LAG Rheinland-Pfalz: Beweislast bei Lohnklage des Ehegatten
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.07.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 206/08
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB
Vorschriften:
ArbGG § 64 Abs. 1 | |
ArbGG § 64 Abs. 2 | |
ArbGG § 64 Abs. 6 | |
ArbGG § 66 Abs. 1 | |
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
ZPO § 519 | |
ZPO § 520 | |
BGB § 362 |
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 10.01.2008 - 7 Ca 1638/07 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Frage, ob der in Anspruch genommene Arbeitgeber - der ehemalige Ehemann der Klägerin - dieser gegenüber Lohnansprüche für November 2006 bis März 2007 erfüllt hat.
Die Klägerin war in der Zeit vom 01. November 2006 bis 31. März 2007 als Bürokraft zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von € 1.100,00 beschäftigt. Der Beklagte erteilte der Klägerin für den Anspruchszeitraum Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die zugunsten der Klägerin ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von € 1.100,00 und einen Nettoauszahlungsbetrag in Höhe von € 865,15 für 2006 bzw. € 873,95 für 2007 ausweisen. Eine Aufforderung der Klägerin vom 23. August 2007 zur Auszahlung der Nettobeträge widersprach der Beklagte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 24. August 2007.
Mit ihrer am 10. September 2007 zum Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihre Arbeitsentgeltansprüche gegenüber dem Beklagten weiter und begehrt daneben die Zahlung von Verzugszinsen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 10. Januar 2008 - 7 Ca 1638/07 - gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie € 4.352,15 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05. September 2007 zu zahlen.
Der Beklagte hat
erstinstanzlich Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin € 4.352,15 netto nebst Zinsen für die Zeit von November 2006 bis März 2007 zu zahlen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,
zwischen den Parteien sei unstreitig, dass im Anspruchszeitraum ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Der Beklagte habe entsprechende Barzahlungen nicht hinreichend substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Er habe nicht ausgeführt, wann er, wo und unter welchen Umständen mit welchen beteiligten Personen der Klägerin in welcher Höhe Bargeld übergeben habe und dieses Bargeld zur Tilgung der bestehenden Ansprüche für erbrachte Arbeitsleistungen bestimmt gewesen sei. Der Hinweis auf eine selbstgefertigte Aufstellung über Geschäftsausgaben und der auf diesen Angaben basierende Auszug aus dem Jahreskonto vermöge einen substantiierten Vortrag hinsichtlich der tatsächlichen Übergabe nicht zu ersetzen. Die angebotene Vernehmung der Zeugen würde zur unzulässigen Ausforschung führen. Die Ansprüche seien auch nicht verwirkt, da es am erforderlichen Zeit- und Umstandsmoment fehle.
Zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Seite 6 - 9 = Bl. 69 - 72 d. A.) Bezug genommen.
Gegen das dem Beklagten am 02. April 2008 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 15. April 2008 eingelegte und zugleich begründete Berufung.
Der Beklagten bringt zweitinstanzlich insbesondere vor,
die Ansprüche der Klägerin seien verwirkt, weil während des Zusammenlebens der Eindruck erweckt worden sei, dass Arbeitseinkünfte nicht geltend gemacht würden. Im Übrigen habe die Klägerin tatsächlich Arbeitsentgelt erhalten. Das Arbeitsgericht überspanne die Substantiierungspflicht. Der Zeuge Helmut Z. sei zugegen gewesen, als Geldübergaben im November und Dezember 2006 erfolgt seien. So habe er - der Beklagte - am 25. November 2006 € 1.000,00 in bar und am 26. November 2006 € 1.200,00 in bar abgehoben.
Von diesem Geld habe er das Arbeitsentgelt für November 2006 bezahlt. Der Beklagte habe des Weiteren am 22. Dezember 2006 € 500,00 und am 23. Dezember 2006 € 1.000,00 abgehoben. Davon sei Ende Dezember das Arbeitsentgelt für diesen Monat bezahlt worden. Ferner seien am 19. März 2007 € 1.500,00 und € 1.300,00 abgehoben worden. Hierfür sei das Entgelt für Februar bezahlt worden. Am 24. März 2007 seien € 1.000,00 abgehoben und davon € 873,95 an die Klägerin bezahlt worden. Am 05. April 2007 habe er - der Beklagte - € 1.200,00 - abgehoben - und damit das Entgelt für März beglichen.
Zu den weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 14. April 2008 (Bl. 83 - 87 d. A.) und vom 11. Juni 2008 (Bl. 134 -138 d. A.) nebst den vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 10. Januar 2008 - 7 Ca 1638/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt
die Zurückweisung der Berufung und erwidert,
die Beendigung des Ehegatten-Arbeitsverhältnisses habe darauf beruht, dass sie - die Klägerin - keine Zahlungen erhalten habe. Die Ausführungen im Sachvortrag des Beklagten seien widersprüchlich. Die Voraussetzungen einer Verwirkung sei nicht ansatzweise erfüllt. Zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende März 2007 wegen Nichtzahlung der Gehälter, der Trennung der Parteien im Juni 2007, der außergerichtlichen Geltendmachung und der Klage hätten nur wenige Monate gelegen.
