ArbG Kiel: Berechnung der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer bei enger Verflechtung mehrerer Firmen
ArbG Kiel, Urteil vom 14.2.2013 - 5 Ca 1384 c/12
Amtliche Leitsätze
1. Bei der Berechnung der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer i. S. v. § 23 KSchG sind die Arbeitnehmer anderer Firmen zu berücksichtigen, wenn sie in die betriebliche Organisation eingegliedert sind und die Arbeitsleistung für den Betrieb wie von eigenen Arbeitnehmern erbracht wird.
2. Bei der Geltendmachung von Überstunden eines Prokuristen und Projektmanagers verbleibt es dabei, dass der Arbeitnehmer vortragen muss, an welchen Tagen er welche Tätigkeiten im Rahmen der von ihm behaupteten Überstunden erbracht hat.
§ 23 KSchG, § 611 BGB
Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zwei fristgemäßen Kündigungen des Arbeitsverhältnisses des Klägers sowie um Zahlungsansprüche.
Der Kläger ist am ...1964 geboren, verheiratet und ist zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit 01.04.2000 beschäftigt. Der Kläger ist bei der Beklagten als Produktmanager tätig. Ab dem 16.11.2011 hatte der Kläger Gesamtprokura in Gemeinschaft mit einem weiteren Geschäftsführer.
Die Parteien haben einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen (Bl. 6-12 d. A.).
Dort ist folgendes geregelt:
„ § 3 Arbeitszeit
1. Der Mitarbeiter ist vollzeitbeschäftigt. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Die Lage der Arbeitszeit sowie der Pausen wird von der Arbeitgeberin bestimmt.
2. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sofern betriebliche Belange dies erfordern, Überstunden (einschließlich Samstags, Sonn- und Feiertagsarbeit) zu leisten. Mit der Vergütung sind auch die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden Leistungen abgegolten. Ausgenommen davon ist der Ausgleich für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung gemäß § 11 Arbeitszeitgesetz. Die Regelungen des Arbeitzeitsgesetzes bleiben unberührt.
§ 14 Schlussbestimmungen
1. ....
2. Dieser Arbeitsvertrag ersetzt alle vorherigen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien. Mündliche Abreden sind nicht getroffen. Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform. Auch die Abänderung dieses Schriftformerfordernisses bedarf zwingend der Schriftform. Die telekommunikative Übermittlung erfüllt das Schriftformerfordernis nicht."
In den ersten Jahren seiner Beschäftigung erhielt der Kläger stets eine variable Vergütung. Im Zuge der Krise der H. Bank wurde die Prämienzahlung eingestellt. Der Kläger klagte die ihm versprochene Retention-Prämie und eine variable Vergütung ein. Nach Eintritt eines neuen Gesellschafters nahm der Kläger die Klage zurück. Es fanden in der Folge diverse Gespräche über die Vergütung des Klägers, insbesondere wegen einer Bezahlung der Überstunden des Klägers, statt. Die Parteien verhandelten über die Erhöhung der Jahresvergütung, der Zahlung einer pauschalen Abgeltung einer bezifferten Anzahl von Überstunden pro Monat und Bedingungen für die Vergütung der Betriebstreue des Klägers. Dies fand Niederschlag in den Formulierungen einer Änderungsvereinbarung (Bl. 15 - 17 d. A.). Diese Änderungsvereinbarung ist nicht unterschrieben worden.
Der Kläger war während seiner Tätigkeit weitgehend auf sich allein gestellt, weil die Beklagte mit einer sehr engen Personaldecke arbeitet. Für die Betreuung der Mitarbeiter/innen in K. und die laufende Geschäftsabwicklung war der Kläger zuständig. Die Tätigkeit des Klägers brachte es mit sich, dass er häufig auswärts bei Kunden tätig war.
Im April 2012 kam es zu einer Mehrheitsbeteiligung an der Beklagten durch die DMO (Neue Osnabrücker Zeitung NOZ).
Die Integration der Beklagten in die Organisation der DMO ergibt sich aus dem neuen Organigramm vom 07.02.2012 (Bl. 129 d. A.).
