ist für die Bejahung eines zulässigen Berufungsangriffs nicht erheblich. Das Landesarbeitsgericht setzt sich weder in seiner Verfügung vom 10. Dezember 2013 noch in dem Zurückweisungsbeschluss vom 19. Dezember 2013 mit diesem Berufungsangriff auseinander, so dass sich nicht erschließt, aus welchen Gründen er für unzulässig gehalten wurde. Auch insoweit wurde daher der Justizgewährungsanspruch durch die Zurückweisung der Berufung verletzt.

59        cc) Ob die Berufung auch in Bezug auf den dritten Angriffspunkt, nämlich hinsichtlich der Frage, ob die Ausschlussfrist generell einer Zahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlages entgegensteht, hinreichend begründet wurde, erscheint fraglich. Auf den Seiten 11 ff. der Berufungsbegründungsschrift wiederholt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihre erstinstanzlichen Ausführungen, ohne klarzustellen, warum die Rechtsansicht des Arbeitsgerichts für falsch gehalten wird. Letztlich kann aber offen gelassen werden, ob die Berufungsbegründung diesbezüglich zu Recht für nicht ausreichend gehalten wurde, weil jedenfalls in Bezug auf die Ansprüche für die Monate Oktober bis Dezember 2011 eine selbständig tragende und den gesetzlichen Anforderungen genügende Berufungsbegründung gegeben ist.

60        2. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht auch das Grundrecht der Beschwerdeführerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es den Berufungsangriff gegen die Abweisung des Anspruchs auf Zahlung des kinderbezogenen Anteils des Familienzuschlags für den Monat Dezember 2011 als präkludiert erachtet hat.

61        Wie dargelegt behauptet die Beschwerdeführerin nur insoweit in zulässiger Weise eine Verletzung ihres Gehörsrechts, als sie ihre Berufung darauf gestützt hat, dass sie den kinderbezogenen Anteil des Familienzuschlags jedenfalls für den Monat Dezember 2011 rechtzeitig und formgerecht geltend gemacht habe. Diesen Angriff habe das Landesarbeitsgericht nicht hinreichend zur Kenntnis genommen.

62        Zwar hat das Landesarbeitsgericht in seiner Verfügung vom 10. Dezember 2013, auf den der angefochtene Beschluss vom 19. Dezember 2013 verweist, ausdrücklich auf diesen Berufungsangriff Bezug genommen, indem es feststellt, das Arbeitsgericht sei „auf der Grundlage seiner nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellung der fehlenden formgerechten Geltendmachung zur Erkenntnis des Verfalls der Ansprüche“ gelangt.

63        Eine Verletzung des Gehörsrechts ist allerdings darin zu sehen, dass das Landesarbeitsgericht die Nichtzulassung der Berufung in dem angefochtenen Beschluss unter II. 1. der Gründe unter anderem wie folgt begründet hat: „Soweit der Berufungskläger seine Berufungsbegründung auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel stützt, hat er auch diejenigen Tatsachen zu bezeichnen, aufgrund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 67 (nicht § 531 Abs. 2 ZPO!) zuzulassen sind“. Da der Beschluss im Übrigen nicht näher auf diesen Gesichtspunkt eingeht, kann nicht eindeutig festgestellt werden, welcher Berufungsangriff von dieser Aussage betroffen sein soll. Hinzu kommt, dass die Subsumtion unter diesen und die anderen unter II. 1. der Gründe des Beschlusses dargestellten Grundsätze so allgemein gehalten ist, dass nicht zweifelsfrei erkennbar ist, ob der Zurückweisungsbeschluss auch auf diesem vom Landesarbeitsgericht hervorgehobenen Grundsatz beruht.

