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Arbeitsrecht
23.02.2023
Arbeitsrecht
LAG Hamm: Befristete Änderung – Vertrag – Befristungskontrolle

LAG Hamm, Urteil vom 2.10.2022 – 16 Sa 1462/19

ECLI:DE:LAGHAM:2020:1002.16SA1462.19.00

Volltext: BB-Online BBL2023-506-1

 

Leitsatz (der Redaktion)

Der Arbeitnehmer muss die Rechtsunwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsvertragsinnerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags i. S. v. § 17 S. 1 TzBfG geltend machen.

BGB § 307 Abs. 1; KSchG § 7; TZBfG §§ 14 Abs. 1, 4 Abs. 5, 17

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob ein zwischen ihnen begründetes Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung zum 31. Dezember 2018 geendet hat.

Die am 07. Januar 1983 geborene Klägerin ist seit dem 01. September 2010 bei der Beklagten als Laborhilfskraft mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden zu einer monatlichen Bruttovergütung von 400,00 € beschäftigt. Das ursprünglich bis zum 01. März 2011 befristete Arbeitsverhältnis wurde durch Vereinbarung der Parteien vom 28. Februar 2011 auf unbefristete Zeit verlängert. Neben ihrer Tätigkeit für die Beklagte war die Klägerin an einer Hochschule als Studentin eingeschrieben.

Das Hauptgeschäftsfeld der Beklagten, die ca. 26 Arbeitnehmer beschäftigt, besteht in der Herstellung und im Vertrieb hochwertiger Pflanzenextrakte und Trockenextrakte für die pharmazeutische und die Lebensmittelindustrie. Außerdem führt sie mit einem Vakuumbandtrockner Lohntrocknungen von pharmazeutischen und Lebensmittelgrundstoffen und Fertigprodukten durch.

Mit Zuwendungsbescheid vom 28. April 2017 erhielt die Beklagte vom Projektträger A – Forschungszentrum A GmbH Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt für das Projekt „B – Wertsteigerung von Beeren-Nebenprodukten zur nachhaltigen Produktion von hochwertigen Wirkstoffen“ zugesagt. In dem auf 3 Jahre angelegten Projekt sollten nach den Antragsunterlagen ein wissenschaftlicher Mitarbeiter mit einem Personalstellenanteil von 47% (= insgesamt 17 Monate), ein Laborant mit einem Personalstellenanteil von 36% (= insgesamt 13 Monate) und ein Mitarbeiter mit verfahrenstechnischem Hintergrund mit einem Personalstellenanteil von 50% (=insgesamt 18 Monate) beschäftigt werden. Im zeitlichen Zusammenhang hiermit schlossen die Parteien einen „auf die Dauer von drei Monaten vom 01. Mai 2017 bis zum 30. September 2017“ befristeten „Werkstudentenvertrag“, in dem es u. a. heißt:

„...

§ 2 Status als Werkstudent

Dieses Arbeitsverhältnis ist an die Bedingung geknüpft, dass der Arbeitnehmer als Vollzeit Student immatrikuliert ist und seine letzte Prüfungsleistung noch nicht erbracht hat. Der Arbeitnehmer bestätigt, dass dies der Fall ist und er den Arbeitgeber sofort informiert, wenn sich sein beruflicher Status ändert.

Um den Status als Werkstudent zu erfüllen, wird außerdem vereinbart, dass der Werkstudent während der Studienzeit maximal 35 Stunden pro Woche arbeitet.

§ 3 Tätigkeit

Der Arbeitnehmer wird als Laborhilfskraft eingestellt und vor allem mit folgenden Arbeiten beschäftigt:

Bearbeitung des B Projektes

Anfallende Labor-Routinearbeiten

Er verpflichtet sich, auch andere zumutbare Arbeiten auszuführen – auch an einem anderen Ort -, die seinen Vorkenntnissen und Fähigkeiten entsprechen und nicht mit einer Lohnminderung verbunden sind.

§ 12 Zusätzliche Vereinbarungen

Während der Laufzeit des Werksvertrages wird der am 01.09.2010 geschlossene Arbeitsvertrag für geringfügig entlohnte Beschäftigte ausgesetzt.

...“.

Unter dem Datum 28. September 2017 vereinbarten die Parteien eine „Änderung und Verlängerung zum Werkstudentenvertrag“. Danach sollte der Vertrag „auf die Dauer von sechs Monaten vom 01.09.2017 bis zum 31.03.2018“ befristet werden. Ferner wurde die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf maximal 25 Stunden festgelegt. Unter dem Datum 30. März 2018 vereinbarten die Parteien schließlich eine Verlängerung des Vertrages bis zum 31. Dezember 2018.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin nach den Absprachen der Parteien berechtigt war, die im Rahmen des Projektes B gewonnenen Erkenntnisse auch für die Erstellung ihrer Bachelorarbeit zu verwenden. Des Weiteren ist unstreitig, dass die Verlängerungsvereinbarungen jeweils rückdatiert sind. Zwar waren sich die Parteien jeweils vor dem Befristungsablauf einig, dass der Vertrag verlängert wird. Details wurden aber erst anschließend besprochen und schriftlich niedergelegt.

Für den 21. Dezember 2018 war ein Gespräch zwischen der Klägerin und einem der beiden Geschäftsführer der Beklagten vorgesehen, in welchem es um den Stand des Projektes und die Weiterbeschäftigung der Klägerin über den 31. Dezember 2018 hinaus, gehen sollte. Das Gespräch wurde jedoch aus zeitlichen Gründen vertagt.

