LAG Berlin-Brandenburg: Beifügungspflicht im Fall einer ungenügenden Stellungnahme des Betriebsrats bei einer Massenentlassungsanzeige
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.2.2016 – 6 Sa 1581/15
Volltext: BB-ONLINE BBL2016-1524-7
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Amtliche Leitsätze
1. Eine Massenentlassungsanzeige ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber ihr entgegen § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG keine Stellungnahme des Betriebsrats beifügt und auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG nicht erfüllt sind (BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 14 ff.).
2. Äußert sich der Betriebsrat im Rahmen des Konsultationsverfahrens nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG schriftlich und stellt dies keine Stellungnahme i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG dar, so kann offenbleiben, ob im Rahmen des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG jede ungenügende Stellungnahme der Massenentlassungsanzeige beizufügen ist (so wohl BAG vom 28.06.2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 58).
Eine nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG ungenügende Stellungnahme des Betriebsrats muss jedenfalls der Erklärung des Arbeitgebers nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG dann beigefügt werden, wenn die Beifügung notwendig ist, um der Agentur für Arbeit den „Stand der Beratungen“ mitzuteilen.
3. Führt der Arbeitgeber kein gebotenes Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG durch, ist eine Kündigung unwirksam (BAG vom 21.03.2013 - 2 AZR 60/12 - Rn. 19 ff.). Der Nichtdurchführung des Konsultationsverfahrens steht eine fehlende Ordnungsgemäßheit gleich.
Ein Konsultationsverfahren wird nicht ordnungsgemäß durchgeführt, wenn dem Betriebsrat als Kollegialorgan keine Möglichkeit eingeräumt wird, zu dem Ergebnis eines ersten Beratungsgesprächs des Arbeitgebers mit einer „Verhandlungskommission“ des Betriebsrats Stellung zu nehmen. Dies auch dann nicht, wenn die Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG schon abgelaufen ist.
4. Es kann offenbleiben, ob eine Massenentlassungsanzeige wirksam erst dann erstattet werden kann, wenn das Konsultationsverfahren beendet worden ist (so LAG Niedersachsen vom 07.04.2011 - 4 Sa 1271/10 - Rn. 41 ff.). Die Frage der Heilungsmöglichkeit einer anfänglich unwirksamen Massenentlassungsanzeige stellt sich nicht, wenn der Arbeitgeber die Kündigung ausspricht, bevor das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG beendet worden sein kann.
Sachverhalt
Die Parteien streiten insbesondere über die Wirksamkeit zweier betriebsbedingter Kündigungen im Rahmen einer Massenentlassung.
Die am …. geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen seit dem 01.01.1992 als Flugzeug-/Fluggastabfertigungskraft am Flughafen Berlin-Tegel gegen ein monatliches Gehalt von zuletzt 3.065,10 EUR brutto beschäftigt.
Die Beklagte beschäftigte 2015 mehr als 100 Arbeitnehmer. Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat. Kommanditistin der Beklagten ist die G. Berlin GmbH & Co. KG (GBB). Diese war die einzige Auftraggeberin der Beklagten. Die Gesellschafter der Beklagten beschlossen am 22.09.2014 den Betrieb der Beklagten zum 31.03.2015 stillzulegen(Anlage B-K4). Die GBB kündigte sämtliche noch vorhandene Aufträge aus den Bereichen Check-In zu Anfang November 2014, die übrigen Aufträge zum 31.03.2015.
Es wurde anlässlich der (von der Beklagten behaupteten) Betriebsstilllegung eine Einigungsstelle eingesetzt. Beisitzer des Betriebsrats war unter anderem Herr Rechtsanwalt K.. Dieser wandte sich im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens an den Einigungsstellenvorsitzenden u.a. mit einem dreiseitigen Schreiben vom 15.12.2014 (Anlage (K 14) II b, Bl. 228-230 d.A.) und monierte darin den Mangel an Informationen seitens der Beklagten. Man habe ernsthaft weder über Alternativen zu einer Betriebsschließung noch über deren Wie verhandelt. Am 18.12.2014 erklärte die Beklagte die Interessenausgleichsverhandlungen für gescheitert.
Mit Schreiben vom 02.01.2015 (Anlage B-K 15, Bl. 96 f. d.A.) unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über die Massenentlassung. Am Ende des Schreibens wird u.a. auf die Verhandlungen in der Einigungsstelle Bezug genommen. Der Betriebsrat antwortete mit Schreiben vom 14.01.2015 (Anlage K 14, Bl. 231 d.A.) und verwies auf das Schreiben von Herrn Rechtsanwalt K. vom 15.12.2014 (Anlage (K 14) II b, Bl. 228-230 d.A) im Einigungsstellenverfahren, das der Betriebsrat seinem Schreiben beilegte.
Mit Schreiben vom 28.01.2015 erstattete die Beklagte gegenüber der Agentur für Cottbus eine Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG (Anlage B-K 18, Bl. 107 ff. d.A.). Das Schreiben des Betriebsrats vom 14.01.2015 wurde dieser nicht beigefügt. Stattdessen wurde zu „5. Beteiligung des Betriebsrats“ erklärt: „Mit dem … Betriebsrat wurden Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen geführt. Weiterhin wurde der Betriebsrat noch einmal gesondert … gemäß § 17 Abs. 2 KSchG unterrichtet. … Eine gesonderte Stellungnahme hat der Betriebsrat nicht abgegeben. Im Rahmen der Sozialplanverhandlungen wurde[.] jedoch mit dem Betriebsrat … über die Einrichtung einer Transfergesellschaft … verhandelt. Das Einigungsstellenverfahren wurde … beendet … Weitere, gesonderte Beratungen hat der Betriebsrat nicht verlangt.“ Mit Bescheid vom 10.02.2015 (Bl. 123 d.A.) teilte die Agentur für Arbeit Cottbus mit, dass die Massenentlassungsanzeige wirksam erstattet worden sei.
Die Beklagte kündigte der Klägerin mit Schreiben vom 29.01.2015 ordentlich zum 31.08.2015. Mit der am 16.02.2015 eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 29.01.2015.
