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Arbeitsrecht
15.10.2009
Arbeitsrecht
LAG Nürnberg: Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 01.09.2009
Aktenzeichen: 6 TaBV 18/09
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:

      BetrVG § 37 Abs. 6

1. Eine Schulungsteilnahme ist für den Betriebsrat dann nicht erforderlich, wenn das geschulte Betriebsratsmitglied eineinhalb Jahre zuvor an einer Schulungsmaßnahme mit ähnlichen Inhalten teilgenommen hat (hier: Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit). Dies gilt zumindest dann, wenn die beiden Seminare nach der Ausschreibung zu mehr als der Hälfte deckungsgleiche Inhalte aufweisen.

2. Beruft sich der Betriebsrat zur Begründung der Erforderlichkeit einer Schulungsteilnahme auf seinen Beurteilungsspielraum, muss er im einzelnen vortragen, dass und wie er diesen Beruteilungsspielraum ausgeschöpft hat. Hierzu gehört die Prüfung anhand der Ausschreibungen, ob eine früher besuchte Schulung nicht dieselben oder ähnliche Kenntnisse vermittelt hat.

3. Hat der Arbeitgeber der Teilnahme zeitnah und mit sachlichen Gründen versehen widersprochen, muss der Betriebsrat als Gremium diese Einwendungen zumindest dann behandeln und würdigen, wenn die Schulungsmaßnahme in diesem Zeitpunkt noch nicht gebucht ist oder wenn noch eine Stornierung möglich ist.


Landesarbeitsgericht Nürnberg Im Namen des Volkes BESCHLUSS

6 TaBV 18/09

Verkündet am: 01.09.2009

In dem Beschlussverfahren

erlässt die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg auf Grund der mündlichen Anhörung vom 1. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Vetter und die ehrenamtlichen Richter Hess und Kaiser im Namen des Volkes folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 19.02.2009, 9 BV 145/08, wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, den Betriebsrat von den Kosten eines Seminars mit dem Thema Arbeitsschutz und Unfallverhütung freizustellen.

Der Antragsteller - Beteiligter zu 1.) - ist der bei der Beteiligten zu 2.) für deren Niederlassung in N... gebildete, aus fünf Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2.) hat mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung über Betriebsanweisungen zur Arbeitssicherheit in der Außenorganisation abgeschlossen (Anlagen AG 3 und AG 4 zum Schriftsatz vom 16.10.2008, Bl. 76 ff. d.A.). In der Sitzung vom 17.04.2008 beschloss der Betriebsrat unter anderem die Entsendung des Betriebsratsmitglieds G... zur Schulung "Betriebsräte 4 - Arbeitsschutz und Unfallverhütung" von 09.06. bis 13.06.2008 in L.... Dieses Seminar ist mit folgenden Inhalten ausgeschrieben (Anlage 4 zur Antragsschrift, Bl. 11 d.A.):

- Arbeitsschutz in der Bundesrepublik, Arbeit und Gesundheitsverschleiß, Ergebnisse der Unfallstatistik

- Rechtsstellung und Aufgaben des Sicherheitsbeauftragten, die Verantwortung des Arbeitgebers, die Pflichtenübertragung auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit

- Rolle und Funktion des Arbeitsschutzes: Der Überwachungsauftrag

Recht der abhängig Beschäftigten auf Unterrichtung über Gefahren und Sicherheitsmaßnahmen und auf Anhörung

- Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Arbeitsschutz

Das Mitbestimmungsrecht im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften am Beispiel der Unfallverhütungsvorschrift VGB I, Allgemeine Vorschriften Die Einigungsstelle

- Die Bedeutung der Unfalluntersuchung: Was ist ein anzeigepflichtiger Arbeitsunfall? Beteiligung des Betriebsrats an der Unfalluntersuchung Unterzeichnung der Unfallanzeige durch den Betriebsrat Die Datensammlung für den Betriebsrat

- Zusammenarbeit des Betriebsrates mit außerbetrieblichen Stellen Gewerbeaufsicht, Berufsgenossenschaft/Selbstverwaltung, Sachverständige, zuständige Gewerkschaften/Arbeitskreise

Die Beteiligte zu 2.) lehnte die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds G... an der genannten Schulung mit Schreiben vom 29.05.2008 mit der Begründung ab, die Schulung sei nicht erforderlich, weil Betriebsratsmitglied G... bereits im Oktober 2006 an einem Seminar zum Thema Gesundheitsschutz teilgenommen habe (Anlage AG 6, ebenda, Bl. 110 ff. d.A.). Das Betriebsratsmitglied G... nahm trotz der erfolgten Ablehnung an der Schulung teil.

Die vom Betriebsratsmitglied G... besuchte Schulungsmaßnahme von 4. bis 6.10.2006 in H... hatte nach der Ausschreibung folgende Inhalte (AG 5, ebenda, Bl. 107 d.A.):

"Inhalt des Seminars ist die Darstellung der in der BRD geltenden gesundheitsschützenden Normen, der aktuellen Rechtsprechung des BAG und der Gefährdungspotentiale aus der Sicht der Arbeitswissenschaft und der Medizin, der Maßnahmen zur Begegnung der Gefahren, der Aufgaben der Arbeitgeber, ArbeitnehmerInnen und des Betriebsrats, die Bearbeitung der Aufgaben nach dem Arbeitsschutzgesetz, die Befassung mit dem Entwurf des GBR für die Betriebsvereinbarung Gesundheitsschutz und die Entwicklung eines Handlungskonzeptes.