Am 02. Januar 2019 hatte die Klägerin Urlaub. Am Donnerstag, den 03. Januar 2019 erbrachte die Klägerin von 10:55 Uhr bis 13:20 Uhr Arbeitsleistungen für die Beklagte. Am Freitag, den 04. Januar 2019 arbeitete die Klägerin von 08:06 Uhr bis 12:12 Uhr. Nachdem die Klägerin am Montag, den 07. Januar 2019 erneut Urlaub hatte, arbeitete sie am 08. Januar 2019 von 08:02 Uhr bis 13:16 Uhr. Am 09. Januar 2019 nahm die Klägerin ihre Tätigkeit um 09:37 Uhr auf. An diesem Tag kam es zu einem Gespräch zwischen der Klägerin und einem der beiden Geschäftsführer der Beklagten. Im Rahmen dieses Gesprächs informierte die Klägerin den Geschäftsführer über eine bestehende Schwangerschaft. Dieser bat die Klägerin um Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung. Die Klägerin reichte sodann eine am selben Tag ausgestellte Schwangerschaftsbestätigung ein, nach der sie sich in der 15. Schwangerschaftswoche befand. Gleichzeitig wurde ein bis zum 17. Januar 2017 befristetes Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Ab dem 18. Januar 2019 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. An diesem Tag fand hinsichtlich der für die Klägerin möglichen Einsatzorte eine Betriebsbegehung mit einem Vertreter der Bezirksregierung statt. Diese führte zu dem Ergebnis, dass nur eine Beschäftigung im Labor ausgeschlossen war.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2019 sandte die Beklagte die Schwangerschaftsbestätigung sowie die Bescheinigung über das vorläufige Beschäftigungsverbot mit dem Hinweis an die Klägerin zurück, dass gemäß dem Werkstudentenvertrag vom 30. März 2018 das Arbeitsverhältnis am 31. Dezember 2018 geendet habe.

Mit ihrer am 31. Januar 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Beendigung des Werkstudentenvertrages. Dabei besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass die zwischen ihnen bestehenden, arbeitsvertraglichen Beziehungen nicht insgesamt beendet worden sind, sondern das unter dem 18. August 2010 begründete Arbeitsverhältnis über eine geringfügige Beschäftigung als Laborhilfskraft nach wie vor Bestand hat und infolge der Ruhensvereinbarung in § 12 des Arbeitsvertrages vom 30. April 2017 im Falle der Beendigung des Werkstudentenvertrages wieder auflebt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Klagefrist des § 17 TzBfG sei gewahrt. Da das Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2018 hinaus fortgesetzt worden sei, habe die Frist erst mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 22. Januar 2019 zu laufen begonnen. Die Befristung des Werkstudentenvertrages sei nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Weder die Bachelorarbeit noch ihre Studenteneigenschaft könnten als Sachgrund für die Befristung herangezogen werden. Sie sei bereits zuvor unbefristet für die Beklagte tätig gewesen. Bei Abschluss des Werkstudentenvertrages sei man nicht davon ausgegangen, dass ihre Tätigkeit als Werkstudentin von der Fertigung der Bachelorarbeit abhängig sei. Die Tätigkeit für das Projekt B hätte sie vielmehr auch dann ausgeführt, wenn dies nicht Thema für ihre Bachelorarbeit gewesen wäre. Auch in diesem Fall hätte sie sich mit einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit einverstanden erklärt. Es sei lediglich bei Gelegenheit vereinbart worden, dass sie ihre Arbeit an dem Projekt dazu nutzen könne, hierüber eine Bachelorarbeit zu schreiben. Maßgeblich für den Abschluss des Werkstudentenvertrages sei jedoch der höhere Arbeitsanfall durch die Betreuung des Projektes gewesen. Der Beklagten sei es bei Abschluss des Werkstudentenvertrages nicht maßgeblich um die Fertigung der Bachelorarbeit, sondern um die kostengünstige Betreuung des Projektes gegangen. Bei den befristeten Verlängerungen des Vertrages sei sie nicht nach der voraussichtlichen Dauer der Bachelorarbeit befragt worden. Auch habe es nicht ihrem Wunsch entsprochen, den Vertrag auf die Dauer der Bachelorarbeit zu befristen. Im Laufe des Projektes habe sie festgestellt, dass sie noch nicht genügend Ergebnisse für die Fertigung der Bachelorarbeit hatte. Nach der ersten Befristung habe sie daher beschlossen, sich zunächst primär auf die reguläre Arbeit am Projekt und die noch ausstehenden Klausuren zu konzentrieren. Im Einvernehmen mit der Beklagten sei deshalb die wöchentliche Arbeitszeit von 35 auf 25 Stunden reduziert worden. Ihre Beschäftigung Anfang Januar 2019 sei auf der Basis des Werkstudentenvertrages erfolgt. Hierfür spreche bereits die Urlaubsgewährung für den 2. und 7. Januar 2019, da sie als geringfügig Beschäftigte regelmäßig nur donnerstags und freitags jeweils 5 Stunden gearbeitet habe. Sie sei auch weiterhin im Rahmen des Projektes tätig gewesen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 30. März 2018 vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2018 beendet wurde, sondern über den 31. Dezember 2018 hinaus unbefristet fortbesteht;