Auf Grund der von Kammern des ArbG Berlin geäußerten Bedenken gegen die Wirksamkeit der ersten Massenentlassungsanzeige entschloss sich die Beklagte, vorsorglich erneut eine Massenentlassung vorzunehmen. Mit Schreiben vom 10.06.2015 (Anlage B-M1, Bl. 274 ff. d.A.) unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über eine geplante vorsorgliche weitere Massenentlassung. Mit Schreiben vom 17.06.2015 (Anlage B-M5, Bl. 289 ff. d.A.) wandte sich der Betriebsrat an die Beklagte und unterbreitete Vorschläge zur Abwendung der Massenentlassung. Nach Schwierigkeiten, einen gemeinsamen Termin zu finden, kam es am 24.06.2015 in der Zeit von 12.50h bis 18.50 h zu einer „Konsultation mit [dem] Betriebsrat betr. § 17 KSchG“ (Bl. 293 d.A.). Für den Betriebsrat waren anwesend: Die Betriebsratsvorsitzende Frau H. („CH“), das Betriebsratsmitglied Frau B., Herr Rechtsanwalt K. („HK“) und der Sachverständige Herr G.. Für die Beklagte deren Geschäftsführer („BA“) und Frau Rechtsanwältin R. („UR“). Bei dem Gespräch diente eine Präsentation der Beklagten von 14 Seiten als Diskussionsgrundlage (Anlage B-M 9, Bl. 296 ff. d.A.). In dem Gespräch wurde u.a. über die Voraussetzungen einer Neueröffnung des Betriebes gesprochen. Das Gespräch wurde aus Sicht der Beklagten auf 6 Seiten protokolliert (Anlage B-M 8, Bl. 293 ff. d.A.). Im Protokoll heißt es auszugsweise:
„UR zum Sachstand: Weiterleitung Schreiben BR vom 17.6. an GBB und erste Gespräche, noch keine abschließende Entscheidung. …
Nachdem der BR deutlich gemacht hat, dass aus seiner Sicht ohne die geforderten Informationen nicht über Kostensenkungen gesprochen werden kann, setzen wir die Präsentation fort. …
CH - Frage, ob man die Präsentation bis Montag haben könne, da man am Dienstag mit dem Betriebsrat zusammensitzen werde
UR - Wir werden die Unterlagen sehr kurzfristig zukommen lassen. Ergänzung durch BA, dass dies wahrscheinlich noch heute abend, spätestens morgen früh möglich sei. …
BA - Bis 12 Uhr morgen noch Möglichkeit Ergänzungen zu heutigem Gespräch und Schreiben vom mitzuteilen, da wir morgen Nachmittag mit GBB über das weitere Vorgehen sprechen werden.“
Der Geschäftsführer der Beklagten übermittelte dem Betriebsrat mit Mail vom 24.06.2015, 19:34h (Anlage B-M10, Bl. 303 d.A.) die von der Beklagten im Beratungsgespräch am 24.06.2015 benutzte Präsentation und teilte mit, dass das Gespräch mit der GBB erst am Abend stattfände. „Ergänzungen“ zum Gespräch vom 24.06. und zum Schreiben vom 17.06.2015 sowie vom 24.06.2015 bzw. „eine abschließende Stellungnahme“ seien noch bis 18:00 Uhr möglich. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die GBB am Folgetag „eine endgültige Entscheidung treffen“ werde. Mit Faxschreiben vom 25.06.2015, 16:40h (Anlage B-M11, Bl. 304 d.A.) erklärte die Betriebsratsvorsitzende, dass man in der Beratung am 24.06.2015 „so verblieben [sei], dass Sie [der Geschäftsführer] … Ihre Sicht der Dinge so rechtzeitig mitteilen wollten, dass das gesamte Betriebsratsgremium darüber in seiner Sitzung am nächsten Dienstag beraten kann. … Auf der Grundlage der Erörterungen und Beschlussfassung des Gremiums würde der Betriebsrat dann unverzüglich und abschließend Stellung nehmen. … die Mitglieder der .. Verhandlungskommission .. hoffen, dass wir auf der Basis unserer drei … Informationswünsche in einem weiteren Termin inhaltlich weiter kommen.“ Mit Schreiben vom 26.06.2015 (Anlage B-M12, Bl. 305 d.A.) teilte der Geschäftsführer der Beklagten dem Betriebsrat u.a. mit, dass man nicht vereinbart habe, bis zur nächsten Sitzung des Betriebsrats am Dienstag zu warten. Ohne eine deutliche kurzfristige Senkung der Personalkosten sei eine Wiedereröffnung nicht möglich. Darauf habe der Betriebsrat sich auch nicht im Ansatz eingelassen.
Unter dem 26.06.2015 erstattete die Beklagte bei der Arbeitsagentur Cottbus eine Massenentlassungsanzeige (Anlage B-M 13), die bei der Arbeitsagentur am 26.06.2015 einging.
Mit Schreiben vom 27.06.2015 kündigte die Beklagte der Klägerin zum 31.01.2016. Mit der bei Gericht am 13.07.2015 eingegangen Klageerweiterung vom 10.07.2015 (Bl. 245 d.A.) wendet sich die Klägerin auch gegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 27.06.2015.
Die Klägerin hat u.a. die Ansicht vertreten, dass die Kündigungen sozial nicht gerechtfertigt seien. Der Arbeitsplatz der Klägerin sei nicht weggefallen, sondern lediglich in rechtsmissbräuchlicher Weise auf andere konzernverbundene Unternehmen verlagert worden. Die Betriebsratsanhörung und die Massenentlassungsanzeige zur ersten Kündigung seien nicht ordnungsgemäß erfolgt. Unter anderem sei die Stellungnahme des Betriebsrats der Massenentlassungsanzeige nicht beigefügt gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte die Massenentlassungsanzeige bei der falschen Agentur für Arbeit erstattet. Hinsichtlich der zweiten Kündigung hieß es erstinstanzlich bzgl. § 17 KSchG lediglich: „Die Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG ist nicht ordnungsgemäß erfolgt“ (Bl. 246 d.A.).
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 29.01.2015, zugegangen am 29.01.2015, das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat und rechtsunwirksam ist
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist am 31.08.2015 hinaus weiter unverändert fortbesteht;
3. hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG i. V. m. §§ 9, 10 KSchG zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 35.248,65 EUR nicht unterschreiten soll;
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 209,44 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 114,44 EUR brutto seit dem 02.02.2015 und aus 94,96 EUR brutto seit dem 02.03.2015 zu zahlen;
5. dass die Kündigung der Beklagten vom 27.06.2015, zugegangen am 27.06.2015, das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat und rechtsunwirksam ist.
Die Beklagte hat zuletzt beantragt,
1. die Klage abzuweisen,
2. hilfsweise für den Fall, dass die Beklagte zur Zahlung eines Nachteilsausgleichs gemäß §§ 113 Abs. 3 BetrVG, 9, 10 KSchG verurteilt wird, die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils auszuschließen.
Die Beklagte hat u.a. die Ansicht vertreten, dass die Ordnungsgemäßheit der Massenentlassungsanzeige nicht daran scheitern könne, dass das Schreiben des Betriebsrats vom 14.01.2015 beigelegt worden sei. Dieses sei keine Stellungnahme i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG gewesen.
Mit Urteil vom 06.08.2015 hat das Arbeitsgericht die in der Berufungsinstanz anhängigen Klageanträge abgewiesen. Die Beklagte habe in nicht rechtsmissbräuchlicher Weise ihren Betrieb zum 31.03.2015 stillgelegt. Ein Betriebsübergang auf Dritte habe nicht stattgefunden. Eine konzerndimensionale Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten bestehe nicht. Die Massenentlassungsanzeige sei ordnungsgemäß erfolgt. Der Beifügung des Schreibens des Betriebsrats vom 14.01.2015 habe es nicht bedurft. Ein Nachteilsausgleichsanspruch gemäß § 113 Abs. 3, Abs. 1 BetrVG bestehe nicht. Auf Grund der Wirksamkeit der ersten Kündigung käme es auf die Wirksamkeit der zweiten nicht mehr an.
Für den erstinstanzlichen Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.08.2015 - 44 Ca 2312/15 - wurde der Klägerin am 21.08.2015 zugestellt. Die Klägerin hat hiergegen Berufung eingelegt mit Schriftsatz vom 09.09.2015, bei Gericht eingegangen am 10.09.2015, und diese mit Schriftsatz vom 21.10.2015, eingegangen bei Gericht am 21.10.2015, begründet.
