ArbG Berlin: Durchsetzung des Anspruchs auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit
ArbG Berlin, Urteil vom 11.11.2015 – 60 Ca 10222/15
Volltext: BB-ONLINE BBL2016-2356-6
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Leitsätze
1 Das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) enthält keine Anspruchsgrundlage für eine Verringerung der arbeitsvertraglich verabredeten regelmäßigen Arbeitszeit.
2 § 16 Abs. 1 BGleiG regelt, unter welchen – erschwerten - Voraussetzungen die Arbeitgeberseite zum Teilzeitbegehren der Arbeitnehmerseite gegenläufige Interessen einbringen und durchsetzen kann. Modifiziert werden bei Vorliegen der in § 16 Abs. 1 BGleiG statuierten Voraussetzungen §§ 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG, 3 Abs. 4 Satz 2 PflegeZG und 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4. BEEG
3 Die Durchsetzung des Anspruches auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit erfolgt durch Leistungsklage gegen den Arbeitgeber auf Abgabe einer zustimmenden Willenserklärung. Das stattgebende Urteil ist nicht nach § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar, da eine Zwangsvollstreckung aus ihm nicht stattfindet. Vielmehr gilt die Willenserklärung mit der Rechtskraft des stattgebenden Urteils als abgegeben, § 894 Abs. 1 ZPO.
4 Vor Eintritt der Rechtskraft des stattgebenden Urteils besteht kein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit.
5 Ein Anspruch auf interimsweise vorläufige Beschäftigung in Teilzeit analog dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch, der im Kündigungsschutz- oder Entfristungsrechtsstreit Platz greifen kann, existiert nicht (gegen: Arbeitsgericht Nürnberg vom 05.08.2003 – 9 Ca 4096/03 – LAGE Nr. 13 zu § 8 TzBfG).
Sachverhalt
Die Parteien streiten über Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit und deren vorläufige Durchsetzung.
Bei dem beklagten Verein handelt es sich um den Zusammenschluss der sechszehn Länder-Architektenkammern der Bundesrepublik Deutschland. Er vertritt die Interessen der Architekten und Architektinnen gegenüber Politik und Öffentlichkeit und beschäftigt regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Für seine Lobbyarbeit unterhält er u.a. ein Büro in Brüssel.
Abteilungsleiterin „Europa“ mit Dienstsitz Brüssel ist seit dem 01. September 2013 die Klägerin. Für ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 6.566,25 Euro arbeitet sie nominell 39 Stunden in der Woche. Weiter ist im Arbeitsvertrag unter dem 31. Mai 2013 (Bl. 23 – 27 d.A.) bestimmt, dass deutsches Arbeitsrecht Anwendung finde und der Gerichtsstand in Berlin sei.
Mit der Einstellung der Klägerin hatte das Brüsseler Büro des Beklagten die Gestalt angenommen, wie es aus dem Organigramm (Bl. 28 – 31 d.A.) zu ersehen ist. Die Klägerin war somit drei Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen überstellt: Der in Vollzeit arbeitenden Assistentin Frau M., der mit 20 Stunden in der Woche beschäftigten Referentin „Europarecht“ Frau B. und den in Vollzeit tätigen Referenten „Architektur und Wirtschaft“ Herrn K.. Betreffend die beiden letztgenannten liegen die Stellenbeschreibungen unter dem 16./20. Mai 2014 (Bl. 144 f., 142 f. d.A.) vor. Dort ist jeweils gleichlautend unter „Hauptaufgaben“ u.a. dieses beschrieben:
„Lobbying: Wahrnehmung von Außenterminen (u.a. fachrelevante Veranstaltungen, europäischer Organisationen, politische Abende, Konferenzen und Sitzungen), Teilnahme an fachrelevanten Arbeitskreisen in Brüssel, Pflege der Beziehungen zu allen relevanten Ansprechpartnern bei Verbänden und Institutionen.“
Laut den Stellenbeschreibungen macht die vorstehend beschriebene Lobbyarbeit im Falle des Herrn K. 10 % an den Gesamtarbeitsleistungen aus, im Falle von Frau B. 20 %.
Im Herbst 2014 schied Herr K. bei dem Beklagten aus. Zu seiner Nachfolge tragen die Parteien unterschiedlich vor. Wohl ist die Stelle mit einer Halbtagskraft nachbesetzt, streitig ist indessen, ob deren Dienstsitz in Brüssel sich befindet oder nicht.
Mit zwei Schreiben unter dem 19. Dezember 2014 (Bl. 36, 37 d.A.) ließ die Klägerin den Beklagten einerseits dieses wissen:
„…hiermit beantrage ich Elternzeit für mein Kind, welches ich am 13.02.2015 in meinen Haushalt aufnehmen werde. Den Nachweis für die Adoption reiche ich unverzüglich nach.
Die Elternzeit beginnt am 13.02.2015 und endet am 12.08.2016.“
und andererseits dieses:
„…hiermit beantrage ich während der Elternzeit für mein Kind, welches ich am 13.02.2015 in meinem Haushalt aufnehmen werde, eine Teilzeitbeschäftigung.
Die Elternzeit habe ich in beigefügtem Schreiben ebenfalls beantragt. Ich möchte meine Tätigkeit in Teilzeit ausüben vom 13.02.2016 bis 12.08.2016.
