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Arbeitsrecht
20.07.2017
Arbeitsrecht
EuGH: Berechnung der Betriebsrenten bei vorzeitigem Ausscheiden – Diskriminierungsschutz von Teilzeitbeschäftigten

EuGH, Urteil vom 13.7.2017 – C-354/16, Ute Kleinsteuber gegen Mars GmbH

ECLI:EU:C:2017:539

Volltext: BB-ONLINE BBL2017-1715-2

unter www.betriebs-berater.de

Tenor

1. Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der am 6.6.1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15.12.1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in geänderter Fassung und Art. 4 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.7.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sind dahin auszulegen, dass sie nicht einer nationalen Regelung entgegenstehen, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung zwischen Arbeitseinkommen unterscheidet, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, und solchem, das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, und das Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung nicht so behandelt, dass sie zunächst das für eine entsprechende Vollzeitbeschäftigung zu zahlende Einkommen ermittelt, hieraus dann den Anteil oberhalb und unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze ermittelt und dieses Verhältnis schließlich auf das reduzierte Einkommen aus der Teilzeittätigkeit überträgt.

2. Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung und Art. 4 der Richtlinie 2006/54 sind dahin auszulegen, dass sie nicht einer nationalen Regelung entgegenstehen, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung einer Beschäftigten, die teilweise in Vollzeit, teilweise in Teilzeit gearbeitet hat, einen einheitlichen Beschäftigungsgrad für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ermittelt, sofern diese Methode der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung nicht gegen den Pro-rata-temporis-Grundsatz verstößt. Dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

3. Die Art. 1, 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie nicht einer nationalen Regelung entgegenstehen, die eine betriebliche Altersrente in der Höhe vorsieht, die dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht und eine Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre vornimmt.

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9, mit Berichtigung im ABl. 1998, L 128, S. 71) in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 (ABl. 1998, L 131, S. 10) geänderten Fassung, von Art. 4 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. 2006, L 204, S. 23) und der Art. 1, 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16).

2          Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Ute Kleinsteuber und der Mars GmbH über die Berechnung der Höhe der betrieblichen Altersversorgung, die Frau Kleinsteuber als vor Erreichen der Altersgrenze ausgeschiedene Teilzeitbeschäftigte zusteht.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3          Paragraf 4 Nrn. 1 bis 4 der Rahmenvereinbarung lautet:

„Paragraf 4: Grundsatz der Nichtdiskriminierung“

1. Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

2. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz.

3. Die Anwendungsmodalitäten dieser Vorschrift werden von den Mitgliedstaaten und/oder den Sozialpartnern unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und der einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten festgelegt.

4. Wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist, können die Mitgliedstaaten nach Anhörung der Sozialpartner gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten und/oder die Sozialpartner gegebenenfalls den Zugang zu besonderen Beschäftigungsbedingungen von einer bestimmten Betriebszugehörigkeitsdauer, der Arbeitszeit oder Lohn- und Gehaltsbedingungen abhängig machen. Die Zugangskriterien von Teilzeitbeschäftigten zu besonderen Beschäftigungsbedingungen sollten regelmäßig unter Berücksichtigung des in Paragraf 4 Nummer 1 genannten Grundsatzes der Nichtdiskriminierung überprüft werden.“

4          Art. 1 der Richtlinie 2000/78 bestimmt:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.“

5          Der den Begriff „Diskriminierung“ betreffende Art. 2 der Richtlinie 2000/78 sieht vor:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2)      Im Sinne des Absatzes 1

a)      liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

b)      liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, einer bestimmten Behinderung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn:

i)      diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich …“

6          In Art. 6 („Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters“) der Richtlinie 2000/78 heißt es:

„(1)      Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

…“

7          Art. 4 in Kapitel 1 („Gleiches Entgelt“) des Titels II der Richtlinie 2006/54 sieht vor:

„Diskriminierungsverbot

Bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, wird mittelbare und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und bedingungen beseitigt.

