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Arbeitsrecht
04.04.2013
Arbeitsrecht
LAG Schleswig-Holstein: Auskunftspflicht bei internem Recruitment-Center

LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29.11.2012 - 5 TaBV 8/12


Leitsatz


Lässt der Arbeitgeber, der eine Vielzahl von Filialen unterhält, die Stellenausschreibungen für alle Filialen und die Bearbeitung der daraufhin eingehenden Bewerbungen durch eine zentrale Personalabteilung bzw. ein internes Recruitment-Center durchführen, ist er im Rahmen der Anhörung nach § 99 Abs. 1 BetrVG verpflichtet, dem Betriebsrat Auskunft über die Person aller Bewerber und deren Bewerbungsunterlagen zu erteilen. Ein solches internes Recruitment-Center ist nicht vergleichbar mit einem externen Personalberatungsunternehmen, welches dem Arbeitgeber geeignete Bewerber benennen soll. In letzterem Falle hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat nur Auskunft über die Personen zu geben, die ihm vom Personalberatungsunternehmen vorgeschlagen wurden (BAG, Beschluss vom 18.12.1990 - 1 ABR 15/09, AP Nr. 85 zu § 99 BetrVG 1972).


Aus den Gründen


I.


Die Beteiligten streiten darüber, von welchen Bewerbern auf freie Arbeitsplätze bei der Filiale in F. dem Beteiligten zu 1. Bewerbungsunterlagen vorzulegen bzw. in welchem Umfang Auskünfte über die Person von Bewerbern zu geben sind.


Die Beteiligte zu 2. (künftig: Arbeitgeberin) ist ein bundesweit tätiges Unternehmen der Bekleidungsbranche mit insgesamt 390 Filialen. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in H.. Das Verkaufsgebiet der Arbeitgeberin ist in mittlerweile 15 Regionen, die sogenannten Areas, eingeteilt. Für jede Area gibt es ein Areabüro mit einem Recruitment-Center. Ihre Filiale in F. hat die Nr. 698 und ist ein eigenständiger Betrieb. Sie gehört mit weiteren 28 Filialen zur Area 1, deren Büro am Hauptsitz der Arbeitgeberin in H. ist. Die F. Filiale wird geleitet von der Store-Managerin R. P. die alle Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten für diese Filiale trifft. Sie ist leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. In der Filiale in F. werden 40 Arbeitnehmer/innen beschäftigt. Der Beteiligte zu 1. (künftig: Betriebsrat) ist der in dieser Filiale gewählte dreiköpfige Betriebsrat.


Seit Mai 2009 nimmt die Arbeitgeberin nur noch Online-Bewerbungen entgegen. Die jeweiligen Filialleiter teilen dem jeweils zuständigen Recruitment-Center die zu besetzenden Stellen mit dem gewünschten Anforderungsprofil (Art der zu besetzenden Stelle, Voll- oder Teilzeit, berufliche Qualifikation) mit. Von dort wird die Position mit ihren Bedingungen in den bundesweiten Bewerbertool eingegeben. Die eingehenden Online-Bewerbungen werden vom Recruitment-Center gesichtet. Sofern sich die Bewerbungen nicht auf eine konkret ausgeschriebene Stelle beziehen, fordert ein Mitarbeiter des Recruitment-Centers die Bewerber telefonisch auf, sich auf eine konkrete, im Stellenpool ausgeschriebene Stelle zu bewerben. Ferner wird im Recruitment-Center vorab geprüft, ob der Bewerber die erforderliche Qualifikation aufweist. Die Bewerbungen, die die geforderten Kriterien erfüllen, werden der zuständigen Filialleitung übermittelt. Die Filialleitung trifft sodann die Auswahlentscheidung anhand der ihr vom Recruitment-Center zugesandten Bewerbungsunterlagen und führt das Anhörungsverfahren nach § 99 BetrVG durch, wobei sie den Betriebsrat über alle bei ihr eingegangenen Bewerbungen informiert und ihm alle ihr vorliegenden Bewerbungsunterlagen zur Verfügung stellt.