Themen

- Arbeitsschutz in der Bundesrepublik Deutschland: Zusammenstellung der einschlägigen gesundheitsschützenden Normen

- Arbeitsschutzgesetz - Geltungsbereich, Aufbau, Begriffe, Inhalte, Regelungserfordernis

- Maßnahmen des Gesundheitsschutzes im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes

- Arbeitsrechtliche Grundlagen, bisherige und neue Rechtsprechung des BAG Änderungen in den Regelungsbereichen des § 87 (1) 7 BetrVG

- Stand der aktuellen Rechtsprechung zur Mitbestimmung bei Maßnahmen des Gesundheitsschutzes

- Gesundheitsschutz durch (präventive) Gestaltung der Arbeitsorganisation, der Software, Hardware, Arbeitsmittel und Arbeitsumgebung

- Bildschirmarbeitsverordnung - Geltungsbereich, Aufbau, Begriffe, Inhalte, Regelungserforderung

- Lastenhandhabungsverordnung - Geltungsbereich, Aufbau, Begriffe, Inhalte, Regelungserfordernis

- Gefährdungsbeurteilungen: Gegenstände, Kriterien, Verfahren, Anforderungen an die Durchführung

- Datenschutzrechtliche Anforderungen an die Verarbeitung personenbezogener Daten in Gefährdungsbeurteilungen

- Anforderungen an die Beteiligung der ArbeitnehmerInnen, mögliche Umsetzung

- Unterweisung nach § 12 ArbSchG

- Stand der Technik und der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den physischen und psychischen Belastungen und Beanspruchungen, Gefährdungen und geeignete Maßnahmen zur Entlastung

- ISO-Norm 9241 zur Arbeitsorganisation, Arbeitsmittel, Software, Hardware und Arbeitsumgebung

- Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, des Betriebsarztes, des Arbeitsschutzausschusses und der Gesundheitsschutzfachkräfte

- Geeignete Organisation des Gesundheitsschutzes nach § 3 ArbSchG

- Regelkreis Arbeitsschutz

- Regelungsgegenstände von Betriebsvereinbarungen

- Entwurf des GBR für eine BV GS

- Stand der Verhandlungen

- Grundsätze zur Entwicklung eines Handlungskonzeptes"

In seiner Antragsschrift vom 01.09.2008 hat der Antragsteller die Freistellung von den Seminarkosten begehrt. Er hat geltend gemacht, es lägen ordnungsgemäße Betriebsratsbeschlüsse sowohl zur Entsendung als auch zur Durchführung des streitgegenständlichen arbeitsgerichtlichen Verfahrens als auch zur Beauftragung der Prozessvertreter vor, und dies im einzelnen ausgeführt und mit Protokollauszügen belegt. Er hat die Auffassung vertreten, das Betriebsratsmitglied G... habe bisher nicht an einer vergleichbaren Schulung teilgenommen. Das Seminar sei erforderlich, weil es Kenntnisse über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung und die sich ergebenden Kenntnisse für die Aufgaben des Betriebsrats behandle. Die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes gehöre zu den Hauptaufgaben des Betriebsrats. Es sei unerlässlich, dass die Betriebsratsmitglieder auf diesem Gebiet ausreichend geschult seien. Ohne eine solche Schulung könne der Betriebsrat seine Rechte hinsichtlich des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung nicht ausreichend wahrnehmen.

Der Beteiligte zu 1.) hat im Verfahren vor dem Arbeitsgericht daher folgenden Antrag gestellt:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller von den Seminarkosten für das BR-Mitglied Herrn R... G... in Höhe von 1.442,00 € freizustellen, die anlässlich der Teilnahme an dem Seminar "Betriebsräte 4 - Arbeitsschutz und Unfallverhütung" vom 09.06.2008 bis 13.06.2008 in 9xxxx L... des Seminaranbieters Bildungskooperation M... GmbH F... entstanden sind.

Die Beteiligte zu 2.) hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Teilnahme an der Schulung sei nicht erforderlich gewesen. Der Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz falle wegen der besonderen Unternehmensstruktur in den Zuständigkeitsbereich des Gesamtbetriebsrats. Dies habe das LAG Baden-Württemberg für ihr Unternehmen bereits im Jahr 1997 im Streit mit dem für die Niederlassung K... zuständigen Betriebsrat entschieden (Anlage AG 1 zum Schriftsatz der Vertreter der Beteiligten zu 2.), Bl. 56 ff. d.A.). Das Arbeitsgericht Mannheim habe dies im Jahr 2008 für die Gefährdungsbeurteilung bestätigt (Anlage AG 2, ebenda, Bl. 66 ff. d.A.). Grund dafür sei, dass die den Niederlassungen zugeordneten Monteure ihre Tätigkeit an außerbetrieblichen Arbeitsorten verrichteten, und zwar auch an solchen Orten, die in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Niederlassung fielen. Die Koordination der Aktivitäten werde nicht niederlassungsbezogen durchgeführt, sondern durch die Regionalmanager, die für eine Mehrzahl von Niederlassungen zuständig seien. Aus diesem Grund gebe es auch betriebsübergreifend zuständige Arbeitssicherheitskräfte und Adjuster/Montageinspektoren. Auch seien viele Spezialkräfte betriebsstättenübergreifend tätig. Das Gefährdungspotential bestehe in erster Linie bei der Arbeit der Monteure, die in der Montage, im Service und in der Reparatur von Aufzugsanlagen tätig seien. Auch das BAG habe im Beschluss vom 16.06.1998 die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats anerkannt. Außerdem sei die vom Betriebsratsmitglied G... besuchte Schulung im Oktober 2006 in wesentlichen Punkten mit der nun besuchten Schulungsmaßnahme identisch. Es sei nicht erkennbar, warum eine erneute Teilnahme erforderlich gewesen sei.