…“

Deutsches Recht

8          § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz, im Folgenden: BetrAVG) lautet:

„§ 2 Höhe der unverfallbaren Anwartschaft

(1)      Bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod haben ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1b [BetrAVG] fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teils der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht; an die Stelle des Erreichens der Regelaltersgrenze tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist, spätestens der Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres, falls der Arbeitnehmer ausscheidet und gleichzeitig eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für besonders langjährig Versicherte in Anspruch nimmt. …“

9          § 4 Abs. 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge lautet:

„Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.“

10        Abschnitt 3.4 des Pensionsplans von Mars in der Betriebsvereinbarung vom 6. November 2008 (im Folgenden: Pensionsplan) sieht vor:

„Das ‚Einkommen‘ eines Pensionsberechtigten ist die gesamte jährliche Vergütung für die Dienste, die er der Gesellschaft leistet. … War ein Pensionsberechtigter während seiner anrechnungsfähigen Dienstzeit immer oder zeitweise teilzeitbeschäftigt, so wird das ‚Einkommen‘ nach Satz 1 auf der Basis der vertraglich vereinbarten wöchentlichen Regelarbeitszeit ermittelt. Dieses ‚Einkommen‘ wird umgerechnet auf eine wöchentliche Arbeitszeit, die dem durchschnittlichen Beschäftigungsgrad während der anrechnungsfähigen Dienstzeit entspricht. Beschäftigungsgrad ist das jeweilige Verhältnis der vereinbarten wöchentlichen Regelarbeitszeit zu der nach dem Mars-Handbuch gültigen wöchentlichen Regelarbeitszeit, höchstens jedoch 100 %.“

11        Abschnitt 3.5 des Pensionsplans sieht vor:

„Das ‚ruhegeldfähige Arbeitseinkommen‘ eines Pensionsberechtigten ist der höchste Durchschnittsbetrag des Einkommens, das er in drei Kalenderjahren innerhalb der letzten fünf vollen Kalenderjahre seiner anrechnungsfähigen Dienstzeit erzielt hat. …“

12        In Abschnitt 4.1 des Pensionsplans heißt es:

„Unter Berücksichtigung der Bedingungen und Begrenzungen nach diesem Pensionsplan erhält ein Pensionsberechtigter bei seinem ‚normalen Eintritt‘ oder seinem ‚hinausgeschobenen Eintritt‘ in den Ruhestand für jedes volle Jahr seiner anrechnungsfähigen Dienstzeit ein jährliches Ruhegeld von

A)      0,6 % seines ruhegeldfähigen Arbeitseinkommens, das unter dem Durchschnittsbetrag der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung der Kalenderjahre liegt, auf denen die Berechnung des ruhegeldfähigen Arbeitseinkommens beruht,

B)      zuzüglich 2,0 % seines ruhegeldfähigen Arbeitseinkommens, das über diesem Durchschnittsbetrag liegt.

… Die anrechnungsfähige Dienstzeit ist jedoch auf insgesamt 35 Jahre begrenzt.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

13        Die am 3. April 1965 geborene Frau Kleinsteuber war bei Mars und deren Rechtsvorgängerin vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Mai 2014 in verschiedenen Positionen beschäftigt. Sie arbeitete sowohl in Vollzeit als auch in einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit Teilzeitgraden zwischen 50 % und 75 % des Umfangs einer Vollzeitbeschäftigung. Frau Kleinsteuber hat gegenüber Mars mit Vollendung des 55. Lebensjahrs einen Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung.

14        Nach dem Pensionsplan wird im Fall eines nicht gänzlich in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers zunächst der für den rentenberechtigten Arbeitnehmer maßgebliche rentenfähige Jahresverdienst in Vollzeit berechnet. Anschließend wird dieser Verdienst durch Verrechnung mit dem durchschnittlichen Beschäftigungsgrad des gesamten Arbeitsverhältnisses reduziert. Auf den sich hieraus ergebenden Betrag werden dann die unterschiedlichen Sätze für die Gehaltsbestandteile angewandt. Die Höhe der betrieblichen Altersversorgung wird nämlich anhand einer sogenannten „gespaltenen“ Rentenformel berechnet.

