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Arbeitsrecht
14.03.2024
Arbeitsrecht
LAG Nürnberg: Beschluss des Betriebsrates – Minderheitsgeschlecht – Listensprung

LAG Nürnberg, Beschluss vom 26.9.2023 – 7 TaBV 4/23

Volltext: BB-Online BBL2024-691-3

Leitsatz

Scheidet ein Betriebsratsmitglied des Minderheitsgeschlechtes aus dem Gremium aus, so rückt zum Erhalt des Quorums ein Ersatzmitglied einer anderen Liste dauerhaft in das Gremium ein. Dieser Listensprung wird später nicht mehr korrigiert, auch wenn es durch das Ausscheiden eines Betriebsratsmitgliedes des Mehrheitsgeschlechtes und dem Nachrücken eines Ersatzmitgliedes des Minderheitsgeschlechtes zu einer Überfüllung des Quorums kommt.

BetrVG § 25, § 15, § 29 Abs. 2

Sachverhalt

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur Umgruppierung eines Mitarbeiters anlässlich seiner Versetzung als erteilt gilt bzw. zu ersetzen ist.

Die Beteiligte zu 1) betreibt einen Freizeitpark mit einem Verkaufsgeschäft und einem Übernachtungshotel ohne eigene Gastronomie. Das Frühstück kann in der Restauration des Freizeitparkes eingenommen werden. Es kann schon über das Internet mit der Übernachtung gebucht oder auch erst und im Hotel zugebucht werden.

Der zum 12.03.2018 in das Unternehmen eingetretene Mitarbeiter ist gelernter Reisekaufmann und war im Verkaufsgeschäft beschäftigt mit einer Eingruppierung in der Gehaltsgruppe L VII mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 2.225,85 €.

Die Beteiligte zu 1) schrieb im Herbst eine Stelle für einen Empfangsmitarbeiter im Hotel aus. In der Stellenbeschreibung mit Ausdruck vom 08.10.2020 (Bl. 55 der Akte) waren folgende Aufgaben vorgesehen:

– Empfang und Betreuung der Gäste

- Aufnahme von eingehenden Telefonaten

- Entgegennahme von Aufträgen

- Erstellung der Rechnungen und Bedienung der Kasse

Das Anforderungsprofil sah vor:

- Sicherer Umgang mit MS Office-Programmen

- Freundliche Ausstrahlung, Kontaktfreudigkeit und gepflegtes Auftreten

- Fließende Deutsch- und sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift erforderlich

– Organisationstalent, Selbstständigkeit und Verantwortungsgefühl

Mit Schreiben vom 21.10.2020 (Bl. 54 der Akte) beantragte die Beteiligte zu 1) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) als zuständigem Betriebsrat zur Versetzung des Mitarbeiters vom Verkaufsshop als Verkäufer in das Hotel als Hotelmitarbeiter und zur Umgruppierung von der Gehaltsgruppe L VII in die Gehaltsgruppe K1, 5. Berufsjahr der Gehaltsgruppeneinteilung in der Anlage 2 des anwendbaren Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer in der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern vom 01.12.1992 in der Fassung vom 01.05.2009.

Der Beteiligte zu 2) stimmte mit Beschluss vom 26.10.2020 der Versetzung zu und verweigerte die Zustimmung zur Umgruppierung. Die Beteiligte zu 1) führte die Maßnahme nicht durch.

Die Beteiligte zu 1) erstellte eine weitere Stellenausschreibung vom 17.03.2021 (Bl. 22 der Akte). Als Aufgaben des Empfangsmitarbeiters waren nunmehr vorgesehen:

- Begrüßung und Betreuung unserer Gäste

- Chick in & Check out

- Reservierungsannahme

– Zimmerkontrolle

Das Anforderungsprofil sah vor:

- Freundliche Ausstrahlung, Kontaktfreudigkeit und gepflegtes Auftreten

- Erste Erfahrungen im Empfangsbereich wünschenswert

- Selbstständige und strukturierte Arbeitsweise

- Gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift, Englisch von Vorteil und weitere Fremdsprachen willkommen

Mit Schreiben vom 24.03.2021 (Bl. 20 der Akte) beantragte die Beteiligte zu 1) erneut die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur Versetzung des Mitarbeiters in das Hotel diesmal als Empfangsmitarbeiter und zur Umgruppierung in die Gehaltsgruppe K1, 5. Berufsjahr der Gehaltsgruppeneinteilung in der Anlage 2 des anwendbaren Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer in der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern vom 01.12.1992 in der Fassung vom 01.05.2009.

Bei dem Beteiligten zu 2) hatte es nach der Betriebsratswahl eine Vielzahl von Veränderungen gegeben.

Das Gremium des Beteiligten zu 2) hatte 21 Mitglieder. Nach dem Ergebnis der Betriebsratswahl von 2018 entfielen 8 Sitze auf die Liste 1, weitere 3 Sitze auf die Liste 2, weitere 5 Sitze auf die Liste 3, ein weiterer Sitz auf die Liste 4 und 4 Sitze auf die Liste 5.

Dem Minderheitsgeschlecht der Frauen kamen 8 Sitze zu. Diese Quote wurde punktgenau erfüllt ohne korrigierenden Nachrückvorgang.

Die nächsten nicht berücksichtigten Höchstzahlen entfielen auf die Liste 5 (Höchstzahl 22), Liste 3 (Höchstzahl 23), Liste 1 (Höchstzahl 24), Liste 4 (Höchstzahl 25), Liste 5 (Höchstzahl 26), Liste 1 (Höchstzahl 27) und Liste 2 (Höchstzahl 28).

 

 

Tabelle 1

 

 

Liste 1

Liste 2

Liste 3

Liste 4

Liste 5

[1]

[498]

[197]

341 (w)

110 (w)

309 (w)

[2]

[249]

98,5

170,5

55 (w)

154,5 (w)

 

(25)

[3]

166 (w)

65,67 (w)

113,67

36,7

[103]

[4]

124,5

49,3 (28)

85,25

 

77,25

 

(w)

[5]

99,6

39,4

68,2

(w)

61,8 (22)

[6]

83 (w)

 

56,82

 

51,5 (w)(26)

 

(23)

[7]

71,14

(w)

48,7 (w)

(w)

 

 

(29)

[8]

62,25

 

 

 

 

[9]

55,33

 

 

 

 

 

(w) (24)

[10]

49,8 (27)

 

 

 

 

[11]

 

(w)

 

 

 

[12]

(w)

(w)

(w)

 

 

[13]

 

(w)

(w)

 

 

[14]

 

 

 

 

 

[15]

(w)

 

 

 

 

 

In der Folgezeit kam es zu mehreren Rücktritten von Mitgliedern des Gremiums und zu einem Todesfall sowie zum Wegfall von 12 Ersatzmitgliedern.

