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Arbeitsrecht
09.05.2016
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Beweiswürdigung von Zeugenaussagen vor Gericht

ArbG Berlin, Urteil vom 11.3.2016 – 28 Ca 4642/15

Volltext: BB-ONLINE BBL2016-1140-8

unter www.betriebs-berater.de

Amtlicher Leitsatz

I. Grundlage für die Beurteilung der Zuverlässigkeit („Glaubhaftigkeit“) von Zeugen und anderen Auskunftspersonen vor Gericht ist – nicht nur im Strafverfahren - in erster Linie die Aussagepsychologie (s. BGH 22.1.1998 – 4 StR 100/97 – NStZ 1998, 336 [I.2 b.]; 3.11.1987 – VI ZR 95/87 – MDR 1988, 307 = NJW-RR 1988, 281 [II.]; AK-ZPO/Rolf Rüßmann, Vorb. § 373 Rn. 43). Dabei müssen Zuverlässigkeit wie Unzuverlässigkeit gleichermaßen anhand der aussagepsychologisch gesicherten Kriterien geprüft und begründet werden (s. OLG Karlsruhe 14.11.1997 – 10 U 169/87 – NJW-RR 1998, 789, 790 = MDR 1998, 493, 494 [II.1 a.]; tendenziell auch LAG Baden-Württemberg 28.3.2001 – 20 Sa 15/01 – n.v. [I.2.]).

II. Beweiswürdigung (hier: Tätlichkeit durch Pflegepersonal an Bewohnerin eines Pflegeheims?): Aussage gegen Aussage. Zeugenvernehmung (§§ 395 ff. ZPO) und Parteianhörung (§ 141 Abs. 1 ZPO). Wortprotokoll. Nicht überwundene Zweifel an der Verlässlichkeit des – an sich ergiebigen - Aussage-Inhalts durch Möglichkeit suggestiver Beeinflussung von Auskunftsperson (dazu auch anschaulich: „SPIEGEL“ Nr. 1/2016 S. 14 ff.: Das trügerische Gedächtnis – Psychologie: Warum unser Gehirn Erinnerungen fälscht).

Sachverhalt

Es geht im Wesentlichen um auf Tätlichkeit an einem Pflegeheimbewohner gestützte – vorzugsweise fristlose Kündigung. - Vorgefallen ist folgendes:

I.              Die (heute[1]) 28-jährige Klägerin trat mit dem 1. Juni 2007 als Pflegefachkraft in die Dienste der „Seniorenresidenz Am S. See Betriebs-GmbH“ in Berlin (Kopie Anstellungsvertrag[2]: Urteilsanlage I.), die mit einer nicht näher bezifferten Zahl von Beschäftigten ein Pflegeheim unterhielt. Zu einem gleichfalls nicht mitgeteilten Zeitpunkt trat stattdessen – wohl kraft sogenannten Betriebsübergangs (§ 613 a Abs. 1 BGB[3]) - die Beklagte ins Arbeitsverhältnis ein[4]. Diese betreibt mit ihren Tochtergesellschaften und „über 900 Mitarbeitern Pflegewohnanlagen und Senioren-Residenzen/Betreutes Wohnen mit einer Kapazität von rund 1.850 Plätzen in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen“ und darüber hinaus einen ambulanten Pflegedienst in Brandenburg[5]. Für ihre Tätigkeit bezog die Klägerin zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bei einem Wochenarbeitspensum von regelmäßig 40 Stunden (§ 3 Abs. 1 ArbV[6]) ein monatliches Bruttogehalt von 2.400,-- Euro (§ 4 Abs. 1 ArbV[7]).

II.             Mit besagten „Ereignissen“ hat es folgende Bewandtnis:

1.            Am 25. Februar 2015 (Mittwoch) waren die Klägerin und eine als Pflegeassistentin beschäftigte Kollegin (Frau C. V.) zum Frühdienst zwecks pflegerischer Grundversorgung eingeteilt, und zwar für die Zimmer 106 bis 134 des Pflegewohnbereichs des Hauses (Kopie Ortsskizze[8]: Urteilsanlage II.). Zu dessen Bewohnerinnen gehörte und gehört die (heute) 90[9]- oder 91[10]-jährige Frau H. Sp. (Zimmer 129[11] der Skizze). Sie ist altersbedingt deutlich in ihrer Mobilität eingeschränkt und auf einen Krankenfahrstuhl (vulgo: „Rollstuhl“) angewiesen.

2.            Wie es den Beteiligten am besagten Mittwochmorgen miteinander erging, stellen die Parteien gegensätzlich dar. Fest steht zwar, dass sich die Klägerin zwischen 7.00 und 8.00 Uhr um Frau Sp. kümmerte[12]. Streit besteht hingegen über die Frage, wie sich die Begegnung im Einzelnen gestaltete: Während die Beklagte der Sache nach behauptet, die Klägerin habe Frau Sp. nicht nur grob und gefühllos behandelt, sondern auch mit einem Handtuch geschlagen (s. dazu unten, S. 4-5 [4.]; S. 7 [VI.1. mit Fn. 42]), beteuert diese gleichfalls der Sache nach, der nicht sonderlich gut aufgelegten Bewohnerin ihrerseits durchweg freundlich und einfühlsam begegnet zu sein (s. unten, S. 10-12 [VII.]). Streit besteht weiterhin darüber, ob die in der Nähe beschäftigte Frau V. vom betreffenden Geschehen etwas mitbekommen habe, und ggf., worin etwaige Wahrnehmungen bestanden hätten (s. unten, S. 8 [vor 2.]). Fest steht immerhin, dass zumindest gegenüber der Klägerin, die (wohl) seit dem 28. Februar 2015[13] (Samstag) erkrankungsbedingt dem Dienst fern blieb[14], seither - zunächst - niemand auf die Angelegenheit zurückkam.

3.            Das änderte sich am 4. März 2015. - Hier[15] geschah folgendes:

a.            In einem Gespräch mit der Leiterin der Einrichtung (Frau A. St. [betriebliches Kürzel: „RL“ - für Residenzleitung]) äußerte sich Frau L. H., Fachkraft in der sozialen Betreuung[16], über eine Schilderung, die eine Bewohnerin des Hauses (Frau Sch.) am 26. Februar 2015 an sie herangetragen habe; dazu heißt es bei der Beklagten[17]:

„Am 26. Februar 2015 wandte sich die Bewohnerin der Beklagten Frau Sch. im Vertrauen an die Fachkraft in der sozialen Betreuung, Frau L. H. und teilte dieser mit, dass sie sich immer unwohl fühle, wenn die Klägerin im Dienst sei. Die Klägerin rede stets in einem unhöflichen Tonfall und sei schnippisch, teils auch aggressiv ihr gegenüber. Beispielsweise würde die Klägerin auf Bitten der Bewohnerin um kleine Hilfestellungen regelmäßig antworten ,Das können Sie doch alleine machen!'. Als Frau Sch. einmal die Klingel gedrückt habe, weil sie beim Bettenmachen Unterstützung brauchte, habe die Klägerin sie in bösem Ton darauf hingewiesen, dass die Klingel nur für Notfälle da sei. Dies habe Frau Sch. sehr verunsichert und ihr ein Gefühl der Hilflosigkeit gegeben. [Beweis: Zeugnis … ].

In einem persönlichen Gespräch mit der Residenzleiterin Frau St. am 4. März 2015 bestätigte Frau H. diese Schilderung des Verhaltens der Klägerin vollumfänglich. [Beweis: … ]“.

b.            Am selben Tage empfing die noch immer arbeitsunfähig erkrankte Klägerin gegen 16.00 Uhr die Nachricht, sie werde am Folgetag (5. März 2015) zu einem Gespräch im Hause der Beklagten erwartet[18]. Unwidersprochen gebliebenen Angaben zufolge, beschied die (nicht benannte Kontaktperson; Klägerin: „man“) ihre Frage, worum es denn gehe, mit den Worten, sie werde dies „am nächsten Tag schon sehen“[19]. Jedenfalls befolgte die Klägerin die Aufforderung und erschien, wie geheißen.

4.            Unstreitig ist, dass sie sich am 5. März 2015 beim so arrangierten Treffen neben Frau St. der Pflegedienstleiterin (Frau A. Si. [„PDL“]) und deren Stellvertreterin (Frau S. P. [„Stellv. PDL“]) gegenüber sah. Tatsache ist auch, dass sie bei dieser Begegnung mit dem erwähnten Vorwurf (s. oben, S. 3 [2.]) konfrontiert wurde, am 25. Februar 2015 Frau Sp. misshandelt zu haben; der Text eines seitens der Beklagten dazu als „Gesprächsprotokoll“ gefertigten Schriftstücks[20] (Kopie: Urteilsanlage III.) gibt Rahmen und dialogischen Verlauf mit folgenden Worten wieder:

„Gesprächsprotokoll

Anlass:         Fristlose Kündigung (verhaltensbedingte Kündigung)

Datum:         05.03.2015, 11:30 Uhr

Mitarbeiter:                  Frau S. Z. [Name der Klägerin im Original ausge-

                                      schrieben; d.U.]

Bereich:        Pflegewohnanlage

Gesprächsführer:  Frau St., Frau Si.

Protokollant:                Frau P.

RL leitet das Gespräch ein, informiert MA zum Anlass.

RL beschreibt Situation, nach Aussage von Fr. Sp. vom 25.02.2015

in der Versorgung durch o.g. MA.

-              MA verweigerte Bewohnerin den Toilettengang

-              Wasser zum Duschbad war nicht temperiert

-              MA löste Hände vom Haltegriff

-              MA schlug mit nassem Handtuch ins Gericht der Bewohnerin

RL gibt der MA die Möglichkeit sich zu dem Vorfall zu äußern.

(Stille)

MA: ,Ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich bin entsetzt'.

Wenn alle Dinge so passiert sein sollen, dann ist man falsch im Beruf. Ich bin schockiert'.

MA: ,Die Bewohnerin ist durch allgemeine Unzufriedenheit gekennzeichnet'.

MA: ,Die Bewohnerin hat nicht angegeben, zur Toilette zu müssen'.

MA: ,Der Duschkopf war defekt. Dafür kann ich ja nichts'.

Dadurch ist, obwohl ich den Duschkopf zur Seite gehalten habe, um die Temperatur einzustellen, ein Strahl zur Seite gespritzt'.

MA: ,Ich habe die Bewohnerin sogar aufgefordert, sich fest zu halten'.

Gesprächspause.

Frau St. fragt Frau Z.: ,Und was sagen Sie zu dem Handtuch?'

Frau Z. antwortete: ,Dazu äußere ich mich nicht!'

RL verweist auf weitere Aussage einer anderen Bewohnerin vom 04.03.2015[21].

RL bietet MA an, einen sofortigen Auflösungsantrag als Entgegenkommen zu unterschreiben.

MA entscheidet sich für fristlose verhaltensbedingte Kündigung.

Diese wird von RL ausgesprochen.

MA wirkt gefasst und geordnet, fragt, ob sie den Spint [22] ausräumen soll.

RL ergänzt, dass MA den Wohnbereich nicht mehr zu betreten hat.

Stellv. PDL begleitet MA nach oben.

MA räumt den Spint mit der Aussage: ,Wenn man hier, nur auf Grund einer Aussage einer unzufriedenen Bewohnerin gekündigt wird, dann kann mir nichts Besseres passieren'“.

III.            So geschah es: Mit Schreiben vom 6. März 2015[23] (Kopie: Urteilsanlage V.), das seine Adressatin am Folgetag (7. März 2015) erreichte[24], erklärte die Beklagte unter Hinweis auf ihre Sicht der Vorgänge vom 25. Februar 2015[25] die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.

IV.           Hiermit will es die Klägerin nicht bewenden lassen.

1.            Sie nahm die Beklagte mit ihrer (vorab per Fax) am 27. März 2015 bei Gericht eingereichten und acht Tage später (4. April 2015) zugestellten Klage zunächst auf Feststellung in Anspruch, dass die erwähnte Kündigung ihr Arbeitsverhältnis nicht beende. Außerdem verlangte sie neben ihrer Weiterbeschäftigung als Altenpflegerin für den Fall der Klageabweisung ein Zeugnis und mehrere Arbeitspapiere (Urlaubsbescheinigung; Arbeitsbescheinigung). - Sie hält die Kündigung für unwirksam[26]. Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG[27] lägen nicht vor, insbesondere keine Gründe im Verhalten[28]. Sie hat in der Klageschrift bestreiten lassen, Frau Sp. geschlagen zu haben[29].

2.            Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2016[30] hat die Klägerin den Antrag auf Weiterbeschäftigung fallen und gegen das Anliegen einer Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung ersetzen lassen. Außerdem verlangt sie die vorerwähnten Arbeitspapiere nun nur noch für den Fall, dass ihrer Kündigungsschutzklage kein Erfolg beschieden sei. Sie hält eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch bei Obsiegen im hiesigen Rechtsstreit i.S. des § 9 Abs. 1 KSchG[31] für nicht länger zumutbar[32]. Derartige Unzumutbarkeit bestehe, wenn in der Begründung der Kündigung unzutreffende, ehrverletzende Behauptungen über die Person oder das Verhalten des Arbeitnehmers leichtfertig aufgestellt worden seien[33]. Das sei hier, wie die Klägerin ausführt, der Fall[34].

3.            Mit Schriftsatz vom 9. März 2016[35] hat die Klägerin den Rechtsstreit wegen der Urlaubsbescheinigung in der Hauptsache für erledigt erklären lassen, da das Kalenderjahr 2015 „nunmehr ablaufen“ sei[36].

V.            Sie beantragt zuletzt sinngemäß[37],

1.            festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung im Schreiben vom 6. März 2015 aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 6. März 2015 hinaus fortbesteht;

2.            festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 6. März 2015 hinaus fortbesteht;

3.            für den Fall ihres Obsiegens mit dem Antrag zu 1. das Arbeitsverhältnis aufzulösen und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine angemessene Abfindung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 3. die Beklagte zu verurteilen,

4.            ihr ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt;

5.            ihr die Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 Abs. 1 SGB III[38] ausgefüllt herauszugeben.

Die Beklagte, die sich der Erledigungsklärung zur Urlaubsbescheinigung nicht anschließt, beantragt,

die Klage abzuweisen.

VI.           Sie hält die Klagebegehren der Sache nach für insgesamt haltlos[39]:

1.            Was zunächst die Kündigung betrifft, so sei diese angesichts der schwerwiegenden Vertragsverfehlungen der Klägerin[40] – zumindest aber hinreichender entsprechender Verdachtsmomente[41] – sachlich gerechtfertigt. Das ergebe sich, wie die Beklagte meint, neben der eigenen Schilderung von Frau Sp. – zu denen die Beklagte vertiefende Ausführungen macht[42] - aus entsprechenden Wahrnehmungen von Frau V., zu denen die Beklagte folgende Darstellungen zur Sprache hat bringen lassen:

a.            In der Klageerwiderungsschrift hieß es[43]:

„ Die Kollegin V. konnte Frau Sp. aus dem benachbarten Zimmer 126 lauthals schimpfen hören. Als Frau V. das Zimmer 126 verließ, hörte sie, wie Frau Sp. zu der Klägerin sagte: ,Sie haben mich geschlagen! Ich werde mich beschweren!' [Beweis: Zeugnis … ]“.

b.            Nachdem die Klägerin zum Verlauf des morgendlichen Geschehens eine eingehende Gegendarstellung gegeben hatte (s. dazu unten, S. 10-12 [VII.]), kam die Beklagte mit diesen Worten auf die Rolle der Gewährsperson zurück[44]:

„Die Bewohnerin [Frau Sp.; d.U.] war nunmehr von Angst erfüllt und fing an zu weinen. Anstatt sich bei der Bewohnerin für ihr ungeheuerliches Verhalten zu entschuldigen und sie zu beruhigen, zog die Klägerin es vor, die Bewohnerin anzuschreien und zu beschimpfen. Dabei war sie so laut, dass ihr Geschrei von der Mitarbeiterin Frau V., die sich zu diesem Zeitpunkt in dem benachbarten Zimmer 126 aufhielt, vernommen werden konnte. Auch konnte Frau V. hören, wie die über das übergriffige Verhalten der Klägerin aufgebrachte Bewohnerin um Hilfe rief und sagte: ,Sie haben mich geschlagen, ich werde mich beschweren!' [Beweis: Zeugnis … ].

Frau V. eilte daraufhin herbei und fand die weinende Bewohnerin in einem völlig aufgelösten Zustand vor. [Beweis: Zeugnis … ]“.

2.            Soweit es um den Auflösungsantrag gehe, sei die Klage gleichfalls unbegründet[45]. Zwar hege sie (Beklagte) nach wie vor die Überzeugung, dass die Klägerin eine vorsätzliche Körperverletzung und Beleidigung begangen habe[46]. Sollte sich dies jedoch aus Sicht des Gerichts nicht erweisen[47] und auch der entsprechende Verdacht ihm nicht ausreichend erscheinen, so wäre die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin im Sinne des § 9 Abs. 1 KSchG[48] sehr wohl weiterhin zuzumuten[49]: Abgesehen vom Fehlen der tatbestandlichen Voraussetzungen der zitierten Vorschrift lässt die Beklagte hierzu hervorheben, sie lege „viel Wert auf einen professionellen und sachlichen Umgang mit ihren Mitarbeitern“, so dass der geführte Rechtsstreit „zu keiner Belastung des in einem solchen Fall fortzuführenden Arbeitsverhältnisses darstellen“ würde[50].

3.            Was das beanspruchte Zeugnis anbelangt, so habe sie der Klägerin mittlerweile ein solches übermittelt[51]. Allerdings legt sie in diesem Zusammenhang Wert auf die Feststellung, die Klägerin habe ein Zwischen- oder Beendigungszeugnis vor diesbezüglicher Klageerhebung zu keiner Zeit geltend gemacht[52]. Die geforderte Arbeitsbescheinigung habe sie bereits am 17. März 2015 erteilt[53]. Das Verlangen nach einer Urlaubsbescheinigung schließlich sei wegen Ablaufs des Urlaubsjahres 2015 jedenfalls überholt[54]. Solange die Klägerin nicht erkläre, für welchen Zweck sie eine solche Bescheinigung nach § 6 Abs. 2 BUrlG[55] noch benötige, sei ihre Klage insoweit nach wie vor unzulässig[56]. Für eine Erledigungserklärung sei angesichts dessen kein Raum[57].

VI.           Zur Klageerwiderung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 13. Juli 2015[58]zunächst unter anderem zweierlei ausführen lassen:

1.            Zum Einen hat sie darauf verwiesen, ihr sei anlässlich einer mehrwöchig andauernden Arbeitsunfähigkeit „bereits im Vorfeld“ des hiesigen Konflikts mitgeteilt worden, ein bei der Beklagten geführtes „Ampelsystem“ zeige bei ihr „rot“ an, so dass sie gegebenenfalls künftig mit einer personenbedingten Kündigung zu rechnen habe[59].

2.            Zum anderen hat sie neben – nochmals knappem[60] - Bestreiten des Kün digungsvorwurfs (s. oben, S. 7 [VI.1] mit Fn. 42) Wert auf den Hinweis gelegt, Frau Sp. sei in der Einrichtung als „schwierige Persönlichkeit“ bekannt[61]. Das werde durch eine Reihe von Eintragungen in die Tages- und Pflegeberichte der Beklagten belegt, aus denen die Klägerin – neben ihrem eigenen Eintrag zum 25. Februar 2015[62] – auch für den „Tag nach den behaupteten Ereignissen“[63] sowie den 23., 26. und 30. März, 26. April und 3. Mai 2015 auszugsweise zitiert[64].

VII.          Mit Schriftsatz vom 4. September 2015[65] hat die Klägerin auf Aufforderung des Gerichts[66] zum Geschehen vom 25. Februar 2015 vortragen lassen, dieses habe sich wie folgt zugetragen[67]:

„I. Am Morgen des besagten Tages betrat die Klägerin, ca. gegen 7.00 Uhr, das Zimmer der Zeugin Sp.. Sie begrüßte die Zeugin wie üblich mit einem freundlichen ,Guten Morgen' und zog im Anschuss die Fenstervorhänge auf. Die Klägerin stellt sich sodann an das Bett und teilte ihr mit, dass sie sie jetzt gerne duschen würde. Daraufhin antwortete Frau Sp. ,Ach lassen Sie mal, Sie habe ja eh keine Zeit'. Die Klägerin erwiderte sinngemäß, dass sie genügend Zeit hätte es ihr ja deshalb auch angeboten habe. Die Zeugin entschloß sich das Angebot anzunehmen. Nach Hilfestellung durch die Klägerin, setzte sich die Zeugin Sp. in ihren Rollstuhl, die Klägerin löste die Bremse des Rollstuhles und man fuhr Richtung Badezimmer. Das Badezimmer besteht hier lediglich aus einem Waschbecken und einer Toilette. Die Klägerin wählte dieses Badezimmer, um der Zeugin Sp. noch anbieten zu können, vor dem Duschen die Toilette aufzusuchen. Die Zeugin Sp. bremste jedoch den Rollstuhl mit ihren Füßen ab und machte der Klägerin deutlich, dass sie die Toilette nicht aufsuchen müsse. Auch auf Nachfrage der Klägerin verneinte die Zeugin die Toilette aufsuchen zu wollen.

II. Daraufhin wurde sie in das gegenüberliegende Badezimmer gefahren, wo sich eine Dusche befindet. Dabei äußerte die Zeugin ihren Unmut, in dem sie erwähnte, dass ,sie ja noch nie geduscht worden' wäre. Ferner erwähnte sie, dass ihre Wäsche erneut fehlen würde und schimpfte auf den vorhandenen Baulärm auf der Station[68]. Die Klägerin bot ihr sodann an, ein Beschwerdeprotokoll auszufüllen, worauf sie zur Antwort bekam, dass der ,Dreckladen hier keine Protokolle machen, sondern lieber anständig arbeiten' solle. Die schlechte Grundstimmung der Zeugin konnte durch die Klägerin nicht gehoben werden.

