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Arbeitsrecht
31.01.2013
Arbeitsrecht
LAG Düsseldorf: Bezugnahme auf mehrgliedrigen Tarifvertrag

LAG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2012 - 5 Sa 704/12


Leitsatz


1. Die Bezugnahmeklausel in einem Arbeitsvertrag auf einen sogenannten mehrgliedrigen Tarifvertrag ist nicht wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB rechtsunwirksam.


2. Eine tarifvertragliche Ausschlussklausel erfasst grundsätzlich auch solche Ansprüche, die vor der Bezugnahme im Arbeitsvertrag entstanden sind.


Sachverhalt


Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.


Der am 08.01.1961 geborene Kläger ist auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 11.03.2010 bei der Beklagten, die ein Zeitarbeitsunternehmen betreibt, als Arbeitnehmer tätig. Nach dem Arbeitsvertrag vom 11.03.2010 (Bl. 22 ff d. A.) wurde er zunächst als geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von maximal 57 Stunden und einem Stundenlohn von 6,65 € brutto eingesetzt. Nach einer Änderungsvereinbarung vom 01.04.2010 (Bl. 26 und 27 d. A.) arbeitete er dann mit einer regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von mindestens 58 Stunden weiter.


Unter dem 05.05.2010 schließen die Parteien einen weiteren Änderungsvertrag, wonach der Kläger ab dem 01.05.2010 mit einer regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von 152 Stunden beschäftigt wurde.


Die Arbeitsverträge vom 11.03.2010 und vom 01.04.2010 enthielten in § 1 folgende Regelung:


 „Der Arbeitsvertrag wird angelehnt an den zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaft Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister (AMP) geschlossenen Arbeitsvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung."


Am 23.09.2011 beschlossen die Parteien eine „Änderung zum bestehenden Arbeitsvertrag vom 11.03.2010". Dort findet sich unter anderem folgende Regelung:


 „Mit Wirkung vom 01.10.2011 vereinbaren die Vertragsparteien die im o.g. Arbeitsvertrag unter § 1 angeführte Anwendung des Tarifvertrages wie folgt zu ändern:


 (1) Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal- Dienstleistungen e.V., (BZA) und der Tarifgemeinschaft der Mitgliedsgewerkschaften des DGB geschlossenen Tarifverträge für die Zeitarbeitsbranche, bestehend aus dem  Mantel-, Entgelt-, Entgeltrahmen- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag in ihrer jeweils gültigen Fassung.


Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied der DGB - Einzelgewerkschaften ist. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus und können montags bei freitags in der Zeit von 09.00 Uhr bis 16.00 Uhr eingesehen werden.


 (2) Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die Bestimmungen der vorgenannten Tarifverträge den Abreden dieses Arbeitsvertrages vorgehen (......)."


Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird im Übrigen auf Blatt 59 der Akten verwiesen.


§ 16 des „Manteltarifvertrages zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e. V. und der Tarifgemeinschaft der Mitgliedsgewerkschaften des DGB" (im Folgenden nur noch „MTV" genannt) heißt es:


 „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb von zwei Monaten (bei Ausscheiden 1 Monate) nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch schriftlich ab, so muss der Anspruch innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung bzw. dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden.


Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden,


sind ausgeschlossen."


Unter dem 17.11.2010 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht und bot ihm die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an (vgl. hierzu Blatt 4 d. A.).


Mit seiner am 30.11.2011 beim Arbeitsgericht Duisburg anhängig gemachten Klage hat der Kläger, der durchgängig an den Kunden „T. Healthcare Diagnostics Products GmbH" entliehen war, die Rechtsunwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung geltend gemacht und später unter Hinweis auf § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG das gleiche Arbeitsentgelt begehrt, welches vergleichbare Arbeitnehmer bei der Firma T. Healthcare Diagnostics Products GmbH im Zeitraum von April 2010 bis zum November 2011 erzielt haben.


Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, sein Arbeitsvertrag sei durch die Änderungsvereinbarung vom 23.09.2011 nicht wirksam abgeändert worden. Die Vereinbarung sei schon deshalb intransparent, weil sie sich auf einen Arbeitsvertrag vom 11.03.2010 beziehe, der jedoch durch den Arbeitsvertrag vom 01.04.2010 abgelöst worden wäre. Als Verwenderin von allgemeinen Geschäftsbedingungen müsse sich die Beklagte diese Unklarheiten zuschreiben lassen. Sie könne sich jedenfalls nicht, wie geschehen, darauf berufen, dass die Ansprüche des Klägers wegen der tariflichen Ausschlussfristen verfallen wären.