Die Projektorganisation der Beklagten war dergestalt geregelt, dass die Beklagte gemeinsam mit der b. GmbH & Co. KG die technische und Produktentwicklung betreibt und deren Geschäftsführer M. W. als Bindeglied fungiert. Finanz- und Rechnungswesen werden gemeinsam mit der Neuen Osnabrücker Zeitung ausgeführt, Telefonaktivitäten mit der S.C.O. Gekündigte Arbeitsplätze im Bereich Telesales-Geschäft und Supporttätigkeiten wurden in O. neu eingerichtet. So wurde der Mitarbeiter N. F. in K. entlassen und begann seine Tätigkeit am Tag darauf in O.. Er arbeitet mit seiner gesamten Arbeitszeit für die Beklagte. Er tritt im E-Mail-Verkehr mit den Kontaktdaten der Beklagten auf.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers durch Schreiben vom 19.06.2012 und durch Schreiben vom 29.06.2012 jeweils zum 31.12.2012 (Bl. 13 und 14 d. A.). Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vom 19.06.2012 wurde dem Kläger von H. K. (Geschäftsführer der b. GmbH & Co.KG) mündlich ausgesprochen. Die schriftliche Kündigung erhielt der Kläger von H. S.. Der Widerruf der Prokura wurde dem Kläger mit Schreiben vom 19.09.2012 durch den neuen Geschäftsführer der Beklagten Herr H. K. (vormals Geschäftsführer der b. GmbH & Co KG; vgl. Bl. 133 d. A.) ausgesprochen. Die Freistellung des Klägers im Rahmen der Kündigungsfrist wurde dem Kläger mit Schreiben vom 09.10.2012 (Bl. 134 d. A.) durch den Geschäftsführer der Beklagten H. K. und dem Prokurist H. B. ausgesprochen.
Die Beklagte beschäftigte zum Zeitpunkt der Kündigung 6 Arbeitnehmer. Es sind dies die Mitarbeiter O., A. V., J.-H. K., M. H., M.lD. sowie den Kläger. Herr O. und Herr V. haben im Juni 2012 die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses erhalten. Weitere 17 Personen sind für die Beklagte tätig (vgl. die Auflistung Bl. 28 d A.). Zwei weitere Positionen, nämlich der „Leitstand für den Basissupport in Vollzeit" und der „kaufmännische Innendienst" sollten besetzt werden.
Diese weiteren 17 Personen treten für die Beklagte auf. Sie kommunizieren unter der E-Mailadresse @...com. Vor der Domain befindet sich dann jeweils der Vorname und Name durch Punkt getrennt.
Diese weiteren Mitarbeiter bis auf den Mitarbeiter S. S., kommen aus der Firma b. GmbH & Co KG, der N.O.Z. GmbH & Co. KG und der S.C.O. GmbH & Co. KG. Mit diesen Firmen hat die Beklagte einen Dienstleistungsvertrag abgeschlossen hat. Der Mitarbeiter S. S. ist freiberuflicher Entwickler. Sein Vertrag wurde auf die Fa. b. GmbH & Co. KG umgeschrieben. In deren Auftrag arbeitet er zu 100% für die Beklagte.
Die Firma b. GmbH & Co. KG unterstützt die Beklagte im Rahmen eines entsprechenden Auftragsverhältnisses bei der Erbringung der sogenannten Supportleistungen. Der einzige Angestellte der Beklagten in diesem Bereich, Herr J.-H. K. wird von dem Supportteam der Firma b. GmbH & Co. KG in diesen Aufgaben unterstützt. Ziel ist es, flexibel auf zeitweise erhöhtes Supportaufkommen reagieren zu können sowie Urlaubs- und Krankheitstage in der Ein-Mann-Abteilung von H. K. auffangen zu können.
Die Herren P. R., S. K. und S. S. arbeiten bei der Fa. b. GmbH & Co. KG als Entwickler. Die Beklagte hat die Fa. b. GmbH & Co. KG damit beauftragt, technische Lösungen für neue Funktionen zu entwickeln und zu konzipieren, die von der Beklagten bislang nicht angeboten wurden. Die beiden Entwickler der Beklagten, H. H. und H. D., werden durch die vorgenannten Mitarbeiter bei Bedarf im Rahmen der bei der Beklagten bereits angewandten Technologiebereiche unterstützt. F. V. ist bei der Fa. b. GmbH & Co. KG im Bereich Projektmanagement und Business Development angestellt. Die Fa. b. GmbH & Co. KG ist mit der Durchführung der Projektmanagementtätigkeiten beauftragt worden.
H.S.G. ist bei der N.O.Z. GmbH & Co. KG angestellt. Er ist dort für den Betrieb der dortigen SAP-Systeme sowie für das Dokumentenmanagement- und Workflowsystem zuständig. Aufgrund seiner spezifischen Fachkenntnisse im SAP-Umfeld wird H. G. als Mitarbeiter der N.O.Z. von der Geschäftsführung der Beklagten bei Kundenterminen zur Beantwortung spezieller Fragestellungen hinzugezogen.
Die Herren M. D. und V. K. sind als Techniker bei der Fa. b. GmbH & Co. KG angestellt. Zu dem Dienstleistungsauftrag der Fa. b. GmbH & Co. KG gehört auch der Betrieb und die Betreuung der technischen Serverinfrastruktur in einem Partner-Rechenzentrum. Die Herren D. und K. haben den Umzug der Serverinfrastruktur vom bisherigen Fa. e. GmbH Rechenzentrum in H. in das b.-seitige Rechenzentrum in N. geplant und begleitet.
Die Supportabteilung der Firma b. GmbH & Co. KG ist neben der Beklagten auch für andere Auftraggeber, z.B. die N.O.Z. tätig.