15        Hierbei wird unterschieden zwischen erzieltem Einkommen, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt und solchem oberhalb dieser Grenze. Die Beitragsbemessungsgrenze ist im deutschen Sozialversicherungsrecht der Betrag, bis zu dem Arbeitsentgelt eines gesetzlich Versicherten zur Sozialversicherung herangezogen wird. Die Gehaltsbestandteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze wurden bei der Bemessung der Höhe der betrieblichen Altersvorsorge von Frau Kleinsteuber mit 2 % bewertet, während die Gehaltsbestandteile unterhalb der Grenze mit 0,6 % bewertet wurden.

16        Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, wird bei einem vorzeitigen Ausscheiden eines Arbeitnehmers nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zeitanteilig gerechnet. Zunächst ist der „fiktive Höchstanspruch“ zu ermitteln, d. h. der Rentenanspruch, der sich ergäbe, wenn der Arbeitnehmer nicht vorzeitig ausgeschieden, sondern bis zum Erreichen der vereinbarten Altersgrenze beschäftigt geblieben wäre. Dann wird der „Unverfallbarkeitsquotient“ berechnet, indem die tatsächliche Beschäftigungszeit zu der Zeit ins Verhältnis gesetzt wird, die der Arbeitnehmer ohne das vorzeitige Ausscheiden bis zum Erreichen der Altersgrenze noch absolviert hätte. Der fiktive Höchstanspruch wird dann mit dem Unverfallbarkeitsquotienten multipliziert, um die Höhe der Betriebsrente bzw. der Anwartschaft hierauf zu ermitteln.

17        Der Pensionsplan von Mars sieht außerdem eine Höchstbegrenzung der anrechnungsfähigen Dienstjahre auf 35 Jahre vor.

18        Frau Kleinsteuber ficht vor dem Arbeitsgericht Verden (Deutschland) die von Mars vorgenommene Berechnung der Höhe ihrer betrieblichen Altersversorgung an. Sie ist der Ansicht, dass sie Anspruch auf eine höhere Altersversorgung als die von Mars errechnete habe. Das Bundesarbeitsgericht (Deutschland) hat zu diesem Thema bereits festgestellt, dass die Regelung in § 2 BetrAVG zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen und erforderlich ist.

19        Das Arbeitsgericht Verden hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. a) Ist das einschlägige Unionsrecht, insbesondere § 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung sowie Art. 4 der Richtlinie 2006/54 in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen, dass es nationalen gesetzlichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung zwischen Arbeitseinkommen unterscheiden, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt und solchem, das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt (sogenannte „gespaltene Rentenformel“), und hierbei das Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung nicht so behandeln, dass sie zunächst das für eine entsprechende Vollzeitbeschäftigung zu zahlende Einkommen ermitteln, hieraus den Anteil oberhalb und unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze ermitteln und dieses Verhältnis dann auf das reduzierte Einkommen aus der Teilzeittätigkeit übertragen?

b)     Falls die Frage 1a verneint wird: Ist das einschlägige Unionsrecht, insbesondere § 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung sowie Art. 4 der Richtlinie 2006/54 in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen, dass es nationalen gesetzlichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung zwischen Arbeitseinkommen unterscheiden, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, und solchem, das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt (sogenannte „gespaltene Rentenformel“), und bei einer Beschäftigten, die teilweise in Vollzeit, teilweise in Teilzeit gearbeitet hat, keine nach Zeitabschnitten (z. B. einzelnen Kalenderjahren) unterteilte Betrachtungsweise vornehmen, sondern einen einheitlichen Beschäftigungsgrad für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ermitteln und die gespaltene Rentenformel erst auf die hieraus resultierende Durchschnittsvergütung anwenden?