Dabei kam es wegen des Quorums auch zu Veränderungen, die relevant waren für die Sitzverteilung zwischen den Listen.

Von der Liste 5 war das gewählte weibliche Betriebsratsmitglied am 09.09.2019 zurückgetreten. Für diese rückte das weibliche Ersatzmitglied von dieser Liste nach. Das nachgerückte weibliche Ersatzmitglied trat am 09.01.2020 vom Amt zurück. Ein weiteres weibliches Ersatzmitglied stand auf der Liste 5 nicht mehr zur Verfügung.

Es erfolgte ein Listensprung auf die Liste mit der folgenden noch nicht berücksichtigten Höchstzahl. Es handelte sich um die Liste 3 mit der Höchstzahl 23. Auf dieser Liste gab es nach drei weiteren männlichen Ersatzmitgliedern noch zwei Ersatzmitglieder weiblichen Geschlechtes. Das erste weibliche Ersatzmitglied rückte in das Gremium nach. Dieses nachgerückte weibliche Ersatzmitglied trat am 27.04.2020 ebenfalls vom Amt zurück und es rückte das letzte weibliche Ersatzmitglied von dieser Liste in das Amt nach. Von der Liste 5 trat am 17.06.2020 ein weiteres, diesmal männliches Betriebsratsmitglied vom Amt zurück. Es rückte das letzte verbliebene männliche Ersatzmitglied von der Liste 5 nach. Die Liste 5 war nunmehr erschöpft. Ein weiteres Ersatzmitglied stand nicht mehr zur Verfügung. Das nachgerückte Ersatzmitglied trat am 29.06.2020 vom Amt zurück. Der frei gewordene Sitz im Betriebsrat konnte nicht mehr von der Liste 5 nachbesetzt werden. Es erfolgte deshalb ein weiterer Listensprung auf die Liste mit der folgenden noch nicht berücksichtigten Höchstzahl. Es handelte sich um die Liste 3 mit der Höchstzahl 23. Diese Liste war durch den ersten Listensprung wegen des Quorums bereits mit einem Sitz mehr im Gremium repräsentiert. Die nächste nicht berücksichtigte Höchstzahl 24 entfiel auf die Liste 1. Von dieser Liste 1 rückte als erste Nachrückerin ein weibliches Ersatzmitglied nach. Damit gehörten dem Gremium nunmehr neun weibliche Mitglieder an.

Die Sitzverteilung und die (Über-)Erfüllung des Quorums stellte sich danach dar wie folgt:

 

Tabelle 2

 

Liste 1

Liste 2

Liste 3

Liste 4

Liste 5

[498]

[197]

341 (w)

110 (w)

309 (w) ausgeschieden

[249]

98,5

170,5

55 (w) (25)

154,5 (w)

166 (w)

65,67 (w)

113,67

 

103 ausgeschieden

124,5

49,3

85,25 (w)

 

77,25

99,6

ausgeschieden

68,2 ausgeschieden

 

61,8 ausgeschieden (22)

83 (w)

 

+1: nachgerückt (w) von Listenplatz 13

 

51,5 (w) ausgeschieden

 

56,82 (23)

71,14

(w)

 

 

 

62,25

 

 

 

 

+ 1: nachgerückt (w) von Listenplatz 9

 

 

 

 

 

55,33 (24)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(w) ausgeschieden

 

(w) ausgeschieden

 

 

 

 

(w)

 

 

 

 

 

 

 

(w)

 

 

 

 

 

 

 

 

- 2 durch Ausscheiden und fehlende Nachrücker

 

 

Zu einem nachfolgenden Zeitpunkt trat von der Liste 2 das weibliche Betriebsratsmitglied zurück und es rückte von dieser Liste das erste (männliche) Ersatzmitglied nach. Die Zahl der weiblichen Betriebsratsmitglieder entsprach damit wieder dem Quorum.

Am 05.02.2021 trat von der Liste 1 das nachgerückte weibliche Betriebsratsmitglied zurück. Es rückte von dieser Liste das nächste weibliche Ersatzmitglied vom Listenplatz 15 nach und übersprang dabei zwei männliche Ersatzmitglieder. Die Zahl der weiblichen Betriebsratsmitglieder entsprach damit weiterhin dem Quorum.

Vor der Sitzung des Beteiligten zu 2) vom 29.03.2021 entfielen mithin durch 2 Listensprünge einmal zum Erhalt des Quorums und einmal wegen Erschöpfung der Liste 5 durch Rücktritte auf die Liste 1 nunmehr 9 Sitze, weitere 3 Sitze auf die Liste 2, weitere 6 Sitze auf die Liste 3, ein weiterer Sitz auf die Liste 4 und 2 Sitze auf die Liste 5. Die Listen 1 und 3 hatten so jeweils einen Sitz hinzugewonnen zu Lasten der Liste 5.

Die Sitzverteilung und die Erfüllung des Quorums stellte sich danach dar wie folgt:

 

 

 

Tabelle 3

 

Liste 1

Liste 2

Liste 3

Liste 4

Liste 5

[498]

[197]

341 (w)

110 (w)

309 (w) ausgeschieden

[249]

98,5

170,5

55 (w) (25)

154,5 (w)

166 (w)

65,67 (w) ausgeschieden, nachgerückt (m)

113,67

 

103 ausgeschieden

124,5

49,3

85,25 (w)

 

77,25

99,6

ausgeschieden

68,2 ausgeschieden

 

61,8 ausgeschieden (22)

83 (w)

 

+1: nachgerückt (w) von Listenplatz 13

 

51,5 (w) ausgeschieden

 

56,82 (23)

71,14

(w)

 

 

 

62,25

 

 

 

 

+ 1: nachgerückt (w) von Listenplatz 9, ausgeschieden und (w) nachgerückt von Listenplatz 15

 

 

 

 

 

55,33 (24)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(w) ausgeschieden

 

(w) ausgeschieden

 

 

 

 

(w)

 

 

 

 

 

 

 

(w)

 

 

 

 

 

 

 

 

- 2 durch Ausscheiden und fehlende Nachrücker

 

Für diese Sitzung meldeten 5 Betriebsratsmitglieder ihre vorübergehende Verhinderung und es wurden Ersatzmitglieder geladen. Weitere 4 Betriebsratsmitglieder fehlten unentschuldigt. Es nahmen 17 Betriebsratsmitglieder an der Sitzung teil.