2. hilfsweise festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2018 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

              die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Klägerin habe die Klagefrist des § 17 TzBfG nicht gewahrt. Unabhängig davon sei die Befristung des Werkstudentenvertrages durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. In den Gesprächen mit der Klägerin sei die Frage diskutiert worden, ob die Arbeit an dem Projekt und das Projekt nicht auch Thema der Bachelorarbeit der Klägerin sein könnten. Dabei habe sich schnell herausgestellt, dass das Projekt B sehr gut als Thema der Bachelorarbeit geeignet sei. Nachdem sie den Zuwendungsbescheid erhalten habe, sei dementsprechend der befristete Werkstudentenvertrag vom 30. April 2017 abgeschlossen worden. Da die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit habe fortführen sollen, sei die wöchentliche Stundenzahl heraufgesetzt worden. Das Befristungsende 30. September 2017 sei aufgrund der Angaben der Klägerin gewählt worden. Sie habe die Bachelorarbeit bis dahin zum Abschluss bringen wollen. Aus ihr nicht bekannten Gründen sei es bei der Bearbeitung der Bachelorarbeit zu Verzögerungen gekommen, so dass die Klägerin sie im Herbst 2017 angesprochen habe, ob der befristete Vertrag nicht verlängert werden könne. Wiederum sei der Zeitraum so gewählt worden, dass die Klägerin ihre Bachelorarbeit hätte fertigstellen können. Ebenso sei im Frühjahr 2018 verfahren worden. Für sie habe die Verlängerung kein Problem dargestellt, da die Projektarbeit finanziell gefördert worden sei. Da die Klägerin vor dem Ende der letzten Befristung nicht wieder auf sie zugegangen sei, sei sie davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Bachelorarbeit nunmehr im Wesentlichen abgeschlossen hat. Die Beschäftigung Anfang Januar 2019 sei im Rahmen des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses erfolgt.

Mit Urteil vom 24. Juli 2019 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe die Klagefrist des § 17 TzBfG gewahrt. Nach § 17 S. 3 TzBfG beginne die Klagefrist in Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt wird, erst mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei. Die vereinbarte Befristung sei jedoch durch einen sachlichen Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt. Diene ein Arbeitsverhältnis dem Studierenden der Erzielung von Daten für eine wissenschaftliche Arbeit, sei davon auszugehen, dass auch aus Sicht des Studierenden spätestens mit Abschluss der wissenschaftlichen Arbeit kein Interesse mehr an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bestehe. Ein solcher in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund rechtfertige die Befristung des Arbeitsverhältnisses. Vorliegend sei zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin durch ihre Mitarbeit am Projekt B Daten sammeln wollte, um sie bei der Erstellung ihrer Bachelorarbeit zu verwenden. Nach dem Vortrag der Parteien hätte die Gewinnung der Daten aus dem Projekt zeitlich nicht im Rahmen des unbefristet vereinbarten Arbeitsvertrages vom 19. August 2010 erfolgen können, sondern habe einer Aufstockung der Arbeitszeit in Form des befristeten Arbeitsvertrages bedurft. Da beide Parteien davon ausgegangen seien, dass die Klägerin in absehbarer Zeit ihre Bachelorarbeit zu einem Abschluss bringe, sei es gerechtfertigt gewesen, das Arbeitsverhältnis zeitlich zu befristen. Der Werkstudentenvertrag gelte nicht nach § 15 Abs. 5 TzBfG auf unbestimmte Zeit verlängert. Der Eintritt der in § 15 Abs. 5 TzBfG angeordneten Fiktion setze voraus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung bewusst und in der Bereitschaft fortsetze, die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis weiter zu erfüllen. Dies setze nicht nur voraus, dass der Arbeitnehmer die vertragsgemäßen Dienste nach Ablauf der Vertragslaufzeit tatsächlich ausführe, sondern die Tätigkeit gerade auch als Erfüllung des ursprünglich befristeten Arbeitsvertrages erfolgt. Dies müsse mit Wissen des Arbeitgebers selbst oder eines zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Vertreters erfolgen. Gemessen an diesen Grundsätzen sei der Werkstudentenvertrag nicht über den 31. Dezember 2018 hinaus fortgeführt worden. Aufgrund der objektiven Umstände sei es möglich, dass die Klägerin ab Januar 2019 wieder auf der Grundlage des unstreitig fortbestehenden Arbeitsvertrages vom 19. August 2010 Arbeitsleistungen für die Beklagte erbracht hat. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, die Geschäftsführer der Beklagten seien sich bewusst gewesen, die Klägerin habe gerade ihre Leistungspflichten aus dem befristeten Werkstudentenvertrag erbringen wollen. Mangels Kenntnis des Arbeitgebers, die Klägerin habe gerade die Pflichten aus dem bereits beendeten Arbeitsverhältnis erbringen wollen, trete die Fiktionswirkung des § 15 Abs. 5 TzBfG nicht ein.

Gegen das ihr am 13. August 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. September 2019 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 14. November 2019 mit einem am 14. November 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Das Arbeitsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, die Gewinnung der Daten aus dem Projekt habe zeitlich nicht im Rahmen des unbefristeten Arbeitsvertrages vom 19. August 2010 erfolgen können. Diese Annahme werde durch den Vortrag beider Parteien nicht getragen. Unstreitig sei lediglich, dass die Tätigkeit für das Projekt als solche einen höheren zeitlichen Aufwand erforderte. Während ihrer Tätigkeit für die Beklagte habe sie sich nicht mit ihrer Bachelorarbeit befasst. Es sei lediglich darum gegangen, die im Zuge des Projekts gewonnenen Daten in der Bachelorarbeit zu verwenden. Da sämtliche Verlängerungsvereinbarungen rückdatiert seien, sei ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen, so dass eine sachgrundlose Befristung nicht in Betracht komme. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts gelte das Arbeitsverhältnis auch nach § 15 Abs. 5 TzBfG als auf unbestimmte Zeit verlängert. Die Beklagte sei von einer Fortsetzung des Werkstudentenvertrages ausgegangen. Dies ergebe sich aus der Urlaubsgewährung für den 2. und 7. Januar 2019 sowie aus den von der Beklagten vorgelegten Monatsübersichten, die auch für den Monat Januar 2019 eine Sollarbeitszeit von 25 Wochenstunden ausweisen. Wäre die Beklagte davon ausgegangen, das geringfügige Beschäftigungsverhältnis sei wieder aufgelebt, hätte sie die Schwangerschaftsbestätigung und die Bescheinigung des vorläufigen Beschäftigungsverbots nicht an sie zurückgesandt, sondern im Rahmen des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses berücksichtigt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 24.07.2019 – 5 Ca 205/19 – abzuändern und

