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Arbeitsrecht
08.10.2020
Arbeitsrecht
LAG Köln: Außerordentliche Kündigung wegen Verfassungsuntreue

LAG Köln, Urteil vom 23.7.2020 – 8 Sa 57/20

ECLI:DE:LAGK:2020:0723.8SA57.20.00

Volltext: BB-Online BBL2020-2355-2

Amtlicher Leitsatz

Zu den Anforderungen an eine außerordentliche personenbedingte und verhaltensbedingte Kündigung eines Mitarbeiters des Ordnungs- und Verkehrsdienstes einer Gemeinde, der Mitglied der Organisation Ansaar International e.V. war, einer Organisation, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird (im Anschluss an BAG 28.09.1989 -2 AZR 317/86; BAG 12.05.2011 – 2 AZR 479/09).

Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Auflösung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses durch eine außerordentliche sowie hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten und einen Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers sowie einen von der Beklagten in der Berufung gestellten Auflösungsantrag.

Der 37 Jahre alte, verheiratete und vier Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 1. September 2016 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages der Parteien vom 1. Juli 2016/12. August 2016 als Ermittler beschäftigt. Er wurde im Ordnungsdienst der Beklagten eingesetzt.

Der Kläger unterzeichnete unter dem 12. August 2016 verschiedene Verpflichtungserklärungen, u.a.:

„III. Erklärung bezüglich verfassungsfeindlicher Betätigung

Ich versichere, dass ich mich nicht verfassungsfeindlich betätige, insbesondere keiner Organisation angehöre oder eine solche unterstütze, die Ziele verfolgt, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung unvereinbar sind. Mir ist bekannt, dass die Teilnahme an Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung wenden, unvereinbar mit den Pflichten eines Angehörigen des öffentlichen Dienstes ist.“

Der Ordnungsdienst der Beklagten sorgt für die Einhaltung der öffentlichen Ordnung und des Stadtrechts. Er arbeitet präventiv sowie repressiv bei tatsächlichen Ordnungsstörungen. Er widmet sich in erster Linie der Gefahrenabwehr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Zu den Aufgaben eines Ermittlers im Ordnungs- und Verkehrsdienst der Beklagten gehören - unabhängig davon, ob der Kläger in seiner bisherigen Tätigkeit mit sämtlichen Aufgabenbereichen befasst war, - insbesondere ordnungsbehördliche Kontrollen und Überwachungen in Ausländer-, Gewerbe-, Verkehrs-, Melde-, Gesundheits- und Immissionsschutzangelegenheiten sowie Maßnahmen zur allgemeinen Gefahrenabwehr nach dem Ordnungsbehördengesetz NRW.

Der Ordnungsdienst der Beklagten arbeitet regelmäßig mit anderen Behörden zusammen, wie beispielsweise mit der Polizei und dem Zoll. Das Personal des Ordnungsdienstes erhält hierdurch, beispielsweise bei Großveranstaltungen/-ereignissen, Einblicke in interne Abläufe und Sicherheitsvorkehrungen und kann sich mithilfe des Dienstausweises zu für die Öffentlichkeit gesperrten Bereichen Zutritt verschaffen.

Der Kläger tritt bei Ausübung seiner Tätigkeit in Dienstkleidung auf und repräsentierte hierdurch die Beklagte. Er verfügt über einen Dienstausweis, der ihn ermächtigt, in Vertretung der Beklagten die für die ordnungsgemäße Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten erforderlichen Maßnahmen und Ermittlungen durchzuführen sowie Verwarnungsgelder entgegenzunehmen. Seine Tätigkeit stand unter dem besonderen Schutz des § 113 StGB.

Der Kläger ist in die Entgeltgruppe 5, Stufe 2 TVöD eingruppiert und erhielt inklusive einer Zulage nach der Entgeltgruppe 8 TVöD ein Bruttomonatsgehalt i.H.v. 3.089,32 €.

Der Kläger übte während seiner Tätigkeit für die Beklagte eine Nebentätigkeit bei einer Zeitarbeitsfirma für monatlich 450 € aus. Ob ihm für diese Nebentätigkeit eine Genehmigung der Beklagten vorlag bzw. der Kläger die Nebentätigkeit angezeigt hatte, ist zwischen den Parteien streitig. Die Zeitarbeitsfirma setzte den Kläger bei einer Firma ein, für welche er im Sicherheitsbereich des Flughafens K Waren in Container bzw. LKWs ein- und auslud. Vor seiner Tätigkeitsaufnahme wurde der Kläger von der Bezirksregierung D einer Sicherheitsüberprüfung gemäß § 7 Luftsicherheitsgesetz (im Folgenden: LuftSiG) unterzogen.

Durch E-Mail des Kriminalhauptkommissars P , Polizeipräsidium K , Kriminalinspektion S , vom 7. November 2018 an das Personal- und Verwaltungsmanagement erhielt die Beklagte Kenntnis davon, dass der Kläger von Herrn P sowie einem Kollegen aufgesucht worden war, nachdem der Staatsschutz Hinweise erhalten hatte, dass sich der Kläger stark dem Islam zugewandt habe und für die Organisation A tätig sei. In der E-Mail heißt es:

„01

Herrn K wurde mitgeteilt, dass durch einen Hinweisgeber die Polizei Kenntnis davon erlangt habe, dass er sich stark dem Islam zugewendet habe und für die Organisationen „A “ tätig sein soll. Herr K bestätigte, dass er seit mehreren Jahren seine muslimischen Pflichten ernst nehme und an der Gründung des A , „Team K “, maßgeblich beteiligt war. Hintergrund für die Gründung des „Team K “ sei, dass er und seine Frau Hilfe für Muslime leisten wollten. Viele Bekannte würden über Altkleider u.ä. verfügen, diese Gegenstände würde man sammeln und an hilfsbedürftige Muslime weitergeben. Daher habe er Kontakt zu Hilfsorganisationen gesucht und sei letztendlich an Herrn K , Vorsitzender des „A V.“ mit Sitz in D gelangt. Auf Vorschlag des Herrn K habe er sich entschlossen, das „Team K “ zu gründen. Finanzielle Unterstützung würde man durch den Verein in D nicht erhalten, vielmehr würde Herr K und weitere 10 Bekannte die Mietkosten für einen Container in der V Str. , 5 K B , tragen. In dem Container würde man vorwiegend Kleidung und Pampers sammeln. Bei der Verschiffung eines Containers sei er selber anwesend gewesen, um sich von der Seriosität der Organisation zu überzeugen. Über Herrn K will Herr K Informationen darüber erhalten haben, dass der Verein bereits das Interesse des Verfassungsschutzes geweckt habe, der Verein habe sich aber nach Bewertung des Herrn K r nichts vorzuwerfen. Zu seiner Person gab Herr K an, er selber sei Mitarbeiter der Stadt K , O , habe dort keine Probleme mit seinen Kollegen und kein Interesse an Schwierigkeiten mit dem Arbeitgeber.

02

Herrn K wurde einige Informationen über „A “ mitgeteilt, darunter dass der Verein zwar nicht verboten, jedoch im Focus der Sicherheitsbehörden stehe, hier des Verfassungsschutzes. Herr K teilte mit, dass er ein komisches Gefühl habe, wenn er das von Polizeibeamten höre. Er selber sei in verschiedenen WhatsApp-Gruppen der Organisation eingebunden und habe nie etwas von Problemen mit dem Verein gehört. Er würde sich unverzüglich an die Polizei wenden, wenn Personen zu Gewalt aufrufen oder sonstige Straftaten begehen würden. Herrn K wurde mitgeteilt, dass die Unterstützung eines durch den Verfassungsschutz beobachteten Vereins (Verfassungsschutzbericht 2017, Extremistischer Salafismus) durchaus zu beruflichen Problemen führen könne. Ein prominentes Beispiel aus dem Profifußball wurde ihm dargelegt. Er wurde gebeten, seine Aktivitäten für den Verein, insbesondere vor dem Hintergrund seiner beruflichen Tätigkeit, zu überdenken. Er gab an, sich die nächsten Tage genauer zu informieren und eine Entscheidung zu treffen. Herr K und seine Ehefrau waren sehr freundlich und boten an, den Container in Augenschein zu nehmen. Dies wurde abgelehnt. Die Anmietung des Containers wurde durch den Betreiber der Containervermietung bestätigt.

Fazit:

Bereits durch den Vorsitzenden des Vereins „A “ wurde Herr K auf „Probleme“ mit dem Verfassungsschutz hingewiesen. Im Internet können eine Vielzahl von Quellen zum Verein recherchiert werden, welche eine Einschätzung des Vereins und dessen Aktivitäten möglich machen. Eine Distanzierung vom Verein erfolgte durch Herrn K nicht. Durch den Unterzeichner erfolgte ebenfalls ein Hinweis auf den im Verfassungsschutzbericht NRW aufgeführten Verein und die Empfehlung seine Unterstützung für den Verein zu überdenken. Ob Herr K aus den Erkenntnissen Konsequenzen zieht, bleibt abzuwarten.“

Der Verein A wird auf dessen Homepage u.a. wie folgt beschrieben:

„Gegründet 2012 sind wir A   ein Hilfsbund, bestehend aus über 600 Mitgliedern in Deutschland und ca. 2.000 Internationalen, die um Allahs Wohlgefallen Projekte planen und durchführen, mit dem Ziel unsere notleidenden Menschen im In- und Ausland zu unterstützen.

A   ist momentan in S , So , J , H , M , B , I , P , T , C (O ), K , L , Ba , B , A , G , Li , Bu F , To , Pa , Pat , Tür , N , E , Sr L , El , Su , Ga , Ku Gebiete, Indi , Bo , Sa , Ir , Kub , Ä , Ni , N , U , Ma , Ka , Maz , Be , Äg und D tätig und bietet euch viele Wege zu großem Lohn.

Wir bauen Krankenhäuser, Waisenhäuser, Witwenheime und Brunnen, leisten Nothilfe für Witwen und Flüchtlinge weltweit. Verletzte, Hungernde, Frierende und Hilflose, haben hunderte Waisenkinder in Patenschaften, führen Waisenschulen und Fördern die Bildung und Ausbildung, bauen Moscheen und Qur’anschulen, Wasserwerke, betreuen Altersheime, Kriegsopfer und mehrere Waisenhäuser. Wir betreiben aktive Nothilfe für Menschen in Kriegsgebieten und liefern dorthin alles, was nötig ist – vom Krankenwagen bis zur Medizin und Lebensmitteln. Neuerdings sind wir auch im Bereich „Entwicklungshilfe“ und „Katastrophenschutz“ tätig geworden.

Weitere bahnbrechende weltbekannte Projekte:

- Bau der einzigen modernen und intakten Wasseraufbereitungsanlage von Gaz -City

   (Entsalzungsanlage)

- Bau des größten Waisenhauses in S

- Bau des größten Waisendorfes von G

- Bau des größten Krankenhauses von Nord-So

- Bau der meisten Krankenhäuser von S (6)

- Gewinn vieler Awards, unter anderem in S , N , So , A

 (…)“

Der Mitgliedsbeitrag beträgt – laut Homepage - monatlich mindestens zehn Euro. Es wird auf Sammelstellen für Sach- und Kleiderspenden hingewiesen und für Köln unter anderem eine Mobilnummer angeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 29. August 2019 (Seiten 3-5) auszugsweise wiedergegebenen Homepage des A Bezug genommen.