Der Kläger hat behauptet, die mit ihm vergleichbaren Lagerarbeiter bei der Firma T. Healthcare Diagnostics Products GmbH seien in die Entgeltgruppe IV des Tarifvertrages der Chemischen Industrie in Verbindung mit dem betrieblichen Entgeltsystem bei der Entleiherin eingruppiert gewesen und hätten im Zeitraum von April 2010 bis Februar 2010 einen Stundenlohn in Höhe 13,89 € brutto erzielt, ab März 2011 einen solchen von 14,46 € brutto.


Nachdem die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.02.2012 einen Teilvergleich über die Änderungskündigung vom 17.11.2011 geschlossen hatten, hat der Kläger beantragt,


1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Lohn für April 2010 in Höhe von 1.827,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2010 abzüglich am 20.05.2010 gezahlter 809,65 € netto zu zahlen.


2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Mai 2010 in Höhe von 2.139,06 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2010 abzüglich am 20.06.2010 gezahlter 739,08 € netto zu zahlen.


3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Juni 2010 in Höhe von 2.590,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2010 abzüglich am 20.07.2010 gezahlter 885,90 € netto zu zahlen.


4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Juli 2010 in Höhe von 2.295,18 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2010 abzüglich am 20.08.2010 gezahlter 775,02 € netto zu zahlen.


5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für August 2010 in Höhe von 2.201,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2010 abzüglich am 20.09.2010 gezahlter 795,16 € netto zu zahlen.


6. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für September 2010 in Höhe von 2.134,47 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2010 abzüglich am 20.10.2010 gezahlter 766,99 € netto zu zahlen.


7. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Oktober 2010 in Höhe von 2.111,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2010 abzüglich am 20.11.2010 gezahlter 745,16 € netto zu zahlen.


8. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für November 2010 in Höhe von 3.977,08 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2010 abzüglich am 20.12.2010 gezahlter 820,44 € netto zu zahlen.


9. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Dezember 2010 in Höhe von 2.257,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2010 abzüglich am 20.01.2011 gezahlter 785,88 € netto zu zahlen.


10. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Januar 2011 in Höhe von 2.111,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2011 abzüglich am 20.01.2011 gezahlter 765,53 € netto zu zahlen.


11. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Februar 2011 in Höhe von 2.083,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2011 abzüglich am 20.03.2011 gezahlter 698,35 € netto zu zahlen.


12. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für März 2011 in Höhe von 2.328,06 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2011 abzüglich am 20.04.2011 gezahlter 775,41 € netto zu zahlen.


13. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für April 2011 in Höhe von 2.226,84 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2011 abzüglich am 20.05.2011 gezahlter 725,45 € netto zu zahlen.


14. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Mai 2011 in Höhe von 2.215,99 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2011 abzüglich am 20.06.2011 gezahlter 762,27 € netto zu zahlen.


15. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Juni 2011 in Höhe von 2.367,82 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2011 abzüglich am 20.07.2011 gezahlter 811,06 € netto zu zahlen.


16. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Juli 2011 in Höhe von 2.125,62 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2011 abzüglich am 20.08.2011 gezahlter 741,00 € netto zu zahlen.


17. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für August 2011 in Höhe von 2.328,06 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2011 abzüglich am 20.09.2011 gezahlter 777,30 € netto zu zahlen.


18. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für September 2011 in Höhe von 2.299,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2011 abzüglich am 20.10.2011 gezahlter 767,59 € netto zu zahlen.


19. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Oktober 2011 in Höhe von 2.262,99 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2011 abzüglich am 20.11.2011 gezahlter 747,49 € netto zu zahlen.


20. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für November 2011 in Höhe von 2.241,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2011 zu zahlen.


Die Beklagte beantragt,


die Klage abzuweisen.


Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Ansprüche des Klägers gemäß § 16 MTV verfallen wären. Die Parteien hätten eine Bezugnahme auf die Tarifverträge BZA/DGB-Tarifgemeinschaft wirksam vereinbart.