III. Im gegenüberliegenden Badezimmer angekommen, setzte sich die Zeugin mit Hilfestellung der Klägerin auf den Duschhocker. Die Klägerin bat sie, sich an den Haltegriffen festzuhalten, um das Inkontinenzmaterial zu entfernen. Daraufhin wünschte die Zeugin ihre Duschhaube, die sie sich sodann auf den Kopf setzte. Die Klägerin nahm die Handbrause aus der Halterung, hielt sie in Richtung Fliesen und drehte das Wasser auf, um die Temperatur zu prüfen. Dabei spritzte jedoch aus dem Duschkopf kaltes Wasser auf die Zeugin, worauf diese natürlich erschrak. Die Klägerin entschuldigte sich sofort, drehte das Wasser ab und griff nach einem Handtuch, um es ihr zu reichen. Frau Sp. trocknete sich ab und äußerte gegenüber der Klägerin: ,Sehen Sie, nicht einmal die Dusche können die reparieren'. Um zu prüfen, ob nicht wieder Wasser aus der Handbrause spritzte, nahm die Klägerin den Duschkopf in die Hand und drehte an diesem. Dabei hielt sie die Handbrause während des gesamten Vorgangs direkt auf den Boden in Richtung Ablauf. Als sie den Wasserhahn wieder aufdrehte, spritzte kein Wasser mehr an den Seiten heraus und die Klägerin fing sodann an, die Zeugin Sp. zu duschen. Sie reichte ihr währenddessen einen eingeseiften Waschlappen. Diesen riß ihr die Zeugin förmlich mit den Worten ,Das schaffe ich alleine' aus der Hand. Nachdem sie sich gewaschen hatte, konnte die Klägerin ihr den Rücken, die Beine und die Füße waschen, da sie dort selbst nicht herankam.

IV. Nach Beendigung des Duschvorgangs reichte die Klägerin der Zeugin ein Duschhandtuch, womit sie sich selbständig abtrocknete. Eine Frotteebadematte wurde der Zeugin unter die Füße gelegt und die Klägerin begann deren Beine, Füße und den Rücken abzutrocknen. Währenddessen schimpfte die Zeugin über die oben genannten Probleme, wie die immer wieder verschwindende Wäsche und den andauernden Baulärm. Ferner äußerte sie, dass sie es bereuen würde, dass sie in der Einrichtung weiterleben müsse. Die Klägerin wies ihrerseits daraufhin, dass das Pflegepersonal für die aktuelle Situation, insbesondere den Baulärm nicht verantwortlich sei. Gleichzeitig bat die Klägerin die Zeugin etwas freundlicher zu ihr zu sein, da sie ja für die Situation schließlich nichts könne. Viele Worten wurden daraufhin nicht mehr gewechselt.

V. Die Zeugin wurde von der Klägerin sodann angezogen. Sie legte der Zeugin das Inkontinenzmaterial an und zog ihre Kleider hoch. Danach setzte sich die Zeugin in ihren Rollstuhl, zog sich ihre Oberbekleidung selbst an[69] und fuhr in ihr Bad, wo sie ihre Zahnpflege eigenhändig durchführte. Währenddessen wurde von der Klägerin das Bett hergerichtet. Danach erkundigte sich die Klägerin, welche Kleidungsstücke der Zeugin denn fehlen würden. Man schaute gemeinsam in den Kleiderschrank und die Kommode und die Zeugin sagte, dass ihr etliche Unterwäsche fehlen würde. Die Klägerin sagte ihr zu, dass man sich mit der Reinigungsfirma in Verbindung setzen werde, um den Verbleib der Wäsche zu klären.

VI. Die Zeugin lehnte noch das Angebot der Klägerin sie in den Speisesaal zu fahren dankend ab, da sie später selber in den Speisesaal fahren wolle. Die Klägerin nahm sich abschließend der Schmutzwäsche der Zeugin an, wünschte ihr einen schönen Tag und ließ beim Verlassen die Zimmertür wie gewohnt offen stehen“.

VIII.         Die Beklagte entgegnet mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2015[70] unter anderem, die Klägerin verdrehe die Tatsachen[71]. Entgegen dem von ihr suggerierten Geschehensbild habe sie sich am 25. Februar 2015 weder höflich noch hilfsbereit gezeigt, sondern sich „jeglicher Kommunikation“ verweigert und auf Gesprächsversuche von Frau Sp. „nicht reagiert“[72]. Außerdem habe sie Frau Sp. „absichtlich“ kaltes Wasser über den Rücken laufen lassen[73]. Sie habe sie auch nicht aufgefordert, sich an den Haltegriffen festzuhalten, um das Inkontinenzmaterial zu entfernen[74]. Vielmehr habe Frau Sp. sich am Haltegriff der Dusche festgehalten, um ihre eigene Stabilität zu gewährleisten[75]. Hier habe die Klägerin nun versucht, ihre „Finger mit Gewalt von den Haltegriffen zu lösen“[76], und ihr im Anschluss kaltes Wasser über den Rücken laufen lassen[77]. Dass dies „sehr unangenehm“ für die Bewohnerin gewesen sei, sei der Klägerin „natürlich bewusst“ gewesen und habe „genau ihrer Intention“ entsprochen[78]. Die Klägerin habe Frau Sp. auch gerade nicht „gefragt, welche Kleidungsstücke ihr fehlen würden oder ihr zugesagt, dass man sich mit der Reinigungsfirma in Verbindung setzen werde“[79]. Ebensowenig habe sie ihr angeboten, sie in den Speisesaal zu fahren[80]. Vielmehr habe sie an diesem Morgen „davon abgesehen, die weiteren ihr obliegenden Aufgaben zu erfüllen“[81].

IX.           Die Klägerin entgegnet mit Schriftsatz vom 25. Februar 2016[82] unter anderem, sie habe mittlerweile erfahren, dass es keineswegs so sei, wie von der Beklagten zuletzt behauptet, dass Frau V. Frau Sp. habe sagen hören, diese sei von ihr (Klägerin) geschlagen worden[83]. Stattdessen werde diese „bekunden können, dass sie in diesem Zusammenhang zu keinem Zeitpunkt die Zeugin Sp. [habe] um Hilfe rufen hören“[84]. Als sie (Frau V.) gerade zu dem auch von ihr (Klägerin) genutzten Wäschewagen gekommen sei, habe sie vielmehr rein zufällig Frau Sp. in der dem Pflegepersonal bereits bekannten Art und Weise ihre Unzufriedenheit zu Ausdruck bringen hören[85]. Weder sei Frau Sp. aufgelöst gewesen, noch verängstigt[86]. Sie sei lediglich „schlichtweg unzufrieden mit der Gesamtsituation vor Ort“ gewesen[87]. Da der betreffende Beklagtenvortrag sich eindeutig durch die Vernehmung von Frau V. widerlegen lasse, werde die sich im Ganzen „als konstruiert“ darstellende Situation offenbar[88]. Die Bekundungen von Frau V. ließen insofern ebenfalls den Schluss zu, dass Frau Sp. „zu keinem Zeitpunkt – wie vorgetragen – um Hilfe gerufen [habe], geschweige denn geschlagen“ worden sei[89].

X.            Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen. Dies gilt nicht für die beiderseits zuletzt ausgetauschten Schriftsätze vom 9. und 10. März 2016, zu dem beide Parteien kein ausreichendes rechtliches Gehör erhalten haben, insbesondere der Anlage zum Klägerinschriftsatz vom 9. März 2016[90] (Kopie: Urteilsanlage VI.), die der Beklagten (wohl) sogar erst im Termin am 11. März 2016 zugänglich gemacht worden ist. Soweit hier aus diesen Schriftsätzen oder Augenscheinsobjekten zitiert oder berichtet wird, geschieht dies folglich nur zur Illustration. - Zu ergänzen ist folgendes: Das Gericht hat Beweis erhoben über Behauptungen der Beklagten zum Geschehen am 25. Februar 2015 (s. oben, S. 7 Fn. 42) durch Vernehmung von Frau Sp. als Zeugin. - Wegen der Beweisthematik wird auf den Beweisbeschluss vom 11. März 2016[91], wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die Sitzungsniederschrift gleichen Datums[92] verwiesen. Der Teil, der die Aussage der Zeugin enthält, ist diesem Urteil zur Veranschaulichung – vor der Rechtsmittelbelehrung - im Urteilsanhang beigefügt. Dabei hat das Gericht die Absätze zur besseren Orientierung (und späteren Verarbeitung; s. unten, S. 23 ff.) durchnummeriert. - Das Gericht hat die Verhandlung ursprünglich im eigenen Gebäude durchführen wollen, dann jedoch eine auf den 6. Januar 2016 datierte Nachricht[93] (wohl[94]) von Frau Sp. (Kopie: Urteilsanlage VII.) erhalten, wonach diese sich am Erscheinen am Dienstsitz gehindert sehe (s. schon oben, S. 2-3 [II.1.]). Daraufhin hat das Gericht die mündliche Verhandlung zur Beweisaufnahme im Einverständnis aller Beteiligten im Hause der Beklagten durchgeführt. - Für das dortige „Gastrecht“ sei dieser - auch hier - nochmals gedankt.

Aus den Gründen

Der Klage ist ihr Erfolg – von einem Abstrich wegen des Zeugnisses abgesehen - nicht zu versagen. - Im Einzelnen:

A.            Die Kündigungen vom 6. März 2015

I.              Die Klägerin hat ihre Feststellungsklage binnen dreier Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens (7. März 2015) bei Gericht einreichen lassen (27. März 2015). Die Zustellung ist am 4. April 2015 bewirkt worden. Damit hat die Klägerin bei rechtlich gebotener[95] Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen aus § 167 ZPO[96] die ihr durch die § 13 Abs. 1 Satz 2[97], § 4 Satz 1[98] KSchG zur Klageerhebung gesetzte dreiwöchige Frist gewahrt. Die Kündigungen „gelten“ folglich nicht schon kraft Gesetzes nach § 7 (1. Halbsatz)[99] KSchG als „von Anfang an rechtswirksam“. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit vielmehr eines besonderen (hier in erster Linie sogenannten „wichtigen“) Grundes und dürfen – selbstverständlich – auch sonst nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen.

II.             Diesen Anforderungen genügen die hiesigen Kündigungen indessen nicht. Die Klägerin hat der Beklagten keinen Grund gegeben, ihr Arbeitsverhältnis – sogar fristlos - aufzukündigen. Eine Kündigung wäre hier schon nicht im Sinne des§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[100]„sozial gerechtfertigt“[101]. Damit steht der Beklagten erst recht kein sogenannter „wichtiger“ Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB[102] zu, kraft dessen sofortige Lösungswirkung zu erzielen wäre. Einschlägig kündigungsrelevante Tatsachen sind von der dafür bekanntlich darlegungs- und beweisbelasteten[103] Beklagten zwar beigebracht. Diese haben sich jedoch als tragfähige Grundlage gerichtlicher Tatsachenfeststellung nicht hinreichend zweifelsfrei objektivieren lassen (s. sogleich, 1.). Ebenso wenig kommt für das der Klägerin zur Last gelegte Geschehen auch eine sogenannte „Verdachtskündigung“ in Betracht: Den für diese Kündbarkeitsform – zwingend gebotenen – innerbetrieblichen (Aufklärungs-)Vorlauf hat die Beklagte nämlich nicht gewahrt (s. unten, S. 32 ff. [2.]). - Der Reihe nach:

1.            Für die von der Beklagten bekundete Überzeugung, die Klägerin habe Frau Sp. am 25. Februar 2015 in der ihr zur Last gelegten Weise misshandelt („Tatkündigung“), gilt folgendes:

a.            Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[104] ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist. Von den so umschriebenen möglichen „Störquellen“ (Wilhelm Herschel [105]) im Vollzug eines Arbeitsverhältnisses geht es der Beklagten erklärtermaßen um sogenannte verhaltensbedingte Gesichtspunkte. Als Grundstein setzt eine so motivierte Kündigung eine – in aller Regel: vorwerfbare - Verletzung vertraglicher Pflichten des Arbeitnehmers voraus[106].

b.            Der Beklagten ist allerdings vorbehaltlos einzuräumen, dass die Misshandlung von Bewohner(inne)n eines Pflegeheims und namentlich rechtswidrige körperliche Übergriffe das bare Gegenteil dessen ist, was dem Pflegepersonal im Verhältnis zu seinen Schützlingen als Kern seiner Vertragspflichten obliegt (Volksmund: „Bock zum Gärtner“) und damit dem Arbeitgeber bei Wahrung der übrigen rechtlichen Kautelen das Recht zur – auch abrupten – Trennung von ihrer Zielperson geben können. Darüber gibt es kein Vertun und das macht die Klägerin der Beklagten auch zu Recht nicht streitig[107]. Das Problem des hiesigen Streitfalles ist jedoch, dass auch die nötigen Tatsachen verfügbar und ggf. vor Gericht feststellbar sein müssen. Fehlt es daran, so bleibt alle Einigkeit über den gedanklichen Ausgangspunkt im forensischen Betrieb letztlich folgenlos. - So verhält es sich hier:

ba.          Die Beklagte hat allerdings unter Berufung auf das Zeugnis von Frau Sp.[108] behauptet[109] und im Zuge des Rechtsstreits als ihre Überzeugung beharrlich aufrechterhalten[110], die bis dahin ohnehin schon lieblose Behandlung der Bewohnerin durch die Klägerin habe darin gegipfelt, dass diese ein Handtuch genommen und der Pflegeperson ins Gesicht geschlagen habe. - Dem ist die Klägerin mit einer bis ins Detail gehenden Ablaufschilderung zur morgendlichen Begegnung mit Frau Sp. entgegen getreten (s. oben, S. 10-12 [VII.]). Diese hat sie im Übrigen als Teil ihrer Gegenäußerung zur zeugenschaftlichen  Vernehmung von Frau  Sp. in der  mündlichen Verhandlung (§ 141 Abs. 1 ZPO[111]) mit einigen ergänzenden Details[112] erneuert.

bb.          Fiel der Kammer hiernach die Last zu, mit den verfügbaren (tauglichen) Mitteln der Tatsachenfeststellung im Rahmen des streitigen Prozessstoffs um Aufklärung bemüht zu sein, so hätte sie es sich leicht machen und nach zeugenschaftlicher Vernehmung von Frau Sp. auf „non liquet“[113] erkennen können.

(1.)          Da hier der Sache nach „Aussage gegen Aussage“ steht und die Gerichte im Zuge der Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO[114] bekanntlich auch der Eigenaussage einer Partei - spätestens nach Anhörung im Sinne des § 141 Abs. 1 ZPO[115] - hinsichtlich ihres Überzeugungswerts den Vorrang vor einem Zeugen der Gegenseite einräumen können[116], ließen sich weitere Erörterungen vordergründig ersparen. Das gilt hier nicht zuletzt deshalb, weil namentlich die Gegendarstellung der Klägerin (s. oben, S. 10-12 [VII.]), zumal unter Berücksichtigung spontaner Ergänzungen im Beweistermin[117], nahezu alles enthält, was von einer zumindest subjektiven Erlebnisbasierung des bekundeten Erinnerungsbildes nach forensischer Erfahrung erwartet werden darf[118].

(2.)          Das genügt dem Gericht aber nicht. Denn der Streitfall gibt erhebliche Veranlassung, auch die Gefahren von Suggestionsphänomenen für die Inhalte menschlicher Erinnerungsbilder nochmals[119] aufzugreifen. Diese sind es hier, die das befasste Gericht neben besagtem „non liquet“ daran hindern, der Beklagten den zur Kündigung benötigten Nachweis körperlich übergriffigen Fehlverhaltens der Klägerin bescheinigen zu können. Zu viele Bedenken stehen fundierter Überzeugung (s. dazu § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG[120], §§ 495 Abs. 1[121], 286 Abs. 1 Satz 1[122] ZPO) signifikant entgegen:

(1.)          Die Kammer verkennt bei ihrer Würdigung keineswegs, dass es für die zivilprozessuale „Überzeugung“ auf letztgültige Gewissheit nicht ankommt. Wie namentlich der Bundesgerichtshof (BGH) in Fortschreibung „klassischer“ Judikatur bereits des frühen Reichsgerichts[123] (RG) betont hat, setzt das Gesetz in tatsächlich zweifelhaften Fällen keine „von allen Zweifeln freie Überzeugung“ voraus[124]. Es begnügt sich vielmehr, fordert dann aber auch, einen „für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit“, der „den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“[125].

(2.)          Auch nach diesen - erleichterten - Anforderungen erschließt sich der befassten Kammer nicht mit der nötigen Gewissheit, dass sich die Klägerin hier in der ihr zugeschriebenen Weise gegen die Integrität von Frau Sp. vergangen hätte. Wie gerade schon angeklungen (s. oben, S. 18 [bb.]), geben Art, Verlauf und Begleitumstände des Konflikts erhebliche Veranlassung, fundierte Zweifel an der objektiven Verlässlichkeit des für den 25. Februar 2015 in Rede stehenden Vorwurfs anzumelden. - Insofern, nochmals, im Einzelnen:

(a.)          Das folgt aus Sicht des Gerichts allerdings nicht bereits daraus, wie die Klägerin zu vermitteln sucht (s. oben, S. 9 [VI.1.]), dass sie etwa wegen der Versorgung ihres Vaters Ende 2014 bei der Beklagten mutmaßlich „in Ungnade“ gefallen sei: Ist sie ihrem Dienst seither reibungslos nachgekommen, so spräche das eher gegen die Annahme, nun sollten „alte Rechnungen beglichen“ oder weiteren kostspieligen Ausfallzeiten möglichst vorgebeugt werden. Außerdem liegt die Thematik des hiesigen Konflikts, zumal in Verbindung mit dem für Frau Sch. geschilderten Unbehagen (s. oben, S. 3-4 [3 a.]), auf kategorial anderem Gebiet als dem – der Arbeitswelt sonst freilich keineswegs völlig unbekannten[126] - Problem, unerwünschten Personalausfällen durch rasche Vergeltung einschlägiger Störfälle möglichst „beikommen“ zu wollen.

(b.)          Auf Identifikation und Einschätzung etwaiger Motivationslagen im Hause der Beklagten – die das Gericht auch im Übrigen nicht unterstellt - kommt es es für die hiesige Beweiswürdigung nicht an. Letztere ergibt sich vielmehr bei sachgerechtem Gebrauch aus Begleiteffekten, die sich ganz ohne „bösen Willen“ irgendwelcher Beteiligten in deren Geschehens- und Erinnerungsbilder einschleichen können, dann freilich umso wirksamer ihre oft prekären Konsequenzen nach sich ziehen:

(ba.)       Was wieder zunächst den normativen Rahmen anbelangt, so ist einmal

 mehr daran zu erinnern, dass sich die Würdigung der Bekundungen von Auskunftspersonen im Zuge gerichtlicher Tatsachenfeststellung beim heutigen Stand des verfügbaren Arsenals nicht zuletzt unter dem Einfluss rechtsstaatlicher Vergewisserungsgebote[127] (Art. 103 Abs. 1[128], Art. 2 Abs. 1[129], Art. 20 Abs. 3[130] GG) in erster Linie nach den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Aussagepsychologie zu richten hat[131]. Das hat auch gute Gründe. Allein lebenskundlich erworbenes Wissen genügt nicht[132]. Hieraus folgt unter anderem, dass die Verlässlichkeit der Bekundungen von Auskunftspersonen als Grundlage gerichtlicher Tatsachenfeststellung nicht etwa vorschnell zu vermuten, sondern anhand der hierfür entwickelten Merkmale ebenso konkret wie positiv zu prüfen und erst bei entsprechendem Ertrag dieser Kontrollprozedur festzustellen ist[133]. In diesem Zusammenhang braucht das Gericht der Auskunftsperson namentlich nicht – was in der Tat an Paradoxie erinnerte[134] - „nachzuweisen“, dass diese etwa gelogen oder sich geirrt hätte: Es genügt, wie bereits angeklungen, dass die Inhalte der betreffenden Aussage nach Merkmalen und Begleitumständen nicht verlässlich genug anmuten, um in das gerichtliche Urteil als erwiesene Tatsachen übernommen zu werden und damit den Rechtsstreit zugunsten der beweisbelasteten Partei zu entscheiden[135]. Dies (Verlässlichkeitsdefizite) allerdings ist der beweisfällig bleibenden Partei dann auch zu erläutern (§ 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO[136]). Dabei ist es mit Redensarten und Leerformeln ebenso wenig getan, wie im umgekehrten Fall, dass nämlich der Auskunftsperson richterlich „geglaubt“ werde[137].

(bb.)       Nach diesen Grundsätzen kann für den Streitfall zwar nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Klägerin gegenüber Frau Sp. am fraglichen Morgen in der ihr zur Last gelegten Weise (fehl-)verhalten hat. Das hilft aber nicht weiter, weil die Beklagte dafür – jedenfalls im hiesigen Kontext sogenannter „Tatkündigung“ - den positiven Nachweis zu führen hätte (§ 1 Abs. 2 Satz4 KSchG – s. Fn. 103). Genau das kann ihr aber auch auf der Grundlage zeugenschaftlicher Vernehmung von Frau Sp. nicht bescheinigt werden:

[1.]          Was den textlichen Ertrag der deutlich mehr als einstündigen[138] Begegnung mit der Zeugin anbelangt, so ist auf den oben (s. S. 14 [oben]) bereits erwähnten Urteilsanhang („UA“) zu verweisen (s. unten, S. 44-50 mit Nrn. 1 bis 104 UA). Dieser spiegelt das kommunikatorische Geschehen - notgedrungen - nur fragmentarisch wieder. Zwar sind die textlich gewonnenen Ergebnisse, wie nach aussagepsychologischen Prinzipien für Zwecke der Textanalyse unerlässlich[139], ausnahmslos authentisch und, soweit nicht gesondert angegeben (s. Nrn. 88, 92 UA), als solche auch komplett. Ihre Gewinnung bereitete jedoch beiderseits streckenweise erhebliche Schwierigkeiten[140], die sich dank allseits gezeigtem Bemühen und Verständnis erfreulicherweise aber doch weitestgehend bewältigen ließen. Damit ist eine – mit gewissen Einschränkungen[141] - insgesamt brauchbare Aussage zustande gekommen:

[a.]          Was zunächst namentlich den Bericht der Zeugin anbelangt (Nrn. 1-7.), so schildert diese in der Tat als seinerzeit erlebtes Geschehen (Nr. 2 UA), wie  – anscheinend nach kritischen Äußerungen zu vom Speisesaal ausgehenden Störungen – vor ihren Augen „das Handtuch zusammengefaltet“ und ihr „ins Gesicht geschlagen“ worden sei. Unter dem Eindruck dessen habe sie dann – offenbar an die Klägerin adressiert - „natürlich gesagt“, dass sie das „melden“ werde und im Übrigen von ihrem Gegenüber auch nicht mehr versorgt werden („keine Pflegeleistungen erhalten“) wolle (Nr. 2 UA). Neben der - thematisch - einschlägigen Schilderung stehen erkennbare Anzeichen gefühlsmäßiger Betroffenheit (Nr. 2 UA: „ganz empört … habe gezittert“; „erstmal schockiert“) und von Versuchen, das derart erlebte Ungemach zu verstehen (a.a.O.: „nichts weiter geäußert“, „nur gut gemeint“). Schließlich kommen vonseiten der Zeugin auch Überlegungen an Ort und Stelle zur Sprache, was nun zu tun sein könnte (a.a.O.: „überlegt, was ich zu machen habe“). - Das Weitere sind Folgeerlebnisse (Nrn. 2, 4, 5: Herr W., Frau St.), wobei allenfalls noch zu denken geben könnte, dass die Zeugin das Geschehen mit bemerkenswerter Sicherheit auf den 18. (statt 25.) Februar 2015 datiert[142] (Nr. 6 UA), zumal sie sich das „so angekreuzt“ habe, in ihrem Kalender.