Frau D. T., Frau K. B., Frau F. M. und Frau V. W. sind Angestellte der S.C.O GmbH & Co. KG. Dieser Unternehmer unterstützt ihre Auftraggeber bei Inbound-Projekten, bei Out-Boundprojekten und bei der Qualitätssicherung. Für die Beklagte als Auftraggeberin führt die Firma S.C.O folgende Aufgaben durch:
- First Level Support und Telefonzentrale
- Unterstützung des bislang aus zwei Personen bestehenden Vertriebsteam im Rahmen von sogenannten Onboarding-Tätigkeiten. Onboarding umfasst die Ansprache, den Verkauf und die Anbindung von Lieferanten oder Rechnungsempfängern für den elektronischen Rechnungsverkehr im Rahmen von Empfänger- und Versenderprojekten.
Mit Schreiben vom 22.06.2012 (Bl. 130 d.A.) wies die Beklagte ihre Kunden darauf hin, dass Frau V. als zentrale Ansprechpartnerin für die Betreuung des Bankengeschäfts der Klägers zuständig ist und die Beklagte ein eigenes Produkt- und Projektmanagement aufbaut. Frau V. stehe den Kunden ab sofort persönlich für alle Themen in den Bereichen Produkt- und Projektmanagement unter den folgenden Telefonnummern und e-Mail-Adressen zur Verfügung, t.v@...com und www....com.
Der Geschäftssitz der Beklagten befindet sich nach Ausspruch der Kündigungen in O., beide Gesellschaften haben gemeinsame Geschäftsräume und haben handelsregisterrechtlich die gemeinsame Führung dokumentiert.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigungen seines Arbeitsverhältnisses unwirksam seien. Das Kündigungsschutzgesetz sei auf sein Arbeitsverhältnis anzuwenden. Der Zweck der Kleinbetriebsklausel, kleine Betriebe, bei deren Zusammenarbeit es auf die persönlichen Beziehungen der Beschäftigten ankommt, zu schützen, greife nicht ein, ebenso wie der weitere Zweck der typischerweise geringeren verwaltungsmäßigen und wirtschaftlichen Belastbarkeit von Kleinbetrieben im Vergleich zu größeren Betrieben. Sein Arbeitsplatz bei der Beklagten sei nicht entfallen. Das Schreiben der Beklagten vom 22.06.2012 mache deutlich, dass seine Tätigkeit weiterhin ausgeführt werde. Produktentwicklung erfolge weiterhin. Diese Aufgaben nehme auch H. W. wahr. Daneben bestehe die Aufgabe des Produktmanagements und Projektmanagements. Diese Aufgabe nehme ausweislich des Schreibens vom 22.06.2012 Frau V. wahr. Die Beklagte bemühe sich weiterhin um neue Kunden und führe hierzu Projekte aus.
Der Kläger behauptet, bezüglich der Vereinbarung einer erhöhten Vergütung in Höhe von 90.000,00 Euro statt 80.000,00 Euro, dass im Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn W. S., die wesentliche Einigung niedergelegt und zugesagt worden sei. Es sei auf den Inhalt der E-Mail vom 16.12.2011 zu verweisen (Bl.19 - 20 d. A.). Am 22.12.2011 sei im Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten W. S., den Vertretern der Gesellschaften Herrn R. v. C., Herrn B. von der N.O.Z. und ihm die getroffene Einigung dargestellt worden sei. Auch der Vertreter der neuen Gesellschaft, Herrn B., habe zugestimmt. Der Geschäftsführer Herr S. habe es nach dieser Einigung unterlassen den Vertrag schriftlich auszufertigen, damit er unterzeichnet werden konnte. Dies ändere nichts daran, dass eine wirksame Einigung der Parteien zustande gekommen sei. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die schriftliche Ausfertigung des Vertrages unterblieben sei.
Aufgrund dieser Vereinbarung sei die Beklagte verpflichtet, an ihn ab dem 01.04.2012 statt der bisherigen Vergütung von 80.000,00 Euro p.a., 90.000,00 Euro p.a. zu zahlen. Dies entspreche 7.500,00 Euro pro Monat. Es ergebe sich daher unter Berücksichtigung einer geleisteten Zahlung in Höhe von 6.666,67 Euro pro Monat eine Differenz in Höhe von 833,33 Euro. Es seien mithin Vergütungsdifferenzen in Höhe von 3.333,32 Euro brutto für den Zeitraum April bis Juli 2012 von der Beklagten an ihn, den Kläger, zu zahlen.
