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Arbeitsrecht
08.05.2014
Arbeitsrecht
LAG Nürnberg: Drittschuldnerklage - vorrangige Pfändung

LAG Nürnberg, Urteil vom 27.11.2013 - 8 Sa 218/13


Leitsatz


1. Das Unterbleiben einer Drittschuldnerauskunft führt nicht zur Fiktion, dass fehlendes Einkommen vorhanden ist oder dass bereits anderweitig vorgepfändete Forderungen dem später pfändenden Gläubiger zustünden.


2. Die vorrangige Pfändung und Überweisung steht bis zu ihrer Aufhebung und entsprechender Kenntnis des Drittschuldners einer nachrangigen Pfändung entgegen.


Verfahrensgang ausblendenVerfahrensgang


vorgehend ArbG Nürnberg, 28. Februar 2013, Az: 16 Ca 6059/12, Urteil


Tenor


1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 28.02.2013 - Az. 16 Ca 6059/12 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.


2. Die Revision wird nicht zugelassen.


Sachverhalt


Die Parteien streiten im Rahmen einer Drittschuldnerklage im Wesentlichen darum, ob sich eine Vorpfändung erledigt hat.


Die Klägerin hat aufgrund des Versäumnisurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.02.2004, Az. 13 O 8777/03, sowie aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30.07.2004 gegen den Streitverkündeten eine Forderung, deren Höhe im Zeitpunkt der Klageerhebung 14.800,00 EUR überstieg (auf die als Anlage A1 und A2 zur Klageschrift vom 15.10.2012 eingereichten Kopien, Blatt 4 ff. und 7 ff. der Akte wird Bezug genommen). Der Streitverkündete steht in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten.


Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 07.05.2012 erwirkte die Klägerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in das Arbeitseinkommen des Streitverkündeten über eine Gesamtforderung von 15.104,45 EUR (auf die als Anlage A5 zur Klageschrift vom 15.10.2012 beigefügte Kopie wird Bezug genommen). Der Überweisungs- und Pfändungsbeschluss wurde der Beklagten am 09.05.2012 zugestellt. Zuvor hatte der Streitverkündete in seinem Vermögensverzeichnis vom 07.11.2011 unter anderem die Beklagte als Arbeitgeberin und die monatlichen Nettoeinkünfte aus diesem Arbeitsverhältnis mit 980,00 EUR angegeben (Blatt 10 ff. der Akte). Mit Schreiben vom 29.05.2012 und vom 11.06.2012 hatte die von der Klägerin beauftragte Inkassogesellschaft die Beklagte zur Drittschuldnerauskunft aufgefordert (Blatt 22 und 23 der Akte). Die Beklagte reagierte hierauf nicht.


Die Klägerin erhob unter dem 15.10.2012 gegen die Beklagte Klage auf Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 1.000,00 EUR und trug im Wesentlichen vor, dass sie zwar nicht wisse, ob pfändbares Einkommen vorhanden sei, mit dem BGH jedoch davon ausgehen dürfe, dass die gepfändete Forderung beim Drittschuldner in vollem Umfang beigetrieben werden könne, wenn die Drittschuldnerauskunft unterbleibe. Am 07.12.2012 erhielt die Klägerin vom Streitverkündeten Lohnabrechnungen ab Mai 2012 über monatlich 1.943,60 EUR brutto, die in der Regel zu einem Nettoeinkommen von 1.341,58 EUR führten (Blatt 59 ff. der Akte) und aus denen sich die Abführung einer Pfändung von jeweils 49,78 EUR in den Monaten Mai mit August 2012 ergab. In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 28.02.2013 trugen der Streitverkündete und die Klägerin übereinstimmend vor, dass eine Vorpfändung zu Gunsten des Finanzamtes in Höhe von 7.500,00 EUR, zugestellt im Juli 2011, vorliege (auf die Feststellung im Tatbestand des Endurteils des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 28.02.2013, Seite 4, Blatt 74 der Akte wird Bezug genommen).