Der Verein A ist Gegenstand der Verfassungsschutzberichte des Landes NRW der Jahre 2016, 2017 sowie 2018.

Im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW für das Jahr 2016 (Anlage B4) heißt es unter anderem:

„Die Bereitstellung humanitärer Hilfe für die s Zivilbevölkerung gibt grundsätzlich keinen Anlass zur Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Sammel- und Hilfsaktionen extremistischer-salafistischer Netzwerke, die bei der Spendensammlung eine Neigung zu jihadistischen Gruppierungen in S erkennen lassen, werden jedoch in Nordrhein-Westfalen durch den Verfassungsschutz beobachtet.

Es bestehen immer wieder Anhaltspunkte dafür, dass Gelder, die im Rahmen von Benefizveranstaltungen und Sammelaktionen dieser Netzwerke zusammengetragen werden, teilweise gezielt salafistischen oder sogar terroristischen Netzwerken in S zugehen. Die Gelder verbleiben zum Teil auch in D und werden hier zur Netzwerkpflege zweckentfremdet. Da solche Organisationen in einem salafistischen Umfeld agieren, bieten sie zudem eine Basis für die Anwerbung neuer Mitglieder.

Bei dem im Jahr 2012 in D gegründeten Verein A handelt es sich dem eigenen Verständnis nach um einen Hilfsbund zur Unterstützung notleidender Glaubensgeschwister im In- und Ausland. Der Verein führt auch die Bezeichnung A Er verfügt über Anbindungen an die Salafisten-Szene in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus.“

Im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW für das Jahr 2017 (Anlage B3) heißt es unter anderem:

„Anhänger der extremistisch-salafistischen Szene verstehen die islamische Religion als Ideologie und die Scharia als gottgegebenes Ordnungs- und Herrschaftssystem. Dieser Ideologie folgend wird Demokratie als eine falsche „Religion“ und die Teilnahme an Wahlen somit als ein „Götzendienst“ angesehen. Es gilt das Prinzip der „göttlichen Souveränität“: Gesetze können der salafistischen Ideologie folgend nur von Gott ausgehen, aber niemals von einem gewählten Gesetzgeber gemacht werden. Die Volkssouveränität als wesentliches Element der Demokratie westlicher Prägung sei demnach unvereinbar mit dem extremistischen Salafismus. Diese salafistische Ideologie propagiert eine Lösung aller gesellschaftlichen Probleme durch die uneingeschränkte Anwendung von Koran und Sunna (Prophetische Tradition). Hierzu zählt die konsequente und buchstabengetreue Anwendung der „Scharia“ nach salafistischer Auslegung (in diesem Sinn ein ganzheitliches Regelwerk, das alle Aspekte des Lebens eines Muslims umfasst).

Die Umsetzung der beschriebenen Vorschriften umfasst auch das Privatleben: So wird eine rigide Trennung von Mann und Frau nicht nur in der Moschee, sondern insgesamt im öffentlichen Raum gefordert. Eine gemeinsame schulische Erziehung von Jungen und Mädchen ebenso wie die Berufstätigkeit von Frauen wird grundsätzlich abgelehnt. Frauen sind in diesem Wertebild zufolge nominell gleichwertig, aber nicht gleichberechtigt.“ (vgl. Seite 163)

[…]

„Bei dem im Jahr 2012 in D gegründeten Verein A D handelt es sich dem eigenen Verständnis nach um einen Hilfsbund zur Unterstützung notleitender Glaubensgeschwister im In- und Ausland. Der Verein führt auch die Bezeichnung A . Er verfügt über Anbindungen an die Salafisten-Szene in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus.

A D unterstützt Hilfsprojekte für bedürftige Muslime weltweit. Innerhalb D verfügt die Organisation über mehrere sogenannte „ Teams“, die im Namen des Vereins Spenden sammeln und Werbeaktionen durchführen. Gegenwärtig werden Spenden größtenteils online über Messenger-Dienste und über die eigene Facebook-Seite gesammelt. Die Aufrufe werden mit Bild- und Videomaterial aus den jeweiligen Krisengebieten untermauert.

Nach eigener Darstellung ist der Verein derzeit unter anderem in S , So , M , B , I , T , L , G , , Pa , Bo und D aktiv. Der Bau von Moscheen, Schulen und Brunnen sowie Hilfe für Witwen und Waisen sollen laut eigener Aussage zu den grundlegenden Aktivitäten des Vereins gehören. Aktive Nothilfe werde für „Geschwister“ durch Lieferung von Lebensmitteln, Medizin und auch Krankenwagen in Kriegsgebiete geleistet. In D liege der Schwerpunkt der Aktivitäten auf der Dawa-Arbeit und der Hilfe für in einer akuten Notlage befindliche Menschen.

[…]

Auch wenn im Zuge kritischer Berichterstattung in den Medien Verbindungen zum extremistisch-salafistischen Spektrum öffentlich reduziert wurden, wurden in der Vergangenheit bei Spendensammlungen international bekannte salafistische Prediger eingebunden. Das Streben nach Anerkennung als gemeinnützige Organisation ist ebenfalls als Teil eines vordergründigen Legalisierungskurses zu verstehen. A ist unverändert als Organisation innerhalb der extremistisch-salafistischen Szene zu bewerten und wird weiterhin vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beobachtet.“

Im Verfassungsschutzbericht des Landes NRW für das Jahr 2018 (Anlage B 11) heißt es unter anderem:

„Insbesondere hat der Verein die Zahl seiner offiziellen Sammelstellen erhöht. Seit Mitte des Jahres 2018 sind auf seiner Homepage immer wieder neue Standorte hinzugekommen, so dass mittlerweile 15 Sammelstellen bzw. A Teams gelistet sind, die sich über das gesamte Bundesgebiet verteilen. Durch diese Ableger des Vereins werden primär Kleider- und Geldspenden gesammelt. An manchen Standorten werden auch Flyer verteilt oder so genannte Infostände durchgeführt.

[…]

Auch wenn A öffentliche Veranstaltungen mit bekannten extremistischen Salafisten vermeidet, ist keine Abkehr des Vereins von extremistisch-salafistischen Bestrebungen zu erkennen, der weiterhin eine intensive Zusammenarbeit mit Personen aus der Szene erfolgt. Beim aktiven Personenkreis gibt es mittlerweile einige Überschneidungen zwischen A und dem im Jahr 2016 verbotene Netzwerk D w R /L !. Dies deutet darauf hin, dass A in der extremistischen Szene ein Vakuum füllen könnte, dass durch den Wegfall von Lies! entstanden ist. Gegen den Verein wurden am 10.04.2019 umfangreiche vereinsrechtliche Ermittlungsmaßnahmen durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durchgeführt. Hierzu wurden mit Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen zahlreiche dem Verein zuzurechnende Objekte durchsucht und Asservate gesichert. Grund für das Verfahren sind Hinweis auf Verstöße gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere durch die Weiterleitung von Spendengeldern an die HAMAS-Organisation im Gazastreifen.“

Nach dem Gespräch mit den Polizeibeamten des Staatsschutzes entschied sich der Kläger, seine im April 2018 begonnene Tätigkeit für den Verein A zu beenden. Per E-Mail 9. November 2018 (18:41 Uhr) teilte er „info@a .de“,  mit, die Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung kündigen zu wollen und um Kündigungsbestätigung zu bitten. Mit E-Mail von A vom 14. November 2018 wurde die Kündigung der Mitgliedschaft zum 30. November 2018 bestätigt.

Die Beklagte stellte den Kläger mit Schreiben vom 9. November 2018 – ohne Begründung - unwiderruflich unter Anrechnung von Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüchen von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei und sprach ein Hausverbot für ihr Dienstgebäude aus. Das Schreiben ging dem Kläger am selben Tag zu. Der Kläger wandte sich gegen die Freistellung mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 15.11.2019 unter Verweis auf den Anspruch des Klägers auf Beschäftigung und der Aufforderung, den Grund für die Freistellung mitzuteilen.  Die Beklagte antwortete darauf nicht.

Mit Schreiben vom 14. November 2018 hörte die Beklagte den Gesamtpersonalrat zu der beabsichtigten außerordentlichen, fristlosen sowie der hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers an. Der Gesamtpersonalrat gab dazu keine Stellungnahme ab. Es wird auf den Inhalt der Anhörungsschreiben Bezug genommen.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 20. November 2018 dem Kläger außerordentlich und fristlos und mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 hilfsweise ordentlich zum 31. März 2019.

Der Kläger wurde hinsichtlich seiner Nebentätigkeit am K Flughafen durch Schreiben der Bezirksregierung D vom 17. Dezember 2018 zu einer persönlichen Anhörung am 9. Januar 2019 nach D eingeladen. Es hätten sich bezüglich der Zuverlässigkeitsüberprüfung gemäß § 7 LuftSiG nachträglich sicherheitsrelevante Erkenntnisse ergeben. An dem Anhörungsgespräch am 9. Januar 2019 nahmen neben dem Kläger zwei Mitarbeiterinnen der Bezirksregierung D sowie zwei Mitarbeiterinnen des Innenministeriums teil. In der rund 90-minütigen Anhörung wurde der Kläger im Einzelnen zu seinem persönlichen und beruflichen Werdegang, seiner allgemeinen politischen und religiösen Einstellung sowie konkret zu seinem Verhältnis zum Verein A und seiner Tätigkeit für diesen befragt. Auf das Protokoll der Anhörung der Bezirksregierung D vom 9. Januar 2019 wird Bezug genommen. Die Bezirksregierung D teilte dem Kläger mit E-Mail vom 17. Januar 2019 mit, dass keine Bedenken an seiner Zuverlässigkeit im Sinne von § 7 LuftSiG beständen und daher seine Zuverlässigkeitsüberprüfung ihre reguläre Gültigkeit bis zum 24. März 2023 habe.

Der Kläger hat sich mit seiner beim Arbeitsgericht Köln am 21. November 2018 eingegangenen Klage gegen die außerordentliche Kündigung und mit seiner Klageerweiterung vom 18. Dezember 2018 gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 13. Dezember 2018 gewandt.

