LAG Nürnberg: Betriebsvereinbarung – Telearbeit – Beendigung
LAG Nürnberg, Urteil vom 11.5.2021 – 7 Sa 289/20
Volltext: BB-Online BBL2021-2419-4
Leitsätze
1. Eine Regelung in einer Betriebsvereinbarung über alternierende Telearbeit, die für beide Parteien des Arbeitsvertrages eine Beendigung der Telearbeit mit einer Frist von drei Monaten vorsieht und die Wirksamkeit der Beendigungserklärung seitens des Arbeitgebers an das Vorliegen eines betrieblichen Grundes knüpft, stellt die wirksame Vereinbarung eines Teilkündigungsrechtes dar.
2. Die Übernahme dieser Regelung in die Vereinbarung der Parteien des Arbeitsvertrages über die alternierende Telearbeit nimmt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, die alternierende Telearbeit durch eine Versetzung nach § 106 GewO zu beenden, erlaubt ihm aber die Teilkündigung der Vereinbarung über alternierende Telearbeit bei Vorliegen eines betrieblichen Grundes. Auf eine soziale Rechtfertigung der Teilkündigung nach dem KSchG kommt es nicht an.
Sachverhalt
Die Parteien streiten zuletzt über die Frage, ob die Klägerin von der Beklagten in alternierender Telearbeit zu beschäftigen ist (Berufungsanträge Nr. 1 und 2) sowie Ansprüche der Klägerin auf eine tarifliche Sonderzahlung 2019 (Berufungsantrag Nr. 3), tarifliches Urlaubsgeld 2020 (Berufungsantrag Nr. 5), Auskunft zu den Ermittlungsgrundlagen für eine ergebnisabhängige Sonderzahlung (Berufungsantrag Nr. 6) sowie einen Anspruch der Beklagten auf Rückerstattung einer Überzahlung (Berufungsantrag Nr. 7).
Der Berufungsantrag Nr. 4 hat sich im Laufe der Berufung erledigt. Übereinstimmende Erledigungserklärungen wurden abgegeben.
Die 1979 geborene Klägerin wurde bei der Beklagten ab 01.09.1998 zur Versicherungskauffrau ausgebildet. Seit 01.01.2001 arbeitet sie bei der Beklagten als Sachbearbeiterin für die Abteilung Produktion der H…-Krankenversicherung mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit entsprechend dem Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe (MTV) von 38 Stunden und einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 3.248,54 € zu im Übrigen den Bedingungen des Anstellungsvertrages vom 26.01.2001 (Bl. 78 ff der Akte). In § 2 des Anstellungsvertrages ist die Geltung der Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe in der jeweiligen Fassung und der bei der Beklagten bestehenden Betriebsvereinbarungen vereinbart.
I. Berufungsanträge Nr. 1 und 2 (Feststellung der fehlenden sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen durch Erklärung der Beklagten vom 01.04.2019 und Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2019 hinaus)
Der Betriebsrat der Zentrale der Beklagten und diese schlossen am 09.06.2010 die Betriebsvereinbarung „Test zur alternierenden Telearbeit“ (Bl. 85 ff der Berufungsakte) und am 28.07.2011 eine Ergänzungsvereinbarung zu dieser Betriebsvereinbarung (Bl. 91 f der Berufungsakte) ab.
Die Klägerin war seit 05.03.2012 auf dieser Basis unbefristet in alternierender Telearbeit beschäftigt.
Der Gesamtbetriebsrat und die Beklagte schlossen am 03.02.2015 die Betriebsvereinbarung „alternierende Telearbeit“ (Bl. 93 der Berufungsakte) ab.
Dort ist - soweit hier von Interesse - vorgesehen:
"III. Weitere Regelungen:
Die Betriebsparteien erachten es für sinnvoll, ein Rahmenwerk zu vereinbaren, dem sich die örtlichen Gremien anschließen können. Ziel ist die Durchführung von Telearbeit zu unternehmensweit einheitlichen Anforderungen.
Sofern nicht in (Ausführungs-) bzw. sonstigen örtlichen Betriebsvereinbarungen anders geregelt, gilt Folgendes:
1. Antrag auf Einrichtung eines häuslichen Arbeitsplatzes/Bewilligung/Zusatzvereinbarung
(1) Wünscht ein Arbeitnehmer eine Beschäftigung in alternierender Telearbeit, so ist hierfür ein vollständig ausgefüllter schriftlicher Antrag nebst positiver Stellungnahme des direkten Führungsverantwortlichen über die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen i. S. v. Teil II, Ziffer 3 dieser Gesamtbetriebsvereinbarung über den nächst höheren Führungsverantwortlichen an Abt. Personal zu richten.
…
(4) Sind die Voraussetzungen für einen häuslichen Arbeitsplatz erfüllt, wird mit dem jeweiligen Tele-Arbeitnehmer diesbezüglich eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag abgeschlossen (insbesondere auch betreffend Teil II, Ziffer 7 dieser Gesamtbetriebsvereinbarung).
…“
6. Dauer der alternierenden Telearbeit/Beendigung
(1) Die Beschäftigung in alternierender Telearbeit wird den Arbeitnehmern grundsätzlich als unbefristete Vereinbarung angeboten.
(2) Die alternierende Telearbeit kann auf Wunsch des Tele-Arbeitnehmers frühestens nach Ablauf eines Jahres schriftlich mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende beendet werden.
Der Arbeitgeber kann frühestens nach Ablauf eines Jahres schriftlich mit derselben Frist die Beschäftigung in alternierender Telearbeit beim Vorliegen eines betrieblichen Grundes beenden. Ein solcher liegt vor, wenn eine Abwägung des betrieblichen Interesses und des Interesses des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung der alternierenden Telearbeit ergibt, dass das betriebliche Interesse überwiegt.
Bei Arbeitnehmern, die bereits mindestens fünf Jahre in alternierender Telearbeit beschäftigt sind, kann die Beschäftigung erst mit einer Frist von sechs Monaten schriftlich durch den Arbeitgeber beendet werden.
Aus wichtigem Grund i. S. v. § 626 Absatz 1 BGB, beispielsweise bei unberechtigter Zutrittsverweigerung (Teil III, Ziffer 4 dieser Gesamtbetriebsvereinbarung) oder bei nachträglichem Entfall der Anforderungen an einen häuslichen Arbeitsplatz gem. Teil II, Ziffer 4 dieser Gesamtbetriebsvereinbarung, kann die Beschäftigung in alternierender Telearbeit von beiden Seiten sofort oder mit einer kürzeren Frist als zuvor genannt beendet werden.
…“
Der Betriebsrat der Zentrale, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzende B…, und die Beklagte schlossen am 13.04.2015 eine Ausführungs-Betriebsvereinbarung alternierende Telearbeit“ (Bl. 86 ff der Akte) ab.
Dort ist - soweit hier von Interesse - vorgesehen:
„2. Rahmenbedingungen für alternierende Telearbeit … Die Betriebsparteien sind sich einig, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit“ in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung findet.
…
3. Rechte des Betriebsrates
…
Die Parteien sind sich einig, dass der Übergang in alternierende Telearbeit wie auch die Rückkehr aus alternierender Telearbeit Versetzungen i.S. von § 99 BetrVG sind.
…“
Die Parteien schlossen auf dieser Basis eine schriftliche Vereinbarung über alternierende Telearbeit vom 28.04.2015 (Blatt 82 ff der Akte). Dort ist - soweit hier von Interesse - vorgesehen:
„…
1. Grundlage
Grundlage dieser Vereinbarung sind die Ausführungs-Betriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit am Standort C…“ und die Gesamtbetriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit in ihrer jeweils gültigen Fassung. Der Inhalt dieser Betriebsvereinbarungen wird hiermit ausdrücklich Gegenstand dieser Vereinbarung.
…
2. Beginn und Dauer der alternierenden Telearbeit
Die Arbeitnehmerin ist seit 05.03.2012 in alternierender Telearbeit tätig.
Die Beschäftigung in alternierender Telearbeit erfolgt unbefristet.
…
4. Arbeitsort
Die Verteilung der Arbeitstage auf den häuslichen wie auch den betrieblichen Arbeitsplatz erfolgt in Abstimmung mit dem direkten Führungsverantwortlichen. Im Regelfall ist die Arbeitsleistung durchschnittlich an einem Tag pro Woche am betrieblichen Arbeitsplatz zu erbringen.
…
10. Beendigung der alternierenden Telearbeit
a) Die alternierende Telearbeit kann frühestens nach Ablauf eines Jahres auf Wunsch der Tele-Arbeitnehmerin schriftlich mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende beendet werden.
Der Arbeitgeber kann frühestens nach Ablauf eines Jahres schriftlich mit derselben Frist die Beschäftigung in alternierende Telearbeit beim Vorliegen eines betrieblichen Grundes beenden. Eine solcher liegt vor, wenn eine Abwägung des betrieblichen Interesses und des Interesses der Arbeitnehmerin an einer Fortsetzung der alternierenden Telearbeit ergibt, dass das betriebliche Interesse überwiegt.
b) Bei Arbeitnehmerinnen, die bereits mindestens 5 Jahre in alternierender Telearbeit beschäftigt sind, kann die Beschäftigung erst mit einer Frist von 6 Monaten schriftlich durch den Arbeitgeber beendet werden.
c) Aus wichtigem Grund i.S.v. § 626 Absatz 1 BGB, beispielsweise bei unberechtigter Zutrittsverweigerung (s. zuvor) oder bei nachträglichem Entfall der Anforderungen an einen häuslichen Arbeitsplatz, kann die Beschäftigung in alternierender Telearbeit von beiden Seiten sofort oder mit einer kürzeren Frist als zuvor genannt beendet werden.