Die Klägerin begehrte zuletzt in der Kammerverhandlung vom 28.02.2013 gegen die säumige Beklagte den Erlass eines Versäumnisurteiles über die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.000,00 EUR, hilfsweise 653,34 EUR sowie zur Erstattung der durch die Mehrforderung darüber hinaus entstandenen Kosten des Rechtsstreits.


Wegen des erstinstanzlichen Vortrages sowie der Antragstellung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 15.10.2012, 04.12.2012 und 25.02.2013 sowie auf die Sitzungsniederschriften und den Tatbestand des Ersturteils verwiesen.


Das Arbeitsgericht hat durch Endurteil vom 28.02.2013 die Beklagte verurteilt, „der Klägerin die Kosten dieses Prozesses zu ersetzen" und die Klage im Übrigen mit der Begründung abgewiesen, dass die fehlende Drittschuldnerauskunft zwar die beklagte Drittschuldnerin zum Schadensersatz nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO verpflichte, nicht jedoch die Fiktion begründe, dass fehlendes Einkommen vorhanden sei oder bereits anderweitig vorgepfändete Forderungen dem später pfändenden Gläubiger zustünden. Die Vorpfändung zu Gunsten des Finanzamtes sei bestehen geblieben, weil sie nicht aufgehoben und die Aufhebung der beklagten Drittschuldnerin nicht mitgeteilt worden sei (§ 836 Abs. 2 ZPO).


Gegen das ihr am 11.04.2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 28.02.2013 legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.04.2013, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 25.04.2013 eingegangen, Berufung ein und begründete diese gleichzeitig.


Die Klägerin trägt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und dessen Vertiefung im Berufungsverfahren vor, dass der Bundesgerichtshof mit Urteilen vom 28.01.1981, 17.04.1984 und 04.05.2006 entschieden habe, dass der Gläubiger von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruches ausgehen und diesen ohne Kostenrisiko einklagen könne, wenn der Drittschuldner die nach § 840 Abs. 1 ZPO geforderten Angaben unterlasse. Aus den vom Streitverkündeten vorgelegten Abrechnungen ergebe sich, dass lediglich in den Monaten Mai, Juni und Juli 2012 eine Pfändung beachtet und jeweils 49,78 EUR in Abzug gebracht worden waren. Zwar treffe es zu, dass der Streitverkündete eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Finanzamtes aus Juli 2011 über einen Betrag von 7.500,00 EUR vorgelegt habe. Jedoch sei ausdrücklich zu bestreiten, dass diese Pfändung von der Beklagten nach dem Monat Juli 2012 noch berücksichtigt worden sei, weil eben dies nicht aus den Abrechnungen hervorgehe. Im Gegenteil sei aus den Abrechnungen ersichtlich, dass dort im Monat August keine Pfändung mehr berücksichtigt worden sei. Es müsse und dürfe daher davon ausgegangen werden, dass die Pfändung zu Gunsten des Finanzamtes nach Abführung der jeweils 49,78 EUR bis zum Monat Juli 2012 endgültig erledigt war.


Auch müsse eine Pfändung keineswegs ausdrücklich „aufgehoben" worden sein, damit die Pfändung der Klägerin zum Zuge kommen könne. Es reiche aus, wenn sich die Pfändung irgendwie erledigt habe. Nachdem die Pfändung bis Juli 2012 berücksichtigt worden und danach zweifelsfrei nicht mehr abgeführt worden sei, könne zu Recht davon ausgegangen werden, dass die Pfändung erledigt gewesen sei.


Grade bei Pfändungen des Finanzamtes sei es keineswegs unwahrscheinlich, dass zum Beispiel eine Schätzung vorgelegen habe und aus dieser vorgegangen worden sei. Sobald der Streitverkündete also beispielsweise seine Steuererklärung nachgereicht und sich daraus ergeben habe, dass die Schätzung völlig überhöht war, könnte die Pfändungs- und Einziehungsverfügung korrigiert oder gar aufgehoben worden sein. Außerdem habe die Pfändung auch anderweitig gemäß gesonderten Absprachen bedient worden sein können, weswegen sie möglicherweise aufgehoben worden sei.