Am 8.10.2010 bewarb sich Frau J. E., wohnhaft in F., im Online-Portal der Arbeitgeberin für die Position „Mitarbeiterin im Verkauf" in „Teilzeit" im Gebiet „Area 10", d. h. im Großraum M. (Bl. 42 d. A.). Am 11.10.2010 erhielt sie die Absage der Arbeitgeberin mit folgendem Internetanschreiben:


 „Leider können wir Deinem Wunsch, Mitarbeiterin in unserem Unternehmen zu werden, nicht entsprechen. Wie Du Dir vielleicht vorstellen kannst, haben wird eine Vielzahl an Bewerbungen bekommen, die für die zu vergebene Stelle in Frage kommen. Wir mußten uns daher, nach Einsicht der Unterlagen für eine engere Auswahl an Kandidaten entscheiden. ..."


Am 9.11.2011 hörte die Storemanagerin der Filiale F. den Betriebsrat zur Einstellung von Frau L. und Herrn T. an, ohne ihn über die Bewerbung von Frau E. zu informieren oder gar Ihre Bewerbungsunterlagen vorzulegen. Daraufhin forderte der Betriebsrat die Filialleitung mit Schreiben vom 16.11.2010 auf, künftig die Bewerbungen aller Bewerber im Verfahren nach § 99 BetrVG vorzulegen (Bl. 12 d. A.).


Herr O. R. bewarb sich insgesamt auf drei für die F. Filiale bestimmte Ausschreibungen im Online-Portal der Arbeitgeberin (Bl. 13 d. A.). Es handelte sich um zwei Stellenangebote vom 05.07. und 14.07.2011 als Mitarbeiter im Verkauf in Voll- bzw. Teilzeit und das Stellenangebot vom 05.08.2011 als Filialassistent. Die Ehefrau des Bewerbers R. war bereits in der Filiale in F. im Verkauf tätig. Nach der Unternehmensphilosophie der Arbeitgeberin soll ein Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen angestellten Ehepartnern in einer Filiale vermieden werden. Herr R. erhielt auf seine Bewerbungen Absagen, ohne dass dessen Bewerbungsunterlagen an die Filialleiterin in F. weitergeleitet wurden. Folglich unterrichtete die Filialleiterin den Betriebsrat im Anhörungsverfahren nach § 99 BetrVG nicht über den Bewerber R..


Am 01.12.2011 wurde der Betriebsrat bei der Besetzung der Stelle eines Visual Merchandiser beteiligt. Über eine Online-Bewerbung einer Frau M. V. wurde er nicht informiert. Die entsprechenden Bewerbungsunterlagen dieser Bewerber lagen dem Recruitment-Center, aber nicht der Storemanagerin vor.


Am 05.07.2011 beschloss der Betriebsrat, das vorliegende Beschlussverfahren einzuleiten.


Der Betriebsrat hat gemeint,


dass die Verfahren nach § 99 BetrVG in der Filiale in F. nicht ordnungsgemäß erfolgten, da ihm nicht die Unterlagen aller Bewerber durch die Storemanagerin vorgelegt worden seien. Der wiederholte Verstoß gegen die Vorlagepflicht der Bewerbungsunterlagen stelle einen groben Verstoß gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG dar, sodass ihm ein Verpflichtungsanspruch zustehe. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihm im Rahmen der Beteiligungsrechte bei Einstellungen die Unterlagen aller Bewerber, die sich auf eine zu besetzende Stelle in der Filiale in F. beworben hätten, zur Verfügung zu stellen. Im Recruitment-Center finde insoweit bereits eine Vorauswahl und somit eine Personalentscheidung im Sinne von § 99 BetrVG statt, bei der er zu beteiligen sei.


Der Betriebsrat hat beantragt,


1. der Arbeitgeberin aufzugeben, ihm im Rahmen der Anhörung nach § 99 BetrVG zu einer Einstellung die erforderlichen Bewerbungsunterlagen aller Bewerber vorzulegen und Auskunft über die Person aller Bewerber, den Betrieb in F. betreffend, zu geben;


2. der Arbeitgeberin wird für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus dem Antrag zu 1. ein Ordnungsgeld bis zu € 10.000,00 angedroht;


3. festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihm im Rahmen der Anhörung nach § 99 BetrVG zu einer Einstellung die erforderlichen Bewerbungsunterlagen aller Bewerber vorzulegen und Auskunft über die Person aller Bewerber zu geben, den Betrieb in F. betreffend, unter Einschluss derjenigen Bewerbungen, die bereits durch eines der Area-Büros der Arbeitgeberin aussortiert und nicht an die Filialleitung weitergereicht werden.