1. festzustellen, dass das mit Vertrag vom 30.04.2017 gegründete Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der auf den 30.03.2018 datierten Befristungsvereinbarung am 31.12.2018 beendet worden ist, sondern über den 31.12.2018 unbefristet fortbesteht,

2. hilfsweise festzustellen, dass das zwischen den Parteien mit Vertrag vom 30.04.2017 gegründete Arbeitsverhältnis über den 31.12.2018 fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

              die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das TzBfG sei vorliegend nicht anwendbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes würden die Vorschriften des TzBfG nicht gelten, wenn in einem bestehenden Arbeitsverhältnis nur einzelne Arbeitsbedingungen geändert werden. Hiervon könne im vorliegenden Fall ausgegangen werden. Selbst wenn man von der Anwendbarkeit des TzBfG ausgehen wolle, läge eine wirksame sachgrundlose Befristung vor. Im Übrigen sei das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Befristung ein sachlicher Grund zugrunde gelegen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle ergänzend Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

A)               Der Klageantrag zu 1. ist zulässig, aber unbegründet.

I.               Der Antrag, mit dem die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der am 30. April 2017 geschlossene „Werkstudentenvertrag“ nicht aufgrund Befristung mit Ablauf des 31. Dezember 2018 beendet worden ist, ist als Befristungskontrollantrag i. S. v. § 17 TzBfG zulässig.

1.               Wollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wie vorliegend, die im Rahmen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses vereinbarte Arbeitszeit vorübergehend erhöhen und/oder die vereinbarten Arbeitsaufgaben vorübergehend ändern/erweitern, stehen ihnen im Rahmen der Vertragsfreiheit mehrere Wege zur Verfügung. Zum einen können sie einen zusätzlichen, befristeten Arbeitsvertrag über das zusätzliche Arbeitszeitvolumen und die zusätzlich zu erbringende Arbeitsaufgabe abschließen. Ein solcher zusätzlicher, befristeter Arbeitsvertrag unterliegt unmittelbar der Befristungskontrolle nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Die Unwirksamkeit der Befristung ist dementsprechend mit einer Befristungskontrollklage nach § 17 TzBfG geltend zu machen. Daneben können die Vertragsparteien aber auch im Rahmen des bestehenden Teilzeitarbeitsverhältnisses lediglich einzelne Vertragsbedingungen – wie etwa die Arbeitszeit und/oder die übertragene Arbeitsaufgabe – befristet ändern. Auf die Befristung einzelner Vertragsbedingungen ist das Teilzeit- und Befristungsgesetz nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht – auch nicht entsprechend -  anwendbar.  Das Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG findet ebenso wenig Anwendung, wie die Klagefrist des § 17 TzBfG und die Regelung in § 15 Abs. 5 TzBfG. Die Befristung  einzelner Vertragsbedingungen unterliegt vielmehr, soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen gegeben sind, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB.  Dabei ist die Unwirksamkeit mit einer allgemeinen Feststellungsklage i. S. v. § 256 ZPO geltend zu machen (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 7 AZR 1009/12 -; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Januar 2004 – 7 AZR 213/03 -; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03. September 2003 – 7 AZR 106/03 -).

2.               Vorliegend haben die Parteien mit dem „Werkstudentenvertrag“ vom 30. April 2017 nicht nur einzelne Vertragsbedingungen des bestehenden, unbefristeten Teilzeitarbeitsvertrages befristet geändert, sondern einen eigenständigen Arbeitsvertrag geschlossen. Dieser sollte ab dem 01. Mai 2017 zumindest für die Dauer seiner Laufzeit alleinige Grundlage für die Beschäftigung der Klägerin sein. Dies ergibt sich bereits aus § 12 des Werkstudentenvertrages, wonach der zum 01. September 2010 geschlossene Arbeitsvertrag während der Laufzeit des „Werkstudentenvertrages“ ausgesetzt, also ruhend gestellt wird. Hinzu kommt, dass der Werkstudentenvertrag auch die Arbeitszeit und die Tätigkeiten umfasst, welche die Klägerin seit Jahren im Rahmen des unbefristeten Arbeitsverhältnisses erbracht hat. Dies ergibt sich bereits aus § 3 des „Werkstudentenvertrages“, wonach die Klägerin nicht nur mit der Bearbeitung des Projektes B, sondern nach wie vor auch als Laborhilfskraft mit anfallenden Labor-Routinearbeiten beschäftigt werden sollte. Dies ist zwischen den Parteien auch unstreitig. Hieraus wird deutlich, dass die Parteien den „Werkstudentenvertrag“ nicht als einen Vertrag gesehen haben, mit dem lediglich einzelne Vertragsbedingungen befristet geändert werden sollten. Vielmehr sollten der „Werkstudentenvertrag“ und die in ihm geregelten Vertragsbedingungen für die Dauer seiner Laufzeit an die Stelle des unbefristeten Arbeitsvertrages und die dort geregelten Vertragsbedingungen treten und alleinige Grundlage für die Beschäftigung der Klägerin sein. Nach Ablauf der Befristung sollte dann der unbefristet abgeschlossen Arbeitsvertrag aus dem Jahre 2010 wieder aufleben und Grundlage für die weitere Beschäftigung der Klägerin werden. Im Ergebnis mag dies auf eine befristete Änderung der Beschäftigungsbedingungen hinauslaufen. Dies ändert aber nichts daran, dass dieses Ergebnis nicht durch die befristete Änderung einzelner Vertragsbedingungen, sondern durch den Abschluss eines eigenständigen Arbeitsvertrages, der insgesamt befristet ist, herbeigeführt wurde. Ein solcher Arbeitsvertrag unterliegt unmittelbar der Befristungskontrolle nach dem TzBfG (a. A. Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 08. Januar 2018 – 15 Sa 318/17 -, wonach der Schutzzweck des TzBfG nicht betroffen ist, wenn der bisherige Arbeitsvertrag weiterhin unbefristet bestehen bleibt und nur vorübergehend ruht). Dementsprechend wird die Unwirksamkeit der Befristung des „Werkstudentenvertrages“ von der Klägerin zutreffend mit einem Befristungskontrollantrag nach § 17 TzBfG geltend gemacht.