Des Weiteren habe er, der Kläger, Anspruch auf die Vergütung von Überstunden für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 30.06.2012.Im Einzelnen habe er die aus der Auflistung Bl. 48 - 101 d. A. ersichtlichen Zeiten für die Beklagte gearbeitet. Er habe seine Arbeit regelmäßig zwischen 7.00 und 8.00 Uhr begonnen und seine Arbeit für eine Mittagspause von 30 Minuten in der Zeit von 12.00-12.30 Uhr unterbrochen. Das Arbeitsende habe variiert und hätte faktisch nie vor 17.00 Uhr, häufig aber später, gelegen. Dies sei damit begründet, dass sich seine Aufgaben auf aktuelle und innovative Produkte beziehen würden, deren Gestaltung und Markteinführung habe regelmäßig zu einem erhöhten Zeitaufwand geführt. In der 3. Zeile der Tabelle seien die von ihm verrichteten Tätigkeiten stichwortartig benannt worden. Häufig würden sich hinter dem Wort „Mails" zwei Uhrzeitangeben befinden. Es würde sich dabei um den ersten und den letzten Mailversand handeln. In der Zeile „Sonderzeiten" seien Tätigkeiten erfasst, die er außerhalb der täglichen Dienstzeit und -räume erbracht habe. Häufig habe er noch von zuhause aus Arbeiten für die Firma erledigt. Unter der Überschrift „Projekte" seien Themenkomplexe und besondere Ereignisse aufgeführt, deren Erledigung sich häufig über mehrere Tage, Wochen oder Monate erstreckt habe und den jeweiligen alltäglichen Arbeitsablauf beeinflusst habe. Größere Projekte seien in der Aufstellung mit Namen bezeichnet worden. Den Beklagten seien die dahinter stehenden Projekte auch bekannt, Dienstreisen seien abgerechnet worden und könnten von der Beklagten anhand der vorliegenden Dienstreiseabrechnungen nachvollzogen werden.
Insgesamt habe er 3.243,7 Überstunden von 2008 bis 2012 geleistet. Unter Berücksichtigung seines Stundensatzes von 38,46 Euro ergäbe dies 124.752,70 Euro.
Der Kläger verteidigt sich im Weiteren mit Rechtsausführungen.
Der Kläger beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 19.06.2012 nicht zum 31.12.2012 aufgelöst wird.
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 29.06.2012 aufgelöst wird.
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.333,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2012 zu zahlen.
4. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 124.752,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finden würde. Die Verwendung des Accounts @..com führe nicht dazu, dass deren Mitarbeiter Arbeitnehmer der Beklagten werden würden.
Kündigungsgrund für die dem Kläger ausgesprochenen Kündigungen vom 19.06.2012 und vom 29.06.2012 sei die Tatsache, dass die Beklagte durch ihre Geschäftsführung und ihre Gesellschafter am 13.06.2012 die Entscheidung getroffen habe, die Hierarchieebene des Prokuristen zu streichen und die bislang vom Prokuristen ausgefüllte Tätigkeit auf den Geschäftsführer W. S. zu übertragen. Dies sollte mit Wirkung zum 31.12.2012 geschehen. Da der Kläger der einzige Prokurist bei der Beklagten sei, sei die Durchführung der Sozialauswahl entbehrlich. Ein freier Arbeitsplatz sei für den Kläger nicht vorhanden.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Zahlung der von ihm geltend gemachten Differenzvergütung in Höhe von 3.333,32 Euro. Die Änderungsvereinbarung sei im Verhandlungsstadium stecken geblieben. § 14 des Arbeitsvertrages normiere ein Schriftformerfordernis, welches vorliegend nicht eingehalten worden sei. Es gebe noch nicht einmal übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien. Dies ergebe sich auch nicht aus dem E-Mail-Verkehr, da der Geschäftsführer der Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass er einen entsprechenden Vorschlag der Gesellschafterversammlung im Februar bzw. spätestens März zur Entscheidung vorlegen werde. Wegen der massiven finanziellen Schieflage des Unternehmens seien die Gesellschafter jedoch nicht bereit gewesen, einer Gehaltserhöhung des Klägers zuzustimmen.
Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Bezahlung der von ihm geltend gemachten Überstunden. Es fehle an einer ausreichenden Darlegung der angeblich geleisteten Überstunden. Die schlichte Vorlage einer Liste - sei es auch mitten im Sachvortrag - ersetze den erforderlichen Sachvortrag nicht. Die Beklagte sei nicht in der Lage, die nur schematisch dargestellten Überstunden in Form der „Zeiterfassung" zu überprüfen, geschweige denn nachzuvollziehen. Der Beklagten sei auch nicht bekannt, welche konkreten Tätigkeiten der Kläger im Zusammenhang mit den von ihm begleiteten „Projekten" verberge und warum er die Arbeiten nicht habe in der regulären Arbeitszeit erbringen können. Allein an 77 Tagen befinde sich das Stichwort „Mails" in der Tätigkeitsbeschreibung. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger an den Tagen in der Zeit vom Versand der ersten Mail bis zum Versand der letzen Mail Arbeitsleistung erbracht worden sei. Genauso werde bestritten, dass der Kläger in der Zeit vor dem Versand der ersten Mail und nach der letzten Mail gearbeitet habe. Der Begriff der „Sonderzeiten" sei für sie, die Beklagte, nicht ansatzweise möglich. Es bleibe für sie völlig offen, was der Kläger in diesen Zeiten an Arbeitsleistung erbracht haben wolle. Diese Zeiten bestreite sie, die Beklagte, mit Nichtwissen. Ein Vergütungsanspruch könne durch derart pauschale Tätigkeitsangaben nicht erworben werden. Der Kläger lege die Inhalte seiner Arbeit nicht einmal ansatzweise dar. Dass der Kläger immer exakt 30 Minuten Mittagspause gemacht habe, werde mit Nichtwissen bestritten.