Der Kläger hat behauptet, Anfang April 2018 habe er mit Herrn H sowie weiteren sieben Personen das „Team K “ gegründet. Herr H sei bereits Vereinsmitglied gewesen und habe ihn unter Verweis auf die Internetseite und die auf dieser propagierten humanitären Ziele angeworben. Es sei der Plan gewesen, in K einen Lagerraum für Altkleider- und andere Sachspenden einzurichten, damit diese vom Verein in D abgeholt würden. Er habe zu diesem Zweck einen Lagerraum in der Größe von 3,4 m² zu einem Preis von 90 €/Monat auf der V in K angemietet. Jede der beteiligten neun Personen habe monatlich 10 € entrichtet. Die Einrichtung der Sammelstelle in K sei auf der Facebook-Seite des Vereins publik gemacht und es seien zwei Kontakttelefonnummern angegeben worden. In der WhatsApp-Gruppe des Vereins sei seine Telefonnummer zu diesem Zweck verbreitet worden. Er habe während seiner Mitgliedschaft etwa vier- bis fünfmal Anrufe von interessierten Spendern erhalten. Die meisten hätten Altkleider gespendet. Sei der Container voll gewesen, habe sich der Zeuge H mit dem Verein in D in Verbindung gesetzt und die Abholung organisiert. Einmal sei er als Helfer mit nach Du gefahren und habe dort gemeinsam mit anderen Personen diverse gebrauchte Krankenhausbetten, medizinische Praxisausstattung, Altkleider und Medikamente in einen großen Schiffscontainer verladen. Einmal habe er auch eine Geldspende erhalten, die er anschließend an den Zeugen Hild zur Weiterleitung an den Verein übergeben habe. Es habe sich um 3.500 € gehandelt. Diese seien ihm mit der Bitte übergeben worden, dafür zu sorgen, dass der Verein mit diesem Geld ein Brunnenprojekt in G unterstütze. Mit dieser Bitte habe er das Geld an Herrn H weitergegeben. Zu einem späteren Zeitpunkt habe die Spenderfamilie einen Beleg durch ein übersandtes Video dafür erhalten, dass das Geld angekommen und damit ein Brunnen in G gebohrt worden sei.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei bei ihren streitgegenständlichen Kündigungen von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen.

Der Kläger hat die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats gerügt. Dieser sei unvollständig über die E-Mail des Kriminalhauptkommissars P vom 7. November 2018 informiert worden. Insbesondere sei dem Personalrat nicht mitgeteilt worden, dass er angegeben habe, sich in den nächsten Tagen genauer zu informieren und dann eine Entscheidung treffen wolle. Auch fehle der Hinweis des KHK P , dass abzuwarten bleibe, ob der Kläger aus dessen Empfehlungen und aus seinen weiteren Erkenntnissen für die Zukunft Konsequenzen ziehen werde. Ohne diesen Hinweis habe der Eindruck entstehen müssen, dass es sich bei ihm – dem Kläger –um einen uneinsichtigen Hardcore-Salafisten“ handele.

Die Beklagte sei darüber hinaus auch insoweit von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen, da sie nicht berücksichtigt habe,  dass er seine Vereinsmitgliedschaft mit sofortiger Wirkung gekündigt und sich hierdurch deutlich vom Verein distanziert habe. Nach seiner Mitgliedschaftskündigung habe er die Kündigung des Mietvertrags für den Lagerraum erklärt. Weitere Aktivitäten habe er für A nicht mehr unternommen.

Zudem sei seine bloße, nur kurzfristige Vereinsmitgliedschaft nicht ausreichend, um einen Kündigungsgrund zu begründen. Die Beklagte führe keine Belege dafür an, dass er sich in extremistisch-salafistischer Weise betätigt habe.

Der Kläger hat bestritten, dass es konkrete und nachteilige innerdienstliche Auswirkungen durch seine Vereinstätigkeit gegeben habe. Er bestreitet weiter, seine persönliche charakterliche Entwicklung sei von einer zunehmenden Radikalisierung geprägt gewesen und er habe während der Dienstzeit auffällige Verhaltensänderungen gezeigt; der Beklagten sei solches auch nicht berichtet worden. Er habe in der Arbeitszeit weder Predigten im Büro angehört oder angesehen noch Moscheen besucht. Auch habe er sein optisches Erscheinungsbild nicht stark verändert. Den angeführten Bart habe er bereits bei seiner Einstellung getragen.

              Die Nebentätigkeit am Flughafen habe er der Beklagten angezeigt. Er habe vor der Aufnahme dieser Tätigkeit einen schriftlichen Antrag eingeholt, die Nebentätigkeit ausüben zu dürfen und diesen Antrag seinem Vorgesetzten Herrn Hö gegeben. Dieser habe den Antrag an ihn zurückgereicht mit dem Hinweis, dass er keine Nebentätigkeitsgenehmigung benötige. Er solle sich vielmehr an Herrn S S wenden und lediglich die beabsichtigte Aufnahme einer Nebentätigkeit mit behördeninterner Email diesem gegenüber anzeigen und darlegen, dass seine Arbeit bei der Beklagten darunter nicht leiden werde. Dies habe er getan. Darauf habe er keine Antwort der Beklagten erhalten. Die Sache sei damit für ihn erledigt gewesen.

Der Kläger hat zuletzt - soweit für die Berufung von Interesse - beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 20. November 2018, dem Kläger am gleichen Tage zugegangen, beendet worden ist;

2. festzustellen, dass die von der Beklagten vorsorglich zum 31. März 2019 erklärte ordentliche Kündigung vom 13. Dezember 2018, dem Kläger am 14. Dezember 2018 zugegangen, unwirksam ist;

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Anträge zu Ziffer 1 und Ziffer 2 als Ermittler im Ordnungs- und Verkehrsdienst zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 2016/12. August 2016 (Vollzeit, Eingruppierung in der Entgeltgruppe 5 Stufe 2 mit Zulage nach der Entgeltgruppe 8) weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, es fehle dem Kläger an der erforderlichen persönlichen Eignung für die weitere Ausübung der Tätigkeit als Ermittler im Ordnungs- und Verkehrsdienst. Die Kündigung sei daher aus personenbedingten Gründen gerechtfertigt. Wegen der Mitgliedschaft und aktiven Unterstützung (Gründung des „Teams K “) des Vereins A sei nicht gewährleistet, dass der Kläger die freiheitlich-demokratische Grundordnung anerkenne und durch sein gesamtes dienstliches und außerdienstliches Verhalten für sie eintreten werde. Der Kläger übe als Ermittler des Ordnungs- und Verkehrsdienstes Tätigkeiten hoheitlicher Natur aus, trete dabei in Dienstkleidung auf und repräsentiere unmittelbar die Beklagte. Er sei besonders verpflichtet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Er genieße in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Dieses berufsbedingt erforderliche Vertrauen werde in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn er als Beschäftigter des öffentlichen Dienstes verfassungsfeindliche Bestrebungen fördere. Die radikal-islamistische Bewegung des Salafismus stelle die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland in Frage. Bei Anhängern und Unterstützern des Salafismus bestünden Zweifel, ob sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anerkennten und für diese einträten. Bei dem Verein A , zu welchem der Kläger eingeräumt habe, einen Vereinsableger in Form des Teams K gegründet zu haben sowie den Verein regelmäßig zu unterstützen, handele es sich um eine extremistische Organisation aus dem salafistischen Umfeld. Auch wenn der Kläger selbst humanitäre Hilfe innerhalb des Vereins geleistet haben möge, sei er so in die Vereinigung eingebunden gewesen, dass ihm die dort vertretene Ideologie habe bekannt sein müssen. Durch die Unterstützung und den Aufbau eines weiteren Standorts habe er wesentlich dazu beigetragen, dass diese Vereinigung wachse und weitere Anhänger erhalte.

Die Beklagte hat behauptet, ihr sei mehrfach berichtet worden, dass die persönliche und charakterliche Entwicklung des Klägers von einer zunehmenden Radikalisierung geprägt gewesen sei und er während des Dienstes auffällige Verhaltensänderungen gezeigt habe. So habe er insbesondere während der Arbeitszeit Predigten im Büro gehört und angesehen, Moscheen besucht sowie sein optisches Erscheinungsbild stark verändert (unter anderem langer Bartwuchs). Zudem habe er ohne Anzeige gegenüber der Beklagten eine Nebentätigkeit beim Flughafen K aufgenommen und sei dort im Hochsicherheitsbereich tätig geworden.

Der Kläger habe einen Vortrag von P V besucht. Bei diesem handele es sich um einen islamistischen deutschen Prediger, der als einflussreich in der deutschen Salafismusszene gelte. Dieser Vortragsbesuch bestätige, dass sich der Kläger offensichtlich zur Salafismusszene hingezogen fühle.

Soweit der Kläger behaupte, es habe ihm gefallen, dass er habe nachvollziehen und verfolgen können, was mit dem Geld passierte und dass die Spenden zu 100 % bei den vorgesehenen Projekten ankämen, sei dies nicht nachvollziehbar. Zudem habe der Kläger bislang behauptet, nur Altkleidersammlungen durchgeführt zu haben.

Zudem könnten auch solche Personen gefährlich sein, die selbst auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stünden, jedoch bei objektiver Betrachtung durch ihre Tätigkeit verfassungsfeindliche Bestrebungen förderten, ohne dies zu erkennen. Eine Person, die nicht merke, wofür sie missbraucht werde, könne für den Bestand der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ebenso gefährlich sein wie ein Überzeugungstäter. Auch unter diesem Gesichtspunkt fehle es dem Kläger an der erforderlichen persönlichen Eignung für die verrichtete Tätigkeit als Ermittler im Ordnungs- und Verkehrsdienst. Soweit der Kläger behaupte, darauf vertraut zu haben, dass die Aussagen des Herrn K sowie seines Bekannten über den Verein zutreffend gewesen seien, mache dies deutlich, dass er nicht in der Lage sei, Sachverhalte objektiv zu beurteilen und damit auch das Erfordernis einer Gefahrenabwehr zu erkennen. Denn er habe es in seiner Funktion als Ermittler nicht für nötig empfunden, objektive Recherchen über den Verein anzustrengen.

Die Beklagte ist der Ansicht, ihre Sicherheitsinteressen stünden der Weiterbeschäftigung des Klägers entgegen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf das Urteil (Bl. 280 - 303 d.A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags, weiter der Auffassung ist, die außerordentliche, jedenfalls aber die hilfsweise ordentliche Kündigung des Klägers sei wirksam, da ihm die erforderliche Eignung für seine Tätigkeit im Ordnungsamt bei der Beklagten fehle. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis gekommen sei, dass keine hinreichend begründeten Zweifel an der Verfassungstreue des  Klägers dargetan seien. Die islamistischen Organisationen – insbesondere A stünden im Verdacht, dass unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe Spenden an Terrororganisationen, wie beispielsweise die Hamas, weitergeleitet werden. Sie stehe in diametralem Gegensatz zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung in D und Europa. Wenn der Kläger angibt, er habe humanitäre Hilfe für Muslime leisten wollen, so hätte er sich hierfür einer Hilfsorganisation anschließen können, für die humanitäre Hilfe tatsächlich im Vordergrund stehe. Dies habe er hingegen nicht getan, sondern sich – obwohl er in diesem Zusammenhang angeblich nachteilige Erfahrungen mit dem Hassprediger P V gemacht haben will – für eine salafistisch-islamistisch geprägte Organisation entschieden.