2.      Ist das einschlägige Unionsrecht, insbesondere das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte und durch die Richtlinie 2000/78, insbesondere deren Art. 1, 2 und 6, konkretisierte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, dahin auszulegen, dass es nationalen gesetzlichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten entgegensteht, die eine betriebliche Altersrente in der Höhe vorsehen, die dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht, und die hierbei eine Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre vornehmen, mit der Folge, dass Arbeitnehmer, die in jüngeren Lebensjahren ihre Betriebszugehörigkeit zurückgelegt haben, eine geringere Betriebsrente erhalten als Mitarbeiter, die ihre Betriebszugehörigkeit in einem höheren Lebensalter zurückgelegt haben, obwohl bei beiden Mitarbeitern die gleiche Dauer der Betriebszugehörigkeit vorliegt?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

Vorbemerkungen

20        Aus dem Wortlaut der Vorlagefrage 1a und b geht hervor, dass das vorlegende Gericht den Gerichtshof um eine Auslegung von Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung und von Art. 4 der Richtlinie 2006/54 in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78 ersucht.

21        Aus der Begründung des vorlegenden Gerichts ergibt sich jedoch, dass es in Wirklichkeit vom Gerichtshof wissen möchte, ob eine nationale Regelung wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, dazu führen kann, dass Teilzeitbeschäftigte im Sinne der Rahmenvereinbarung diskriminiert werden. Gegebenenfalls könne sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens auch auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Sinne der Richtlinie 2006/54 berufen, da die Teilzeitbeschäftigung mehrheitlich von Frauen ausgeübt werde.

22        Dem Vorabentscheidungsersuchen ist hingegen kein Gesichtspunkt zu entnehmen, anhand dessen sich prüfen ließe, ob diese Regelung altersdiskriminierend im Sinne der Art. 1 und 2 der Richtlinie 2000/78 ist.

23        Daher ist davon auszugehen, dass die Vorlagefrage 1a und b die Auslegung von Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung und von Art. 4 der Richtlinie 2006/54 betrifft.

Zu Frage 1a

24        Mit seiner Frage 1a möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung und Art. 4 der Richtlinie 2006/54 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung zwischen Arbeitseinkommen unterscheidet, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, und solchem, das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, und das Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung nicht so behandelt, dass sie zunächst das für eine entsprechende Vollzeitbeschäftigung zu zahlende Einkommen ermittelt, hieraus dann den Anteil oberhalb und unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze ermittelt und dieses Verhältnis schließlich auf das reduzierte Einkommen aus der Teilzeittätigkeit überträgt.

25        Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung verbietet es, Teilzeitbeschäftigte hinsichtlich ihrer Beschäftigungsbedingungen gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nur deswegen schlechter zu behandeln, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

26        Im vorliegenden Fall steht fest, dass die zur Berechnung der betrieblichen Altersversorgung eingesetzte Methode, die zwischen unterhalb und oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Arbeitseinkommen unterscheidet (im Folgenden: gespaltene Formel), sowohl für Vollzeitbeschäftigte als auch für Teilzeitbeschäftigte gilt.

27        Frau Kleinsteuber macht gleichwohl geltend, diese Berechnungsmethode führe dazu, dass ein zu geringer Anteil des rentenfähigen Jahresverdienstes mit dem höheren Satz von 2 % bewertet werde. Während Mars gemäß dem eigenen Pensionsplan zunächst den für die Klägerin des Ausgangsverfahrens maßgeblichen rentenfähigen Jahresverdienst auf der Basis einer Vollzeittätigkeit ermittelt habe, ihn sodann auf der Basis ihres Teilzeitbeschäftigungsgrades reduziert habe und den so ermittelten Betrag in einen Anteil unterhalb und oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze aufgespalten und hierauf die unterschiedlichen Prozentsätze angewendet habe, ist Frau Kleinsteuber der Auffassung, dass für Teilzeitbeschäftigte das fiktive Einkommen eines Vollzeitbeschäftigten zu errechnen und darauf die gespaltene Formel anzuwenden sei. Erst im Anschluss hieran sei eine Reduzierung auf der Basis des Teilzeitbeschäftigungsgrades vorzunehmen.