Der Beteiligte zu 1.) hat demgegenüber ausgeführt, die Schulung aus dem Jahr 2006 habe einen anderen Inhalt gehabt. Dort sei es um das Thema Gesundheitsschutz, Mitbestimmung bei Arbeitsschutz und Gefährdungsbeurteilung gegangen. Ein wesentlicher Schwerpunkt seien die gesundheitsschützenden Normen gewesen. Im nunmehr besuchten Seminar habe der Arbeitsschutz im Mittelpunkt gestanden, nicht aber Gesundheitsschutz und Gefährdungsbeurteilungen. Zudem habe der Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit des Betriebsrats mit außerbetrieblichen Stellen gelegen. Zu diesem Zweck sei ein Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes für einen Tag anwesend gewesen, um diese Zusammenhänge zu erläutern und mit den Teilnehmern zu diskutieren. Auch habe das Seminar im Jahr 2006 nur drei Tage gedauert, so dass die Themenkomplexe nicht erschöpfend behandelt worden seien. Damals habe auch eine Einigungsstelle zum Thema Gefährdungsbeurteilung angestanden, an der das Betriebsratsmitglied G... als Teilnehmer benannt worden sei. Die Entsendung zum jetzigen Seminar habe eher auf allgemeinen Erwägungen beruht und darauf, dass die übrigen vom Themenkomplex des jetzigen Seminars erfassten Punkte noch nicht geschult gewesen seien und dass die Kenntnisse des Betriebsratsmitglieds G... hierzu noch fehlten. Hinzu komme, dass das Betriebsratsmitglied G... regelmäßig an den Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses teilnehme. Der Verweis auf die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats trage nicht. Das BAG habe am 08.06.2004 entschieden, dass zur Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG der örtliche Betriebsrat zuständig sei. Dies gelte auch für die Monteure. Darüber hinaus bleibe für den örtlichen Betriebsrat in jedem Fall die Aufgabe der Überwachung der Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen. Zudem sei vor Ort eine Einigungsstelle zum Thema Gefährdungsbeurteilungen besetzt worden.

Die Beteiligte zu 2.) hat ausgeführt, die in § 5 ArbSchG normierte Gefährdungsbeurteilung solle auch Arbeitsunfällen vorbeugen. Insoweit trage die vom Betriebsrat vorgenommene Unterscheidung der beiden Bereiche nicht. Im übrigen hätten sich beide Seminare schwerpunktmäßig mit der Organisation des Gesundheitsschutzes befasst. Unabhängig hiervon nehme das Betriebsratsmitglied G... seit Jahren an Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses teil. Es sei nicht erkennbar, dass für die Erfüllung der dortigen Aufgaben weitere Schulungen erforderlich seien; vielmehr müssten derartige Kenntnisse aufgrund seiner dortigen Arbeit vorhanden sein. Die Entscheidung des BAG vom 08.06.2004 sei nicht einschlägig, weil die hier gegebene betriebliche Struktur erhebliche Besonderheiten aufweise.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 19.02.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Teilnahme an der streitgegenständlichen Schulung sei deswegen nicht als erforderlich anzusehen, weil das Betriebsratsmitglied G... bereits eine ähnliche Schulung besucht habe. Nach dem ausgeschriebenen Seminarprogramm seien auf der nunmehrigen Schulung eher weniger Inhalte vermittelt worden als auf dem Seminar im Oktober 2006. Es sei daher davon auszugehen, dass die auf dieser jetzigen Schulung vermittelten Kenntnisse beim Betriebsratsmitglied G... schon vorhanden gewesen seien. In der Regel genüge eine einmalige Schulung zur Verschaffung der notwendigen Grundkenntnisse. Es würde den Kenntnissen des Betriebsratsmitglieds G... nicht gerecht, wenn man ihn nicht einmal zwei Jahre nach dem vorherigen Seminar an einer weiteren Schulung teilnehmen ließe, die in großen Teilen nur diejenigen Inhalte vermittle, die er bereits erworben habe.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist den Vertretern des Beteiligten zu 1.) ausweislich deren Empfangsbekenntnisses am 20.02.2009 zugestellt worden. Dieser hat mit Schriftsatz seiner Prozessvertreter vom 11.03.2009, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist aufgrund am 14.04.2009 eingegangenen Antrags bis 22.06.2009 - mit am 22.06.2009 eingegangenem Schriftsatz selben Datums begründet.