Der Kläger bringe bereits das erforderliche und gebotene Maß einfacher Loyalität nicht mit. Das Engagement für den Verein A gehe weit über die bloße Teilnahme oder ein „Für richtig Halten“ hinaus. Der Kläger habe selbstständig Kontakt zu der Organisation aufgenommen und sei maßgeblich und offenbar initiativ daran beteiligt gewesen, in K ein Netzwerk („Team K “) aufzubauen. Er habe die Organisationsleitung inne gehabt und seine Kontaktdaten für weitere Mitglieder zur Verfügung gestellt. Er habe Spendengelder vereinnahmt und diese an den Vorstand weitergeleitet und sich damit aktiv an dem Wachsen und der Verbreitung der Organisation beteiligt. Schließlich habe er Kontakt zum Vorstand des Vereins, Herrn K , gehabt. Damit habe er Verbindungen in das Zentrum des Wirkens der Organisation gehabt.

Das Arbeitsgericht hätte über den Vortrag der Beklagten, der Kläger habe sich weitergehend radikalisiert, in dem er während der Arbeitszeit Predigten angehört und Moscheen besucht habe, Beweis erheben müssen. Eine weitere Substantiierung – wie vom Arbeitsgericht verlangt – könne sie – die Beklagte - nicht leisten. Derartige Anforderungen seien überzogen.

Zu berücksichtigen sei auch, dass das Gespräch mit dem Kriminalhauptkommissar spätestens am 02.11.2018 stattgefunden habe und der Kläger erst mit Email vom 09.11.2018 seine Mitgliedschaft im Verein A gekündigt habe. Vor dieser Kündigungsmail, die um 18:41 Uhr abgeschickt worden ist, sei der Kläger per Email vom 09.11.2018 14:37 Uhr mit sofortiger Wirkung freigestellt worden. Erst die drohende Kündigung des Arbeitsverhältnisses habe ihn veranlasst, die Vereinsmitgliedschaft zu kündigen.

Der Kläger habe sich mit der Kündigung der Vereinsmitgliedschaft auch nicht von der dem Verein zugrundeliegenden und von diesem praktizierten Ideologie distanziert. Eine Distanzierung von den verfassungsfeindlichen Zielen des Vereins habe der Kläger zu keiner Zeit – weder im Gerichtsverfahren noch gegenüber der Beklagten erklärt. Dies werde auch in dem Bericht des Kriminalhauptkommissars vom 07.11.2018 klargestellt. Soweit der Kläger behauptet, er habe sich von der radikalen Zielsetzung des Vereins distanziert, werde dies mit Nichtwissen bestritten. Dies  könne nur als Schutzbehauptung gewertet werden. Auch die Behauptung des Klägers, er habe „seinerzeit durchaus naiv“ mit seinem Vereinsbeitritt gehandelt, vermag ihn nicht zu entlasten, da weder die Hinweise des Vorstands noch des Staatsschutzes ihn veranlasst hätten, sich vom Verein zu trennen.

Eine Anhörung des Klägers vor Ausspruch der Kündigung sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Der Kläger habe nicht begründet, aus welchem Grund sie - die Beklagte - seinen Ausführungen in Bezug auf sein Verfassungsverständnis hätte Gehör schenken sollen. Der Kläger habe bereits eindrücklich durch sein außerdienstliches Engagement für A gezeigt, dass er ein anderes Verfassungsverständnis habe als dies für den öffentlichen Dienst und insbesondere die Tätigkeit im Ordnungsdienst der Beklagten Voraussetzung sei.

Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger mit der extremistisch-salafistischen Ideologie des Vereins nicht in Berührung gekommen sein soll. Es sei zwingend davon auszugehen, dass nur derjenige, der sich der Ideologie verschrieben habe, eins von bundesweit 15 Teams habe gründen dürfen. Hierfür spreche der Kontakt zum Vorstand J K . Gerade weil der Kläger Geldspenden von nicht unbeträchtlicher Größenordnung entgegengenommen  und weitergeleitet hätte, sei von einem regelmäßigen Kontakt zum Vorstand lebensnah auszugehen. Ob die Geldspende von 3.500,00 € tatsächlich für einen angeblichen Brunnenbau investiert worden sei, könne nicht beurteilt, dürfe jedoch bezweifelt werden.

Wie das Gericht zu der Ansicht gelange, dass nicht von einer Identifizierung des Klägers mit der extremistisch-salafistischen Ideologie ausgegangen werden könne, verschließe sich jedem nachvollziehbaren Gedankengang. Der Kläger sei bekennender Moslem. Ihm seien daher, anders als Außenstehenden oder andersgläubigen Menschen, Strömungen in der von ihm gewählten Religion bewusst und erkennbar jedenfalls hätte ihm die Radikalität der Glaubensrichtung auffallen müssen, nach dem Hinweis des Vorsitzenden, der Verein werde vom Verfassungsschutz beobachtet.

Der Kläger verschanze sich in seinem gesamten Vortrag hinter Unkenntnis und Naivität, habe sich jedoch zielsicher in der Zeit seiner Zugehörigkeit zum Verein Arbeitsplätze in sicherheitsrelevanten Bereichen (Ordnungsamt/Flughafen) gesucht. Obwohl im Internet weithin verbreitet und damit recherchierbar, will der Kläger bei seinem Besuch des Hasspredigers  P V – offenbar als einzigem – nicht bewusst gewesen sein, um wen es sich handelt. Gleichwohl sei er, obwohl ihm dieser Besuch angeblich nicht gefallen habe, einem extremistisch-salafistischen Verein beigetreten. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger sich seit Jahren mit der extremistisch-salafistischen Ideologie identifiziere und sich demgemäß – aus seiner Sicht  folgerichtig – einem Verein angeschlossen habe, der diese Auffassungen propagiere.

Die Anhörung der Bezirksregierung D zur Zuverlässigkeitsüberprüfung im Januar 2019 sei nach Ausspruch der Kündigung erfolgt und daher unerheblich. Das Ergebnis sei auch nicht von Belang, da der Kläger im Sicherheitsbereich des Flughafens Düsseldorf nicht – wie beim Ordnungsdienst - hoheitlich tätig werde.

Schließlich mache der Kläger widersprüchliche Angaben. So habe er in der Gütesitzung vom 08.01.2019 erklärt, dass er 2 Tage nach dem Gespräch mit dem Kriminalhauptkommissar am 09.11.2018 seine Mitgliedschaft gekündigt habe. Außerdem habe er bei der Anhörung der Bezirksregierung D erklärt, dass sich das „Team K “ hauptsächlich aus ihm und Herrn H zusammengesetzt habe. Im Prozess habe er jedoch vorgetragen, dass das Team aus 9 Personen bestanden habe. Bei dieser Anhörung habe er zudem, auf die Frage, ob er Herrn K kenne, geantwortet, dass ihm nur sein muslimischen Name „Ab Aj “ bekannt sei und er diesen nur einmal gesehen habe. Der muslimische Name des J K werde jedoch auf den Internetseiten des Vereins A nicht genannt. Es stehe daher zu vermuten, dass zwischen dem Kläger und Herrn K mehrere Kontakte stattgefunden hätten, sie sich möglicherweise bereits gekannt hätten, als der Kläger Mitglied im Verein wurde.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Er habe seine Mitgliedschaft im Verein am 09.11.2018 nach dem er sich im Anschluss an das Gespräch mit dem KHK P weiter informiert und sich eine Meinung gebildet habe, unverzüglich beendet. Eine stärkere Distanzierung als eine fristlose Kündigung sei nicht denkbar.

Der Kläger trägt weiter vor: Bereits erstinstanzlich habe sich die Beklagte den groben Faux-pas erlaubt, von der Länge des Bartes des Klägers im Zusammenhang mit seinem Verfassungsverständnis zu fabulieren. Jetzt versuche sie, dem Kläger bereits aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion (er „…ist bekennender Moslem…“) anzudichten, ihm seien – „…anders als Außenstehenden oder Andersgläubigen…“  Strömungen in der von ihm gewählten Religion bewusst und erkennbar und es widerspräche “…jeder vernünftigen Erwägung…“ sollte dies anders gewesen sein. Ihm hätte daher, so die Beklagte, “… die Radikalität der Glaubensrichtung auffallen…“ müssen. Das sei, mit Verlaub, so ein bornierter Unsinn, dass es eigentlich keiner eingehenden Kommentierung bedürfe. Welcher Christ kenne denn schon den Unterschied zwischen orthodoxer, katholischer und evangelischer Glaubensrichtung – von den Varianten der ungezählten Freikirchen einmal ganz abgesehen? Das dürfte auf die allerwenigsten Christen, sofern sie sich nicht vorher einem eigehenden Theologiestudium ausgesetzt hätten, zutreffen. Aus welchem Grund solle aber einem Moslem automatisch jede der vorhandenen unterschiedlichen Strömungen bei der Auslegung des Islam bewusst und erkennbar sein? Der Kläger sei ja nicht einmal ein geschulter Iman. Die Beklagte müsse aufpassen, dass sie sich nicht dem Vorwurf aussetze, mit dieser Art des Sachvortrags verschiebe sich ihr Rechtsverständnisdeutlich in die Nähe einer „Gesinnungspolizei“.

Die Beklagte ist der Auffassung, es bestünden aufgrund des Prozessvortrags des Klägers in der Berufungserwiderung vom 07.05.2020 Auflösungsgründe nach § 9 Abs.1 KSchG. In diesem Schriftsatz werfe der Kläger der Beklagten vor, sie „fabuliere“ von der Länge des Bartes im Zusammenhang mit dessen Verfassungsverständnis; die Beklagte versuche dem Kläger bereits aufgrund seiner bloßen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion … „anzudichten“ , ihm seien Strömungen in der von ihm gewählten Religion bewusst und erkennbar…“. Damit werfe der Kläger der Beklagten zu Unrecht vor, dass sie ihn wegen seiner Religionszugehörigkeit diskriminiere und erhebe somit den schweren Vorwurf eines erheblichen Gesetzesverstoßes. Mit der Wortwahl „fabuliere“ bezichtige der Kläger die Beklagte, sie erzähle fantasievoll, erfinde Geschichten und schiebe ihm etwas „unter“. Der Kläger werfe der Beklagten nach ihrem Verständnis vor, dass sie lüge. Das sei für sie nicht hinnehmbar. Auch die weitere  Äußerung des Klägers: “Das sei, mit Verlaub, so ein bornierter Unsinn, dass es eigentlich keiner eingehenden Kommentierung bedarf.“ sei in hohem Maße beleidigend und keinesfalls durch die klägerischen Interessen gedeckt. Schließlich werde der vom Kläger verwandte Begriff der „Gesinnungspolizei“ von ihr – der Beklagten - als eine unabhängig von Recht und Gesetz agierende staatliche Organisationseinheit verstanden, die willkürlich und massiv in die Rechte ihrer Bürger eingreife. Dieser Begriff werde beispielsweise im Zusammenhang mit der Gestapo verwendet.