…“
Am Samstag wird bei der Beklagten regulär nicht gearbeitet. In besonderen Situationen kann mit gesonderter Zustimmung des Betriebsrates gearbeitet werden insbesondere zum Abarbeiten von Rückstaus in der Sachbearbeitung. Die Samstagsarbeit wird mit einem Zuschlag von 50% vergütet.
Auch die Klägerin sollte an den Samstagen 09.02.2019, 23.02.2019 sowie 02.03.2019 jeweils von 6:00 Uhr bis 12:00 Uhr arbeiten. Ihre Arbeitsanweisungen erhielt sie jeweils per E-Mail am Freitag vorher, dem 08.02.2019 (Bl. 101 der Akte), dem 22.02.2019 (Bl. 102 der Akte) und dem 01.03.2019 (Bl. 103 der Akte).
Dort war - soweit hier von Interesse - für die Mitarbeiter in alternierender Telearbeit vorgesehen:
„… hier noch die Info für die morgigen Samstagsarbeiter.
… Für die Telearbeiter haben wir den KP1ZYY-Korb bestückt. Bitte greift eigenständig auf die Vorgänge zu. Auch hier bitte die ältesten Vorgänge zuerst bearbeiten.
…“
Am Samstag, den 09.02.2019, bearbeitete die Klägerin sechs Vorgänge aus dem Arbeitskorb KP1ZYY. Dabei nahm die Bearbeitung der Vorgänge aus dem Arbeitskorb jedenfalls nicht mehr als 58 Minuten in Anspruch. Die letzte Eingabe der Bildschirmbearbeitung erfolgte um 7:31 Uhr. Danach erledigte die Klägerin andere Dinge und bildete sich weiter. Gegen Mittag meldete sie sich ab.
Am Samstag, den 23.02.2019 bearbeitete die Klägerin ab 06:00 Uhr morgens vier Vorgänge. An diesem Tag erfolgte die letzte Eingabe der Bildschirmbearbeitung um 8:43 Uhr. Danach erledigte die Klägerin andere Dinge und bildete sich weiter bis zur Abmeldung gegen Mittag.
Am Samstag, den 02.03.2019 bearbeitete die Klägerin wieder vier Vorgänge. An diesem Tag erfolgte die letzte Eingabe um 7:42 Uhr. Danach erledigte die Klägerin andere Dinge und bildete sich weiter bis zur Abmeldung gegen Mittag.
Soweit die Klägerin Arbeiten aus dem Arbeitskorb KP1ZYY erledigte, wählte sie bei der Vorgangsbearbeitung nicht die ältesten Vorgänge aus, sondern jeweils leichte Geschäftsvorfälle.
Am 05.03.2019 fand zum Thema „Abarbeitung von Vorgängen an Samstagen“ ein Gespräch zwischen der Klägerin, Frau M… und Frau S… statt. Auf die Frage, wie die Bearbeitung an Samstagen ablaufe und wie viele Vorgänge die Klägerin erledige, erklärte diese, dass sie laut der Bearbeitungsmail, die jeweils am Freitagnachmittag an alle Mitarbeiter versendet werde, auf den Arbeitskorb KP1ZYY zugreife und die Vorgänge nach und nach abarbeite. Auf den Vorhalt, dass an den Samstagen 09.02.2019, 23.02.2019 und 02.03.2019 lediglich sechs bzw. vier Vorgänge bearbeitet und von der Klägerin die leichtesten Geschäftsvorfälle herausgesucht worden seien, äußerte die Klägerin, dass sie den KP1ZYY-Korb abarbeite. Dabei arbeite sie zunächst die leichten Vorgänge ab und ginge anschließend wieder zurück an den ältesten zu bearbeitenden Vorgang. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass bei den Fällen, die sie bearbeitet habe, kein einziger schwieriger oder komplexer Vorgang zu erkennen wäre. Hierauf gab die Klägerin an, auch Vorgänge aus ihrem eigenen Arbeitskorb abzuarbeiten. Der Klägerin wurde weiter mitgeteilt, dass an einem Samstag kein einziger Vorgang aus ihrem Arbeitskorb von ihr selbst, sondern mehrere Vorgänge von Kollegen abgearbeitet worden seien. Die Klägerin erklärte hierzu, dass sie den Samstag dafür nutze, ihre Zettel mit schwierigen Fällen oder E-Mails zu bearbeiten. Im Laufe des Gesprächs erklärte die Klägerin weiter, dass sie Arbeitsanweisungen aus dem H…-Infoportal in Stichpunkten auf Kärtchen formuliere, da sie wegen längerer Krankheit im letzten Jahr noch Defizite und unter der Woche keine Zeit dafür habe.
Am Samstag, 09.03.2019, sollte die Klägerin wieder von 06:00 Uhr bis 12:00 Uhr arbeiten. An diesem Tag bearbeitete die Klägerin neun Vorgänge aus dem Arbeitskorb KP1ZYY. Die erste aus dem PC ersichtliche Bearbeitung erfolgte um 06:38 Uhr. Als letzten Vorgang bearbeitete die Klägerin ein Erinnerungsschreiben zu einer Beitragszahlung. Dieser Vorgang wurde kurz vor 10.00 Uhr abgeschlossen. Um 10:30 Uhr teilte die Klägerin Frau S… per E-Mail (Bl. 302 der Akte) mit, dass es ihr „echt nicht gut“ sei und sie jetzt die Samstagsarbeit „einstweilen einstelle“. Arbeitszeitende war 10:36 Uhr.
Mit als „Abmahnung“ bezeichnetem Schreiben vom 19.03.2019 (Bl. 6 der Akte) wurde der Klägerin die geringe Zahl an Bearbeitungsfällen an den Samstagen, 09.02., 23.02. und 02.03.2019 vorgehalten und ihr im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung angedroht.
Mit Schreiben vom 26.03.2019 (Bl. 176 der Akte) wandte sich die Beklagte an den „Betriebsrat der Zentrale, z.Hd. der Vorsitzenden Fr. B…“ und teilte unter dem Betreff: „Rückversetzung von Telearbeit in Präsenz, Fr. L…, KP1E, Pers.-Nr. …“ mit:
„… Frau L… arbeitet seit 5.3.2012 in Telearbeit. Seit geraumer Zeit treten immer wieder Probleme im Zusammenhang mit der Telearbeit auf, die bereits viele Gespräche und diverse Aktennotizen nach sich zogen.
Es gab aktuell nun mehrere Fälle des Fehlverhaltens von Frau L…, die wir gerne persönlich in der Betriebsrats-Ausschusssitzung erläutern möchten.
Die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer basiert auf Vertrauen. Dieses Vertrauensverhältnis ist umso wichtiger, wenn der Arbeitnehmer in Telearbeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachgeht. Dieses Vertrauen ist von Seiten des Arbeitgebers bzw. der Führungskräfte im Fall von Fr. L… nicht mehr gegeben.
Aus diesem Grunde beantragen wir die Zustimmung zur Rückversetzung von Fr. L… aus der Telearbeit in die Präsenzarbeit in der Gruppe KP1E zum 1.5.2019.
…“
Auf dem Schreiben ist ein Eingangsstempel des Betriebsrats mit Datum 26.03.2019. Ferner ist am Ende des Textes handschriftlich „zugestimmt“ eingefügt und darunter eingestempelt „28. MRZ. 2019“ und „Betriebsrat“. Über die Stempelung hinweg ist eine Unterschrift eingefügt.
In einer E-Mail der Betriebsratsvorsitzenden, Frau B… vom 30.10.2019 (Bl. 287 der Akte) an die Personalreferentin der Beklagten, Frau O… teilte die Betriebsratsvorsitzende mit, dass in „unserer Betriebsausschuss-Sitzung am 28.03.2019“ der Rückversetzung von Frau L… von Telearbeit in Präsenzarbeit nach mündlichem Sachvortrag durch die Arbeitgeberseite zugestimmt worden sei. Die Betriebsratsvorsitzende habe diese Versetzung persönlich unterschrieben und das Versetzungsschreiben an Frau O… per Mail und auch im Original gesandt.
Mit Schreiben vom 01.04.2019 (Bl. 4 der Akte) erklärte die Beklagte, die bestehende Vereinbarung zu alternierender Telearbeit wegen nicht ordnungsgemäßer Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten zum 30.04.2019 zu beenden. Ferner wurde der Kläger mitgeteilt, dass sie ab 01.05.2019 wieder in Präsenz in der Gruppe KP1E tätig sei.
Ab 03.04.2019 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Sie nahm auch in der Folgezeit die Arbeit nicht mehr auf.
II. Berufungsantrag Nr. 3 (Sonderzahlung 2019 in Höhe von 2.246,37 € brutto abzüglich 407,93 € netto)
Die Beklagte erteilte am 23.05.2019 die Entgeltabrechnung für Mai 2019 (Bl. 283 der Akte). Dabei legte die Beklagte einen Entgeltfortzahlungsanspruch von 2.807,96 € brutto für den ganzen Monat zugrunde, obwohl der Entgeltfortzahlungsanspruch nach Ablauf von 6 Wochen mit dem 14.05.2019 endete.