 

Der Beteiligte zu 2) beschloss in der Sitzung vom 29.03.2021 ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 347 f der Akte), der Versetzung mit 17 zu 0 Stimmen zuzustimmen und der Umgruppierung mit elf Stimmen, einer Gegenstimme und fünf Enthaltungen nicht zuzustimmen.

 

Am 29.03.2021 teilte der Beteiligte zu 2) die Zustimmung zur Versetzung und die Zustimmungsverweigerung zur Umgruppierung des Mitarbeiters der Beteiligten zu 1) mit. Zur Begründung führte der Beteiligte zu 2) aus:

„Der Betriebsrat widerspricht der Eingruppierung von Herrn I. U..

Nach BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1 verstößt die personelle Maßnahme gegen den Manteltarifvertrag der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern. Der Mitarbeiter wurde nicht ordnungsgemäß eingruppiert. Der Betriebsrat sieht diesen Mitarbeiter in der Lohngruppe K3, 5 BJ.

Im Gespräch mit Frau Sö… am 11.03.2021 hat der Entgeltausschuss dargelegt warum wir Herrn I… in einer höheren Eingruppierung sehen. Darauf gab es eine neue interne Stellenausschreibung am 17.03.2021 mit neuen Aufgaben und Profil. Weiterhin Spiegelt diese Art der Tätigkeiten die Inhalte eines Annerkannten Ausbildungsberufes wieder. Auf Grundlage dieser Informationen und Bezugnehmend auf den Manteltarifvertrag ist Herr I… in der Gehaltsgruppe K3 zu sehen.“

 

Die Beteiligte zu 1) versetzte den Mitarbeiter an den Empfang des Hotels. Mit Antragsschrift vom 16.04.2021 leitete die Beteiligte zu 1) wegen der verweigerten Zustimmung zur Umgruppierung des Mitarbeiters das streitgegenständliche Verfahren ein.

Sie machte vor dem Erstgericht geltend:

Die Tätigkeit des Mitarbeiters am Hotelempfang entspreche der vorgesehenen Eingruppierung in die Gehaltsgruppe K1. Es handele sich um einfache Tätigkeiten, für die weder eine zweijährige noch eine dreijährige Berufsausbildung erforderlich sei. Die Tätigkeiten würden auf Grund einer Checkliste abgearbeitet. Es seien arbeitstäglich die gleichen Aufgaben zu erfüllen.

Mit dem Softwaretool „Protel“ würden die Buchungsvorgänge durchgeführt und die anstehenden Rechnungen und die weiteren Dokumente automatisch generiert.

Im Einzelnen handele es sich um folgende Tätigkeiten:

– Check-in/Anreise

- Gäste begrüßen und im Programm „einchecken“ Meldeschein, welcher automatisch vom Programm generiert wird, an den Gast übergeben und ausfüllen lassen

- Gäste über die Aufenthaltsgegebenheiten informieren

- Angebot der Buchung eines Frühstücks im Frühstücksrestaurant des FunParks, optionales Angebot von Kinderbetten sowie eines Tickets für den FunPark, sofern diese Punkte bei der Bestellung nicht aufgenommen waren

- Zimmerschlüssel codieren und an Gast übergeben – Daten von Meldeschein in Protel übertragen

- Check-out/Abreise

- Überprüfung der gebuchten Leistungen

- generieren einer Rechnung über das Programm Protel

- Gast über die bevorzugte Zahlungsart abkassieren (Kartenzahlung oder Bar) Reservierungsannahme

- Buchungsanfragen zum gewünschten Zeitraum aufnehmen (telefonisch und per E- Mail)

- Verfügbarkeit der gewünschten Leistung überprüfen

- Reservierung im System anlegen

- Reservierungsbestätigung generieren und an Gast übermitteln

Ferner seien die Zimmerkontrolle auf Sauberkeit, die Bearbeitung von Gästeanfragen (telefonisch und per E-Mail), die Stammdatenpflege in Protel, die Vorbereitung der Anreise der Gäste, die Vornahme des Tagesabschlusses in Protel und auf den EC-Geräten sowie die Kassenführung zu erledigen.

Der Mitarbeiter habe keine Entscheidungsbefugnisse. Diese lägen bei den anderen beiden Mitarbeitern des Hotelteams.

Das Hotel biete nur die Übernachtung an mit einem Einheitspreis für die Zimmer für die Sommer- und die Wintersaison. Die Hotelgäste könnten nur für mitreisende Kinder ein Babybett und die Aufbettung eines Sofas zubuchen.

Das Hotel biete ergänzend die Möglichkeit, das Frühstück in der Restauration des Freizeitparkes mit zu buchen. Diese Möglichkeit bestehe bei der Buchung über das Internet wie auch bei der Nachbuchung am Hotelempfang. Das Frühstück werde nur als Buffet angeboten, eine Differenzierung sei nur im Preis in Abhängigkeit vom Alter des Frühstücksgastes geboten.

Es handele sich durchgängig um einfache Tätigkeiten.

Nach Schließung des Hotelempfanges sei noch die Zimmerkontrolle nach Checkliste durchzuführen, auch dies eine einfache Tätigkeit.

Die Zustimmung zur Umgruppierung gelte als erteilt mangels ordnungsgemäßer Beschlussfassung und Zustimmungsverweigerung binnen der Wochenfrist.

Die Zusammensetzung des Gremiums sei fehlerhaft gewesen. Mit dem zweiten Listensprung von der Liste 5 auf die Liste 1 und dort dem Nachrücken eines weiblichen Ersatzmitgliedes als nächstes Ersatzmitglied auf der Liste 1 sei es zu einer Erhöhung der Zahl der weiblichen Betriebsratsmitglieder auf 9 und damit zu einer Überfüllung des Quorums gekommen. Deshalb hätte nunmehr ab diesem Zeitpunkt auf der Liste 3 nicht mehr das weibliche Ersatzmitglied herangezogen werden dürfen, sondern das vor ihr stehende männliche Ersatzmitglied. Es sei aber zu der Sitzung am 29.03.2021 nicht das männliche Ersatzmitglied, sondern verfehlt das weibliche Ersatzmitglied geladen worden. Der Ladungsfehler verhindere eine wirksame Beschlussfassung.

Außerdem sei die Zustimmungsverweigerung nicht von dem Betriebsratsvorsitzenden von der Liste 5 unterzeichnet worden, sondern von einem Betriebsratsmitglied der Liste 3.

Die Beteiligte zu 1) beantragte daher vor dem Erstgericht:

1. Es wird festgestellt, dass die Zustimmung des Antragsgegners zur Eingruppierung des Arbeitnehmers I… als ersetzt gilt.

Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.:

2. Die Zustimmung des Antragsgegners zur Umgruppierung des Arbeitnehmers Herrn I… in die Gehaltsgruppe K1 und 5. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer in der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern in Verbindung mit dem Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in der Kunststoff verarbeitende Industrie in Bayern in der aktuellen Fassung wird ersetzt.

Der Beteiligte zu 2) beantragte,

die Anträge abzuweisen.

Der Beteiligte zu 2) trug erstinstanzlich vor:

Die Beschlussfassung vom 29.03.2021 sei nicht zu beanstanden. Der Betriebsratsvorsitzende habe am 25.03.2021 ordnungsgemäß geladen unter Mitteilung der Tagesordnung. Auf der Tagesordnung vom 25.02.2021 (Bl. 119 der Akte) habe sich der Tagesordnungspunkt der Versetzung des Mitarbeiters als Verkäufer vom Verkaufsgeschäft im Freizeitpark in das Hotel als Empfangsmitarbeiter und die Umgruppierung von der Gehaltsgruppe L VII in die Gehaltsgruppe K1 5. BJ befunden.

Die Überfüllung der Quote des Minderheitsgeschlechtes sei unerheblich. Eine nachträgliche Korrektur eines Nachrückvorganges scheide aus.

Es seien fünf ordentliche Betriebsratsmitglieder, darunter der Betriebsratsvorsitzende, verhindert gewesen. Für diese seien ordnungsgemäß Ersatzmitglieder geladen worden. Drei Betriebsratsmitglieder, darunter der stellvertretende Vorsitzende, und ein geladenes Ersatzmitglied seien nicht zur Sitzung erschienen. Deshalb hätten auch nur 17 Personen an der Sitzung teilgenommen. Wegen des Fehlens des Betriebsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters habe ein weiteres Betriebsratsmitglied nach entsprechender Wahl des Gremiums die Sitzungsleitung übernommen.

In der Sitzung vom 29.03.2021 sei die Tagesordnung einstimmig abgeändert worden. Zu dem Tagesordnungspunkt der beantragten Umgruppierung des Mitarbeiters sei mit 5 Enthaltungen, einer Ja-Stimme und 11 Nein-Stimmen die Zustimmung verweigert worden.

Das Betriebsratsmitglied, das die Sitzungsleitung übernommen habe, habe auch den Beschluss über die Zustimmungsverweigerung unterschrieben.

Die Zustimmungsverweigerung sei berechtigt gewesen. Die beabsichtigte Umgruppierung entspreche nicht dem Tarifrecht. Die Aufgaben des Mitarbeiters am Empfang ging weit über die Anforderungen der Gehaltsgruppe K1 hinaus.

Das Erstgericht wies mit Beschluss vom 03.11.2022 den Hauptantrag der Beteiligten zu 1) zurück und gab dem Hilfsantrag der Beteiligten zu 1) statt.

Zur Begründung führte es aus, dass der Beteiligte zu 2) ordnungsgemäß Beschluss gefasst habe. Die Übererfüllung des Quorums mit dem Nachrücken eines weiblichen Ersatzmitgliedes auf der Liste 1 führe nicht dazu, dass das bereits im Januar nachgerückte weibliche Ersatzmitglied von der Liste 3 nunmehr sein Mandat wieder verliere zugunsten eines vor ihr auf der Liste 3 stehenden männlichen Ersatzmitgliedes. Es bestehe keine entsprechende gesetzliche Regelung. Auch der Wählerwille erfordere eine solche Korrektur nicht. Zu der Sitzung vom 29.03.2021 sei nach dem Vorbringen des Beteiligten zu 2) und den dazu vorgelegten Unterlagen korrekt eingeladen worden. Das pauschale Bestreiten einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung seitens der Beteiligten zu 1) veranlasse keine weitere Aufklärung.

Der Hauptantrag sei unbegründet, die Zustimmungsverweigerung sei form- und fristgerecht erfolgt. Der Hilfsantrag sei begründet und der Mitarbeiter in die Gehaltsgruppe K1 einzugruppieren. Die Eingruppierung folge der Tätigkeit, nicht der Ausbildung. Auf die Richtbeispiele der streitigen Gehaltsgruppen im Tarifwerk könne nicht abgestellt bleiben. Der Mitarbeiter am Empfang des Hotels sei dort nicht abgebildet. Die Tätigkeit des Mitarbeiters am Hotelempfang entspreche einer einfachen Tätigkeit, für die eine Ausbildung nicht erforderlich sei.

Der Beschluss wurde der Beteiligten zu 1) am 24.01.2023 zugestellt. Sie legte am 23.02.203 dagegen Beschwerde ein und begründete diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 24.04.2023 an diesem Tag.

Dem Beteiligten zu 2) wurde der Beschluss am 23.01.2023 zugestellt. Er legte dagegen am 23.02.2023 Beschwerde ein und begründete diese am 22.03.2023.

Die Beteiligte zu 1) trägt in der Beschwerde vor:

Das Erstgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Zustimmungsfiktion nicht eingetreten sei. Ein ordnungsgemäßer Beschluss sei vom Beteiligten zu 2) nicht dargelegt worden.

Das Gremium sei am 29.03.2021 nicht ordentlich besetzt gewesen. Das Nachrücken des weiblichen Ersatzmitgliedes auf der Liste 1 habe zur Übererfüllung des Quorums geführt. Das Nachrücken des weiblichen Ersatzmitgliedes auf der Liste 3 sei deshalb rückgängig zu machen gewesen. Für dieses hätte nunmehr das erste männliche Ersatzmitglied der Liste 3 nachrücken müssen.

Ferner habe der Beteiligte zu 2) lediglich angegeben, dass ein Ersatzmitglied verhindert gewesen sei und deshalb ein weiteres Ersatzmitglied habe geladen werden müssen. Zum Grunde der Verhinderung habe der Beteiligte zu 2) keine Ausführungen gemacht. Verfehlt sei das Erstgericht bei diesem Vorbringen davon ausgegangen, eine Verhinderung habe vorgelegen. Ferner sei es bei der Ladung zu der Sitzung vom 29.03.2021 zu einem Ladungsfehler gekommen. Das nachgerückte weibliche Ersatzmitglied von der Liste 3 sei an diesem Tag verhindert gewesen. Zutreffend sei in Ermangelung eines weiteren weiblichen Ersatzmitgliedes von dieser Liste ein Listensprung erforderlich gewesen auf die Liste mit der nächsten Höchstzahl. Dies sei hier die Liste 4 gewesen. Von dieser Liste sei wegen des Quorums das nächste weibliche Ersatzmitglied nachzuladen gewesen. Dies sei auch erfolgt. Nunmehr sei jedoch für einen etwaigen weiteren Listensprung wieder die Liste 3 die mit der nächsten Höchstzahl gewesen. Dieser Listensprung sei erforderlich geworden, da der Betriebsratsvorsitzende von der Liste 5 verhindert gewesen sei und diese Liste erschöpft gewesen sei. Nunmehr sei jedoch verfehlt ein Ersatzmitglied von der Liste 1 mit der 27. Höchstzahl geladen worden. Richtigerweise wäre ein Ersatzmitglied von der Liste 3 mit der freien 23. Höchstzahl zu laden gewesen.