[b.]          Dieser „Bericht“ enthält in der Tat – wenn man die nicht zu übersehenden, jedoch situativ unvermeidlichen Abstriche bei der Interaktionstüchtigkeit der hochbetagten Zeugin gebührend in Rechnung stellt – gleichfalls eine Reihe aufschlussreicher „Zutaten“, die für die Erlebnisbasierung des bekundeten Erinnerungsbildes sprechen können[143]. Das gilt für die erwähnte Gefühlsbeteiligung in gleicher Weise wie für die spontane Ratlosigkeit, das bekundete Bemühen, sich über Handlungsbedarf schlüssig zu werden, und – nicht zuletzt – für das fraglos originelle wie merkwürdige Detail vom Zusammenfalten des „Tatwerkzeugs“ vor dem Gebrauch (Nr. 2 UA[144]). Allerdings ist damit zunächst nur gesagt, dass die Zeugin dem Gericht nicht gegen ihre innere Rückschau eine aus Alltagswissen oder verwandten Vorerlebnissen zusammenkomponierte „Story“ präsentiert, sondern nach bestem Wissen über assoziativ verfügbare Inhalte ihres Gedächtnisses Auskunft zu geben versucht.

[2.]          Das allein reicht jedoch nicht. Insbesondere genügt die thematisch und für sich genommen durchaus „ergiebig“ anmutende Erlebnisschilderung einer Auskunftsperson – wie schon erwähnt (s. oben, S. 22) - nicht ohne Weiteres, dieser nun kurzerhand „Glauben“ zu schenken, um die betreffende Behauptung der beweisbelasteten Partei zum Nachteil des Gegners gerichtlich schon zu besiegeln. Vor allem greift die Frage des „Glaubens“ kategorial zu kurz: Gerade weil die hergebrachten Glaubwürdigkeitskriterien zur Textanalyse einer Aussage bekanntlich allenfalls dafür taugen, sich über die subjektive Redlichkeit der Auskunftsperson klar zu werden, nicht aber dafür, namentlich denkbare Fehler des Erinnerungsbildes aus Suggestionszusammenhängen (und damit dem für die Verlässlichkeitskontrolle im Vergleich zur profanen „Lüge“ weitaus gefährlicheren[145] Irrtum)  aufzudecken[146], fängt die gewissenhafte Prüfung an dieser Stelle vielfach erst an. - Unterzieht man sich dieser Aufgabe hier, so ergibt sich mit den erwähnten Rüstzeug der Aussagepsychologie (s. oben, S. 21 [(ba.)]) folgendes Bild:

[a.]          Heute darf unter dem Eindruck der Ergebnisse der modernen Hirnforschung fast schon als Binsenweisheit angesehen werden, dass allein der bloße Abruf von Gedächtnisinhalten unkalkulierbare Verfälschungsrisiken für deren Authentizität bewirkt[147]. Die angesprochene Dynamik geistiger Aktvitäten im Zusammenspiel mit den hirnneurologisch vorgefundenen Assoziationsstrukturen hat es nach diesen Ergebnissen an sich, dass die fraglichen Veränderungsprozesse dem Erinnernden selber typischerweise unbemerkt bleiben[148]. Und das wiederum hat den für eine Orientierung an den weiter oben skizzierten Realkennzeichen (s. oben, S. 18 Fn. 118) fatalen Nebeneffekt, dass sich die fraglichen Spuren eines – verändernden - „Rekonstruktionsprozesses“ (Wolf Singer) in der Aussage der Beweisperson nicht mehr bemerkbar machen[149]. Daher führt für die aussagepsychologische Auswertung der fraglichen Bekundungen nicht nur in aller Regel[150] kein Weg am Bemühen um Klärung vorbei, ob etwaige suggestive Einflüsse auf die Auskunftsperson seit dem Geschehen festgestellt oder auch ausgeschlossen werden können[151]. Vielmehr bleibt weiter zu beachten, dass das, was schon bei vergleichsweise „schlichtem“ Abruf in äußerlich unbeeinflusster („einsamer“) Rückschau gilt, sich naturgemäß erst Recht im Kräftefeld zwischenmenschlicher Kommunikation zur Geltung bringt[152]. Diesbezüglich wirken die empirischen Belege für potentiell verheerende Einflüsse der Präsenz oder gar aktiven Beteiligung von Dritten mittlerweile erdrückend[153]. Nicht ohne Grund hat unlängst sogar ein deutsches Nachrichtenmagazin die Problematik eigens zum Titelthema („Das trügerische Gedächtnis – Psychologie: Warum unser Gehirn Erinnerungen fälscht“; Kopie Deckblatt: Urteilsanlage VIII.) gemacht[154]. Dort ist belegt, dass nicht einmal erwartbare soziale Unwerturteile (!) die Probanden daran zu hindern brauchen, aktives (eigenes) Fehlverhalten bereitwillig als Teil der höchstpersönlichen Biographie zu akzeptieren und sodann sogar noch durch Beisteuerung vermeintlichen „Täterwissens“ zu kultivieren. Um wie vieles leichter es dann selbst gutwilligste „Autoritäten“ zuweilen haben, kraft eigener Präferenzen zum fraglichen Sozialgeschehen in der Zielperson die Bereitschaft zu wecken, mit Aussicht etwa auf Mitgefühl zum Opfer fremden Agierens geworden zu sein, sollte mittlerweile gleichfalls ins kollektive Erfahrungswissen justizieller Betrachtung (Stichwort: Wormser Missbrauchsprozesse) hinlänglich eingegangen sein.

[b.]          Was solche Gefährdungen ursprünglicher Erlebnisbilder durch spätere „Dramatisierungen“ im Austausch mit Dritten gerade mit dem hiesigen Streitfall zu tun haben könnten, belegen für die Zeugin nicht nur die mannigfachen Austauschakte, die sich in ihrem sozialen Umfeld seit dem 25. Februar 2015 als  potentiell prekäre Gesprächsstationen ergeben haben. Dies belegen vor allem auch die – teilweise verblüffend tatenlose – Reaktionen ihrer dortigen Partner:

[ba.]       Das verdeutlichen schon diejenigen (aus zahllosen Interaktionen mutmaßlich ausgewählten) Kontakte, die die Parteien aktenkundig gemacht haben:

< 1. >      Nach dieser Aktenlage ergab sich als erste Begegnung Frau Sp.'s (Zeugin) mit Drittender 27. Februar 2015 (Freitag): An diesem Tage habe sie sich nämlich Herrn Benjamin W. anvertraut[155]; dazu heißt es:

„Am 4. März 2015 berichtete Herr B. W., der bei der Beklagten als examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger tätig ist, der Pflegedienstleiterin Frau Si., Frau Sp. habe ihm bereits am 27. Februar 2015 erzählt, dass die Klägerin ihr am 25. Februar 2015 kaltes Duschwasser über den Rücken laufen lassen habe, dass sie ihr verweigert habe, auf die Toilette zu gehen und dass sie sie mit einem Handtuch ins Gesicht geschlagen habe. Dies habe ihr Schmerzen verursacht. Seitdem weine Frau Sp. jeden Tag und komme mit dem Vorfall nicht klar. Frau Sp. hätte sich ihm anvertraut und ihn gebeten, niemandem etwas zu erzählen. [Beweis: Zeugnis … ]“.

< 2. >      Am gleichen Tage (4. März 2015) sei es dann spontan („sofort“) zu einer erweiterten Unterredung mit der Zeugin gekommen; die Beklagte teilt dazu ohne nähere Einzelheiten zum Austauschgeschehen mit[156]:

„Daraufhin begab sich Frau Si. in Begleitung von Herrn W. sofort zu Frau Sp. und befragte diese persönlich dazu, was sich am 25. Februar 2015 zugetragen hatte. Frau Sp. bestätigte den vorstehend unter Gliederungspunkt II.3 a) dargestellten Sachverhalt. [Beweis: Zeugnis … ]“.

< 3. >      Weitere Begegnungen folgten dieser „Bestätigung“ im Verlauf des Rechtsstreits: So spricht die Beklagte in der Klageerwiderungsschrift[157] ohne Vertiefung von Begleitumständen und sonstigem Verlauf von einem Gespräch der Zeugin mit Frau Si. noch am 4. Juni 2015 volle drei Monate später: Dort habe die Zeugin erklärt, „sie leide noch immer unter dem Vorfall vom 25. Februar 2015“.

< 4. >      Nicht zu vergessen sei schließlich ein Lebensvorgang um den 6. Januar 2016, den das Gericht wegen der begrenzten Kräfte aller Beteiligten im Beweistermin[158] gleichfalls nicht mehr auszuleuchten vermochte: Gemeint ist die Anfertigung des (wohl) von der Zeugin unterzeichneten Schriftstücks gleichen Datums (s. oben, S. 14 [X.]; Urteilsanlage VII.). Da die Zeugin nach eigenem Bekunden wegen des Zustands ihrer Augen (s. Nr. 49 UA: „Makula“) nicht mehr zu lesen vermag, muss ihr jemand bei der Herstellung des Texts zur Hand gegangen sein. Wenn dort von einem „Wiedererleben der beängstigenden Situation“ die Rede ist, so verweist dies zwangsläufig auf einen Kommunikationsrahmen, in welchem die Art und Bedeutung des vormals Erlebten also neuerlich zum Gegenstand dialogischen Austauschs geworden ist.

< 5. >      Anfangs noch ohne jede Rücksprache mit der Zeugin hatte die Beklagte zudem bereits in der Klageerwiderungsschrift (Juni 2015) schließlich über Frau V. berichtet (s. oben, S. 8 [a.]). Diese habe von einem Nebenzimmer aus (Nr. 126; Urteilsanlage II.) ein „Schimpfen“ der Zeugin mitangehört und beim Verlassen des Zimmers deren Worte: „Sie haben mich geschlagen! Ich werde mich beschweren!“. Daraus ist dann im Oktober 2015 jene Fassung geworden, die im tatbestandlichen Teil (S. 8 [vor 2.]) gleichfalls zitiert ist: Frau Sp. habe seinerzeit nicht nur „um Hilfe“ gerufen und besagte Empörung geäußert, sondern Frau V. sei daraufhin nunmehr auch „herbeigeeilt“, um die weinende Bewohnerin „in einem völlig aufgelösten Zustand“ vorzufinden.

< 6. >      Man sieht: Hier walten nicht nur mehr als genug Gelegenheiten für die Beteiligten, ihren jeweiligen Erinnerungsbildern bei vermeintlicher „Vergewisserung“ über Charakter und Einzelheiten des Ursprungserlebnisses unter dem Einfluss unbewusster Hinzufügungen, Umordnungen und Neubewertungen (s. Wolf Singer, oben, S. 26 Fn. 147) jede Art von Irrtum zu induzieren. Vielmehr vollziehen sich hier streckenweise sogar Veränderungen, deren Markanz gesicherten Erfahrungen zur sogenannten Vergessenskurve von Menschen[159] an sich[160] offen zuwiderläuft. Solche Entwicklung des Prozessvorbringens der Beklagten bliebe für den Streitfall freilich auch ohne jede Aussagepsychologie im Auge zu behalten, weil sich Beweiswürdigung nach Maßgabe des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO[161] bekanntlich ohnehin nicht allein aus der Befragung von Auskunftspersonen zu speisen, sondern auf die Gesamtheit der Verhandlungen zu erstrecken hat[162].

[bb.]       Im Lichte dessen gibt hier noch ein weiterer Umstand zu denken: Die Rede ist vom schroffen Missverhältnis, das dem Betrachter zwischen der Dramatik des gezeichneten Tätlichkeitsbildes einerseits und dem beobachtbaren Verhalten der Beteiligten andererseits begegnet.

< 1. >      Gemeint ist allerdings nicht das offenbar spontane Verhör von Frau Sp. am 4. März 2015 (S. 28 [< 2. >]). Gemeint ist vielmehr die Reaktion  Herrn W.'s am 27. Februar 2015. An diesem Tage hat er nach Darstellung der Beklagten (s. oben, S. 28 [ba. < 1. >]) von Frau Sp. erfahren, sie weine nun jeden Tag und komme „mit dem Vorfall nicht klar“. Soll das zutreffen, dann war aber wohl anderes zwingend geboten, als Frau Sp. zur „Meldung“ des Vorfalls zu ermuntern und für sich selbst zur Tagesordnung überzugehen. Hier passt einiges nicht zusammen und wäre allein mit der behaupteten Bitte von Frau Sp., über ihr Ungemach zu schweigen, auch bei weitem nicht hinreichend erklärt. Nicht minder bedenklich erscheint der Kontrast zwischen dem für Frau Sp. berichteten Stimmungsbild und dem Eigeneintrag Herrn W.'s in die Pflegedokumentation: Dort heißt es zum 26. Februar 2015, also dem Tag direkt nach dem behaupteten Vorfall: „Frau S. gibt keine Schmerzen an, fühlt sich wohl“.

< 2. >      Genauso irritiert schließlich die jüngste Darstellung der Beklagten vom 22. Oktober 2015 über Eindrücke, die Frau V. am 25. Februar 2015 (s. nochmals oben, S. 8 [vor 2.]) gewonnen habe: Danach sei sie auf eine „weinende Bewohnerin in einem völlig aufgelösten Zustand“ gestoßen. Verhielt es sich so, dann muss die Frage erlaubt sein, wie es um die Weisungslage der Beklagten für ihr Personal bestellt ist. Dass dieses seiner pflegerischen Obhut anvertraute Bewohner in derartig desolatem Zustand vorfindet, ohne sofort „Alarm“ zu schlagen, mutete jedenfalls bei einem verantwortungsvoll geführten Unternehmen, als das das Gericht die Beklagte nach wie vor versteht, zumindest als befremdlich an. Außerdem belehren alle Erkenntnisse der Organisationssoziologie darüber, dass sich nicht zuletzt Ereignisse, wie die Beklagte sie schildert (und solange nicht aktive Unterdrückung im Spiel ist), auch ohne entsprechende Weisungslage wie ein Lauffeuer herumzusprechen pflegen.

(c.)          Alles in allem bestehen nach Art und Chronologie der Ereignisse erhebliche Zweifel am Realitätsgehalt des der Kündigung zugrunde gelegten Geschehensbildes. - Um dabei nicht missverstanden zu werden: Das Gericht schließt keineswegs kategorisch aus, dass die Klägerin die Zeugin am Morgen des 25. Februar 2015 misshandelt hätte. Es ist aber nicht seine Aufgabe, der Beklagten den Einfluss suggestiver Verfälschungen ihrer Auskunftsperson „nachzuweisen“ (s. nochmals oben, S. 22). Vielmehr genügt, dass solche Verfälschungseffekte nach Lage der Dinge nun einmal in Betracht kommen[163]. Da sich die Kammer über die resultierenden Zweifel, wie bereits vorausgeschickt (s. oben, S. 10 [(2.)], nicht hinwegzusetzen vermag, kann der Beklagten der ihr obliegende Nachweis relevanter Vertragsverletzung der Klägerin auch nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO[164]) zugebilligt werden.

(3.)          Das Gericht übersieht bei allem schließlich keineswegs, dass die Beklagte von Frau V. wiederholt berichtet, diese habe am Morgen des 25. Februar 2015 in der Nachbarschaft zum Zimmer Frau Sp.'s deren Worte vernommen, „Sie haben mich geschlagen! Ich werde mich beschweren!“ (s. erstmals[165] oben, S. 8 [a.]). Das gibt aber keine Veranlassung, nun etwa durch zeugenschaftliche Einvernahme von Frau V. der Frage nachzugehen, wem dieser Zuruf gegolten habe. Insofern wirkt der Vortrag bereits nicht schlüssig. Zwar will die Beklagte ihren diesbezüglichen Vortrag ganz offensichtlich so verstanden wissen (s. oben, S. 8 [a.]: „zu der Klägerin“), dass die Äußerung auf die Klägerin gemünzt gewesen sei. Immerhin räumt sie indirekt aber selber ein, dass Frau V. die Klägerin nicht zu Gesicht bekommen hat. Das änderte sich nicht einmal, als die Beklagte im zweiten Zugriff auf die Thematik (s. oben, S. 8 [vor 2.]) noch den gerade kommentierten (s. oben, S. 31 [< 2. >]) Vortrag nachschob, sie habe vor besagtem Zitat einen Hilferuf (!) von Frau V. gehört und sei herbeigeeilt: Selbst hier ist keine Rede davon, dass Frau V. nun an Ort und Stelle etwa der Klägerin begegnet wäre. Verhält es sich so, dann spricht in der Tat gar nichts dafür, Frau V. in prozessual nicht gebotener Weise in eine Rolle zu drängen, in der sie befürchten müsste, für den Ausgang des Rechtsstreits zum „Zünglein an der Waage“ zu werden. Das gilt umso mehr, als zuletzt auch die Klägerin darauf bedacht ist (s. oben, S. 13 [IX.]), solcherart hochgesteckte Erwartungen an ihre Kollegin heranzutragen.

2.            Das sich nach allem für eine „Tatkündigung“ - prekär - ergebende Blatt ist nicht dadurch zu wenden, dass die Beklagte ihren erklärten Trennungswillen im Prozess hilfsweise auf den „Verdacht“ stützt, die Klägerin habe Frau Sp. misshandelt. - Insofern, nochmals, der Reihe nach:

a.            Der Beklagten ist allerdings wiederum einzuräumen, dass nach ebenso langjähriger wie eingespielter Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen sowohl als „wichtiger Grund“ im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB[166] als auch als Quelle „sozialer“ Rechtfertigung einer Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[167] nicht nur erwiesene gravierende Vertragsverfehlungen in Betracht kommen, sondern auch Sachverhalte, in denen lediglich der dringende Verdacht des Arbeitgebers besteht, der Arbeitnehmer habe seine vertraglichen Verpflichtungen in schwerwiegender (nicht notwendigerweise „strafbarer“) Weise verletzt[168]. Es kann der Beklagten hier allerdings nicht bescheinigt werden, dass sie die insofern zu wahrenden Anforderungen auch nur annähernd erfüllt hätte. Die besagte – denkbare - Kündbarkeit von Arbeitsverhältnissen wegen gestörten Vertrauens in die Redlichkeit und Loyalität von Arbeitspersonen hat nämlich ihre Grenzen. - Vor allem gilt:

aa.          Da die auf bloßen „Verdacht“ gestützte Kündigung ihrer Natur nach auch einen in Wahrheit unschuldigen Adressaten treffen kann, und um zu verhindern, dass sich der Arbeitgeber hinsichtlich etwaiger entlastender Momente kurzerhand auf Unwissenheit zurückzieht, die er sich selber zuzuschreiben hat (s. den Rechtsgedanken des § 162 Abs. 1 BGB[169]), bestehen die Gerichte in derartigen Problemlagen darauf, dass nicht nur aufgrund objektiver Tatsachen „starke Verdachtsmomente“ existieren, sondern der Arbeitgeber - außerdem - alle zumutbaren Anstrengungen zur Sachverhaltsaufklärung[170] unternommen hat. Dabei hat der Arbeitgeber der Zielperson vor Ausspruch der Kündigung Gelegenheit zur Stellungnahme zu den ermittelten Umständen zu geben[171]. Der Sinn insbesondere auch dieses letzteren Verfahrensgebots liegt auf der Hand: Je sorgfältiger die Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers[172] in Verdachtslagen schon innerbetrieblich gewahrt werden, desto geringer bleibt das Risiko, den Adressaten einer sich nach Jahr und Tag vor Gericht als haltlos erweisenden Verdachtskündigung gleichwohl vielfach irreversible[173] Folgen tragen zu lassen.

ab.          Vernachlässigt der Arbeitgeber die ihm hiernach zugewiesene Aufklärungslast, so kann die Kündigung schon deshalb keine Wirksamkeit entfalten[174]. Das ist auch kein Wunder: Der Arbeitgeber soll seine Kündigung nicht auf einen „Verdacht“ stützen können, den er kraft unfair verkürzten[175] Lagebildes gewonnen hat. Andererseits genügt es in diesem Zusammenhang, wie gerade schon angeklungen („Gelegenheit“), dass der Arbeitgeber dem Betroffenen die Möglichkeit verschafft hat, sich zu den Verdachts stiftenden Umständen – im besten Falle: „reinigend“[176] - zu äußern. Macht der Betroffene von solcher Gelegenheit aus bei ihm liegenden Gründen keinen Gebrauch, so ist dem Anhörungsgebot gleichwohl Genüge getan[177]. Die „Verdachtskündigung“ ist dann jedenfalls nicht deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber die auf faire Sachverhaltsaufklärung bedachten Spielregeln missachtet hätte.

b.            Diesen Grundsätzen hält die streitgegenständliche „Verdachtskündi-gung“, wie vorausgeschickt, ersichtlich nicht stand. Die Beklagte hat – im Bilde gesprochen – ihre „Hausaufgaben“ nicht gemacht:

ba.          Die Beklagte stellt nicht in Abrede, die arbeitsunfähig erkrankte Klägerin bis zum Beginn der Unterredung am 5. März 2015 (s. dazu oben, 4-5 [4.]; Urteilsanlage III.) im Unklaren darüber gelassen zu haben, worum es bei der so unaufschiebbaren Angelegenheit gehen sollte. Sie räumt sogar der Sache nach ein (§ 138 Abs. 3 ZPO[178]), ihr auf direkte Erkundigung die gebotene Auskunft verweigert zu haben (s. oben, S. 4 [b.]: das werde sie „schon sehen“).

bb.          Das ist indessen nicht diejenige „Anhörung“ der Zielperson, die den Gerichten für Arbeitssachen[179] und dem Bundesverfassungsgericht[180] (BVerfG) vorschwebt. Diese beruht nicht nur auf dem Gedanken, dass der Betroffene zur gebotenen Aufklärung der Angelegenheit nach Kräften beitragen möge, sondern auch und nicht zuletzt darauf, ggf. entlastende Umstände zu seiner Verteidigung beizeiten zur Sprache bringen kann. Das gilt erst Recht in Konfliktlagen, in denen aus Sicht des Arbeitgebers sogar strafrechtlich relevante Vorwürfe im Raum stehen, wie die Beklagte sie hier mit ihren Hinweisen auf Körperverletzung (s. § 223 StGB[181]) und Beleidigung (s. § 185 StGB[182]) eigens hervorhebt[183]. Gerade in solchen Fallgestaltungen steht neben dem betrieblichen Dasein einer Arbeitsperson auch ihre staatsbürgerliche Stellung als Mitglied des Gemeinwesens auf dem Spiel, so dass gerade dann bekanntlich auf die ihr zustehende Möglichkeit zu achten ist, sich der Begleitung einer Vertrauensperson bis hin zum anwaltlichen Beistand zu versichern[184]. Diese Möglichkeit ist der hiesigen Klägerin, die sich im Hause der Beklagten hinsichtlich der Präsenzverhältnisse offenbar vor vollendete Tatsachen gestellt sah, faktisch abgeschnitten gewesen. Das genügt für die Feststellung, dass die hiesige „Anhörung“ - trotz tendenziell vorbildlicher Dokumentation des dialogischen Austauschs[185] (Urteilsanlage III.) - nicht den normativen Anforderungen vor Verdachtskündigung entsprach. Ob sich dieselbe Konsequenz etwa aus dem weiteren Umstand ergäbe, dass die Klägerin offenbar nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte war, und welche Anforderungen möglicherweise die Grundsätze sogenannten „fairen Verhandelns“[186] stellen, kann angesichts dessen auf sich beruhen.