In dieser Zeit möchte ich 30 Wochenstunden arbeiten, verteilt auf die Wochentage Montag, Dienstag und Donnerstag, gerne jeweils in der Zeit von 9:00 Uhr bis 17:30 Uhr sowie am Mittwoch von 9:00 Uhr bis 15:30 Uhr.“
Der Beklagte reagierte durch Anwaltsschriftsatz unter dem 9. Januar 2015 (Bl. 40 f. d.A.) zustimmend auf das Begehren der Klägerin nach Elternzeit, durch Anwaltsschriftsatz unter dem 16. Januar 2015 (Bl. 42 f. d.A.) jedoch negativ auf das Begehren nach Teilzeitarbeit während der Elternzeit. Gleichwohl nahm die Klägerin das damals noch kein Jahr altes Kind bei sich auf und betreut es faktisch alleine, da ihr Ehegatte im Wesentlichen in Kambodscha tätig ist.
Im Hinblick auf die begehrte Teilzeitarbeit entspannte sich weitere anwaltliche Korrespondenz (vgl. Bl. 44 – 54 d.A.), im Zuge derer der Beklagte mitteilen ließ:
„Während der Elternzeit Ihrer Mandantin wird sie vollzeitlich von ihrer in Brüssel ansässigen Kollegin Frau B. vertreten. Die bis dahin von Frau B. im Rahmen ihrer Teilzeitstelle übernommenen Aufgaben werden notdürftig von den bereits voll ausgelasteten Juristen der in der B Geschäftsstelle Berlin mit übernommen. Ebenso hat die Architektenkammer Baden-Württemberg (federführende Kammer zu den Themen EU Berufsanerkennungsrichtlinie und EU Dienstleistungsricht-linie) Tätigkeiten übernommen, bei der zur Unterstützung des B Verbindungsbüros weitere 1 ½ Personalstellen geschaffen worden sind. Frau B. Stelle wurde für die Zeit der Elternzeit Ihrer Mandantin auf eine Vollzeitstelle angehoben und sie übt die Tätigkeit Ihrer Mandantin als Leiterin des Verbindungsbüros Brüssel kommissarisch aus. Ein Bedarf der Tätigkeit durch Ihre Mandantin liegt deshalb schlicht nicht vor. Aufgrund der zusätzlich geschaffenen Stelle für Frau B. liegt bereits hierin der dringende betriebliche Grund. Frau B. ist auch nicht bereit, die Stelle vor Ablauf der Elternzeit wieder zu reduzieren.“
All dies mündete darin, dass die Klägerin mit einem am 21. Juli 2015 bei Gericht eingegangenen und dem Beklagten am 28. Juli 2015 zugestellten Schriftsatz Klage erhoben hat.
Die Klägerin ist der Anschauung, dass ihr der Anspruch auf Begründung eines Teilzeit-Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit einerseits auf Grundlage der Bestimmungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, andererseits auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgleichstellungsgesetzes zustehe. Die dem Teilzeitwunsch entgegenstehenden betrieblichen Gründe gebe es bei dem Beklagten nicht. Es gelte, dass die Leitungsfunktionen im Brüsseler Büro durch eine Vollzeitstelle schon nicht abzudecken seien, so dass es von jeher eine Arbeitsteilung zwischen der Klägerin und ihren beiden Referenten gegeben habe. So sei es unmöglich, sämtliche Außentermine durch eine Person wahrnehmen zu lassen. Die Betrauung von Frau B. mit der Aufgabe einer kommissarischen Leiterin des Brüsseler Büros belege, dass die Leitungs- und Repräsentationsaufgaben delegierbar seien. Die Aufstockung der Arbeitszeit von Frau B. brauche sich die Klägerin jedoch nicht entgegenhalten zu lassen.
Gleichzeitig sei die Besetzung der Leitungsposition mit einer Vollzeitkraft nicht betrieblich notwendig (Näheres Bl. 21 f., 122 – 133 d.A.). Das angebliche Konzept „ein Gesicht nach außen“ existiere nicht.
Die begehrte Verteilung der Teilzeitarbeit auf die Wochentage setze auf die Kinderbetreuungsmöglichkeiten zwischen 9:00 Uhr und kurz nach 18:00 Uhr auf. Ein etwaiges betriebliches Bedürfnis nach Arbeitsleistungen der Klägerin an Freitagen – welches nicht bestehe – berücksichtige die Klägerin in ihrem Hilfsbegehren. Ihr Anspruch auf vorläufige Beschäftigung in Teilzeit sei durch die aktuelle Rechtsprechung abgesichert und sei notwendig, damit der Teilzeit-Anspruch nicht unterlaufen werden könne. Im Übrigen ergäben sich sonst Ansprüche aus Annahmeverzug.