Zur Begründung seiner Beschwerde trägt der Beteiligte zu 1.) vor, das Arbeitsgericht habe den Prüfungsmaßstab verkannt. Entscheidend sei nicht, ob der Besuch des Seminars objektiv erforderlich gewesen sei; vielmehr komme es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf den Blickwinkel eines vernünftigen Dritten an; dem Betriebsrat stehe bei der Entscheidung ein Beurteilungsspielraum zu. Nach Ansicht des Betriebsrats habe sich das nunmehr besuchte Seminar mit einem anderen Themenkomplex beschäftigt als das im Jahr 2006 besuchte Seminar. Damals sei es um den Gesundheitsschutz gegangen, nunmehr um den Arbeitsschutz. Der Gesundheitsschutz stelle nur einen kleinen Teil des Arbeitsschutzes dar. Er beschäftige sich mit chronisch auftretenden sowie kurzzeitig auftretenden akuten Einwirkungen wie Gefahrstoffen, Lärm und psychischen Belastungen.

Der Arbeitsschutz beschäftige sich darüber hinaus mit sicheren Arbeitsbedingungen wie etwa der Einführung der Helmpflicht und dem Erfordernis zum Tragen von Sicherheitsschuhen. Darüber hinaus gehe es hierbei auch um den personenbezogenen Schutz wie Mutterschutz oder Jugendschutz. Dementsprechend seien die Themen Gesundheitsschutz und Gefährdungsbeurteilung - Schwerpunkt des Seminars im Jahr 2006 - diesmal nicht Schulungsgegenstand gewesen. Überdies habe die Zusammenarbeit des Betriebsrats mit überbetrieblichen Stellen einen Schwerpunkt des Seminars gebildet. Zu diesem Zweck sei auch ein Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamtes eingeladen gewesen, um die Zusammenhänge zu erläutern und mit den Teilnehmern zu diskutieren. Es liege also eine erhebliche Unterschiedlichkeit der beiden Seminare vor. Es komme hinzu, dass das Seminar im Jahr 2006 besucht worden sei, weil damals eine Einigungsstelle zum Thema Gefährdungsbeurteilungen angestanden habe, in der das Betriebsratsmitglied G... als Beisitzer bestellt worden war. Zu beachten sei schließlich, dass das Betriebsratsmitglied G... regelmäßig an den Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses teilnehme. In diesem Rahmen habe der Beschäftigte G... festgestellt, dass er nicht über die vollständigen Kenntnisse des Arbeitsschutzes im weiteren Sinne verfügt habe.

Der Beteiligte zu 1.) hat daher im Beschwerdeverfahren beantragt:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg (Az. 9 BV 145/08) vom 19.02.2009 wird abgeändert.

2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller von den Seminarkosten für das Betriebsratsmitglied Herrn R... G... in Höhe von € 1.442,00 freizustellen, die anlässlich der Teilnahme an dem Seminar "Betriebsräte 4 - Arbeitsschutz und Unfallverhütung" vom 09.06.2008 bis 13.06.2008 in 9xxxx L... des Seminaranbieters Bildungskooperation M... GmbH F... entstanden sind.

Die Beteiligte zu 2.) hat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2.) vertritt die Auffassung, die Entscheidung des Arbeitsgerichts Nürnberg sei zutreffend. Der Antragsteller berufe sich zu Unrecht auf einen rein subjektiven Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sei vielmehr, was sich der Betriebsrat vom Standpunkt eines vernünftigen Dritten aus, der die Interessen der Beteiligten gegeneinander abwäge, hätten fragen müssen. Hier hätte der Betriebsrat zur Erkenntnis kommen müssen, dass die erneute Schulungsteilnahme nicht erforderlich sei. Dem Betriebsratsmitglied sei zumutbar, in einer Schulung erworbenes Wissen durch eigenes Studium aufzufrischen. Das Arbeitsgericht habe richtigerweise angenommen, dass die nunmehr besuchte Schulung inhaltlich in wesentlichen Punkten identisch sei mit der im Jahr 2006 besuchten Schulung. Beide Seminare hätten die Grundlagen des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit, die Rolle und Funktion des Betriebsrats hierbei und die Mitbestimmungsrechte behandelt. Auch der Stand der Technik sowie der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Belastungen und Beanspruchungen und damit zur Unfallverhütung seien Gegenstand beider Seminare gewesen, ebenso die Rechtsstellung und Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Die Tatsache, dass die Seminare unterschiedliche Titel trügen, sei unerheblich. Auch Gesundheitsschutz und Gefährdungsbeurteilung gehörten zum Arbeitsschutz. Auch das Seminar im Jahr 2006 habe die Organisation des Gesundheitsschutzes zum Gegenstand gehabt; hierzu gehöre auch die Zusammenarbeit mit den Behörden und anderen Stellen. Mutterschutz und Gesundheitsschutz seien ausweislich der Seminarausschreibung auch nicht Thema des Seminars im Jahr 2008 gewesen. Der Beteiligte zu 1.) trage nicht einmal selbst vor, dass das Betriebsratsmitglied G... seine Aufgaben im Arbeitssicherheitsausschuss wegen fehlender Kenntnisse nicht ordnungsgemäß erfüllen könne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Sachverhaltsdarstellung des Arbeitsgerichts im Beschluss vom 19.02.1009 (Bl. 137 ff.), die von den Beteiligten in der Beschwerdeinstanz gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die Anhörung vom 01.09.2009 Bezug genommen (Bl. 182 f. d.A.).