Die Beklagte erteilte am 21.06.2019 die Entgeltabrechnung für Juni 2019 (B. 281 der Akte). Dort errechnete sie eine Überzahlung für Mai 2019 in Höhe von 886,55 € netto.
Mit Schreiben vom 25.06.2019 (Bl. 151 der Akte) teilte die Beklagte der Klägerin ferner mit, sie sei seit dem 03.04.2019 arbeitsunfähig erkrankt, die Gehaltsfortzahlung habe zum 14.05.2019 geendet. Da das Gehalt für Mai 2019 bereits ausgezahlt sei, erfolge eine Korrektur der Gehaltsabrechnung im Juni 2019. Nach der Korrekturabrechnung vom 21.06.2019 (Bl. 150 der Akte) errechnete die Beklagte eine Überzahlung der Klägerin für die Zeit vom 01.05. bis 14.05.2019 von 1.587,11 € brutto und nach Abzug von anteiliger Lohnsteuer, Sozialversicherung und anteiliger VWL eine Aufrollungsdifferenz von 886,55 € netto. Die Klägerin wurde gebeten, eine Überzahlung in Höhe von 886,55 € an die Beklagte zu überweisen. Dem kam die Klägerin nicht nach. Die Beklagte erteilte am 22.11.2019 die Entgeltabrechnung für November 2019 (Bl. 293 der Akte). Danach hatte die Klägerin Anspruch auf eine Sonderzahlung in Höhe von 2.246,37 € brutto zuzüglich VWL in Höhe von 28,95 €. Nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherung ergab sich ein Nettolohnanspruch von 1.323,43 €. Die Beklagte überwies die VWL in Höhe von 28,95 € auf das entsprechende Konto, weitere 407,93 € auf das Bezügekonto der Klägerin und rechnete im Übrigen auf mit überzahlter Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 15.05. bis 31.05.2019 in Höhe von 886,55 €.
III. Berufungsantrag Nr. 5 (Urlaubsgeld 2020 in Höhe von 962,28 € brutto)
Die Beklagte zahlt an ihre Mitarbeiter Urlaubsgeld nach den tariflichen Bestimmungen.
In § 13 (Erholungsurlaub) Nummer 9 UA 1 Satz 1 MTV ist unter der Überschrift „Sonderzahlung“ geregelt:
„Angestellte, deren Monatsbezüge das höchste im Gehaltstarifvertrag geregelt Monatsgehalt zuzüglich Verantwortungszulage - und, sofern die/der Angestellte Anspruch auf Schichtzulage hat dieser Schichtzulage - nicht um mehr als 10% übersteigen, erhalten im 2. Quartal des Kalenderjahres eine Sonderzahlung in Höhe von 50% ihres Bruttomonatsgehalts.“
Unterabsatz 3 lautet:
„Für jeden Monat im 1. Kalenderhalbjahr, in dem die/der Angestellte nicht für wenigstens 15 Tage Anspruch auf Bezüge gemäß § 3 Ziff. 2 oder auf Leistungen gemäß § 10 Ziff. 1 bis 3 oder auf Leistungen für die Zeiten der Schutzfristen und Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz hat, wird die Sonderzahlung um 1/6 gekürzt. …“
In § 10 MTV ist unter der Überschrift „Leistungen in besonderen Fällen“ geregelt:
„1. Bei durch Krankheit oder unfallverursachter Arbeitsunfähigkeit erhalten die Angestellten ihre Bezüge für die Dauer von sechs Wochen.
2. vom Beginn der siebten Woche an erhalten:
a) krankenversicherungspflichtige Angestellte einen Zuschuss zum Krankengeld. …“
Die Klägerin hatte ab 14.03.2020 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die Beklagte rechnete einen Anspruch auf Urlaubsgeld ab mit 2.886,84 € brutto (tarifliches Grundgehalt) x 0,5 (§ 13 Nummer 9 UA 1 Satz 1 MTV) x 2/6 (§ 13 Nummer 9 UA 3 MTV) = 481,14 € brutto und zahlte den sich ergebenden Nettobetrag an die Klägerin aus.
IV. Berufungsantrag Nr. 6 (Auskunft)
Der Gesamtbetriebsrat und die Beklagte schlossen am 07.10.2015 (Bl. 490 ff der Akte) die Betriebsvereinbarung „Zielverfahren und Bonussystem“ ab. Dort ist - soweit hier von Interesse - geregelt:
„…
2. Gegenstand der Betriebsvereinbarung diese Betriebsvereinbarung regelt die Grundsätze, Methoden sowie die Anwendung des Zielverfahrens und Bonussystems. … …
3. Grundlagen des Bonussystems
Das Bonussystem basiert auf drei Säulen:
- Ausgangsbonus (Ziffer 4.)
Der Ausgangsbonus ist die Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des Ist-Bonus
- Systemkomponenten (Ziffer 5.)
Dem System liegen folgende drei Komponenten zugrunde:
- Ergebnis des Konzerns
- Ergebnis der Abteilung/GS/SAS und
- Leistung der Gruppe/des Mitarbeiters
- Ergebnisfaktoren (Ziffer 6.-8.)
Die Ergebnisfaktoren drücken den Zielerreichungsgrad bei den Systemkomponenten aus und dienen der Berechnung des Ist-Bonus
4. Ausgangsbonus
4.1 Der Ausgangsbonus beträgt für alle Mitarbeiter 0,8 Brutto-Monatsgehälter
4.2. Als Bruttomonatsgehalt in diesem Sinne gilt für die Berechnung des Ausgangsbonus das Bruttogehalt einschließlich tariflicher Zulagen des Monats Dezember des jeweiligen Bezugszeitraums, für den der Bonus gewährt wird. Bei unterjähriger Umstellung der Arbeitszeit errechnet sich der Ausgangsbonus auf Basis des durchschnittlichen Jahresgehaltes. Die Berechnung erfolgt analog dem Verfahren das bei tariflichen Sonderzahlungen angewendet wird.
…“
Die Beklagte zahlt nach Maßgabe dieser Betriebsvereinbarung einen EVL-Bonus für das abgelaufene Jahr jeweils im ersten Halbjahr des Folgejahres an die Mitarbeiter aus. Mit Schreiben vom 22.05.2020 (Bl. 508 der Akte) teilte die Beklagte der Klägerin die konkrete Berechnung des ELV-Bonus für das Jahr 2019 unter Beifügung der Entgeltabrechnung vom 22.05.2020 (Bl. 509 der Akte) für Mai 2020 mit:
„… Grundlage
Ergebnisfaktor des Konzerns E(K) 1,50 Ergebnisfaktor der Abteilung E(Abt.) 1,18 Leistungsfaktor Mitarbeiter L(G)/L(M) 1,00 Gewichtung (L(G)/L(M)) / E(Abt.) 70/30 Ausgangsbonus (80% Dezember Gehalt 2019) 2246,37 € Ausgangsbonus gekürzt (2246,37 € * 5 / 12) 935,99 € Berechnung … Gesamtbonus (brutto) 1479,80 €“
V. Berufungsantrag Nr. 7 (Abweisung der Widerklage)
Die Beklagte erhob im Verfahren vor der 1. Instanz Widerklage auf Rückzahlung der zuviel geleisteten Entgeltfortzahlung für Mai 2019 in Höhe von 886,55 € netto und wies darauf hin, dass die Aufrechnung im November unwirksam war.
Die Klägerin machte in der 1. Instanz geltend:
I. Berufungsanträge Nr. 1 und 2 (Feststellung der fehlenden sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen durch Erklärung der Beklagten vom 01.04.2019 und Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2019 hinaus)
Hinsichtlich der alternierenden Telearbeit liege eine unzulässige Teilkündigung vor, ein wichtiger Grund für die Beendigung bestehe jedenfalls nicht. Sie habe nicht gegen Arbeitsanweisungen verstoßen. Die E-Mails zur Samstagsarbeit seien unklar gewesen. An den verschiedenen Samstagen habe sie auch andere Arbeiten als die aus dem Arbeitskorb KP1ZYY erledigt und sich weitergebildet. Erteilte Abmahnungen seien unberechtigt. Mit der Abmahnung vom 19.03.2019 seien die erhobenen Vorwürfe verbraucht und könnten die Beendigung der alternierenden Telearbeit nicht mehr rechtfertigen. Eine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates sei zu bestreiten.
II. Berufungsantrag Nr. 3 (Sonderzahlung 2019 in Höhe von 2.246,37 € brutto abzüglich 407,93 € netto)
Bei der Sonderzahlung für das Jahr 2019 könne die Beklagte keine Überzahlung in Höhe von 886,55 € mit dem ihr zustehenden Nettobetrag verrechnen, da der Beklagten kein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich einer Überzahlung für den Monat Mai 2019 zustehe. Der Klägerin stehe deshalb der Bruttobetrag in Höhe von 2.246,37 € abzüglich an sie gezahlter 407,93 € zu.
III. Berufungsantrag Nr. 5 (Urlaubsgeld 2020 in Höhe von 962,28 € brutto)
Beim Urlaubsgeld für das Jahr 2020 sei eine ungekürzte Zahlung in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts von 1403,98 € geboten gewesen.