28        Aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ergibt sich jedoch nicht, dass die von Mars benutzte Berechnungsmethode zu einer Diskriminierung der Teilzeitbeschäftigten führt.

29        Es ist nämlich festzustellen, dass die Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der vom Arbeitnehmer während seiner Laufbahn tatsächlich abgeleisteten Dienstzeit und der eines Arbeitnehmers, der während seiner gesamten Laufbahn vollzeitbeschäftigt gewesen ist, in strikter Anwendung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes erfolgt. Im vorliegenden Fall hat Mars so einen Satz von 71,5 % errechnet und angewandt.

30        Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Berücksichtigung der von einem Arbeitnehmer während seiner Laufbahn tatsächlich abgeleisteten Dienstzeit ein objektives Kriterium ohne Bezug zu einer Diskriminierung darstellt, das eine proportionale Kürzung seiner Ruhegehaltsansprüche zulässt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Oktober 2003, Schönheit und Becker, C4/02 und C5/02, EU:C:2003:583, Rn. 91).

31        Des Weiteren ist festzustellen, dass Frau Kleinsteubers Betriebsrentenansprüche zwar nicht dem Pro-rata-temporis-Anteil einer höher vergüteten Vollzeittätigkeit entsprechen, doch ist dies nicht die Folge des Umstands, dass Frau Kleinsteuber teilzeitbeschäftigt war, sondern der Anwendung dieses Grundsatzes und der gespaltenen Formel.

32        Aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ergibt sich hierzu, dass mit der betrieblichen Altersversorgung eine auf freiwilliger Basis des Arbeitgebers erfolgende Ergänzung zu den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung geschaffen wird. Der Pensionsplan von Mars verfolgt dabei das Ziel, den während der Erwerbstätigkeit bestehenden Lebensstandard des Arbeitnehmers möglichst vollständig – proportional – im Alter abzubilden.

33        Mit der gespaltenen Formel soll dem jeweils unterschiedlichen Versorgungsbedarf für die unterhalb und die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehaltsbestandteile Rechnung getragen werden, da Letztere bei der Berechnung des aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlten Ruhegehalts nicht berücksichtigt werden.

34        Zum einen ist festzustellen, dass für Beschäftigte, die wegen der Teilzeitarbeit typischerweise ein rentenfähiges Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielt haben, keine Versorgungslücke in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht, da ihr gesamtes Einkommen durch die gesetzliche Altersrente abgesichert ist.

35        Wie die deutsche Regierung und die Europäische Kommission geltend gemacht haben, könnte die von Frau Kleinsteuber befürwortete Berechnungsmethode (vgl. oben, Rn. 27) zudem dazu führen, dass die Einkommensanteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze künstlich erhöht würden. Desgleichen könnte die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens befürwortete Methode bei einer unterhalb dieser Grenze liegenden Teilzeitvergütung zu einer Anwendung des Satzes von 2 % führen, da die gespaltene Formel unmittelbar auf den entsprechenden Vollzeitjahresverdienst angewandt würde, noch bevor er auf der Basis des Teilzeitbeschäftigungsgrades des betreffenden Beschäftigten reduziert wurde. Im Fall eines Verdienstes unterhalb dieser Grenze besteht jedoch kein Bedarf für eine zusätzliche Versorgung.

36        Diese käme, wie die Kommission vorgetragen hat, einer Überbewertung von Frau Kleinsteubers Arbeitstätigkeit gleich und führte zu deutlich höheren Versorgungsanwartschaften, die in keinem Verhältnis zu Frau Kleinsteubers tatsächlicher Tätigkeit stünden.

37        Das vorlegende Gericht hat hierzu ausgeführt, dass mit der von Frau Kleinsteuber befürworteten Berechnungsweise von Mars verlangt würde, für Teile des unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehalts von Frau Kleinsteuber zusätzlich zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung noch den erhöhten Prozentsatz von 2 % gemäß dem Pensionsplan in Ansatz zu bringen und damit letztlich auch für diese Gehaltsbestandteile eine entsprechend erhöhte Betriebsrente zu leisten.