III.            Das Resultat dieser Befunde spiegelt der Tenor zu I. des Urteils. Allerdings hat das Gericht das Textfragment des Klageantrags „sondern … fortbesteht“ mit Rücksicht auf die separate Thematisierung desselben Anliegens im Folgeantrag (dazu sogleich) als prozessual unbeachtlich eingestuft und daher nicht in den Tenor übernommen.

B.            Der „Schleppnetzantrag“ (2. Klageantrag)

Der Klage war ihr Erfolg auch nicht zu versagen, soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu 2. festgestellt sehen will, dass ihr Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern über den 6. (richtiger: 7.) März 2015 hinaus fortbestehe: Es ist in der Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen bekanntlich anerkannt, dass ein Arbeitnehmer mit seiner Klage gegen die Kündigung vorsorglich auch den sogenannten allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO[187] stellen kann, um zu verhindern, dass der Arbeitgeber sich während des Rechtsstreits überraschend auf andere – zuweilen schlicht untergeschobene - Beendigungstatbestände beruft[188]. Dieses Klagebegehren wird daher im Fachschrifttum auch pointiert als „Schleppnetzantrag“ bezeichnet[189]. Das ihm zugrunde liegende Schutzbedürfnis ist der hiesigen Klägerin – ohne gegen die Akteure der Beklagten persönlichen Argwohn zu hegen – objektiv nicht abzusprechen. - Daher also: Tenor zu II., wobei anstelle des 6. März 2015 jedoch wegen des Kündigungszugangs einen Tag später vom 7. März 2015 die Rede ist.

C.            Die Vertragsauflösung gegen Abfindung (3. Klageantrag.)

Als in der Sache berechtigt erweist sich auch der Wunsch der Klägerin nach

gerichtlicher Auflösung des keine Gedeihlichkeit mehr versprechenden Arbeitsverhältnisses. - Nochmals, im Einzelnen:

I.              Was zunächst die Auflösung als solche betrifft, so bestimmt der eingangs schon zitierte § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG[190], dass das Gericht das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitnehmers (unter Verurteilung des Arbeitgebers zu angemessener Abfindung) aufzulösen habe, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „nicht zuzumuten“ sei.

1.            Ob das (Unzumutbarkeit) der Fall ist, sehen die Parteien hier unterschiedlich, was freilich schon angesichts des kodifizierten Rechtsstoffs nicht verwundert: Da sich die gesetzliche Redaktionstechnik mit dem Begriff der (Un-)Zumutbarkeit eines sogenannten „regulativen Rechtsprinzips“ bedient[191], bietet sich schon der Text des Gesetzes als Projektionsfläche für Wunschergebnisse jeder Art an[192].

a.            Sucht man auf diesem Hintergrund besseren Aufschluss in den Gesetzesmaterialien[193], so finden sich dort in der Tat zumindest einige Facetten, die Orientierungshilfen leisten können. Zur ursprünglichen Fassung des damaligen § 7 KSchG wird von den Redakteuren nämlich zur Veranschaulichung erwähnt[194], dass „zum Beispiel“ an Fälle zu denken sei, in denen als Kündigungsgründe unzutreffende ehrverletzende Behauptungen über die Person oder das Verhalten des Arbeitnehmers leichtfertig aufgestellt worden seien oder das Vertrauensverhältnis im Verlauf des durch die Kündigung ausgelösten Verfahrens ohne wesentliches Verschulden des Arbeitnehmers zerrüttet worden sei.

b.            Die - ausdrücklich beispielhafte - Aufzählung denkbarer Szenarien als

 Schlaglichter relevanter Problemlagen für entschädigungspflichtige Vertragsauflösung verdeutlicht zweierlei: Zum einen stellt sie klar, dass die genannten Störungsphänomene alles andere bezeichnen als einen „numerus clausus“ normativ anzuerkennender Unzumutbarkeitslagen. Zum anderen fehlt eine Grundlage zur unnötig restriktiven Annahme, die Tragweite des § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG beschränke sich zwangsläufig auf Umstände, die im Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess stehen[195]. Dem entspricht das Fachschrifttum, wenn neben den beiden erwähnten Fallgruppen – systemgerecht - auch durchaus andere Unzumutbarkeitslagen unmissverständlich gleichrangig zur Sprache gebracht werden[196].

c.            Nichts anderes ergibt die – an sich völlig zutreffende – Feststellung, dass das Kündigungsschutzgesetz in erster Linie „Bestandsschutz“ vermitteln solle und nicht auf ein „Abfindungsgesetz“ zu reduzieren sei[197]. Dabei sollte allerdings weder die historische Entwicklung noch die Frage vernachlässigt werden, wessen Handlungsmacht kraft Kündigungsschutzes begrenzt werden soll. Insofern hat auch das BAG schon vor mehr als 30 Jahren mit vollem Recht daran erinnert, dass es nicht Sinn dieses plakativen Motto's sei, die Rechte der Schützlinge des Gesetzes zu verkürzen[198]. Nur dies entspricht in der Tat dem historischen Sinn kodifizierten Kündigungsschutzes im Nachkriegsdeutschland: Danach ist es der Arbeitgeber, der sich nach unwirksamer Kündigung nicht (mehr), wie zuvor seit dem Betriebsrätegesetz von 1920[199] (§ 87 Abs. 2 Satz 1 BRG[200]) bei Bedarf umstandslos „freikaufen“[201] können soll. Insofern ist jedenfalls nicht er geborener Kandidat für das Recht, sich nach erwiesener Unwirksamkeit seiner Kündigung zulasten der Zielperson auf „Bestandsschutz“ zu berufen. Richtigerweise gehört danach der Gedanke des „Bestands“-, statt „Abfindungsschutzes“ in aller Regel in den hier nicht interessierenden normativen Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG[202], der den Auflösungsantrag des Arbeitgebers betrifft, nicht in den des hiesigen § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG[203].

2.            Die Konsequenzen dieser normativen Ausgangslage brauchen hier nicht im Detail ausgeleuchtet zu werden. Hier genügt die Feststellung, dass der Klägerin die gesuchte Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Lichte besagter Grundsätze nicht verwehrt bleiben kann. Sie verweist mit vollem Recht (s. oben, S. 6 [2.]) auf den anhaltend ehrverletzenden Charakter ihrer Porträtierung durch die Beklagte (s. auch schon oben, S. 12 [VII.]), aber auch auf den defizitären Charakter schon der Anhörungsprozedur. Insofern kann die Beklagte mit ihrer Beteuerung, die Dinge letztlich professionell zu sehen (s. oben, S. 8-9 [2.]), nicht gehört werden. Sie agiert – in diesem Punkte – widersprüchlich. Im Übrigen verweist die Klägerin auch insofern ebenso zutreffend wie realitätsgerecht darauf[204], dass selbst der gegebenenfalls beste Wille der Beklagten keinen Schutz vor dem übrigen Spiel der Kräfte im betrieblichen Sozialgeschehen böte.

II.             Für den Zeitpunkt der Auflösung orientiert das Gericht sich an § 9 Abs. 2 KSchG[205], bei der Bemessung der Abfindung an § 10 KSchG[206]. Insofern erscheint die von der Klägerin selber gegebene Anregung, die Abfindung nach mehr als acht Beschäftigungsjahren mit (lediglich) zwei Bruttomonatsgehältern zu bemessen[207], bemerkenswert ausgewogen. - Ihm folgt die Kammer.

III.            Das Resultat verdeutlicht der Tenor zu III.

D.            Das Zeugnis (4. Klageantrag)

Nachdem die Beklagte der Klägerin ein Zeugnis – unwidersprochen – erteilt hat (s. oben, S. 9 [3.]), ist der aus § 109 Abs. 1 GewO[208] herrührende Anspruch kraft Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB[209]). Eine Verurteilung der Beklagten kommt somit nicht in Betracht. - Folge: Tenor zu V.

E.            Die Arbeitsbescheinigung (5. Klageantrag.)

Anders verhält es sich wiederum mit der aufgrund des § 312 Abs. 1 SGB III[210] geschuldeten Arbeitsbescheinigung: Dass die Beklagte diese bereits im März 2015 auf den Postweg gegeben habe, wie sie gleichfalls unwidersprochen geltend macht (s. oben, S. 9 Fn. 53), genügt für den Streitfall nicht. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, der Klägerin bereits im März 2015 die Möglichkeit zur Abholung[211] verschafft zu haben. Wenn die Beklagte hier durch die Zustellung der Klage am 4. April 2015 (s. oben, S. 5 [IV.1.]) bereits mitbekommen hat, dass der Zugang der Sendung mutmaßlich fehlgeschlagen ist, hätte es an ihr gelegen, die Sendung nochmals – notfalls nach Einforderung eines weiteren Vordrucks von der Klägerin oder auch Arbeitsagentur – auf den Weg zu bringen. Damit blieb sie somit gehalten, das ihrerseits Mögliche zur Erteilung der Bescheinigung zu tun, so dass ihr insofern der Erfüllungseinwand versagt zu bleiben hat. - Daher: Tenor zu IV.

F.            Kosten und Streitwerte

Für Kosten und Streitwerte lässt es sich kurz machen:

I.              Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO[212]). Besagte Kosten waren, soweit über die Klage noch streitig entschieden werden musste, nach Maßgabe des § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO[213] und in den Grenzen des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG[214] zwischen den Parteien in noch zu erläuternden Anteilen nach Maßgabe der jeweiligen Wertanteile ihres Unterliegens (s. sogleich, III.) aufzuteilen. - Anders verhält es sich, soweit die Klägerin den Rechtsstreit wegen der Urlaubsbescheinigung in der Hauptsache für erledigt erklärt, die Beklagte sich dem jedoch nicht angeschlossen hat (s. oben, S. 6-7 [V.): Insoweit fallen die Kosten der Beklagten nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu Last, weil sich die Klage bis zum Ablauf des Urlaubsjahrs 2015 in der Tat als gerechtfertigt dargestellt hatte[215], war gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO[216] über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hierzu hat das Gericht die entstandenen (anteiligen) Kosten der Beklagten zugewiesen, weil sie bei streitiger Fortsetzung des Rechtsstreits unterlegen gewesen wäre und deshalb die Kosten gleichfalls hätte tragen müssen.

II.             Den Wert der Streitgegenstände hat es aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG[217] im Tenor festgesetzt und für die Feststellungsklagen (Klageanträge zu 1. und 2.) in Anlehnung an die Wertungen aus § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG[218] mit der dreifachen Monatsvergütung der Klägerin bemessen, also mit (3 x 2.400,-- Euro = ) 7.200,-- Euro. Der Auflösungsantrag ist ohne Bewertung geblieben, das Zeugnis mit einer Monatsvergütung (2.400,-- Euro) veranschlagt und die Arbeitsbescheinigung mit 200,-- Euro. Das macht in der Summe (7.200,-- Euro + 2.400,-- Euro + 200,-- Euro = ) 9.800,-- Euro und erklärt den Tenor zu VII.

III.            Daraus errechnet sich gleichzeitig die zuvor erwähnte Kostenquote: Da sich die Klägerin mit insgesamt 7.200,-- Euro (Feststellungsklagen) und 200,-- Euro (Arbeitsbescheinigung) und 200,-- Euro (Urlaubsbescheinigung) und somit 7.600,-- Euro durchsetzt, was rund 74 v.H. von 10.000,-- Euro (hier inbegriffen: die neben besagten 9.800,-- Euro weiteren 200,-- Euro zur Urlaubbescheinigung; d.U.) entspricht, treffen die Beklagte somit 74 v.H. der Kosten, während die Klägerin die übrigen 26 v.H. wird beisteuern müssen. - Ergebnis: Tenor zu VI.

Anhang

 

I.              Bericht Frau Sp.:

1.

Es war früh morgens zum Waschen und es geht aus meinem Waschraum raus, ich bin im Rollstuhl in das Nebenbad, da ist 'ne Dusche.

2.

Ich habe keine Dusche. Ich sitze auf dem Duschstuhl und dann wird die Brause angemacht und die war natürlich eiskalt. So, und jetzt hab' ich mich festgehalten an der Haltestange und das sollte ich aber auch nicht machen. Ja und dann bin ich gewaschen worden. Naja, und da wurde gesagt, das habe ich erwähnt, das ist ja eiskalt. Und hab ich eben auch gesagt, dass ich weiß nicht, muss ich das jetzt sagen, der Speisesaal wurde renoviert, ja, und da habe ich gesagt, das wäre doch mit dem Duschen, da hätten sie doch ein paar Tage warten lassen können. Da hab ich ja doch nichts Böses mit gemeint. So, und vor dem Abtrocknen dann wurde das Handtuch zusammengefaltet und mir ins Gesicht geschlagen.

So, dann hab ich natürlich gesagt, also ich werde, das melde ich, möchte nicht mehr von Ihnen Pflegeleistungen erhalten. Dass ich mir das nicht gefallen lasse, das ist doch kein Grund mich zu schlagen, ich hab doch nichts weiter geäußert und hatte es nur gut gemeint. Wir haben uns dann … Ich war ja ganz empört und habe gezittert, warum jetzt das passiert ist. Das hat mich natürlich sehr aufgeregt. Ich glaub, ich wusste im ersten Moment gar nicht, was ich machen sollte. Wir haben dann die Angelegenheit dann fertig mit dem Waschen und bin abgetrocknet worden und bin dann zurück in meine Waschgelegenheit. Also das ist Toilette und meine Waschgelegenheit, und dann habe ich weiterbeschäftigt mit dem Anziehen, Wäsche wechseln und mit dem Anziehen, naja, nun war ich erstmal schockiert, muss ich Ihnen sagen. Naja, das habe ich dann fertig gemacht, Ankleiden und so, wie es von mir geht, und habe nun überlegt, was ich zu machen habe.

Ich habe mir dann eine Vertrauensperson rausgesucht, aber ich habe das nicht gleich gemacht, sondern mir überlegt, und habe den Pfleger Herrn W. erstmal informier, was mir passiert ist.

Und Herr W. hat mir aber dann gesagt, dass ich diesen Vorfall nicht, nicht für mich behalten kann, sondern ich müsste das der Leitung melden, was ich dann auch getan habe. Mit Unterstützung von Herrn W. habe ich das dann gemeldet. Dann kam das Wochenende und in der anderen Woche, dann am Montag, hab' ich das getan und darauf hin wurde mir dann gesagt, dass sowas nicht passieren darf und die Kollegin würde fristlos entlassen.

3.

Frage des Vorsitzenden: Geht es noch weiter?

4.

Naja, Herr W. hat mich nun sehr unterstützt, dass die Sache dann nun weiter ginge, und ich das nun richtig gemacht hätte, es zu melden, auch mit seiner Meinung.

5.

Das ist dann zu Ende alles, ich habe es dann Frau St., und die haben mir dann gesagt, dass es auch dann erfolgt ist, die Entlassung.

6.

[auf Nachfrage des Vorsitzenden, wegen des Datums]: … Es war der 18., das habe ich mir so angekreuzt in meinem Kalender, weil … .

7.

[Auf Hinweis des Vorsitzenden, dass nun die zuvor angekündigten Fragen kämen]: Ja, Sie können ruhig noch Fragen stellen, aber ich war ja schon erstaunt, dass das gleich so krass erfolgte, aber es ist schon … . - Ich bin eigentlich erstaunt, dass es soweit kommen musste, dass heute dieser Termin stattfinden musste, das ist doch kein Grund zuzuschlagen. … Frau Z. hat auch gesagt, sie wolle die Patienten erziehen, wie sie sich gegenüber dem Pflegepersonal verhalten sollen.

Laut vorgelesen und genehmigt

II.             Fragen des Vorsitzenden

8.

(F): Frau Sp., Sie leben hier im Hause?

9.

Antwort Frau Sp. (A): Ja.

10.

F: In diesem Gebäude?

11.

A: Ja.

12.

F: In welcher Etage?

13.

A: Ich wohne in der ersten Etage, das ist die Station. Weil, das andere sind ja die Wohnungen, das ist betreutes Wohnen, da habe ich zuerst gewohnt.

14.

F: Sie haben ein Zimmer und eine Dusche und Toilette?

15.

A: Also, die Dusche muss ich mit der Nachbarin teilen, ich hab jetzt keine bekommen.

16.

F: Haben sie auch eine Zimmernummer?

17.

A: Ja, 129.

18.

F: Kennen Sie Frau Z.? [Der Vorsitzende deutet auf die – anwesende – Klägerin].

19.

A: Ja.

20.

F: Die hat Sie damals morgens aufgesucht?

21.

A: Ja.

22.

F: Wissen Sie noch, wie sich Frau Z. bemerkbar gemacht hat - oder ist sie einfach ins Zimmer gekommen?

23.

A: Den Morgen?

24.

F: Ja!

25.

A: Naja, ich war im Waschraum, das Erste, der Toilettengang, und dann sind wir, da ist so ein Flur von der Nachbarin, und da muss man d'rüber fahren über den kleinen Flur, sind nur ein paar Schritte, nur ich kann ja nicht laufen richtig. Ich hab' jetzt erst wieder gelernt, mit dem Rollator.

26.

F: Kannten sie Frau Z. damals schon?

27.

A: Ja, sie war ja als Schwester da, nicht?

28.

F: Wie habe Sie sie angesprochen?

29.

A: Schwester Silke.

30.

F: Worum geht es bei der morgendlichen Pflege?

31.

A: Ja, ich habe versucht so viel wie möglich, was geht, selbst zu machen, es ist manchmal auch schwer. Sie hat auch geäußert, sie müsste die Patienten erziehen, ja und da habe ich aber darauf geantwortet, sie soll bei sich erst Mal anfangen.

32.

F: Morgendliche Pflege bedeutet, Hilfe beim Aufstehen, bei der Morgentoilette, beim Ankleiden? Ist das so?

33.

A: Ja, sonst wird ja nicht jeden Tag geduscht, sonst wird nur „Katzenwäsche“ gemacht.

34.

F: Wie ging es Ihnen an dem Tag?

35.

A: Ja, überlege gerade, wenn man auf Station ist, geht es einem ja nicht so gut. Ich hatte erst 'ne Wohnung mit kleiner Küche und zwei – Wohn- und Schlafraum.

36.

F: Und an dem Morgen, wie war ihre Stimmung?

37.

A: Naja, ich war vom Krankenhaus. Ja, ich war zwei Monate im Krankenhaus, also in zwei verschiedenen Krankenhäusern vorher.

38.

F: Waren Sie wohlauf?

39.

A: Naja, „wohlauf“ kann man wohl nicht sagen, man ist ja, wenn man auf Station ist, ein kranker Mensch. Ich musst eh ja die Wohnung aufgeben, gezwungenermaßen, ich wollte ja nicht.

40.

F: Kamen Sie mit Frau Z. ins Gespräch - an dem Morgen?

41.

A: Naja, was ich ja ich ja schon ausgesagt habe, praktisch. - Ich habe meine Empörung geäußert, das habe ich gemacht, sonst … [Pause].

42.

F: Haben Sie das Handtuch kommen sehen?

43.

A: Das habe ich jetzt nicht verstanden.

44.

F: Bevor Frau Z. Sie mit dem Handtuch schlug, haben Sie das Handtuch kommen sehen? - Haben sie mich jetzt verstanden?

45.

A: Nee!

46.

F: Wo hat Sie das Handtuch getroffen?

47.

A: Ins Gesicht!

48.

F: Haben Sie das kommen sehen?

49.

A: Ich hab nur gesehen das sie das Handtuch zusammen gefaltet hat, und hat mich ins Gesicht getroffen, geschlagen. Das habe ich auch geäußert, und ich war dabei gerade mit der Schlossparkklinik, habe ich diese Spritzungen bekommen wegen dieser Makulakrankheit. War froh, dass bei der nächsten Untersuchung nichts passiert war.

50.

F: Waren sie, als das Handtuch kam, schon gewaschen?

51.

A: Ja.

52.

F: War das Handtuch nass?

53.

A: Nicht mehr ganz.

54.

F: Wie war das?

55.

A: Naja, das Gesicht hab' ich mir da nicht gewaschen, das hab ich mir immer extra gewaschen, das hab ich ja immer ganz vorsichtig gemacht, an und für sich.

56.

F: Als das Handtuch einschlug, was haben Sie empfunden?

57.

A: Naja, das war zusammengefaltet. Ich war ganz schockiert.

58.

F: Wie ging es weiter?

59.

A: Naja, ich war erstmal … - … wie soll ich mich weiter äußern? Das war nun kein gutes Gefühl, gerade, dann kam das Wochenende dazu, das hat mich noch immer beschäftigt.

60.

F: Sehr schön. War Ihnen so etwas schon einmal zugestoßen?

61.

A: Nein.

62.

F: Haben Sie darauf reagiert?

63.

A: Naja, mit der Meldung, dass ich das gemeldet habe, nicht?

64.

F: Haben Sie gegenüber Schwester S. spontan darauf reagiert?

65.

A: Ja.

66.

F: Wie war das?

67.

A: Naja, dass ich eben gesagt habe, dass so etwas furchtbar ist. Sie muss doch wissen, dass sie alte Leute vor sich hat. Da muss man doch reagieren und verärgert sein, das war ja ein Schock für mich, so etwas ist mir noch nie passiert.

68.

F: Hat S. ihrerseits darauf reagiert?

69.

A: Ja, wir hatten doch dann keine Verbindung mehr.

70.

F: S. hat sich dann zurückgezogen?

71.

A: Ich muss erst noch mal überlegen. … Na, wir waren praktisch ja dann auseinander. Ich habe dann gemeldet, dass ich die Pflege nicht mehr haben wolle, und wir kamen dadurch nicht mehr zueinander.