Die Klägerin vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Zur zweiten Massenentlassungsanzeige heißt es lediglich (Bl. 375 d.A.): „Die Kündigung vom 27. Juni 2015 ist auf jeden Fall unwirksam, da.. [es] auch hier an der Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG an die Agentur für Arbeit Berlin fehlt. Insoweit [ist] diese Kündigung schon formal unwirksam. Weiterhin wird sich auf den gesamten Vortrag zur Kündigung vom 29. Januar 2015 berufen.“
Die Klägerin beantragt,
Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin zum Aktenzeichen 44 Ca 2312/15 vom 06.08.2015 zu Ziffer II aufzuheben und festzustellen,
1. dass die Kündigung vom 29.01.2015, zugegangen am 30.01.2015, das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat und rechtsunwirksam ist;
2. dass die Kündigung vom 27.06.2015, zugegangen am 27.06.2015, das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat und rechtsunwirksam ist;
3. dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen über den Ablauf der Kündigungsfristen zum 31.08.2015 und zum 31.01.2016 hinaus weiter unverändert fortbesteht;
4. hilfsweise für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1.,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin einen Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG i. V. m. §§ 9, 10 KSchG zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 35.248,65 Euro nicht unterschreiten soll, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berufungsbeklagte vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die erste Kündigung scheitere nicht an § 17 KSchG. Im Rahmen des Konsultationsverfahrens nach § 17 Abs. 2 KSchG sei der Betriebsrat hinreichend unterrichtet worden. Der vollständige Auftragsverlust sei mitgeteilt worden. Weitere Hintergründe bei der GBB seien nicht mitzuteilen gewesen. Ausweislich des Unterrichtungsschreibens vom 02.01.2015 (Anlage B-K 15) habe die Beklagte die Gespräche in der Einigungsstelle auch für die Konsultation nach § 17 Abs. 2 KSchG genutzt, wovon ausweislich des Schreibens des Betriebsrats vom 14.01.2015 (Anlage BB 1a und b) auch dieser ausgegangen sei. § 17 Abs. 3a KSchG sei vorliegend nicht anwendbar. Auch die Massenentlassungsanzeige sei wirksam erstattet worden. Die Beklagte behauptet, dass sie die Massenentlassungsanzeige rein vorsorglich auch an die Agentur für Arbeit Berlin gesandt habe. Dies mit Schreiben vom 28.01.2015 (Anlage BB 3), ausweislich des Bestätigungsschreibens vom 01.10.2015 (Anlage BB 4). Im Übrigen sei nach der Geschäftsanweisung der Arbeitsagentur (Anlage BB 2) auf den „Sitz“ des Betriebes abzustellen. Das Schreiben des Betriebsrats vom 14.01.2015 sei nicht der Massenentlassungsanzeige beizufügen gewesen. Das Schreiben sei keine Stellungnahme i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG. Es sei auch nicht im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 3 KSchG beizufügen gewesen.
Auch die zweite Kündigung scheitere nicht an § 17 KSchG. Das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der Betriebsrat sei schon im Rahmen der Konsultation zur ersten Kündigung und dann noch einmal im Schreiben vom 10.06.2015 erneut umfassend informiert worden. Das Beratungsgespräch am 24.06.2015 sei ergebnisoffen erfolgt, habe jedoch zu keinem Einverständnis geführt. Die Massenentlassungsanzeige sei gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG wirksam. Die Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 2 Satz 3 KSchG sei eingehalten.
In der mündlichen Verhandlung wurde seitens des Gerichts auf Bedenken hinsichtlich des Konsultationsverfahrens bei der 2. Kündigung hingewiesen. Daraufhin erklärte der Klägervertreter zu Protokoll, dass die Konsultation vorzeitig abgebrochen worden sei. Die Beklagte habe die Beratung des Betriebsrats nicht abgewartet. Dies ergebe sich aus dem Schreiben des Betriebsrats vom 25.06.2015 (Anlage B-M 11). Die Beklagte verwies u.a. darauf, dass die Klägerin insoweit schriftsätzlich keine konkrete Rüge erhoben habe, im Übrigen aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Anlagen B-M 8, 10, 12) sich ergebe, dass die Beratung nicht vorzeitig abgebrochen worden sei. Auch sei dem Betriebsrat ausreichend Gelegenheit gegeben worden, ergänzend zu dem Gespräch Stellung zu nehmen.
Für den Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2016 (Bl. 569 d.A.) und auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Aus den Gründen
Die Berufung war im Wesentlichen erfolgreich. Das Urteil des ArbG Berlin entsprechend abzuändern.
A. Die Berufung ist nur hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrages unzulässig.
A. I. Die Berufung ist nach §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 Buchst. c ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S. v. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt worden.
A. II. Die Berufung ist hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrages (Ziff. 3) nicht ordnungsgemäß begründet im Sinne des § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Danach muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt (vgl. BAG vom 23.02.2011 - 4 AZR 313/09 - juris Rn. 15) und es bedarf einer Auseinandersetzung hinsichtlich jeden abgewiesenen Streitgegenstandes (BAG vom 28.05.2008 - 10 AZR 351/07 - juris Rn. 28 = NZA 2008, 1066). Dies ist bezüglich des allgemeinen Feststellungsantrages nicht gegeben. Die Berufungsbegründung (Bl. 375 d.A.) wiederholt nur die schon vom ArbG Berlin erstinstanzlich (Bl. 349 d.A.) abgelehnten Gründe.
B. Die Berufung ist begründet. Die Kündigungsschutzanträge sind zulässig und begründet.
B. I. Der gegen die Kündigung vom 29.01.2015 gerichtete Kündigungsschutzantrag ist i.V.m. § 4 Satz 1 KSchG i.V.m. § 7 KSchG zulässig und auch begründet. Der Hilfsantrag auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs ist nicht angefallen.
B. I. 1. Die Klägerin hat gegen die schriftliche Kündigung vom 29.01.2015 i.V.m. § 167 ZPO innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben.
B. I. 2. Die Kündigung vom 29.01.2015 ist gemäß § 17 KSchG i.V.m. § 134 BGB unwirksam. Die Missachtung des § 17 KSchG wurde gerügt. Eine unwirksame notwendige Massenentlassungsanzeige führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Erstattung der Massenentlassungsanzeige war notwendig. Die Massenentlassungsanzeige vom 28.01.2015 ist unwirksam. Ihre Unwirksamkeit wurde durch den Bescheid der Agentur für Arbeit Cottbus nicht geheilt.
B. I. 2.1 Die Klägerin hat sich im Schriftsatz vom 29.05.2015, S. 19 (Bl. 189 d.A.) erstinstanzlich i.V.m. § 6 Satz 1 KSchG rechtzeitig auf eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 134 BGB i.V.m. § 17 KSchG berufen.
B. I. 2.2 Die Unwirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige führt zur Unwirksamkeit der Kündigung (BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - juris Rn. 34 m.w.N. = NZA 2015, 881; BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 371/11 - juris Rn. 31 ff. = NZA 2013, 845 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 42; BAG vom 28.06.2012 - 6 AZR 780/10 - juris Rn. 37 und Leitsatz = NZA 2012, 1029 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 40). Eine Massenentlassungsanzeige ist u.a. unwirksam, wenn ihr entgegen § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG keine Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt ist und auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 3 KSchG nicht erfüllt sind (BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 371/11 - juris Rn. 14 ff. = NZA 2013, 845 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 42).