38        Zum anderen ist festzustellen, dass das mit der gespaltenen Formel verfolgte Ziel, den jeweils unterschiedlichen Versorgungsbedarf für die unterhalb und die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Gehaltsbestandteile zu berücksichtigen, einen sachlichen Grund im Sinne von Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung darstellt, der eine unterschiedliche Behandlung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende rechtfertigt.

39        Daher stellt die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung keine Diskriminierung aufgrund der Beschäftigungsart im Sinne der Rahmenvereinbarung dar, so dass auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Sinne der Richtlinie 2006/54 vorliegt.

40        Nach alledem ist auf die Frage 1a zu antworten, dass Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung und Art. 4 der Richtlinie 2006/54 dahin auszulegen sind, dass sie nicht einer nationalen Regelung entgegenstehen, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung zwischen Arbeitseinkommen unterscheidet, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, und solchem, das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, und das Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung nicht so behandelt, dass sie zunächst das für eine entsprechende Vollzeitbeschäftigung zu zahlende Einkommen ermittelt, hieraus dann den Anteil oberhalb und unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze ermittelt und dieses Verhältnis schließlich auf das reduzierte Einkommen aus der Teilzeittätigkeit überträgt.

Zu Frage 1b

41        Mit seiner Frage 1b möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung und Art. 4 der Richtlinie 2006/54 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung einer Beschäftigten, die teilweise in Vollzeit, teilweise in Teilzeit gearbeitet hat, einen einheitlichen Beschäftigungsgrad für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ermittelt.

42        Im Hinblick auf Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung ist zu klären, ob Teilzeitbeschäftigte gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten schlechter behandelt werden, weil für anrechnungsfähige Dienstjahre ein einheitlicher Beschäftigungsgrad erstellt wird.

43        Die Ermittlung eines Teilzeitbeschäftigungsgrades erscheint indessen als eine Methode, mit der sich die von dem Teilzeitbeschäftigten insgesamt geleistete Arbeit beurteilen lässt. Bei der Berechnung im Fall von Teilzeitbeschäftigten kann hingegen nicht unterstellt werden, dass sie während der gesamten Zeit in Vollzeit gearbeitet haben.

44        Mars macht geltend, die Anwendung eines einheitlichen Beschäftigungsgrades für anrechnungsfähige Dienstjahre bilde lediglich den unterschiedlichen zeitlichen Umfang der Tätigkeit ab, nicht jedoch die unterschiedlichen Einkommen während dieser Zeit. Der Pensionsplan enthalte nämlich eine endgehaltsbezogene Versorgungszusage, und bei der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung komme es nicht auf das sonst während der Dauer des Arbeitsverhältnisses erzielte Arbeitseinkommen an.

45        Aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ergibt sich nichts dafür, dass eine andere Methode der Berechnung nach dem Pro-rata-temporis-Grundsatz, wie beispielsweise die Methode der Unterteilung der bei Mars geleisteten Arbeitszeit in mehrere Zeiträume, eine angemessenere und gerechtere Berechnung ermöglichen würde.

46        Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das allein über eine vertiefte Kenntnis des Sachverhalts verfügt, zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist, und insbesondere zu kontrollieren, dass die Methode der Berechnung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Ruhegehalts nicht gegen diesen Grundsatz verstößt, dessen Wahrung im Ausgangsverfahren durch Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung vorgeschrieben ist.

47        Nach alledem ist auf die Frage 1b zu antworten, dass Paragraf 4 Nrn. 1 und 2 der Rahmenvereinbarung und Art. 4 der Richtlinie 2006/54 dahin auszulegen sind, dass sie nicht einer nationalen Regelung entgegenstehen, die bei der Bemessung der Höhe einer betrieblichen Altersversorgung einer Beschäftigten, die teilweise in Vollzeit, teilweise in Teilzeit gearbeitet hat, einen einheitlichen Beschäftigungsgrad für die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ermittelt, sofern diese Methode der Berechnung der betrieblichen Altersversorgung nicht gegen den Pro-rata-temporis-Grundsatz verstößt. Dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Zur zweiten Frage

48        Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 1, 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die eine betriebliche Altersrente in der Höhe vorsieht, die dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht und eine Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre vornimmt.

