BAG: Besonderer Kündigungsschutz - Ersatzmitglied des Betriebsrats
BAG , Urteil vom 08.09.2011 - Aktenzeichen 2 AZR 388/10 (Vorinstanz: LAG Düsseldorf vom 26.04.2010 - Aktenzeichen 16 Sa 59/10; ) (Vorinstanz: ArbG Wuppertal vom 24.11.2009 - Aktenzeichen 7 Ca 1658/09; ) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Leitsätze: Orientierungssätze: 1. Wird einem ordentlichen Betriebsratsmitglied Erholungsurlaub bewilligt, führt dies nicht nur zum Ruhen seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung, sondern zugleich zur Suspendierung seiner Amtspflichten. Dem Betriebsratsmitglied wird während seines Erholungsurlaubs die Verrichtung seiner Amtspflichten zwar nicht ohne Weiteres objektiv unmöglich, grundsätzlich aber unzumutbar. Das Betriebsratsmitglied gilt im Fall des Erholungsurlaubs jedenfalls so lange als zeitweilig verhindert iSv. § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, wie es nicht seine Bereitschaft, während des Urlaubs Betriebsratstätigkeiten zu verrichten, positiv anzeigt. 2. Ersatzmitglieder vertreten ordentliche Mitglieder des Betriebsrats nicht nur in einzelnen Amtsgeschäften. Sie rücken gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG für die Dauer der Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds in den Betriebsrat nach. Der Eintritt des Ersatzmitglieds vollzieht sich automatisch mit Beginn des Verhinderungsfalls. Er hängt nicht davon ab, dass die Verhinderung des ordentlichen Mitglieds dem Ersatzmitglied bekannt ist. 3. Während der Vertretungszeit und für deren Dauer steht dem Ersatzmitglied der - volle - Sonderkündigungsschutz aus § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG zu. Dieser Schutz ist regelmäßig nicht auf Zeiten beschränkt, in denen Betriebsratstätigkeit tatsächlich anfällt. Er scheitert jedenfalls dann nicht an der Kurzzeitigkeit einer Verhinderung, wenn dem ordentlichen Betriebsratsmitglied für die Dauer eines Arbeitstags Erholungsurlaub bewilligt worden ist und dieses nicht von vornherein seine Bereitschaft erklärt hatte, trotz des Urlaubs Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen. 4. Der sich daraus ergebenden Gefahr eines Rechtsmissbrauchs zu Gunsten des Ersatzmitglieds kann mit Hilfe von § 242 BGB begegnet werden. Danach kann die Berufung auf den besonderen Kündigungsschutz im Einzelfall ausgeschlossen sein. Davon ist etwa auszugehen, wenn ein Verhinderungsfall im kollusiven Zusammenwirken mit einem ordentlichen Betriebsratsmitglied zu dem Zweck herbeigeführt wurde, dem Ersatzmitglied den besonderen Kündigungsschutz zu verschaffen. 5. § 301 Abs. 1 ZPO setzt neben der Teilbarkeit des Streitgegenstands voraus, dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Die Gefahr einer Widersprüchlichkeit kann sich auch aus der bloßen Gefahr abweichender Beurteilung im Rechtsmittelverfahren ergeben. Ein darauf beruhender Mangel des Teilurteils wird geheilt, wenn aufgrund letztinstanzlicher, nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angreifbarer Entscheidung die Gefahr einer abweichenden Beurteilung für die Zukunft ausgeschlossen ist. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Amtliche Normenkette: KSchG § 15 Abs. 1 S. 1, 2; BetrVG § 25 Abs. 1 S. 1, 2; BetrVG § 37 Abs. 1; BetrVG § 103 Abs. 1; BGB § 242; ZPO § 301;
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