IV. Berufungsantrag Nr. 6 (Auskunft)
Beim ELV-Bonus für das Kalenderjahr 2019 sei die abgerechnete Sonderzahlung fehlerhaft berechnet und deshalb zu gering ausfallend. Es sei davon auszugehen, dass der Bonus mindestens in der Höhe des Bonus für das Vorjahr 2018, nämlich 2.246,37 € betragen dürfte. Eine Nachberechnung sei derzeit nicht möglich. Eine Stufenklage mit vorgeschalteter Auskunft sei notwendig.
V. Berufungsantrag Nr. 7 (Abweisung der Widerklage)
Die Widerklageforderung sei fehlerhaft quotal nach Arbeitstagen berechnet, nicht nach Kalendertagen. Sie, die Klägerin, sei entreichert. Sie rechne auf mit dem Anspruch auf die Aufwandspauschale für die Telearbeit, die seit Mai 2019 nicht mehr bezahlt worden sei.
Die Klägerin beantragte daher erstinstanzlich:
Die Beklagte wird verurteilt, das Abmahnungsschreiben vom 19.03.2019 aus der Personalakte zu entfernen. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Erklärung der Beklagten vom 01.04.2019 sozial ungerechtfertigt ist. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2019 fortbesteht.
Die Beklagte wird verurteilt, das Abmahnungsschreiben vom 07.06.2019 aus der Personalakte zu entfernen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die Sonderzahlung für 2019 i.H.v. 2246,37 € brutto abzüglich gezahlter 407,93 € netto zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 59 Urlaubstage zu gewähren.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Urlaubsgeld für 2020 i.H.v. 1403,98 € brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2020 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt,
8.1. der Klägerin Auskunft über die Grundlagen zur Ermittlung des Ausgangsbonusses der ergebnisorientierten Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2019 zu erteilen.
8.2. der Klägerin eine nach Auskunftserteilung zu beziffernde Sonderzahlung zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.06.2020 zu zahlen
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Sachbearbeiterin in alternierender Telearbeit weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte erklärte den Rechtsstreit in Höhe von 481,14 € bezüglich des Urlaubsgeldes für erledigt und beantragte im Übrigen
Klageabweisung.
Die Klägerin stimme der Teilerledigterklärung nicht zu.
Die Beklagte erklärte, dass der Ausgangsbonus 80% des Bruttomonatsgehaltes des Arbeitnehmers für Dezember betrage nach Nr. 4 der BV „Zielverfahren und Bonussystem“.
Die Beklagte beantragte widerklagend:
Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin 886,55 € netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.06.2019 zu bezahlen.
49
Die Klägerin beantragte
die Abweisung der Widerklage.
Mit Teilurteil vom 17.06.2020 sprach das Erstgericht der Klägerin einen Zahlungsanspruch in Höhe von 886,55 € netto zu, verurteilte die Beklagte zur Entfernung der Abmahnungen vom 19.03.2019 und 07.06.2019 aus der Personalakte und wies die Klage im Übrigen, abgesehen von der Stufenklage, ab.
Das Erstgericht führte aus, dass die Klage zulässig, aber nur teilweise begründet sei. Soweit das Erstgericht die Klage abgewiesen hat, ging es davon aus, dass die Beendigungsregelungen in Nummer 10 der Vereinbarung zwischen den Parteien vom 28.04.2015 über alternierende Telearbeit nicht gegen §§ 305 ff BGB verstoße. Ein wichtiger Grund für die Beendigung der alternierenden Telearbeit i.S.d. Nummer 10 und Rückversetzung der Klägerin in die Zentrale liege vor. Die Klägerin habe an den streitgegenständlichen Samstagen teilweise nicht gearbeitet, was sie arbeiten sollte, sondern sich mit anderen Arbeiten und ihrer Weiterbildung beschäftigt. Ihr Verhalten habe zu einer berechtigten Erschütterung des Vertrauens der Beklagten in sie geführt. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Beendigung der alternierenden Telearbeit liege vor.
Die Klägerin habe hinsichtlich der Sonderzahlung 2019 nur noch einen Anspruch auf Zahlung von 886,55 € netto. Im Übrigen sei der Anspruch durch Erfüllung erloschen.
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von 59 Tagen Urlaub. Die Klägerin sei durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Da könne ihr kein Urlaub gewährt werden. Auf das Vorbringen zur Arbeitsfähigkeit bei alternierender Telearbeit und nur Arbeitsunfähigkeit bei Arbeit in Präsenz sei könne nicht abgestellt werden. Die Klägerin sei schon während der alternierenden Telearbeit ab 03.04.2019 arbeitsunfähig erkrankt. Es sei aus ihrem Vorbringen nichts dafür ersichtlich, dass sie zum 01.05.2019 oder später die Arbeitsfähigkeit wenigstens teilweise wiedererlangt habe.
Die Klägerin habe hinsichtlich des Urlaubsgeldes 2020 keinen weitergehenden Anspruch. Soweit ein Anspruch bestanden habe, sei dieser erfüllt.
Die Klägerin habe im Rahmen der Stufenklage keinen weitergehenden Anspruch auf Auskunft. Der Anspruch auf Auskunft sei erfüllt mit der Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2020, der Ausgangsbonus betrage 80% des Bruttomonatsgehaltes des Arbeitnehmers für Dezember entsprechend der Ziffer 4 der Betriebsvereinbarung „Zielverfahren und Bonussystem“.
Mit dem Teilurteil vom 17.06.2020 sprach das Erstgericht der Beklagten ferner im Rahmen der Widerklage den geltend gemachten Betrag in Höhe von 886,55 € zu. Die Beklagte habe diesen Betrag zu viel bezahlt. Eine Entreicherung ergebe sich aus dem Sachvortrag der Klägerin nicht.
Das Teilurteil vom 17.06.2020 wurde der Klägerin am 20.07.2020 zugestellt. Die Klägerin legte am 11.08.2020 dagegen Berufung ein. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 21.10.2020 wurde die Berufung am 19.10.2020 begründet.
Die Klägerin macht in der Berufung geltend:
I. Berufungsanträge Nr. 1 und 2 (Feststellung der fehlenden sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen durch Erklärung der Beklagten vom 01.04.2019 und Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2019 hinaus)
Mit der Telearbeitsvereinbarung sei der Ort der Arbeitsleistung fixiert worden. Der Klägerin käme die dort in Ziffer 1 Abs. 2 geregelte Bestandschutzregelung zugute. Auf die Betriebsvereinbarungen dazu käme es nicht an. Deshalb hätte eine Änderungskündigung ausgesprochen werden müssen. Dies sei eben nicht erfolgt. Ferner sei Prüfungsmaßstab die soziale Rechtfertigung der Beendigungserklärung nach § 1 Abs. 2 KSchG, nicht die Wahrung billigen Ermessens nach § 106 GewO. Der Vortrag der Beklagten in diesem Zusammenhang sei ungenügend. Es sei nicht vorgetragen worden, welche durchschnittlichen Bearbeitungszeiten für die Arbeitsvorgänge erforderlich seien. Zu berücksichtigen sei ferner, dass jeder Sachverhalt seine Besonderheiten habe. Im Übrigen führten die erteilten Abmahnungen zur Verwirkung des Rechtes, die alternierende Telearbeit zu beenden. Auch sei die Beteiligung des Betriebsrates weiter zu bestreiten. Die E-Mail der Betriebsratsvorsitzenden, mit der sie die Beteiligung des Betriebsrates bestätige, könne gerichtlich nicht verwertet werden, da nicht Sachvortrag der Beklagten.
II. Berufungsantrag Nr. 3 (Sonderzahlung 2019 in Höhe von 2.246,37 € brutto abzüglich 407,93 € netto)
Hinsichtlich der Sonderzahlung 2019 sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte die sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Abgaben erfüllt hätte. Die Aufrechnung der Beklagten sei unwirksam.
III. Berufungsantrag Nr. 5 (Urlaubsgeld 2020 in Höhe von 962,28 € brutto)
Hinsichtlich des Urlaubsgeldes 2020 seien die tariflichen Voraussetzungen für eine Kürzung nicht erfüllt.
IV. Berufungsantrag Nr. 6 (Auskunft)
Bei der Auskunftsklage sei die geschuldete Auskunft entgegen der Ansicht des Erstgerichtes nicht erteilt worden. Es ginge nicht um die Rechnungsgrößen als solches, sondern um die Frage, wie diese ermittelt worden seien.
V. Berufungsantrag Nr. 7 (Abweisung der Widerklage)
Bei der Widerklageforderung sei daran festzuhalten, dass diese nicht nachvollziehbar sei. Außerdem sei die Aufrechnung der Klägerin begründet.
Die Klägerin und Berufungsklägerin stellt folgende Anträge:
1. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Erklärung der Beklagten vom 01.04.2019 sozial ungerechtfertigt ist.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2019 fortbesteht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die Sonderzahlung für 2019 i.H.v. 2246,37 € brutto abzüglich gezahlter 407,93 € netto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2019 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Urlaubsgeld für 2020 i.H.v. 962,28 € brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2020 zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Grundlagen zur Ermittlung des Ausgangsbonus der ergebnisorientierten Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2019 zu erteilen.
6. Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Beklagte trägt in der Berufung vor:
I. Berufungsanträge Nr. 1 und 2 (Feststellung der fehlenden sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen durch Erklärung der Beklagten vom 01.04.2019 und Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2019 hinaus)
Die Klägerin habe auf der Basis der Betriebsvereinbarung „Test zur alternierenden Telearbeit“ und der Ergänzungsvereinbarung in alternierender Telearbeit gearbeitet. Hier sei von einer in diesem Modell möglichen Arbeitszeit zwischen 15 und 38 Wochenstunden ausgegangen worden. In der Gesamtbetriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit“ sei nach Ziffer II. 3. Abs. 4 von einer in diesem Modell möglichen Arbeitszeit von wenigstens 20 Stunden ausgegangen worden. Darauf habe sich die Bestandschutzregelung in der Anlage 2 Ziffer 1 zur Ausführungs-Betriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit“ bezogen.
Auf die Ausführungen der Berufung zum Arbeitsort käme es nicht an, sondern auf die Beendigungsmöglichkeiten in Ziffer 10 der Vereinbarung zwischen den Parteien zur alternierenden Telearbeit.
Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, dass das Regelwerk wirksam sei und im Hinblick auf das Arbeitsverhalten der Klägerin an den streitgegenständlichen Samstagen und ihren Erklärungen dazu die Beklagte in berechtigter Weise die Telearbeit beendet habe. Die Abmahnungen stünden dem nicht entgegen. Der Betriebsrat habe dem auch zugestimmt.
II. Berufungsantrag Nr. 3 (Sonderzahlung 2019 in Höhe von 2.246,37 € brutto abzüglich 407,93 € netto)
Bei der Sonderzahlung 2019 habe das Erstgericht zutreffend erkannt, dass der Anspruch durch Erfüllung erloschen sei mit Zahlung von 407,93 € und Abführung von Sozialversicherung und Steuer.
III. Berufungsantrag Nr. 5 (Urlaubsgeld 2020 in Höhe von 962,28 € brutto)
Das Urlaubsgeld 2020 stehe nach richtiger Erkenntnis des Erstgerichtes der Klägerin nur zu, soweit bereits bezahlt.
IV. Berufungsantrag Nr. 6 (Auskunft)
Der Auskunftsanspruch sei erfüllt. Begehrt sei Auskunft über die Grundlagen zur Ermittlung des Ausgangsbonus. Dazu sei bereits erstinstanzlich mitgeteilt worden, dass sich der Ausgangsbonus aus Ziffer 4 der Betriebsvereinbarung „Zielverfahren und Bonussystem“ ergebe. Dort sei geregelt:
„Der Ausgangsbonus beträgt für alle Mitarbeiter 0,8 Brutto-Monatsgehälter.“
V. Berufungsantrag Nr. 7 (Abweisung der Widerklage)
Der Widerklage sei zu Recht stattgegeben worden. Die Widerklageforderung sei nachvollziehbar begründet worden. Ein Anspruch auf Aufwandspauschale bestehe nicht mehr.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wird auf die Berufungsbegründung vom 19.10.2020 (Bl. 59 ff der Berufungsakte) und den weiteren klägerischen Schriftsatz vom 16.02.2021 (Bl. 113 der Berufungsakte) sowie die Berufungserwiderung vom 20.11.2020 (Bl. 65 ff der Berufungsakte) Bezug genommen.
Aus den Gründen
A.
Die Berufung ist im Wesentlichen zulässig.
1. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und 2 c) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.
2. Der Berufungsantrag Ziffer 1 auf Feststellung, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Erklärung der Beklagten vom 01.04.2019 sozial ungerechtfertigt ist, ist unzulässig. Bei der Erklärung über die Beendigung der alternierenden Telearbeit durch die Beklagte vom 01.04.2019 handelt es sich nicht um eine Änderungskündigung. Die Änderungskündigung nach § 2 KSchG ist davon gekennzeichnet, dass sie sich aus zwei Willenserklärungen zusammensetzt. Diese sind die Erklärung der Kündigung des Vertragsverhältnisses als Ganzes und damit verbunden die Erklärung des Angebotes der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit teilweise geänderten Bedingungen. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annehmen und eine entsprechende Klage erheben. Nach § 4 Satz 2 KSchG ist in diesem Fall Klage auf Feststellung zu erheben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist oder aus anderen Grünen rechtsunwirksam ist. Eine Änderungskündigung wurde durch die Beklagte am 01.04.2019 nicht ausgesprochen. Davon geht auch die Klägerin aus, wenn sie geltend macht, die Beendigungserklärung könne nicht im Wege der Umdeutung als Änderungskündigung behandelt werden. Die Beklagte spricht weder eine Beendigungskündigung aus noch bietet sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an. Sie teilt vielmehr mit, dass sie die Vereinbarung zur alternierenden Telearbeit am Standort C… vom 28.04.2015 beendet. Die Beklagte will damit die bestehenden Arbeitsbedingungen ändern ohne Ausspruch einer Änderungskündigung. In Ermangelung einer Änderungskündigung durch die Beklagte und einer Vorbehaltsannahme durch die Klägerin ist der für diese Situation gesetzlich vorgesehene Klageantrag hier unzulässig.
3. Die weiteren Berufungsanträge sind zulässig. Insbesondere der Berufungsantrag Ziffer 2 ist zulässig. Die begehrte Feststellung betrifft die streitige Frage der Beendigung der alternierenden Telearbeit. Damit kann Klarheit hergestellt werden, ob und bejahendenfalls wann die alternierende Telearbeit für die Klägerin geendet hat.
B.
Die Berufung ist nur hinsichtlich des Zeitpunktes der Beendigung der alternierenden Telearbeit begründet, im Übrigen unbegründet.
Die Erklärung der Beklagten mit Schreiben vom 01.04.2019 über die Beendigung der alternierenden Telearbeit beendet diese mangels wichtigen Grundes nicht zum 30.04.2019, sondern erst zum 31.10.2019. Die Klägerin hat keine weitergehenden Ansprüche auf Sonderzahlung 2019, Urlaubsgeld 2020 oder Auskunft. Sie ist zur Rückzahlung von 886,55 € verpflichtet.
I. Berufungsantrag Nr. 2 (Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den 30.04.2019 hinaus)
1. Das Beendigungsschreiben vom 01.04.2019 stellt eine Teilkündigung der Vereinbarung über die alternierende Telearbeit dar. Diese beendet die alternierende Telearbeit zwischen den Parteien nicht aus wichtigem Grund nach Ziffer 10 c) der Vereinbarung zum 30.04.2019, sondern aus betrieblichem Grund nach Ziffer 10 a) Abs. 2 i.V.m. Ziffer 10 b) der Vereinbarung zum 31.10.2019.
a) Die einseitige Änderung einzelner Vertragsbedingungen durch Teilkündigung ist, da sie das vereinbarte Gesamtregelwerk eines Vertrages punktuell verändert, grundsätzlich unzulässig. Einzelne Bestandteile eines Arbeitsvertrages können aber ausnahmsweise durch arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Veränderbarkeit oder auch Beendigungsmöglichkeit durch nur eine der beiden Vertragsparteien unterworfen werden. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Vertragsfreiheit. Teilkündigungen einzelner arbeitsvertraglicher Vereinbarungen können deshalb zulässig sein, wenn dem Kündigenden hierzu - wirksam - das Recht eingeräumt wurde, BAG, Urteil vom 18. Mai 2017 - 2 AZR 721/16 - Rn. 17, zitiert nach juris. Die Teilkündigung wird aber nur ausnahmsweise als Gestaltungsmittel anerkannt, wenn ein Gesamtvertragsverhältnis sich aus mehreren Teilverträgen zusammensetzt und diese Teilverträge nach dem Gesamtbild des Vertrages jeweils für sich als selbständig lösbar aufgefasst werden müssen, BAG 13. März 2007 - 9 AZR 612/05 - Rn. 30, zitiert nach juris. Die Grenzen für solche Vereinbarungen ergeben sich aus den allgemeinen Gesetzen. Dies ist insbesondere das KSchG, das entsprechenden Vereinbarungen wegen deren Umgehungscharakter entgegenstehen kann. Dies ist ferner das AGB-Kontrollrecht der §§ 305 ff BGB, wenn der Arbeitnehmer auf Grund des regelmäßig vom Arbeitgeber vorgegebenen Vertragstextes nicht vorhersehen kann, was auf ihn zukommen kann. Im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit ist es auch den Vertragsparteien überlassen, ob sie die einseitige Möglichkeit einer Vertragspartei, sich von einzelnen Vertragsbestandteilen zu lösen, als Teilkündigungsrecht, als Widerrufsvorbehalt oder auch in anderer Form ausgestalten.
Hier haben schon der Gesamtbetriebsrat der Beklagten und die Beklagte in Ziffer III. 1. (4) der Gesamtbetriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit“ nach entsprechendem Antrag des Arbeitnehmers und Prüfung der Voraussetzungen mit positivem Ausgang durch den Arbeitgeber den Abschluss einer entsprechenden „Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag“ vorgesehen. Dies entspricht auch den Vorgaben in § 2 Abs. 7 Satz 2 ArbStättVO. Danach ist setzt Telearbeit eine entsprechende arbeitsvertragliche Regelung oder eine Vereinbarung dazu voraus. Zur Beendigung dieser Zusatzvereinbarung haben Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeber in Ziffer III. 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit“ Regelungen getroffen. Diese sehen grundsätzlich eine unbefristete Vereinbarung der alternierenden Telearbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor. Ferner wurde die Weitergeltung der ursprünglichen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nach Ende der Beschäftigung in alternierender Telearbeit vereinbart.