72.

F: Ist S. nach dem Schlag noch bei ihnen geblieben?

73.

A: Nein.

74.

F: Sondern?

75.

A: Ich habe dann Anfang der Woche schon erfahren, dass eine Entlassung stattgefunden hat.

76.

[auf Erläuterung der Frage] A: Nö, da hat, glaube ich, nischt mehr statt gefunden. Da habe ich mich dann weiter wahrscheinlich alleine angezogen. Nö, ich hab' sie dann nicht mehr … [denkt nach] Wir sind uns dann nicht wieder begegnet.

77.

F: An diesem Morgen, ist da noch jemand hinzugestoßen?

78.

A: Ja, ich überlege … [denkt nach]. Also da kann ich keine … wüsste nicht, dass da noch jemand gekommen wäre. Nee, also kann ich jetzt nicht sagen. Ich weiß jetzt nicht, ob da noch eine Schwester … [denkt nach] Nee, glaube ich nicht, dass da noch jemand … .

79.

F: In einem Anwaltsschriftsatz vom Katharinenhof heißt es, da sei die Frau V. noch dazu gekommen, kann das sein?

80.

A: Nein, die war nicht hinzugekommen, die Frau: Ich habe erst gedacht, wie ich das gehört habe, eine Frau V., dass die … [Pause] Ich wusste gar nicht, dass Frau V. eine Schwester war, und hat sich mit einer Kollegin unterhalten, das habe ich erst später erfahren. Dass es eine Pflegeperson gewesen ist, die hat das mit angehört und hat auch verstanden, was ich gesagt habe.

81.

F: Aber die ist nicht mit dazu gekommen?

82.

A: Nein, ich hab sie gar nicht gesehen.

83.

F: In einem anderen Anwaltsschriftsatz vom Katharinenhof steht, Sie hätten sich dann Benjamin W. anvertraut und ihm gesagt, er solle niemandem etwas erzählen. - Kann das sein?

84.

A: … [überlegt] … Jetzt muss ich noch mal fragen, wer soll das gesagt haben?

85.

[Die Frage wird wiederholt mit dem Hinweis]: Wenn Sie nicht wissen, ist auch das o.k.!

86.

A: Das weiß ich jetzt auch nicht mehr.

Die Sitzung wird um 13:12 Uhr wegen technischer Probleme am mitgebrachten Computer („Laptop“) unterbrochen – und nach deren Behebung um 13:25 Uhr fortgesetzt.

II.             Frage des Gerichts - Frau Janke-Pier

87.

(F): Frau Sp., wie war denn Ihr Verhältnis zu Frau Z. vor dem Vorfall? Hatten sie ein gutes Verhältnis?

88.

A (es folgen: Textfragmente; kein Wortprotokoll): Es gibt überall mal was, eine Klage über die Pflege, das ist nicht ausgeschlossen. Das ist klar, da muss man ehrlich sein. … Es ist für beide sehr schwer, für die Patienten und für das Personal, das kann man nicht anders sagen.

IV.           Fragen des Gerichts - Herr F.:

89.

(F) Nachdem die Frau Z. Sie mit dem Handtuch geschlagen hat, hat sie Sie verlassen? Ich stelle mir das vor, Sie alleine nackt in ihrem Rollstuhl sitzen lassen? Haben sie sich dann im Anschluss alleine angezogen?

90.

A: Naja, das geht nicht ganz alleine, ich kann schlecht was aus dem Kleiderschrank tun, und rein oder raus. Das ist schwierig. Also, ich hätte das nie gedacht, dass mir das so geht. Ich habe nun zu allem Unglück noch ein Kinderlähmungsbein, das mir im Alter auch noch Schwierigkeiten macht. Ich muss wieder Laufen lernen, das ging mit dem Rollator ganz gut, ich kann heute noch nicht.

91.

F: Wer hat Ihnen denn dann an dem Morgen weiterhin geholfen, beim Anziehen?

92.

A: Ach, das habe ich dann wahrscheinlich dann alleine gemacht. Ich muss ja versuchen, dann wieder alleine zurecht zu kommen.  …  (weiterer Text; zu schnell zur wörtlichen Wiedergabe)

V.            Fragen des Beklagtenvertreters – Herrn Rechtsanwalt Dr. A.:

93.

(F) Frau Sp., mit dem Handtuch, mit dem Sie geschlagen worden sind, sind Sie damit vorher abgetrocknet worden, ist das das Selbe Handtuch?

94.

A: … [denkt nach] … .

95.

[Die Frage wird wiederholt]: Sind Sie mit demselben Handtuch abgetrocknet worden oder war es ein Frisches?

96.

A:  Ob es das Selbe war, das weiß ich nicht.

97.

F: Sie haben vorhin gesagt, dass Sie die Frau V. nicht kennen, kennen Sie eine Schwester C.?

98.

A: Ja, jetzt kenne ich sie, ich habe sie lange Zeit für eine Patientin gehalten, die das mitbekommen hat.

99.

F: An dem Tag, an dem das mit dem Handtuch gewesen ist, haben Sie die Schwester C. da gesehen oder gehört?

100.

A: Nee, da habe ich ja noch gar nicht gewusst, dass es eine Schwester ist, das habe ich erst viel später erfahren.

VI.           Fragen des Klägervertreters – Herrn Rechtsanwalt K.:

101.

(F) Frau Sp., eine Frage: Konnten Sie sich an dem Tag, als das passiert ist, alleine anziehen?

102.

A: Ja, das weiß ich jetzt auch nicht, ob mir da jemand geholfen hat, aber dass kann ich jetzt nicht sagen. Aber ich glaube nicht, dass jemand dazugekommen ist. Ich müsste noch mal überlegen, aber da ist niemand dazugekommen, ich glaube … nee.

103.

F: Können Sie sich jetzt alleine anziehen, also die Hose?

104.

A: Nein, da muss ich jemand haben, ich kann ja nicht frei stehen.

Der Zeugin wird das Protokoll vom Protokollführer laut vorgelesen und von ihr wie folgt genehmigt:

105.

Frage des Vorsitzenden an die Zeugin: Ist das so o.k.?

106.

Antwort: Ja.



[1]    Geboren im Dezember 1987.

[2]    S. Kopie als Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 9-11/R 3 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA“]).

[3]    S. Text: „§ 613 a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang. (1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein“.

[4]    S. Klageschrift S. 3 [oben] (Bl. 7 GA): „Ursprünglich war die Klägerin bei der Seniorenresidenz Am S. See Betriebs GmbH beschäftigt, wobei das Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen ist“.

[5]    S. Selbstauskunft in der Klageerwiderungsschrift vom 10.6.2015 S. 2 [II.1.] (Bl. 54 GA).

[6]    S. Text: „§ 3 Arbeitszeit, Überstunden. - (1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Std. wöchentlich“.

[7]    S. Text: „§ 4 Vergütung. - (1) Die Mitarbeiterin erhält ein monatliches Gehalt in Höhe von brutto 2.400,00 Euro (i.W. Zweitausendvierhundert Euro)“.

[8]    S. Kopie als Anlage B 3 zum Beklagtenschriftsatz vom 23.11.2015 (Bl. 140 GA).

[9]    So die Eigenauskunft von Frau Sp. im Beweistermin am 11.3.2016; s. Sitzungsniederschrift gleichen Datums S. 2 (Bl. 223 GA).

[10]  So die Angabe in einem nach Beklagtenangaben von Frau Sp. unterzeichneten Text vom 6.1.2016 (s. noch unten, S. 14 [X.]; Urteilsanlage VII.).

[11]  Soweit die Beklagte in der Klageerwiderungsschrift zunächst die Zimmernummer 130 angegeben hatte (S. 4 [3 a.]; Bl. 56 GA), hat sie dies im Schriftsatz vom 23.11.2015 (Bl. 139 GA) korrigiert; d.U.

[12]  S. Klageerwiderungsschrift S. 4 [3 a.] (Bl. 56 GA): „Zwischen 7:00 und 8:00 Uhr befand sich die Klägerin im Zimmer 130 [s. dazu Fn. 11], welches von der Bewohnerin Frau Sp. bewohnt war, während Frau Vogel im Zimmer 126 war“; s. im Ansatz auch Klägerinschriftsatz vom 5.9.2015 S. 1 [I.] (Bl. 112 GA): „Am Morgen des besagten Tages betrat die Klägerin, ca. gegen 7.00 Uhr das Zimmer der Zeugin Sp.“.

[13]  So die mündliche Angabe der Klägerin auf Frage des Vorsitzenden im Termin am 11.3.2016; d.U.

[14]  S. dazu Klägerinschriftsatz vom 13.7.2015 S. 4 [2.] (Bl. 96 GA): „Am Tag vor der durchgeführten ,Anhörung' [5.3.2015; d.U.] war die Klägerin mit einem grippalen Infekt zwar bereits auf dem Wege der Besserung, jedoch noch fiebrig und daher auch arbeitsunfähig“; die Datierung des Arbeitsausfalls hat die Klägerin im Beweistermin am 11.3.2016 – insoweit nicht protokolliert – auf Frage des Gerichtsvorsitzenden mündlich nachgeliefert.

[15]  In welcher Reihenfolge sich das Geschehen zutrug, hat das Gericht nicht aufgeklärt; möglich – aber nicht festgestellt - ist, dass die Chronologie der mitgeteilten Ereignisse umgekehrt verlief als hier dargestellt; d.U.

[16]  S. Klageerwiderungsschrift S. 3 [b.] (Bl. 55 GA).

[17]  S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[18]  S. Klägerschriftsatz vom 13.7.2015 S. 4 [2.] (Bl. 96 GA): „Am Mittwoch dem 04.03.2015 gegen 16:00 Uhr wurde die Klägerin darüber informiert, dass sie sich trotz Arbeitsunfähigkeit am nächsten Tag um 11:00 Uhr im Hause der Beklagten einzufinden habe“.

[19]  S. Klägerschriftsatz vom 13.7.2015 S. 4-5 [2.] (Bl. 96-97 GA): „Auf die Frage der völlig überrumpelten Klägerin, worum es denn konkret gehe, gab man ihr keine Antwort. Sie werde es am nächsten Tag schon sehen“.

[20]  S. Kopie als Anlage B 2 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 69-70 GA).

[21]  Gemeint dürfte die zu Frau Sch. mitgeteilte Darstellung sein (s. oben S. 3-4 [3 a.]); d.U.

[22]  Schreibweise im Original; d.U.

[23]  S. Kopie als Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 12/R GA).

[24]  S. Klageschrift S. 3 [vor II.] (Bl. 7 GA).

[25]  S. Textauszug: „In Ihrem Frühdienst vom 25.02.2015 waren Sie für die morgendliche Grundversorgung für Frau Sp. eingeteilt. Die Bewohnerin gab zu Protokoll, dass sie sich sehr grob von Ihnen versorgt fühlte. Weiterhin schilderte die Bewohnerin mehrfach, dass Sie ein Handtuch genommen haben und Frau Sp. damit in das Gesicht schlugen“.

[26]  S. Klageschrift S. 3 [II.] (Bl. 7 GA).

[27]  S. Textauszug: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) 1Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist“.

[28]  S. Klageschrift S. 3 [II.] (Bl. 7 GA).

[29]  S. Klageschrift a.a.O.

[30]  S. Schriftsatz vom 14.1.2016 S. 1-4 (Bl. 152-155 GA).

[31]  S. Textauszug: „§ 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts; Abfindung des Arbeitnehmers. (1) 1Stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen“.

[32]  S. Schriftsatz vom 14.1.2016 S. 3 [2 a.] (Bl. 154 GA).

[33]  S. Schriftsatz vom 14.1.2016 a.a.O.

[34]  S. Schriftsatz vom 14.1.2016 a.a.O.

[35]  S. Schriftsatz vom 9.3.2016 S. 1-5 (Bl. 208-212 GA) nebst Anlage (Bl. 213-216 GA); s. zur Anlage aber noch unten, S. 13 [X.].

[36]  S. Schriftsatz vom 9.3.2016 S. 1 [I.] (Bl. 208 GA).

[37]  S. Klageschrift S. 2 (Bl. 6 GA) in der Fassung des Schriftsatzes vom 14.1.2016 S. 1-2 (Bl. 152-153 GA).

[38]  S. Textauszug: „§ 312 Arbeitsbescheinigung. (1) 1Bei Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses hat der Arbeitgeber alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld erheblich sein können (Arbeitsbescheinigung); dabei hat er den von der Bundesagentur hierfür vorgesehenen Vordruck zu benutzen“.

[39]  S. Klageerwiderungsschrift S. 1-13 (Bl. 53-65 GA) nebst Anlage B 1 (Bl. 66-68 GA).

[40]  S. Klageerwiderungsschrift S. 1 [I.] (Bl. 53 GA): „Die Klägerin hat nach Überzeugung der Beklagten eine vorsätzliche Körperverletzung sowie eine Beleidigung gegenüber einer ihr zur Pflege anvertrauten Bewohnerin der Beklagten begangen, indem sie diese mit einem Handtuch ins Gesicht schlug“.

[41]  S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: „Jedenfalls besteht gegenüber der Klägerin ein entsprechender, nicht ausräumbarer Verdacht“.

[42]  S. Klageerwiderungsschrift S. 4 (Bl. 56 GA): „Die Klägerin fuhr die Bewohnerin Frau Sp. zunächst wortlos in das Bad, obwohl Frau Sp. zu ihr sagte, sie müsse dies nicht tun, sie habe so viel zu tun. Im Bad stellte die Klägerin die Dusche an und ließ der Bewohnerin kaltes Wasser über den Rücken laufen. Als Frau Sp. sich am Haltegriff der Dusche festhielt, versuchte die Klägerin, ihre Finger vom Haltegriff zu lösen. Sie ermöglichte es der Bewohnerin nicht, sich eigenständig zu waschen, sondern übernahm dies selbst und war hierbei sehr grob. Schließlich verweigerte die Klägerin Frau Sp. auch den Toilettengang. [Beweis: Zeugnis … ]. - Als Frau Sp. daraufhin zu der Klägerin sagte, dies sei aber keine gute Pflege, nahm die Klägerin ein Handtuch und schlug ihr damit ins Gesicht. [Beweis: Zeugnis … ]“.

[43]  S. Klageerwiderungsschrift S. 4 [3 a.](Bl. 56 GA).

[44]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 S. 4 [6.] (Bl. 127 GA).

[45]  S. Schriftsatz vom 4.2.2016 S. 5-7 [b.] (Bl. 170-172 GA).

[46]  S. Schriftsatz vom 4.2.2016 S. 2 [II.1 a.] (Bl. 167 GA).

[47]  S. Schriftsatz vom 4.2.2016 S. 2-3 [II1 a.] (Bl. 167-168 GA): „Sofern das Arbeitsgericht nicht von der hinreichenden Erweislichkeit des Tatvorwurfs der Körperverletzung an der Bewohnerin Sp. durch das Schlagen ins Gericht mit einem Handtuch überzeugt sein sollte, besteht jedenfalls ein dementsprechender, nicht ausräumbarer Verdacht gegenüber der Klägerin“.

[48]  S. Text oben, S. 6 Fn. 30.

[49]  S. Schriftsatz vom 4.2.2016 S. 5 [b.] (Bl. 170 GA): „Der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Januar 2016 gestellte Auflösungsantrag ist aber auch deshalb unbegründet, da für den Fall, dass das Gericht wider Erwarten die der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen als unbegründet ansehen sollte, der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zugemutet werden könnte“.

[50]  S. Schriftsatz vom 4.2.2016 S. 7 [vor 2.] (Bl. 172 GA); ähnlich nochmals Schriftsatz vom 10.3.2016 S. 2-3 (Bl. 222-223 GA): „Die Beklagte möchte nochmals betonen, dass in dem Fall, dass die vorliegend streitgegenständliche Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen [gemeint: der Klage stattgegeben werde; d.U.] würde, die Beklagte die Klägerin selbstverständlich vorurteilsfrei weiter beschäftigen wird. … Sollte die Vernehmung der Zeuginnen Sp. und Vogel ergeben, dass die Klägerin die ihr zur Last gelegten Pflichtverstöße nicht begangen hat, wird die Beklagte die Klägerin – vorurteilsfrei – weiterbeschäftigen. Das zwischen den Parteien dann bestehende Arbeitsverhältnis wäre nicht belastet“; s. zu den Vorbehalten gegen die Verwertbarkeit dieser Zeilen noch unten, S. 13 [X.]).

[51]  S. Schriftsatz vom 3.3.2016 S. 1 [1.] (Bl. 200 GA).

[52]  S. Schriftsatz vom 3.3.2016 a.a.O.

[53]  S. Schriftsatz vom 3.3.2016 S. 2 [3.] (Bl. 201 GA): „Der von der Klägerin ebenfalls rechtshängig gemachte Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsbescheinigung wurde von der Beklagten bereits am 17. März 2016 [gemeint wohl: 2015; d.U.] erfüllt. Der Klägerin wurde die eingeklagte Bescheinigung bereits am 13. März 2015 postalisch von dem Postdienstleister der Beklagten, der C. Treuhand GmbH, übermittelt“.

[54]  S. Schriftsatz vom 3.3.2016 S. 2 [3.] (Bl. 201 GA).

[55]  S. Text: „§ 6 Ausschluss von Doppelansprüchen. - (1) … - (2) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen“.

[56]  S. Schriftsatz vom 3.3.2016 S. 2-3 [3.] (Bl. 201-202 GA).

[57]  S. Schriftsatz vom 10.3.2016 S. 1 [1.].

[58]  S. Schriftsatz vom 13.7.2015 S. 1-7 (Bl. 93-99 GA).

[59]  S. Schriftsatz vom 13.7.2015 S. 1 (Bl. 93 GA): „Vorausgeschickt werden soll zunächst, dass der Klägerin bereits im Vorfeld dieser Auseinandersetzung aufgrund einer mehrwöchig andauernden Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt wurde, dass ein bei der Beklagten geführtes ,Ampelsystem' bei ihr ,rot' anzeigen würde und sie gegebenenfalls künftig mit einer personenbedingten Kündigung zu rechnen hätte. [Beweis: Parteivernehmung Klägerin]. - Hintergrund dieser längeren Arbeitsunfähigkeit war, dass der Vater der Klägerin plötzlich in ein Hospiz eingewiesen werden musste und die Klägerin ihn während der Sterbephase bis Ende 2014 begleitete. Selbst innerhalb dieser für die Klägerin psychisch schwierigen Situation, wurde sie beinahe täglich aufgefordert ihren Dienst wieder aufzunehmen. [Beweis: wie zuvor]“.

[60]  S. Schriftsatz vom 13.7.2015 S. 2 [1.] (Bl. 94 GA): „In diesem Zusammenhang wird bestritten, dass die Bewohnerin Sp. von der Klägerin wortlos ins Bad gefahren wurde, sie dieser absichtlich kaltes Wasser über den Rücken habe laufen lassen, die Finger der Bewohnerin vom Haltegriff gelöst wurden, um sie sodann mit einem Handtuch ins Gesicht zu schlagen“.

[61]  S. Schriftsatz vom 13.7.2015 a.a.O.

[62]  S. Schriftsatz vom 13.7.2015 S. 3 (Bl. 95 GA): „Bewohnerin wurde am Morgen geduscht, Ihre allgemein bedrückte Grundstimmung ließ sie am Morgen am Pflegepersonal aus und beschwerte sich permanent über zb. die Wascheversorgung, fragte sich warum Sie geduscht wird obwohl sie ja sonst nie geduscht wird. Die falschen Kleidungsstücke waren rausgelegt, sie fühlt sich isoliert in ihrem Zimmer aufgrund der Bauarbeiten. Pflegeperson bat Ihr an an eine Beschwerdeprotokoll auszufüllen dies verweigerte Sie jedoch mit mit den Worten: ,Der Drecksladen sollte keine Protokolle machen, sondern anständig arbeiten'“.

[63]  S. Schriftsatz vom 13.7.2015 S. 4 (Bl. 96 GA): „[Pfleger Benjamin Wagner] Frau S. gibt keine Schmerzen an, fühlt sich wohl“.

[64]  S. Schriftsatz vom 13.7.2015 S. 2-3 [1.] (Bl. 94-95 GA).

[65]  S. Schriftsatz vom 4.9.2015 S. 1-3 (Bl. 112-114 GA).

[66]  S. Verfügung vom 24.8.2015 (Bl. 108 GA); Textauszug: „Ich bin im Zuge der Vorbereitungen eines etwaigen Termins zur Beweisaufnahme darauf gestoßen, dass (mich) die Einlassungen der Klägerin zur Ablaufschilderung der Beklagten zum morgendlichen Geschehen am 25. Februar 2015 im Wohnbereich von Frau Sp. im Unklaren darüber lassen, ob es sich so, wie von der Beklagten (als Wiedergabe von Angaben Frau Sp.'s) geschildert zugetragen hat oder nicht. Hierzu wäre ich für eine Stellungnahme binnen (möglichst) zweier Wochen dankbar: Hat es sich so wie die Beklagte es darstellt (Klageerwiderungsschrift vom 10. Juni 2015 S. 4) zugetragen? Wenn nein, wie ist die Begegnung mit Frau Sp. am fraglichen Morgen im zentralen Punkt (Schlag mit nassem Handtuch) sonst abgelaufen?“.

[67]  S. Schriftsatz vom 4.9.2015 S. 1-3 (Bl. 112-114 GA).

[68]  Hierzu hat die Klägerin im Beweistermin am 11.3.2016 mündlich ergänzt, dass damals im Pflegebereich Parkettschleifmaschinen vernehmlich zugange gewesen seien; d.U.

[69]  Zu diesem Punkt hat die Klägerin im Beweistermin am 11.3.2016 mündlich ergänzt, dass sie Frau Sp. seinerzeit (wohl) doch beim „BH“ behilflich gewesen sei; s. zum Sinn dieser Bemerkung noch unten, S. 18 mit Fn. 117; d.U.

[70]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 S. 1-5 (Bl. 124-128 GA).

[71]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 S. 1 [I.] (Bl. 124 GA).

[72]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 S. 2 [II.1.] (Bl. 125 GA): „Anders als die Klägerin zu suggerieren versucht, hat sie am Morgen des 25. Februar 2015 sich weder höflich gegenüber der Zeugin Sp. verhalten, noch hat sie ihr die Hilfe zu Teil kommen lassen, die von ihr zu erwarten war. Vielmehr hat sie sich jeglicher Kommunikation mit der Zeugin Sp. verweigert und hat auf deren Gesprächsversuche nicht reagiert“.

[73]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 S. 3 [3.] (Bl. 126 GA).

[74]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 a.a.O.

[75]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 a.a.O.

[76]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 a.a.O.

[77]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 a.a.O.

[78]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 a.a.O.