Weder die Beklagte noch der Streitverkündete hätten überhaupt nur vorgetragen, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamtes nach Juli 2012 noch bedient worden sei. Das Gericht hätte somit als unstreitig unterstellen müssen, dass zumindest ab dem Monat August 2012 keine vorrangigen Pfändungen mehr vorgelegen hätten.


Weiter ist die Klägerin der Auffassung, dass die abgeführten Pfändungsbeträge zu gering gewesen seien. Nachdem der Streitverkündete keinerlei Unterhaltspflichten zu erfüllen habe, seien bereits im Mai 2012, bei einem durch die Lohnabrechnung nachgewiesenen Nettoeinkommen in Höhe von 1.707,28 EUR gemäß der Pfändungstabelle 469,78 EUR pfändbar gewesen. Nachdem vom Mai bis Juli 2012 nur insgesamt drei mal 49,78 EUR, also 149,34 EUR pfändbare Beträge und danach nichts mehr abgeführt worden seien, müsse davon ausgegangen werden, dass die Pfändung bei einer korrekten Auszahlung bereits im Mai 2012 erledigt gewesen wäre, worauf sich die Klägerin gegenüber der Beklagten natürlich berufen dürfe.


Selbst wenn man der Klägerin ohne Berücksichtigung der in viel zu geringem Umfang abgeführten Beträge von jeweils 49,78 EUR erst die pfändbaren Beträge ab dem Monat zusprechen wollen würde, ab dem ausweislich der Abrechnungen eindeutig keine anderweitige Pfändung mehr berücksichtigt worden sei (also ab August 2012), wären für die Monate August, September und Oktober 2012 EUR 653,34 an die Klägerin abzuführen gewesen, was die Klägerin hilfsweise beantragt habe.


Die Klägerin stellt folgende Anträge:


1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 28.02.2013, Az. 16 Ca 6059/12, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt 1.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu bezahlen.


2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.


Die Beklagte beantragt,


die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.


Die Beklagte trägt vor,


das Arbeitsgericht Nürnberg habe zutreffend ausgeführt, dass die vorrangige Pfändung des Finanzamtes über 7.500,00 EUR noch nicht vollständig erfüllt worden sei. Darüber hinaus sei durch die Klägerin nicht vorgetragen, dass die Vorpfändung aufgehoben wäre, was jedoch Voraussetzung dafür gewesen wäre, dass die Pfändung der Klägerin zum Tragen hätte kommen können. Die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass pfändbares Einkommen vorhanden sei und keine vorrangige Pfändung vorliege.


Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die Berufungsbegründung vom 17.04.2013, die Berufungsbeantwortung vom 22.10.2013, auf den weiteren - erst nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht - am 24.10.2013 eingegangenen Schriftsatz der Klägerin vom 11.11.2013 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 24.10.2013 verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.


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Aus den Gründen


23


Die zulässige Berufung ist unbegründet.


A.


24


Die Berufung ist zulässig.


25


Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1 Satz 2 b ArbGG) und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).


B.


26


Die Berufung ist jedoch sachlich nicht begründet.


27


Der Klägerin steht der in der Berufungsinstanz weiterverfolgte Zahlungsanspruch bereits dem Grunde nach nicht zu. Die zeitlich frühere Pfändung vom Juli 2011 zu Gunsten des Finanzamtes in Höhe von 7.500,00 EUR geht der späteren Pfändung durch die Klägerin vom 09.05.2012 vor (§ 804 Abs. 3 ZPO). Diese Vorpfändung gilt nach § 836 Abs. 2 ZPO als rechtsbeständig, weil sie weder aufgehoben noch die Aufhebung zur Kenntnis der Beklagten gelangt ist.


I.