Die Klägerin beantragt,
1.
den Beklagten zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 30 Wochenstunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Montag, Dienstag und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr sowie Mittwoch von 9.00 Uhr bis 15.30 Uhr ab dem 13.02.2016 für die Dauer der Elternzeit bis zum 12.08.2016 zuzustimmen;
hilfsweise zum Antrag zu 1.:
2.
den Beklagten zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 30 Wochenstunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr sowie Freitag von 9.00 Uhr bis 15.30 Uhr ab dem 13.02.2016 für die Dauer der Elternzeit bis zum 12.08.2016 zuzustimmen;
hilfsweise zum Antrag zu 2.:
3.
den Beklagten zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 30 Wochenstunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Montag, Dienstag und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr sowie Freitag von 9.00 Uhr bis 15.30 Uhr ab dem 13.02.2016 für die Dauer der Elternzeit bis zum 12.08.2016 zuzustimmen;
hilfsweise zum Antrag zu 3.:
4.
den Beklagten zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 30 Wochenstunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf vier festgelegte Wochentage von Montag bis Freitag, dabei an drei Tagen von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr und an einem Tag von 9.00 Uhr bis 15.30 Uhr ab dem 13.02.2016 für die Dauer der Elternzeit bis zum 12.08.2016 zuzustimmen;
für den Fall des Obsiegens mi dem Antrag zu 1.:
5.
den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin ab dem 13.02.2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, längstens für die Dauer der Elternzeit bis zum 12.08.2016 mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Montag, Dienstag und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr sowie Mittwoch von 9.00 Uhr bis 15.30 Uhr zu beschäftigen;
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 2.:
6.
den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin ab dem 13.02.2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, längstens für die Dauer der Elternzeit bis zum 12.08.2016 mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr und Freitag von 9.00 Uhr bis 15.30 Uhr zu beschäftigen;
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 3.:
7.
den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin ab dem 13.02.2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, längstens für die Dauer der Elternzeit bis zum 12.08.2016 mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Montag, Dienstag und Donnerstag von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr und Freitag von 9.00 Uhr bis 15.30 Uhr zu beschäftigen;
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 4.:
8.
den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin ab dem 13.02.2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, längstens für die Dauer der Elternzeit bis zum 12.08.2016 mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf vier festgelegte Wochentage von Montag bis Freitag, dabei an drei Tagen von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr und an einem Tag von 9.00 Uhr bis 15.30 Uhr zu beschäftigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Anschauung, der Klägerin keine Teilzeitbeschäftigung zu schulden, denn die Stelle der Klägerin sei für eine umfassende Interessenvertretung des Beklagten in Brüssel vorgesehen, was bedeute, dass sie in Vollzeit erbracht werden müsse und Teilaufgaben nicht sinnvoll an andere Mitarbeiter delegierbar seien. Bereits die Stelle der Klägerin für sich repräsentiere eigentlich einen Arbeitsaufwand, der mehr als eine Vollzeitstelle ausmache. Hieraus folge, dass die Klägerin auch während ihrer vollzeitigen Tätigkeit Arbeitsaufgaben delegieren müsse. Daraus folge jedoch gerade nicht, dass die Stelle der Klägerin teilbar sei. Vielmehr sei sie in der Kernaufgabe - der Beziehungspflege - gerade nicht teilbar. Es wäre konzeptionswidrig, den Ansprechpartnern in Brüssel beklagtenseits mehrere Ansprechpartner anzubieten. Gerade die Abendveranstaltungen seien, was die für die Beklagte auftretende Person anbelange, nicht teilbar. Deswegen habe ehedem Frau B. die Klägerin nur in dem Sinne entlastet, als Frau B. der Klägerin die Wahrnehmung der Außenauftritte ermöglicht habe.
Zu Beginn der Elternzeit der Klägerin und der Einarbeitung der Frau B. habe sich dann auch gezeigt, dass die Vollzeitstelle mit einer uneingeschränkten Verfügbarkeit der Mitarbeiterin einhergehe, da nur so der Dynamik der legislativen Maßnahme der Europäischen Kommission gerecht geworden werden könne. Anderenfalls drohten Schnittstellenprobleme und Informationsdefizite. Die Arbeitsaufgaben erlaubten im Übrigen auch keinen tageweisen Aufschub. Dies gelte insbesondere für die Pressearbeit an Freitagen. Generell fänden wichtige Gremiensitzungen außerhalb jeglichem klägerseits begehrtem Arbeitszeitrahmen statt. In Ansehung der sich dem Beklagten stellenden schwierigen Aufgaben auf der europäischen Ebene komme somit die Beschäftigung der Klägerin in Teilzeit nicht in Betracht.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien, dem die erkennende Kammer keine Entscheidungserheblichkeit zugebilligt hat, wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, wie sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2015 gewesen sind.
Aus den Gründen
I.
Die Klage ist zulässig.
Der Hauptantrag zu 1. und die Hilfsanträge zu 2. bis 4. sind hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2. ZPO. Die Klägerin klagt hier auf Abgabe einer Zustimmungserklärung von Seiten des Beklagten, also auf die Abgabe einer Willenserklärung. Dies ist das zutreffende Leistungsbegehren bei einem Streit um Teilzeitarbeit während der Elternzeit. Gleichzeitig wird hinreichend deutlich, in welchem inhaltlichen und zeitlichen Umfang das ansonsten auf Grundlage des Arbeitsvertrages der Parteien unter dem 31. Mai 2013 bestehende Arbeitsverhältnis durch Vertragsschluss zwischen den Parteien modifiziert werden soll. Der Umfang der Wochenarbeitszeit ist ebenso beziffert angegeben wie jeweils die Verteilung dieser Wochenarbeitszeit auf die Wochentage.
Als ebenso hinreichend bestimmt können die Hilfsanträge zu 5. bis 8. angesehen werden. Allerdings setzt dies voraus, auch ohne Aufnahme in den jeweiligen Klageantrag hinzuzudenken, dass eine Beschäftigung der Klägerin auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 31. Mai 2013 als „Leiterin des B Verbindungsbüros in Brüssel“ begehrt ist. Hier wäre ein richterlicher Hinweis angebracht gewesen, der bedauerlicher Weise ausgeblieben ist.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 3. a) ArbGG.