Die Äußerungen des Klägers stünden in keinem sachlich nachvollziehbaren Zusammenhang zu den maßgeblichen rechtlichen Fragestellungen sowohl in der Wortwahl als auch in der Häufigkeit und stellten eine erhebliche persönliche Schmähung der Beklagten dar, mit der der Kläger seine Missachtung ihr gegenüber unmissverständlich zum Ausdruck bringe.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 25.06.2020,

hilfsweise, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 5.000,00 € nicht überschreiten sollte, zum 31.03.2019 aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, der Auflösungsantrag sei unbegründet. Die Verwendung der Worte „fabulieren“, „andichten“ und „bornierter Unsinn“ seien durch die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit gedeckt und dienten der Wahrnehmung  berechtigter Interessen im laufenden Gerichtsverfahren. Weder der Form noch dem Inhalt nach überträten diese Äußerungen die Grenze zur persönlichen Schmähung, Gehässigkeit oder Lüge. Die Ausführungen der Beklagten zum Begriff „Gesinnungspolizei“ lägen vollkommen neben der Sache. Der Kläger habe damit lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass die Beklagte sich bei Beibehaltung ihrer Art im Wesentlichen bloß auf Mutmaßungen und verallgemeinernden Unterstellungen basierenden Sachvortrags der Gefahr ausgesetzt sehen könnte, dass gegen sie evtl. der Vorwurf erhoben werden würde, ihr Rechtsverständnis verschiebe sich dadurch in die Nähe des Rechtsverständnisses einer „Gesinnungspolizei“. Der Kläger habe die Beklagte weder mit einer „Gesinnungspolizei“ gleichgesetzt noch den Vorwurf erhoben, sie hätte das Rechtsverständnis einer solchen. Schon gar nicht habe er den Begriff „Gestapo“ verwendet.

Die Beklagte beschäftigt den Kläger – zur Abwendung der von ihm aus dem erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungstitel betriebenen Vollstreckung – seit Februar 2020 weiter als Ermittler im Ordnungsdienst.

Wegen der Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Aus den Gründen

I.              Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 20.11.2018 noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 13.12.2018 aufgelöst worden. Die Beklagte ist – antragsgemäß - zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet. Das Berufungsgericht schließt sich vollinhaltlich der zutreffenden und sorgfältigen Begründung des Arbeitsgerichts an. Die Berufung der Beklagten enthält keine neuen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten, und geben lediglich zu ergänzenden Ausführungen Veranlassung.

1.              Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die außerordentliche und fristlose Kündigung der Beklagten vom 20. November 2018 aufgelöst worden. Die außerordentliche und fristlose Kündigung ist unwirksam.

              Der Kläger kann sich darauf berufen, dass die außerordentliche Kündigung rechtsunwirksam ist, §§ 13 Satz 2, 4 Satz 1, 7 KSchG. Denn er hat seine Kündigungsschutzklage am 21. November 2019 und damit innerhalb von drei Wochen nach Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 20. November 2018 bei dem Arbeitsgericht Köln erhoben; die Kündigungsschutzklage ist der Beklagten demnächst zugestellt worden, §§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 167 ZPO.

              Die außerordentliche und fristlose Kündigung der Beklagten ist nicht von einem wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB getragen und daher unwirksam. Dies hat das Arbeitsgericht mit sorgfältiger  und zutreffender Begründung, der sich das Berufungsgericht vollinhaltlich anschließt, festgestellt.

a.              Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

              Bei der Feststellung, ob ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB geeignet ist (1. Stufe). Dieser Sachverhalt muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung objektiv vorliegen. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung (2. Stufe), ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (ständige Rechtsprechung, siehe beispielsweise BAG 16.07.2015 - 2 AZR 85/15 - mwN).

              Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die außerordentliche und fristlose Kündigung der Beklagten vom 20. November 2018 unwirksam, weil es an einem wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB fehlt.

b.              Die außerordentliche und fristlose Kündigung ist nicht aus personenbedingten Gründen – worauf sich die Beklagte vor allem beruft – wegen der fehlenden Eignung des Klägers für die Ausübung seiner vertraglichen Tätigkeit aufgrund von Zweifeln an seiner Verfassungstreue wirksam.

aa.              Dabei geht das Berufungsgericht mit dem Arbeitsgericht von folgenden höchstrichterlichen Grundsätzen aus:

              Bei politischer Betätigung eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für eine verfassungsfeindliche Partei oder Organisation, insbesondere bei einem Eintreten für deren verfassungsfeindliche Ziele kann eine Kündigung sowohl unter verhaltensbedingten als auch unter personenbedingten Gesichtspunkten in Betracht kommen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Verfassungswidrigkeit der Partei durch das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG festgestellt wurde. Auch das politische Engagement für eine nicht verbotene, gleichwohl verfassungsfeindliche Organisation kann kündigungsrechtlich beachtlich sein (vgl. BAG 12.05.2011 - 2 AZR 479/09 - mwN).

Eine personenbedingte Kündigung kommt in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Aktivitäten jedenfalls die Eignung für die Ausübung der vertraglichen Tätigkeit fehlt. Im öffentlichen Dienst kann sich ein Eignungsmangel aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. Dies ist Bestandteil des Begriffs „Eignung“ i.S.v. Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BAG 12.05.2011 - 2 AZR 479/09; BAG 06.09.2012 - 2 AZR 371/11). Mitgliedschaft und aktives Eintreten des Arbeitnehmers für eine verfassungsfeindliche Organisation können entsprechende Zweifel erwecken. Sie führen aber nicht ohne Weiteres zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Entscheidend ist, inwieweit die außerdienstlichen politischen Aktivitäten in die Dienststelle hineinwirken und entweder die allgemeine Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers oder das konkrete Aufgabengebiet des Arbeitnehmers berühren. Das wiederum hängt maßgeblich davon ab, welche staatlichen Aufgaben der Arbeitnehmer wahrzunehmen hat, welchen Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen und welches Aufgabengebiet innerhalb der Verwaltung er zu bearbeiten hat (vgl. BAG 12.05.2011- 2 AZR 479/09; BAG 06.09.2012 - 2 AZR 372/11).

Das Maß der einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes obliegenden Treuepflicht ergibt sich aus seiner Stellung und dem Aufgabenkreis, der ihm laut Arbeitsvertrag übertragen ist (sog. Funktionstheorie). Er schuldet (nur) diejenige politische Loyalität, die für die funktionsgerechte Amtsausübung unverzichtbar ist (vgl. BAG 28.09.1989 -2 AZR 317/86; BAG 12.05.2011 -2 AZR 479/09).

Trifft den Arbeitnehmer nach der ihm übertragenen Funktion keine Pflicht zu gesteigerte Loyalität, ist er arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, jederzeit und auch außerdienstlich aktiv für den Bestand der politischen Ordnung des Grundgesetzes einzutreten. Je nach Stellung und Aufgabenkreis kann er die Verfassung schon dadurch wahren, dass er die freiheitlich-demokratische Grundordnung jedenfalls nicht aktiv bekämpft (vgl. BAG, 28.09.1989 - 2 AZR 317/86; BAG 12.05.2011 - 2 AZR 479/09).

Aber auch für Beschäftigte, an deren Verfassungstreue wegen ihrer Tätigkeit – etwa als Lehrer, Erzieher oder Sozialarbeiter – die gleichen oder zumindest ähnliche Anforderungen zu stellen sind wie an die von in vergleichbarer Stellung beschäftigten Beamten, gilt, dass die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation oder ein Tätigwerden für diese zwar Indizien für das Fehlen der Bereitschaft zur Verfassungstreue sind, für sich genommen aber als Eignungsmangel regelmäßig noch nicht ausreichen. Anders als bei der Einstellung, für deren Unterbleiben es grundsätzlich genügt, dass allgemeine Zweifel an der Verfassungstreue begründet sind, obliegt es dem öffentlichen Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, derartige Zweifel durch bestimmte, auf den Arbeitnehmer und seinen Aufgabenbereich bezogene Umstände zu konkretisieren und so zu verstärken. Aufschlussreich kann insoweit das dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers sein, wenn es über die Verfolgung verfassungskonformer Ziele der betreffenden Organisation hinausgeht. Von Bedeutung kann auch das persönliche Verfassungsverständnis des Arbeitnehmers und das Fehlen der Bereitschaft sein, sich von verfassungsfeindlichen Zielen der Organisation, der er angehört und für die er eintritt, zu distanzieren (vgl. BAG 12.05.2011, 2 AZR 479/09).

cc.              Bei Anwendung dieser Grundsätze sind im Anschluss an das Arbeitsgericht auch nach Auffassung des Berufungsgerichts unter Berücksichtigung sämtlicher Gesamtumstände des derzeit gegebenen Sach- und Streitstands keine hinreichenden Umstände dafür gegeben, dass im Zeitpunkt des Zugangs der außerordentlichen Kündigung von begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Klägers auszugehen ist.

aaa.              Das Berufungsgericht ist mit dem Arbeitsgericht der Auffassung, dass den Kläger aufgrund seiner Stellung und seines Aufgabenkreises eine gesteigerte politische Loyalitätspflicht trifft und an seine Verfassungstreue wegen seiner Tätigkeit die gleichen oder zumindest sehr ähnliche Anforderungen zu stellen sind wie an die in vergleichbarer Stellung beschäftigten Beamten.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Ermittler im Ordnungs- und Verkehrsdienst beschäftigt. Die Ermittler im Ordnungs- und Verkehrsdienst der Beklagten sorgen für die Einhaltung der öffentlichen Ordnung und des Stadtrechts. Sie sind mit der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung befasst und können hierbei bzw. hierfür präventive sowie repressive Maßnahmen ergreifen. Sie machen dabei von spezialgesetzlich oder durch das allgemeine Ordnungsbehördengesetz eröffneten staatlichen Befugnissen Gebrauch und können sich durch ihren Dienstausweis als hierzu berechtigt ausweisen.

Aufgrund dieser beruflichen Stellung und des mit der Ausübung staatlicher Hoheitsbefugnisse verbundenen Aufgabenbereichs trifft den Kläger eine gesteigerte politische Loyalitätspflicht und sind an seine Verfassungstreue die gleichen oder zumindest sehr ähnliche Anforderungen zu stellen, wie an in dieser Position etwaig beschäftigte Beamte.

Ob der Kläger während des seit September 2016 bestandenen Arbeitsverhältnisses bis zu seiner Freistellung im November 2018 bereits mit sämtlichen Aufgabenbereichen eines Ermittlers im Ordnungs- und Verkehrsdienst der Beklagten beschäftigt wurde oder aber, wie von ihm behauptet, vornehmlich mit Sachverhalten wie Verletzung der Anleinpflicht von Hunden, Verletzung eines Betretungsverbots von Naturschutzgebieten, „Vermüllung“ von öffentlichen Straßen und Plätzen, Überprüfung von Grillgeräten in öffentlichen Parkanlagen befasst war, ist für die Loyalitätsanforderungen unerheblich. Denn dem Kläger könnten durch die Beklagte in Ausübung ihres Direktionsrechts jederzeit auch die bislang von ihm noch nicht verrichteten Aufgabenbereiche eines Ermittlers im Ordnungs- und Verkehrsdienst zugewiesen werden. Zudem sind auch Anordnungen und Maßnahmen in den vom Kläger bislang nach seinen Angaben vornehmlich bearbeiteten Bereichen in Ausübung staatlicher Befugnisse erfolgt.