Die Arbeitgeberin hat beantragt,


die Anträge abzuweisen.


Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten,


dass weder ein einfacher noch ein grober Verstoß gegen die Pflichten gemäß § 99 BetrVG vorlägen. Es komme für die Frage, welche Bewerbungsunterlagen welcher Bewerber dem Betriebsrat vorzulegen sind, nicht auf die Kenntnisse des Recruitment-Centers an, sondern auf diejenigen der Filialleitung. Es sei zulässig, eine formale Vorauswahl durch eine zentrale Personalabteilung im Unternehmen durchführen zu lassen. Dies sei genauso zulässig wie eine Vorauswahl durch ein externes Personaldienstleistungsunternehmen. Zumindest handele es sich um eine ungeklärte und schwierige Rechtsfrage, ob dem Betriebsrat nur die vom Recruitment-Center - ähnlich wie die durch ein externes Personalberatungsunternehmen - der Filialleitung zugesandten Bewerbungsunterlagen zur Verfügung gestellt werden müssten, sodass schon deshalb kein grober Pflichtverstoß vorliege. Ungeachtet dessen habe sich Frau E. nicht auf einen konkreten Arbeitsplatz in der F. Filiale beworben. Herr R. sei nicht in die engere Auswahl für die Stelle des Filialassistenten gekommen, da seine Ehefrau in der gleichen Filiale tätig sei. Die Bewerbungen auf die Verkäuferstellen habe er vor Abschluss des Auswahlverfahrens zurückgenommen. Frau M. V. sei nicht in die engere Auswahl gezogen und nicht der Filialleitung vorgelegt worden, da sie die erforderliche Ausbildung nicht habe. In der Ausschreibung sei unstreitig eine Ausbildung als Dekorateurin oder Ähnliches verlangt worden.


Das Arbeitsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 09.02.2012 insgesamt abgewiesen. Der Betriebsrat habe keinen Anspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG darauf, dass im Rahmen eines Einstellungsverfahrens nach § 99 BetrVG auch die Bewerbungsunterlagen derjenigen Bewerber vorgelegt werden, die bereits im Recruitment-Center aussortiert worden seien. Wenn ein Arbeitgeber eine externe Dienstleistungsfirma einschalte und dieser die Berechtigung einräume, eine Vorauswahl durchzuführen, so sei der Arbeitgeber nur verpflichtet, die Bewerbungsunterlagen derjenigen Bewerber dem Betriebsrat vorzulegen, die ihm von der externen Dienstleistungsfirma benannt worden seien. Gleiches gelte, wenn eine zentrale Personalabteilung für den Betrieb eine Vorauswahl treffe. Bei einer personellen Einzelmaßnahme nach § 99 BetrVG sei derjenige Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, der die Personalentscheidung treffe und der betriebliche Ansprechpartner des Betriebsrats im Rahmen des geltend gemachten Mitbestimmungsrechts sei. Bei Einstellungen nach § 99 BetrVG sei es die Leitung des Betriebs, in dem der Betriebsrat gewählt sei. Die F. Filiale sei ein eigenständiger Betrieb i. S. v. § 3 BetrVG. Mithin sei die Filialleiterin bei dort zu besetzenden Stellen als „Arbeitgeber" i. S. d. § 99 BetrVG anzusehen. Dem Betriebsrat müssten mithin nur diejenigen Bewerbungsunterlagen übergeben werden, die der Filialleiterin von dem Recruitment-Center zugesandt worden seien. Letztere treffe keine Personalentscheidung im eigentlichen Sinne, d. h. keine Auswahl nach Eignung und Befähigung, sondern nur eine Vorauswahl nach formalen Kriterien. Ein grober Pflichtverstoß nach § 23 Abs. 3 BetrVG liege nicht vor, sodass auch kein Ordnungsgeld festzusetzen sei. Der Feststellungsantrag zu 3 sei zwar zulässig, aber - aus den vorgenannten Gründen - unbegründet.