II.
Die Klage ist nur teilweise begründet.
1.
Die Klage ist insoweit begründet, als es die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1. begehrt, den Beklagten zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 30 Wochenstunden bei Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Montag, Dienstag und Donnerstag von 09:00 Uhr bis 17:30 Uhr sowie Mittwoch von 09:00 Uhr bis 15:30 Uhr ab dem 13. Februar 2016 für die Dauer der Elternzeit bis zum 12. August 2016 zuzustimmen.
a)
Der vorstehende Anspruch der Klägerin auf Abgabe einer zum Vertragsangebot der Klägerin komplementären Willenserklärung des Beklagten ergibt sich nicht auf Grundlage von § 16 Abs. 1 BGleiG. Entgegen der Anschauung der Klägerin handelt es sich bei dieser Norm nicht um eine Anspruchsgrundlage. Vielmehr verbleibt es ausschließlich bei den Anspruchsgrundlagen für eine Verringerung der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit in §§ 8 Abs. 1 TzBfG, 15 Abs. 6 BEEG, 3 Abs. 1Satz 1 PflegeZG und 81 Abs. 5 Satz 3 SGB IX. So böte § 16 Abs. 1 BGleiG etwa keine Grundlage für einen Anspruch auf Teilzeitarbeit mit 31 Wochenstunden zuwider § 15 Abs. 4 Satz 1 BEEG. Geregelt wird durch § 16 Abs. 1 BGleiG lediglich, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber zum Teilzeitbegehren der Arbeitnehmerin gegenläufige Interessen einbringen und durchsetzen kann. Modifiziert werden bei Vorliegen der in § 16 Abs. 1 BGleiG statuierten Voraussetzungen somit lediglich §§ 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG, 3 Abs. 4 Satz 2 PflegeZG oder 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4. BEEG.
b)
Der klägerische Anspruch auf Abgabe der Willenserklärung durch den Beklagten ergibt sich auf Grundlage von § 15 Abs. 6 BEEG, denn die Voraussetzungen dieser Anspruchsnorm liegen vor.
aa)
Die Klägerin befindet sich im Zeitraum 13. Februar 2015 bis zum 12. August 2016 in Elternzeit im Sinne von § 15 Abs. 6 BEEG. Hier sind die Parteien – zu Recht – nicht unterschiedlicher Rechtsanschauung.
Die Parteien verständigten sich rechtswirksam durch Antrag der Klägerin unter dem 19. Dezember 2014 und Zustimmung des Beklagten unter dem 9. Januar 2015 nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1. Satz 8 BEEG auf die Suspendierung der Hauptleistungspflichten in Form einer Elternzeit vom 13. Februar 2015 bis zum 12. August 2016. Das Vorgehen auf Grundlage deutschen Arbeitsrechtes stößt trotz des Dienstsitzes der Klägerin in Brüssel nicht auf Bedenken, da die Parteien in § 13 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 31. Mai 2013 ausdrücklich die Geltung deutschen Arbeitsrechtes vereinbarten. Der Anspruch der Klägerin auf Elternzeit war somit auf Grundlage von §§ 15 Abs. 1 Nr. 1 lit. b), Nr. 2., Abs. 2 Satz 5 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1., Satz 2, 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BEEG gegeben. Unerheblich ist ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf Elterngeld, für den § 1 Abs. 1 Nr. 1., Abs. 2 BEEG zu prüfen wäre.
bb)
Das Begehren der Klägerin auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit unter dem 19. Dezember 2014 ist ein zeitlich erstes solches Begehren im Sinne von § 15 Abs. 6 BEEG.
cc)
Die Parteien haben sich nicht auf eine Teilzeitbeschäftigung im Sinne von § 15 Abs. 6 BEEG i.V.m. § 15 Abs. 5 Satz 2 BEEG geeinigt, obwohl der Antrag der Klägerin ordnungsgemäß im Sinne von § 15 Abs. 5 Satz 1, Abs. 7 Satz 2 und 3 BEEG war. Vielmehr lehnte der Beklagte den Antrag unter dem 16. Januar 2015 und somit fristwahrend im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 4 BEEG ab, so dass es nicht zu einer Einigung innerhalb von vier Wochen ab Antragsstellung im Sinne von § 15 Abs. 5 Satz 2 BEEG kam.
dd)
Der Beklagte beschäftigt in der Regel mehr als fünfzehn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1. BEEG. Dieser Behauptung der Klägerin hat der Beklagte nicht widersprochen, so dass die Tatsache nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Gegen das Mitzählen der Beschäftigungsverhältnisse in Brüssel erheben sich keine Bedenken, da die Parteien für das in Brüssel durchzuführende Arbeitsverhältnis mit der Klägerin die Geltung deutschen Arbeitsrechtes vereinbart hatten.
ee)
Das Arbeitsverhältnis der Parteien währt in derselben Dienststelle bereits länger als sechs Monate im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2. BEEG, denn es wurde durch Arbeitsvertrag unter dem 31. Mai 2013 mit Wirkung zum 1. September 2013 begründet. Bei Beantragung der Teilzeitarbeit während der Elternzeit währte es daher bereits länger als ein Jahr.