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht zum Landesarbeitsgericht erhobene und begründete Beschwerde ist nicht begründet. Dem Betriebsrat steht ein Anspruch auf Freistellung der Kosten für die vom Betriebsratsmitglied G... absolvierte Lehrgangsmaßnahme nicht zu. Das Beschwerdegericht folgt den sorgfältigen und zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, denen sie sich in vollem Umfang anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann. Nur ergänzend wird im Hinblick auf die in der Beschwerdeinstanz vorgetragenen Gesichtspunkte der Beteiligten hinzugefügt:

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht angenommen, dass eine Freistellung von den Seminarkosten nach § 40 BetrVG deswegen nicht in Betracht kommt, weil es sich nicht um notwendige, durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehende Kosten handelt. Zwar können erstattungsfähige Kosten auch dadurch entstehen, dass das Betriebsratsmitglied an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG teilnimmt oder teilgenommen hat. Voraussetzung ist allerdings, dass das bei der Schulung vermittelte Wissen als für die Betriebsratsarbeit erforderlich anzusehen ist (vgl. zuletzt etwa BAG vom 19.03.2008, 7 ABR 2/07, Rn. 12). Nach § 37 Abs. 6 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn diese unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb und im Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Dazu bedarf es der Darlegung eines aktuellen oder absehbaren betrieblichen oder betriebsratsbezogenen Anlasses, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt; lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern ist auf eine nähere Darlegung der Schulungsbedürftigkeit zu verzichten, wenn es sich um die Vermittlung von Grundkenntnissen handelt (BAG vom 19.03.2008, 7 ABR 2/07, Rn. 13; BAG vom 07.05.2008, 7 AZR 90/07, Rn. 12 ff.).

2. Einen besonderen betrieblichen Anlass hat der antragstellende Betriebsrat nicht benannt. Er hat sich vielmehr in erster Linie auf die Notwendigkeit für das Vorhandensein entsprechender Kenntnisse insbesondere wegen der Mitarbeit des Betriebsratsmitglieds G... im Arbeitssicherheitsausschuss bezogen. Den Einwendungen der Beteiligten zu 2.), gerade die im Hinblick auf die Art ihrer Tätigkeit besonders gefährdete Gruppe der Monteure werde vom Gesamtbetriebsrat und dessen Ausschüssen betreut, ist der antragstellende Betriebsrat nicht entgegengetreten. Diese besondere Gefährdung kann daher nicht zur Begründung der Erforderlichkeit dienen. Auch die Beschwerdekammer hat also wie schon das Arbeitsgericht davon auszugehen, dass es sich um eine Grundschulung handelt, die allgemeine Kenntnisse vermittelt hat, wie sie Mitglieder im Arbeitssicherheitsausschuss für die Durchführung ihrer Ausschussarbeit benötigen. Schon das Arbeitsgericht hat darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts derartige Grundschulungen zum Thema Arbeitssicherheit und Unfallschutz durchaus als erforderlich anzusehen sind (BAG vom 19.03.2008, a.a.O., Rn. 14 am Ende; BAG vom 15.05.1986, 6 ABR 74/83, jeweils zitiert nach juris).

3. Die Beschwerdekammer folgt den Ausführungen des Arbeitsgerichts darin, dass die nun streitgegenständliche weitere Schulungsmaßnahme auch unter Berücksichtigung der Mitarbeit im Arbeitssicherheitsausschuss deshalb nicht als erforderlich anzusehen war, weil das Betriebsratsmitglied G... nur eineinhalb Jahre zuvor eine Schulung besucht hat, die im wesentlichen vergleichbare Kenntnisse vermittelt hat. Das vom Betriebsratsmitglied G... nunmehr besuchte Seminar war nach der Ausschreibung unterteilt in sechs Punkte; irgendeine Gewichtung ist nach der Ausschreibung nicht erkennbar und vom Beteiligten zu 1.) auch nicht behauptet.

a. Dabei ist der erste Punkt "Arbeitsschutz in der Bundesrepublik Deutschland" deckungsgleich mit dem ersten Punkt des im Jahr 2006 besuchten Seminars. Soweit in der nunmehrigen Seminarausschreibung zusätzlich die Punkte "Arbeit und Gesundheitsverschleiß" und "Ergebnisse der Unfallstatistik" angeführt sind, ist nicht ersichtlich, welchen zusätzlichen Nutzen diese allgemeinen, nicht auf den Betrieb oder die Tätigkeit des Betriebsrats zugeschnittenen Ausführungen haben sollen und warum dies für die Arbeit im Betriebsrat oder im Arbeitssicherheitsausschuss erforderlich sein sollte.