Der Kläger sei durchaus in der Lage gewesen, die ihm obliegenden Aufgaben innerhalb der regulären Arbeitszeit zu erbringen. Der Überstundenanspruch für das Jahr 2008 wäre verjährt.
Die Beklagte verteidigt sich im Weiteren mit Rechtsausführungen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 30.08.2012 und vom 14.02.2013 Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Klage ist im Hinblick auf die Kündigungsschutzanträge des Klägers begründet, im Übrigen unbegründet.
Der Kläger hat Anspruch auf die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 19.06.2012 noch durch die Kündigung vom 29.06.2012 zum 31.12.2012 aufgelöst worden ist (I.).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von 3.333,32 Euro brutto nebst Zinsen (II.). Ebenso wenig hat der Kläger Anspruch auf die Zahlung einer Überstundenvergütung in Höhe von 124.752,70 Euro nebst Zinsen (III.)
I.
Die dem Kläger unter dem 19.06.2012 und unter dem 29.06.2012 ausgesprochenen Kündigungen beenden das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 31.12.2012. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, die Kündigungen vom 19.06.2012 und vom 29.06.2012 sind sozialwidrig.
Nach § 23 KSchG gelten die Vorschriften des ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben oder Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat. In der Konsequenz heißt dies, dass der Kläger sich nur dann auf den Kündigungsschutz berufen kann, wenn er entweder vortragen kann, dass zum Zeitpunkt der Kündigung in dem virtuellen Altbetrieb der Beklagten regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt waren, die vor dem 31.12.2003 bei der Beklagten eingestellt worden sind oder er muss darlegen und beweisen, dass die Beklagte regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt mit Ausnahme der Auszubildenden. Der Kläger hat zu einer Beschäftigung von 5 „Altarbeitnehmern" aus einem virtuellen Altbetrieb nichts vorgetragen. Unstreitig hat die Beklagte zum Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers insgesamt 6 Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt. Dies würde für die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes nicht ausreichen. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Januar 2013 (- 2 AZR 140/12, juris) ist die Kammer jedoch zu der Auffassung gelangt, dass jedenfalls die Arbeitnehmer der Firma b. GmbH & Co. KG, S.C.O und N.O.Z (N.O.Z.ng) bei der Frage der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer mit zu berücksichtigen sind. Demgemäß sind bei der Beklagten regelmäßig 22 Arbeitnehmer beschäftigt. Heraus zurechnen sind lediglich die noch nicht besetzten Stellen „Leitstand für den Basissupport", der „Kaufmännische Innendienst" und die Stelle des freiberuflich tätigen Mitarbeiters S. S..
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung (- 2 AZR 140/12 -, juris) darauf abgestellt, dass bei der Berechnung der Betriebsgröße auch im Betrieb beschäftigte Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel" vorhandenen Personalbedarf beruht. Dies gebiete eine am Sinn und Zweck orientierte Auslegung der gesetzlichen Bestimmung. Der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern stehe schon nicht entgegen, dass sie kein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber begründet hätten. Die Herausnahme der Kleinbetriebe aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes solle der häufig engen persönlichen Zusammenarbeit, ihrer zumeist geringen Finanzausstattung und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringe, die Inhaber kleinerer Betriebe typischerweise stärker belaste. Dies rechtfertige keine Unterscheidung danach, ob die den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke auf dem Einsatz eigener oder dem entliehener Arbeitnehmer beruhe.
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben der internen Organisation der Beklagten und deren Verflechtung mit den Firmen b. GmbH & Co. KG, S.C.O und N.O.Z. muss die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Die Mitarbeiter der Firmen b. GmbH & Co. KG, S.C.O und N.O.Z. sind zwar keine Leiharbeitnehmer der Beklagten, sie übten jedenfalls zum Zeitpunkt der Kündigung ihre Tätigkeit auch nicht in einer gemeinsamen Betriebsstätte der Beklagten aus, jedoch sind die typischen Aufgaben der Beklagten in allen Bereichen, sei es Telesales, sei es Projekt- und Produktmanagement , der Vertrieb, der technische Support und die kaufmännische Organisation mit Mitarbeitern der Firma b. GmbH & Co. KG oder der SCO besetzt. Die Beklagte betreibt ihr Geschäft unter Einbindung dieser Mitarbeiter sowohl nach außen durch Nutzung einer einheitlichen der Beklagten zuzuordnenden E-Mail-Adresse wie auch intern durch die Verteilung der tragenden Aufgaben. Diese Verbindung der Beklagten hat sich sodann auch nach Ausspruch der Kündigungen des Arbeitsverhältnisses des Klägers vom 19.06.2012 und 29.06.2012 derart verifiziert, dass der Geschäftsführer der Beklagten H. K. neuer Geschäftsführer der Beklagten geworden ist und der Geschäftssitz einheitlich nach O. verlegt worden ist. Bereits im Februar 2012 sind Arbeitsplätze mitsamt den dort beschäftigten Arbeitnehmern von K. nach O. verlagert worden (z.B. N. F.). Mit Schreiben vom 22.06.2012 hat die Beklagte deutlich gemacht, dass sie mit der b. GmbH & Co. KG, der N.O.Z eng zusammenarbeitet. Die Mitarbeiter der Firma b. GmbH & Co. KG werden als zentrale Ansprechpartner der Beklagten benannt, insbesondere sei hier auf die Mitarbeiterin V. hinzuweisen, die für den Bereich Produkt- und Projektmanagement sowie als Ansprechpartnerin für die Betreuung des Bankengeschäfts des Klägers benannt worden ist.