ff)
Das Teilzeitbegehren der Klägerin hält sich innerhalb der in § 7 Satz 1 Nr. 3. BEEG festgelegten zeitlichen Dimensionen.
gg)
Die schriftliche Mitteilung der Klägerin erreichte den Beklagten rechtzeitig im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5. lit. a) BEEG.
hh)
Dem Begehren stehen dringende betriebliche Gründe im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4. BEEG nicht entgegen.
aaa)
Ob einem mit dem Verlangen nach Verringerung der Arbeitszeit verbundenen Wunsch auf Festlegung der Lage der Arbeitszeit gewichtige betriebliche Gründe entgegenstehen, ist in drei Stufen zu prüfen. Zunächst ist das vom Arbeitgeber aufgestellte und durchgeführte Organisationskonzept festzustellen, dass der vom Arbeitgeber als betrieblich erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zu Grunde liegt. Dann ist zu überprüfen, ob die vom Organisationskonzept bedingte Arbeitszeitregelung tatsächlich der gewünschten Änderung der Arbeitszeit entgegensteht. Abschließend ist zu prüfen, ob das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe so erheblich ist, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches der Arbeitnehmerin zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsablaufes, der Sicherung des Betriebes oder zu einer unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastung des Betriebes führen würde (BAG vom 18.02.2003 – 9 AZR 164/02 – AP Nr. 2 zu § 8 TzBfG unter III. 3. der Gründe). Dieses Konzept ist entsprechend anzuwenden, geht es um dringende betriebliche Gründe, die im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4. BEEG dem Wunsch nach Teilzeitarbeit während der Elternzeit entgegenstehen können BAG vom 15.12.2009 – 9 AZR 72/09 – AP Nr. 2 zu § 15 BEEG, unter II.7.b)bb)(2)(a) der Gründe).
bbb)
Das seitens des Beklagten aufgestellte und durchgeführte Organisationskonzept zum Auffangen der Abwesenheit der Klägerin während derer Elternzeit vom 13. Februar 2015 bis zum 12. August 2016 lässt sich aus dem Schreiben für den Beklagten unter dem 8. Juni 2015 ableiten. Demnach übt Frau B. als eigentliche Referentin „Europarecht“ die Funktion der Leiterin des Verbindungsbüros Brüssel während der genannten Zeit kommissarisch aus, wofür die Arbeitsvertragsabrede mit Frau B. durch den Beklagten von einer 20-Stunden-Woche auf eine Vollzeitstelle befristet angehoben worden ist. Die zuvor durch Frau B. im Rahmen ihrer Teilzeitstelle übernommenen Aufgaben werden - wie es so schön heißt – „notdürftig“ von den bereits voll ausgelasteten Juristen der Geschäftsstelle Berlin bzw. von Mitarbeitern der Architektenkammer Baden-Württemberg übernommen. Zusammengefasst bedeutet dies, dass das durchgeführte Organisationskonzept des Beklagten für die Elternzeit der Klägerin beinhaltet, dass sämtliche Arbeitsaufgaben der Klägerin interimsweise durch Frau B. wahrgenommen werden, während die originären Aufgaben der Frau B. durch Beschäftigte wahrgenommen werden, die nicht in der Repräsentanz Brüssel, sondern an anderen Arbeitsorten ansässig sind. Keine Rolle spielt in dem Organisationskonzept die wegen der Einzelheiten zwischen den Parteien umstrittene Nachfolge auf der Stelle des Herrn K..
Ist im zweiten Schritt zu überprüfen, ob die durch das Organisationskonzept bedingte Arbeitszeitverteilung der gewünschten Teilzeitarbeit durch die Klägerin entgegensteht, so ist dies zu bejahen. Da die Arbeiten der Klägerin durch Frau B., die Arbeiten der Frau B. durch ortsfremde Beschäftigte wahrgenommen werden, bleibt für die Klägerin während des in Rede stehenden Zeitraums von Teilzeitarbeit während der Elternzeit ein Arbeitsvolumen nicht übrig.
Ist abschließend zu prüfen, ob das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe so erheblich ist, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches der Arbeitnehmerin zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsablaufes oder zu einer unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastung der Dienststelle führen würde, ist all dies zu verneinen. Eine Beschwer des Beklagten durch die Teilzeitarbeit der Klägerin im letzten Drittel ihrer Elternzeit, die das Maß eines dringenden betrieblichen Grundes im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4. BEEG erreichte, ist der erkennenden Kammer nicht vor Augen getreten. So kann eine wesentliche Beeinträchtigung der Arbeitsorganisation nicht angenommen werden. Die einmal seitens des Beklagten vorgenommene Arbeitsorganisation während der Elternzeit der Klägerin kann bereits deswegen nicht von überragendem argumentativem Gewicht sein, weil man seitens des Beklagten diese Arbeitsorganisation in vollem Bewusstsein über den Teilzeitwunsch der Klägerin wählte. Aus dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB muss daher folgen, dass die Verwirklichung des Teilzeitwunsches der Klägerin nicht dadurch negativ determiniert sein kann, als der Beklagte die beschriebene Arbeitsorganisation auch für diejenigen Zeiten wählte, bezüglich derer er genau um den Teilzeitwunsch der Klägerin wusste. Die vor diesem Hintergrund noch aus der einmal gewählten Arbeitsorganisation und den bestimmten Arbeitsabläufen folgenden, der Teilzeitarbeit der Klägerin widerstrebenden betrieblichen Gründe sind nicht von hohem Gewicht. Aus objektiver Sicht ist es eher ein Segen als eine Last, kehrt die mit den betrieblichen Notwendigkeiten der Brüsseler Repräsentanz vollständig vertraute Klägerin in die Dienststelle zurück. An der Erhaltung von Arbeitsabläufen, die der Beklagte selbst als „notdürftig“ bezeichnet, kann ein dringendes betriebliches Interesse nicht bestehen. Ein autonomes Interesse an einer Arbeitsorganisation, in welcher originär Brüsseler Aufgaben durch die voll ausgelasteten Juristen der Geschäftsstelle Berlin sowie durch Mitarbeiter der Architektenkammer Baden-Württemberg übernommen werden müssen, gibt es nicht. Diese Struktur ist vielmehr dem ersten Anschein nach kompliziert und ineffektiv.
