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Arbeitsrecht
22.09.2016
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Beitragspflicht zur Sozialkasse des Baugewerbes

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.6.2016 – 21 Sa 2167/15

Volltext: BB-ONLINE BBL2016-2356-4

unter www.betriebs-berater.de

Leitsätze

1. Erleichterungen hinsichtlich der Darlegungslast gelten für die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft als Einzugsstelle der Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes nur, soweit sie keine näheren Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen hat.

2. Das individuelle Herstellen von Holztüren, Geländern und andern Bauelementen aus Holz in der Werkstatt des Unternehmens ist auch dann keine bauliche Leistung i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. II des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009, wenn das Unternehmen die Elemente nicht nur herstellt sondern teilweise auch beim Kunden einbaut (im Anschluss an LAG Berlin-Brandenburg vom 22.05.2015 - 3 Sa 1680/14 -).

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 in Höhe von insgesamt 44.880,00 Euro.

Der Kläger ist die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft und als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach näherer Maßgabe des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 18. Dezember 2009 (im Folgenden: VTV 2009) Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.

Die Beklagte stellt arbeitszeitlich überwiegend Holztreppen in der eigenen Werkstatt handwerklich her und baut diese, je nachdem, ob Besteller ein privater Bauherr oder ein Bauunternehmen ist und wie viele Holztreppen gleichzeitig bestellt werden, zum Teil auch selbst auf den Baustellen ein. Daneben erbringt sie weitere Holzarbeiten wie die Herstellung und Montage von Haus- und Innentüren, die Herstellung und Reparatur von Fenstern in der Werkstatt, die Herstellung von Türschwellen, Fensterbänken und diversen Leisten, Möbeln, Möbelteilen und Gartenbänken, Schildern für Wanderwege und Leimholzplatten für den Großhandel sowie Beiz- und Lackierarbeiten.

Im Jahr 2010 beschäftigte die Beklagte vier Zimmerleute mit Gesellenbrief, vier Tischler mit Gesellenbrief, davon einen als technischen Leiter der Werkstatt, zwei Schlosser und eine von der IHK geprüfte CNC-Fachkraft. Sie fertigte 184 Holztreppen und baute davon 101 selbst ein. Nach einer von der Beklagten als Anlage zum Schriftsatz vom 8. September 2015 eingereichten Aufstellung betrug die Gesamtarbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer 16.376 [16.259] Stunden. Davon entfielen auf den Bereich Herstellung und Montage von Holztreppen 11.972 [11.971 oder 11.980] Arbeitsstunden (10.682 [10.681] Werkstatt- und 1.290 [1294] Vorortstunden) und auf die übrigen Bereiche 4.404 [4.288] Arbeitsstunden (4.190 [4.074] Werkstatt- und 214 Vorortstunden“). Von den im Bereich Herstellung und Montage von Holztreppen erbrachten Arbeitsstunden fielen 4.313 [4.410] Stunden für die reine Herstellung und 7.659 [7.571 oder 7.570] Stunden für die Herstellung und Montage von Holztreppen an. Von den in den übrigen Bereichen erbrachten Arbeitsstunden fielen 3.073 Stunden für die reine Herstellung und Reparaturen in der Werkstatt, 1.287 [1.283] Stunden für die Herstellung und Montage, 34 Stunden für die reine Montage und zehn Stunden auf Reparatur- und Lackierarbeiten vor Ort an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung der Beklagten (Bl. 86 ff. d. A.) verwiesen. Die Zahlenangaben außerhalb der eckigen Klammern entsprechen den Zahlen, die sich aus der Aufstellung nach den Berechnun­gen der Kammer ergeben. Die Zahlenangaben innerhalb der eckigen Klammern entsprechen den von den Parteien vorgetragenen oder in der Aufstellung als Summen angegebenen Zahlen.