64        Dass es auf diesen Gesichtspunkt aus Sicht des Landesarbeitsgerichts für die Zurückweisung - zumindest auch - ankam, dürfte letztlich aber jedenfalls daraus zu schließen sein, dass auch in der (knapp begründeten) Verfügung vom 10. Dezember 2013, auf die der Beschluss Bezug nimmt, festgestellt wird: „Soweit die Klägerin mit der umfangreichen Darstellung des Sachverhalts die Ansicht vertreten sollte, neue Angriffs- und Verteidigungsmittel beizubringen, fehlt es jedenfalls an der Darlegung, weshalb diese neuen Gesichtspunkte zuzulassen sind“. Zwar ist auch dieser Hinweis nicht eindeutig und es fehlt auch hier ein konkreter Bezug zu dem Vortrag der Berufungsführerin. Legt man allerdings das Verständnis des Landesarbeitsgerichts zugrunde, es sei im Kammertermin unstreitig gewesen, dass eine formgerechte Geltendmachung der Ansprüche auf Nachzahlung des Familienzuschlages nicht erfolgt sei, könnte das Vorbringen der Klägerin, ihr Anspruch sei mit Anwaltsschreiben vom 7. Dezember 2012 schriftlich und damit formgerecht geltend gemacht worden, als neu bewertet worden sein.

65        Indem das Landesarbeitsgericht sowohl in dem Zurückweisungsbeschluss als auch in der dort in Bezug genommen Verfügung den Rechtsgrundsatz aufstellt, für die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel sei es erforderlich, dass ein Berufungskläger bei deren Geltendmachung nach § 67 Abs. 2 ArbGG diejenigen Tatsachen bezeichne, aufgrund derer diese zuzulassen seien, hat es die Präklusionsvorschrift fehlerhaft angewandt und damit den durch Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz verkannt.

66        Wie dargelegt überprüft der Staatsgerichtshof in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren ausschließlich, ob die angegriffene Entscheidung Verfassungsrecht verletzt, nicht aber, ob sie einfachrechtlich richtig ist. Dies gilt grundsätzlich auch für die Anwendung von Präklusionsvorschriften. Eine Besonderheit hinsichtlich der Prüfungsreichweite ergibt sich allerdings daraus, dass Präklusionsvorschriften die Möglichkeit zur Wahrnehmung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Prozess einschränken und sich damit regelmäßig im grundrechtsrelevanten Bereich bewegen. Daraus folgt, dass bei ihrer Anwendung die Schwelle der Grundrechtsverletzung eher erreicht werden kann, als dies üblicherweise bei der Anwendung einfachen Rechts der Fall ist. Aufgrund ihres Ausnahmecharakters unterliegen die Fachgerichte bei ihrer Anwendung einer strengeren verfassungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfGE 75, 302 - Juris Rn. 28; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Januar 1995 - 1 BvR 1068/93 -, Juris Rn. 8). Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG ist daher jedenfalls dann verletzt, wenn die Anwendung der Präklusionsvorschriften offensichtlich unrichtig ist (vgl. BVerfGE 69, 145 - Juris Rn. 13).

67        Dies ist hier der Fall. Das Landesarbeitsgericht verkennt bei der dargestellten Auslegung des § 67 Abs. 2 ArbGG das verfassungsrechtliche Gewicht des rechtlichen Gehörs grundlegend. Anders als § 531 Abs. 2 ZPO, welcher aufgrund der Spezialvorschrift des § 67 ArbGG im arbeitsrechtlichen Verfahren nicht gilt (vgl. § 64 Abs. 6 Satz 2 ArbGG), kennt das arbeitsgerichtliche Berufungsverfahren Einschränkungen für die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel unabhängig von dem in § 67 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterium der Verzögerung nicht. Die fehlende Bezeichnung von Tatsachen, aufgrund derer neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen sind, kann nur dann die Unzulässigkeit der Berufung begründen, wenn es auf die Darstellung dieser Umstände tatsächlich ankommt. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn lediglich die rechtliche Bewertung des Inhalts einer Urkunde in Frage steht oder ein angebotener Zeugenbeweis in der Berufungsverhandlung ohne zeitliche Verzögerung erhoben werden könnte. Hierzu enthält der angefochtene Beschluss keine Ausführungen. Insbesondere setzt er sich nicht mit der Frage auseinander, ob die Zulassung des (zumindest nach der Bewertung des Vorsitzenden) „neuen“ Vorbringens überhaupt zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen könnte. Indem das Landesarbeitsgericht die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel ohne weitere Begründung bereits deshalb ablehnt, weil keine Tatsachen bezeichnet wurden, die diese rechtfertigen, stellt es einen Grundsatz auf, der weder in der zitierten Rechtsnorm selbst noch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder in der einschlägigen Kommentarliteratur seine Stütze findet und verletzt damit die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG.