Die Teilzeitarbeit der Klägerin bringt für ein halbes Jahr eine wirtschaftliche Belastung der Dienststelle dergestalt mit sich, dass zusätzlich Entgelt der Klägerin für eine 30-Stunden-Stelle anfällt, welches im Organisationskonzept des Beklagten nicht vorgesehen ist. Der Beklagte behauptet indessen nicht, hieraus flösse eine unverhältnismäßige wirtschaftliche Belastung. Auch wöge hier das Gegenargument der Klägerin, welches aus § 164 Abs. 2 BGB fließt, besonders schwer.
Weiter erstarkt das Bestandteil des Organisationskonzeptes des Beklagten, dass Frau B. während der Elternzeit der Klägerin die einzige persönliche Repräsentantin des Beklagten im Brüsseler Politikumfeld sein möge, nicht zu einem dringenden betrieblichen Grund im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4. BEEG. Das Argument verliert bereits dadurch an Durchschlagskraft, als ein solches Konzept vor der Elternzeit der Klägerin nicht durchgehalten werden konnte. Die Klägerin als Leiterin der Repräsentanz und als ihr „Gesicht“ vermochte es wegen der hohen Anzahl der persönlichen Begegnungen nicht, das Modell einer Allein-Repräsentanz in Reinkultur durchzuhalten. Dazu waren es der Termine zu viele. Nicht umsonst ist in den Stellenbeschreibungen für Frau B. und Herrn K. vom 16./20. Mai 2014 explizit niedergelegt, dass diese auch Außentermine im Zuge des durch den Beklagten betriebenen „Lobbying“ wahrzunehmen haben. Im Falle des Herrn K. ca. 3,9 Stunden in der Woche, im Falle der Frau B. 4,0 Stunden in der Woche.
Die Außentermine und ihre Wahrnehmung waren also seit jeher arbeitsteilig organisiert, wobei angenommen werden darf, dass die Klägerin die wichtigeren und wichtigsten Termine selbst wahrgenommen hat. Durch die Rückkehr der Klägerin in die Dienststelle während der Teilzeitarbeit in der Elternzeit wird also etwas wieder hergestellt, was bereits zuvor existierte und sich augenscheinlich bewährt hatte. Zusätzlich ist gedanklich mit einzubeziehen, dass sich die Klägerin – sofern sie keinen Dispens von ihrem Dienstvorgesetzten erhält – an die durch sie selbst klageweise durchgesetzten Arbeitszeiten an Montagen, Dienstagen und Donnerstagen von 09:00 Uhr bis 17:30 Uhr sowie an Mittwoch von 09:00 Uhr bis 15:30 Uhr wird halten müssen. Da die Beklagte darlegt, dass die wichtigeren Außendarstellungstermine der Brüsseler Repräsentanz des Beklagten in den Abendstunden stattfinden, ist also gewährleistet, dass auch im letzten Drittel der Elternzeit der Klägerin die ausschlaggebende Kontaktperson des Beklagten in Brüssel Frau B. sein wird. Soweit die Klägerin im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2015 meinte, sie habe sich ohnehin nicht an ein ausgeurteiltes Arbeitszeitregime zu halten, muss sie sich eines Besseren belehren lassen. Zwar ist sie dann Leiterin des Brüsseler Büros und damit wieder Dienstvorgesetzte der Frau B., jedoch steht es in der Macht des Beklagten, die Klägerin von der Wahrnehmung wichtiger Abendtermine abzuhalten, indem er das ausgeurteilte Arbeitszeitregime durchsetzt.
Ist somit zu konkludieren, dass der Wunsch des Beklagten, während der gesamten Elternzeit Frau B. das „Gesicht“ des Beklagten in Brüssel sein möge, wird dies durch die Teilzeitarbeit der Klägerin zwar eingeschränkt, aber im Wesentlichen nicht beseitigt. Damit ist die seitens des Beklagten gewählte Organisationsstruktur auch in dieser Hinsicht durch die Rückkehr der Klägerin in die Dienststelle nicht mit hoher Relevanz tangiert.