Bei den Beendigungsmodalitäten für die alternierende Telearbeit wurde ein Teilkündigungsrecht für die „Vereinbarung der alternierenden Telearbeit“ vereinbart. Die Beendigungsmodalitäten selbst in Ziffer III. 6. (2) der Gesamtbetriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit“ vermeiden die Begrifflichkeit „Widerrufsvorbehalt“ bzw. „Teilkündigung“. Vorgesehen ist eine Beendigung „auf Wunsch des Arbeitnehmers“ in Schriftform und Frist von drei Monaten zum Monatsende. Seitens des Arbeitgebers ist vorgesehen, dass dieser ebenfalls mit entsprechender Frist und in Schriftform beenden kann, bei längerer Beschäftigung mit verlängerter Frist und mit Grund. Die Frist für die Beendigung kann entfallen „aus wichtigem Grund i. S. v. § 626 Absatz 1 BGB“. Das Modell, das für diese Regelungen Pate stand, ist nicht der Widerrufsvorbehalt, sondern das Recht zur Kündigung. Diese ist dem Arbeitnehmer grundsätzlich ohne Grund möglich unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB. Dem Arbeitgeber ist die Kündigung bei Vorliegen allgemeinen Kündigungsschutzes nur möglich mit Grund nach § 1 Abs. 2 KSchG und Fristen nach § 622 BGB, im Ausnahmefall entfristet aus wichtigem Grund nach § 626 Abs. 1 BGB. Dieses Teilkündigungsrecht des Arbeitgebers haben die örtlichen Betriebspartner in ihre Ausführungs-Betriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit“ vom 13.04.2015 übernommen. In Ziffer 2. Abs. 2 dieser Ausführungs-Betriebsvereinbarung wurde geregelt:
„…
Die Betriebsparteien sind sich einig, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit“ in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung findet.
…“
Dieses Teilkündigungsrecht haben auch die Parteien in ihre „Vereinbarung zur alternierenden Telearbeit am Standort C…“ vom 28.04.2015 übernommen. In Ziffer 1 Abs. 1 dieser Vereinbarung werden die Gesamtbetriebsvereinbarung und die Ausführungs-Betriebsvereinbarung zum Inhalt der Vereinbarung zwischen den Parteien gemacht. Ferner wird Ziffer III.6. (2) der Gesamtbetriebsvereinbarung im Wortlaut in Ziffer 10 der Vereinbarung zwischen den Parteien übernommen und zum Inhalt der Vereinbarung zwischen den Parteien gemacht. Gleiches gilt für Ziffer III.6. (5) der Gesamtbetriebsvereinbarung.
b) Die Vereinbarung zur alternierenden Telearbeit vom 28.04.2015 war gesondert kündbar nach den dortigen Regelungen.
(1) Es liegt keine Umgehung zwingenden Kündigungsrechtes vor.
Die Teilkündigung unterliegt nicht der Kontrolle am Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes, da dort nur die Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Gänze nach § 1 Abs. 2 KSchG bzw. die Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Gänze und das damit verbundene Angebot einer Weiterbeschäftigung zu veränderten Bedingungen als Änderungskündigung nach § 2 KSchG dem Erfordernis einer sozialen Rechtfertigung unterworfen ist. Mit den Regelungen des KSchG werden die dort genannten Kündigungen der rechtlichen Kontrolle unterworfen. Die Teilkündigung kann auf Grund der allgemeinen Vertragsfreiheit grundsätzlich vereinbart werden. Die Grenzen liegen jedoch dort, wo mit der vertraglichen Vereinbarung eines Teilkündigungsrechtes zwingender Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 2 KSchG umgangen wird, BAG, Urteil vom 14.11.1990 - 5 AZR 509/89 -, Rn. 22, zitiert nach juris und aktuell BAG, Urteil vom 23.03.2011 - 10 AZR 562/09 -, Rn. 27, zitiert nach juris; BAG, Urteil vom 18.05.2017 - 2 AZR 721/16 -, Rn. 18, 19, zitiert nach juris.
Dies ist hier nicht der Fall. Zwingender Kündigungsschutz wird nicht umgangen. Das ursprüngliche Austauschverhältnis des Arbeitsvertrages vom 26.10.2001 wird durch die Teilkündigung nicht zu Lasten der Klägerin verändert. Es wurde nicht zugunsten der Klägerin ein (zusätzlicher) Entgeltbestandteil vereinbart und mit der Teilkündbarkeit die (erweiterte) Hauptleistungspflicht der Beklagten einer einseitigen Abänderbarkeit durch die Beklagte unterworfen ohne Bindung an die zwingenden Vorgaben des KSchG. Es wurde lediglich das nach dem Arbeitsvertrag der Beklagten dieser nach § 106 GewO zukommende Weisungsrecht hinsichtlich des Ortes der Arbeitsleistung vertraglich eingeschränkt. Mit der Vereinbarung konnte die Beklagte nicht mehr die Arbeitsleistung nur am Standort C… einfordern, sondern nur noch an einem Wochentag, und musste der Klägerin die Möglichkeit einräumen, an den übrigen Wochentagen von zu Hause zu arbeiten. Diese Regelung war angelegt auf unbegrenzte Dauer mit der Möglichkeit zur einseitigen Beendigung durch die Klägerin auf deren Wunsch und durch die Beklagte nur unter besonderen Umständen.
Der Arbeitsvertrag vom 26.01.2001 enthält keine Regelung zum Arbeitsort. Damit liegt es grundsätzlich im Weisungsrecht der Beklagten, den Arbeitsort der Klägerin zu bestimmen. Bei der Ausübung dieses Weisungsrechtes sind die Grenzen des billigen Ermessens zu wahren. Die Leistungsbestimmung entspricht nach ständiger Rechtsprechung des BAG dem billigen Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Die Rückkehr zum einseitigen Bestimmungsrecht der Beklagten war durch die Vereinbarung für die Beklagte erheblich eingeschränkt und in den rechtlichen Schranken zwischen der Ausübungskontrolle des Weisungsrechtes nach § 106 GewO einerseits und den Kündigungsmöglichkeiten nach dem Gesetz andererseits angesiedelt.
(2) Die Regelungen in Ziffer 10 der Vereinbarung vom 28.04.2015 verstoßen auch nicht gegen AGB-Kontrollrecht und sind wirksam.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sie der Kontrolle nach §§ 305 ff BGB unterliegen.
Im Hinblick darauf, dass sie im Wortlaut der Regelung in Ziffer III. 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung entsprechen und nur eine nachrichtliche Übernahme des Textes der Betriebsvereinbarung darstellen, spricht viel für eine Kontrollfreiheit nach § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB iVm § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Dies war der Überprüfung durch das Erstgericht entzogen, weil die Gesamtbetriebsvereinbarung im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgelegt worden war.
Unterliegt die Regelung in Ziffer 10 der Vereinbarung vom 28.04.2015 der AGB-Kontrolle, so macht sich das Berufungsgericht nach eingehender eigener Prüfung die rechtlich zutreffenden und überzeugenden Überlegungen des Erstgerichtes zu eigen und bejaht ebenfalls unter Bezugnahme auf die Gründe des Erstgerichtes nach § 69 Abs. 2 ArbGG deren Wirksamkeit. Die Klägerin trägt dazu auch keine neuen rechtlichen Argumente in der Berufung vor.
(3) Die Beendigung der alternierenden Telearbeit mit Schreiben der Beklagten vom 01.04.2019 zum 30.04.2019 war in Ermangelung eines „wichtigen Grundes i.S.v. § 626 BGB“ nach Ziffer 10 c) der Vereinbarung vom 28.04.2015 nicht wirksam.
Schon aus dem Wortlaut der Vereinbarung wie auch aus dem Wortlaut der Gesamtbetriebsvereinbarung ergibt sich, dass die Parteien für eine Beendigung der alternierenden Telearbeit durch die Beklagte mit kürzerer Frist oder ohne Frist den Prüfungsmaßstab des § 626 Abs. 1 BGB vereinbaren wollten.
Die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes iSd § 626 Abs. 1 BGB sind aus dem Vorbringen der Beklagten nicht ersichtlich geworden.
Anhaltspunkte für einen als wichtigen Grund an sich geeigneten Arbeitszeitbetrug sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass die Klägerin an den streitgegenständlichen Samstagen zwar Arbeitszeit geltend macht, aber tatsächlich nicht gearbeitet hätte. Sie macht geltend, dass die Klägerin im Vergleich zu anderen Mitarbeitern viel zu langsam arbeitet und keine nachvollziehbaren Gründe dafür erkennbar sind. Sie macht auch geltend, dass die Klägerin ihre Arbeiten nicht in der vorgegebenen Art und Weise erledigte, sondern sich nach eigenem Gutdünken Arbeit aus dem zugewiesenen Korb holte und auch anderen als den zugewiesenen Dingen nachging.
Langsames, auch außerordentlich langsames Arbeiten oder Erledigung anderer Arbeiten als angewiesen oder arbeitsbezogene Weiterbildung anstatt angewiesener Arbeit kommt im Grundsatz nur als ordentlicher Kündigungsgrund nach § 1 Abs. 2 KSchG in Betracht. Besondere Umstände, die ausnahmsweise die außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
(4) Die Beendigung der alternierenden Telearbeit mit Schreiben der Beklagten vom 01.04.2019 zum 31.10.2019 war nach Ziffer 10 a) Abs. 2 i.V.m. Ziffer 10 b) der Vereinbarung vom 28.04.2015 wirksam.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 01.04.2019 die alternierende Telearbeit zum 30.04.2019 beendet, nicht hilfsweise unter Wahrung der geltenden Fristen zum 31.10.2019.