Bei einer derart engen Verflechtung der Aufgaben und der Einbindung der Mitarbeiter der Firmen b. GmbH & Co. KG, S.C.O und N.O.Z sind diese Mitarbeiter dem Betrieb der Beklagten als „ in der Regel" beschäftigte Mitarbeiter zuzuordnen. Die Beklagte kann sich bei der vorliegenden internen Organisation gerade nicht auf den Schutz des Kleinbetriebes berufen, da die Beklagte am Markt weder wie ein Kleinbetrieb agiert noch von einer engen persönlichen Zusammenarbeit der Mitarbeiter der Beklagten gesprochen werden kann . Die Beklagte kann sich vorliegend auch nicht auf eine wegen ihrer geringen Größe vorhandene geringe Finanzausstattung berufen und auch nicht darauf, dass sie ein Kündigungsrechtstreit stärker belasten würde als einen größeren Betrieb. Hierfür hat die Beklagte starke Partner an ihrer Seite.
Da die Beklagte regelmäßig ca. 22 Arbeitnehmer beschäftigt, findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung.
Nach § 1 Abs. 1 KSchG ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist.
Die Beklagte hat sich zur Begründung ihrer beiden Kündigungen vom 19.06.2012 und vom 29.06.2012 jeweils darauf berufen, dass die Beklagte am 13.06.2012 die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, die Hierarchieebene des Prokuristen zu streichen und die vom Prokuristen bislang ausgefüllten Tätigkeiten des Produktmanagements auf den Geschäftsführer W. S. übertragen zu wollen. Die in § 1 Abs. 4 KSchG enthaltene Beweislastregel, der gemäß der Arbeitgeber die Kündigungstatsachen zu beweisen hat, gilt auch für betriebsbedingte Kündigungen. Danach ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingen. Er hat im Kündigungsschutzprozess sowohl die innerbetrieblichen Gründe (z.B. Art, Zeitpunkt und Umfang einer organisatorischen Maßnahme) unter Aufzeigung der Auswirkungen auf die konkret betroffenen Arbeitsplätze im einzelnen so konkret darzulegen, dass sie vom Arbeitnehmer mit Gegentatsachen bestritten und vom Gericht überprüft werden können (vgl. zum Ganzen KR-Griebeling, 8. Aufl., § 1 KSchG, Rn. 553). Besteht die Entscheidung des Arbeitgebers nur darin, Personalbestand zu reduzieren, hat er substantiiert darzulegen und ggfs. zu beweisen, wie sich der Personalabbau auf den betrieblichen Ablauf auswirken soll, etwa das Eintreten von Leistungsverdichtung (LAG Köln, Urteil vom 24.08.1999, AiB 2000, 694). Besteht die unternehmerische Organisationsentscheidung darin, eine Hierarchieebene abzubauen und die dem Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben neu zu verteilen, hat der Arbeitgeber diese Entscheidung so zu konkretisieren, dass nachgeprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich und willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss insbesondere darlegen, in welchem konkreten Umfang die bisher vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig noch anfallen und wie sie vom verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistung erledigt werden können (BAG, Urteil vom 17.06.1999, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 102, zu II 2 e). Fehlt ein derartiger Sachvortrag, ist dem Gericht eine Subsumtion der Kündigungstatsachen nicht möglich, mit der Folge, dass der Kündigungsschutzklage stattzugeben ist (KR-Griebeling, aaO., Rn. 554).