Im Rahmen von Betriebsbesuchen am 13. Juni 2012 und 13. September 2012 überprüfte der Kläger, ob der Betrieb der Beklagten in den Jahren 2009 bis 2012 in den Geltungsbereich des VTV fiel. Im Jahr 2013 verlangte er von der Beklagten die Zahlung von Sozialkassenbeiträgen ausschließlich für das Jahr 2010. Mit der vorlie­genden beim Arbeitsgericht Berlin anhängig gemachten Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe im Jahr 2010 einen Zimmereibetrieb unterhalten und falle daher in den Geltungsbereich des VTV 2009. Zwar gehöre der Holztreppenbau zu den „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“, da er sowohl dem Schreiner- als auch dem Zimmerhandwerk zuzuordnen sei. Aufgrund der Rückausnahme in § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11 VTV für Zimmerarbeiten fielen die Arbeiten als baugewerbliche Leistung jedoch insgesamt unter den Tarifvertrag. Die Herstellung der Holztreppen sei als Zusammenhangstätigkeit mit dem Einbau der Treppen auf der Baustelle anzusehen. Von den für die weiteren Holzarbeiten angefallenen 4.288 Arbeitsstunden seien mehr als 14 % auf Trocken- und Montagebauarbeiten entfallen. Diese Stunden machten bezogen auf die betriebliche Gesamtarbeitszeit mehr als 3,69 % aus. Bei seinem ersten Betriebsbesuch am 13. Juni 2012 habe er festgestellt, dass zu 90 % Treppenbau (Herstellung und Montage), zu 8 % Montage von fremdbe­zogenen Bauelementen, hauptsächlich Innentüren und in geringem Umfang auch Fenster, und zu 2 % Herstellung und Einbau von Türen und Klappläsen, Parkettverlegung und reiner Zuschnitt durchgeführt worden seien. Aus der Aufstellung der Beklagten gehe hervor, dass für die Herstellung von Treppen und Türen und Ähnlichem mit anschließender Montage insgesamt 8.854 Stunden aufgewendet worden seien, was bezogen auf die Gesamtarbeitszeit von 16.259 Arbeitsstunden einen Arbeitszeitanteil von 54,45 % entspreche. Bei den von der Beklagten hergestellten Toren, Treppen, Geländern und Balkonen etc. handle es sich um Bauelemente, die der Erstellung von Bauwerken dienten. Der weit überwiegende Teil dieser hergestellten Bauelemente sei auch vor Ort auf Baustellen der Kunden eingebaut worden. Bei den Aufträgen habe es sich jeweils um einen einheitlichen Auftrag gehandelt, der aus der Herstellung des Bauelementes und dem Einbau vor Ort bestanden und von Anfang an die Zweckbestimmung gehabt habe, der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung eines Bauwerkes i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV zu dienen. Die individuelle Anfertigung der Bauelemente sei dabei eine notwendige bauliche Zusammenhangstätigkeit.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 44.880,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihr Betrieb falle nicht in den Geltungsbereich des VTV. Dies gelte auch für das Jahr 2010. Bei der Herstellung von Treppen handle es sich um Arbeiten des Schreinerhandwerks. Diese würden überwiegend in der eigenen Werkstatt erbracht; die Montagearbeiten auf den Baustellen seien von völlig untergeordneter Bedeutung. Der Bau einer Treppe werde auch nicht dadurch zur Zimmerarbeit, dass die Treppe später vor Ort montiert werde. Auch bei den übrigen Holzarbeiten habe es sich um reine Tischlerarbeiten gehandelt. Von den 4.288 in diesem Bereich erbrachten Arbeitsstunden seien 4.074 Werkstattstunden und nur 214 Montagestunden angefallen.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 8. Mai 2015 (Bl. 13 - 16 d. A.), 10. Juni 2015 (Bl. 42 - 46 d. A.), 10. August 2015 (Bl. 68 - 71 d. A.) und 28. September 2015 (Bl. 94 - 96 d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 28. Mai 2015 (Bl. 28 f. d. A.), 3. Juli 2015 (Bl. 53 - 56 d. A.), 8. September 2015 (Bl. 83 - 85 d. A.), 19. Oktober 2015 (Bl. 102 -105 d. A.) und 20. Oktober 2015 (Bl. 106 d. A.) verwiesen.