Gegen diesen ihm am 27.04.2012 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am Pfingstdienstag, dem 29.05.2012, beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschwerde eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 27.07.2012 am 26.07.2012 begründet.


Der Betriebsrat wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er meint, der vorliegende Fall sei nicht mit dem Fall vergleichbar, der dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 18.12.1990 - 1 ABR 15/90 - zugrunde gelegen habe. Das Recruitment-Center mache gerade keinen Einstellungsvorschlag, sondern leite grundsätzlich alle Bewerbungen an die jeweilige Filiale weiter. Soweit es eine Vorauswahl nach „formalen Kriterien" treffe, handele es sich hierbei um eine Auswahlentscheidung. Das Recruitment-Center habe nicht nur die Aufgabe, Ausschreibungen im Internet zu veröffentlichen und Online-Bewerbungen entgegen zu nehmen, sondern führe eine Vorauswahl durch. Lediglich die Letztauswahl zwischen mehreren verbliebenen Bewerbern und die Einstellungsentscheidung führe die Filialleiterin durch. Im Übrigen sei die bei der Arbeitgeberin angestellte Filialleiterin auch nicht Arbeitgeber i. S. d. § 99 BetrVG. Die Arbeitgeberin habe auch mehrfach gegen ihre Pflichten nach § 99 BetrVG verstoßen. Bei der in F. wohnenden Bewerberin E. habe es nahe gelegen, dass sich diese auf eine Stelle in der Area 1 und nicht wie irrtümlich angegeben um eine solche in der Area 10 beworben hatte. Herr R. habe seine Bewerbung bis zur Auswahlentscheidung nicht zurückgenommen. Eine formale Auswahlregelung, dass in einer Filiale keine Eheleute in einem Über-/Unterordnungsverhältnis tätig sein dürften, existiere nicht. Zudem sei es um eine Abteilungsleiterstelle in der K. gegangen, während Frau R. als Verkäuferin in der D. gearbeitet habe. Frau V. sei als Floristin mit Dekorations- und Verkaufserfahrung für die Stelle der Visual Merchandiser nicht von vornherein ungeeignet gewesen.


Der Betriebsrat beantragt,


den Beschluss des Arbeitsgerichts Flensburg vom 09.02.2012, Az.: 2 BV 43/11 abzuändern und


1. der Arbeitgeberin aufzugeben, ihm im Rahmen der Anhörung nach § 99 BetrVG zu einer Einstellung die erforderlichen Bewerbungsunterlagen aller Bewerber vorzulegen und Auskunft über die Person aller Bewerber, den Betrieb in F. betreffend, zu geben;


2. hilfsweise: festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihm im Rahmen der Anhörung nach § 99 BetrVG zu einer Einstellung die erforderlichen Bewerbungsunterlagen aller Bewerber vorzulegen und Auskunft über die Person aller Bewerber zu geben, den Betrieb in F. betreffend, unter Einschluss derjenigen Bewerbungen, die bereits durch eines der Area-Büros der Arbeitgeberin aussortiert und nicht an die Filialleitung weitergereicht werden.


Die Arbeitgeberin beantragt,


die Beschwerde zurückzuweisen.


Die Arbeitgeberin verteidigt den angefochtenen Beschluss. Sie habe bei Einstellungen für die Filiale F. die Unterrichtungsansprüche des Betriebsrats nach § 99 BetrVG jeweils vollständig erfüllt. Der Verpflichtungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG bestehe nicht. Frau E. habe sich objektiv für eine andere Filiale beworben. Frau V. verfügte offensichtlich nicht über die vorausgesetzten Qualifikationen. Sie habe keine abgeschlossene Ausbildung als Dekorateurin, Gestalterin für visuelles Marketing oder einschlägige Berufserfahrung. Auch Herr R. habe als Ehemann einer bereits in der F. Filiale beschäftigten Verkäuferin offensichtlich nicht die vorausgesetzten Qualifikationen eines Abteilungsleiters erfüllt. Vorliegend habe sie zwar keine externe Personalberatung beauftragt, sondern sich einer internen Personalberatung bedient. Bewerber i. S. v. § 99 BetrVG sei nur derjenige, der in einem konkreten Anbahnungsverhältnis zum jeweiligen Store-Manager einer Filiale stehe.