II.               Der Befristungskontrollantrag ist indes unbegründet. Die zwischen den Parteien vereinbarte Befristung des „Werkstudentenvertrages“ ist wirksam.

1.               Die Befristung gilt bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG i. V. m. § 7 KSchG als wirksam.

a)               Nach § 17 Satz 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer, der die Rechtsunwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsvertrags geltend machen will, innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags Befristungskontrollklage beim Arbeitsgericht erheben. Wird die Rechtsunwirksamkeit der Befristung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt die Befristung nach § 17 Satz 2 TzBfG i. V. m. § 7 KSchG als rechtswirksam.

b)               Vorliegend sollte der „Werkstudentenvertrag“ nach dem Verlängerungsvertrag vom 30. März 2018 zum 31. Dezember 2018 enden, soweit bis zu diesem Zeitpunkt nicht eine Fortsetzung vereinbart wird. Gegen die Rechtswirksamkeit dieser Befristung hat sich die Klägerin erst mit ihrer am 31. Januar 2019 beim Arbeitsgericht anhängig gemachten Klage gewendet, die ersichtlich außerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG erhoben wurde.

c)               Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 17 Satz 3 TzBfG berufen; die Norm ist vorliegend nicht einschlägig.

aa)               Nach § 17 Satz 3 TzBfG beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung beendet sei, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt wird. In Rechtsprechung und Literatur ist nach wie vor nicht abschließend geklärt, wie die genannte Vorschrift auszulegen ist. Es besteht insofern Einigkeit, dass die Sonderregelung unklar und schwer in die Systematik des § 17 TzBfG einzugliedern ist; dies vor allem deshalb, weil sie auf § 15 Abs. 5 TzBfG nicht hinreichend abgestimmt erscheint. Teilweise wird die Ansicht vertreten, § 17 Satz 3 TzBfG sei restriktiv auszulegen und beziehe sich ausschließlich auf §§ 15 Abs. 2, 21 TzBfG und damit auf die Fälle der Zweckbefristung und auflösenden Bedingung. Demgegenüber sei § 17 Satz 3 TzBfG im Falle einer Kalenderbefristung nicht anwendbar (vgl. Preis/Gotthardt, Das Teilzeit- und Befristungsgesetz, DB 2001, 145 (151); Meinel/Heym/Herms, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 5. Aufl. 2015, § 17 TzBfG Rz. 23; Kliemt, Das neue Befristungsrecht, NZA 2001, 296 (303); Hromadka, Befristete und bedingte Arbeitsverhältnisse neu geregelt, BB 2001, 674 (676); Wank, Münch. Hdb. zum Arbeitsrecht, Bd. 2, Individualarbeitsrecht II, 4. Aufl. 2018, § 106 Befristungs- und Bedingungskontrollklage, Rz. 7 ff u. Fßn. 22; Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 26. September 2002 – 5 Sa 748/02 –, Rn. 42 - 44, juris). Nach anderer Ansicht soll § 17 Satz 3 TzBfG dagegen auch im Fall einer Kalenderbefristung anwendbar sein (vgl. APS/Backhaus, 6. Aufl. 2021, TzBfG § 17 Rn. 29; Laux/Schlachter, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Aufl. 2011, § 17 TzBfG Rn. 20; Boecken/Joussen, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 6. Aufl. 2019, § 17 TzBfG Rn. 37).

bb)               Aus Sicht der Kammer sprechen die besseren Argumente für eine einschränkende Auslegung von § 17 Satz 3 TzBfG. Die Sonderregelung bezieht sich ausschließlich auf die Fälle der Zweckbefristung und der auflösenden Bedingung. Nur in diesen Fällen ist nach §§ 15 Abs. 2, 21 TzBfG eine schriftliche Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber erforderlich. Bei einer Kalenderbefristung besteht dieses Erfordernis dagegen nicht. Hier endet das Arbeitsverhältnis auch ohne entsprechende Erklärung des Arbeitgebers mit Ablauf der vereinbarten Zeit. Hinzu kommt, dass bei der Kalenderbefristung anders als bei der Zweckbefristung und der auflösenden Bedingung regelmäßig keine Unsicherheit über den Zeitpunkt des vereinbarten Endes besteht. Dieser lässt sich regelmäßig ohne weiteres der Befristungsvereinbarung entnehmen. Zudem erscheint es widersprüchlich, dass der Arbeitgeber im Falle einer Kalenderbefristung zwar mit einem formlosen Widerspruch das Entstehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nach § 15 Abs. 5 TzBfG verhindern kann, dieser Widerspruch aber mangels Einhaltung der Schriftform nicht geeignet wäre, die Klagefrist des § 17 TzBfG in Gang zu setzen. Hier könnte der Arbeitnehmer noch bis zur Grenze der Verwirkung eine Befristungskontrollklage erheben. Dies lässt sich mit dem Sinn der Klagefrist, möglichst schnell Rechtsklarheit zu schaffen, nicht vereinbaren.