Mit Urteil vom 22. Oktober 2015 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Mindestbeiträge für das Jahr 2010 sei nicht gegeben, da 2010 nicht arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. II bzw. Abschn. V Nr. 42 VTV erbracht worden seien. Die Herstellung und Montage von Holztreppen habe im Kalenderjahr 2010 für sich genommen nicht mehr als 50 % der betrieb­lichen Gesamtarbeitszeit ausgemacht. Von den weiteren Holzarbeiten könnten den baugewerblichen Tätigkeiten lediglich 214 Arbeitsstunden hinzugerechnet werden. Bei den übrigen Tätigkeiten handele es sich weder um baugewerbliche Tätigkeiten noch um mit baugewerblichen Tätigkeiten im Zusammenhang stehende Tätigkeiten. Die Herstellung von individuellen Bauelementen in der Werkstatt der Beklagten nach den Vorgaben und Wünschen der Kunden sei keine Vor-, Neben oder Hilfstätigkeit zur Montagearbeit. Es handele sich vielmehr um die den Betrieb prägende Haupttätigkeit, mit der die Montagearbeiten im Zusammenhang stünden. Allein aufgrund der unterge­ordneten Zusammenhangstätigkeiten könne nicht von einer baulichen Leistung ausgegangen werden. Der weitere Vortrag des Klägers, von den im Rahmen der sonstigen Holzarbeiten angefallenen 4.288 Arbeitsstunden seien 14 % Trocken- und Montagebauarbeiten sei nicht nachvollziehbar, da schon nicht ersichtlich sei, welche der in der Aufstellung aufgeführten Tätigkeiten der Kläger als Trocken- und Montagebauarbeiten gewertet habe. Den Beweisangeboten sei deshalb nicht nachzugehen gewesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 111 -113 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses dem Kläger am 17. November 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. Dezember 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung des Klägers, welche er mit Montag, den 18. Januar 2016, eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger setzt sich unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens mit dem angefochtenen Urteil auseinander. Bei dem individuellen Herstellen von Bauelementen und deren Einbau handele es sich um eine einheitliche bauliche Leistung. Anders als bei Fertigbauteilen sei die individuelle Herstellung von Treppen und Türen sowohl hinsichtlich des Materials als auch hinsichtlich der Arbeitsweise baulich geprägt. Eine Zäsur zwischen dem zeitlichen Arbeitsanteil des individuellen Herstellens und dem zeitlichen Arbeitsanteil des Einbaus sei nicht möglich. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn - wie bei der Beklagten - der weit überwiegende Teil der hergestellten individuellen Bauelemente auch beim Kunden eingebaut werde. Zudem habe er aufgrund der Erkenntnisse aus den beiden Betriebsbesuchen bestritten, dass die Beklagte ausschließlich Türen und Baufertigteile aus eigener Herstellung eingebaut habe. Er habe vorgetragen, die Beklagte habe in großem Umfang auch vorgefertigte und von Dritten bezogene Baufertigteile, insbesondere Innentüren und Fenster, eingebaut sowie die damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten erbracht, und dafür Beweis angetreten. Dem hätte das Arbeitsgericht nachgehen müssen. In ihrer Aufstellung habe die Beklagte dagegen im Wesentlichen nur Haustüren und nur solche Türen, die sie selbst hergestellt habe, aufgenommen. In der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2016 hat der Kläger weiter vorgetragen, die Erkenntnisse bei dem Betriebsbesuch am 13. Juni 2013 habe er aus den ihm vorge­legten Unterlagen gewonnen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Oktober 2015 - 65 Ca 60422/15 - abzuändern und

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 44.880,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Rechtsauffassung des Klägers führe dazu, dass selbst die Produktion von Besen, sofern diese zur Reinigung von Baustellen eingesetzt werden, unten den VTV fiele.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 18. Januar 2016 (Bl. 132 - 136 d. A.) und den Schriftsatz der Beklagten vom 22. Februar 2016 (Bl. 143 - 145 d. A.) verwiesen.

Aus den Gründen

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

I.          Die Berufung ist nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden. Sie ist daher zulässig.

II.         Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte nach § 18 Abs. 1 VTV 2009 keinen Anspruch auf Zahlung von Sozialkassenbeiträgen für das Jahr 2010. Die Beklagte unterlag im Jahr 2010 nicht dem VTV 2009. Der Betrieb der Beklagten fiel nicht in den betrieblichen Geltungsbereich des VTV 2009.

1.         Zum betrieblichen Geltungsbereich des hier maßgeblichen VTV vom 18. Dezember 2009 ist in dessen § 1 Abs. 2 VTV auszugsweise - soweit hier von Bedeutung - folgendes geregelt:

„Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.

Abschnitt I

Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.

Abschnitt II

Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen und Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

Abschnitt III

Betriebe, die soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.

Abschnitt IV

Betriebe, in denen die nachstehend aufgeführten Arbeiten ausgeführt werden:

Abschnitt V

Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:

37.       Trocken- und Montagebauarbeiten (z. B. Wand - und Deckenbaueinbau bzw. -verkleidungen, Montage von Baufertigteilen), einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;

42.       Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten, die im Rahmen des Zimmergewerbes ausgeführt werden.