II.


Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig, insbesondere ist sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 89 Abs. 1, Abs. 2; 89 Abs. 2; 66 Abs. 1; 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 518; 519 ZPO.


In der Sache selbst hat die Beschwerde teilweise Erfolg. Der in der Berufungsinstanz gestellte Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.


1. Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Verpflichtungsanspruch gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG besteht nicht.


a) Nach § 23 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber bei einem groben Verstoß gegen seine Verpflichtungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz durch das Arbeitsgericht aufgeben lassen, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Ein grober Verstoß des Arbeitgebers ist bei einer objektiv erheblichen und offensichtlich schwerwiegenden Pflichtverletzung zu bejahen. Diese Anforderungen sind regelmäßig erfüllt, wenn er mehrfach und erkennbar gegen seine Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen hat (BAG, Beschl. v. 18.08.2009 -1 ABR 47/08 -, Rn. 36, AP Nr 1 zu § 3 AGG). Eine grobe Pflichtverletzung indiziert die Wiederholungsgefahr (BAG, Beschl. v. 29.04.2004 - 1 ABR 30/02 -, AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1972 'Durchführung'). Diese ist nur dann ausgeschlossen, wenn aus faktischen oder rechtlichen Gründen eine Wiederholung des betriebsverfassungswidrigen Verhaltens ausscheidet (Fitting, 26. Aufl., Rn. 65 zu § 23 BetrVG). Die Zusicherung, zukünftig betriebsvereinbarungswidriges Verhalten zu unterlassen, genügt hierfür nicht (BAG, Beschl. v. 23.06.1992 - 1 ABR 11/92 -, AP Nr. 20 zu § 23 BetrVG).


Eine grobe Pflichtverletzung setzt kein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers voraus (BAG, Beschl. v. 29.04.2004 - 1 ABR 30/02 -, AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1972 'Durchführung'). Es kommt nur darauf an, dass unter Berücksichtigung des Gebots zur vertrauensvollen Zusammenarbeit die Anrufung des Arbeitsgerichts durch den Betriebsrat gerechtfertigt erscheint. Indessen liegt kein Fall einer groben Pflichtverletzung vor, wenn der Arbeitgeber in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht handelt, selbst wenn diese sich später als unzutreffend herausstellt (BAG, Beschl. v. 08.08.1989 - 1 ABR 63/88 -, AP Nr. 18 zu § 95 BetrVG 1972; BAG, Beschl. v. 16.07.1991 - 1 ABR 69/90 -, AP Nr. 44 zu § 87 BetrVG 1972 'Arbeitszeit'; BAG, Beschl. v. 26.07.2005 - 1 ABR 29/94 -, AP Nr. 43 zu § 95 BetrVG 1972; LAG Hamm, Beschl. v. 25.09.2009 - 10 TaBV 21/09 -, zit. n. Juris; Fitting, a.a.O., Rn. 63 zu § 23 BetrVG, GK/Oetker, 9. Aufl., Rn. 175 zu § 23 BetrVG; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 13. Aufl., Rn. 205 zu § 23 BetrVG.


b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte ein grober Verstoß der Arbeitgeberin vorliegend nicht angenommen werden.