B. I. 2.3 Bei mehr als 100 betriebsbedingten Kündigungen innerhalb von 30 Kalendertagen war die Erstattung einer Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 1 KSchG geboten. Die Massenentlassungsanzeigepflicht besteht auch im Fall einer vollständigen Betriebsstilllegung (BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - juris Rn. 14 m.w.N. = NZA 2015, 881).
B. I. 2.4 Die Massenentlassungsanzeige vom 28.01.2015 war jedenfalls schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte das Schreiben des Betriebsrats vom 14.01.2015 i.V.m. der Anlage (Schreiben des Herrn Rechtsanwalt K. vom 15.12.2014) nicht der Massenentlassungsanzeige beigefügt hat.
B. I. 2.4.1 Das Schreiben des Betriebsrats vom 14.01.2015 nebst Anlage ist zwar keine Stellungnahme i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Die Beklagte hat aber nicht gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ersatzweise den „Stand der Beratungen“ dargelegt, wozu hier die Vorlage der ungenügenden Stellungnahme des Betriebsrats in Form des Schreibens vom 14.01.2015 gehört hätte. Stattdessen hat sie letztlich irreführende Angaben zum Beratungsstand abgegeben.
B. I. 2.4.1.-1 Das Schreiben des Betriebsrats vom 14.01.2015 nebst Anlage war keine ordnungsgemäße Stellungnahme i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Nicht jede Äußerung des Betriebsrats im Rahmen des Konsultationsverfahrens ist eine Stellungnahme i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Die nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG beizufügende Stellungnahme muss sich auf das Ergebnis der nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG erforderlichen Beratungen über die Möglichkeiten beziehen, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern. Um der Agentur für Arbeit Auskunft darüber geben zu können, ob und welche Möglichkeiten er sieht, die angezeigten Kündigungen zu vermeiden, und zugleich zu belegen, dass soziale Maßnahmen mit ihm beraten und ggf. getroffen worden sind, muss sich der Betriebsrat in einer Weise äußern, die erkennen lässt, dass er seine Beteiligungsrechte als gewahrt ansieht und dass es sich um eine abschließende Erklärung zu den vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigungen handelt. Dafür reicht auch die eindeutige Mitteilung aus, keine Stellung nehmen zu wollen (BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - juris Rn. 38 = NZA 2015, 881).
Diesen hohen Anforderungen entspricht das Schreiben des Betriebsrats nicht. Es verweist lediglich darauf, dass der Betriebsrat wie in den Verhandlungen um den Interessenausgleich sich nicht genügend informiert sieht. Die Ausführungen des Betriebsrats geben nicht „das Ergebnis bereits abgeschlossener Beratungen“ (BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - Rn. 39, a.a.O.) wieder und enthalten auch nicht die Erklärung, dass der Betriebsrat „seinen Verhandlungsanspruch als erfüllt betrachte“ (BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - Rn. 39, a.a.O.).
B. I. 2.4.1.-2 Auch als i.S.v. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG ungenügende Stellungnahme war das Schreiben des Betriebsrats vom 14.01.2015 nebst Anlage im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 3 KSchG vorzulegen. Im Rahmen des § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrVG hatte die Beklagte den „Stand der Beratungen“ darzulegen. Dies war ihr aber nicht möglich, ohne die - möglicherweise unzureichenden oder unzutreffenden Äußerungen des Betriebsrats und des Herrn Rechtsanwalt Kuster - der Arbeitsagentur vorzulegen.
Es kann dabei offen bleiben, ob in jedem Fall im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 3 KSchG auch eine "Stellungnahme" des Betriebsrats, die nicht den Anforderungen des § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG genügt ("ungenügende Stellungnahme"), einer Massenentlassungsanzeige beizufügen ist (so wohl BAG vom 28.06.2012 - 6 AZR 780/10 - juris Rn. 58 = NZA 2012, 1029 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 40 ("indem er ihr nicht nur die unzureichende Stellungnahme des Betriebsrats beifügt"), dem Wortlaut folgend Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 16. Aufl. 2015, § 142 Rn. 23; Vossen, in: Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung, 11. Aufl. 2015, Rn. 1649a; in BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - juris Rn. 40 = NZA 2015, 881 ist dieser Passus (Rn. 58) nicht wiederholt).
Eine ungenügende Stellungnahme muss jedenfalls dann beigelegt werden, wenn dies notwendig ist, um den "Stand der Beratungen" (§ 17 Abs. 2 Satz 3 KSchG) darzulegen.
Dies folgt aus dem Normzweck des § 17 KSchG im Allgemeinen und aus der Beifügungspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG sowie dem Ersatzcharakter des § 17 Abs. 2 Satz 3 KSchG insbesondere:
§ 17 KSchG dient in Umsetzung der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen - MERL - dem Schutz der Arbeitnehmer vor den Folgen von Massenentlassungen. Hauptziel der MERL ist im Hinblick auf die sozioökonomischen Auswirkungen von Massenentlassungen, solchen Entlassungen Konsultationen mit Arbeitnehmervertretern und die Unterrichtung der zuständigen Behörde vorangehen zu lassen. Die Konsultation mit den Arbeitnehmervertretern erstreckt sich auf die Möglichkeit, Massenentlassungen zu vermeiden oder zu beschränken, sowie auf die Möglichkeit, ihre Folgen durch soziale Begleitmaßnahmen, die insbesondere Hilfen für eine anderweitige Verwendung oder Umschulung der entlassenen Arbeitnehmer zum Ziel haben, zu mildern. Die Agentur für Arbeit soll die Möglichkeit haben, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung oder wenigstens zur Verzögerung von Belastungen des Arbeitsmarkts einzuleiten und für anderweitige Beschäftigungen der Entlassenen zu sorgen (vgl. BAG vom 21.03.2012 - 6 AZR 596/10 - juris Rn. 21 m.w.N. = NZA 2012, 1058 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 39).
Die Beifügungspflicht nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG soll gegenüber der Agentur für Arbeit belegen, ob und welche Möglichkeiten der Betriebsrat sieht, die angezeigten Kündigungen zu vermeiden. Sie soll zugleich belegen, dass soziale Maßnahmen mit dem Betriebsrat beraten und ggf. getroffen worden sind. Schließlich soll das Beifügungserfordernis verhindern, dass der Arbeitgeber eine für ihn ungünstige Stellungnahme des Betriebsrats gegenüber der Agentur für Arbeit verschweigt, um eine für ihn günstige Entscheidung der Behörde zu erwirken (BAG vom 21.03.2012 - 6 AZR 596/10 - juris Rn. 22 = NZA 2012, 1058 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 39).
Die Erklärungspflicht des Arbeitgebers nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG ist nur eine Ersatzlösung im Fall fehlender oder ungenügender Stellungnahme des Betriebsrats und verfolgt letztlich denselben Normzweck wie § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Auch in diesem Fall besteht die „Verpflichtung, den Beginn und Stand der Beratungen durch einen glaubhaften Vortrag zu dokumentieren“ (ErfK/Kiel, 16. Aufl. 2016, KSchG § 17 Rn. 32).