Die Beendigungserklärung war nach § 140 BGB dahingehend umzudeuten, dass eine Beendigung zum nächstzulässigen Termin gewollt war, hier zum 31.10.2019.
(4.1) Die im Wege der Umdeutung nach § 140 BGB gewonnene mögliche Teilkündigung unter Wahrung der dafür vereinbarten Fristen bedarf der Zustimmung des Betriebsrates. Auch die ausnahmsweise zulässige Teilkündigung stellt eine Kündigung nach § 102 BetrVG mit der Pflicht zur Anhörung des Betriebsrates dar, KR, 12. Auflage, § 102 BetrVG, Rn. 44. Neben dem Anhörungsrecht des § 102 BetrVG besteht ferner nach Ziffer II. 11 Abs. 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 BetrVG mit der dort getroffenen Regelung, die Rückkehr aus alternierender Telearbeit als Versetzung zu behandeln, sofern die Beendigung alternierender Telearbeit und die Anordnung von Arbeit im Betrieb nicht ohnehin nach § 95 Abs. 3 BetrVG als zustimmungspflichtige Versetzung behandelt werden muss.
Die danach erforderliche Zustimmung des örtlichen Betriebsrates zur entfristeten Rückversetzung per Teilkündigung liegt vor. In der Zustimmung des Betriebsrates zu einer außerordentlichen Kündigung liegt nach der Rechtsprechung des BAG auch die Zustimmung zur milderen Maßnahme der ordentlichen und fristgebundenen Kündigung. Im vorliegenden Fall liegt mithin die Zustimmung zur fristgebundenen Rückversetzung per Teilkündigung vor. Dies ergibt sich aus dem Zuleitungsschreiben vom 26.03.2019 und dazu ergänzend der E-Mail der Betriebsratsvorsitzenden vom 30.10.2019. Das Erstgericht hat dies in seinem Urteil ausführlich begründet unter Ziffer 1.5. der Entscheidungsgründe. Das Berufungsgericht schließt sich nach eigener Prüfung diesen zutreffenden und überzeugenden Ausführungen an.
Die Berufung macht insoweit nur wiederholend geltend, die Zustimmung des Betriebsrates liege nicht vor und es sei vorsorglich zu bestreiten, dass die E-Mail vom 30.10.2019 von der Betriebsratsvorsitzenden stamme. Damit kann die Berufung nicht durchdringen. Das Gericht hat nach § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhaltes der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für unwahr zu erachten ist. Die Beklagte hat das entsprechende Schreiben mit der Bitte um Zustimmung zur Rückversetzung vom 26.03.2019 in Kopie vorgelegt mit dem Eingangstempel des Betriebsrates und dem Datum des 26.03.2019. Ferner ergibt sich aus der Kopie eine Zustimmung des Gremiums, eingetragen in dem Schreiben am 28.03.2019, abgestempelt mit dem Stempel des Betriebsrates und unterzeichnet. Die Unterschrift stammt nach dem übereinstimmenden Schriftbild mit den Unterschriften unter der Ausführungs-Betriebsvereinbarung „Alternierende Telearbeit“ von der Betriebsratsvorsitzenden, Frau B… Es ist aus dem Vorbringen der Klägerin nichts dafür ersichtlich, dass die Beteiligung des Betriebsrates nicht ordnungsgemäß erfolgt wäre. Die Klägerin macht insbesondere nicht geltend, die Beteiligung sei inhaltlich unzureichend erfolgt. Dazu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.11.2019 unter Ziffer 2 vorgetragen, dass entsprechend dem Zuleitungsschreiben vom 26.03.2019 in der Sitzung vom 28.03.2019 die Personalreferentin der Beklagten zugegen war und die näheren Umstände, die zur Rückversetzung führen sollten, schilderte und die Fragen des Gremiums beantwortete. Dabei handelte es sich nach dem Zuleitungsschreiben vom 26.03.2019 wie auch nach der E-Mail vom 30.10.2019 nicht um den Betriebsausschuss. Anschließend habe sich das Gremium zur Beratung zurückgezogen und danach das Schreiben vom 26.03.2019 mit der Zustimmung vom 28.03.2019 per Hauspost zurückgeleitet. Dies ist insgesamt unbestritten geblieben und damit unstreitig. Das Bestreiten der Beteiligung des Betriebsrates ist vor diesem Hintergrund unbeachtlich, nachdem zwischen den Betriebspartnern offensichtlich klar ist, dass es sich bei der Zustimmung zu einer Beendigung der alternierenden Telearbeit um eine auf den Betriebsausschuss delegierte Aufgabe handelt. Ferner wurde die in Kopie vorgelegte E-Mail vom 30.10.2019 nach den dortigen Angaben unter dem Datum 30. Oktober 2019 um 16:15 Uhr unter der Adresse des Betriebsrates versandt an eine Personalreferentin der Beklagten und in „Cc“ an weitere Mitglieder des Betriebsrates. Die Betriebsratsvorsitzende teilt dort auch mit, dass sie die Versetzung persönlich unterschrieben und das Versetzungsschreiben an Frau O… per Mail und auch im Original versandt hat. Es ist nichts dafür ersichtlich aus dem vorsorglichen Bestreiten der Klägerin, dass es sich bei dieser E-Mail um Fälschung handeln würde oder die Betriebsratsvorsitzende hier gegenüber mehreren Personen gezielt Falschangaben machen würde. Das Bestreiten der Klägerin ist auch insoweit unsubstantiiert und unbeachtlich.
(4.2.) Die Abwägung der wechselseitigen Interessen von Klägerin und Beklagter ergibt im Ergebnis ein Überwiegen der Interessen der Beklagten an der Rückkehr der Klägerin in Präsenzbeschäftigung gegenüber dem Interesse der Klägerin an der Weiterbeschäftigung in alternierender Telearbeit.
Prüfungsmaßstab für die fristgebundene Beendigung der Telearbeit ist hier nicht die fehlende soziale Rechtfertigung nach §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG, sondern der eigene Maßstab der Ziffer 10 a) Abs. 2 der Vereinbarung mit der Regelung, dass eine fristgebundene Beendigung der Telearbeit möglich ist „beim Vorliegen eines betrieblichen Grundes“, der vorliegt, „wenn eine Abwägung des betrieblichen Interesses und des Interesses der Arbeitnehmerin an einer Fortsetzung der alternierenden Telearbeit ergibt, dass das betriebliche Interesse überwiegt“.
Es handelt sich dabei um eigenen Prüfungsmaßstab. Es ist schon nicht der Wortlaut des § 1 Abs. 2 KSchG in Bezug genommen worden. Der Vergleich mit den Regelungen zur außerordentlichen Teilkündigung und dem Bezug auf § 626 BGB im Text der Betriebsvereinbarung zeigt deutlich, dass die Parteien der Betriebsvereinbarung hier gerade nicht den gesetzlichen Prüfungsmaßstab wählen wollten, sondern einen eigenen Prüfungsmaßstab bestimmen wollten. In § 1 Abs. 2 KSchG sind hinsichtlich des Kündigungsgrundes abschließend drei Quellen desselben genannt, Gründe in der Person des Arbeitnehmers, im Verhalten des Arbeitnehmers oder „dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen“. Der betriebliche Grund im Sinne der Vereinbarung der Parteien knüpft gerade nicht an diese Formulierung des Gesetzes an. Er wird in Ziffer 10 a) Abs. 2 Satz 2 der Vereinbarung eigenständig definiert als Ergebnis eines Abwägungsprozesses zwischen den wechselseitigen Interessen der Parteien des Arbeitsvertrages mit einem im Ergebnis überwiegenden betrieblichen Interesse.
Hier ergibt die Abwägung der wechselseitigen Interessen von Klägerin und Beklagter ein Überwiegen der Interessen der Beklagten an der Rückkehr der Klägerin in Präsenzbeschäftigung deren Interesse an der Weiterbeschäftigung in alternierender Telearbeit. Insoweit erhebt die Berufung auch keine Einwendungen gegen die Ausführungen des Erstgerichtes zu der anzustellenden Interessenabwägung und den dort zu berücksichtigenden wechselseitigen Interessen. Auch hier macht das Berufungsgericht deshalb Gebrauch von der Möglichkeit, nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Überlegungen des Erstgerichtes zu verweisen nach § 69 Abs. 2 ArbGG.