           

Abschnitt VI

Betriebe, soweit in ihnen die unter den Abschnitten I bis V genannten Leistungen überwiegend erbracht werden, fallen grundsätzlich als Ganzes unter diesen Tarifvertrag. …

            Abschnitt VII

Nicht erfasst werden Betriebe

11.       des Schreinerhandwerks sowie der holzbe- und -verarbeitenden Industrie, soweit nicht Fertigbau-, Dämm-(Isolier-), Trockenbau- und Montagebauarbeiten oder Zimmerarbeiten ausgeführt werden,

…“

2.         Ein Betrieb wird vom Geltungsbereich des VTV 2009 erfasst, wenn in ihm arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 VTV 2009 fallen. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder auf handels- und gewerberechtliche Kriterien kommt es nicht an (vgl. BAG vom 19.02.2014 - 10 AZR 428/13 - Rn. 10, AP Nr. 351 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Maßgeblich ist das jeweilige Kalenderjahr, es sei denn, die Tätigkeit des Betriebes hat sich nicht über das gesamte Kalenderjahr erstreckt oder die Zweckbe­stimmung des Betriebes hat sich innerhalb des Kalenderjahres geändert (vgl. BAG vom 10.09.2014 - 10 AZR 959/13 - Rn. 43 m. w. N., AP Nr. 17 zu § 98 ArbGG 1979). Betriebe, die überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV 2009 genannten Tätigkeiten ausführen, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV 2009, ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen. Nur wenn in dem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend nicht die in den Abschnitten IV und V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden, muss darüber hinaus geprüft werden, ob die ausge­führten Tätigkeiten die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III erfüllen (vgl. BAG vom 19.02.2014 - 10 AZR 428/13 - Rn. 10, a. a. O.; vom 18.05.2011 - 10 AZR 190/11 - Rn. 11 m. w. N., AP Nr. 332 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, jeweils m. w. N.). Werden baugewerbliche Tätigkeiten i. S. d. Abschnitte I bis V erbracht, sind ihnen diejenigen Nebentätigkeiten ebenfalls zuzuordnen, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen (vgl. BAG vom 18.05.2011 - 10 AZR 190/11 - Rn. 11 m. w. N., a. a. O.).

3.         Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in einem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden, obliegt dem Kläger. Sein Sachvortrag ist schlüssig, wenn er Tatsachen vorträgt, die den Schluss rechtfertigen, der Betrieb des Arbeitgebers werde vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV 2009 erfasst. Dazu gehört neben der Darlegung von Arbeiten, die sich § 1 Abs. 2 VTV 2009 zuordnen lassen, auch die Darlegung, dass diese Tätigkeiten insgesamt arbeitszeitlich überwiegen. Nicht erforderlich ist, dass der Kläger jede Einzelheit der behaupteten Tätigkeiten vorträgt. Dies kann er in der Regel auch nicht. Da er in seiner Funktion als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien regelmäßig keine näheren Einblicke in die dem Prozessgegner bekannten Arbeitsabläufe hat und ihm die Darlegung deshalb erschwert ist, darf er, wenn Anhaltspunkte für einen Baubetrieb vorliegen, auch von ihm nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Unzulässig ist dieses prozessuale Vorgehen erst dann, wenn er ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „ins Blaue hinein“ aufstellt. Dies kann in der Regel nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden oder wenn er selbst nicht an die Richtigkeit seiner Behauptungen glaubt (vgl. BAG vom 15.01.2014 - 10 AZR 415/13 - Rn. 20, AP Nr. 350 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; vom 18.05.2011 - 10 AZR 190/10 - Rn. 12, a. a. O.; jeweils m. w. N.). Liegt ein entsprechender Tatsachenvortrag vor, hat sich der Arbeitgeber hierzu nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO vollständig und wahrheitsgemäß unter Angabe der maßgeblichen Tatsachen zu erklären (vgl. BAG vom 15.01.2014 - 10 AZR 415/13 - Rn. 20, a. a. O.). Ihm obliegt regelmäßig die Last des substantiierten Bestreitens, weil der Kläger außerhalb des Geschehensablaufs steht und keine näheren Kenntnisse der maßgebenden Tatsachen hat, während der Arbeitgeber diese kennt und ihm die entsprechenden Angaben zuzumuten sind (vgl. BAG vom 15.01.2014 - 10 AZR 415/13 - Rn. 20, a. a. O.; BAG 14.03.2012 - 10 AZR 610/10 - Rn. 14, AP Nr. 342 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

4.         Nach diesen Maßgaben unterfiel der Betrieb des Beklagten im Kalenderjahr 2010 nicht dem Geltungsbereich des VTV 2009. Dies gilt unabhängig davon, ob bezüglich der sich aus der Aufstellung der Beklagten ergebenen Arbeitsstunden die Berechnun­gen der Kammer, die der Beklagten oder die des Klägers zutreffend sind.