Das Schreiben des Betriebsrats vom 14.01.2015 (Anlage K 14, Bl. 227 d.A.) ist eine im Rahmen des Konsultationsverfahren des § 17 Abs. 2 KSchG abgegebene Erklärung des Betriebsrats. Es bezieht sich laut Betreff ausdrücklich auf das Unterrichtungsschreiben der Beklagten gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG vom 02.01.2016 (Bl. 96 f. d.A.). Dies wird auch daran deutlich, dass es im 2. Absatz heißt, dass die Beklagte dem Betriebsrat die Anzeige an die Arbeitsagentur zukommen lassen solle, wenn sie trotz des Wunsches weiter zu verhandeln, „gleichwohl“ die Anzeige erstatte. Das Schreiben des Herrn Rechtsanwalt K. vom 15.12.2014 war Teil der Antwort des Betriebsrats. Dies durch ausdrückliche Bezugnahme im Anschreiben und dadurch, dass es dem Schreiben des Betriebsrats noch einmal beigefügt wurde. Es hatte auch einen ausreichenden Sachbezug zum Konsultationsverfahren. Die Beklagte selbst hat die Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen für eine gleichzeitige Konsultation nach § 17 Abs. 2 KSchG nutzen wollen. Das anwaltliche Schreiben vom 15.12.2014 konnte ohne weiteres in das Konsultationsverfahren einbezogen werden, wenn es durch den erklärten Versuch der Beklagten, das Einigungsstellenverfahren mit dem Konsultationsverfahren zu kombinieren, nicht eh´ schon auch Teil des Konsultationsverfahrens war.
Das dreiseitige Schreiben vom 15.12.2014 war auch gehaltvoll und gab die Position des Betriebsrats zu dem (festgefahrenen) Stand der Beratungen mit der Beklagten wieder. Ob die darin enthaltenen Forderungen des Betriebsrats zu Recht erhoben wurden oder für die Massenentlassung letztlich durchschlagend und von Belang waren, hatte die Agentur für Arbeit zu beurteilen.
Das Schreiben des Herrn Rechtsanwalt K. vom 15.12.2014 war auch nicht dadurch unbeachtlich und zeitlich überholt, dass die Beklagte am 18.12.2014 das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen erklärt hatte. Für den Betriebsrat hatte sich ersichtlich durch den Abbruch der Interessenausgleichsverhandlungen an der von ihm subjektiv so empfundenen Informationsmisere nichts geändert.
Die Beklagte hat das Schreiben des Betriebsrats vom 14.01.2015 i.V.m. dem Schreiben des Herrn Rechtsanwalt K. vom 15.12.2014 auch nicht zumindest im Wesentlichen wiedergeben. Statt den Stand der Beratungen wiederzugeben, wird die Arbeitsverwaltung letztlich irregeführt. Obwohl eine zumindest ungenügende Stellungnahme des Betriebsrats vorlag und der Betriebsrat seinen Verhandlungsanspruch nicht erfüllt sah, erklärte die Beklagte in der Massenentlassungsanzeige, dass der Betriebsrat „eine gesonderte Stellungnahme“ nicht abgegeben und „weitere, gesonderte Beratungen“ nicht verlangt habe (Bl. 168 d.A.).
B. I. 2.4.2 Ist die Massenentlassungsanzeige schon auf Grund der fehlenden „Stellungnahme“ des Betriebsrats und damit auch die Kündigung unwirksam, kommt es nicht darauf an, ob die Kündigung i.V.m. § 17 KSchG noch aus anderen Gründen unwirksam ist.
B. I. 2.4.3 Der Mangel der Massenentlassungsanzeige ist auch durch den Bescheid der Agentur für Arbeit gemäß § 20 KSchG nicht geheilt worden (vgl. allgemein BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 371/11 - juris Rn. 30 m.w.N. = NZA 2013, 845 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 42).
B. I. 3 Auf sonstige Unwirksamkeitsgründe kommt es nicht an.
B. II. Der gegen Kündigung vom 27.06.2015 gerichtete Kündigungsschutzantrag ist ebenfalls zulässig und begründet.
B. II. 1 Die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG ist i.V.m. § 167 ZPO gewahrt.
B. II. 2 Die Kündigung ist jedenfalls nach § 17 Abs. 2 KSchG i.V.m. § 134 BGB unwirksam. Eine Unwirksamkeit nach § 17 KSchG ist ausreichend gerügt. Eine Kündigung ist auch dann unwirksam, wenn die Konsultation nach § 17 Abs. 2 KSchG nicht ordnungsgemäß war. Der positive Bescheid der Agentur für Arbeit konnte die Unwirksamkeit nicht heilen.
B. II. 2.1 Die Durchführung des Konsultationsverfahrens nach § 17 Abs. 2 KSchG stellt neben dem Anzeigeverfahren nach § 17 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 KSchG eine eigenständige Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung dar. Ist vor Ausspruch einer Kündigung ein nach § 17 Abs. 2 KSchG erforderliches Konsultationsverfahren nicht durchgeführt worden, ist die Kündigung wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB rechtsunwirksam (BAG vom 21.03.2013 - 2 AZR 60/12 - juris Rn. 19 ff. = NZA 2013, 966 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 45 ; LAG Düsseldorf vom 13.11.2013 - 4 Sa 699/13 - juris Rn. 57 = ArbR 2014, 156; a.A. (überholt) Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 15. Aufl. 2013, § 17 Rn. 68).
Eine Kündigung ist erst nach dem Ende der Beratung i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG wirksam (Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 16. Aufl. 2015, § 142 Rn. 17). Selbst wenn man das Konsultationsverfahren vorliegend nicht als vorzeitig abgebrochen, sondern auf Grund der inzwischen abgelaufenen Zeit und der damit verbundenen Möglichkeit des Betriebsrats, als Kollegialorgan zumindest im Nachhinein Stellung zu beziehen, für beendet ansähe, wäre jedenfalls das Zusammenspiel der Konsultation und der Anzeige nicht beachtet worden. Dabei kann die - vorlagepflichtige (vgl. BVerfG vom 25.02.2010 - 1 BvR 230/09 - NZA 2010, 439 = NJW 2010, 1268 (Reinhard) = AP GG Art. 101 Nr. 65 = EzA § 17 KSchG Nr. 21; BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 371/11 - juris Rn. 49 = NZA 2013, 845 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 42) - Frage offenbleiben, ob bei einer richtlinienkonformen Auslegung das Konsultationsverfahren vor Erstattung einer Massenentlassungsanzeige abgeschlossen sein muss (bejahend LAG Niedersachsen vom 07.04.2011 - 4 Sa 1271/10 - juris Rn. 41 ff. = EzA SD 2011, Nr. 22, S. 4 Os.; zum Streitstand BVerfG vom 25.02.2010 - 1 BvR 230/09 - Rn. 26 f., a.a.O.); nur empfehlend ErfK/Kiel, 16. Aufl. 2016, KSchG § 17 Rn. 25a)). Selbst wenn man von der Zulässigkeit einer nachträglichen Heilung einer anfänglich mangels Beendigung des Konsultationsverfahrens unwirksamen Massenentlassungsanzeige ausginge und eine nachträgliche Heilung durch eine nachträgliche Beendigung der Konsultation und nachträglicher Aktualisierung der Massenentlassungsanzeige durch Vorlage einer abschließenden Stellungnahme gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG oder einer Mitteilung über den Stand der Beratungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG für möglich erachtete, so kommt dies vorliegend schon rein zeitlich nicht in Betracht.
Der Betriebsrat war - als Kollegialorgan - weder vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige am Freitag, den 26.06.2015, noch vor Ausspruch der Kündigung am Samstag, den 27.06.2015, mit dem Ergebnis des Gesprächs am Mittwoch, den 24.06.2015, befasst, noch ist er im Rahmen des § 2 Abs. 1 BetrVG so zu stellen.