28


Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung dafürgehalten, dass die Beklagte gemäß § 804 Abs. 3 ZPO die Vorpfändung des Finanzamtes bedienen musste. Ob die Beklagte dabei den pfändbaren Betrag richtig berechnet habe oder sie mehr an das Finanzamt hätte abführen müssen, könne dahinstehen; die Vorpfändung bleibe bestehen, bis sie aufgehoben und dies dem Drittschuldner mitgeteilt werde (§ 836 Abs. 2 ZPO). Entgegen der Auffassung der Klägerin führe die fehlende Drittschuldnerauskunft nicht zu der Fiktion, dass fehlendes Einkommen vorhanden oder bereits anderweitig vorgepfändete Forderungen dem später pfändenden Gläubiger zustünden. Dem folgt das Berufungsgericht und macht sich die Entscheidungsgründe des Ersturteils zu eigen. Auf eine bloß wiederholende Darstellung wird im Hinblick auf § 69 Abs. 2 ArbGG verzichtet.


II.


29


Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind nur noch folgende Ausführungen veranlasst:


30


1. Das Endurteil des Arbeitsgerichtes ist in seinem klageabweisenden und vorliegend von der Beklagten mit der Berufung angegriffenen Teil ein so genanntes „unechtes Versäumnisurteil", welches gegen die in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 28.02.2013 anwesende Klägerin mangels Schlüssigkeit der Klage erging (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 331 Abs. 2 Halbsatz 2 ZPO).


31


2. Die Pfändung der Klägerin vom 09.05.2012 hat das Arbeitseinkommen des Streitverkündeten wegen der Vorpfändung zu Gunsten des Finanzamtes nicht erfasst.


32


a) Die mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wirksam werdende (§ 829 Abs. 3 ZPO) Pfändung in Forderungen bewirkt die Pfandverstrickung und das Pfandrecht des Gläubigers. Mit dem Pfändungsbeschluss wird einem Drittschuldner verboten, an den Schuldner zu zahlen (Arrestatorium) und dem Schuldner geboten, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (Inhibitorium; § 829 Abs. 1 ZPO). Mit der Pfändung erwirbt der Gläubiger grundsätzlich ein Pfandrecht an der gepfändeten Forderung (§ 804 Abs. 1 ZPO). Das Pfändungspfandrecht gewährt dem Gläubiger ein Recht an der gepfändeten Forderung, das späteren vertraglichen Pfandrechten oder späteren Lohnpfändungen im Range vorgeht (§ 804 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Liegen mehrere Pfändungen vor, entscheidet mithin das Prioritätsprinzip über die Rangfolge. Vorrangig ist der zeitlich frühere zugestellte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu bedienen.


33


b) Vorliegend ist unstreitig im Juli 2011 das Arbeitseinkommen des Klägers zu Gunsten des Finanzamtes wegen einer Forderung über 7.500,00 EUR gepfändet worden. Diese Pfändung geht der erst mit Zustellung des vorliegenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 09.05.2012 wirksam gewordenen Pfändung zu Gunsten der Klägerin vor.


34


c) Dem steht auch die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen. Der BGH hat in den Urteilen vom 28.01.1981, 17.04.1984 und 04.05.2006 (VIII ZR 1/80, IX ZR 153/83 und IX ZR 189/04, jeweils zitiert nach juris) entschieden, dass der Gläubiger von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruches ausgehen und diesen ohne Kostenrisiko einklagen kann, wenn der Drittschuldner die nach § 840 Abs. 1 ZPO geforderten Angaben unterlässt. Wie auch vorliegend das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, begründet der Bundesgerichtshof dies insbesondere mit der ausreichenden Wahrung der Schutzfunktion des § 840 Abs. 2 ZPO. Ergibt die Einlassung des Drittschuldners in dem vom Pfändungsgläubiger im Vertrauen auf die Existenz und Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruches eingeleiteten Drittschuldnerverfahren, dass die geltend gemachte Forderung nicht besteht oder nicht durchsetzbar ist, so kann der Pfändungsgläubiger im selben Prozess nach § 263 ZPO auf die Schadensersatzklage übergehen und eine Verurteilung des Drittschuldners in die bisher entstandenen „vergeblichen Prozesskosten" erreichen. Eine darüber hinausgehende Schutzwirkung kommt dem § 840 ZPO nicht zu. Insbesondere vermag das Unterbleiben einer ordnungsgemäßen Drittschuldnerauskunft nicht die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen einer erfolgreichen Drittschuldnerklage zu ersetzen, insbesondere das Vorliegen einer pfändbaren Forderung in ausreichender Höhe und das Fehlen anderweit vorrangiger Pfändungen.