a)         In dem Betrieb der Beklagten wurden im Jahr 2010 nicht arbeitszeitlich überwie­gend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV 2009 genannten Tätigkeiten ausgeführt. Die Beklagte hat im fraglichen Zeitraum weder arbeitszeitlich überwiegend Zimmerarbeiten noch arbeitszeitlich überwiegend Zimmer- und Montagebauarbeiten ausgeführt. Sie hat auch keine unter die übrigen Tätigkeitsbeispiele fallenden Arbeiten erbracht.

aa)       Die Beklagte hat nicht mit mehr als 50 % der Gesamtarbeitszeit ihrer gewerblichen Arbeitnehmer Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten, die im Rahmen des Zimmergewerbes ausgeführt werden, i. S. d. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 42 VTV 2009 erbracht.

Zwar sind Holztreppenbauarbeiten, soweit sie sich nicht auf die reine Herstellung von Holztreppen beschränken, sondern auch den Einbau bzw. die Montage der Treppen vor Ort umfassen, nicht nur Schreiner- oder Tischlerarbeiten i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11 VTV 2009 sondern auch Zimmerarbeiten i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 42 VTV 2009, da ausgehend von der Funktion einer Holztreppe für das Gebäude, in das sie eingebaut wird, die Arbeiten der Errichtung und Vollendung von Bauwerken dienen (vgl. dazu näher BAG vom 14.12.2005 - 10 AZR 115/05 - Rn. 15, juris). Auch sind aufgrund der Rückausnahmeregelung für Zimmerarbeiten in § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 11 VTV 2009 die sonst für sog. „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ geltenden Abgrenzungskriterien (sog. 20 %-Regel, dazu BAG vom 14.12.2005 - 10 AZR 115/05 - Rn. 16, a. a. O.; vom 14.12.2005 - 10 AZR 321/05 - Rn. 17, EzA § 4 TVG Bauindustrie Nr. 125) nicht anwendbar (BAG vom 14.12.2005 - 10 AZR 115/05 - Rn. 19, a. a. O.; vom 14.12.2005 - 10 AZR 321/05 - Rn. 20, a. a. O.).

Jedoch umfassten bei der Beklagten die Herstellung und Montage von Holztreppen im fraglichen Zeitraum nur 7.659 [7.571 oder 7.570] Arbeitsstunden und damit bezogen auf die Gesamtarbeitszeit von 16.376 [16.259] Arbeitsstunden nur 46,77 [46,57 oder 46,56] %.

bb)       Die Beklagte hat im fraglichen Zeitraum auch keine Montagebauarbeiten i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV 2009 in einem zeitlichen Umfang erbracht, der zusammen mit den Zimmerarbeiten mehr als 50 % der Gesamtarbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer ausmacht.

(1)        Montagebau ist die auf der Montage vorgefertigter Teile beruhende Bauweise. Das Tätigkeitsbeispiel „Trocken- und Montagebauarbeiten” in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV 2009 ist erfüllt, wenn die vorgefertigten, industriell hergestellten Fertigteile vor ihrer Montage nicht oder nicht wesentlich verändert werden, wie beim Einbau vorgefertigter Türen, Tore und Fenster. Neben den auf den Transport der Fenster und Türen als notwendige Zusammenhangstätigkeit entfallenden Arbeitszeitanteilen können auch montagevorbereitende Werkstattarbeiten, wie das Setzen von Türgriffen und Fenstergriffen etc., berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur, wenn diese Arbeiten arbeitszeitlich nicht überwiegen, da anderenfalls der Einbau auf der Baustelle nicht mehr den Tätigkeitsschwerpunkt bildet (vgl. zum Ganzen BAG vom 18.05.2011 - 10 AZR 190/10 - Rn. 20 m. w. N., AP Nr. 332 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Werden die Bauelemente wie Fenster, Türen oder Rollläden aus Halbprodukten und Rohlingen erst hergestellt, handelt es sich nicht um Montagebauarbeiten i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV 2009 (vgl. BAG vom 18.05.2011 - 10 AZR 190/10 - Rn. 23, a. a. O.).