B. II. 2.2 Die Klägerin hat eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 17 Abs. 2 KSchG hinreichend gerügt. Dies schon schriftsätzlich. Erstinstanzlich hat sie pauschal gerügt, dass die Massenentlassungsanzeige „nicht ordnungsgemäß“ erfolgt sei (Bl. 246 d.A.). Dass die Klägerin zweitinstanzlich schriftsätzlich ausdrücklich nur auf die vermeintlich fehlende Zuständigkeit der Agentur für Arbeit Cottbus eingegangen ist, kann sinnvoll, soweit überhaupt zulässig, nicht als von ihr gewollte Beschränkung des Prüfungsprogramms des § 17 KSchG verstanden werden. Auch wenn die Klägerin nur von der Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige sprach, ist zudem damit auch die Unwirksamkeit der Kündigung auf Grund unzureichender Konsultation i.S.d. § 17 Abs. 2 KSchG mit gerügt.
B. II. 2.3 Die Klägerin ist der im Rahmen des § 17 KSchG gestuften Substantiierungspflicht nachgekommen. Dies, obwohl die Beklagte für die zweite Kündigung umfangreich zum Konsultations- und Anzeigeverfahren vorgetragen und die Klägerin vor der mündlichen Verhandlung „fast nichts“ Konkretes dazu geschrieben hat. Die Nichtbeachtung des Konsultationsverfahrens ergibt sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen, ohne dass die Beklagte diesen Befund mündlich ausräumen konnte.
Ein Arbeitgeber hat die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens nach § 17 KSchG. Hat er substantiiert dargelegt, dass und wie er das Konsultations- und Anzeigeverfahren nach § 17 KSchG durchgeführt hat, darf sich der Arbeitnehmer nicht auf ein pauschales Bestreiten der Ordnungsgemäßheit beschränken, sondern muss im Einzelnen darlegen, welche Fehler des Verfahrens er warum für gegeben hält (BAG vom 13.12.2012 - 6 AZR 5/12 - juris Rn. 42 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 43). Ein pauschales Bestreiten des Arbeitnehmers genügt jedoch dann, wenn sich aus dem Vortrag des Arbeitgebers bzw. aus den von ihm vorgelegten Unterlagen „eindeutig“ (BAG vom 13.12.2012 - 6 AZR 5/12 - juris Rn. 42 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 43) ergibt, dass § 17 KSchG verletzt worden ist. Darauf ist der Arbeitgeber nach § 139 ZPO hinzuweisen.
Hier ergibt sich schon aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen, dass das Konsultationsverfahren gemäß § 17 Abs. 2 KSchG nicht ordnungsgemäß war. An dem Ergebnis ändert sich auch nichts, wenn man die Erklärungen der Beklagten zu Protokoll berücksichtigt.
Unschädlich erscheint es dabei, dass ein Schreiben des Betriebsrats vom 24.06.2015, das ausweislich des Protokolls vom 24.06.2015 (Anlage B-M 8, S. 1; Bl. 293 d.A.) und der Mail vom 24.06.2015 (Anlage B-M 10, Bl. 303 d.A.) existiert, nicht zur Akte gelangt ist. Abgesehen davon, dass die sorgfältigen Beklagtenvertreter in ihrem Schriftsatz vom 28.07.2015, S. 22 f. (Bl. 260 f. d.A.) 17 Anlagen der Massenentlassungsanzeige anführen und alle Anlagen bis auf die Anlage 13 (= Schreiben des Betriebsrats vom 24.06.2015) belegen, wird auch schriftsätzlich auf dieses Schreiben keinen Bezug genommen. Es wurde auch nach einer längeren Verhandlungspause von der Beklagten nicht erwähnt, so dass davon auszugehen ist, dass es aus Sicht der Beklagten auf dieses Schreiben nicht ankommt.
B. II. 2.4 Es bestand für die betroffenen 101 Arbeitnehmer (vgl. Anlage B-M13) eine Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG und damit eine Konsultationspflicht nach § 17 Abs. 2 KSchG.
B. II. 2.5 Das Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 KSchG ist nicht beendet. Selbst wenn es inzwischen durch Zeitablauf beendet worden sein sollte, war es nicht vor der Erstattung der Massenentlassungsanzeige am 26.06.2015 und auch nicht vor der Erklärung der Kündigung mit Schreiben vom 27.06.2015 beendet worden.
Es kann dabei offenbleiben, ob die Beklagte es bei dem einmaligen Beratungsgespräch am 24.06.2015 belassen und weitere Beratungstermine verweigern durfte. Es kann auch offenbleiben, ob der einseitige Abbruch der Beratungen durch die Beklagte verfrüht war, weil die Verhandlungen nach dem Gespräch am 24.06.2015 noch „schwebten“. Ebenso, ob die Aussage des Betriebsrats in seinem Schreiben vom 25.06.2015 (Anlage B-M 11) zutrifft, dass man verblieben war, dass der Geschäftsführer noch Informationen nachliefern wollte und der Betriebsrat erst nach seiner Sitzung am Dienstag „abschließend Stellung nehmen“ durfte (diesem Verständnis widersprach der Geschäftsführer der Beklagten mit Schreiben vom 26.06.2015 (Anlage B-M 12)).
Ausreichend ist die Feststellung, dass das Konsultationsverfahren nach § 17 KSchG weder vor der Erstattung der Massenentlassungsanzeige am 26.06.2015 noch vor Ausspruch der Kündigung am 27.06.2015 beendet war. Dies, weil der Betriebsrat nach dem von der Beklagten selbst dokumentierten Kommunikationsprozess keine zumutbare Möglichkeit hatte, als Kollegialorgan zu dem Ergebnis der Beratung vom 24.06.2015 Stellung zu nehmen.
B. II. 2.5.1 Der Arbeitgeber ist im Rahmen der Konsultation nach § 17 Abs. 2 KSchG nicht zu einer Einigung verpflichtet (BAG vom 13.07.2006 - 6 AZR 198/06 - juris Rn. 24 = NZA 2007, 25 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 22). Es ist auch unschädlich, wenn der Arbeitgeber letztlich an seinen Plänen festhält. Der Arbeitgeber muss jedoch "mit dem ernsten Willen zur Einigung" verhandeln (Moll, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Aufl. 2012, KSchG, § 17 Rn. 74b m.w.N.).
Das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG ist „sicher“ unter anderem beendet, wenn die Betriebspartner sich darauf verständigen, der Betriebsrat eine abschließende Stellungnahme i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG abgibt, der Arbeitgeber mit dem für die Konsultation zuständigen Betriebsrat einen Interessenausgleich (§§ 111, 112 BetrVG) mit Namensliste (§ 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG; § 125 Abs. 2 InsO) oder ohne Namensliste, aber mit hinreichend deutlicher, integrierter Stellungnahme des Betriebsrats (BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - juris Rn. 17 = NZA 2015, 881; BAG vom 21.03.2012 - 6 AZR 596/10 - juris Rn. 17 ff. = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 39) abschließt. Ansonsten lässt sich das Ende einer Beratung in der Regel kaum oder nur schwer feststellen (vgl. auch BAG vom 18.12.1984 - 1 AZR 176/82 - juris Rn. 32 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 11: „Ob der Unternehmer mit dem Betriebsrat ernsthaft beraten hat, läßt sich kaum oder jedenfalls erheblich schwerer feststellen. Und nur bei ernsthaften Beratungen mit dem Willen zu einer Einigung könnte man davon sprechen, der Unternehmer habe die Einigung versucht“ (zu § 111 Satz 1 BetrVG). Es kann offen bleiben, ob es einer förmlichen „Schlussberatung“ bedarf (offenlassend für den anders gelagerten Fall der Beratung vor Unterrichtung BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - juris Rn. 29 f. = NZA 2015, 881) bzw. hier die Beklagte hätte deutlich machen müssen, dass sie unter Umständen nur zu einem einmaligen Beratungsgespräch bereit war.