35


3. Die vorrangige Pfändung zu Gunsten des Finanzamtes ist entgegen der Auffassung der Klägerin weder „erledigt" noch hat sie in sonstiger Weise ihren Vorrang gegenüber der Klägerin verloren.


36


Nach § 836 Abs. 2 ZPO gilt der Überweisungsbeschluss, auch wenn er mit Unrecht erlassen ist, zu Gunsten des Drittschuldners dem Schuldner gegenüber so lange als rechtsbeständig, bis er aufgehoben wird und die Aufhebung zur Kenntnis des Drittschuldners gelangt. Diese Vorschrift dient dem Schutz des Drittschuldners in seinem Vertrauen auf die Wirksamkeit eines Überweisungsbeschlusses (Baumbach/Lauterbach, Kommentar zur ZPO, 71. Aufl. 2013, § 836 2 B; Zöller/Stöber, Kommentar zur ZPO, 30. Aufl. 2013, § 836 Rn. 7 f.). Zwar bezieht sich der Wortlaut des § 836 Abs. 2 ZPO nur auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Drittschuldner und dem Pfändungsschuldner. Nach zutreffender Auffassung des BGH ist diese Bestimmung jedoch auf das Verhältnis zwischen dem Drittschuldner und dem Pfändungsgläubiger des Schuldners anzuwenden (BGH vom 09.06.1976 - VIII ZR 19/75, zitiert nach juris). Da ein Pfändungsgläubiger mit der Pfändung und Überweisung einer Forderung dem Drittschuldner gegenüber an die Stelle seines ursprünglichen Gläubigers, des Pfändungsschuldners tritt, rechtfertigt sich die Annahme, dass auch jedem Pfändungsgläubiger gegenüber die vom Gesetz für den Drittschuldner gewollte Schutzwirkung eintritt. Diese Schutzwirkung umfasst auch den durch den Zeitpunkt der Pfändung bestimmten Rang einer Forderungsüberweisung (BGH vom 09.06.1976, a. a. O., Rn. 27 f.).


37


Vorliegend sind die von § 836 Abs. 2 ZPO verlangten Voraussetzungen für den Wegfall der Schutzwirkung nicht gegeben: Der Überweisungsbeschluss vom Juli 2011 zu Gunsten des Finanzamtes ist weder aufgehoben noch ist eine Aufhebung zur Kenntnis der Beklagten gelangt. Die Beklagte ist daher nicht gehalten, die von der Klägerin ihr gegenüber erhobene Forderung zu erfüllen.


38


Die Ausführungen der Klägerin - wonach der Pfändung des Finanzamtes gegebenenfalls eine Schätzung zugrunde gelegen haben mag, die zwischenzeitlich überholt sei oder wonach der Streitverkündete und das Finanzamt zwischenzeitlich gesonderte Absprachen zur Bedienung der Forderung des Finanzamtes getroffen hätten oder wonach aus der Beendigung des Abzugs von Pfändungsbeträgen mit dem Juli 2012 zu schlussfolgern sei, dass die Pfändung des Finanzamtes erledigt sei - stellen reine Spekulationen dar, denen - unbeschadet vom Grade ihrer Wahrscheinlichkeit oder Realitätsnähe - in Anbetracht der eindeutigen Schutznorm des § 836 Abs. 2 ZPO keine rechtliche Relevanz zukommt.


39


Nach alledem bleibt festzuhalten, dass das Arbeitsgericht zu Recht den Zahlungsantrag abgewiesen hat. Der Berufung der Klägerin musste daher der Erfolg versagt bleiben.


C.


40


Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).


41


Für die Zulassung der Revision bestand kein gesetzlich begründeter Anlass (§ 72 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG).

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