(2)        Soweit die Beklagte im Rahmen der weiteren Holzarbeiten Bauelemente wie Haustüren, Innentüren, Deckenverkleidungen, Fensterfutter, Schalluken und Geländer nicht nur eingebaut sondern auch selbst hergestellt hat, fallen die Arbeiten schon nicht unter den Begriff Montagebauarbeiten, da der Schwerpunkt der Tätigkeit auf der Herstellung der Bauelemente lag und es sich nicht nur um die Montage vorbereitende Tätigkeiten handelte. Dies wird auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt.

(3)        Soweit der Kläger behauptet hat, die Beklagte habe mindestens zu 14 % der auf die weiteren Holzarbeiten entfallenden Arbeitsstunden und mindestens zu 3,69 % der Gesamtarbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer vorgefertigte, von Dritten bezogene Bauelemente eingebaut und damit im Zusammenhang stehende Tätigkeiten erbracht, ist sein Vorbringen nicht schlüssig. Gleiches gilt für die Behauptung, bei seinem ersten Betriebsbesuch bei der Beklagten am 13. Juni 2012 habe er festgestellt, dass die Beklagte zu 8 % Montage von fremdbezogenen Bauelementen und vornehmlich Innentüren ausgeführt habe. Denn der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, woraus sich diese Erkenntnis ergibt. Es bestand deshalb auch kein Anlass für eine Vernehmung der angebotenen Zeugen.

(a)        Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 9. Juni 2016 vorgetragen hat, er habe die Erkenntnis aus den ihm vorgelegten Unterlagen gewonnen, fehlt jeglicher Vortrag zu dem Inhalt dieser Unterlagen. Der Kläger hat keinerlei Angaben dazu gemacht, wie er zu dem Schluss gekommen ist, dass 8 % der Tätigkeit der Beklagten im Jahr 2010 aus der Montage von vorgefertigten Bauelementen und diese mindestens 14 % der auf die weiteren Holzarbeiten entfallenden Arbeitsstunden und mindestens zu 3,69 % der Gesamtarbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer ausmachten. Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung behauptet hat, in der von der Beklagten eingereichten Aufstellung ihrer Aufträge aus dem Jahr 2010 seien deutlich weniger Innentüren und Fenster aufgenommen, als die Beklagte tatsächlich eingebaut habe, steht das Vorbringen zudem im Widerspruch zu seinem erstinstanz­lichen Vorbringen, wonach die Beklagte Fernster nur in geringem Umfang eingebaut haben soll.

(b)        Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, für einen schlüssigen Vortrag genügten tatsächliche Anhaltspunkte, dass die Beklagte auch vorgefertigte Bauelemente eingebaut habe. Denn für die dem Kläger von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinsichtlich seiner Darlegungslast grundsätzlich zu Recht zugestande­nen Erleichterungen besteht nur dann ein Grund, wenn der Kläger als außerhalb des betrieblichen Geschehensablaufs stehende Institution tatsächlich keine näheren Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen hat. Vorliegend hatte der Kläger jedoch mehrfach Zugang zu dem Betrieb der Beklagten und konnte Einsicht in deren Unterla­gen nehmen. Es kann deshalb von ihm erwartet werden, dass er zumindest in groben Zügen nachvollziehbar dargelegt, aufgrund welcher Tatsachen und Umstände er dabei welche Erkenntnisse gewonnen hat. Dem ist der Kläger weder erstinstanzlich noch in der Berufungsinstanz nachgekommen.

(c)        Der Aufstellung der Beklagten sind Montagebauarbeiten nur im Umfang von 34 Arbeitsstunden (lfd. Nrn. 2781, 2879, 2905, 2944 u. 2964) zu entnehmen. Diese ergeben zusammen mit den im Rahmen der Zimmerarbeiten i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 42 VTV 2009 angefallenen Arbeitsstunden 7.693 [7.605 oder 7.604] Arbeitsstunden und damit bezogen auf die Gesamtarbeitszeit von 16.376 [16.259] Arbeitsstunden nicht mehr als 50 %, sondern lediglich 46,98 [46,77] %.

cc)       Der Kläger hat nicht behauptet, die Beklagte habe Arbeiten im Sinne der weiteren in § 1 Abs. 2 Abschn. V oder VTV 2009 oder der in § 1 Abs. 2 Abschn. IV VTV 2009 genannten Tätigkeitsbeispiele ausgeführt.

b)         Der Betrieb der Beklagten unterfiel im fraglichen Zeitraum auch nicht den Abschnitten I bis III des § 1 Abs. 2 VTV 2009.

aa)       Die Beklagte erstellt nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung und ihrer betrieblichen Einrichtung keine Bauten i. S. d. § 1 Abs. 2 Abschn. I VTV 2009. Dies war auch im fraglichen Zeitraum nicht anders.