In der Gesamtschau erstarken somit die betrieblichen Belange des Beklagten, die für eine Abwehr des Teilzeitwunsches der Klägerin sprechen, nicht das Gewicht eines dringenden betrieblichen Grundes im Sinne von § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4. BEEG. Dahinzustehen hat, ob es sich – als Rechtsfolge von § 16 Abs. 1 BGleiG - sogar um zwingende betriebliche Gründe handeln müsste. Wenn dringende betriebliche Gründe nicht vorliegen, können zwingende betriebliche Gründe es erst recht nicht tun.
ii)
Der Anspruch auf Vertragsänderung erstreckt sich auch auf die Verteilung der verringerten Arbeitszeit (BAG vom 19.02.2013 – 9 AZR 461/11 – AP Nr. 4 zu § 15 BEEG, unter II.3. der Gründe). Vorliegend sprechen keine gewichtigen Gründe gegen die klägerseits begehrte Verteilung der Arbeitszeit. Die Argumente des Beklagten, welche für eine zwingende Anwesenheit der Klägerin an Freitagen sprechen sollen, wissen nicht zu überzeugen. Presseerklärungen können auch an Donnerstagen vorgefertigt und an Freitagen veröffentlicht werden, wobei sowieso im Zweifel steht, ob Presseerklärungen an Freitagen überhaupt noch von der angesprochenen Presse rezipiert werden, weil es sich im weiteren Sinne um Kulturthemen handelt, die sich in Presseorganen auf vorproduzierten Seiten der Wochenendausgaben regelmäßig wiederfinden werden. Auch bestehen keine Bedenken gegen eine Verteilung der Arbeitszeit von 09:00 Uhr bis 15:30 Uhr bzw. 17:30 Uhr, was sich mit den Kindbetreuungsmöglichkeiten der Klägerin synchronisiert und üblichen Bürozeiten entspricht. Die Klägerin wird sich allein daran gewöhnen müssen, zwar Vorgesetzte der Frau B. zu sein, ganz wesentlichen Teile der Arbeit aber gleichwohl Frau B. überlassen zu müssen.
2.
Die Hilfsanträge zu 2. bis 4. sowie 6. bis 8. fallen nicht zur Entscheidung an, denn die innerprozessuale Bedingung hierfür – das Unterliegen der Klägerin mit dem Klageantrag zu 1. – tritt nicht ein.
3.
Nicht begründet ist die Klage insoweit, als die Klägerin mit dem Klageantrag zu 5. begehrt, im Zeitraum 13. Februar bis 12. August 2016 durch den Beklagten tatsächlich so beschäftigt zu werden, wie es der begehrten Teilzeitabrede während der Elternzeit entspräche. Dieses Begehren ist zu bescheiden, denn die innerprozessuale Bedingung hierfür – das Obsiegen der Klägerin mit dem Klageantrag zu 1. – tritt ein.
Eine Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf vorläufige Beschäftigung findet sich nicht.
a)
Der Anspruch ergibt sich nicht auf Grundlage von § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 31. Mai 2013 und einer vertraglichen Abrede der Parteien betreffend ein Tätigwerden der Klägerin in Teilzeit vom 13. Februar bis 12. August 2016. Letztgenannte vertragliche Abrede ist noch nicht zustande gekommen, auch wenn der Beklagte – wie gesehen – zur Abgabe der komplementären Willenserklärung zum diesbezüglichen Antrag der Klägerin verurteilt worden ist. Aus § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG folgt hier keine vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils, da Klagen auf die Abgabe von Willenserklärungen einem Zwangsvollstreckungsverfahren nicht zuführbar sind. Vielmehr gilt mit Rechtskraft des Urteils die streitgegenständliche Willenserklärung als abgegeben, § 894 Satz 1 ZPO. In Ermangelung der Rechtskraft hat die Klägerin somit momentan keinen vertraglichen Anspruch auf die streitgegenständliche Beschäftigung inne.
b)
Ein Anspruch auf interimsweise vorläufige Beschäftigung analog dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch, der im Kündigungsschutz- oder Entfristungsrechtsstreit Platz greifen kann, existiert nicht. Die angezogene Entscheidung des Arbeitsgerichtes Nürnberg (vom 05.08.2003 – 9 Ca 4096/03 – LAGE Nr. 13 zu § 8 TzBfG, unter 2. der Gründe) vermag teilweise nicht zu überzeugen, ist aber jedenfalls auf den hiesigen Fall nicht übertragbar.
Der durch die Entscheidung des Großen Senates des Bundesarbeitsgerichtes (vom 27.02.1985 – GS 1/84 - AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) anerkannte allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch steht auf zwei argumentativen Säulen: Dem Schutz der Persönlichkeitsrechtes des Arbeitnehmers gemäß Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG und der Prävention von dessen betrieblicher Desintegration. Beides kann im vorliegenden Zusammenhang nicht mit Überzeugungskraft fruchtbar gemacht werden.
aa)
Während für den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch spricht, dass er Gewähr dafür leistet, dass der Arbeitnehmer trotz gekündigtem Arbeitsverhältnis seine Persönlichkeitsentfaltung durch Arbeit nach einem erstinstanzlichen Obsiegen im Kündigungsschutzprozess wieder aufnehmen kann,
Bei näherem Hinsehen vermag das Arbeitsgericht Nürnberg (a.a.O., unter 2.a)aa)(2) und (3) der Gründe) den interimsweisen Anspruch auf Beschäftigung analog der erstinstanzlichen Bescheidung des Teilzeitbegehrens nicht auf den Schutz des Persönlichkeitsrechtes zu stützen. Eine Gewährleistung von Persönlichkeitsrechtsentfaltung durch Arbeit wird bereits aus logischer Sicht nicht dadurch befördert, dass weniger gearbeitet zu werden braucht als der Arbeitgeber begehrt. Vielmehr verhilft das Arbeitsgericht Nürnberg dem arbeitnehmerseitigen Begehren auf interimsweise Verkürzung der Wochenarbeitszeit mit den Argumenten zum Durchbruch, widrigenfalls sei die Kindesbetreuung nicht gewährleistet und die dortige Klägerin bleibe im Kindesinteresse nur die Eigenkündigung. Die Verunmöglichung von Persönlichkeitsrechtsentfaltung durch Arbeit ist hier also erst mittelbare Folge, primär ist das Kindesinteresse.