Der Ladungsfehler führe zur Unwirksamkeit des gefassten Beschlusses und damit zur Zustimmungsfiktion.

Gehe man von einer wirksamen Zustimmungsverweigerung aus, so habe das Erstgericht im Ergebnis zutreffend die Zustimmung zur Umgruppierung des Mitarbeiters ersetzt. Es gebe Gehaltsgruppeneinteilungen für den kaufmännischen Bereich, den technischen Bereich und für Meister. Abzustellen sei für den Empfangsmitarbeiter im Hotel deshalb auf den kaufmännischen Bereich. Die Richtbeispiele der Gehaltsgruppen K1 bis K3 würden den konkreten Tätigkeitsbereich des Empfangsmitarbeiters nicht erfassen. Abzustellen sei deshalb auf die Gruppendefinitionen. Es ginge deshalb entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) eben nicht um einfachste Tätigkeiten, sondern bei der Gehaltsgruppe K1 um „einfache Büroarbeit, für die eine Ausbildung nicht erforderlich“ sei. Keine der Teiltätigkeiten des Empfangsmitarbeiters erforderten eine zweijährige oder dreijährige Berufsausbildung. Auch die Notwendigkeit kommunikativer Fähigkeiten, die unbestritten gegeben sei, bedinge keine vorgängige Berufsausbildung.

Der Empfang der Hotelgäste zähle zu den Aufgaben des Empfangsmitarbeiters, erfordere aber keine berufliche Ausbildung. Dies gelte auch für die dabei anfallenden Arbeiten wie das Erfassen von noch nicht gebuchten Zusatzleistungen wie Frühstück in der Restauration des Freizeitparkes, Aufbettung des Sofas für mitreisende Kinder, Bereitstellung eines Babybettes für mitreisende Babys oder weitere Ausstattung wie Regenschirm, Geschirrbox und Wasserkocher gegen Pfand. Gleiches gelte beim Check-Out der Hotelgäste. Die selbständige Erstellung von Rechnungen gehöre gerade nicht zu seinen Aufgaben. Das verwendete Programm generiere selbständig aus den gebuchten Leistungen die Rechnung. Die Zimmerkontrolle nach Checkliste mache eine berufliche Ausbildung ebenfalls nicht erforderlich.

Der Beteiligte zu 2) stellt im Beschwerdeverfahren folgende Anträge:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.11.2022, Az: 8 BV 29/21 wird abgeändert und der Antrag der Beteiligten zu 1.): Die Zustimmung des Beteiligten zu 2 zur Umgruppierung des Arbeitnehmers I… in die Gehaltsgruppe K1 und 5. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer in der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Bayern in der aktuellen Fassung wird ersetzt, wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte zu 1) trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Beteiligte zu 1) beantragt im Beschwerdeverfahren:

1. Die Beschwerde des Antragsgegners und Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.11.2022, Az.: 8 BV 29/21, wird zurückgewiesen.

2. Auf die Beschwerde der Antragstellerin und Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 03.11.2022, Az.: 8 BV 29/21, abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Zustimmung des Antragsgegners und Beteiligten zu 2) zur Umgruppierung des Arbeitnehmers I… als ersetzt gilt.

Der Beteiligte zu 2) beantragt weiter:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 2) trägt vor dem Beschwerdegericht vor:

Das Erstgericht sei verfehlt davon ausgegangen, dass die Zustimmung zur Umgruppierung des Mitarbeiters zu ersetzen sei. Der Beteiligte zu 2) habe die Zustimmung zur Umgruppierung ordnungsgemäß verweigert. Der Mitarbeiter sei nicht in die Gehaltsgruppe K1 umzugruppieren.

Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, dass die Übererfüllung des Quorums mit dem Nachrückvorgang auf der Liste 1 nicht dazu führe, dass bei dem Listensprung auf die Liste 3 das nachgerückte weibliche Ersatzmitglied nun durch ein vor ihr auf der Liste stehendes männliches Ersatzmitglied ersetzt werden müsste. Eine nachträgliche Korrektur eines im maßgeblichen Betrachtungszeitraum zutreffenden Nachrückvorganges scheide grundsätzlich aus.

Das Erstgericht sei auch zutreffend von einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung am 29.03.2021 ausgegangen. Die Betriebsratsmitglieder und die für die abwesend gemeldeten und damit verhinderten Betriebsratsmitglieder nachzuladenden Ersatzmitglieder seien ordnungsgemäß unter Beifügung der Tagesordnung vom Betriebsratsvorsitzenden am 25.03.2021 geladen worden.

Für die abwesenden ordentlichen Mitglieder des Gremiums seien folgende Ersatzmitglieder nachgeladen worden:

 

Tabelle 4

 

Verhindertes Mitglied

Liste

Geladenes Ersatzmitglied

Position Ersatzmitglied

Grund für Ladung des Ersatzmitglieds

Am…

[3]

Hop…

Liste 4, 4.Ersatzmitglied

Frau Am… war urlaubsbedingt verhindert; keine weitere Frau auf Liste 3, daher aufgrund Stimmenmehrheit Wechsel zu Liste 4, dort wurde Frau Hop… (4. Ersatzmitglied) geladen, da Frau Sol… (3. Ersatzmitglied) krank war.

Wen…

[1]

Lu…

Liste 1, 2.Ersatzmitglied

Herr Wen… war krank, 1. Ersatzmitglied der Liste 1 Herr Bo… war abwesend, daher wurde das 2. Ersatzmitglied der Liste 1 Herr Lu… geladen.

Gl…

[2]

E…

Liste 2, 1.Ersatzmitglied

Herr Gl… war krank, es wurde das 1. Ersatzmitglied der Liste 2 Herr E… geladen.