bb)       Die Beklagte hat nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung und ihrer betrieblichen Einrichtung aber auch nicht überwiegend gewerbliche bauliche Leistungen i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV 2009 erbracht. Die individuelle Herstellung von Holztüren, Geländern und anderen Bauelementen aus Holz kann dabei nicht berücksichtigt werden. Es handelt sich auch dann nicht um eine gewerblich bauliche Leistung in diesem Sinne, wenn die Bauelemente nicht nur hergestellt, sondern auch eingebaut werden. In Betracht kommt die Berücksichtigung des Einbaus dieser Teile. Dadurch wird jedoch zusammen mit den unter § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 und Nr. 42 VTV 2009 fallenden Montagebau- und Zimmerarbeiten die maßgebliche Grenze von 50 % der Gesamtarbeitszeit nicht überschritten.

(1)        Bauliche Leistungen umfassen alle Arbeiten, die irgendwie - wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet - der Errichtung und Vollendung von Bauwerken oder auch der Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken zu dienen bestimmt sind, damit diese in vollem Umfang ihre bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen können. Dabei wird nicht nur der eigentliche Kern der jeweiligen baugewerblichen Tätigkeit erfasst, sondern darüber hinaus auch alle Arbeiten, die branchenüblich und zur sachgerechten Ausführung der baulichen Tätigkeiten notwendig sind. Vor-, Neben-, Nach- und Hilfsarbeiten dienen den eigentlichen baulichen Haupttätigkeiten und können ihnen deshalb grundsätzlich zugeordnet werden. Voraussetzung für ein „Zusammenrechnen“ ist grundsätzlich ein Zusammenhang mit einer eigenen baulichen Haupttätigkeit. Keine baulichen Leistungen liegen hingegen vor, wenn die Arbeiten an anderen, nicht zum Bauwerk gehörenden Teilen ausgeführt werden und nicht für ein Bauwerk prägend sind (vgl. zum Ganzen BAG vom 15.01.2014 - 10 AZR 669/13 - Rn. 18 ff. m. w. N., EzA § 4 TVG Bauindustrie Nr. 144).

(2)        Die individuelle Herstellung von Holztüren, Geländern und anderen Bauelementen aus Holz in der Werkstatt der Beklagten ist keine gewerblich bauliche Leistung i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. II VT 2009. Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich auch nicht um sog. Zusammenhangstätigkeiten mit dem Einbau der Bauelemente als bauliche Haupttätigkeit.

(a)        Bauliche Leistungen i. S. d. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV 2009 sind nur solche Leistun­gen, die direkt und unmittelbar der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, sowie die dazu gehörenden Zusammenhangstätigkeiten (vgl. BAG vom 18.05.2011 - 10 AZR 190/10 - Rn. 25 m. w. N., AP Nr. 332 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau § 1 Nr. 332). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der tariflichen Bestimmung und entspricht auch deren Normzweck. Der Begriff „bauliche Leistung“ verdeutlicht, dass die Leistung, also die zu erbringende Tätigkeit, unmittelbar auf die Herstellung bzw. Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung eines Bauwerkes gerichtet sein muss. Der VTV 2009 regelt zudem das Sozialkassenverfahren ausschließlich im Baugewerbe. Danach sind Leistungen, die erbracht werden, um einen Gegenstand herzustellen, der lediglich dazu bestimmt ist, in einem Bauwerk eingesetzt zu werden, selbst keine baulichen Leistungen (LAG Berlin-Brandenburg vom 22.05.2015 - 3 Sa 1680/14 - Rn. 35, juris).

(b)        Das individuelle Herstellen von Holztüren, Geländern und anderen Bauelementen aus Holz in der Werkstatt der Beklagten wird auch nicht dadurch zu einer baulichen Leistung im Sinne des VTV 2009, dass die Beklagte die Bauelemente nicht nur herstellt, sondern zum Teil auch vor Ort im Auftrag ihrer Kunden einbaut. Der Einbau der Bauelemente führt nicht dazu, dass von einem einheitlichen neuen Gesamtzweck der Betriebstätigkeit, der auf die Erbringung von baulichen Leistungen gerichtet ist, ausge­gangen werden kann. Der Einbau der Bauelemente gerade durch Arbeitnehmer der Beklagten ist weder erforderlich noch dienlich für die sachgerechte Herstellung der Bauelemente in der Werkstatt der Beklagten. Auch die Verwendungsfähigkeit der von der Beklagten angefertigten Bauelemente hängt nicht davon ab, durch wen der Einbau letztlich vorgenommen wird (vgl. dazu auch LAG Berlin-Brandenburg vom 22.05.2015 - 3 Sa 1680/14 - Rn. 36, a. a. O.).