b. Entsprechend dem zweiten Punkt der Ausschreibung sollte es dann um "Rechtsstellung und Aufgaben des Sicherheitsbeauftragten" gehen; auch dieser Punkt war im Seminar von 2006 unter dem Punkt "Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, des Arbeitsausschusses und der Gesundheitsfachkräfte" abgehandelt worden. Soweit nunmehr zusätzlich "die Verantwortung des Arbeitgebers" und "die Pflichtenübertragung auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes" benannt sind, finden sich auch diese Bereiche, soweit sie überhaupt von den Aufgaben der Sicherheitsfachkräfte zu trennen sind, bereits als Lehrstoff des früheren Seminars in den Punkten "Anforderungen an die Beteiligung der ArbeitnehmerInnen, mögliche Umsetzung" sowie in den Punkten "Unterweisung nach § 12 ArbSchG" und "Geeignete Organisation des Gesundheitsschutzes nach § 3 ArbSchG".

c. Der dritte nunmehr gelehrte Punkt "Rolle und Funktion des Arbeitsschutzes" ist im früheren Seminar ebenfalls unter den Punkten "Regelkreis Arbeitsschutz" und "Arbeitsschutzgesetz - Geltungsbereich, Aufbau, Begriffe, Inhalte, Regelungserfordernis" bereits behandelt.

d. Der vierte Punkt "Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Arbeitsschutz" findet sich im früheren Seminar im Unterpunkt "bisherige und neue Rechtsprechung des BAG, Änderungen in den Regelungsbereichen des § 87 (1) BetrVG, Stand der aktuellen Rechtsprechung zur Mitbestimmung bei Maßnahmen des Gesundheitsschutzes". Die Tatsache, dass möglicherweise ein anderes Beispiel zur Verdeutlichung des Mitbestimmungsrechts verwendet worden ist und dass auch die Funktion der Einigungsstelle erläutert worden ist, vermag die Erforderlichkeit ebenfalls nicht zu begründen. Der antragstellende Betriebsrat hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Betriebsratsmitglied G... das frühere Seminar im Hinblick auf die Teilnahme an einer Einigungsstelle zur Gefährdungsbeurteilung besucht hat.

Es ist davon auszugehen, dass die Funktion der Einigungsstelle im Gesundheitsschutz auch bei diesem ersten Seminar behandelt worden ist; war dies nicht der Fall und hat er auch keine entsprechenden Nachfragen bei diesem ersten Seminar gestellt, dann ist dies nur dadurch erklärlich, dass ihm die Funktion der Einigungsstelle aus eigenen Erfahrungen oder aus anderen Schulungsmaßnahmen bereits bekannt war. Jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass er die Funktion durch seine Beteiligung in der Einigungsstelle kannte. Aus diesem Grund hat sich der antragstellende Betriebsrat auf diesen Punkt - Funktion der Einigungsstelle - zur Begründung der Erforderlichkeit offenbar auch nicht gestützt.

e. Es bleiben die Themenbereiche "Die Bedeutung der Unfalluntersuchung" und "Zusammenarbeit des Betriebsrats mit außerbetrieblichen Stellen". Selbst wenn diese Bereiche im bisherigen Seminar nicht ausdrücklich angesprochen worden sein sollten, rechtfertigen diese beiden Punkte den Besuch der streitgegenständlichen Schulung nicht. Zum einen ist nicht erkennbar, warum "die Bedeutung der Unfalluntersuchung" für die Arbeit des Betriebsrats in solcher detaillierter Weise und Breite - bei einem mehr als viertägigen Seminar offenbar mehr als einen halben Tag - erforderlich sein soll; ähnliches gilt für die offenbar sehr breite Darstellung der Zusammenarbeit mit außerbetrieblichen Stellen. Aus der Ausschreibung ist nicht erkennbar, dass ein Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamts einen ganzen Tag mit den Teilnehmern diskutieren sollte, so dass der Hinweis des Betriebsrats auf diesen "Schwerpunkt" nicht recht nachvollziehbar ist. Zum anderen würden diese beiden Schulungsbereiche, selbst wenn sie im früheren Seminar noch nicht gelehrt worden wären, nach der Ausschreibung weniger als die Hälfte des Schulungsstoffes ausmachen. Dies genügt jedoch nicht. Grundsätzlich ist die Erforderlichkeit der Schulung einheitlich zu bewerten. Eine Kostenerstattung für eine nur teilweise erforderliche Schulung ist nur veranlasst, wenn die unterschiedlichen Themen so klar voneinander abgegrenzt sind, dass ein zeitweiser Besuch der Veranstaltung möglich und sinnvoll erscheint. Ist eine Aufteilung der Schulung und ein zeitweiser Besuch praktisch nicht möglich, entscheidet über die Erforderlichkeit der Gesamtschulung, ob die erforderlichen Themen mit mehr als 50% überwiegen (zuletzt BAG vom 07.05.2008, 7 AZR 90/07, Rn. 26). Dies ist vorliegend, wie im einzelnen ausgeführt, gerade nicht der Fall.