Nach BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - juris Rn. 29 = NZA 2015, 881 (folgend ErfK/Kiel, 16. Aufl. 2016, KSchG § 17 Rn. 24 a.E.) darf der Arbeitgeber von einem Ende der Beratung auch ausgehen, wenn er mit seiner Unterrichtung dem Betriebsrat zwar eine Beratung angeboten hat, seitens des Betriebsrats jedoch „nicht binnen zumutbarer Frist“ eine Reaktion erfolgt oder die Reaktion des Betriebsrats im Fall schon vorheriger Beratung nach vertretbarer Einschätzung des Arbeitgebers „keinen Ansatz für weitere, zielführende Verhandlungen bietet“. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: der Betriebsrat hat innerhalb der Zweiwochenfrist reagiert. Ob es keinen Ansatz für weitere zielführende Gespräche gab, konnte auf Grund des Gesprächs mit der „Verhandlungskommission“ nicht gesagt werden, da der Betriebsrat als Gremium damit noch keine Stellung bezogen hatte.
Das Ende der Beratung lag nicht schon allein deshalb vor, weil die Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG abgelaufen war und eine einmalige, unterstellt ernsthafte und umfangreiche Beratung im obigen Sinn mit Vertretern des Betriebsrats stattgefunden hatte. Wenn es heißt, dass es ausreiche, den Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu unterrichten und nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG den Stand der Beratungen der Arbeitsverwaltung mitzuteilen (so wohl KR/Weigand, 11. Aufl. 2016, § 17 Rn. 145), so erscheint dies missverständlich. Es mag so sein, dass es ausreicht, den Betriebsrat zu unterrichten, ihm einen Beratungstermin anzubieten und - wenn dieser vom Betriebsrat nicht wahrgenommen wird -, dass der Arbeitgeber die Erklärungen nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG nach Ablauf der Zweiwochenfrist des § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG abgibt (so Reinhard, RdA 2007, 207 (214)). Hier liegt der Fall aber anders: es wurde mit dem konsultationswilligen Betriebsrat ein gemeinsamer Termin für eine „Verhandlungskommission“ vereinbart, ohne dass die Beendigung der Konsultation durch eine nachgängige Sitzung des Betriebsrats als Gremium von der Beklagten abgewartet wurde.
B. II. 2.5.2 Entscheidend ist hier, dass Adressat der Konsultation gemäß § 17 Abs. 2 KSchG der Betriebsrat als „Kollegialorgan“ ist (vgl. allgemein BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - juris Rn. 21 m.w.N. = NZA 2015, 881; in einem Parallelfall (die „erste Kündigung“ betreffend) LAG Berlin-Brandenburg vom 09.12.2015 - 15 Sa 1512/15 u.a. - juris Rn. 38 = ZIP 2016, 286). Adressat ist nicht die Einigungsstelle, sind nicht die Vertreter des Betriebsrats in der Einigungsstelle, nicht eine „Verhandlungskommission“ des Betriebsrats und auch nicht eine Betriebsratsvorsitzende allein. Eine Betriebsratsvorsitzende ist nicht der Betriebsrat und kann als bloße „Vertreterin in der Erklärung“ (vgl. Fitting, BetrVG, 27. Aufl. 2014, § 26 Rn. 22 m.w.N.) anders wie der Geschäftsführer einer GmbH den Betriebsrat als Gremium nur „im Rahmen der von ihm [dem Betriebsrat] gefassten Beschlüsse“ (BAG vom 10.10.2007 - 7 ABR 51/06 - juris Rn. 15 = NZA 2008, 369 = AP BetrVG 1972 § 26 Nr. 17) vertreten. Für eine Blankovollmacht der Betriebsratsvorsitzenden i.S.v. § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG - so überhaupt zulässig - ist hier nichts vorgetragen (vgl. allgemein BAG vom 26.02.2015 - 2 AZR 955/13 - Rn. 21, a.a.O.).
Die Beklagte musste dem Betriebsrat als Gremium die Chance einer abschließenden Stellungnahme geben. Das System des Konsultationsverfahrens ist ausweislich des § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG auf eine Stellungnahme des Betriebsrats angelegt. Für eine solche Stellungnahme bedurfte es eines Betriebsratsbeschlusses nach einer ordnungsgemäßen Ladung. Der Betriebsratsvorsitzenden allein oder der Verhandlungskommission war eine abschließende Stellungnahme i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG nicht möglich.
Die Beklagte wusste, dass die nächste Betriebsratssitzung erst am Dienstag erfolgen sollte (vgl. Protokoll vom 24.06.2015, S. 6; Bl. 295Rs. d.A.). Sie hat auch nicht im Vorfeld darauf gedrängt, dass der Betriebsrat kurzfristiger zusammentreten sollte. Es kann daher offen bleiben, ob die Beklagte im Hinblick auf das nahende Monatsende dem Betriebsrat zeitliche Vorgaben hätte machen können. Dem Vortrag der Beklagten ist eine Vorgabe an den Betriebsrat, dass der Betriebsrat es ermöglichen solle, dass im unmittelbaren Anschluss an die Beratung am 24.06.2015 der Betriebsrat als Gremium am 25.06.2015 (18.00h) Stellung beziehen könne, jedenfalls nicht zu entnehmen (vgl. Anlagen B M 3, 4, 5, 6, 7).
Wenn die Beklagte dem Betriebsrat im Mail vom 24.06.2015, 19:34h (Anlage B-M10), für eine weitere bzw. sogar für „eine abschließende Stellungnahme“ eine Frist nur bis Donnerstag, den 25.06.2015, 18.00h setzte, war die Einhaltung dieser Frist für den Betriebsrat als Gremium ersichtlich „nicht zu schaffen“ oder war selbst im Rahmen des § 2 Abs. 1 BetrVG diesem nicht zumutbar.
Auch das mündliche Argument, dass der Betriebsrat doch wusste, dass angesichts des nahenden Monats- und Quartalsende die Zeit für die Beklagte drängte, überzeugt nicht. Dem Schriftverkehr der Beklagten mit dem Betriebsrat bezüglich der Suche nach einem gemeinsamen Termin (vgl. Anlagen B-M 3, 4, 5, 6, 7) ist das nicht ausdrücklich zu entnehmen. Selbst wenn der Betriebsrat sich „das denken konnte“, war er nicht - auch im Rahmen des § 2 Abs. 1 BetrVG nicht - gehalten, für den gar nicht absehbaren Fall, dass die Beklagte es mit der Beratung am 24.06.2016 bewenden lassen wollte, gleichsam eine Betriebsratssitzung „auf Vorrat“ für den 25.06.2015 anzuberaumen. Dies selbst dann nicht, wenn die Betriebsratsmitglieder allesamt freigestellt waren und (aus Sicht der Beklagten) „nichts zu tun hatten“.