[79]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 S. 4-5 [7.] (Bl. 127-128 GA).

[80]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 S. 5 [vor 8.] (Bl. 128 GA).

[81]  S. Schriftsatz vom 22.10.2015 S. 5 [8.] (Bl. 128 GA).

[82]  S. Schriftsatz vom 25.2.2016 S. 1-3 (Bl. 186-188 GA).

[83]  S. Schriftsatz vom 25.2.2016 S. 2 [II.] (Bl. 187 GA): „Wie die Klägerin mittlerweile erfahren hat, ist es keineswegs so, wie zuletzt von der Beklagten auf Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 05.02.2016 vorgetragen [s. dazu oben, S. 8 (vor 2.); d.U.], dass die Zeugin Vogel gehört haben soll, wie die Zeugin Sp. gegenüber der Klägerin geäußert habe, dass sie von der Klägerin geschlagen worden sei“.

[84]  S. Schriftsatz vom 25.2.2016 a.a.O.

[85]  S. Schriftsatz vom 25.2.2016 a.a.O.

[86]  S. Schriftsatz vom 25.2.2016 a.a.O.

[87]  S. Schriftsatz vom 25.2.2016 a.a.O.

[88]  S. Schriftsatz vom 25.2.2016 a.a.O.

[89]  S. Schriftsatz vom 25.2.2016 a.a.O.

[90]  S. Kopie als Anlage zum Klägerinschriftsatz vom 9.3.2016 (Bl. 213-216 GA).

[91]  S. Sitzungsniederschrift vom 11.3.2016 S. 2 (Bl. 223 GA); Text: „Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe am Morgen des 25. Februar 2015 der Bewohnerin Frau H. Sp. auf deren Bemerkung, das sei ,aber keine gute Pflege', mit einem (nassen?) Handtuch ins Gesicht geschlagen, durch Vernehmung von Frau Sp., zur Befragung im ,Katharinenhof' aufgesucht, als Zeugin“.

[92]  S. Sitzungsniederschrift vom 11.3.2016 S. 2-8 (Bl. 223-229 GA).

[93]  S. Blatt 141-142 GA.

[94]  Die Urheberschaft hat die Klägerin im Schriftsatz vom 14.1.2016 S. 3 [vor b.] (Bl. 154 GA) vorsorglich bestreiten lassen; obwohl sich die Begleitumstände der Entstehung des Texts nicht haben aufhellen lassen, geht das Gericht jedoch von der Authentizität der Unterschrift und auch von der inhaltlichen Richtigkeit des dort zur Sprache gebrachten Begehrens aus; d.U.

[95]  Vgl. zur analogen Anwendung der Vorgängervorschrift in § 270 Abs. 3 ZPO statt vieler BAG 26.6.1986 – 2 AZR 358/85 – BAGE 52, 263 = AP § 4 KSchG 1969 Nr. 14 = NZA 1986, 761 [B.II.3 c, cc.], wonach die Regelung des § 270 ZPO a.F. „auch im Bereich der Klageerhebung nach § 4 KSchG Anwendung findet“; 17.6.1998 – 2 AZR 336/97 – NZA 1998, 1225 = RzK I 7 b Nr. 32 [II.1.], wonach „gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 KSchG auch dann gewahrt wird, wenn die Klage zwar vor Fristablauf bei dem Gericht eingereicht worden ist, aber die Zustellung an den Prozessgegner erst danach erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: ,demnächst')“; ebenso schon BAG 8.4.1976 – 2 AZR 583/74 – AP § 4 KSchG 1969 Nr. 2.

[96]     S. Text: „§ 167 Rückwirkung der Zustellung. Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt“.

[97]     S. Text: „§ 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen. (1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden“.

[98]     S. Text: „§ 4 Anrufung des Arbeitsgerichts. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist“.

[99]     S. Text: „§ 7 Wirksamwerden der Kündigung. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam“.

[100]   S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist“.

[101]   S. zu dieser Prüfungsfolge auch bei Erklärung einer fristlosen Kündigung näher Ulrich Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen (1987), S. 483-484: „Der Rechtsanwender, dem die Überprüfung einer außerordentlichen Kündigung obliegt, fragt – als Kontrollüberlegung – zunächst, ob der vorgelegte Sachverhalt überhaupt eine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen vermag. Diese Kontrollfrage ist möglich, geboten und hilfreich, weil es in der Tat keinen außerordentlichen Kündigungsgrund geben dürfte, der nicht in diese Dreiteilung eingeordnet werden könnte. … Kommt er nach dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass schon eine ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt wäre, scheitert natürlich erst recht die außerordentliche Kündigung“; ders. DB 1990, 685, 689; ders. Anm. BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 44; Reiner Ascheid, KSchR (1993), Rn. 92; Walter Erman/Detlev W. Belling, BGB, Handkommentar, 12. Auflage (2008), § 626 Rn. 45; früher schon Klaus Popp, Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (1980), in: Wilhelm Maus/F. Jochen Kremp, Handbuch des Arbeitsrechts, Teil VI B; s. im gleichen Sinne auch Wilhelm Herschel, BB 1982, 254.

[102]   S. Text: „§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann“.

[103]   S. zur Beweislast für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG; Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) … 4Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen“; s. entsprechend zum „wichtigen Grund“ nach § 626 Abs. 1 BGB statt vieler etwa BGH 20.2.1995 – II ZR 9/94 – ZIP 1995, 560 = NJW-RR 1995, 669 [I.3 a.]: „Wer einen wichtigen Kündigungsgrund geltend macht, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 28.10.2002 – II ZR 353/00 – ZIP 2002, 2254 = NJW 2003, 431 [I.2 c, bb.]: „Wer einen Kündigungsgrund im Sinne von § 626 BGB geltend macht, wie hier die Beklagte, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 12.2.2007 – II ZR 308/05 – ZIP 2007, 396 = NJW-RR 2007, 690 [III.1.]; ständige Rechtsprechung.

[104]   S. Text oben, S. 15 Fn. 100.

[105]   S. Wilhelm Herschel, Anm. BAG [23.7.1970] AP § 1 Gesamthafenbetriebsgesetz Nr. 3 [III.b.2]: „Die Dreiteilung der Kündigungsgründe gibt … die Richtung an, aus der die Störung kommen kann“; ebenso BAG 25.11.1982 – 2 AZR 140/81 – BAGE 40, 361 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 7 [B.I.3.]; 29.1.1997 – 2 AZR 9/96 – BAGE 85, 107 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 32 = NZA 1997, 709 [II.1 c.]: „§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG differenziert insoweit nach der ,Störquelle', nicht nach den der ,Störung' eventuell zugrunde liegenden ferneren Ursachen“.

[106]   S. dazu statt vieler BAG 23.6.2009 – 2 AZR 283/08 – AP § 1 KSchG 1969 Abmahnung Nr. 5 = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75 [I.1.]: „Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht – in der Regel schuldhaft – erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit anderer Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint“; s. zur derzeitigen Formel der Judikatur des Zweiten Senats aus neuerer Zeit anschaulich BAG 19.4.2012 – 2 AZR 186/11 – NZA 2013, 27 [I.2 b. - „Juris“-Rn. 23]: „Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe ,bedingt‘, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht“; 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 – NZA 2014, 250 [B.I.1. - „Juris“-Rn. 20]; s. zu § 626 Abs. 1 BGB orientierungshalber auch BAG 20.8.2009 – 2 AZR 165/08 – NZA 2009, 1227 [B.I.]: „Eine schwere, insbesondere schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grunde an sich nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen“.

[107]   S. dazu schon die Eigenerklärung der Klägerin in der Verhörsrunde vom 5.3.2015 – s. oben, S. 4-5 [4.] (Urteilsanlage III.); Textauszug: „Ich weiß nicht was ich sagen soll. Ich bin entsetzt. Wenn alle Dinge so passiert sein sollen, dann ist man falsch im Beruf“.

[108]   S. demgegenüber zu weiteren Tatsachen, die die Beklagte in das Wissen von Frau Vogel stellt, näher noch unten, S. 32 [(3.)].

[109]   S. oben, S. 7 Fn. 42.

[110]   S. dazu etwa noch oben, S. 12-13 [VIII.].

[111]   S. Text: „§ 141 Anordnung des persönlichen Erscheinens. (1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab“.

[112]   S. dazu bereits oben, S. S. 11 Fn. 68 u. S. 12 Fn. 69; s. zur Rolle solcher augenscheinlich spontanen Vertiefungen als Zeichen „lebendiger Erinnerung“ statt vieler Rolf Bender, Die ,lebendige Erinnerung' und der ,gewordene Sachverhalt', StV 1984, 127, 129 [c.]: „Überhangantwort“, S. 131 [IV.1 a.]: „Überhangaussage“.

[113]   S. dazu nach wie vor anschaulich etwa Leo Rosenberg, Die Beweislast, 5. Auflage (1965), S. 14-15: „Gewiss darf der Richter eine Entscheidung nicht deshalb versagen, weil ihm der Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt sei. Immer muss er ein Urteil fällen. Aber dazu bedarf es nicht einer positiven Feststellung der Wahrheit oder Unwahrheit der streitigen Behauptung. … Die Ungewissheit einer Behauptung macht daher ein urteil nicht unmöglich, sondern der Richter fällt seine Entscheidung dann gegen diejenige Partei, welche die Beweislast trägt“.

[114]   S. Text: „§ 286 Freie Beweiswürdigung. (1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten sei“.

[115]   S. Text oben, S. 17 Fn. 111.

[116]   S. hierzu statt vieler nur BGH 8.11.1989 – 1 ZR 14/88 – NJW-RR 1990, 1061 = MDR 1990, 697 [II.2. - „Juris“-Rn. 69]: „Zwar ist es richtig, dass die Parteianhörung (§ 141 ZPO) im Gegensatz zur Parteivernehmung kein Beweismittel darstellt (…). Als solches hat das Berufungsgericht die Erklärung des Beklagten zu 2. aber auch nicht gewertet, vielmehr spricht es ausdrücklich von seiner ,Anhörung'. Gleichwohl ist es nicht als verfahrensfehlerhaft zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Erklärungen des Beklagten zu 2. der Aussage des Zeugen M. gegenübergestellt hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Tat-richter nicht gehindert, im Rahmen der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme einer Parteierklärung, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen zu geben (...)“; 16.7.1998 – I ZR 32/96 – NJW 1999, 363 = MDR 1999, 699 [II.2 b, bb. - „Juris“-Rn. 21]: „Nach ständiger Rechtsprechung ist das Gericht nicht gehindert, im Rahmen der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme einer Parteierklärung, auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist, den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen zu geben (…). Dies folgt aus dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1Satz 1 ZPO“.

[117]   S. dazu schon oben, S. 11 u. 12 (Fn. 68 u. 69).

[118]   S. zu sogenannten „Wahrheitskriterien“ (auch: Wahrhaftigkeitskriterien, Realkennzeichen usw.) – falls Interesse – nach wie vor äußerst anschaulich Rolf Bender/Armin Nack, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 2. Auflage, Bd. I (1995), S. 108 Rn. 235: „Unmittelbarkeit: Der Hörer der Aussage hat das Gefühl, er sei selbst dabei gewesen. - Farbigkeit: Die erlogene Aussage ist genauso farblos und simpel, wie wenn Sie sie selbst erfunden hätten. - Lebendigkeit: Alles ist ist Bewegung, es ,passiert' viel – Sachliche Richtigkeit: Die Aussage ist in sich widerspruchsfrei, die mitgeteilten Tatsachen sind möglich. - Psychologische Stimmigkeit: Der Charakter der geschilderten Person und die ihr zugeschriebenen Handlungen passen zusammen; die geschilderten Handlungsabläufe sind psychologisch einfühlbar. - Folgerichtigkeit der Abfolge: Die Aussage entspricht den Naturgesetzen (Ursache und Wirkung). - Wirklichkeitsnähe: Die erzählte Geschichte ist aus dem Leben gegriffen; man spürt, so muss es gewesen sein. - Konkretheit: Die Schilderung ist anschaulich, die Gegenstände deutlich, die Menschen begreifbar. - … Nebenumstände ohne Zusammenhang  zum Beweisthema – Hinzu kommt noch: - Die Schilderung enthält in der Regel Nebenumstände, die keinerlei Zusammenhang mit dem Beweisthema haben.

[119]   S. dazu – falls Interesse – näher bereits ArbG Berlin 2.4.2015 – 28 Ca 4629/14 – n.v. (Volltext: „Juris“) [Rnrn. 72 ff.].

[120]   S. Text: „§ 46 Grundsatz. (1) … (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt“.

[121]   S. Text: „§ 495 Anzuwendende Vorschriften. (1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen Vorschriften des Buches 1, aus den nachfolgenden besonderen Bestimmungen und aus der Verfassung der Amtsgerichte sich Abweichungen ergeben“.

[122]   S. Text oben, S. 18 Fn. 114.

[123]   S. dazu grundlegend RG 14.1.1885 – I 408/84 – RGZ 15, 338, 339: „Vermöge der Beschränkung der Mittel menschlichen Erkennens kann niemand (selbst im Falle eigener unmittelbarer Anschauung eines Vorganges) zu einem absolut sicheren Wissen von der Existenz eines Tatbestandes gelangen. Abstrakte Möglichkeiten der Nichtexistenz sind immer denkbar. Wer die Schranken des menschlichen Erkennens erfasst, wird nie annehmen, das er in dem Sinne zweifellos von der Existenz eines Vorgangs überzeugt sein dürfe, dass ein Irrtum absolut ausgeschlossen ausgeschlossen wäre. Deshalb gilt im praktischen Leben der hohe Grad von Wahrscheinlichkeit, welcher bei möglichst erschöpfender und gewissenhafter Anwendung der vorhandenen Mittel der Erkenntnis entsteht, als Wahrheit, und das Bewusstsein des Erkennenden von dem Vorliegen einer so ermittelten hohen Wahrscheinlichkeit, als die Überzeugung von der Wahrheit“.

[124]   S. prägnant BGH 17.2.1970 – III ZR 139/67 – BGHZ 53, 245 = NJW 1970, 946 = MDR 1970, 491 [II.2 a. - „Juris“-Rn. 72]: „Diese persönliche Gewissheit ist für die Entscheidung notwendig, und allein der Tatrichter hat ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er die an sich möglichen Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Eine von allen Zweifeln freie Überzeugung setzt das Gesetz dabei nicht voraus“.

[125]   S. BGH 17.2.1970 a.a.O.

[126]   S. dazu statt vieler nur ArbG Berlin 11.4.2014 – 28 Ca 19104/13 – BB 2014, 1843 = DB 2014, 1746 = EzA-SD 2014 Nr. 20, 4 = AE 2014, 292 (sämtlichst: Leitsätze) [Leitsätze]: „1. Beantwortet der Arbeitgeber die Übermittlung einer ärztlichen Bescheinigung über bestehende Arbeitsunfähigkeit einer Arbeitsperson postwendend mit (hier: fristloser) Kündigung, nachdem er diese am Vorabend – somit vergeblich – gebeten hatte, angesichts ,der schwierigen Personalsituation zu den Weihnachtstagen zu helfen', so stellt sich die Kündigung als verbotene Maßregelung im Sinne des § 612 a BGB dar. - 2. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Inanspruchnahme der benötigten Genesungszeit (s. auch § 275 Abs. 1 u. 3 BGB) sei tatbestandlich keinen Ausübung von ,Rechten'. - Im Gegenteil: Gerade   w e i l   vielfach Dispositionsspielräume objektiv arbeitsunfähig erkrankter Arbeitspersonen in der Frage bestehen (oder beim Arbeitgeber vermutet werden), ob sie gleichwohl ihrer Arbeit nachgehen, begegnen der forensischen Praxis jene Fallgestaltungen, in denen Arbeitgeber ihrer Zielperson schon im Vorhinein verdeutlichen, mit welchen Konsequenzen diese bei erkrankungsbedingtem Ausfall zu rechnen haben“.

[127]   S. hierzu BVerfG 21.1.2001 – 2 BvR 140/00 – NJW 2001, 2531 [III.1 a. - „Juris“-Rn. 10], wonach es „zu den für einen fairen Prozess und einen wirkungsvollen Rechtsschutz in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten unerlässlichen Verfahrensregeln“ gehöre, „dass das Gericht die Richtigkeit bestrittener Tatsachen nicht ohne hinreichende Prüfung bejaht“; und, weiter: „Ohne eine solche Prüfung fehlt es an einer dem Rechtsstaatsprinzip genügenden Entscheidungsgrundlage“; im selben Sinne schon BVerfG 11.10.1994 – 1 BvR 1398/93 – BVerfGE 91, 176 = NJW 1995, 40 [Orientierungssatz 1.]: „Zu den im Rahmen des Rechtsstaatsprinzips gewährleisteten elementaren und für einen fairen Prozess bzw. einen wirkungsvollen Rechtsschutz unerlässlichen Verfahrensregeln zählt, dass ein Gericht die Richtigkeit bestrittener Tatsachen nicht ohne hinreichende Prüfung bejaht“.

[128]   S. Text: „Art. 103 [Rechtliches Gehör, Strafrechtsbegrenzungen] (1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör“.

[129]   S. Text: „Art. 2 [Freie Entfaltung der Persönlichkeit, Recht auf Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person] Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“.

[130]   S. Text: „Art. 20 [Verfassungsgrundsätze, Widerstandsrecht] (1) … (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden“.

[131]   S. bereits BGH 22.1.1998 – 4 StR 100/97 – NJW 1998, 2753 = NStZ 1998, 366 [I.2 b.]: „Grundlage für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen … (ist) in erster Linie die Aussagepsychologie (vgl. Nedopil, Forensische Psychiatrie, 1996, S. 190)“; vorausgesetzt auch schon in BGH 3.11.1987 – VI ZR 95/87 – MDR 1988, 307 = NJW-RR 1988, 281 [II.]: „Vielmehr bedarf es einer konkreten tatrichterlichen Würdigung der Zeugenaussagen nach ihrer objektiven Stimmigkeit und der persönlichen Glaubwürdigkeit der Zeugen. Dabei gilt es, nach Wahrhaftigkeits- und Unwahrhaftigkeitskriterien im Aussageverhalten und in dem Inhalt sowie der Struktur der Aussage selbst zu suchen ([Rolf] Rüßmann, in: AK-ZPO, Vorb. § 373 Rnrn. 43)“; s. gleichen Sinne auch Thüringisches OLG 21.5.1997 – 1 Ss 21/97 – StV 1998, 118, 119 [2 a.]: „Das Gericht muss bei der Beweiswürdigung alle Glaubwürdigkeitskriterien berücksichtigen, die auf die Wahrheit oder Unwahrheit einer Aussage hindeuten könnten“; Saarländisches OLG 14.5.1997 – 1 U 814/96 u.a. – n.v. (Volltext in „Juris“): „Die Beweiswürdigung deckt sich mit den anerkannten Grundsätzen der Aussagepsychologie für die Beurteilung von Zeugenaussagen“; OLG Karlsruhe 14.11.1997 – 10 U 169/87 – NJW-RR 1998, 789, 790 = MDR 1998, 493, 494 [II.1 a.]: „Im Rahmen der Würdigung der gegensätzlichen Aussagen ist im Ansatz davon auszugehen, dass nach den allgemein anerkannten Grundsätzen der forensischen Aussagepsychologie die Glaubwürdigkeit einer Aussage positiv begründet werden muss (vgl. Undeutsch, wiedergegeben in: Köhnken, Glaubwürdigkeit, 1990, S. 95; Trankell, dargestellt in: Köhnken, S. 102; Arntzen, Psychologie der Zeugenaussage, 3. Auflage [1993], S. 22 und 24)“; s. für die Gerichte für Arbeitssachen statt vieler LAG Baden-Württemberg 28.3.2001 – 20 Sa 15/01 – n.v. (Volltext: „Juris“) [I.2.]: „Einen solchen Grad von Gewissheit … vermochte sich die Kammer zu verschaffen, weil insbesondere die diesbezüglichen Aussagen der Zeuginnen C.S. und J.P. bei der Heranziehung vernehmungstechnischer Erkenntnismethoden eine Reihe beachtlicher Anhaltspunkte für ihre Glaubwürdigkeit, aber keine nennenswerten Lügensignale aufweisen“ – mit vorbildlicher Würdigung des dortigen Aussagestoffs; LAG Hamm 6.10.2005 – 16 Sa 1633/04 – n.v. (Volltext: „Juris“): „Die Wahrnehmung dient im weitesten Sinne der Bewältigung der Umwelt und der Anpassung an sie. Damit ist jede Zeugenaussage auch der Bericht über einen gestaltenden Vorgang. Kein Zeuge kann schildern, wie es ‚in Wirklichkeit’ gewesen ist, sondern lediglich wiedergeben, was sich ‚in seiner Vorstellungswelt’ ereignet hat (vgl. zur Aussagepsychologie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, Rnrn. 917 ff., insbesondere Rn. 920; Barton [Hrg.], Redlich aber falsch, S. 30 ff.; Balzer, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, Rnrn. 153 ff., insbesondere Rn. 154)“; SG Braunschweig 10.12.2008 – S 38 VG 40/04 – n.v. (Volltext: „Juris“) [2.1.2.]: „Für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Klagevorbringens gelten … dieselben Maßstäbe, die auch bei der Würdigung von Zeugenaussagen zu beachten sind. Dazu zählen insbesondere die wissenschaftlichen Grundsätze der Aussagepsychologie, die der Bundesgerichtshof – BGH – hinsichtlich der Bewertung von Zeugenaussagen fordert (vgl. hierzu BGH 30.7.1999 – 1 StR 618/98 – mit zahlreichen wissenschaftlichen Nachweisen aus der Aussagepsychologie“); s. schließlich schon den anschaulichen Überblick in Gerhard Binkert/Bernd Preis, Zeugenbeweis und (arbeits-)gerichtliche Praxis, ArbuR 1995, 77-82; Gerhard Reinecke, Die Krise der freien Beweiswürdigung im Zivilprozess oder: Über die Schwierigkeit, einem Zeugen nicht zu glauben, MDR 1986, 633-637.