Die Arbeitgeberin hat die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Einstellung gemäß § 99 BetrVG in Bezug auf die Bewerber E., R. und V. nicht grob verletzt, indem sie dem Betriebsrat deren Bewerbungsunterlagen nicht zukommen ließ.


aa) Im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens bei Einstellungen hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Die Vorlagepflicht bezieht sich nicht nur auf die Bewerbungsunterlagen der Kandidaten, die der Arbeitgeber für geeignet hält und in die engere Auswahl zieht. Vielmehr sind die Personalien und eingereichten Unterlagen aller, also auch der nicht vom Arbeitgeber zur Einstellung vorgesehenen und damit abgelehnten Bewerber vorzulegen (st. Rspr. und hM, vgl. nur BAG, Beschl. v. 14.12.2004 - 1 ABR 55/03 -, AP Nr. 122 zu § 99 BetrVG 1972; BAG, Beschl. v. 06.04.1973 - 1 ABR -, AP Nr. 1 zu § 99 BetrVG 1972; Fitting, a.a.O., Rn. 167 zu § 99 BetrVG; Richardi/Thüsing, 13. Aufl., Rn. 134 zu § 99 BetrVG; a. A. GK-Kraft BetrVG, a.a.O. Rn. 90 zu § 99 BetrVG) . "Vorlage" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Unterlagen für die Dauer der gesetzlichen Entscheidungsfrist tatsächlich zur Verfügung zu stellen und zu überlassen und damit dem Zustimmungsantrag in der Regel beizufügen hat (BAG, Beschl. v. 14.12.2004 - 1 ABR 55/03 -, AP Nr. 122 zu § 99 BetrVG 1972; Richardi/Thüsing, a.a.O. Rn. 147 zu § 99 BetrVG; Fitting, a.a.O., Rn. 156 zu § 99 BetrVG; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, a.a.O., Rn. 146 zu § 99 BetrVG).


bb) Hieran gemessen hat die Arbeitgeberin gegen die nach § 99 Abs. 1 BetrVG bestehenden Unterrichtungs- und Vorlagepflichten nicht grob verstoßen.


 (1) Die Arbeitgeberin war entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht verpflichtet, dem Betriebsrat im Rahmen des am 09.11.2010 eingeleiteten Anhörungsverfahrens auch die Personalien und Bewerbungsunterlagen der Bewerberin E. mitzuteilen bzw. vorzulegen. Es ist unstreitig, dass Frau E. sich ausweislich ihrer Internetbewerbung um eine Stelle in der Area 10, d. h. für eine Stelle im Großraum M., beworben hatte. Der Arbeitgeber genügt seiner Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG, wenn er dem Betriebsrat alle Bewerbungsunterlagen der Personen vorlegt, die auf einem bestimmten ausgeschriebenen Arbeitsplatz beschäftigt werden sollen. Demgegenüber ist er nicht verpflichtet, dem Betriebsrat auch die Unterlagen derjenigen Bewerber vorzulegen, die sich um andere Arbeitsplätze beworben haben. Die Bewerberin E. hatte sich gerade nicht auf eine Stelle in der F. Filiale beworben. Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet, insoweit Mutmaßungen anzustellen, ob es sich bei der Bewerbung auf eine freie Stelle in einem konkreten Gebiet, das weit vom derzeitigen Wohnort des Bewerbers entfernt ist, um einen Irrtum der Bewerbers handelt und vorsorglich dem Betriebsrat auch dessen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.