cc)               Da § 17 Satz 3 TzBfG nicht einschlägig ist, verbleibt es bei § 17 Satz 1 TzBfG. Danach hat die Klägerin die Rechtsunwirksamkeit der Befristung nicht rechtzeitig geltend gemacht.

dd)               Ob die Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung der Klage nach § 17 Satz 2 TzBfG i. v. m. § 5 KSchG gegeben sind, braucht nicht entschieden zu werden, da die Klägerin keinen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gestellt hat.

2.               Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgehen wollte, dass § 17 Satz 3 TzBfG auch auf Kalenderbefristungen anwendbar ist und die Klage rechtzeitig erhoben wurde, erweist sich die Befristung des „Werkstudentenvertrages“ als wirksam.

a)                Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf kann sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsvolumens im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitsgebers entstehen als auch durch die Übernahme eines Projektes oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht.

Wird die Befristung des Arbeitsvertrags auf die Mitwirkung des Arbeitnehmers an einem zeitlich begrenzten Projekt gestützt, erfordert dies, dass es sich bei dem Projekt um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe handelt. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die im Rahmen des Betriebszwecks kontinuierlich und im Wesentlichen unverändert anfallen. Für das Vorliegen eines Projekts spricht es regelmäßig, wenn dem Arbeitgeber für die Durchführung der in dem Projekt verfolgten Tätigkeiten von einem Dritten finanzielle Mittel oder Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden. Wird ein Arbeitnehmer für die Mitwirkung an einem Projekt befristet eingestellt, muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erwarten sein, dass die im Rahmen des Projekts durchgeführten Aufgaben nicht dauerhaft anfallen. Für eine solche Prognose des Arbeitgebers bedarf es ausreichend konkreter Anhaltspunkte (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Januar 2019 – 7 AZR 212/17 -; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. November 2018 – 7 AZR 234/17 -).

b)               Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

aa)               Ausschlaggebend für den Abschluss des Werkstudentenvertrages war vorliegend das Projekt „B – Wertsteigerung von Beeren-Nebenprodukten zur nachhaltigen Produktion von hochwertigen Wirkstoffen“. Die ergibt sich bereits aus § 3 des Vertrages, wonach die Klägerin vor allem auch mit der Bearbeitung dieses Projektes beschäftigt werden sollte und ist zwischen den Parteien auch unstreitig. So hat die Klägerin selbst vorgetragen, dass der Vertrag mit dem Projekt verknüpft sei. Die Bearbeitung des Projektes sei zeitaufwendig und im Rahmen der geringfügigen Beschäftigung nicht möglich gewesen. Damit sie das Projekt bearbeiten konnte, sei der Werkstudentenvertrag geschlossen worden.

bb)               Das Projekt „B“ gehörte auch nicht zu den Daueraufgaben der Beklagten. Aus der Beschreibung des Projektes ergibt sich, dass es sich um ein Teilprojekt im Rahmen eines größeren Forschungsprojektes handelte, bei dem als Projektpartner u. a. die Universität C und das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik E e. V. beteiligt waren. Bereits diese Projektpartnerschaft spricht dafür, dass es sich um ein zusätzliches, von der Beklagten unabhängig von ihren betrieblichen Daueraufgaben übernommenes Forschungsprojekt handelt. Gegen die Annahme einer Daueraufgabe spricht des Weiteren, dass die Beklagte für die Durchführung des Projektes vom Forschungszentrum A GmbH als Projektträger für das Bundesministerium für Bildung und Forschung Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt erhalten hat. Dies wäre kaum nachvollziehbar, wenn es sich um eine von der Beklagten im Rahmen ihrer betrieblichen Tätigkeit ohnehin wahrzunehmende Daueraufgabe gehandelt hätte. Schließlich spricht auch das in der Projektbeschreibung definierte Ziel für eine vorübergehende Zusatzaufgabe. Individuelles Ziel des Teilprojektes sollte die Entwicklung eines neuen Verfahrens sein, mit dem im großtechnischen Maßstab wirtschaftlich rentabel aus Pflanzenrückständen (Beerentrester) ein für die pharmazeutische und Nahrungsergänzungsmittel – Industrie geeigneter und wirksam einsetzbarer Wirkstoff gewonnen wird. Dabei sollten sich die gewonnenen Extrakte durch den optimierten und innovativen Prozess signifikant hinsichtlich ihres Anthocyan- bzw. Wirkstoffgehaltes gegenüber bislang verfügbaren Produkten unterscheiden. Mit der Erreichung dieses Zieles ist das Projekt beendet und daher keine Daueraufgabe.

cc)               Schließlich ergibt sich aus der Projektbeschreibung, dass das Projekt zeitlich befristet, nämlich auf die Dauer von 36 Monaten angelegt war. Dabei werden die einzelnen Arbeitsschritte zur Erreichung des Projektzieles, deren Verteilung auf den 3-jährigen Gesamtzeitraum und der jeweilige Personalbedarf detailliert dargestellt. Nach dem von der Beklagten gefertigten Zwischenbericht für den Berichtszeitraum Mai 2017 bis Dezember 2017 wurden die Arbeiten im Wesentlichen planmäßig durchgeführt. Damit war aber sowohl zum Zeitpunkt des Abschlusses des Werkstudentenvertrages als auch zum Zeitpunkt der letzten Verlängerungsvereinbarung die Prognose gerechtfertigt, dass der durch das Projekt entstehende, zusätzliche Personalbedarf nur vorübergehend besteht und mit Beendigung des Projektes entfällt.

c)               Der Wirksamkeit der zuletzt bis zum 31. Dezember 2018 vereinbarten Befristung steht auch nicht entgegen, dass das Projekt zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war und auch nach der Projektbeschreibung noch bis zum 31. Dezember 2019 laufen sollte.