Bs…

[5]

Sc…

Liste 1, 3.Ersatzmitglied

Herr Bs… hatte Urlaub, keine weiteren Ersatzmitglieder auf der Liste 5, daher aufgrund Stimmenmehrheit Wechsel zu Liste 1, 1. Ersatzmitglied der Liste 1 Herr Bo… war abwesend, daher das 2. Ersatzmitglied der Liste 1 Herr Lu… geladen, Lu… bereits geladen (s.o.), daher das 3. Ersatzmitglied der Liste 1 Herr Sc…geladen.

Pi…

[2]

Gr…

Liste 2, 2.Ersatzmitglied

Herr Pi… hatte Urlaub, 1. Ersatzmitglied der Liste 2 Herr E… geladen, Herr E… bereits geladen (s.o.), daher das

 

2. Ersatzmitglied der Liste 2 Gr… geladen.

 

 

 

Urlaub und Krankheit seien anerkannte Verhinderungsgründe. Im Falle des Ersatzmitgliedes Bo… sei dessen Nachladung nicht möglich gewesen. Das Ersatzmitglied sei zu diesem Zeitpunkt nicht im Betrieb anwesend gewesen und im Übrigen von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt gewesen.

An der Sitzung hätten 17 Betriebsrats- und Ersatzmitglieder teilgenommen. Diese hätten einstimmig die Tagesordnung geändert. Der Beschluss zur Verweigerung der Zustimmung zur Umgruppierung sei mit 5 Enthaltungen, einer Ja-Stimme und 11 Nein-Stimmen gefasst worden.

Dies sei der Beteiligten zu 1) auch fristgerecht mit Begründung mitgeteilt worden.

Der Mitarbeiter sei in die Gehaltsgruppe K3, jedenfalls aber in die Gehaltsgruppe K2, aber keinesfalls in die Gehaltsgruppe K1 einzugruppieren.

Die Anforderungskriterien des MTV brächten eine Steigerung der Aufgabenschwierigkeit von den einfachen zu den qualifizierten Tätigkeiten zum Ausdruck. Bei den Tätigkeiten der Gehaltsgruppe K1 handele es sich um einfachste Tätigkeiten, die eine Berufsausbildung nicht erforderlich machten. Dies zeigten die Richtbeispiele.

Bei den Tätigkeiten der Gehaltsgruppe K2 seien dagegen eingehende Anweisungen erforderlich und Kenntnisse, die eine abgeschlossene zweijährige Berufsausbildung erforderlich machten.

Bei den Tätigkeiten der Gehaltsgruppe K3 seien schließlich Kenntnisse erforderlich, die durch eine abgeschlossene dreijährige kaufmännische Berufsausbildung erworben werden.

Dieser Gehaltsgruppe sei der Kläger zuzuordnen. Am Empfang müsse der Mitarbeiter über entsprechende kommunikative Fähigkeiten verfügen, bei der Vielzahl ausländischer Gäste auch über entsprechende Englischkenntnisse. Er müsse mit der EDV und dem verwendeten Programm Protel umgehen können, um den Meldeschein dorthin zu übertragen, Reservierungsbestätigungen und Rechnungen zu erstellen und abzukassieren.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug genommen. Ferner wird Bezug genommen auf die Beschwerdebegründung des Beteiligten zu 2) vom 22.03.2023 und den weiteren Schriftsatz vom 26.06.2023 sowie die Beschwerdebegründung der Beteiligten zu 1) vom 24.04.2021 und deren Beschwerdeerwiderung vom 24.05.2023.

Aus den Gründen

II.

1. Die Beschwerden sind zulässig.

a) Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig. Sie ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 87 Abs. 2, 89, 66 ArbGG.

b) Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist zulässig. Sie ist statthaft, § 87 Abs. 1  ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 87 Abs. 2, 89, 66 ArbGG.

 

2. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist begründet. Die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur beantragten Umgruppierung des betroffenen Mitarbeiters gilt als erteilt. Der Beschluss vom 29.03.2021 ist mangels ordnungsgemäßer Beschlussfassung unwirksam.

Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme als erteilt, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung der Zustimmung nicht frist- und formgerecht mitteilt. Die Zustimmungsverweigerung ist ungeachtet der Wahrung der formellen Voraussetzungen unbeachtlich. Sie beruht nicht auf einem ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss.

 

Die Wirksamkeit eines Beschlusses des Betriebsrats setzt die ordnungsgemäße Ladung aller Mitglieder und gegebenenfalls der erforderlichen Ersatzmitglieder des Betriebsrats voraus. Nach § 29 Absatz 2 Satz 3 BetrVG hat der Vorsitzende die Mitglieder des Betriebsrats zu den Sitzungen rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden. Für ein verhindertes Betriebsratsmitglied hat er nach § 29 Absatz 2 Satz 6 BetrVG das Ersatzmitglied zu laden. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist wesentlich für die Wirksamkeit eines in der Sitzung gefassten Beschlusses.

a) Der Antrag auf Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung vom 24.03.2021 ging ausweislich des Eingangstempels dem Beteiligten zu 2) am gleichen Tag zu.

b) Die inhaltliche Information war auch ausreichend nach § 99 Abs. 1 BetrVG.

Bei Umgruppierungen ist die Mitteilung der bisherigen und vorgesehenen Vergütungsgruppe erforderlich sowie die Erläuterung der Gründe, weshalb der Arbeitnehmer anders als bisher einzureihen ist. Dazu bedarf es regelmäßig der Angabe der auszuübenden Tätigkeit, da die Zuordnung zu den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe aufgrund der dem Arbeitnehmer zugewiesenen Arbeitsaufgaben erfolgt. Sind diese dem Betriebsrat zum Zeitpunkt der Unterrichtung bereits bekannt, ist eine erneute Unterrichtung des Arbeitgebers hierüber entbehrlich, BAG, Beschluss vom 30.09.2014 – 1 ABR 32/13 –, Rn. 25.

Daran gemessen war die Information des Beteiligten zu 2) ausreichend. Der betroffene Mitarbeiter, die neue Tätigkeit und die beabsichtigte Umgruppierung in die Gehaltsgruppe K1 wurde mitgeteilt. Die weiteren Umstände in tatsächlicher Hinsicht waren dem Beteiligten zu 2) bekannt aus den beiden vorangegangenen Stellenausschreibungen.

c) Der Beteiligte zu 2) hat seine Zustimmung nicht wirksam innerhalb der spätestens am 31.03.2021 ablaufenden einwöchigen Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verweigert. Die Erklärung der Zustimmungsverweigerung bedarf zu ihrer Wirksamkeit eines wirksamen Beschlusses des Beteiligten zu 2). Dieser liegt nicht vor.