Die Beklagte hat nicht ansatzweise dargelegt, welche Aufgaben des Klägers auf den Geschäftsführer Stier verteilt werden, warum der Geschäftsführer S. Kapazitäten frei hat und die sich die Umverteilung der Aufgaben des Klägers insgesamt auswirkt. Einen Beweis für ihre - unsubstantiierte - Behauptung hat sie nicht angetreten. Demgegenüber hat der Kläger mit geradezu plastischer Deutlichkeit vorgetragen, dass die von ihm ausgeübten Tätigkeiten insgesamt nicht weggefallen sind, seine Tätigkeiten auf die Mitarbeiterin V. übertragen worden sind und sie insgesamt seinen Geschäftsbereich übernommen hat. Es liegt demgemäß eine unzulässige Austauschkündigung vor. An diesem Ergebnis hindert auch nicht die Tatsache, dass die Mitarbeiterin V. Arbeitnehmerin der Fa. b. GmbH & Co. KG ist. Da die Beklagte ihren Geschäftssitz nach Ausspruch der Kündigung nach O. verlegt hat und auch handelsregisterrechtlich entsprechend eingetragen ist, muss sich die Beklagte auch in diesem Bereich so behandeln lassen, als habe sie mit der Fa. b. GmbH & Co. KG einen gemeinsamen Betrieb. Auf eine Outsourcing-Maßnahme hat sich die Beklagte im Übrigen auch nicht berufen.
Den Kündigungsschutzanträgen des Klägers zu Ziffer 1. und 2. war daher stattzugeben.
II.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung einer erhöhten Vergütung für die Monate April bis Juli 2012 in Höhe von 3.333,32 Euro. Der Kläger hat sich darauf berufen, dass mit ihm mündlich eine Einigung erzielt worden sei, sein jährliches Gehalt ab 01.04.2012 von 80.000,00 Euro auf 90.000,00 Euro zu erhöhen. Die entsprechenden Willenserklärungen hätten beiderseitig vorgelegen, der Geschäftsführer S. der Beklagten habe es jedoch unterlassen, den Änderungsvertrag schriftlich auszufertigen.
Der Kläger kann sich auf diese mündliche Einigung nicht berufen. Selbst wenn sie - so wie vom Kläger vorgetragen - getroffen worden sein sollte, begründet dies keinen Zahlungsanspruch. Die Parteien haben sich in § 14 des Arbeitsvertrages vom 14.09.2006 unter der Überschrift „Schlussbestimmungen" ausdrücklich darauf geeinigt, dass mündliche Abreden nicht getroffen sind. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Auch die Abänderung dieses Schriftformerfordernisses bedarf zwingend der Schriftform. Die telekommunikative Übermittlung erfüllt das Schriftformerfordernis nicht. Demgemäß reicht der Austausch von entsprechenden E-Mails, die den vom Kläger vorgetragenen Änderungsbetrag enthalten, gerade nicht. Dass die Parteien sich schriftlich auf eine Aufhebung des Schriftformerfordernisses verständigt haben, trägt der Kläger nicht vor. Die Parteien haben eine sogenannte doppelte Schriftformklausel vereinbart, weil die Schriftform auch für die Aufhebung der Schriftform vereinbart worden ist. Eine solche doppelte Schriftformklausel kann regelmäßig nicht durch eine die Schriftform nicht wahrende Vereinbarung abbedungen werden (BGH, Urteil vom 02.06.1976 - VIII ZR 97/74 - BGHZ 66, 378). An der Verwendung gerade der doppelten Schriftformklausel wird deutlich, dass die Vertragsparteien auf die Wirksamkeit der Schriftformklausel besonderen Wert legen. Ein Verstoß führt nach § 125 Satz 2 BGB zur Nichtigkeit der Änderungsabrede (MünchKommBGB/Förschler, 3. Aufl., Bd. 1 § 125 Rn. 77; Hess. LAG, Urteil vom 28.08.2012, 15 Sa 1710/11, juris).
Die vorliegende Schriftformklausel ist als konstitutive Schriftformklausel wirksam. Bei einer solchen Klausel sind Änderungen und Ergänzungen des Vertrages ohne Beachtung der Schriftform unwirksam. Dient die Einhaltung der Schriftform nur Beweiszwecken, handelt es sich um eine deklaratorische Schriftformklausel. Die gegen eine solche Klausel verstoßende Abrede ist nicht nichtig. Es ist daher durch Auslegung zu ermitteln, ob ein konstitutives oder nur ein deklaratorisches Schriftformerfordernis vereinbart worden ist. Führt die Auslegung der vertraglichen Schriftformklausel zu keinem Ergebnis, greift die Vermutung des § 125 Satz 2 BGB, wonach das rechtsgeschäftliche Formerfordernis im Zweifel konstitutive Bedeutung hat (MünchKommBGB/Förschler, § 125 Rn. 76). Die Parteien haben sich in § 14 Ziffer 2. des Arbeitsvertrages ausdrücklich darauf verständigt, dass mündliche Abreden nicht getroffen wurden und der Arbeitsvertrag alle vorherigen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien ersetzt. Auch Änderungen und Ergänzungen, die denklogisch zukünftig geschlossen werden, sollten nur schriftlich fixiert Wirksamkeit erlangen. Dies spricht ausdrücklich dafür, dass die Parteien sich nur auf schriftliche Vereinbarungen einlassen wollten. Selbst der Austausch von schriftlichen telekommunikativen Schreiben erfüllt nach der arbeitsvertraglichen Regelung die Anforderungen an die Schriftform nicht. Angesichts dieser hohen Vorgaben ist nach Auffassung der Kammer von einer konstitutiven Schriftform auszugehen, mit der Folge, dass ein Verstoß hiergegen zur Nichtigkeit der Vereinbarung führt.