 (2) Es erweist sich aber auch nicht als grober Verstoß i. S. v. § 23 Abs. 3 BetrVG, dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat bei der Besetzung zweier Stellen im Verkauf und einer Stelle als Filialassistenten im Juli/August 2011 die Unterlagen des Bewerbers R. sowie bei der Besetzung der Stelle eines Visual Merchandisers Anfang Dezember 2011 die Unterlagen der Bewerberin V. nicht vorgelegt hat. Unstreitig hatten sich diese Bewerber auf konkrete, für die F. Filiale ausgeschriebene Stellen beworben. Dass die Arbeitgeberin dem Betriebsrat in den jeweiligen Anhörungsverfahren nach § 99 BetrVG gleichwohl deren Bewerbungsunterlagen nicht ausgehändigt hat, ist kein schwerwiegender und damit grober Verstoß gegen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß §§ 23 Abs. 3, 99 Abs. 1 BetrVG. Vielmehr beruht diese Unterlassung auf dem Umstand, dass die Arbeitgeberin davon ausging, dass die vom Recruitment-Center getroffene „Vorauswahl" mit dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall (Urt. v. 18.12.1990 - 1 ABR 15/90 -) der Beauftragung einer externen Personalberatungsfirma, geeignete Bewerber auf einen bestimmten Arbeitsplatz vorzuschlagen, vergleichbar sei. Im ersten Leitsatz der zitierten Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass dann, wenn der Arbeitgeber ein Personalberatungsunternehmen beauftragt, ihm geeignete Bewerber zur Einstellung auf einen bestimmten Arbeitsplatz vorzuschlagen, sich die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 1 BetrVG auf die Personen und deren Unterlagen beschränkt, die ihm das Personalberatungsunternehmen genannt hat. Ausgehend von dieser Rechtsprechung haben Teile der Literatur geschlussfolgert, dass dieser vom Bundesarbeitsgericht aufgestellte Grundsatz auch dann gelte, wenn die Vorauswahl durch eine zentrale Personalabteilung des Unternehmens getroffen werde (Reiserer; BB 1992, 2499; Fitting, a.a.O., Rn. 169 zu § 99 BetrVG). Eine gesicherte instanzgerichtliche oder gar höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser strittigen Rechtsfrage gibt es - soweit ersichtlich - noch nicht. Diese in der Literatur teilweise vertretene Rechtsauffassung, die sich auch das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Eigen gemacht hat, ist zumindest vor dem Hintergrund vertretbar, dass das Recruitment-Center nur an Hand des von der Filialleitung selbst vorgegebenen Anforderungsprofils eine Vorauswahl unter den Bewerbern trifft und die eigentliche Auswahlentscheidung die einstellungsbefugte Filialleiterin, die auch das Anhörungsverfahren einleitet, vornimmt. Angesichts dieser schwierigen und ungeklärten Rechtslage ist die Vorenthaltung der vom Recruitment-Center aussortierten Bewerbungsunterlagen kein grober Pflichtverstoß i. S. v. § 23 Abs. 3 BetrVG.


2. Indessen ist der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag zulässig und begründet.


a) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin kann das Bestehen, der Inhalt und der Umfang eines Mitbestimmungsrechts gelöst von einem konkreten Ausgangsfall zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden, wenn die Maßnahme, für die ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch genommen wird, im Betrieb häufiger auftritt und sich auch zukünftig wiederholen kann (vgl. BAG, Beschl. v. 17.11.2010 - 7 ABR 123/09 -, AP Nr. 47 zu § 99 BetrVG 1972 'Eingruppierung'). Das auch im Beschlussverfahren erforderliche besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO ist unter diesen Voraussetzungen zu bejahen. Vorliegend ist zwischen den Betriebsparteien nicht das Mitbestimmungsrecht als solches, sondern der Umfang der sich aus § 99 Abs. 1 BetrVG ergebenden Unterrichtungspflichten der Arbeitgeberin strittig. Auch künftig werden alle für die F. Filiale zu besetzenden Stellen von dem Recruitment-Center des Areabüros 1 in H. ausgeschrieben, von dort die eingehenden Online-Bewerbungen aufgenommen und eine sogenannte „Vorauswahl" an Hand der Ausschreibungskriterien getroffen. Der Antrag des Betriebsrats führt den Streit über den Umfang des Mitbestimmungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG einer umfassenden Klärung zu.


Der Feststellungsantrag ist auch hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift, die auch auf das Beschlussverfahren anzuwenden ist, muss eine Klageschrift bzw. Antragsschrift u. a. einen „bestimmten Antrag" enthalten. Dieser unterliegt im Beschlussverfahren denselben Anforderungen wie im Urteilsverfahren. Der betriebliche Vorgang, hinsichtlich dessen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats streitig ist, muss deshalb so genau bezeichnet werden, dass mit der Entscheidung über den Antrag feststeht, für welche Maßnahmen oder Vorgänge das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist. Dafür muss der jeweilige Streitgegenstand so konkret umschrieben werden, dass die Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Betriebsparteien entschieden werden kann (BAG, Beschl. v. 07.02. 2012 - 1 ABR 58/10 -, zit. n. Juris).