[132]   S. dazu und zum praktischen Gebrauchswert sogenannter „informierter Hypothesen“ statt vieler nur Rolf Bender/Armin Nack (Fn. 118) Vorwort S. XIII-XIV; Textauszug: „Der forensisch tätige Jurist wird sich vielleicht fragen, weshalb die Psychologie soviel mehr praktisch verwertbare Kenntnisse ihm sollte vermitteln können, wo er doch selbst die viel unmittelbarere und größere Erfahrung habe. Das liegt daran, die [gemeint: dass; d.U.] die Psychologie – wie alle empirischen Wissenschaften – ein viel breiteres Material sammelt (als das, was einem einzelnen Praktiker begegnet) und vor allem strengen Prüfungen unterwirft und dadurch voreilige oder unpräzise Verallgemeinerungen (weitgehend) vermeiden kann. … - Der Forscher findet: Viele, aber keineswegs alle wahren Aussagen berichten über Komplikationen; in einigen wenigen falschen Aussagen wird über Komplikationen sehr einfacher Struktur berichtet; keine einzige falsche Aussage enthält den Bericht über dramatische oder mehrstufige Komplikationen. - Also formuliert der Forscher jetzt die Theorie: Enthält eine Aussage Komplikationen, dann ist es wahrscheinlich, dass über ein reales Erlebnis berichtet wird. Das Fehlen von Komplikationen ist aber kein Lügensignal. Enthält eine Aussage ganze Komplikationsketten, so ist es hoch wahrscheinlich, dass über ein reales Erlebnis berichtet wird. - Und nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie“.

[133]   S. dazu nochmals BGH 3.11.1987 (Fn. 131) [II.] - Zitat Fn. 131; OLG Karlsruhe 14.11.1997 (Fn. 131) [II.1 a.] - Zitat Fn. 131; s. der Sache nach auch LAG Baden-Württemberg 28.3.2001 (Fn. 131) [I.2.] - Zitat Fn. 131.

[134]   S. Gerhard Reinecke (Fn. 131) S. 630 [1.] u. 631 [vor 3.]: „Hat sich nicht längst unter der Hand eine einzige neue Beweisregel herausgebildet, die wie folgt lautet: Dem Zeugen ist zu glauben, wenn nicht ganz gewichtige Anhaltspunkte dagegen sprechen? Und ,gilt' diese Regel nicht sogar dann, wenn dieser Zeuge Ehepartner oder naher Verwandter einer Partei ist? - Wären diese Fragen zu bejahen, so befände sich die freie Beweiswürdigung tatsächlich in einer schweren Krise. Dies wäre auch gegenüber dem Rechtszustand vor Inkrafttreten der ZPO ein Rückschritt“. … „Überspitzt ausgedrückt: ,Im Zweifel' sind die Gerichte ,überzeugt' – eine paradoxe Feststellung, ein Widerspruch in sich“.

[135]   S. in diesem Sinne schon – wenn auch noch ohne Reflektierung gerade der Erkenntnisse der wissenschaftlichen Aussagepsychologie – Günter Schaub, ArbuR 1968, 170, 174 [IV.1.]: „Man sollte sich dabei immer bewusst sein, dass auch ein wahrheitsliebender Zeuge unbewusst die ‚Unwahrheit’ gesagt haben kann. Es ist daher vermessen, in einem Urteil nach vielleicht nur halbstündiger Vernehmung zu manifestieren, ‚der Zeuge ist glaubwürdig oder unglaubwürdig’. Nicht der Zeuge ist ‚glaubwürdig oder unglaubwürdig’, sondern seine Aussage war in einzelnen Punkten glaubhaft oder unglaubhaft, weil sie einer kritischen Würdigung des Richters, gemessen an seiner Lebenserfahrung, an ihm zur Verfügung stehenden Indizien oder anderen Zeugenaussagen usw. standhalten konnte oder nicht“; s. entsprechend Gerhard Binkert/Bernd Preis (Fn. 131), ArbuR 1995, 77, 81 [I.7. am Ende]: „also nicht: ,Die Aussage des Zeugen ist unglaubhaft', sondern etwa: ,Unter Abwägung sämtlicher vorstehend dargestellten Gesichtspunkte hat das Gericht letztlich nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Aussage des Zeugen in ihrem entscheidungserheblichen Kern zutrifft“.

[136]   S. Text: „§ 286 Freie Beweiswürdigung. (1) … - 2In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind“.

[137]   S. zu diesbezüglichen Beobachtungen im Fachschrifftum – falls Interesse – Bernd Ruberg, Schikanöse Weisungen, 2. Auflage (2010), S. 142 [2.]: „Lassen Sie mich … noch einmal kurz auf die schon erwähnte (…) empirische Forschung zum Umgang von Zivilgerichten mit dem Zeugenbeweis zurückkommen. Diese hat sehr eindrucksvolle Daten auch über den Begründungsstil der Praxis zutage gefördert, wenn sie Zeugen ,glaubt' und deren Bekundungen für ihre Entscheidungen als erwiesene Tatsachen übernimmt. Nach diesen Erhebungen wurde innerhalb der untersuchten Stichprobe von 1.003 Zeugenaussagen in 71% der Fälle – übrigens im klaren Widerspruch zum Transparenzgebot des § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO (…) - ,überhaupt nicht begründet, warum die Aussage als glaubhaft beurteilt wurde', oder es wurden bestenfalls Leerformeln (: ,nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen … ') aufgeboten (…)“.

[138]   Hinweis: Der Zeugin sind vorsorglich – wie schon zu Beginn ihrer Befragung – verschiedentlich jederzeitige „Verschnaufpausen“ angeboten worden; davon hat sie, mit Ausnahme einer Gelegenheit, dann aber keinen aktiven Gebrauch gemacht.

[139]   S. dazu statt vieler nur Gabriele Jansen, Zeuge und Aussagepsychologie, 2. Auflage (2012), S. 134: „Polizeilicher und insbesondere staatsanwaltschaftlicher und richterlicher Praxis entspricht es vielfach, den Zeugen zu befragen, die Antwort anzuhören und dann von dem Gehörten das für wesentlich Erachtete festzuhalten, wobei häufig nicht die Formulierung des Zeugen sondern eine eigene, den Wortlaut verändernde gewählt wird. Vielfach werden die Angaben auch nur zusammengefasst. - Unter aussagepsychologischen Gesichtspunkten kommt einer solchen eigenen Darstellung des Vernehmenden bei der Beurteilung der Qualität der Zeugenaussage keinerlei Wert zu, da es sich eben nicht um die Aussage des Zeugen, sondern um die Formulierung des Vernehmenden handelt“; anschauliche Beispiele zur – fehlerhaften – Praxis bei Armin Nack, in: Stephan Barton (Hrg.), Redlich aber falsch – Die Fragwürdigkeit des Zeugenbeweises, 1995, S. 65, ff. 80-81; s. zu den Problemen der Verfälschungsrisiken üblicher Protokollierungsformen des Weiteren instruktiv etwa Axel Wendler/Helmut Hoffmann, Technik und Taktik der Befragung im Gerichtsverfahren (2009), S. 39: „Denn nun werden sich Fragen anschließen, Fragen des Vorsitzenden, vielleicht auch des/der gegnerischen Anwalts/in. Der Zeuge wird antworten. Weitere Fragen und Antworten werden folgen. Es entsteht ein kommunikativer Prozess, in dem die Beteiligten [im Beisein der Auskunftsperson, versteht sich; d.U.] sozusagen miteinander etwas ,aushandeln', nämlich die Aussage des Zeugen. Das ,Endprodukt' wird sich dann aber mit Sicherheit nicht mit seinen vorhandenen oder nicht vorhandenen Erinnerungen decken“.

[140]   Zu den zu bewältigenden Schwierigkeiten gehörten neben der – relativen – Förmlichkeit der Veranstaltung und der für die - hochbetagte - Zeugin damit naturgemäß verbundenen situativen Belastung auch deren körperliche Einschränkungen etwa beim Sehen, Hören und verfügbaren Kräften; d.U.

[141]   So haben sich eine Reihe von Aspekten, die – neben anderen – nicht zuletzt der Entstehung der Aussage der Zeugin im Zuge ihrer innerbetrieblichen Interaktion gegolten hätten, wegen der schwindenden Kräfte aller Beteiligten nicht näher ausleuchten lassen; s. zur Bedeutung namentlich einschlägiger Suggestionsgefahren zum einen vieler Gabriele Jansen (Fn. 139) S. 70 Fn. 148: „Je häufiger der Zeuge mit anderen darüber spricht, um so größer ist die Gefahr, dass sich seine Erinnerung durch die Kommunikation mit anderen (un)bewusst verändert. Aber auch schon durch das erste Gespräch kann – z.B. durch die Reaktion des Aussageempfängers auf das Gehörte – der Zeuge in seiner Aussage suggestiv beeinflusst worden sein (...)“; zum anderen Renate Volbert, Glaubhaftigkeitsbegutachtung: Wie man die aussagepsychologische Methodik verstehen und missverstehen kann, Interdisziplinäre Fachzeitschrift 2009, Heft 2, S. 52, 63: „Anders, als bei der Unterscheidung zwischen erlebnisbasierten und erfundenen Schilderungen liegen keine empirischen Belege dafür vor, dass die inhaltlichen Qualitätsmerkmale zur Differenzierung von erlebnisbasierten und suggerierten Aussagen geeignet sind (…). … - Im Rahmen der aussagepsychologischen Begutachtung steht stattdessen die genaue Analyse der Aussageentstehung und Aussagegeschichte im Zentraum, um etwaige suggestive Einflüsse feststellen oder ausschließen zu können“.

[142]   Hinweis: Die Zeugin hatte den 18. Februar 2015 bereits einmal vor ihrer förmlichen Vernehmung ins Spiel gebracht, als der Vorsitzende darum bemüht war, sie mit dem beweiserheblich fraglichen Lebensvorgang vertraut zu machen; d.U.

[143]   S. dazu bereits oben, S. 18 Fn. 118.

[144]   S. Nr. 2 UA; Text: „vor dem Abtrocknen dann wurde das Handtuch zusammengefaltet und mir ins Gesicht geschlagen“.

[145]   So das treffende Diktum nebst lehrreichem Anschauungsmaterial von Rolf Bender, Der Irrtum ist der größte Feind der Wahrheitsfindung vor Gericht, StV 1982, 484-486.

[146]   S. dazu grundlegend BGH 30.7.1999 - 1 StR 618/98 – BGHSt 45, 164 = NJW 1999, 2746 = FamRZ 1999, 1648 = JZ 2000, 262 [B.II.1 b, aa. (1) u. bb. (1) - „Juris“-Rnrn. 24 u. 28]: „Darüber hinaus ist stets zu beachten, dass die Realkennzeichen ungeeignet sind, zur Unterscheidung zwischen einer wahren und einer suggerierten Aussage beizutragen. … [28] Im Rahmen der Fehlerquellenanalyse wird es in Fällen, bei denen – wie hier – (auch unbewusst) fremdsuggestive Einflüsse in Erwägung zu ziehen sind, in aller Regel erforderlich sein, die Entstehung und Entwicklung der Aussage aufzuklären (...)“; s. zum Fachschrifttum statt vieler entsprechend Gabriele Jansen (Fn. 139) S. 167-168: „Die Aussageanalyse ist … kein verlässliches Instrumentarium, um herauszufinden, ob der Zeuge sich irrt, da auch (auto- bzw. fremd-)suggerierte Aussagen Realkennzeichen enthalten“.

[147]   S. dazu zutiefst lehrreich der Neurophysiologe Wolf Singer, Wahrnehmen, Erinnern, Vergessen, in: M. Kerner (Hrg.), Eine Welt – eine Geschichte?, 43. Deutscher Historikertag in Aachen (2000), S. 18 ff. – hier zitiert nach dem Manuskript des Originalbeitrages – S. 16 ff.: „Und so nimmt nicht wunder, dass beim Erinnern nur schwer zu trennen ist, welche Inhalte und vor allem welche Bezüge zwischen denselben bereits im Zuge des Wahrnehmungsaktes abgespeichert wurden und welche erst beim Auslesen und Rekonstruieren definiert oder gar hinzugefügt wurden. Auch hier ist das Problem, wie schon bei der Wahrnehmung, dass dem Erinnernden selbst meist nicht erkennbar ist, was von dem, was ihm als Erinnerung erscheint, tatsächlich wahrgenommen oder erst im Zuge des Rekonstruktionsprozesses hinzugefügt, umgeordnet und neu gedeutet wurde. – Wie nahe Erinnerung erneuter Wahrnehmung kommt, zeigen jüngste neurobiologische Entdeckungen auf beunruhigende Weise. … Es bedeutet …, dass Engramme nach wiederholtem Erinnern gar nicht mehr identisch sind mit denen, die vom ersten Lernprozess hinterlassen wurden. Es sind die neuen Spuren, die bei der Testung, also beim Erinnern, erneut geschrieben wurden. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Beurteilung der Authentizität von Erinnerungen“; s. zur Verarbeitung dessen etwa Beate Lakotta, im „SPIEGEL“ Nr. 52/2001 S. 174, 175: „Jeder Abruf verändert … die alte Erinnerung – eine Tatsache, die maßgeblich dazu beiträgt, dass Zeugenaussagen oft unzuverlässig sind“; s. ferner etwa Gabriele Jansen (Fn. 139) S. 214 Rn. 480 unter Zitierung von Max Steller/Renate Volbert, Psychologie im Strafverfahren [1997] S. 12): „Genauso fehlerhaft wie Konzeptionalisierung von Wahrnehmung als (fotographische) Abbildung der Realität ist eine Konzeptionalisierung von Gedächtnis als irgendwie geartete Sammlung von Spuren (,Engramme'), deren Schwächerwerden im Laufe der Zeit das Vergessen darstellt. Vielmehr ist das menschliche Gedächtnis als aktives (verarbeitendes) System anzusehen, in dem Um- und Neubewertungen seiner Inhalte und (kreative) Neuschöpfungen zu erwarten sind“.

[148]   S. die Hinweise bei Wolf Singer (Fn. 147) a.a.O.

[149]   S. hierzu auch Gabriele Jansen (Fn. 139) S. 220 Rn. 501 unter Zitierung von Johann Endres, Kriminalistik 1997, 490: „Endres (…) erläutert, dass das Gedächtnis kein ,Speicher' ist, sondern ,ein organischer und dynamischer Prozess fortlaufender Rekonstruktion und Aktualisierung. Spätere Informationen, die beispielsweise aus Befragungen oder Vermutungen Dritter stammen, können entweder in Lücken der Gedächtnisbilder eingefügt werden, oder die Erinnerung an den Ursprung unterschiedlicher Informationen ist gestört (Quellenverwechslung, z.B. dass nur Gehörtes für Erlebtes gehalten wird. Zwar ist nicht auszuschließen, dass trotz späterer verfälschender Bearbeitungen die ursprünglichen Erinnerungsbilder prinzipiell noch verfügbar sind. Aber es wird in solchen Fällen schwer zu entscheiden sein, welche von den unterschiedlichen Erinnerungen die verlässliche und richtige darstellt“.

[150]   S. dazu schon die Hinweise oben, S. 24 mit Fn. 140.

[151]   S. insofern nur Renate Volbert, Glaubhaftigkeitsbegutachtung: Wie man die aussagepsychologische Methodik verstehen und missverstehen kann, Interdisziplinäre Fachzeitschrift 2009, Heft 2, S. 52, 63: „Anders, als bei der Unterscheidung zwischen erlebnisbasierten und erfundenen Schilderungen liegen keine empirischen Belege dafür vor, dass die inhaltlichen Qualitätsmerkmale zur Differenzierung von erlebnisbasierten und suggerierten Aussagen geeignet sind (…). … - Im Rahmen der aussagepsychologischen Begutachtung steht stattdessen die genaue Analyse der Aussageentstehung und Aussagegeschichte im Zentraum, um etwaige suggestive Einflüsse feststellen oder ausschließen zu können“.

[152]   S. statt vieler Gabriele Jansen (Fn. 139) S. 70 Fn. 148: „Je häufiger der Zeuge mit anderen darüber spricht, um so größer ist die Gefahr, dass sich seine Erinnerung durch die Kommunikation mit anderen (un)bewusst verändert. Aber auch schon durch das erste Gespräch kann – z.B. durch die Reaktion des Aussageempfängers auf das Gehörte – der Zeuge in seiner Aussage suggestiv beeinflusst worden sein (...)“; ähnlich etwa schon Ulrich Eisenberg, Persönliche Beweismittel in der StPO (1993), S. 350, wonach sich in die Erinnerung „immer auch zwischenzeitilch wirksam gewordene Einflüsse (Unterhaltungen mit Beteiligten, frühere Vernehmungen, Zeitungsberichte usw.)“ einschlichen; im selben Sinne auch schon Sigmund Knippel, MDR 1080, 112, 113: „Dabei dürften viele Zeugen glauben, was sie sagen. Oft können sie nur nicht auseinander halten, was sie selbst beobachtet haben und was in späteren Gesprächen über den Vorgang gesagt worden ist“.

[153]   S. zu weiteren Nachweisen nochmals ArbG Berlin 2.4.2015 (Fn. 119) [Rnrn. 72 ff.].

[154]   S. „DER SPIEGEL“ Nr. 1/2016 S. 14-21.

[155]   S. Klageerwiderungsschrift S. 4-5 [b.] (Bl. 56-57 GA).

[156]   S. Klageerwiderungsschrift S. 5 [c.] (Bl. 57 GA).

[157]   S. Klageerwiderungsschrift S. 7 [5.] (Bl. 59 GA).

[158]   S. insofern nochmals oben, S. 24 mit Fn. 140.

[159]   S. zur in der modernen Gedächtnisforschung sogenannten „Vergessenskurve“ statt vieler nur Rolf Bender/Armin Nack (Fn. 118), Rn. 116: „Unmittelbar nach dem Vorfall fällt die Vergessenskurve stark ab, um dann immer flacher auszulaufen. Die größten Erinnerungsverluste treten in den ersten Tagen und Wochen nach dem Vorfall ein. Was ca. 4 Wochen nach dem Vorfall noch vorhanden ist, verblasst nur sehr langsam“; s. auch Fn. 115: „Je länger das Ereignis zurückliegt, desto weniger wissen wir noch davon (Verblassungstendenz). Das schließt aber nicht aus, dass wir mit zunehmendem Zeitablauf die immer magerer und blasser werdenden Erinnerungsbruchstücke umso mehr ausschmücken (Anreicherungstendenz). … Frühere Erfahrungen aus ähnlichen Situationen oder Wunschbilder, wie es gewesen sein sollte, füllen die entstandenen Erinnerungslücken aus“; s. zu noch aktuellerer Bestandsaufnahme zum Forschungsstand auch Rolf Bender/Armin Nack/Wolf-Dieter Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Auflage (2007), Rnrn. 115 ff.

[160]   S. zu Ergänzungs- und Ausfüllungsphänomenen neben den Hinweisen in Fn. 159 nicht zuletzt unter dem Einfluss der „verdunkelnden Macht der Zeit“ (so prägnant bereits die „Motive“ zum Bürgerlichen Gesetzbuch zur Erläuterung der Verjährungsvorschriften – Benno Mugdan [Hrg.], Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, I. Band [1889] S. 512) wiederum bereits Rolf Bender StV 1984, 127, 128 [2 a.]: „Gerade weil die wirklichen Erinnerungsstücke immer blasser werden – und weil wir wissen, dass das wirkliche Leben ‚bunter’ ist – neigen wir dazu, die in der Erinnerung fehlenden Zwischenstücke und das fehlende Randgeschehen uns hinzuzudenken – und schließlich für echte Erinnerung zu halten. Gerade hier ist die entscheidende Einbruchstelle für ‚Erinnerungshilfen’ aller Art“; s. zum selben Problem schon Egon Schneider MDR 1966, 561, 563: „Das ungewöhnlich schnelle Absinken der Reproduktionskurve führt nun nicht dazu, dass der Zeuge entsprechend weniger bekundet. … Trotz der Vorstellungsverdrängung schildert der Zeuge … auch noch nach Jahr und Tag einen Vorgang umfassend“.

[161]   S. Text oben, S. 18 Fn. 114.

[162]   S. dazu besonders etwa Reinhard Greger, in: Richard Zöller (Begründer), ZPO, 31. Auflage (2016), § 286 Rn. 14: „Erkenntnisquellen der Beweiswürdigung (zum Gebot deren verständiger Würdigung s. Rn. 2): a) Sachvortrag und Prozessverhalten der Parteien. Nach § 286 I bezieht sich die Beweiswürdigung auf den gesamten Inhalt der Verh. Verwertbar ist deshalb der Inhalt der Schriftsätze und ihrer Anlagen (…), erst recht die Äußerung bei Anhörung gem § 141 (…), aber auch Art, Zusammenhang und Zeitpunkt des Vorbringens, etwa … eine – nicht durch die Prozessentwicklung erklärbare – Änderung des Sachvortrags (...)“.

[163]   S. zu den Problemen nachträglicher Anreichungen von Gedächtnisinhalten mit entsprechenden Dramatisierungstendenzen neben den Hinweisen in Fn. 141, 147, 149 und 152 speziell für das Arbeitsrecht nach wie vor anschaulich Günter Schaub, ArbuR 1968, 170, 173 [IV.] unter dem Motto „Suggestive Beeinträchtigung des Zeugen“: „Zur Begründung einer fristlosen oder fristgemäßen Kündigung wird von den Arbeitgebern häufig vorgetragen, dass eine Unruhe im Betrieb über das Verhalten des Klägers eingetreten sei. In diesem Fällen haben die Zeugen häufig die Vorkommnisse so ausdiskutiert, dass es kaum noch möglich ist, den wirklichen Geschehensablauf zu erkennen“.

[164]   S. Text oben, S. 18 Fn. 114.

[165]   S. dazu etwa auch Schriftsätze vom 22.10.2015 (s. oben, S. 8 [vor 2.]); 5.2.2016 S. 5 [vor b.] (Bl. 170 GA), 3.3.2016 S. 3 [5.] (Bl. 202 GA) und 10.3.2016 S. 3 (Bl. 220 GA).

[166]   S. Text oben, S. 15 Fn. 102.

[167]   S. Text oben, S. 15 Fn. 100.

[168]   S. dazu schon BAG 4.6.1964 – 2 AZR 310/63 – BAGE 16, 72 = AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 13; s. ferner  BAG 11.4.1985 - 2 AZR 239/84 – BAGE 49, 39 = AP § 102 BetrVG 1972 Nr. 39 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 62 = NZA 1986, 674 [C.III.3.]; 15.5.1986 – 2 AZR 397/85 - RzK I 8 c Nr. 9 [II.2.]; 26.2.1987 – 2 AZR 170/86 – RzK I 8 c Nr. 13 [B.I.]; 30.4.1987 – 2 AZR 283/86 – AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 19 = NZA 1987, 699 [B.I.2 b.]; 14.9.1994 – 2 AZR 164/94 - NZA 1995, 269 [II.3.]; 26.9.2002 – 2 AZR 424/01 – AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 [B.I.1 b.]; 10.2.2005 – 2 AZR 189/04 – AP § 1 KSchG 1969 Nr. 79 = NZA 2005, 1056 [B.I.4 a.]; 28.11.2007 – 5 AZR 952/06 – EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4 = NZA-RR 2008, 344 [II.1 b, aa.]; 13.3.2008 – 2 AZR 961/06 – AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6 = NZA 2008, 809 = PersR 2008, 469 [B.I.1.]; ständige Rechtsprechung.