4. Soweit sich der Beteiligte zu 1.) darauf beruft, die Schulung sei deswegen erforderlich gewesen, weil sich die frühere Schulung eher mit dem Gesundheitsschutz unter dem Gesichtspunkt "Gefährdungsbeurteilung" befasst habe, die nunmehrige Schulung aber den Arbeitsschutz als solches in den Blick genommen habe, ist diese Unterscheidung nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Der größte Teil der Seminare bezieht sich wie dargestellt auf identische Bereiche. Auch beinhalten Gefährdungsbeurteilungen sowohl Bereiche des allgemeinen Gesundheitsschutzes als auch solche des Arbeitsschutzes bei gefährlichen Arbeitsplätzen. Auch die Unterweisungspflicht nach § 12 ArbSchG - Thema schon des Seminars im Oktober 2006 - bezieht sich auf beide Bereiche. Auch ist der "Arbeitsschutz" mit den Themen "Arbeitsschutzgesetz - Geltungsbereich, Aufbau, Begriffe, Inhalte, Regelungserfordernis" und "Regelkreis Arbeitsschutz" schon beim vorherigen Seminar behandelt worden. Unabhängig davon hat der Beteiligte zu 1.) nicht dargetan, welche Arbeitsplätze im Betrieb vorhanden und von ihm mit welchen besonderen Gefahren über den allgemeinen Gesundheitsschutz hinaus zu betreuen sein sollen. Selbst wenn eine Schulung über Arbeitsschutz, bezogen auf die konkret vorhandenen Arbeitsplätze und Gefahren noch erforderlich sein könnte - diese konkreten Themen wurden ausweislich der Ausschreibung auch auf dem nunmehr besuchten Seminar gerade nicht gelehrt. Wenn es aber im nunmehr besuchten Seminar nur um den allgemeinen Arbeitsschutz geht - wie aus der Ausschreibung ersichtlich -, ist der Ansatz des Betriebsrats, zwischen Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz sei zu unterscheiden, unbehelflich. Wenn die Hauptaufgabe des Betriebsrats auf den Arbeitsschutz der in der Verwaltung beschäftigten Mitarbeiter beschränkt ist, ist nicht erkennbar, warum die Einführung einer Helmpflicht oder das Erfordernis zum Tragen von Sicherheitsschuhen geschult werden sollte. Der antragstellende Betriebsrat hat - außer der in dieser Form nicht recht verständlichen Unterscheidung zwischen Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz - im übrigen auch nicht vorgetragen, für welche konkreten Aufgaben er dieses weitere Seminar für notwendig gehalten hat. Der Hinweis, das Betriebsratsmitglied G... nehme an den Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses teil, genügt hierfür nicht. Schließlich ist auch der Hinweis der Beteiligten zu 2.) zutreffend, der vom Betriebsrat genannte Schulungsgegenstand Mutterschutz und Jugendschutz habe auch im nunmehr besuchten Seminar nicht ausdrücklich zu den zu behandelnden Themen gehört.

5. Der Sachvortrag des Beteiligten zu 1.), das Betriebsratsmitglied G... habe die vorherige Schulung deswegen besucht, weil es als Beisitzer der Einigungsstelle tätig gewesen sei, kann als zutreffend unterstellt werden. Er besagt jedoch für die Erforderlichkeit der jetzigen Schulungsteilnahme nicht viel aus. Um die Erforderlichkeit der damaligen Schulungsteilnahme geht es aber vorliegend nicht. Dieser Vortrag könnte nur dann von Relevanz sein, wenn damit ausgesagt werden sollte, das Betriebsratsmitglied G... habe sich im Jahr 2006 nur für diejenigen Tagesordnungspunkte interessiert, die die Gefährdungsbeurteilung zum Inhalt gehabt hätten, oder es seien entgegen der Ausschreibung nur die Gefährdungsbeurteilung betreffende Inhalte gelehrt worden. Beides hat der Beteiligte zu 1.) nicht behauptet; es kann auch nicht angenommen werden, weil das Betriebsratsmitglied G... schon damals - "langjährig" - die an den Sitzungen des Arbeitssicherheitsausschusses teilgenommen hat. Insoweit weicht die Sachlage auch von derjenigen ab, die dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 15.05.1986 (6 ABR 74/83) zugrunde gelegen hatte. Dort ging es um eine erstmalige Grundschulung gerade zum Thema Beteiligung des Betriebsrats am Gesundheitsschutz (zitiert nach juris, Rn. 11 der Gründe). Nach dieser Entscheidung muss jedes Ausschussmitglied seine durch die interne Geschäftsverteilung näher umschriebene Funktion in Kenntnis seiner durch die Betriebsverfassung bestimmten Pflichten und Handlungsmöglichkeiten eigenverantwortlich wahrnehmen (BAG vom 15.05.1986, Rn. 14 der Gründe). Der vorherige Besuch eines Tagesseminars, in dem einige Fachfragen der Praxis des betrieblichen Arbeitsschutzes demonstriert worden waren, ersetzt diese Grundkenntnisse nicht (ebenda, Rn. 20). Aus diesem Grund hat das Bundesarbeitsgericht in der genannten Entscheidung die Schulungsmaßnahme über solche Grundkenntnisse für erforderlich gehalten. Gerade solche Handlungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Betriebsratsmitglieder und des Betriebsratsgremiums waren neben der Erläuterung der Arbeitsschutzvorschriften aber vorliegend auch schon Gegenstand des weniger als zwei Jahre vorher besuchten Lehrgangs.