Die wegen der hoheitlichen Aufgaben und Befugnisse gesteigerte politische Loyalitätspflicht mit beamtenähnlichen Anforderungen an die Verfassungstreue entspricht nach der Ansicht der Kammer auch der Erklärung vom 12. August 2016, die der Kläger vor seinem Dienstbeginn unterzeichnete. Mit dieser versicherte der Kläger, sich nicht verfassungsfeindlich zu betätigen, insbesondere keiner Organisation anzugehören oder eine solche zu unterstützen, die Ziele verfolgt, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar sind. Diese Loyalitätspflicht entspricht zudem § 41 Satz 2 TVöD-BT, nach welchem Beschäftigte des Bundes und anderer Arbeitgeber, in deren Aufgabenbereichen auch hoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennen müssen.

bbb.              Das Berufungsgericht geht mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass die im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung gekündigte Mitgliedschaft des Klägers im Verein A und sein Tätigwerden für diesen eine fehlende Bereitschaft des Klägers zur Verfassungstreue indizieren.

Der Kläger wurde im April 2018 Mitglied im Verein A , damit während des bestandenen Arbeitsverhältnisses der Parteien. Der Verein A ist nicht durch das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 21 GG verboten. Er wird aber seit mehreren Jahren durch den Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen beobachtet. In den Verfassungsschutzberichten des Landes Nordrhein-Westfalen der Jahre jedenfalls 2016 bis 2018 wird, wie im Tatbestand weitergehend wiedergegeben, über A berichtet. Danach verfüge der Verein über eine Anbindung an die Salafisten-Szene in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus. In der Vergangenheit seien bei Spendensammlungen international bekannte salafistische Prediger eingebunden worden. A D . sei als Organisation innerhalb der extremistisch-salafistischen Szene zu bewerten (Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2016). Anhänger der extremistisch-salafistischen Szene verstehen nach den im Tatbestand zitierten Ausführungen im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2017 die islamische Religion als Ideologie und die Scharia als gottgegebenes Ordnungs- und Herrschaftssystem. Gesetze können der salafistischen Ideologie folgend nur von Gott ausgehen, aber niemals von einem gewählten Gesetzgeber gemacht werden. Die salafistische Ideologie widerspreche in wesentlichen Aspekten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Der Kläger hat sich für A nicht nur durch eine Mitgliedschaft und damit eine Mitgliedsbeitragszahlung von nach den Angaben auf der Homepage des Vereins mindestens zehn Euro monatlich, sondern insbesondere durch die Gründung des Teams K engagiert. Im zitierten Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2018 wird angeführt, dass A die Infrastruktur seines Vereins im Laufe des Jahres 2018 weiter ausgebaut habe, um zusätzliche Einnahmequellen zu generieren. Insbesondere habe der Verein die Zahl seiner offiziellen Sammelstellen erhöht und auf seiner Homepage immer wieder neue Standorte angeführt, durch welche primär Kleider- und Geldspenden gesammelt würden.

ccc.              Unter Berücksichtigung sämtlicher Gesamtumstände des derzeitigen Sach- und Streitstands sind nach der Auffassung des Berufungsgerichts im Anschluss an das Arbeitsgerichts jedoch keine hinreichend begründeten Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung dargetan, um eine fehlende Eignung des Klägers anzunehmen. Hinreichend begründete Zweifel ergeben sich weder aus dem dienstlichen noch aus dem außerdienstlichen Verhalten des Klägers.

Hierbei ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. dazu insbesondere BAG 28.09.1989 – 2 AZR 317/86)  zu berücksichtigen, dass es sich bei den festgestellten Indizien, die Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers begründen, nicht um unwiderlegbare Vermutungen, sondern um Indizien handelt, die zwar im Rahmen eines Einstellungsanspruchs vom Bewerber auszuräumen sind, zum Nachweis eines personenbedingten Kündigungsgrundes reichen diese Indizien hingegen nicht aus. Entgegen der – auch in der Berufung zum Ausdruck gekommenen Auffassung der Beklagten, sind diese Indizien nicht vom gekündigten Arbeitnehmer zu entkräften, sondern es obliegt dem öffentlichen Dienstherrn, diese allgemein begründeten Zweifel an der Verfassungstreue durch konkrete, auf den jeweiligen Arbeitnehmer und seinen persönlichen Aufgabenbereich bezogene Umstände zu beziehen, zu personalisieren und zu verstärken (BAG a.a.O.). Aufschlussreich sind insoweit insbesondere das bisherige dienstliche und außerdienstliche Verhalten, soweit es über die Verfolgung verfassungskonformer Ziele - des hier streitigen Vereins A - hinausgeht, sowie ganz entscheidend das persönliche Verfassungsverständnis des Arbeitnehmers, d.h. seine bestehende oder fehlende Bereitschaft, sich von – nach Beobachtung des Verfassungsschutzes -verfassungsfeindlichen Zielen, die sich aus Anbindungen an die Salafisten-Szene ergeben, zu distanzieren. Dieses Verständnis kann - wie bei der Einstellung - auch zur Klärung eines möglichen Kündigungssachverhalts regelmäßig nur aufgrund einer fundierten sorgfältigen Anhörung geklärt werden (vgl. dazu BAG a.a.O.).

 (1)              Die Beklagte hat hinsichtlich des außerdienstlichen Verhalten des Klägers – auf dem der Kündigungsvorwurf vor allem beruht - keine hinreichenden Umstände dargetan und sind für das Berufungsgericht auch im Übrigen nicht ersichtlich, die die indizierten Zweifel an der Verfassungstreue hinreichend verfestigten. Das Berufungsgericht schließt sich vollinhaltlich den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts an.

              Der Kläger wurde zwar seit April 2018 für A tätig. Er engagierte sich, wie angeführt, über eine bloße Mitgliedschaft und Mitgliedsbeitragszahlung hinausgehend durch Gründung des Teams K und Durchführung von Altkleidersammlungen. Der Kläger hatte zudem, wie sich aus der zitierten E-Mail des Herrn Polizeihauptkommissars P vom 7. November 2019 ergibt, anlässlich der Gründung des Teams K Kontakt zum Vereinsvorsitzenden von A , Herrn K . Von diesem erhielt er auch Informationen, dass der Verein bereits das Interesse des Verfassungsschutzes geweckt habe. Diese Umstände indizieren und bestärken die Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers.

Dies gilt nach der Auffassung des Berufungsgerichts im Anschluss an das Arbeitsgericht auch hinsichtlich des Umstands, dass der Kläger jedenfalls in einem Fall in die Vereinnahmung von Spendengeldern involviert war. Der Kläger erklärte in der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2019 auf Nachfragen des Gerichts u.a., dass er nach der Kündigung seiner Mitgliedschaft keine Geldsammlungen für den Verein mehr vorgenommen habe. Bis zu diesem Zeitpunkt war es nach dem Vortrag der Parteien ausschließlich um vom Kläger durchgeführte Altkleidersammlungen gegangen. Schriftsätzlich führte der Kläger im Folgenden hierzu an, dass er nur einmal eine Geldspende und dies in Höhe von 3.500,00 € entgegengenommen und die Spende mit dem Zweckbezug der spendenden Familie an Herrn H weitergegeben habe.

              Zu Recht geht das Arbeitsgericht davon aus, dass diesen Zweifel an der Verfassungstreue indizierenden Umständen jedoch auch nach Auffassung des Berufungsgerichts die nachfolgenden Gesichtspunkte entgegenstehen, weswegen in der Gesamtbetrachtung nicht von einem fehlenden Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und damit fehlender Verfassungstreue auszugehen ist:

Der Kläger kündigte, nachdem Kriminalhauptkommissar P ihn aufgesucht hatte, seine Mitgliedschaft bei A . durch E-Mail vom

09. November 2018 mit sofortiger Wirkung. Ungeachtet der Frage, ob der Kläger gegenüber A zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung berechtigt war oder aber die Mitgliedschaft entsprechend der Kündigungsbestätigung erst zum 30. November 2018 endete, brachte der Kläger hierdurch zum Ausdruck, sein Engagement für den Verein schnellstmöglich beenden zu wollen. Dementsprechend kündigte der Kläger nach seinen Angaben den Container in der V Straße und stellte seine Tätigkeit für den Verein ein.

Daran ändert auch der Einwand der Beklagten in der Berufung nichts, der Kläger habe seine Mitgliedschaft im Verein am 09.11.2019 erst gekündigt. nachdem seine Freistellung erfolgt sei. Selbst wenn die Kündigung - unter Berücksichtigung des Beklagtenvortrags - sieben Tage nach dem Gespräch mit dem Kriminalhauptkommissar P und erst nach Freistellung durch die Beklagte erfolgt ist, stellt die Kündigung, erst recht wenn sie wie hier – nach dem Willen des Klägers mit sofortiger Wirkung erklärt worden ist, eine deutliche Distanzierung von dem Verein dar. Dass  der Kläger  nach seiner Kündigung weitere Aktivitäten für den Verein entfaltet hat oder seine Verbundenheit mit verfassungsfeindlichen Zielen des Vereins entgegen dieser Distanzierung, den Vereins in irgendeiner Weise dienstlich oder außerdienstlich zum Ausdruck gebracht hat, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch für das Gericht nicht ersichtlich.

Zu Recht geht das Arbeitsgericht weiter davon aus, dass der Kläger das „Team K “ nach seinem von der Beklagten nicht ausgeräumten Vortrag gegründet hat,  wie sich aus E-Mail des Kriminalhauptkommissars P ergibt, weil seine Frau und er Hilfe für Muslime leisten wollten. Es sind keine Umstände dafür dargetan, dass sich der Kläger aus anderen Motiven dem Verein anschloss.

Der Kläger mietete nach der Gründung des Teams K unstreitig für die einzusammelnden Altkleider und sonstigen Sachgegenstände einen Container in der V Straße in K an und trug gemeinsam mit weiteren acht Beteiligten des Teams Köln die monatlichen Mietkosten in Höhe von 90 €. Der Kläger war bei einer Verschiffung von Altkleidern am Du Hafen zugegen, wie sich aus der zitierten E-Mail des Kriminalhauptkommissars P sowie den unstreitigen Angaben des Klägers ergibt. Der Kläger -on der Beklagten unbestritten - an, er sei während seiner Tätigkeitszeit vier bis fünfmal von Spendern kontaktiert worden. Seine Telefonnummer sei in der WhatsAppGruppe verschickt worden. Hiernach ist nicht ersichtlich, dass der Kläger mit der in den Verfassungsschutzberichten des Landes NRW angeführten extremistisch-salafistischen Ideologie des Vereins in Berührung kam, sich mit dieser identifizierte und diese durch seine Tätigkeit unterstützen wollte.

[..] üsseldorf den Abtransport organisiert habe, wenn der angemietete Container in der V r Straße voll gewesen sei. Auch habe das Team K ausweislich der zitierten E-Mail des Kriminalhauptkommissars P keine finanzielle Unterstützung durch den Hauptverein erhalten, die Mietkosten für den Container seien durch neun Mitglieder des Teams K getragen worden. Danach ist nicht ersichtlich, dass der Kläger mit dem Hauptverein zusammenarbeitete und Kenntnis von dessen Tätigkeiten hatte.