 (1) Die Erklärung einer Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG bedarf zu ihrer Wirksamkeit eines darauf gerichteten Beschlusses des Betriebsrats. Der Beschluss über eine Zustimmungsverweigerung ist nur beachtlich, wenn er ordnungsgemäß zu Stande gekommen ist. Dazu muss der Betriebsrat beschlussfähig sein und sich auf einer Betriebsratssitzung auf Grund einer mit den Vorschriften des BetrVG in Einklang stehenden Ladung mit dem jeweiligen Sachverhalt befasst und durch Abstimmung eine einheitliche Willensbildung herbeigeführt haben. Eine ordnungsgemäße Sitzung setzt nach § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG voraus, dass die Betriebsratsmitglieder vom Vorsitzenden rechtzeitig unter Mitteilung einer Tagesordnung zur Betriebsratssitzung geladen worden sind, BAG, Beschluss vom 30.09.2014 – 1 ABR 32/13 –, Rn. 35.

 (2) Zur Betriebsratssitzung sind die ordentlichen Betriebsratsmitglieder rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden.

Zu den zu ladenden Betriebsratsmitgliedern zählte auch das zum Erhalt des Quorums über einen Listensprung am 27.04.2020 nachgerückte weibliche Ersatzmitglied der Liste 3. Dieses Ersatzmitglied rückte dauerhaft in das Amt eines Betriebsratsmitgliedes nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ein. Dieser Vorgang war nicht zu korrigieren durch spätere Veränderungen der Zusammensetzung des Gremiums mit der Folge einer Übererfüllung des Quorums. Die Mitgliedschaft im Betriebsrat erlischt deshalb nicht. Dies ergibt sich aus § 24 BetrVG. Die zu einem späteren Zeitpunkt eintretende Übererfüllung des Quorums und die damit wegfallende Notwendigkeit eines Listensprunges ist dort nicht genannt als möglicher Grund für das Erlöschen der Mitgliedschaft im Betriebsrat. Die dortige Aufzählung ist zwar nicht abschließend. Die dort nicht geregelten Fälle des Erlöschens der Mitgliedschaft nach der Rechtsprechung, wie der Tod des Betriebsratsmitgliedes, der Übertritt in den Kreis der leitenden Angestellten oder der Wechsel in einen anderen Betrieb des Unternehmens gehen alle einher mit dem Verlust der Wählbarkeit im Betrieb. Dies ist nicht der Fall im hier von der Beteiligten zu 1) problematisierten Fall. Es besteht keine Notwendigkeit, den vorliegenden Fall diesen Fällen zu parallelisieren.

Eine solche Notwendigkeit ergibt sich gerade im vorliegenden Fall auch nicht aus der Tatsache, dass es mit einem Listensprung zur Sicherung des Quorums zu einer Abweichung der Sitzverteilung im Gremium gegenüber dem Wählerwillen kommt, wie er im Wahlergebnis seinen Ausdruck fand. Die Regelung des § 15 Abs. 2 BetrVG ist grundsätzlich mit höherrangigem Recht vereinbar, BAG, Beschluss vom 16.03.2005 – 7 ABR 40/04 –, Rn. 32. Eine Korrektur der Sitzverteilung hätte sich im vorliegenden Fall auch nicht ergeben, da an die Stelle des nachgerückten weiblichen Ersatzmitgliedes ein vor ihr auf der Liste stehendes männliches Ersatzmitglied zum Zuge gekommen wäre.

Mit dieser Maßgabe hat der Betriebsratsvorsitzende ausweislich der Empfängerliste der Einladung vom 25.03.2021 (Bl. 148 der Akte) zur Sitzung am 29.03.2021 alle ordentlichen Betriebsratsmitglieder geladen einschließlich des auf der Liste 3 nachgerückten weiblichen Ersatzmitgliedes. Die Tagesordnung war im Anhang beigefügt. Es liegt insoweit kein Ladungsfehler vor.

 (3) Im Falle der Verhinderung eines ordentlichen Betriebsratsmitgliedes ist ein Ersatzmitglied zu laden nach § 29 Abs. 2 Satz 6 BetrVG.

Eine zeitweilige Verhinderung liegt vor, wenn sich ein Betriebsratsmitglied vorübergehend aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in der Lage sieht, sein Amt auszuüben beispielsweise wegen Urlaubs, Arbeitsunfähigkeit, Dienstreise oder Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung.

Die Reihenfolge, in der bei Verhinderung eines Betriebsratsmitgliedes ein Ersatzmitglied zu laden ist, bestimmt sich nach § 25 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Danach werden die Ersatzmitglieder unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 2 BetrVG der Reihe nach aus den nichtgewählten Arbeitnehmern derjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören. Wird bei der Heranziehung der Ersatzmitglieder gegen die in § 25 Abs. 2 BetrVG vorgesehene Reihenfolge verstoßen, leidet der Beschluss an einem erheblichen Mangel und ist deshalb unwirksam. Wird für ein zeitweilig verhindertes Mitglied ein vorhandenes Ersatzmitglied nicht geladen, ist der Betriebsrat an einer wirksamen Beschlussfassung gehindert. Hiervon ist nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn ein Betriebsratsmitglied plötzlich verhindert und es dem Betriebsrat nicht mehr möglich ist, das Ersatzmitglied rechtzeitig zu laden, BAG, Beschluss vom 18.01.2006 – 7 ABR 25/05 –, Rn. 10. Wird dagegen für ein zeitweilig verhindertes Betriebsratsmitglied ein vorhandenes Ersatzmitglied nicht geladen, ist der Betriebsrat an einer wirksamen Beschlussfassung gehindert, BAG, Beschluss vom 06.11.2013 – 7 ABR 84/11 –, Rn. 27.

Nach diesen Maßgaben wurde in der Sitzung vom 29.03.2021 kein ordnungsgemäßer Beschluss zur Umgruppierung des betroffenen Mitarbeiters gefasst. Es liegt ein Ladungsfehler bei der Nachladung von Ersatzmitgliedern für verhinderte Betriebsratsmitglieder vor.

An der Sitzung konnten 5 Betriebsratsmitglieder nicht teilnehmen.

3.1. Bei einem dieser fünf verhinderten Betriebsratsmitglieder handelte sich dabei um das Betriebsratsmitglied auf Liste 1, Listenplatz 4. Es lag eine Erkrankung vor, also eine Verhinderung. Auf der Nachrückerliste der Liste 1 stand nach dem Nachrücken des ersten weiblichen Ersatzmitgliedes nach Listensprung an zweiter Stelle mit dem Listenplatz 10 ein männliches Ersatzmitglied. Dieses Ersatzmitglied war von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt und betriebsabwesend, also ebenfalls verhindert. Die Ersatzmitglieder auf den Listenplätzen 11 bis 13 standen zu diesem Zeitpunkt wegen Rücktritt nicht mehr zur Verfügung. Es wurde richtigerweise das Ersatzmitglied auf Listenplatz 14 nachgeladen.