49        Eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters liegt nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78 vor, wenn eine Person wegen ihres Alters in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Diskriminierung liegt nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines bestimmten Alters gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

50        Zur Frage, ob eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Alters vorliegt, führt das vorlegende Gericht aus, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Berechnungsmethode zur Folge habe, dass Arbeitnehmer, die in jüngeren Jahren ihre Betriebszugehörigkeitszeiten zurückgelegt hätten, eine geringere Betriebsrente bezögen als ihre Kollegen, die ihre Betriebszugehörigkeitszeit in höheren Lebensjahren zurückgelegt hätten, auch wenn die Betriebszugehörigkeitszeit gleich lang sei.

51        Wie die deutsche Regierung vorgetragen hat, knüpfen weder die nationale Regelung noch die im Pensionsplan vorgesehene Höchstgrenze unmittelbar an das Kriterium des Alters an. Zudem gilt die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung gleichermaßen für Arbeitnehmer jeden Alters.

52        Unmittelbare Grundlage der Regelung ist folglich nicht das Kriterium des Alters, sondern das der Betriebszugehörigkeit.

53        Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich jedoch, dass der beschriebene Nebeneffekt, den die Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre hat, immer dann auftritt, wenn das Eintrittsalter des später vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmers geringer ist als die Differenz aus der festen Altersgrenze und der Höchstbegrenzung in Jahren. So seien im Fall einer Altersgrenze von 65 Jahren und einer Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre von 35 Jahren die vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis bereits vor dem 30. Lebensjahr begonnen hat, bei der Berechnung der Betriebsrentenansprüche benachteiligt.

54        Es ist somit festzustellen, dass eine solche Ungleichbehandlung die Folge des Zusammenspiels zwischen der Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre und anderen Faktoren, wie der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehenen Methode der anteiligen Reduzierung, ist.

55        Die Benachteiligung einer bestimmten Altersgruppe ergäbe sich damit aus der kombinierten Anwendung verschiedener Vorschriften und dem Zusammentreffen bestimmter Parameter.

56        Das vorlegende Gericht fügt insoweit hinzu, es lasse sich abstrakt sagen, dass der benachteiligende Effekt der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung umso höher ausfalle, je jünger der Arbeitnehmer bei Eintritt in das Arbeitsverhältnis gewesen sei, je kürzer die Betriebszugehörigkeitszeiten gewesen seien und je geringer die Zahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre in der Höchstbegrenzung sei. Die deutsche Regierung bemerkt dazu ihrerseits, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Berechnungsmethode „in bestimmten Konstellationen“ typischerweise eine mittelbare Ungleichbehandlung jüngerer Arbeitnehmer bewirke, da nur bei diesen in der Berechnung des fiktiven Höchstanspruchs die Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre erreicht werde und so in die Berechnung einfließe.

57        Mars trägt dagegen zum einen vor, dass die zweite Frage des vorlegenden Gerichts für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht erheblich sei, da bei der Berechnung der Ansprüche von Frau Kleinsteuber ihre Dienstzeit der Höhe nach nicht beschränkt worden sei.

58        Mars macht zum anderen geltend, dass die in § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene zeitratierliche Kürzung nicht in jedem Fall zu einer Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer führe und diese Bestimmung jedenfalls nicht auf das Lebensalter abstelle, sondern auf die Betriebszugehörigkeit.

59        Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das allein über eine unmittelbare Kenntnis des bei ihm anhängigen Rechtsstreits verfügt, die notwendigen Überprüfungen vorzunehmen, um festzustellen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung konkret und unabhängig von zufälligen Umständen zu einer mittelbar nicht auf der Betriebszugehörigkeit, sondern auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung führen kann.