Der Kläger führt - von der Beklagten unbestritten - an, nur einmal eine Geldspende entgegengenommen und diese an Herrn H mit der Bitte weitergeben zu haben, die Verwendung der Spende dem vorgegebenen Zweck der Spenderfamilie entsprechend, den Bau eines Brunnens zu fördern, zu veranlassen. Die Spenderfamilie habe durch ein Video den Nachweis erhalten, dass mit dem gespendeten Geld ein Brunnen gebaut worden sei. Danach ist nicht zu erkennen, dass der Kläger sich an Geldsammlungen des Vereins beteiligte, die ausweislich der Angaben in den Verfassungsschutzberichten des Landes Nordrhein-Westfalen 2016 sowie 2018 teilweise erfolgten, um gezielt salafistische oder terroristische Netzwerke zu unterstützen.

Es ist nicht erkennbar, was Gegenstand der Kommunikation des Klägers mit dem Vereinsvorsitzenden K war und ob der Kläger aufgrund dieser von den Anbindungen des Vereins an die extremistisch-salafistische Szene in Nordrhein-Westfalen bzw. deren entsprechender Ideologie wusste, wie sie in den Verfassungsschutzberichten des Landes Nordrhein-Westfalen angeführt werden. Dies gilt gleichermaßen für die Kommunikation mit dem wiederholt namentlich genannten Mitglied des „Team K “, Herrn H .

Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger über die Durchführung der Sammlungen von Altkleidern und sonstigen Sachgegenständen sowie die Entgegennahme einer einzelnen Geldspende hinaus weitere Tätigkeiten für A vorgenommen oder an sonstigen Veranstaltungen dieses Vereins teilgenommen hat.

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger an Veranstaltungen von A oder sonstigen Anbietern teilgenommen hat, auf denen extremistisch-salafistische Prediger gesprochen haben. Soweit die Beklagte auf eine Teilnahme des Klägers an einem Vortrag von P V als einem salafistischen Prediger verweist, fand dies vor 10 Jahren statt, wie sich aus dem Protokoll des Anhörungsgesprächs bei der Bezirksregierung D am 9. Januar 2019 ergibt. Es ist von der Beklagten nicht dargetan, dass es auch in jüngerer Zeit Teilnahmen des Klägers an Vorträgen des Herrn P V gegeben hat. Auch ist nicht in Abrede gestellt, dass dem Kläger der Vortrag missfiel.

 (2)              Zu Recht geht das Arbeitsgericht davon aus, dass die Beklagte keine hinreichenden Umstände und Gegebenheiten aus dem dienstlichen Verhalten des Klägers angeführt hat und für das Gericht auch im Übrigen nicht ersichtlich sind, die die indizierten Zweifel an der Verfassungstreue konkretisieren und verstärken könnten.

Dazu führt das Arbeitsgericht zutreffend aus, dass die Beklagte zwar behauptet,  ihr sei mehrfach berichtet worden, dass die persönliche und charakterliche Eignung des Klägers von einer zunehmenden Radikalisierung geprägt gewesen sei, der Kläger während des Dienstes auffällige Verhaltensweisen gezeigt und während der Arbeitszeit Predigten im Büro angehört sowie Moscheen besucht habe. Dieser vom Kläger bestrittene Vortrag ist jedoch bis zuletzt unsubstantiiert geblieben. Aufgrund welcher Umstände von einer „zunehmenden Radikalisierung“ und wenn in welcher Hinsicht berichtet worden sei, wird nicht dargetan. Auch wird nicht angeführt, um was für während der Arbeitszeit gehörte bzw. gesehene Predigten – hinsichtlich der Prediger und/oder des Inhalts – es sich gehandelt habe bzw. welche Moscheen während der Arbeitszeit aufgesucht worden seien. Inwieweit der Kläger während des Dienstes „auffällige Verhaltensweisen“ gezeigt habe, ist nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte auf eine Veränderung des optischen Erscheinungsbildes des Klägers, unter anderem langer Bartwuchs, verweist, stellt sie schon nicht den Einwand des Klägers in Abrede, dass auch andere Kollegen lange Bärte hätten und er diesen Bart im Übrigen auch bei seiner Einstellung getragen habe. Die Beklagte hat auch nicht aufgezeigt, dass es Konflikte des Klägers mit Kolleginnen und Kollegen bzw. Bürgerinnen und Bürgern gegeben habe. Es werden keine Anhaltspunkte dafür dargetan, dass der Kläger im Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern und/oder Kolleginnen und Kollegen die Grund- sätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und insbesondere die Anwendung der staatlichen Gesetze in Frage gestellt oder sogar verfassungsfeindliche Ansichten vertreten habe.

In der Berufung hat die Beklagte dazu lediglich vorgetragen, das Arbeitsgericht hätte über ihren Vortrag, der Kläger habe sich weitergehend radikalisiert, in dem er während der Arbeitszeit Predigten angehört und Moscheen besucht habe, Beweis erheben müssen. Eine weitere Substantiierung – wie vom Arbeitsgericht verlangt – könne sie nicht leisten, derartige Anforderungen seien überzogen.

Demgegenüber ist festzustellen, dass das Arbeitsgericht keine überzogenen Anforderungen an die Substantiierung des den Kündigungsvorwurf  begründenden Vortrags der darlegungspflichtigen Beklagten gestellt hat.

Das Berufungsgericht geht dabei mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung davon aus, dass ein für eine beweiserhebliche Tatsache angetretener Beweis nur dann abgelehnt werden kann, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder zwar den Anschein einer bestimmt aufgestellten Behauptung erweckt wird, die Tatsache aber dafür aufs Geratewohl und damit gleichsam ins Blaue hinein aufgestellt worden ist. Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast dann, aber auch nur dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das vom ihr in Anspruch genommene Recht als entstanden erschienen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Voraussetzungen, so bedarf es keines Vortrags weiterer Einzelheiten oder Erklärungen (vgl. etwa BGH 18.12.2019 – XII ZR 67/18 –mwN). Dabei ist es unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist, ob sie auf eigenem Wissen beruht oder das Ergebnis von Schlussfolgerungen aus Indizien ist. Der Pflicht ausreichender Substantiierung ist allerdings dann nicht genügt, wenn aufgrund der Darstellung nicht beurteilt werden kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen vorliegen (vgl. etwa BGH 25.07.2005 – II ZR 199/03).

Dies trifft auf die von der Beklagten aufgestellte Behauptung zu, der Kläger habe sich weitergehend radikalisiert, in dem er während der Arbeitszeit Predigten angehört und Moscheen besucht habe. Der Vortrag der Beklagten, dies sei während der Arbeitszeit geschehen, ist im Hinblick auf das Bestreiten des Klägers bereits deshalb  unsubstantiiert, weil jede zeitliche Konkretisierung fehlt. Im Übrigen unterliegt  das Anhören von Predigten oder der Besuch von Moscheen der verfassungsrechtlich garantierten Religionsfreiheit. Als Tatsachenvortrag zur Begründung einer Kündigung kommt dieser Sachverhalt hier nur in Betracht, wenn- nach Behauptung der Beklagten - konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in diesen  Predigten sowie in den vom Kläger besuchten Moscheen verfassungsfeindliche Inhalte verbreitet worden sind. Dazu hat die Beklagte jedoch nichts vorgetragen.

Einer ggfs. erforderlichen Beweisaufnahme über den auch in der Berufung unsubstantiiert gebliebenen Vortrag der Beklagten bedurfte es daher nicht. Es hätte sich hierbei um einen mangels substantiiertem Sachvortrag unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt.

 (3)              Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Kläger die Bereitschaft fehlt, sich nach seinem persönlichen Verfassungsverständnis über die Verfolgung verfassungskonformer Vereins A von – nach Beobachtung des Verfassungsschutzes -verfassungsfeindlichen Zielen, die sich aus Anbindungen an die Salafisten-Szene ergeben, zu distanzieren. Dieses Verständnis kann - wie bei der Einstellung - auch zur Klärung eines möglichen Kündigungssachverhalts regelmäßig nur aufgrund einer fundierten sorgfältigen Anhörung geklärt werden.

              Wie bereits ausgeführt, hat sich der Kläger nach seinem Vortrag, dem die Beklagte nicht mit erheblichen Tatsachen entgegengetreten ist, aus humanitären Gründen dem Verein A angeschlossen und hat mit seiner Aktivität für diesen Verein dessen verfassungskonformen humanitären und caritativen Ziele unterstützt.

Dass der Kläger – wie die Beklagte behauptet –eine salafistisch- extremistische Gesinnung hat und verfassungsfeindliche Ziele im Verein unterstützt hat, hat die Beklagte - auch in der Berufung - lediglich vermutet. Dazu fehlt es jedoch an einem konkreten substantiierten Sachvortrag. Dabei hat es die Beklagte insbesondere auch versäumt, den Kläger zur Aufklärung des Kündigungssachverhalts vor Ausspruch der außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung zu seinem persönlichen Verfassungsverständnis anzuhören.

 (4)               Soweit die Beklagte meint, die außerordentliche Kündigung sei nicht unter dem personenbedingten Gesichtspunkt der fehlenden Eignung des Klägers für die Ausübung seiner vertraglichen Tätigkeit wegen Unfähigkeit, objektive Gefährdungslagen zu erkennen, wirksam und dazu auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2010 (6 C 22/09) verweist, betrifft  diese Entscheidung keinen Kündigungssachverhalt sondern die  Zulässigkeit der Sammlung von personenbezogenen  Informationen über den damaligen Vorsitzenden der Fraktion Die Linke im Thüringischen Landtag, Herrn R , durch den Verfassungsschutz. Es handelt sich demnach um keine zur Überprüfung der Rechtswirksamkeit einer Kündigung  geeigneten Grundsätze. Selbst wenn man diese Grundsätze heranziehen würde, folgte daraus hier kein personenbedingter Kündigungsgrund. Wegen der Begründung dazu im Einzelnen wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen.

c.              Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die außerordentliche und fristlose Kündigung auch nicht aus einem wichtigen verhaltensbedingten Grund gerechtfertigt ist.

aa.              Ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund läge vor, wenn das Arbeitsverhältnis konkret durch das im außerdienstlichen Bereich liegende Verhalten des Arbeitnehmers - sei es im Leistungsbereich, im Bereich der Verbundenheit aller bei der Dienststelle beschäftigten Mitarbeiter, im persönlichen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich - beeinträchtigt wäre.

Die gleiche Rechtsprechung gilt auch im Falle einer im außerdienstlichen Bereich entfalteten politischen Betätigung, durch die das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird (vgl. etwa BAG 28.09.1989 - 2 AZR 317/86).

bb.              Wie sich aus den obigen Ausführungen des Berufungsgerichts zum personenbedingten Kündigungsgrund ergibt, hat die Beklagte eine kündigungsrechtlich erhebliche Störung im Leistungsbereich (fehlende Eignung) oder im Vertrauensbereich (fehlende Bereitschaft zur Verfassungstreue) nicht dargelegt. Danach hat die Beklagte auch nicht dargetan, dass der Kläger gegen die von ihm unter dem 12. August 2016 abgegebene „Erklärung bezüglich verfassungsfeindlicher Betätigung“ bzw. gegen § 41 Satz 2 TVöD BT verstoßen hat.