Die Laufzeit des Arbeitsvertrags mit dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer muss nicht mit der voraussichtlichen Dauer des vorübergehenden Bedarfs übereinstimmen. Deshalb wird die Richtigkeit der Prognose des Arbeitgebers nicht dadurch in Frage gestellt, dass der prognostizierte vorübergehende Bedarf an der Arbeitsleistung über das Ende des mit dem Arbeitnehmer vereinbarten befristeten Arbeitsvertrags hinaus andauert. Die Prognose muss sich lediglich darauf erstrecken, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers nur zeitweise und nicht dauerhaft besteht. Denn die vereinbarte Vertragsdauer bedarf keiner eigenen sachlichen Rechtfertigung. Bei der Befristungskontrolle nach dem TzBfG geht es nicht um die Zulässigkeit der Befristungsdauer, sondern um das Vorliegen eines Sachgrunds dafür, dass mit dem Arbeitnehmer kein unbefristeter, sondern nur ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde. So kann der Arbeitgeber bei Befristungen, die auf die Sachgründe nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 3 und 7 TzBfG gestützt sind, frei darüber entscheiden, ob er den Zeitraum des von ihm prognostizierten Arbeitskräftebedarfs ganz oder nur teilweise durch den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen abdeckt und sich auf diese Weise z. B. die Möglichkeit zu einem personellen Austausch des befristet beschäftigten Arbeitnehmers offenhält. Ein Zurückbleiben der Vertragslaufzeit hinter der voraussichtlichen Dauer des Befristungsgrundes ist daher für sich allein nicht geeignet, den Sachgrund für die Befristung in Frage zu stellen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Juli 2016 – 7 AZR 545/14 -; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. September 2009 – 7 AZR 907/07 -).

d)               Der Wirksamkeit der Befristung steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Klägerin nicht ausschließlich projektbezogen eingesetzt wurde, sondern weiterhin auch für die Tätigkeiten zuständig war, die sie seit Jahren im Rahmen des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses erbracht hat.

Die Befristung wegen der Mitwirkung an einem zeitlich begrenzten Projekt setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer ausschließlich projektbezogen eingesetzt wird. Der Arbeitnehmer kann daneben auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Die Befristung kann in einem solchen Fall aber nur dann auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gestützt werden, wenn bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags zu prognostizieren ist, dass der Arbeitnehmer überwiegend projektbezogen und nicht mit projektfremden Daueraufgaben des Arbeitgebers beschäftigt sein wird (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. 11. 2005 – 7 AZR 81/05).

Dies ist vorliegend zu bejahen. Nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien war die Klägerin bis zum Abschluss des Werkstudentenvertrages als Laborhilfskraft mit 10 Stunden/Woche beschäftigt worden. Im Hinblick auf das Projekt „B“ wurde die Arbeitszeit zunächst auf 35 Stunden/Woche und sodann auf Wunsch der Klägerin auf 25 Stunden/Woche angehoben. Bereits dies spricht dafür, dass die Klägerin mit dem überwiegenden Anteil ihrer Arbeitszeit projektbezogen eingesetzt werden sollte. Dabei entspricht ein Anteil von 15 Stunden/Woche auch der Projektbeschreibung und den dortigen Prognosen. Nach dieser war für den Laboranten ein Personalstellenanteil von 36% eingeplant. Geht man davon aus, dass eine volle Personalstelle 40 Wochenstunden umfasst, ergibt ein Personalstellenanteil von 36% ca. 14,5 Stunden pro Woche. Soweit die Klägerin hiervon abweichend meint, ein Personalstellenteil von 36% ergebe lediglich 9 Stunden/Woche und dabei als Ausgangswert ihre Wochenarbeitszeit von 25 Stunden zugrunde legt, übersieht sie, dass sie keine volle Stelle, sondern lediglich eine Stelle in Teilzeit inne hatte. In der Projektbeschreibung wird aber nicht auf den Anteil einer Teilzeitstelle („anteiligen Personalstelle“) abgestellt, sondern auf den Anteil einer Personalstelle.

e)               Die Befristung zum 31. Dezember 2018 entspricht auch dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG. Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Verlängerungsvereinbarung erst zu einem Zeitpunkt unterzeichnet wurde, in dem die vorherige Befristung zum 31. März 2018 bereits abgelaufen war. Denn in der Verlängerungsvereinbarung wurde nicht nur eine zuvor mündlich und damit formnichtig vereinbarte, befristete Verlängerung des Arbeitsvertrages schriftlich niedergelegt, sondern eine eigenständige Befristungsabrede getroffen, durch die das möglicherweise zunächst entstandene, unbefristete Arbeitsverhältnis nachträglich befristet wurde, was bei Vorliegen eines die Befristung rechtfertigenden sachlichen Grundes zulässig ist.