[169]   S. Text: „§ 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts. (1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten“.

[170]   S. BAG 26.9.2002 (Fn. 168) [B.I.1 b, aa.]; deutlich früher bereits BAG 8.8.1968 - 2 AZR 348/67 – AP § 626 BGB Nr. 57 [II.1 c.]: Pflicht des Arbeitgebers, „das in seinen Kräften stehende zu tun, um … Aufklärung herbeizuführen“; 11.4.1985 (Fn. 167) [III.3.]; 30.4.1987 (Fn. 168) [B.I.2 b.]; 10.2.2005 (Fn. 168) [B.I.4 a.]; 13.3.2008 (Fn. 168) [B.I.1.].

[171]   S. dazu nur BAG 14.9.1994 (Fn. 168) [II.3 c.]; 26.9.2002 (Fn. 168) [B.I.1 b.]; 10.2.2005 (Fn. 168) [B.I.4 a.]; 28.11.2007 (Fn. 168) [II.1 b, bb.]; 13.3.2008 (Fn. 168) [B.I.1.].

[172]   S. zu den Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers als teleologischem Bezugspunkt  zur richterrechtlichen Ausgestaltung des Anhörungsgebots etwa BAG 26.9.2002 (Fn. 168) [B.I.1 b, bb.]: Der Arbeitgeber „muss alle relevanten Umstände angeben, aus denen er den Verdacht ableitet (Berkowsky Die personen- und verhaltensbedingte Kündigung, 3. Auflage, § 26 Rn. 8; Busch MDR 1995, 217, 218; Hoefs Die Verdachtskündigung S. 199; Kraft Anm. BAG EzA § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 6; Schönfeld NZA 1999, 299, 300). Andernfalls würden die Einlassungs- und Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers unzulässig beschränkt“.

[173]   S. dazu statt vieler anschaulich  ArbG Gelsenkirchen  26.6.1998  – 3 Ca 3473/97 – LAGE § 242 BGB Nr. 41 = NZA-RR 1999, 137 [1.2.]: „Der Arbeitgeber schafft nämlich durch seine Kündigungsentscheidung in der Regel vollendete Tatsachen. Das Arbeitsverhältnis befindet sich nach dieser Entscheidung im Abwicklungsstadium. Häufig ist der Arbeitnehmer genötigt, wenn nicht unmittelbar, so doch nach Ablauf der Kündigungsfrist seine Arbeit einzustellen. Dies gilt für den Fall der fristgerechten Kündigung unumstößlich für Betriebe, in denen die Arbeitnehmer aufgrund der niedrigen Beschäftigtenzahl keinen Kündigungsschutz gegen eine fristgerechte Kündigung genießen (…). Aber auch bei einer gerichtlichen Überprüfbarkeit der Kündigungsentscheidung des Arbeitgeber lässt sich – durch die Handlungsprärogative des Arbeitgebers bedingt – bei einer ungerechtfertigten Kündigung durch den Arbeitgeber eine Korrektur oder Rücknahme dieser Entscheidung nicht oder nur schwer erreichen. Es hieße, die Aufklärungsmittel und/oder die Macht der Gerichte für Arbeitssachen zu überschätzen, wenn man nach Ablauf von Monaten oder gar Jahren nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Kündigung die Ermittelbarkeit wahrheitsgetreuer Sachverhalte voraussetzen wollte oder annehmen würde, dass der Arbeitnehmer – aufgrund seiner faktischen Entfremdung vom Beschäftigungsbetrieb im Laufe des Rechts-streits – im Fall einer festzustellenden, gesetzlich ungerechtfertigten Kündigung im Klagewege die Aufrechterhaltung und (zwangsweise) Weiterbeschäftigung erreichen könnte. Die Erfahrungen der gerichtlichen Praxis sind andere. Ein Gerichtsprozess allein, ohne Vorschaltung eines den Arbeitnehmer beteiligenden und damit schützenden Verfahrens vor bzw. bei Ausspruch der Kündigung, bietet keine ausreichende Gewähr, dass die Beilegung des Streits über die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung im Sinne von Recht und Gesetz erfolgt und dabei die berechtigten Interessen der Arbeitnehmerseite an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ausreichend zur Geltung kommen“.

[174]   S. insofern nur – wenn auch mit der (wegen des insoweit relevanten Rechtsgedankens des § 162 Abs. 1 BGB nicht angebrachten) Einschränkung „schuldhaft“ - BAG 11.4.1985 (Fn. 168); 30.4.1987 (Fn. 168); 26.9.2002 (Fn. 168) [B.I.1 b, cc.]; 28.11.2007 (Fn. 168) [II.1 b, cc.].

[175]   S. insofern nach wie vor ebenso prägnant wie überzeugend Wilhelm Herschel, Anm. BAG [13.3.1972] AP § 626 BGB Nr. 63 [I.b.].: Die Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung hat, der belebenden Wirkung des Art. 103 Abs. 1 GG zum Trotz, erst neuerlich größere Bedeutung gewonnen. Sie will eine etwaige rechtzeitige Entlastung des Arbeitnehmers fördern und so unnütze Rechtsstreitigkeiten vermeiden; sie soll dem Arbeitgeber Gelegenheit verschaffen, den Sachverhalt zuverlässiger und umfassender kennen zu lernen und damit eine bessere Grundlage der Beurteilung für den Kündigungsentschluss zu erlangen. Zunehmende Lebenserfahrung belehrt uns ja darüber, wie sehr die Anhörung des anderen Teils in objektiver wie subjektiver Hinsicht neue Aspekte zu liefern vermag. In dem Postulat steckt darüber hinaus die Vorstellung, es könne die Achtung vor der Person des Arbeitnehmers erfordern, dass ihm vor Ausspruch einer – insbesondere diskriminierenden – außerordentlichen Kündigung rechtliches Gehör auch im Betrieb gewährt werde“.

[176]   So bereits das Reichsgericht (RG) 4.10.1929 – 92/29 II – JW 1930, 2701, wonach der Arbeitgeber in einschlägigen Verdachtslagen - schon nach allgemeinen dienstvertragsrechtlichen Grundsätzen - seinem Mitarbeiter (dort: Vorstandsmitglied) „Gelegenheit geben“ müsse, „sich von dem Verdacht zu reinigen und das erschütterte Vertrauen wieder herzustellen“.

[177]   S. statt vieler BAG 26.9.2002 (Fn. 168) [B.I.1 b, cc.]; 30.4.1987 - Fn. 167 [B.I.2 d, aa.].

[178]   S. Text: „§ 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht. (1) … (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht“.

[179]   S. dazu etwa BAG 28.11.2007 (Fn. 168) [II.1 b, bb.]: „Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nicht lediglich mit einer unsubstantiierten Wertung konfrontieren und ihm nicht wesentliche Erkenntnisse vorenthalten. Er muss alle erheblichen Umstände angeben, aus denen er den Verdacht ableitet. Nur dann hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich zum Verdachtsvorwurf und den ihn tragenden Verdachtsmomenten in einer die Aufklärung fördernden Weise zu äußern (BAG 26.9.2002 [Fn. 168] a.a.O. [B.I.1 b, bb.])“; 13.3.2008 [Fn. 168] [B.I.1 a.]: „Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen zu bezeichnen und so zur Aufhellung der für den Arbeitgeber im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen“; s. auch zutreffend Mario Eylert/Anne Friedrichs, DB 2007, 2203, 2205 [II.3.] – im Zusammenhang: „Insbesondere darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Erkenntnisse vorenthalten, die er im Anhörungszeitpunkt bereits gewonnen hat und die seiner Ansicht nach den Verdacht begründen. Er muss alle relevanten Umstände angeben, aus denen er den Verdacht ableitet. Anderenfalls werden die Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers unzulässig beschränkt und der Sinn der Anhörung, zur Aufklärung beizutragen und eine unnötige Kündigung zu vermeiden, verfälscht“.

[180]   S. dazu BVerfG 15.12.2008 – 1 BvR 347/08 – n.v. (Volltext: „Juris“) [Ls. 2 a., 2 b.]: „2 a. Jedenfalls unter den strengen, für die sogenannte Verdachtskündigung entwickelten Voraussetzungen (…) ist die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses … auch wegen eines Verdachts möglich. – 2 b. Insbesondere muss der Arbeitnehmer … ausreichend Gelegenheit zur Äußerung erhalten, damit soweit wie möglich ausgeschlossen werden kann, dass das Arbeitsverhältnis wegen eines unberechtigten Verdachts aufgelöst wird“.

[181]   S. Textauszug: „§ 223 Körperverletzung. (1) Wer einen anderen körperlich misshandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“.

[182]   S. Text: „§ 185 Beleidigung. Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“.

[183]   S. unter anderem Klageerwiderungsschrift S. 1 [I.] (Bl. 53 GA): „strafbare Handlung“; S. 8 [aa.] (Bl. 60 GA): „Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB sowie eine tätliche Beleidigung im Sinne von § 185 StGB zulasten der Bewohnerin begangen“; S. 10 [bb.] (Bl. 62 GA): „Das strafbare Verhalten der Klägerin“; „vorsätzliche Zufügung einer Körperverletzung“.

[184]   S. dazu bereits BAG 13.3.2008 (Fn. 168) [B.I.2 a. - „Juris“-Rn. 18], wonach man „dem Arbeitnehmer die Zuziehung eines Rechtsanwalts für die Anhörung zuzugestehen“ habe; zum  Stand der Judiktaur insoweit etwa auch ArbG Berlin 12.7.2013 – 28 Ca 3420/13 – BB 2013, 2100 = AE 2013, 173 (Leitzsätze; Volltext: „Juris“) [Leitsatz 1.]: „Hegt der Arbeitgeber den Verdacht erheblicher Vertragsverstöße gegen eine Arbeitsperson und will er sich deshalb die prozeduralen Voraussetzungen sogenannter ,Verdachtskündigung' verschaffen, so hat er die betreffende Zielperson für die zur Aufklärung anberaumte Befragung im Interesse sachgerechter Vorbereitung regelmäßig bereits bei der Einladung auf die anstehende Thematik und die in Betracht kommenden Folgen hinzuweisen (LAG Berlin-Brandenburg 30.02.2012 – 10 Sa 1171/11 – NZA-RR 2012, 353 [II.2.]; 2.11.2012 – 6 Sa 1280/12 – n.v. [2.2.2.]; 16.12.2010 – 2 Sa 2022/10 – LAGE § 611 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10 [2.2.4.]). Ihr ist außerdem die Möglichkeit einzuräumen, sich zur fraglichen Konsultation von einer (auch anwaltlichen) Person ihres Vertrauens begleiten zu lassen (s. zu Rechtsanwalt schon LAG Berlin-Brandenburg 6.11.2009 – 6 Sa 1121/09 – LAGE § 626 BGB 2002 Nr. 8 [Leitsatz]; 16.12.010 a.a.O.; 30.03.2012 a.a.O.; s. auch bereits BAG 13.03.2008 – 2 AZR 961/06 – NZA 2008, 809 [B.I.2 a. - Rn. 18]“.

[185]   S. zum Problem bereits LAG Berlin 29.7.2005 – 2 Sa 899/05 – n.v. [II.2.]: „Die Tatsachen, die eine Kündigung wegen des Bestehens eines Verdachts einer Vertragsverletzung rechtfertigen sollen, sind von dem Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen. Hierzu gehört auch, dass der Inhalt des Anhörungsgespräches und die aus ihm folgenden Wertungen und Aktivitäten des Arbeitgebers im Einzelnen im Kündigungsschutzprozess vorgetragen werden müssen“.

[186]   S. dazu statt vieler nur Stephan Lorenz, Arbeitsrechtlicher Aufhebungsvertrag, Haustürwiderrufsgesetz und ,undue influence“, JZ 1997, 277-282; Gerhard Reinecke, Zur Kontrolle von Aufhebungsverträgen nach der Schuldrechtsreform, in: Peter Hanau u.a. (Hrg.), Festschrift für Wolfdieter Küttner (2006), S. 327, 334.

[187]   S. Text: § 256 Feststellungsklage. (1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde“.

[188]   S. dazu nur BAG 13.3.1997 – 2 AZR 512/96 – EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 57 [II.1.]: „Es ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass ein Arbeitnehmer neben einer gegen die Kündigung nach § 4 KSchG gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungstermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen kann. … a) Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung der zulässigen Verbindung beider Klagen nach § 4 KSchG und nach § 256 ZPO insbesondere zu den in der Praxis gelegentlich auftretenden Fällen entwickelt, bei denen Arbeitgeber oder deren Prozessbevollmächtigte durch nicht ohne weiteres erkennbare weitere (Prozess-)Kündigungen versuchen, die Wirkungen des § 7 KSchG herbeizuführen“.

[189]   S. Walter Bitter; Zur Kombination von Kündigungsschutzklage mit allgemeiner Feststellungsklage – Oder: Zur Schleppnetztheorie des Bundesarbeitsgerichts, DB 1997, 1407 ff.

[190]   S. Text oben, S. 6 Fn. 31.

[191]   S. statt aller Ulrich Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen (1987) S. 146: „Henkel (Zumutbarkeit und Unzumutbarkeit als regulatives Rechtsprinzip, in: Festschrift für Mezger [1954] S. 249 ff.) hat in seinem richtungsweisenden Festschriftenbeitrag herausgestellt, dass das Zumutbarkeitsprinzip den normgebenden, objektiven Wertinhalt und Beurteilungsmaßstab, den wir suchen, gerade nicht enthält. Es seien nämlich zwei Arten von Rechtsprinzipien zu unterscheiden: Zum einen die normativen Prinzipien, die selbst Wertinhalt und Beurteilungsmaßstab in sich tragen und damit normgebend wirken, und zum anderen die sog. regulativen Prinzipien, die diese normgebende Kraft nicht beinhalten, sondern selbst wertfrei sind und den Richter zur Normschöpfung im Einzelfall ermächtigen. Bei dieser Normschöpfung habe der Richter im konkreten Fall die Grenzen zweifelhafter Rechts- und Pflichtenbereiche unter Heranziehung der herrschenden Rechts- und Wertvorstellungen selbst zu ziehen“.

[192]   S. dazu Ulrich Preis (Fn. 191) S. 136: „Erzielung jedes beliebigen … Ergebnisses“.

[193]   S. Regierungsentwurf zum Kündigungsschutzgesetz 1951 - BT-Drs. [1. Wahlperiode] 2090 S. 1-23. - Das Dokument ist mittlerweile über die im Internet zu findenden Bundestagsdrucksachen „online“ zugänglich (1/2090).

[194]   S. BT-Drs. [1. Wahlperiode] 2090 S. 13 [Zu § 7]: „Der Arbeitnehmer kann den Antrag nur stellen, wenn ihm ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. … Es wird z.B. an Fälle zu denken sein, in denen als Kündigungsgründe unzutreffende ehrverletzende Behauptungen über die Person oder das Verhalten des Arbeitnehmers leichtfertig aufgestellt worden sind oder das Vertrauensverhältnis im Verlauf des weiteren durch die Kündigung ausgelösten Verfahrens ohne wesentliches Verschulden des Arbeitnehmers zerrüttet worden ist“.

[195]   So jedoch etwa BAG 24.9.1992 – 8 AZR 557/91 – BAGE 71, 221 = AP Einigungsvertrag Anlage I Kap XIX Nr. 3 = NZA 1993, 362 = BB 1993, 363 = PersR 1993, 137 [I.3. - „Juris“-Rn. 30]: „Die Gründe müssen im Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess stehen (...)“ - unter Hinweis u.a. auf BAG 18.7.1962 – 2 AZR 179/59 – AP § 66 BetrVG [1952] Nr. 20 [II.], wo es lediglich heißt: „Mindestens durch den gegenseitigen Parteivortrag im Prozess haben sich die Prozessparteien soweit auseinandergelebt, dass eine gedeihliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu beiderseitigem Nutzen nicht erwartet werden kann. Jedenfalls durch das Prozessgeschehen ist also das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwsichen den Prozessparteien derart zerstört worden, dass es dem Kläger nicht mehr zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen“; im Anschluss hingegen – gleichfalls unnötig restriktiv – jüngst BAG 11.7.2013 – 2 AZR 241/12 – AP § 9 KSchG 1969 Nr. 69 = EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 64 = NZA 2013, 1259 = DB 2013, 2338 [Rn. 15].

[196]   S. dazu statt vieler KR/Jürgen Griebeling, 10. Auflage (2013), § 9 KSchG Rn. 41: „Darüber hinaus kommen auch solche Umstände in Betracht, die den Schluss nahe legen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Falle einer Rückkehr in den Betrieb gegenüber den übrigen Mitarbeitern benachteiligen oder sonstwie unkorrekt behandeln wird (…). … Auch die durch Tatsachen begründete Befürchtung, dass der Arbeitnehmer im Falle einer Wiederaufnahme der Arbeit durch seine Arbeitskollegen nicht ordnungsgemäß behandelt werden wird, kann u.U. die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung begründen“.

[197]   S. in diesem Sinne  prägnant  schon BAG 5.11.1964 – 2 AZR 15/64 – BAGE 16, 285 = AP § 7 KSchG [1951] Nr. 20 [III.]: „Das KSchG dient vornehmlich dem Schutz des Arbeitsplatzes. Es wünscht, wenn möglich, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Es ist somit ein ,Bestandsschutzgesetz' und kein ,Abfindungsgesetz'“; im Anschluss BAG 29.1.1981 – 2 AZR 1055/78 – BAGE 35, 30 = AP § 9 KSchG 1969 Nr. 6 = EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 10 = NJW 1982, 1118 [III.2 a. - „Juris“-Rn. 29].

[198]   S. BAG 29.1.1981 (Fn. 196) [III.2 a. - „Juris“-Rn. 29]: „Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass die dem Arbeitnehmer gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, gem. § 9 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu verlangen, gleichwertig neben § 1 KSchG steht. Der Bestandsschutz ist, wie schon die Regelung des § 7 und des § 12 KSchG zeigt, nicht absolut; der im Interesse des Arbeitnehmers geschaffene Bestandsschutz ist gegen den Willen des Arbeitnehmers nicht durchsetzbar“; im selben Sinne BAG 26.11.1981 – 2 AZR 509/79 – BAGE 37, 135 = AP § 9 KSchG 1969 Nr. 8 = EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 11 = NJW 1982, 2015 = BB 1982, 1113 [II.3 c, bb.]: „Das KSchG dient zwar vornehmlich dem Schutz des Arbeitsplatzes, es ist also ein ,Bestandsschutzgesetz' und kein ,Abfindungsgesetz' (…). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die  dem Arbeitnehmer gesetzlich  eingeräumte  Möglichkeit, gemäß § 9 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu verlangen, gleichwertig neben § 1 KSchG steht. Der im Interesse des Arbeitnehmers geschaffene Bestandsschutz soll also, wie schon die Regelungen des § 7 und des § 12 KSchG zeigen, nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers durchsetzbar sein“.

[199]   S. Betriebsrätegesetz (BRG) vom 4.2.1920 (RGBl. S. 147).

[200]   S. Text: „§ 87. - [1.] Über den Einspruch (§ 84) wird im gesetzlichen Schlichtungsverfahren entschieden. - [2.] Geht die Entscheidung dahin, dass der Einspruch gegen die Kündigung gerechtfertigt ist, so ist zugleich für den Fall, dass der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung ablehnt, ihm eine Entschädigungspflicht aufzuerlegen. Die Entschädigung bemisst sich nach der Zahl der Jahre, während derer der Arbeitnehmer in dem Betrieb insgesamt beschäftigt war, und darf für jedes Jahr bis zu einem Zwölftel des letzten Jahresarbeitsverdiensts festgesetzt werden, jedoch im ganzen nicht über sechs Zwölftel hinausgehen. Dabei ist sowohl auf die wirtschaftliche Lage des Arbeitnehmers als auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers angemessene Rücksicht zu nehmen. Die Entscheidung schafft Recht zwischen dem beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer“.

[201]   S. dazu Ulrich Preis (Fn. 190) S. 15: „Freilich brachte das BRG auch dann keinen effektiven Bestandsschutz, weil der Arbeitgeber sich selbst bei einem begründeten Einspruch durch die Zahlung einer Entschädigung von der Weiterbeschäftigungspflicht freikaufen konnte“.

[202]   S. Text: „§ 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts; Abfindung des Arbeitnehmers. - (1) … [Text oben, S. 6 Fn. 31] 2Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen“.

[203]   S. Text oben, S. 6 Fn. 31.

[204]   S. Klägerinschriftsatz vom 9.3.2016 S. 4 [cc.] (Bl. 211 GA); s. zu diesem Schriftsatz aber auch oben, S. 13 [X.].

[205]   S. Textauszug: „§ 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts; Abfindung des Arbeitnehmers. (1) … - (2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte“.

[206]   S. Text: „§ 10 Höhe der Abfindung. (1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. - (2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersgrenze bezeichnete Lebensalter erreicht hat. - (3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit im Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht“.

[207]   S. Schriftsatz vom 14.1.2016 S. 3 [2 b.] (Bl. 154 GA).

[208]   S. Text: „§ 109 Zeugnis. (1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben über Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.. - (2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. - (3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen“.

[209]   S. Text: „§ 362 Erlöschen durch Leistung. (1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird“.

[210]   S. Text oben, S. 7 Fn. 38.

[211]   S. zu deren Charakter sogenannter „Holschuld“ statt vieler ErfArbR/Ulrich Preis, 16. Auflage (2016), § 611 Rn. 752: „Es handelt sich in aller Regel um Holschulden, bei denen es auch dann bleibt, wenn der AN aus von ihm zu vertretenden Gründen die Papiere nicht abgeholt hat. Im Einzelfall kann der AG nach § 242 BGB gehalten sein, die Papiere nachzusenden (...)“.

[212]   S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) … (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen“.

[213]   S. Text: „§ 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen. (1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen“.

[214]   S. Text: „§ 12 a Kostentragungspflicht. (1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes“.

[215]   Schulmäßigem Vorgehen hätte es hier entsprochen, die Frage der Hauptsachenerledigung auszutenorieren (etwa: „Wegen der Erteilung der Urlaubsbescheinigung ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt“); das hat der Vorsitzende übersehen, was aber im Ergebnis wohl keinen Schaden anrichtet. – Gleichwohl: Pardon dafür!

[216]          S. Text: „§ 91 a [Kosten bei Erledigung der Hauptsache.] (1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss“.

[217]   S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest“.

[218]   S. Text: „§ 42 Wiederkehrende Leistungen. (1) … (4) Für die Wertberechnung bei Rechts-streitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahrs zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet“.

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