Da die Änderungsvereinbarung nicht in Form eines schriftlichen Änderungsvertrages von beiden Parteien des Arbeitsverhältnisses unterzeichnet worden ist, ist sie - bei einer zugunsten des Klägers unterstellten Einigung der Parteien - unwirksam.
Der Zahlungsantrag war daher abzuweisen.
III.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung eines Betrages in Höhe von 124.752,70 Euro nebst Zinsen für geleistete Überstunden im Zeitraum vom 01.01.2008 bis zum 30.06.2012.
Der Kläger hat sich darauf berufen, dass er in dem vorgenannten Zeitraum insgesamt 3.243,7 Überstunden geleistet habe, deren zeitliche Lage sich aus der beigefügten Aufstellung ergebe. Nach dem Urteil des BAG vom 16.05.2012 sei er nur noch verpflichtet, vorzutragen, dass er sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereit gehalten habe, um die Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Dementsprechend reiche es aus, wenn er Beginn und Ende der Arbeitszeit mit entsprechenden Schlagwörtern und Begriffen unter Abzug von Pausen darlege. Die Beklagte hat diesen Vortrag bestritten. Nach dem Urteil des BAG vom 16.05.2012 (5 AZR 347//12, juris) gelten für die Darlegung und den Beweis der Leistung von Überstunden die Grundsätze wie für die Behauptung des Arbeitnehmers, die geschuldete (Normal-)Arbeit verrichtet zu haben. Verlangt ein Arbeitnehmer aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung oder nach § 612 Abs. 1 BGB Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat (BAG, Urteil vom 16.05.2012, aaO, Rn. 27). Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist (BAG, Urteil vom 16.05.2012,aaO, Rn. 27) Diese Grundsätze dürfen jedoch nicht schematisch angewendet werden, sondern bedürfen stets der Berücksichtigung der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe (BAG, Urteil vom 16.05.2012, aaO, Rn. 28). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben reicht der Vortrag des Klägers in seiner - mitten in den Schriftsatz gehefteten - Aufstellung nicht aus. Selbst wenn es sich durch die Einheftung der Aufstellung in den Schriftsatz nicht mehr um eine „Anlage" handelt, muss der Kläger unter Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeit als Prokurist und Projektmanager im Einzelnen vortragen, welche Tätigkeiten er an welchen Tagen im Rahmen der von ihm behaupteten Überstunden verrichtet hat. Seine Tätigkeit ist mit dem im Fall des BAG vom 16.05.2012 entschiedenen Fall eines Kraftfahrers, der die Zahlung von Überstunden verlangt, nicht vergleichbar. Bei einem Kraftfahrer, dem bestimmte Touren zugewiesen werden, kann dieser seiner Darlegungslast dadurch genügen, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen hat und wann beendet hat. Der Arbeitgeber kann dann im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast unter Auswertung der ihm nach § 21 a Abs. 7 Satz 1 ArbZG vorliegenden Aufzeichnungen hierauf erwidern. Der Kläger hat, wie er selbst vorgetragen hat, eine eigenständige Tätigkeit ausgeübt, die unter anderem mit häufigen Abwesenheiten, Arbeiten in der Firma und auch zuhause verbunden war. Vor diesem Hintergrund ist der Beklagten eine substantiierte Erwiderung auf einen Vortrag des Klägers nur möglich, wenn dieser im Einzelnen darlegt, was er wann an welchen Tagen im Rahmen der von ihm behaupteten Überstunden an Arbeit erbracht hat. Die rein schlagwortartige Angabe von Tätigkeiten wie „Mails" oder „Dienstreise" ist nicht ausreichend, da die Beklagte hierauf überhaupt nicht erwidern kann. Im Übrigen hat der Kläger für die von ihm behaupteten Tätigkeiten auch keinerlei Beweis angeboten.
Vor dem Hintergrund der mangelnden substantiierten Darlegung der Überstunden kam es weder auf die Frage der von der Beklagten einredeweise geltend gemachten Verjährung der Ansprüche aus dem Jahr 2008 noch auf die Frage, ob die vom Kläger erbrachten Überstunden im Rahmen einer Vergütungserwartung nach § 612 Abs. 1 BGB zu zahlen sind, an.
Der Kläger kann seinen Zahlungsanspruch auch nicht auf die Behauptung stützen, dass er in den vergangenen Jahren ungefähr der Zahl der von ihm geleisteten Überstunden mit Bonuszahlungen versehen worden sei. Auf diese Bonuszahlungen hat der Kläger unstreitig verzichtet.
Der Zahlungsantrag auf Überstundenvergütung war daher abzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, 92 ZPO. Die Höhe des Streitwertes ergibt sich aus § 61 ArbGG, 42 Abs. 3 GKG und § 3 ZPO.