Der Betriebsrat hat die Beklagte auch nicht in „eine Falle laufen lassen“. Es oblag der Beklagten, im Hinblick auf den bedrohlich nahe an das Monatsende rückenden Beratungstermin dem Betriebsrat zu kommunizieren, dass man nach der Beratung am 24.06.2015 nicht länger als einen Tag auf eine Stellungnahme des Betriebsrats warten wolle. Dies ist seitens der Beklagten frühestens jedoch mit der Mail vom 24.06.2015, 19:34h (Anlage B-M 10, Bl. 303 d.A.) erfolgt. Selbst dieser Mail ist nicht klar zu entnehmen, dass der Betriebsrat bis zum 25.06.2015, 18.00h als Kollegialorgan eine Stellungnahme i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG abzugeben hatte. Zwar ist die Mail (unterstellt) an alle Betriebsratsmitglieder gerichtet, jedoch bezieht sich die Mail auf das Konsultationsgespräch mit der „Verhandlungskommission“, so dass schon unklar ist, wer der eigentliche Adressat des Schreibens sein soll. Auch ist zwar von einer „abschließenden Stellungnahme“ die Rede, diese wird aber nur freigestellt, nicht unbedingt gefordert. Die Notwendigkeit dazu bleibt auch völlig in der Schwebe, da am Ende des Schreibens nur von der Möglichkeit, nicht aber Sicherheit einer endgültigen Entscheidung der GBB bzw. der Beklagten gesprochen wird.
Selbst wenn man die Mail vom 24.06.2015, 19:34h als ultimative Aufforderung zu einer abschließenden Stellungnahme läse, konnte die Beklagte selbst i.V.m. § 2 Abs. 1 BetrVG nicht vom Betriebsrat erwarten, dass dieser als Gremium noch am 25.06.2015 zusammentrat. Die Betriebsratsvorsitzende hatte ausweislich des Protokolls der Beklagten in dem Konsultationsgespräch am Mittwoch, den 24.06.2015, mitgeteilt, dass der Betriebsrat (als Gremium) beabsichtige, am kommenden Dienstag, d.h. den 30.06.2015, über das Ergebnis des Konsultationsgesprächs zu beraten. Dies wurde im Schreiben des Betriebsrats vom 25.06.2015 (Anlage B-M 11) bekräftigt. Im Vorfeld hatte der Betriebsrat zudem in seinem Schreiben vom 17.06.2015 (Anlage B-M 5) darum gebeten, den Wirtschaftsprüfer Herrn G. und Herrn Rechtsanwalt K. „zu der Beratung sowie der Vorbereitung und Nachbereitung heranziehen“ (S. 3, Bl. 290 d.A.) zu können. Diese waren auch als Sachverständige an dem Konsultationsgespräch am 24.06.2015 beteiligt. Es war aber lebensfremd zu erwarten, dass sowohl eine Nachberatung mit den Sachverständigen wie auch eine Sitzung des Betriebsrats i.V.m. einer ordnungsgemäßen Ladung („rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung“, vgl. § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG) auf Grund des Mails vom 24.06.2015, 19:34h innerhalb von Stunden bis zum 25.06.2015, 18.00h möglich oder zumutbar war.
Im Ergebnis überging die Beklagte mit ihrem abrupten Vorgehen sehenden Auges den Betriebsrat als Gremium, da sie schon rein zeitlich dem Betriebsrat keine zumutbare Möglichkeit ließ, als Gremium zu der Beratung am 24.06.2015 vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige bzw. Ausspruch der Kündigung Stellung zu nehmen.
B. II. 2.5.3 Die Beratungen nach § 17 Abs. 2 KSchG waren auch nicht schon deshalb i.V.m. § 2 Abs. 1 BetrVG mit dem Gespräch am 24.06.2015 beendet, weil der Betriebsrat ersichtlich nur hinhaltend und destruktiv war. In seinem Schreiben vom 17.06.2015 (Anlage B-M 5) hatte der Betriebsrat versucht, Konstruktives zu entwickeln. Dieses Schreiben wurde vom Geschäftsführer zu Beginn des Gespräches ausdrücklich in das Gespräch einbezogen (Anlage B-M 8) und insofern ernst genommen. Auch der Gesprächsverlauf und die Vorschläge des Betriebsrates im Gespräch vom 24.06.2015 mögen zwar aus Sicht der Beklagten an der wirtschaftlichen oder konzerndimensionalen Realität vorbei und letztlich keine „Grundlage für eine ernsthafte Gespräche“ (Anlage B-M 12) gewesen sein. Allein deshalb war der Betriebsrat jedoch nicht destruktiv.
Die Aussage des Geschäftsführers vom Schreiben vom 26.06.2015 (Anlage B-M 12), dass im Rahmen der Diskussion am 24.06.2015 deutlich geworden sei, dass der Betriebsrat sich „auf eine solche Diskussion über solche Themen [zu hohe Personalkosten] noch nicht einmal im Ansatz einlassen wolle[.]“ ist nicht nach § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig, weil sie nur die Wertung des Geschäftsführers ist. Sie findet sich auch im Protokoll vom 24.06.2015 nicht wieder. Selbst wenn, war die Position des Betriebsrats, der Mitwirkung an einer Personalkostensenkung erst nach mehr Informationen näher zu treten (vgl. Protokoll, S. 6, 1. Absatz (Bl. 295Rs.)), objektiv möglicherweise nicht berechtigt, jedoch vertretbar, jedenfalls nicht nur Obstruktion und Hinhaltetaktik.
Die protokollierte Äußerung von Herrn Rechtsanwalt K., dass ein Lohnverzicht der Arbeitnehmer in Höhe von „20 oder 30 EUR .. sicherlich okay“ sei, mag der Beklagten höhnisch geklungen haben. Rechtsanwalt K. und damit seine nicht immer harmoniebedürftige Persönlichkeit war der Beklagten aber schon länger bekannt, so dass es ihr möglich war, eine solche Äußerung zu relativieren. Auch die protokollierte Äußerung des Wirtschaftsprüfers G. „Konkurrenz interessiert ihn nicht“ (S. 4, Bl. 294 Rs. d.A.) mag objektiv bar jedweden ökonomischen wirtschaftlichen Sachverstandes gewesen sein, entsprach aber zumindest der offenbar subjektiv ernsthaft vertretenen Perspektive eines Wirtschaftsprüfers.
B. II. 2.5.4 Ein fehlerhafter Ablauf des Konsultationsverfahrens wird durch einen positiven Bescheid der Agentur für Arbeit nicht geheilt (BAG vom 21.03.2013 - 2 AZR 60/12 - juris Rn. 30 = NZA 2013, 966 = AP KSchG 1969 § 17 Nr. 45; LAG Düsseldorf vom 13.11.2013 - 4 Sa 699/13 - juris Rn. 57 = ArbR 2014, 156).
B. III. 1. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. In erster Instanz nach den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, 91a, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. In der zweiten Instanz nach den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
B. III. 2. Die Revision war hinsichtlich der ersten Kündigung war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zuzulassen, da in vergleichbaren Parallelverfahren divergierende Entscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg vorliegen. Hinsichtlich der zweiten Kündigung war die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ebenfalls zuzulassen, da die 11. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg - 11 Sa 1505/15 - eine Unwirksamkeit der „zweiten“ Kündigung nach § 17 KSchG bei vergleichbarer prozessualer Situation verneint hat.