Der Kläger hat mit der angeführten Erklärung vom 12. August 2016 versichert, sich nicht verfassungsfeindlich zu betätigen und keiner Organisation anzugehören oder eine solche zu unterstützen, die Zwecke verfolgt, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung unvereinbar sind. Er ist nach § 41 Satz 2 TVöD BT wegen der Verrichtung auch hoheitlicher Tätigkeiten verpflichtet, sich durch sein gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die bestandene Mitgliedschaft und Betätigung des Klägers für A zwar Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers indizieren, jedoch  aufgrund der im Einzelnen ausgeführten Gesamtumstände nicht von einem fehlenden Bekenntnis des Klägers zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bzw. einer fehlenden Verfassungstreue auszugehen ist.

2.              Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Klage auch hinsichtlich ihres Antrags zu 2) zulässig und begründet ist. Die Kündigung vom 13. Dezember 2018 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch Gründe getragen, die in der Person oder in dem Verhalten des Klägers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sind, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Es liegen aus den zur außerordentlichen Kündigung ausgeführten Gründen keine in der Person oder im Verhalten des Klägers liegenden Gründe vor, die die Kündigung sozial rechtfertigen. Wegen der weiteren Begründung wird auf die vorstehenden Ausführungen zur außerordentlichen Kündigung verwiesen sowie auf die zutreffenden weiteren Ausführungen  des Arbeitsgerichts zur ordentlichen Kündigung.

3.              Wegen der Unwirksamkeit der außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung kann dahinstehen, ob die Beklagte den Gesamtpersonalrat dazu ordnungsgemäß unterrichtet hat.

4.              Der hilfsweise von der Beklagten gestellte Auflösungsantrag ist zulässig, jedoch unbegründet.

a.              Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG hat das Gericht nach - wie im Streitfall - erfolgreicher Kündigungsschutzklage auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Das Kündigungsschutzgesetz lässt die Auflösung des Arbeitsverhältnisses trotz Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise zu. Es ist nach seiner Konzeption ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Deshalb sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige der letzten mündlichen Verhandlung. Von diesem Standpunkt aus ist zu fragen, ob in der Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zu erwarten ist (ständige Rspr, vgl etwa BAG 24.03.2011 – 2 AZR 674/09 – mwN).

Auflösungsgründe iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG können solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. In diesem Sinne als Auflösungsgrund geeignet sind etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen (ständige Rspr, vgl etwa BAG 24.03.2011 – 2 AZR 674/09; 29.08.2013 – 2 AZR 419/12; 24.05.2018 – 2 AZR 73/18 – jeweils mwN).

Zu berücksichtigen ist aber auch, dass gerade Erklärungen in laufenden Gerichtsverfahren - etwa dem Kündigungsschutzprozess selbst - durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können. Darüber hinaus ist mit Blick auf eine prozessuale Auseinandersetzung zu berücksichtigen, dass Parteien zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf das rechtliche Gehör (Art. 103 GG) alles vortragen dürfen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann. Anerkannt ist, dass ein Verfahrensbeteiligter auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen darf, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Das gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Auch dürfen die Parteien nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellen, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt (ständige Rspr, vgl etwa BAG 24.03.2011 – 2 AZR 674/09; 29.08.2013 – 2 AZR 419/12; 24.05.2018 – 2 AZR 73/18 – jeweils mwN).

b.              Daran gemessen sind die von der Beklagten vorgetragenen Gründe nicht geeignet, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu begründen.

aa.              Die Beklagte ist der Auffassung,  es bestünden aufgrund des Prozessvortrags in der Berufungserwiderung des Klägers Auflösungsgründe nach § 9 Abs.1 KSchG. In dem Schriftsatz vom 07.05.2020 werfe der Kläger der Beklagten vor, sie „fabuliere“ von der Länge des Bartes im Zusammenhang mit dessen Verfassungsverständnis; die Beklagte versuche dem Kläger bereits aufgrund seiner bloßen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion „anzudichten“, ihm seien Strömungen in der von ihm gewählten Religion bewusst und erkennbar…“. Damit werfe der Kläger der Beklagten zu Unrecht vor, dass sie ihn wegen seiner Religionszugehörigkeit diskriminiere und erhebe somit den schweren Vorwurf eines erheblichen Gesetzesverstoßes. Mit der Wortwahl „fabuliere“ bezichtige der Kläger die Beklagte, sie erzähle fantasievoll, erfinde Geschichten und schiebe ihm etwas „unter“. Der Kläger wirft der Beklagten nach ihrem Verständnis vor, dass sie lüge. Das sei für sie nicht hinnehmbar. Auch die weitere  Äußerung des Klägers: “Das sei, mit Verlaub, so ein bornierter Unsinn, dass er eigentlich keiner eingehenden Kommentierung bedarf.“ Sei in hohem Maße beleidigend und keinesfalls durch die klägerischen Interessen gedeckt. Schließlich werde der vom Kläger verwandte Begriff der „Gesinnungspolizei“ von ihr – der Beklagten - als eine unabhängig von Recht und Gesetz agierende staatliche Organisationseinheit verstanden, die willkürlich und massiv in die Rechte ihrer Bürger eingreife. Dieser Begriff werde beispielsweise im Zusammenhang mit der Gestapo verwendet.

Die Äußerungen des Klägers stünden in keinem sachlich nachvollziehbaren Zusammenhang zu den maßgeblichen rechtlichen Fragestellungen sowohl in der Wortwahl als auch in der Häufigkeit und stellten eine erhebliche, persönliche Schmähung der Beklagten dar, mit der der Kläger seine Missachtung ihr gegenüber der Beklagten unmissverständlich zum Ausdruck bringe.

bb.              Diese von der Beklagten vorgetragenen Gründe sind nicht geeignet, den Auflösungsantrag zu begründen. Vielmehr erfolgten die von der beklagten gerügten Erklärungen des Klägers im laufenden Kündigungsschutzprozess und sind durch ein berechtigtes Interesse des Klägers zur Wahrnehmung seiner Interessen in diesem Gerichtsverfahren gedeckt. Mit Blick auf die prozessuale Auseinandersetzung ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf das rechtliche Gehör (Art. 103 GG) alles vortragen darf, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann. Sämtliche von der Beklagten gerügten Ausführungen des Klägers nehmen Bezug auf den Sachvortrag der Beklagten. Insbesondere bei den Ausdrücken „bornierter Unsinn“ und „Gesinnungspolizei“ handelt es sich um starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte, die der Kläger benutzen durfte, um seine Rechtsposition gegen die – wie bereits ausgeführt - unberechtigten Vorwürfe der Beklagten zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Hinsichtlich des Begriffs „Gesinnungspolizei“ ist außerdem zu berücksichtigen, dass – wie der Kläger zu Recht vorträgt – er die Beklagte weder mit einer „Gesinnungspolizei“ gleichgesetzt noch den Vorwurf erhoben hat, sie hätte das Rechtsverständnis einer solchen. Schon gar nicht hat er den Begriff „Gestapo“ verwendet.

Im Übrigen sind die Grenzen der Wahrheitspflicht durch die von der Beklagten gerügten Äußerungen bereits deshalb nicht berührt, weil es sich dabei um keine Tatsachenbehauptungen,  sondern um Formulieren handelt, die wertenden Charakter haben. Eine Schmähkritik der Beklagten vermag das Gericht darin nicht zu sehen.

5.              Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers  stattgegeben. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits über die außerordentliche Kündigung vom 20. November 2018 sowie die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 13. Dezember 2018 als Ermittler im Ordnungs- und Verkehrsdienst weiter zu beschäftigen. Diese Verpflichtung folgt aus der zuvor festgestellten Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigungen der Beklagten vom 20. November 2018 sowie 13. Dezember 2018. Der Beschäftigungsanspruch des Klägers ist dabei abzuleiten aus den §§ 611, 242 BGB, Art. 1 und 2 GG. Das Berufungsgericht schließt sich vollinhaltlich der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts an, mit der sich die Beklagte nicht auseinandergesetzt hat:

a.              Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 27.02.1985, GS 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) hat der gekündigte Arbeitnehmer einen allgemeinen Beschäftigungsanspruch außer im Falle einer offensichtlich unwirksamen Kündigung mindestens dann, wenn er im Kündigungsschutzprozess ein obsiegendes Urteil erstreitet. Ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers ist nur bis zur Entscheidung der ersten Instanz im Kündigungsschutzprozess anzuerkennen. Diese Interessenlage ändert sich dann, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsprozess ein obsiegendes Urteil erstreitet. In diesem Fall kann die Ungewissheit über den endgültigen Prozessausgang für sich allein ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers eine Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr begründen. Will der Arbeitgeber auch in diesem Fall die Beschäftigung verweigern, so muss er zusätzliche Gründe anführen, aus denen sich sein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers ergibt (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 10.12.2010, 10 Sa 1509/10).

b.              Nach den vorstehenden Feststellungen der Kammer haben die Kündigungen vom 20. November 2018 sowie 13. Dezember 2018 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst.

Ein überwiegendes Interesse der Beklagten an der Nichtbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens ist nicht anzunehmen.

Soweit die Beklagte – erstinstanzlich - unter Verweis im Übrigen auf ihre Ausführungen zur Begründung der Kündigungen anführt, ihr sei aufgrund des Arbeitsbereichs des Klägers, seiner polizeiähnlichen Befugnisse, seiner besonderen Vertrauens- und Garantenstellung sowie seiner Tätigkeitsausübung in Dienstkleidung eine Weiterbeschäftigung unzumutbar, trägt sie keine zusätzlichen Gründe vor, aus denen sich ihr überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Klägers ergibt. Die angeführten Gesichtspunkte sind Bestandteil der Kündigungsgründe. Sie sind, wie zuvor festgestellt, aber nicht geeignet, die streitgegenständlichen Kündigungen zu begründen.

Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass der Kläger im Januar 2019 von der Bezirksregierung D im Beisein von Mitarbeitern des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf die bis zum Jahr 2023 erteilte Zuverlässigkeitsüberprüfung gemäß § 7 LuftSiG und nachträglich aufgekommene sicherheitsrelevante Erkenntnisse angehört und ihm im Ergebnis der Fortbestand der Zuverlässigkeitsüberprüfung mitgeteilt worden ist. Danach kann der Kläger weiterhin im Sicherheitsbereich des Flughafens tätig werden. Auch im Hinblick hierauf hätte es der Darlegung von über die Kündigungsgründe hinausgehender Umstände durch die Beklagte bedurft, um eine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss zu begründen.

An einem solchen Vortrag fehlt es auch in der Berufung. Der Kläger wird von der Beklagten – zur Abwendung der von ihm aus dem erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungstitel betriebenen Vollstreckung – seit Februar 2020 als Ermittler im Ordnungsdienst beschäftigt. Dass der Kläger in dieser Zeit zu irgendwelchen Beanstandungen der beklagten – dienstlicher oder außerdienstlicher Art Anlass gegeben hat, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

II.              Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen(§ 91 Abs. 1 ZPO).

III.              Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Es handelt  sich um einen Einzelfall. Die Entscheidung erfolgte  nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Voraussetzungen einer  Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 Nr.1 – 3 ArbGG sind nicht gegeben.

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