Im hier vorliegenden Fall könnte sich die Klägerin immerhin darauf berufen, der Schutz ihres Persönlichkeitsrechts bedürfe der Möglichkeit, im letzten Drittel der Elternzeit arbeiten zu gehen, auch wenn nach dem 12. August 2016 das Arbeitsverhältnis sowieso wieder wie ehedem durchgeführt werden wird. Ausdrücklich argumentiert die Klägerin so nicht; allerdings steht der Klägerin zum Wunsch nach Teilzeitarbeit während einer Elternzeit eine alternative Persönlichkeitsrechtsentfaltung zur Verfügung. Das Rechtsinstitut der Elternzeit dient gerade dazu, dass Männer wie Frauen ihre Persönlichkeit durch die Realisierung eines Kinderwunsches entfalten können. Das Institut soll die einander gerade in zeitlicher Hinsicht wiederstrebenden Interessenlagen hinsichtlich Beruf und Kind harmonisieren helfen. Es soll möglich sein, trotz Berufstätigkeit ein Kind zu haben. Dient die Elternzeit somit gerade der Persönlichkeitsentfaltung durch Mutterschaft, kann dies argumentativ der Persönlichkeitsentfaltung durch Arbeit im Zuge einer Teilzeitarbeit während der Elternzeit entgegengestellt werden. Einer vorläufigen Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers bedarf es deswegen nicht, weil die an der Teilzeitarbeit gehinderte Arbeitnehmerin – länger als gedacht – ihre Persönlichkeit durch die Betreuung des Kindes entfalten kann. Auch das Selbstbestimmungsrecht des Elternteiles reicht hier nicht soweit, als dass es eine vorläufige Beschäftigungspflicht legitimierte. Dies gilt jedenfalls dann, geht es – wie hier – um einen überschaubaren Zeitraum von einem halben Jahr.
bb)
Hinsichtlich der argumentativen Säule des allgemeinen Weiterbeschäftigungs-anspruches, dass er der Desintegration des Arbeitnehmers infolge Kündigungsausspruch oder Befristungsablauf entgegenwirke, vermag vorliegend ebensowenig zu greifen. Anders als bei Kündigung oder Befristung geht die Initiative für die Desintegration des Beschäftigten aus Betrieb oder Dienststelle nicht vom Arbeitgeber, sondern von der Arbeitnehmerin aus. Diese entschloss sich aus freien Stücken, für einen bestimmten Zeitraum das Interesse des Kindes über das Integrationsinteresse in den Betrieb zu stellen. Hierbei war der Klägerin bekannt, dass sich der Beklagte nicht gegen die Elternzeit, sehr wohl aber gegen die Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit wird wehren können. Sie hat sich gleichwohl für dasjenige entschlossen, was sie für sich selbst und das aufgenommene Kind als das Zuträgliche erkannt hat, nämlich eine Elternzeit von 1,5 Jahren.
c)
Hinzuweisen bleibt darauf, dass die klägerseits befürchtete Ineffektivität des hiesigen Klageverfahrens zum Teil auch selbst zu verantworten ist. Zwischen der Ablehnung der Teilzeitarbeit durch Schreiben unter dem 16. Januar 2015 und der Klageanhängigkeit am 21. Juli 2015 liegt mehr als ein halbes Jahr. Diesen Zeitverlust hat die Klägerin sich selbst zuzuschreiben.
d)
Am Rande sei angemerkt, dass die ebenso randständige Einlassung der Klägerin, jedenfalls würden ihr Entgeltansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zuwachsen, nicht als unbedenklich erscheint. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (vom 19.08.2015 – 5 AZR 975/13 – Juris) schließt eine rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses das Entstehen von Annahmeverzugsansprüchen aus. Inwieweit hier zwischen Vollzeit- und Teilzeitarbeit, zwischen Elternzeit- und Betriebsübergangsfällen zu differieren ist, erscheint als nicht ganz deutlich (vgl. auch BAG vom 09.05.2006 – 9 AZR 278/05 – AP Nr. 47 zu § 15 BErzGG, unter IV.2.2.b) der Gründe).
III.
Die Kosten des Rechtsstreites haben die Parteien im Verhältnis ihres jeweiligen Unterliegens zu tragen, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
IV.
Der Wert der Beschwer der Parteien durch dieses Urteil ist gem. §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO festzusetzen. Die erkennende Kammer hat es als angemessen angesehen, sowohl das Unterliegen des Beklagten hinsichtlich der Abgabe der Willenserklärung als auch das Unterliegen der Klägerin hinsichtlich der vorläufigen Beschäftigung in Teilzeit mit jeweils eineinhalb Bruttomonatsentgelten zu bewerten.