Die Beklagte hat darüber hinaus mit Nichtwissen bestritten, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Firma T. Healthcare Diagnostics Products GmbH mit der Tätigkeit eines Lagerarbeiters der Entleiherin vergleichbar gewesen sei. Vielmehr wäre der Kläger als Lagerhilfsarbeiter beschäftigt und hätte auch keine Bestätigung der Entleiherin zum vergleichbaren Lohn vorgelegt.


Mit Urteil vom 29.02.2011 hat die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Duisburg - 5 Ca 2449/11 - die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Vergütungsansprüche des Klägers für die Zeit vom 01.04.2010 bis zum 31.08.2011 seien gemäß § 16 MTV verfallen. Der MTV finde Anwendung, weil die Bezugnahme auf die Tarifverträge mit der Tarifgemeinschaft BZA/DGB nicht intransparent und damit rechtswirksam wäre. Die Ausschlussfrist des § 16 MTV umfasse auch Ansprüche, die vor dem 01.10.2011 entstanden seien. Da der Kläger seine Ansprüche erst durch seine am 16.12.2011 zugestellte Klage geltend gemacht hätte, seien die Ansprüche bis August 2011 verfallen.


Für den Monat September 2011 fehle es an einer schlüssigen Darlegung der behaupteten Vergleichbarkeit im Sinne des § 10 Abs. 4 AÜG, ab dem 01.10.2010 sei auf das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam ein Tarifvertrag im Sinne des § 9 Nr. 2 AÜG anzuwenden, sodass keine equal-pay-Ansprüche bestünden.


Der Kläger hat gegen das ihm am 26.03.2012 zugestellte Urteil mit einem am 20.04.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.06.2012 - mit einem am 25.06.2012 zugestellten Urteil begründet.


Er wiederholt zunächst seinen Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug, bezieht sich auf eine zu den Akten gereichte Auskunft der Firma T. Healthcare Diagnostics Products GmbH (Bl. 170 d. A.) und behauptet, er hätte Tätigkeiten verrichtet, für die ein vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleiherin den nunmehr eingeklagten Stundenlohn von 13,89 € brutto bzw. 14,46 € brutto bekommen hätte.


Der Kläger vertritt weiter die Rechtauffassung, dass es an einer wirksamen Inbezugnahme in der Vereinbarung vom 23.09.2011 fehle, weil sich die Veränderung auf den nicht mehr existenten Arbeitsvertrag vom 11.03.2010 beziehe.


Unklar sei auch der Hinweis auf das Günstigkeitsprinzip in Ziffer 2 der Vereinbarung vom 23.09.2011. Schließlich handele es sich bei dem in Bezug genommenen Tarifvertrag um einen sogenannten mehrgliedrigen Tarifvertrag. Eine derartige Verweisung verstoße aber gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und sei deshalb rechtsunwirksam.


Der Kläger beantragt,


1. die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Lohn für April 2010 in Höhe von 1.827,72 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2010 abzüglich am 20.05.2010 gezahlter 809,65 € netto zu zahlen.


2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Mai 2010 in Höhe von 2.139,06 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2010 abzüglich am 20.06.2010 gezahlter 739,08 € netto zu zahlen.


3. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Juni 2010 in Höhe von 2.590,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2010 abzüglich am 20.07.2010 gezahlter 885,90 € netto zu zahlen.


4. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Juli 2010 in Höhe von 2.295,18 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2010 abzüglich am 20.08.2010 gezahlter 775,02 € netto zu zahlen.


5. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für August 2010 in Höhe von 2.201,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2010 abzüglich am 20.09.2010 gezahlter 795,16 € netto zu zahlen.


6. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für September 2010 in Höhe von 2.134,47 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2010 abzüglich am 20.10.2010 gezahlter 766,99 € netto zu zahlen.


7. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Oktober 2010 in Höhe von 2.111,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2010 abzüglich am 20.11.2010 gezahlter 745,16 € netto zu zahlen.


8. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für November 2010 in Höhe von 3.977,08 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2010 abzüglich am 20.12.2010 gezahlter 820,44 € netto zu zahlen.


9. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Dezember 2010 in Höhe von 2.257,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2010 abzüglich am 20.01.2011 gezahlter 785,88 € netto zu zahlen.


10. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Januar 2011 in Höhe von 2.111,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2011 abzüglich am 20.01.2011 gezahlter 765,53 € netto zu zahlen.


11. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Februar 2011 in Höhe von 2.083,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2011 abzüglich am 20.03.2011 gezahlter 698,35 € netto zu zahlen.


12. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für März 2011 in Höhe von 2.236,29 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2011 abzüglich am 20.04.2011 gezahlter 775,41 € netto zu zahlen.


13. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für April 2011 in Höhe von 2.226,84 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.04.2011 abzüglich am 20.05.2011 gezahlter 725,45 € netto zu zahlen.


14. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Mai 2011 in Höhe von 2.215,99 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2011 abzüglich am 20.06.2011 gezahlter 762,27 € netto zu zahlen.


15. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Juni 2011 in Höhe von 2.367,82 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2011 abzüglich am 20.07.2011 gezahlter 811,06 € netto zu zahlen.


16. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Juli 2011 in Höhe von 2.125,62 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2011 abzüglich am 20.08.2011 gezahlter 741,00 € netto zu zahlen.


17. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für August 2011 in Höhe von 2.328,06 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2011 abzüglich am 20.09.2011 gezahlter 777,30 € netto zu zahlen.


18. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für September 2011 in Höhe von 2.299,14 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2011 abzüglich am 20.10.2011 gezahlter 767,59 € netto zu zahlen.


19. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für Oktober 2011 in Höhe von 2.262,99 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.10.2011 abzüglich am 20.11.2011 gezahlter 747,49 € netto zu zahlen.


20. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Lohn für November 2011 in Höhe von 2.241,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2011 zu zahlen.


Die Beklagte beantragt,


die Berufung zurückzuweisen.


Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und wiederholt ebenfalls ihren Sachvortrag aus der 1. Instanz. Sie hält den Sachvortrag des Klägers zur Vergleichbarkeit im Sinne von § 10 Abs. 4 AÜG für verspätet und beruft sich im Übrigen auf die Ausschlussfrist des § 16 MTV.


Aus den Gründen


I. Die Berufung ist zulässig.


Sie sind an sich statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2 Satz 1, 89 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).


II. In der Sache selbst hat das Rechtsmittel nur zu einem geringen Teil Erfolg.


Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 611 BGB i. V. m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag und gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG einen Anspruch auf Nachzahlung von Vergütung für den Monat September 2011 in Höhe von 2.299,14 € brutto abzüglich gezahlter 767,59 € netto. Die darüber hinaus geltend gemachten Vergütungsansprüche für die Monate April 2010 bis einschließlich August 2011 stehen dem Kläger nicht zu, weil sie gemäß § 16 MTV verfallen sind. Ab dem 01.10.2010 haben die Parteien darüber hinaus rechtswirksam eine abweichende tarifliche Regelung nach § 9 Nr. 2 AÜG getroffen, die die geltend gemachten equal-pay-Ansprüche des Klägers ab diesem Zeitraum ausschließen.


1. Die Vergütungsansprüche des Klägers bis zum 30.08.2011 sind verfallen, weil er sie nicht innerhalb der zweimonatigen Ausschlussfrist des § 16 MTV geltend gemacht hat.


1.1 Die Vertragsänderung vom 23.09.2011, mit der der MTV in Bezug genommen worden ist, ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht deshalb rechtsunwirksam, weil sie sich auf einen Arbeitsvertrag vom 11.03.2010 bezieht. Dies stellt keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar.


1.1.1 Das Arbeitsgericht hat in seiner erstinstanzlichen Entscheidung zugunsten des Klägers unterstellt, dass es sich bei der hier streitigen Vereinbarung um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB handelt. Dem sind beide Parteien im Berufungsrechtszug nicht entgegengetreten, sodass auch von der Anwendbarkeit des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgegangen werden kann.