3.2. Verhindert waren ferner von der Liste 2 das Betriebsratsmitglied auf Listenplatz 2 wegen Urlaub und das bereits nachgerückte Ersatzmitglied auf Listenplatz 4 wegen Erkrankung. In beiden Fällen lag eine Verhinderung vor. Es wurden richtigerweise die nächsten zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Ersatzmitglieder auf den Listenplätzen 6 und 8 nachgeladen.

3.3. Verhindert war ferner von der Liste 3 das im Wege des Listensprunges nachgerückte weibliche Ersatzmitglied auf Listenplatz 13 wegen Urlaub. Um das Quorum nach §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 2 BetrVG sicherzustellen kam es zu einem neuerlichen Listensprung, da auf der Liste 3 zu diesem Zeitpunkt keine weiteren weiblichen Ersatzmitglieder mehr vorhanden waren. Der Sitz ging entsprechend § 25 Abs. 2 Satz 2 BetrVG an die Liste 4 als die Liste mit der nächsten Höchstzahl. Dort stand auf Listenplatz 7 eine weibliches Ersatzmitglied zur Verfügung, das richtigerweise nachgeladen wurde.

3.4. Verhindert war schließlich von der Liste 5 der Betriebsratsvorsitzende wegen Urlaub. Da die Liste bereits erschöpft war, war ein Listensprung geboten. Die nächste freie Höchstzahl 22 entfiel auf die Liste 5, die bereits erschöpft war.

Die nächste freie Höchstzahl 23 entfiel im Wege des Listensprunges auf die Liste 3. Auf der Liste 3 standen noch Ersatzmitglieder zur Verfügung. Die Ladung eines Ersatzmitgliedes von dieser Liste war möglich. Tatsächlich und verfehlt geladen wurde von der Liste 1 mit der nächsten freien Höchstzahl 24 ein weiteres männliches Ersatzmitglied.

Dies führte im Ergebnis dazu, dass 21 Betriebsratsmitglieder und Ersatzmitglieder, davon von der Liste 1 insgesamt 10 Mitglieder, von der Liste 2 drei Mitglieder, von der Liste 3 fünf Mitglieder, von der Liste 4 zwei Mitglieder und von der Liste 5 noch ein Mitglied geladen wurden.

 (4) Der Ladungsfehler ist auch beachtlich.

4.1. Nach der Rechtsprechung des BAG führt die unterbliebene Ladung eines teilnahmeberechtigten Betriebsratsmitgliedes ungeachtet des Abstimmungsergebnisses zur Unwirksamkeit der Beschlüsse des Gremiums, BAG, Urteil vom 23.08.1984 – 2 AZR 391/83 –, Rn. 32. Danach führen grobe Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die für das ordnungsgemäße Zustandekommen als wesentlich anzusehen sind, zur Unwirksamkeit gefasster Beschlüsse. Eine wesentliche Voraussetzung für das ordnungsgemäße Zustandekommen des Betriebsratsbeschlusses ist die gemäß § 29 BetrVG erfolgte ordnungsgemäße Ladung aller Betriebsratsmitglieder einschließl. etwaiger Ersatzmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung. Wird daher für ein zeitweilig verhindertes Betriebsratsmitglied nicht das nach § 25 Abs. 2 BetrVG heranzuziehende Ersatzmitglied geladen, so ist der Betriebsrat an einer wirksamen Beschlussfassung gehindert, BAG, Beschluss vom 18.01.2006 – 7 ABR 25/05 –, Rn. 10.

Die Teilnahme eines nicht teilnahmeberechtigten Betriebsratsmitgliedes wie beispielsweise die Teilnahme eines Ersatzmitgliedes, obwohl das Betriebsratsmitglied nicht verhindert war, führt dagegen nicht zur Unwirksamkeit gefasster Beschlüsse, wenn sich die Teilnahme offensichtlich nicht auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat, BAG, Beschluss vom 06.12.2006 – 7 ABR 62/05 –, Rn. 19.

4.2. Es ist hier nichts dafür ersichtlich, dass die Beteiligte zu 1) sich nicht auf den Ladungsfehler berufen könnte, weil sie durch den Aufbau von Zeitdruck oder in sonst unlauterer Weise auf die Ladung Einfluss genommen und den Ladungsfehler provoziert hätte. Der Betriebsratsvorsitzende hat die Ladung nebst Tagesordnung am 25.03.2021 um 09:36 Uhr an die Betriebsratsmitglieder versandt. Offensichtlich noch am gleichen Tag hatte er auch schon in Kenntnis der Hinderungsgründe die fünf Ersatzmitglieder bereits geladen. Anders ist nicht erklärbar, dass diese fünf Ersatzmitglieder ihre ordnungsgemäße Ladung nebst Tagesordnung jeweils mit schriftlicher Erklärung vom 25.03.2021 (Bl. 149 bis 153 der Akte) bestätigt hatten.

Die Beteiligte zu 1) trägt auch keine Verantwortung für die zahlenmäßig geringe Berücksichtigung des Minderheitsgeschlechtes bei Aufstellung der Listen, die hohe Zahl von Rücktritten von Betriebsratsmitgliedern und Ersatzmitgliedern nach der Wahl und die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelung der §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 2 BetrVG.

4.3. Es ist – worauf es nach der Rechtsprechung des BAG ohnehin nicht ankommt – auch nichts dafür ersichtlich, dass sich beim Abstimmungsergebnis keine Änderung ergeben hätte, wenn das richtige Ersatzmitglied an der Beratung und an der Beschlussfassung teilgenommen hätte. Der Ladungsfehler kann daher nicht unbeachtlich sein, weil sich ausschließen ließe, dass es dadurch zu einem anderen Abstimmungsergebnis gekommen wäre.

 (5) Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist unbegründet aus den vorgenannten Gründen. Auf die weiteren im Verfahren aufgeworfenen Fragen nach der zutreffenden Eingruppierung des betroffenen Mitarbeiters war nicht mehr einzugehen.

III.

1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 2 Abs. 2 GKG.

2. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, § 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG, zur Frage des Listensprunges zur Erfüllung der Quote des Minderheitsgeschlechtes bei dauerhaftem Ausscheiden und vorübergehender Verhinderung von Betriebsratsmitgliedern liegt höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vor.

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