Der Einbau der individuell hergestellten Bauelemente gibt dem Betrieb der Beklagten auch nicht das Gepräge. Der Tätigkeitschwerpunkt liegt vielmehr auf der Herstellung der Bauelemente in der Werkstatt der Beklagten. Zum einen ist der Zeitaufwand, der für den Einbau benötigt wird, wesentlich geringer als der Zeitaufwand für die Herstellung der Elemente. Zum anderen steht bei der Beauftragung der Beklagten nicht der Einbau der hergestellten Bauelemente im Vordergrund sondern deren Herstellung nach den Vorgaben und Wünschen der Kunden. Bereits dies spricht nach der Verkehrsanschauung dafür, dass das Anfertigen von individuellen Bauelementen aus Holz der eigentliche - prägende - Betriebszweck ist und der bloß zusätzlich angebotene Einbau sich lediglich als betrieblicher Nebenzweck darstellt (vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg vom 22.05.2015 - 3 Sa 1680/14 - ebda.).

(c)        Das individuelle Herstellen der Bauelemente nach den Vorgaben und Wünschen der Kunden kann auch nicht als sog. Zusammenhangstätigkeit als bauliche Leistung gewertet werden. Es handelt sich nicht um Vor-, Neben- oder Hilfsarbeiten, die lediglich dazu bestimmt sind, der eigentlichen Montagearbeit zu dienen. Die Herstellung eines individuell gestalteten Bauelementes, wie z. B. die Fertigung einer Tür oder eines Geländers, ist keine Neben- oder Hilfsarbeit für die Einbautätigkeit. Es handelt sich auch nicht um bloße Vorarbeiten. Vielmehr stellt sich die Herstellung der Bauelemente in der Werkstatt der Beklagten als eigenständige, den Betrieb prägende Haupttätigkeit dar, mit der der Einbau vor Ort als untergeordnete Nebentätigkeit im Zusammenhang steht. Werden baugewerbliche Tätigkeiten als Nebentätigkeit zu einer nichtbaugewerblichen Haupttätigkeit erbracht, führt dies nicht dazu, dass auch die Haupttätigkeit als baugewerbliche Leistung anzusehen ist bzw. von einer insgesamt ausgeübten einheitlichen baugewerblichen Tätigkeit auszugehen ist (vgl. BAG vom 24.08.1994 - 10 AZR 974/93 - Rn. 28, AP Nr. 183 zu § 1 TVG Tarifverträge Bau; LAG Berlin-Brandenburg vom 22.05.2015 - 3 Sa 1680/14 - Rn. 37, a. a. O.).

(d)        Erst recht kann nicht angenommen werden, dass das Herstellen von Bauelementen schon dann als bauliche Leistung anzusehen ist, wenn der herstellende Betrieb die hergestellten Bauelemente überwiegend auch einbaut. Denn andernfalls wäre die Erwähnung des Herstellens von Fertigbauelementen, wenn diese zum überwiegenden Teil u. a. durch denselben Betrieb eingebaut werden, in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 VTV 2009 überflüssig (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 22.05.2015 - 3 Sa 1680/14 - Rn. 38, a. a. O.).

(3)        Nach der Aufstellung der Beklagten umfassten die Einbauarbeiten einschließlich der unter § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 VTV 2009 fallenden Montagebauarbeiten im Jahr 2010 höchstens 214 Arbeitsstunden. Zusammen mit den im Rahmen der Zimmerarbeiten i. S. v. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 42 VTV 2009 angefallenen Arbeitsstunden ergeben sich daraus 7.873 [7.785 oder 7.784] Arbeitsstunden. Diese machen nicht mehr als 50 % der Gesamtarbeitszeit von 16.376 [16.259] Stunden aus, sondern nur 48,08 [47,88] %.

cc)       Schließlich sind auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Abschn. III VTV 2009 nicht gegeben. Die Beklagte hat im fraglichen Zeitraum zusammen mit den unter den Geltungsbereich des VTV 2009 fallenden Tätigkeiten nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung und ihrer betrieblichen Einrichtung nicht überwiegend gewerbliche sonstige bauliche Leistungen erbracht. Sie hat vielmehr - wie ausgeführt - überwiegend nichtbaugewerbliche Leistungen erbracht.

III.         Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

IV.        Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

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