1.1.2 Nach dieser Norm liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann vor, wenn eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Indessen ist auch die erkennende Berufungskammer der Auffassung, dass durch den Hinweis auf den Arbeitsvertrag vom 10.03.2010 keine Intransparenz eingetreten ist. Dem Kläger ist zuzugeben, dass sich in der Vereinbarung vom 23.09.2011 tatsächlich ein Hinweis zum ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 11.03.2010 befindet. Durch die weitere Formulierung, dass der „bestehende Arbeitsvertrag" zwischen den Parteien abgeändert werden soll, hat die Beklagte aber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es ihr um eine Anpassung des aktuell bestehenden Arbeitsverhältnisses an neu eingetretene Umstände ging. Aus Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Vereinbarung vom 23.09.2011 ergibt sich - auch für den Kläger - eindeutig, dass nicht nur auf den Ursprungsvertrag abgestellt werden sollte, sondern das derzeit gültige Vertragswerk einer Änderung zugeführt wurde.


1.2 Die streitbefangene Vereinbarung vom 23.09.2011 verstößt auch nicht insoweit gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, als in Ziffer 2 auf die konkrete Anwendung tarifvertraglicher Bestimmungen hingewiesen wird.


Auch in diesem Zusammenhang ist dem Kläger zuzugeben, dass die Formulierungen in Ziffer 2 der Vereinbarung vom 23.09.2011 nicht ganz einfach zu verstehen sind. Indessen liegt das in der Natur der Sache und in der Schwierigkeit der angesprochenen Materie selbst. Die Beklagte wollte mit dem Hinweis in Ziffer 2 erkennbar auf die verschiedenen Varianten hinweisen, die im Zusammenhang mit einem Günstigkeitsvergleich und im Zusammenhang mit dem Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG auftreten könnten. Sie hat damit im Grunde nur die bestehende Rechtslage wiedergegeben. Von einer unklaren und nicht verständlichen Regelung kann deshalb nicht gesprochen werden.


1.3 Die Rechtswirksamkeit der Bezugnahme scheitert schließlich auch nicht daran, dass in der Vereinbarung vom 23.09.2011 auf einen sogenannten mehrgliedrigen Tarifvertrag verwiesen wird.


1.3.1 Indessen ist in der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte durchaus umstritten, ob und in welcher Weise auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag Bezug genommen werden kann.


Zum einen wird die Auffassung vertreten, dass eine pauschale Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sei (so z. B.: LAG Hamm 29.02.2012 - 3 Sa 889/11 - Juris; LAG Düsseldorf 21.06.2012 - 13 Sa 319/12 - Juris; LAG Düsseldorf 22.05.2012 - 16 Sa 302/12 - Juris; LAG Berlin- Brandenburg 20.09.2011 - 7 Sa 1318/11 - Juris).


Nach anderer Auffassung ist eine Formularklausel, die auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag verweist, nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Intransparenz allein wegen der Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag rechtsunwirksam, wenn die zusammengefassten Einzeltarifverträge zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch inhaltsgleich sind (so ausdrücklich: LAG Rheinland-Pfalz 01.06.2012 - 9 Sa 24/12 - Juris; vgl. auch: LAG Düsseldorf 08.12.2011 - 11 Sa 852/11 - DB 2012, 921).


1.3.2 Die erkennende Berufungskammer folgt der zuletzt dargestellten Meinung, dass jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation keine Bedenken gegen die Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag bestehen. Für die Beurteilung der Intransparenz einer Bezugnahmeklausel kommt es nämlich darauf an, ob die in Bezug genommenen Regelungen im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Anwendung hinreichend bestimmt sind. Lässt sich eine inhaltlich unterschiedliche Fortentwicklung der im MTV zusammengefassten Tarifverträge, die zur Intransparenz führen könnten, gegenwärtig nicht feststellen, liegt also ein einheitlicher Wortlaut vor, erweist sich die Bezugnahme als hinreichend deutlich und klar und damit rechtswirksam. Zweck des Transparenzgebotes ist es nämlich zu verhindern, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster allgemeiner Vertragsbedingungen von der Durchsetzung dieser Rechte abgehalten wird. Diese Gefahr besteht dann nicht, solange es nur einen identischen Tarifvertragstext und eine Ausschlussklausel gibt. Hier kann sich eine Unklarheit allenfalls darauf beziehen, aus welchem der Tarifverträge das jeweils gleiche Ergebnis konkret folgt (so ausdrücklich: LAG Rheinland-Pfalz 01.06.2012, a. a. O.).