6. Zutreffend führt der antragstellende Betriebsrat in der Beschwerde aus, dass es bei der Prüfung der Erforderlichkeit nicht auf die objektive Lage ankommt, sondern dass entscheidend ist, ob das Betriebsratsgremium die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds aus damaliger Sicht für erforderlich halten durfte (zuletzt BAG vom 19.03.2008, 7 ABR 2/07, Rn. 17). Auch dies war jedoch unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums des Betriebsrats aus damaliger Sicht nicht der Fall. Der Einwand, die Vortragenden bei der Schulung hätten erklärt, das eine Seminar schließe den Besuch des anderen nicht aus, genügt hierfür nicht. Einem verständigen Betriebsratsmitglied musste klar sein, dass die Seminaranbieter mit ihren Seminaren auch Gewinne erzielen oder - soweit die Seminare von der Gewerkschaft veranstaltet werden - Werbung machen wollen. Die Aussage eines Seminaranbieters oder einer Lehrkraft ist aus diesem Grund von vornherein nicht von großem Wert. In Zweifelsfällen hätte sich der Betriebsrat in Kommentaren oder Entscheidungssammlungen oder bei seinen Prozessbevollmächtigten, die ihn auch im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Seminarteilnahme in verschiedenen Verfahren vertraten, kundig machen können. Die Argumente des Betriebsrats, warum das Vorhandensein gerade dieser auf dem Seminar in L... nach der Ausschreibung zu erwartenden Kenntnisse gerade unter Berücksichtigung des bereits besuchten Seminars als erforderlich angesehen wurden, überzeugen nicht. Sie lassen eine nachvollziehbare Prognose auch im Rahmen des dem Betriebsrat zustehenden Beurteilungsspielraums nicht als nachvollziehbar erscheinen. Grundwissen hatte das Betriebsratsmitglied G... durch die erste Schulung schon erworben - und zwar bezogen auf die Mehrzahl derjenigen Lehrinhalte, die jetzt erneut zur Schulung anstanden. Angesichts dessen konnte die Teilnahme gerade an dem nun besuchten Seminar auch unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums des Betriebsrats für einen verständigen Betriebsrat nicht als erforderlich erscheinen.

7. Unabhängig hiervon kann sich der Betriebsrat auf eine - von der objektiven Sachlage abweichende - Prognose der Erforderlichkeit nur dann berufen, wenn er sich mit den Seminarinhalten im einzelnen befasst hat. Dies ist aus seinem Vortrag nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang musste er auch die Inhalte der schon besuchten Schulungsmaßnahme im einzelnen betrachtet und die Erforderlichkeit gerade auch unter Berücksichtigung der schon durchgeführten Schulungsmaßnahme geprüft und beschlossen haben. Dies lässt sich aus dem Vortrag des Betriebsrats zum ordnungsgemäßen Zustandekommen des Entsendebeschlusses in keiner Weise erkennen. Zudem ist im Hinblick auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit und zur notwendigen Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums auch zu verlangen, dass der Betriebsrat sich mit den Einwendungen des Arbeitgebers auseinandersetzt und die Richtigkeit seiner ursprünglichen Beurteilung noch einmal überprüft. Dies gilt zumindest dann, wenn begründete Einwendungen des Arbeitgebers in einem Zeitpunkt vorliegen, in dem die Schulungsteilnahme noch nicht gebucht werden musste. Der Betriebsrat hat derartige Einzelheiten über die in der Betriebsratssitzung vorhandenen Informationen über die bereits besuchte Schulung und über die angesichts der bereits erfolgten ähnlichen Schulung erwogenen Argumente ebenso wenig vorgetragen wie über die angesichts der zeitlichen Abfolge nötigen erneuten abschließenden Beschlussfassung unter Berücksichtigung der vom Arbeitgeber erhobenen Einwendungen. Nur wenn dies der Fall gewesen wäre, könnte eine von der objektiven Sachlage - fehlende Erforderlichkeit - abweichende Einschätzung des Betriebsrats überhaupt Bedeutung erlangen, weil das Betriebsratsgremium nur dann seinen Beurteilungsspielraum angemessen und ausreichend wahrgenommen hätte.

8. Nach alldem kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit der Betriebsrat selbst mit dem Schulungsinstitut einen Vertrag über die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds G... bezüglich der Schulungsteilnahme geschlossen hat. Der Antrag richtet sich auf Freistellung des "Antragstellers", also des Betriebsrats als Organ. Dieses Organ ist als solches aber nicht vermögensfähig. Es ist auch nicht parteifähig, sondern nur partiell für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren beteiligungsfähig. Es ist daher nicht recht verständlich, aus welchem Grund gerade der Antragsteller von eventuellen Kosten freigestellt werden soll, wenn doch eine Inanspruchnahme wegen der fehlenden Verpflichtungsmöglichkeit und der fehlenden Zahlungsfähigkeit von vornherein ausgeschlossen ist. Allenfalls könnte der Betriebsrat Zahlung einer Rechnung durch den Arbeitgeber verlangen. Zudem behauptet der antragstellende Betriebsrat nicht einmal, dass er selbst als Organ eine Rechnung bekommen hätte und dass ihm selbst eine Inanspruchnahme drohen würde. Wenn aber keine Inanspruchnahme droht, besteht auch kein Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Freistellung von den entsprechenden Kosten.

9. Nach alldem hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Der Antrag ist nicht begründet, die Beschwerde zurückzuweisen.

10. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.


Stichworte: Beurteilungsspielraum; Ausschöpfung
Verfahrensgang: ArbG Nürnberg, 9 BV 145/08 vom 19.02.2009

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