60        Es hat auch zu prüfen, ob das aufgeworfene Problem nicht hypothetisch ist, sondern sich auf einen Sachverhalt bezieht, der zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens streitig ist. Eine solche Frage kann nämlich nicht abstrakt und hypothetisch behandelt werden, sondern ist gegebenenfalls im Einzelfall zu prüfen.

61        Insoweit ist daran zu erinnern, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit sachdienliche Antwort zu geben (Urteil vom 11. September 2014, B., C394/13, EU:C:2014:2199, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Übrigen verlangt der Geist der Zusammenarbeit, in dem das Vorabentscheidungsverfahren durchzuführen ist, dass das vorlegende Gericht seinerseits die Aufgabe des Gerichtshofs beachtet, zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben (Urteile vom 12. Juni 2003, Schmidberger, C112/00, EU:C:2003:333, Rn. 32, und vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson, C617/10, EU:C:2013:105, Rn. 42).

62        Für den Fall, dass das vorlegende Gericht als Ergebnis seiner Prüfung eine solche Ungleichbehandlung feststellt, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 diese Ungleichbehandlung nicht als eine Diskriminierung im Sinne der Richtlinie anzusehen ist, sofern sie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

63        Insoweit geht aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte hervor, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung gleichzeitig sozialpolitische Zwecke der Mobilität und Rentenversorgung und den primären Zweck der betrieblichen Rentenversorgung verfolgt, die Betriebstreue von Mitarbeitern zu honorieren. Diese Regelung trägt auch den unternehmerischen Belangen einer überschaubaren und kalkulierbaren Belastung der betrieblichen Pensionsrücklagen durch die Unverfallbarkeit Rechnung.

64        Mars hat insoweit geltend gemacht, Ziel dieser Regelung und insbesondere des betreffenden betrieblichen Altersversorgungssystems sei es, für die Berechnung der Höhe der unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine Regelung zu finden, die dem verbreiteten Verständnis des Betriebsrentenrechts, wie es den üblichen Versorgungsordnungen zugrunde liege, gerecht werde und damit der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu dienen, da diese vom Arbeitgeber auf freiwilliger Basis gewährt werde.

65        Solche Ziele, die im Rahmen von Anliegen der Beschäftigungspolitik und des Sozialschutzes einen Ausgleich zwischen den verschiedenen beteiligten Interessen schaffen sollen, um eine betriebliche Altersversorgung zu gewährleisten, können als im Allgemeininteresse liegende Ziele angesehen werden.

66        Zur Angemessenheit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung ist festzustellen, dass die Wahl einer Methode der Berechnung einer gesetzlich unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, die auf der zeitanteiligen Dauer der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit im Verhältnis zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der normalen Altersgrenze und auf einer Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre beruht, im Hinblick auf das Ziel, das mit dem im Ausgangsverfahren fraglichen betrieblichen Altersversorgungssystem verfolgt wird, nicht unangemessen erscheint.

67        Gleiches gilt für die Erforderlichkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung. Es lassen sich nämlich keine Anreize zum Verbleib im Unternehmen bis zum gesetzlichen Rentenalter setzen, ohne dem Beschäftigten, der sich für den Verbleib entscheidet, einen Vorteil gegenüber dem Beschäftigten zu gewähren, der vorzeitig aus dem Unternehmen ausscheidet. Im Übrigen ergibt sich aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte weder ein Anhaltspunkt, der die Erforderlichkeit einer solchen Regelung ernsthaft in Frage stellen könnte, noch eine andere Berechnungsregel, wie beispielsweise die von Frau Kleinsteuber befürwortete, die es ermöglichen würde, die angestrebten Ziele, darunter insbesondere das der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung, ebenso wirksam zu erreichen.

68        Nach alledem ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 1, 2 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen sind, dass sie nicht einer nationalen Regelung entgegenstehen, die eine betriebliche Altersrente in der Höhe vorsieht, die dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht und eine Höchstbegrenzung anrechnungsfähiger Dienstjahre vornimmt.

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