Hiervon ist auch für die vorliegende Fallkonstellation auszugehen. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang wiederholt und zu Recht darauf verwiesen, dass die Vereinbarung vom 23.09.2011 ausdrücklich auf die zwischen BZA und DGB-Tarifgemeinschaft abgeschlossenen Tarifverträge verweist. Danach ist eindeutig, welcher Tarifvertrag in welcher Fassung vom Arbeitsvertrag in Bezug genommen wird und dass deshalb auch die Ausschlussfrist des § 16 MTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien einwirkt.


1.4 Die Ausschlussklausel des § 16 MTV umfasst auch Ansprüche, die vor der Inbezugnahme und damit vor dem 01.10.2011 entstanden sind. Das Arbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang eine umfassende Auslegung des § 16 MTV vorgenommen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen hier ausdrücklich Bezug genommen wird. Schon aus dem Wortlaut des § 16 MTV folgt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis uneingeschränkt der rechtzeitigen Geltendmachung unterliegen sollen. Auch der Sinn und Zweck, für beide Seiten Rechtsicherheit und Klarheit zu schaffen, unterstützt das vom Arbeitsgericht gefundene Ergebnis, wonach von § 16 MTV auch Ansprüche umfasst werden, die vor dem 01.10.2011 entstanden sind (so im Übrigen auch: LAG Düsseldorf 08.12.2011 a. a. O.).


1.5 Da der Kläger erst mit seiner Klageerweiterung, die der Beklagten am 16.12.2011 zugestellt wurde, die hier streitigen Ansprüche geltend gemacht hat, sind sie gemäß § 16 MTV bis einschließlich August 2011 verfallen. Selbst wenn man nämlich zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass die zweimonatige Verfallfrist mit der Überweisung seiner Augustvergütung am 19.09.2011 zu laufen begann, erweist sich seine Geltendmachung am 16.12.2011 als verspätet.


2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Nachzahlung der Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers im Sinne von § 10 Abs. 4 AÜG für den Monat September 2011 in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe.


2.1 Nach den Hinweisen des Arbeitsgerichts im erstinstanzlichen Urteil hat der Kläger unter Überreichung einer Auskunft der Entleiherin substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass er bei der Entleiherin Tätigkeiten ausgeführt hat, für die ein vergleichbarer Arbeitnehmer einen Bruttostundenlohn von 13,89 € bzw. 14.46 € erhalten hat.


2.2 Dem ist die Beklagte nicht mehr rechtserheblich entgegengetreten. Macht ein Arbeitnehmer Ansprüche aus „equal-pay" geltend, kann der Arbeitgeber das Vorbringen des Arbeitnehmers zu den Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers nicht zulässig mit Nichtwissen bestreiten (LAG Düsseldorf 21.06.2012 - a. a. O.).


Die Beklagte hat sich im zweiten Rechtszug damit begnügt, die Verspätung des Sachvortrags zu rügen. Dies reicht nicht aus, den nun schlüssigen Sachvortrag des Klägers zu Fall zu bringen. Im Übrigen konnte der Sachvortrag des Klägers schon deshalb nicht als verspätet zurückgewiesen werden, weil er neue Angriffsmittel in der Berufungsbegründung vorgebracht hat, § 67 Abs. 4 Satz 1 ArbGG.


2.3 Der Anspruch des Klägers auf Vergütungsnachzahlung für den Monat September 2011 ist nicht verfallen.


Nach § 4 Ziffer 3 des Arbeitsvertrages vom 11.03.2010 war die Vergütung spätestens bis zum 20. des Folgemonats fällig, also für den Monat September 2011 am 20.10.2011. Die Geltendmachung seiner Vergütungsansprüche in dem am 16.12.2012 zugestellten Schriftsatz war deshalb rechtzeitig.


3. Soweit der Kläger Ansprüche ab Oktober 2011 geltend macht, sind diese nicht begründet.


Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden nämlich kraft einzelvertraglicher Bezugnahme ab dem 01.10.2011 die mehrfach angesprochenen Tarifverträge der BZA/DGB-Tarifgemeinschaft Anwendung.


Die damit auch in Bezug genommenen Entgeltrahmen - bzw. Entgelttarifverträge stellen eine abweichende tarifliche Regelung im Sinne des § 9 Nr. 2 AÜG dar und schließen für die Zeit ab 01.10.2011 equal-pay-Ansprüche aus.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO.


Die erkennende Kammer hat die Revision für den Kläger zugelassen, weil sie das Vorliegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bejaht hat, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

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