aa)               Vereinbaren die Parteien vor Ablauf eines befristeten Arbeitsvertrages zunächst nur mündlich die befristete Verlängerung des Arbeitsvertrages und halten sie die mündlich getroffene Befristungsabrede erst nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages in einer unterzeichneten Verlängerungsvereinbarung schriftlich fest, ist die zunächst mündlich vereinbarte Befristung nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB nichtig. Die spätere schriftliche Niederlegung der zunächst nur mündlich vereinbarten Befristung führt nicht dazu, dass die zunächst formnichtige Befristung rückwirkend wirksam wird. Dadurch kann allenfalls ein zunächst nach § 16 Satz 1 TzBfG entstandenes, unbefristetes Arbeitsverhältnis nachträglich befristet werden, was bei Vorliegen eines die Befristung rechtfertigenden sachlichen Grundes zulässig ist. Hierzu sind allerdings auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge gerichtete Willenserklärungen der Parteien erforderlich. Daran fehlt es in der Regel, wenn die Parteien nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages lediglich eine bereits zuvor mündlich vereinbarte Befristung in einer schriftlichen Verlängerungsvereinbarung niederlegen. Dadurch wollen sie im Allgemeinen nur das zuvor Vereinbarte schriftlich festhalten und keine eigenständige rechtsgestaltende Regelung treffen. Anders verhält es sich, wenn die Parteien vor Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages und vor Unterzeichnung der schriftlichen Verlängerungsvereinbarung mündlich keine Befristung vereinbart haben oder wenn sie eine mündliche Befristungsabrede getroffen haben, die inhaltlich mit der später unterzeichneten Verlängerungsvereinbarung nicht übereinstimmt. In diesem Fall wird nicht lediglich eine zuvor vereinbarte mündliche Befristung schriftlich niedergelegt, sondern eine eigenständige Befristungsabrede getroffen, durch die das zunächst unbefristet entstandene Arbeitsverhältnis nachträglich befristet wird (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Juni 2007 – 7 AZR 700/06 –).

bb)               Nach diesen Grundsätzen genügt die Befristung zum 31. Dezember 2018 dem Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG. Dem Vortrag der Parteien lässt sich nicht entnehmen, dass sie vor dem Ablauf der Befristung zum 31. März 2018 mündlich eine befristete Verlängerung des Arbeitsvertrages bis zum 31. Dezember 2018 vereinbart hätten. Auf Nachfrage des Gerichts haben die Parteien vielmehr übereinstimmend erklärt, dass man sich vor dem Ablauf der Befristung einig gewesen sei, dass der Vertrag verlängert wird. Dabei wurden aber nach dem ausdrücklichen Vortrag der Klägerin keine Details vereinbart. Insbesondere wurde nach ihrem Vortrag nicht vereinbart, für welche Zeiträume der Vertrag verlängert wird. Damit haben die Parteien in der schriftlichen Vereinbarung über die befristete Verlängerung des Arbeitsvertrages bis zum 31. Dezember 2018 aber nicht nur eine zuvor mündlich vereinbarte Befristung schriftlich niedergelegt, sondern eine eigenständige Befristungsabrede getroffen, durch die das möglicherweise zunächst unbefristet entstandene Arbeitsverhältnis nachträglich befristet wurde.

B)               Der hilfsweise gestellte allgemeine Feststellungsantrag ist ebenfalls unbegründet.

I.               Der „Werkstudentenvertrag“ vom 30. April 2017 gilt nicht nach § 15 Abs. 5 TzBfG auf unbestimmte Zeit verlängert. Die Vorschrift ist auf die vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar.

Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind weder § 15 Abs. 5 TzBfG noch § 625 BGB bei der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen anwendbar. Denn beide Bestimmungen setzen voraus, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund eines bestimmten Beendigungstatbestandes als Ganzes sein Ende gefunden hat. Bei der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen besteht das Arbeitsverhältnis nach Fristablauf jedoch ohnehin fort, so dass es der in § 15 Abs. 5 TzBfG und § 625 BGB bestimmten Fiktion nicht bedarf (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03. September 2003 – 7 AZR 106/03 -).

Diese Situation ist auch vorliegend gegeben. Zwar haben die Parteien den „Werkstudentenvertrag“ insgesamt befristet. Mit Fristablauf sind aber nicht die gesamten arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien beendet worden. Vielmehr ist der unbefristet abgeschlossene und ruhend gestellte Arbeitsvertrag mit Fristablauf wieder aufgelebt, so dass es auch vorliegend nicht der in § 15 Abs. 5 TzBfG bestimmten Fiktion bedarf. Dies lässt sich dogmatisch auch damit begründen, dass § 15 Abs. 5 TzBfG allein den Fall regelt, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit ohne Vereinbarung einer neuen Rechtsgrundlage fortgesetzt wird. Die Vorschrift findet daher keine Anwendung, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf einer ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarung der Parteien beruht. Haben die Parteien ihre Rechtsbeziehung auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt, ist für die in § 15 Abs. 5 TzBfG bestimmte Fiktion kein Raum. Gerade dies ist vorliegend aber der Fall. Nach den vertraglichen Absprachen der Parteien sollte mit dem Ablauf der Befristung des „Werkstudentenvertrages“ am 31. Dezember 2018 der unbefristet abgeschlossene und ruhend gestellte Arbeitsvertrag wieder aufleben. Damit existierte ab Anfang Januar 2019 aber eine andere rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Klägerin. Der von § 15 Abs. 5 TzBfG allein geregelte Fall, dass das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit ohne Vereinbarung einer neuen Rechtsgrundlage fortgesetzt wird, liegt damit nicht vor.

C)               Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Danach hat die Klägerin die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Berufung zu tragen.

Die Kammer hat nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zugelassen.

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