Ergänzend weist das Berufungsgericht auf Folgendes hin: Es ist eine wiederholte und unstreitige Eigenmächtigkeit und damit Pflichtwidrigkeit der Klägerin, nicht die ihr konkret mit der jeweiligen E-Mail vom Vortag übertragenen Arbeiten am Samstag aus dem Arbeitskorb KP1ZYY in der festgelegten Reihenfolge - zuerst „die ältesten Vorgänge“ - zu bearbeiten, sondern nach eigenem Ermessen Art und Reihenfolge ihrer Arbeit zu bestimmen. Es ist auch eine wiederholte und unstreitige Eigenmächtigkeit der Klägerin, über einen längeren Zeitraum eines Arbeitstages hinweg nicht der aufgetragenen Arbeit nachzugehen, sondern nach eigenem Gutdünken Zeit für andere Arbeiten und persönliche Fort- und Weiterbildung aufzuwenden. Bei der Samstagsarbeit handelt es sich um im Einzelnen mit dem Betriebsrat abgestimmte zusätzliche Arbeitstage, um das vorhandene Arbeitsvolumen abzuarbeiten. Der Ausnahmecharakter der Samstagsarbeit kann auch der Klägerin nicht verborgen geblieben sein, zumal diese auch mit einem Zuschlag von 50% honoriert wird. Es kann ihr deshalb auch nicht entgangen sein, dass an diesen Tagen nach Maßgaben der besonderen Arbeitsanweisungen für die Telearbeiter am Samstag arbeiten muss und nicht nach eigenem Ermessen andere Arbeiten erledigen kann oder ihrer persönlichen Weiterbildung nachgehen kann. Deshalb kommt auch das Berufungsgericht zu dem Abwägungsergebnis, dass das Interesse der Beklagten an der Rückkehr der Klägerin in Präsenzarbeit mit der dort gegebenen Möglichkeit einer engmaschigeren Kontrolle der Arbeit, der die Klägerin konkret nachgeht, das Interesse der Klägerin am Fortbestand der Telearbeit überwiegt. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass es der Beklagten in der Präsenzarbeit ermöglicht wird, der Klägerin in der Präsenzarbeit schnell die erforderliche Unterstützung und eventuell das notwendige arbeitsbegleitende Training zukommen zu lassen, wenn diese für die Bearbeitung einzelner Vorgänge aus Sicht der Beklagten zu lange braucht. Aus Sicht der Klägerin ist damit auch die Möglichkeit geschaffen, bei Auftreten unvorhergesehener Schwierigkeiten bei der Bearbeitung einzelner Sachvorgänge schnell sachkundigen Rat durch Kollegen und Führungskräfte einzuholen, ohne sich zeitlich ausufernd der persönlichen Weiterbildung widmen zu müssen.
(4.3) Die Klägerin macht in der Berufung geltend, dass die mit Schreiben vom 19.03.2019 abgemahnten Pflichtverletzungen nicht mehr zur Rechtfertigung der Rückversetzung verwendet werden könnten. Darauf kommt es nicht an. Die Parteien der Betriebsvereinbarung haben die fehlende soziale Rechtfertigung des § 1 Abs. 2 KSchG und die Rechtsprechung dazu gerade nicht zum Prüfungsmaßstab für die Rechtswirksamkeit der ordentlichen Teilkündigung gemacht. Die Parteien der Betriebsvereinbarung haben nur auf eine Abwägung der wechselseitigen Interessen abgestellt unter Anlehnung an die Rechtsprechung zur Betätigung des billigen Ermessens des Arbeitgebers bei Ausübung seines Weisungsrechtes nach § 106 GewO. Dort ist eine vorgängige Abmahnung vor Ausübung des Weisungsrechtes grundsätzlich nicht gefordert. Der in der Betriebsvereinbarung geforderte Prüfungsmaßstab erfordert es auch nicht, vorab aufzuklären, ob die aus Sicht des Arbeitgebers fehlende Effizienz des Mitarbeiters in der Telearbeit durch dessen Unvermögen oder durch dessen Unwilligkeit verursacht wird und er das jeweils geeignete mildere Mittel, beispielsweise eines Trainings bei Unvermögen oder einer Ermahnung oder Abmahnung bei Unwillen, ergreifen müsste.
Die Berufung ist mithin nur teilweise begründet. Die Teilkündigung vom 01.04.2019 beendete die alternierende Telearbeit der Klägerin nicht zum 30.04.2019, sondern erst zum 31.10.2019.
II. Berufungsantrag Nr. 3 (Sonderzahlung 2019 i.H.v. 2.246,37 € brutto abzüglich 407,93 € netto)
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Sonderzahlung 2019.
Die Berufung wiederholt hier nur ihr erstinstanzliches Vorbringen ohne neue Überlegungen rechtlicher oder tatsächlicher Art.
Das Erstgericht ist insoweit mit zutreffender Begründung zum zutreffenden Ergebnis gelangt. Das Gericht nimmt daher Bezug auf die sorgfältigen und richtigen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Erstgerichtes und macht sich diese zu eigen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Abgesehen davon liegt ihr die elektronische Lohnsteuerjahresbescheinigung der Beklagten für die Jahre 2019 und 2020 vor. Sie kann daher ohne weiteres durch einen entsprechenden Blick in diese und geringen Aufwand feststellen, ob das Vorbringen der Beklagten zur Abführung der Lohnsteuer zutreffend ist. Das Bestreiten der Richtigkeit der vorgenommenen Abzüge ist unsubstantiiert und unbeachtlich. Dies gilt entsprechend für den Sozialversicherungsabzug.
III. Berufungsantrag Nr. 5 (Urlaubsgeld 2020 i.H.v. 962,28 € brutto)
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weiteres Urlaubsgeld 2020.
1. Die Klägerin hat diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung für erledigt erklärt im Hinblick auf die Entgeltabrechnung April 2021 vom 23.04.2021 (Bl. 122 der Berufungsakte). Dem hat die Beklagte nicht zugestimmt und darauf hingewiesen, dass mit dieser Entgeltabrechnung die anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2021 und nicht das Jahr 2020 geleistet wurde. Deshalb war noch in der Sache zu entscheiden.
2. Die Berufung wiederholt in der Sache nur ihr erstinstanzliches Vorbringen ohne neue Überlegungen rechtlicher oder tatsächlicher Art unter Hinweis auf die Unwirksamkeit der Rückversetzung. Diese Überlegungen tragen den Anspruch auf weiteres Urlaubsgeld 2020 nicht. Das Gericht nimmt ferner Bezug auf die sorgfältigen und richtigen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Erstgerichtes und macht sich diese zu eigen, § 69 Abs. 2 ArbGG. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich das Urlaubsgeld 2020 nach den tariflichen Regeln berechnet wie folgt:
„Tarifliches Grundgehalt 2.886,84 € brutto x 0,5 nach § 13 Nummer 9 UA 1 Satz 1 MTV x 2/6 nach § 13 Nummer 9 UA 3 MTV = 481,14 € brutto. Diesen Betrag hat die Beklagte brutto abgerechnet und hat den sich ergebenden Nettobetrag an die Klägerin ausbezahlt.“
IV. Berufungsantrag Nr. 6 (Auskunft über die Grundlagen zur Ermittlung des Ausgangsbonusses der ergebnisorientierten Sonderzahlung 2019)
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auskunft über die Grundlagen zur Ermittlung des Ausgangsbonus der ergebnisorientierten Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2019, soweit nicht schon erteilt. Eine entsprechende Anspruchsgrundlage ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Der Gesamtbetriebsrat und die Beklagte schlossen am 07.10.2015 (Bl. 490 ff der Akte) die Betriebsvereinbarung „Zielverfahren und Bonussystem“ ab. Diese regelt in Ziffer 4, dass der Ausgangsbonus für alle Mitarbeiter 0,8 Brutto-Monatsgehälter beträgt. Darauf hat die Beklagte schon erstinstanzlich hingewiesen. So verstanden ist die begehrte Auskunft erteilt. Soweit in der Berufung möglicherweise weiter Auskunft gefordert wird, wie die Parteien der Gesamtbetriebsvereinbarung dazu kamen, sich auf einen solchen Ausgangsbonus zu verständigen, ist in der Berufung nichts dazu vorgetragen, auf welcher Rechtsgrundlage sich die Klägerin eines entsprechenden Auskunftsanspruches berühmt. Die Gesamtbetriebsvereinbarung selbst gewährt den Arbeitnehmern keinen Anspruch auf Auskunft über die Verhandlungen der Betriebspartner und die Grundlagen ihrer Absprachen. Ein gesetzlicher Anspruch ist ebenfalls nicht erkennbar.
V. Berufungsantrag Nr. 7 (Abweisung der Widerklage)
Die Klägerin ist zur Rückzahlung der geleisteten Überzahlung in Höhe von 886,55 € verpflichtet nach § 812 BGB.
1. Die Berufung hält die Höhe der Rückforderung wie schon in erster Instanz für nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf die erteilten Abrechnungen für Mai 2019 und Juni 2019 nebst Begleitschreiben vom 25.06.2019 ist für das Gericht nicht erkennbar, was im Einzelnen für die Klägerin nicht nachvollziehbar ist. Die Klägerin stellt auch in der Berufung nicht im Einzelnen dar, was an den erteilten Abrechnungen für sie nicht nachvollziehbar ist. Das undifferenzierte Vorbringen der Klägerin kann eine vom Erstgericht abweichende Beurteilung nicht tragen. Das Gericht nimmt ferner Bezug auf die sorgfältigen und richtigen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Erstgerichtes und macht sich diese zu eigen, § 69 Abs. 2 ArbGG.
2. Die Berufung macht ferner geltend, es sei zumindest die Aufrechnung mit der Aufwandspauschale für die Telefonarbeit zu berücksichtigen. Diese ist mangels Bestimmtheit unwirksam, § 367 Abs. 1 BGB.
C.
Die Kosten des Rechtsmittels waren unter Berücksichtigung der beiderseitigen Erledigungserklärung nach §§ 91a, 92 ZPO zwischen den Parteien im Verhältnis 2/10 zu 8/10 zu Lasten der Klägerin aufzuteilen.
D.
Die Revision war nicht zuzulassen nach § 72 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ArbGG.