Im Übrigen hätten sich durch das Jahressteuergesetz 2008 Abweichungen bei der Höhe des Gehalts im Verhältnis der Jahre 2006 und 2007 ergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 13. Mai 2008 (Bl. 124 - 127 d. A.) und vom 16. Juni 2008 (Bl. 139 - 140 d. A.) Bezug genommen Zugleich wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 11. Juli 2008 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Rechtsmittel der Berufung des Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft.
Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Sie ist somit zulässig.
II. Die Berufung des Beklagten ist jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht ist mit zutreffender Begründung zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin Ansprüche auf Arbeitsentgelt in Höhe von € 4.352,15 netto nebst Zinsen für die Monate November 2006 bis März 2007 zustehen.
Um Wiederholungen zu vermeiden nimmt die Kammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den diesbezüglich begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies fest und sieht hier unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer weiteren Darstellung ab.
III. Lediglich wegen der Angriffe der Berufung und den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer sind folgende Ergänzungen veranlasst:
1. Soweit die Berufung der Auffassung ist, die Ansprüche der Klägerin seien verwirkt, weil während des Zusammenlebens der Parteien der Eindruck erweckt worden sei, dass Arbeitseinkünfte nicht geltend gemacht würden, fehlt es für diesen Einwand an substantiierten Ausführungen zu dem rechtlich geforderten Umstandsmoment für die Anerkennung eines Verwirkungstatbestandes. Die für zutreffend gehaltene Rechtsprechung fordert für das Vorliegen einer Verwirkung eines Rechts als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung nicht nur, dass der Berechtigte sein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment), sondern auch, dass sich der Verpflichtete nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat (Umstandsmoment), dass dieser das Recht in Zukunft nicht mehr ausübt (vgl. BAG, Urteil vom 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 = AP Nr. 46 zu § 242 BGB Verwirkung).
Im vorliegenden Fall bleibt völlig im Dunkeln, aufgrund welcher Umstände die Klägerin auf ihre Vergütung "verzichtet" haben soll. Aufgrund welcher Äußerungen und Erklärungen oder faktischer Verhaltensweisen die Klägerin von der Geltendmachung ihrer Lohnansprüche abgesehen haben soll, ist nicht feststellbar.
Hier verfängt auch die Auffassung des Beklagten nicht, dass eine Frist von drei Monaten allgemein eine Begrenzung für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen darstelle, da eine Zeitbestimmung solche allenfalls das rechtlich geforderte Zeitmoment, nicht jedoch das zugleich nötige Umstandsmoment tangiert.
2. Im Übrigen verbleibt es bei den vom Arbeitsgericht völlig zutreffend dargestellten Anforderungen für einen Vortrag zur Erfüllung der geltend gemachten Gehaltsforderungen gemäß § 362 BGB. Der Beklagte hat sowohl für die Tatsache der Leistung als auch dafür, dass die Leistung obligationsgemäß war, die entsprechende Darlegungs- und Beweislast (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Auflage, § 363 Rz. 1).
Dass der Beklagte zu bestimmten Zeitpunkten im November und Dezember 2006 sowie im März 2007 Barbeträge abgehoben hat, besagt nach Auffassung der Berufungskammer nichts über die Weitergabe entsprechender Nettobeträge im Jahr 2006 und 2007.
Die Nettobeträge haben für das Jahr 2006 € 865,15 und für das Jahr 2007 € 873,95 wegen des Jahressteuergesetzes betragen. Insoweit wären - wie das Arbeitsgericht zutreffend gesehen hat - klare Ausführungen dazu erforderlich, dass genau diese Beträge zum bestimmten Zeitpunkt an die Klägerin übergeben wurden. Dies gilt unabhängig von den von der Klägerin aufgezeigten Widersprüchen im Sachvortrag des Beklagten zu den Angaben in den handschriftlichen Auflistungen und den behaupteten Auszahlungszeitpunkten.
Dass der Vortrag des Beklagten zu einer Erfüllung nicht ausreicht, wird auch in einem dem Gericht vorgelegten Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 24. August 2007 deutlich, worin ausgeführt wird, dass der monatliche Nettolohn in der Weise gezahlt worden sei, dass die Klägerin ("ihre Auftraggeberin") persönlich Zahlungen von dem Konto des Beklagten vorgenommen habe, die mit Nettolohnansprüchen verrechnet worden seien.
Auch von daher bleibt der Vortrag des Beklagten zu einer Erfüllung der Nettoarbeitsentgeltansprüche nicht nachvollziehbar.
III. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Revision bestand angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG keine Notwendigkeit.
Stichworte: | Vergütung im Ehegattenarbeitsverhältnis |
Verfahrensgang: | ArbG Koblenz, 7 Ca 1638/07 vom 10.01.2008 |