68        Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dieser Gehörsrechtsverletzung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Landesarbeitsgericht die Berufung für zulässig erachtet hätte, wenn es den als präkludiert erachteten Vortrag hinsichtlich der rechtzeitigen und formgerechten Geltendmachung der Ansprüche berücksichtigt hätte.

69        3. Neben der Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör liegt hier in der Auslegung und Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 67 Abs. 2 ArbGG auch ein Verstoß gegen den Justizgewährungsanspruch (Art. 2 Abs. 1 LV und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 23 Abs. 1 LV).

70        Indem das Landesarbeitsgericht für die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz gefordert hat, dass der Berufungskläger diejenigen Tatsachen zu bezeichnen habe, aufgrund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen seien, hat es die Beschreitung des eröffneten Berufungsrechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zur rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 77, 275 - Juris Rn. 25 m.w.N.). Die Darlegungslast des Berufungsklägers wird mit einer solchen, aus § 67 Abs. 2 Satz 1 ArbGG nicht hervorgehenden Anforderung in einer gegen den Justizgewährungsanspruch verstoßenden Weise überspannt. Die Nichtberücksichtigung der von dem Landesarbeitsgericht als neu angesehenen Angriffs- und Verteidigungsmittel führt in der gegebenen Konstellation nicht nur zu einem Gehörsrechtsverstoß, sondern auch dazu, dass der Beschwerdeführerin insoweit der Weg zu einer Sachprüfung in der Berufungsinstanz verschlossen wird.

71        4. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht gegeben.

72        Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist nicht bereits bei einer unzutreffenden Rechtsanwendung eine Verletzung des Willkürverbots anzunehmen, sondern erst dann, wenn die Rechtsanwendung oder das Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerf- GE 83, 82 - Juris Rn. 9). Eine fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht objektiv willkürlich; es muss eine „krasse Fehlentscheidung“ vorliegen (vgl. BVerfGE 89, 1 - Juris Rn. 38).

73        Hiervon ist in Bezug auf die angegriffene Entscheidung nicht auszugehen. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit der Rechtslage auseinandergesetzt. Es hat bezogen auf den konkret zu entscheidenden Fall eine, wenn auch sehr knappe, Begründung dafür gegeben, warum es meint, dass die Berufung den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Diese Begründung ist jedenfalls nicht schlechthin unverständlich, mag in bestimmten Punkten aus den obigen Erwägungen auch eine andere Entscheidung näher gelegen haben.

74        Es kann daher offen gelassen werden, ob die durch das Rechtsstaatsprinzip garantierten Verfahrensgrundrechte Vorrang vor dem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleiteten Willkürverbot haben, weil sie eine stärkere sachliche Beziehung zu dem zu prüfenden Sachverhalt haben, und das Willkürverbot damit auch aus diesem Grund hier nicht zur Anwendung kommt (vgl. BVerfGK 1, 145 - Juris Rn. 3; Starck, in v. Mangoldt/Klein/Starck <Hrsg.>, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 3 Rn. 302; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 38).

75        5. Soweit die Beschwerdeführerin auch den Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 7. Februar 2014, mit dem ihre Anhörungsrüge zurückgewiesen wurde, angreift, ist ein eigenständiger Gehörsrechtsverstoß nicht erkennbar. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann dieser insbesondere nicht darin gesehen werden, dass das Landesarbeitsgericht die angebliche Widersprüchlichkeit hinsichtlich der Frage der formgerechten Geltendmachung der Ansprüche der Beschwerdeführerin in dem arbeitsgerichtlichen Urteil nicht erkannt hat. Selbst wenn man die Richtigkeit der Behauptung der Beschwerdeführerin unterstellt, läge in der Entscheidung über die Anhörungsrüge lediglich eine Perpetuierung eines etwaigen vorangegangenen Gehörsrechtsverstoßes (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17.7.2007 - 2 BvR 496/07 -, Juris Rn. 3; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29.3.2007 - 2 BvR 547/07 -, Juris Rn. 8).

C.

76        Die notwendigen Auslagen sind der Beschwerdeführerin zu erstatten, weil ihre Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen begründet ist, § 60 Abs. 3 StGHG.

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