Hieran gemessen erfüllt der Feststellungsantrag die Bestimmtheitsanforderungen nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Insoweit wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf Ziff. II. 2. a) aa) der zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Die Beschwerdekammer schließt sich ausdrücklich den dortigen Ausführungen des Arbeitsgerichts an. Gegen das Bestimmtheitserfordernis erhebt die Arbeitgeberin in der Beschwerdeinstanz letztlich auch keine Einwände mehr.


b) Der Feststellungsantrag ist auch begründet.


aa) Der Betriebsrat hat im Rahmen des Anhörungsverfahrens gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG Anspruch auf Auskunft über alle Personen und deren Bewerbungsunterlagen, die sich auf konkret ausgeschriebene Stellen für die F. Filiale beworben haben. Bewerber im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG ist derjenige, der sich auf einen konkreten Arbeitsplatz bewirbt. Auch derjenige, der das in der Ausschreibung vorgegebene Anforderungsprofil nicht erfüllt und damit von vornherein vom Arbeitgeber nicht in die engere Auswahl gezogen wird, ist Bewerber i. S. d. § 99 Abs. 1 BetrVG. Nur dann, wenn die Bewerbung auf einen konkreten Arbeitsplatz erkennbar nicht ernst gemeint ist oder der Bewerber in keiner erkennbaren Weise und damit ganz offensichtlich nicht dem vorgegebenen Anforderungsprofil entspricht, handelt es sich nicht um einen Bewerber im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG. Nach der Bestimmung des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber vor einer Einstellung dem Betriebsrat nicht nur die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen, sondern hat ihm auch Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Dazu gehören auch Auskünfte über die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen der einzelnen Bewerber für den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz (BAG, Beschl. v. 28.06.2006 - 1 ABR 26/04 -, AP Nr. 49 zu § 99 BetrVG 1972 'Einstellung'; Fitting, a.a.O., Rn. 174 zu § 99 BetrVG). Der Arbeitgeber hat dabei die Punkte, die ihn veranlasst haben, die erfolgte Auswahlentscheidung zu treffen, in nachvollziehbarer Weise darzustellen. Dabei darf er sich nicht auf eine pauschalierende Gesamtbewertung beschränken, sondern muss den Betriebsrat von den der Bewertung zugrunde liegenden Tatsachen in Kenntnis setzen. Ggf. bedarf es sogar einer vergleichenden Darstellung, warum der ausgewählte Bewerber besser war als die anderen (LAG Hamm, Beschl. v. 22.01.2010 - 13 TaBV 60/09 -, zit. n. Juris).


Die vom Recruitment-Center vorgenommene „Vorauswahl nach formellen Kriterien" entbindet die Arbeitgeberin vorliegend nicht, dem Betriebsrat gleichwohl alle Bewerber unter Vorlage der Bewerbungsunterlagen, die sich auf eine ausgeschriebene Stelle für die F. Filiale beworben haben, zu benennen und entsprechend Auskunft zu erteilen. Lässt der Arbeitgeber, der eine Vielzahl von Filialen unterhält, die Stellenausschreibungen aller Filialen und die Bearbeitung der daraufhin eingehenden Bewerbungen durch eine zentrale Personalabteilung bzw. ein internes Recruitment-Center durchführen, ist er im Rahmen der Anhörung nach § 99 Abs. 1 BetrVG verpflichtet, dem Betriebsrat Auskunft über die Person aller Bewerber und deren Bewerbungsunterlagen zu erteilen. Ein solches internes Recruitment-Center ist nicht vergleichbar mit einem externen Personalberatungsunternehmen, welches dem Arbeitgeber geeignete Bewerber benennen soll. In letzterem Falle hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat nur Auskunft über die Bewerber zu geben, die ihm vom Personalberatungsunternehmen vorgeschlagen wurden (BAG, Beschl. v. 18.12.1990 - 1 ABR 15/09 -, AP Nr. 85 zu § 99 BetrVG 1972).


bb) Dabei wird nicht verkannt, dass der Arbeitgeber den Kreis der Bewerber durch die Art der Ausschreibung ausweiten, aber auch einschränken kann. Die Einschränkung des Bewerberkreises durch die Art der Suche nach qualifizierten Bewerbern ist an sich nicht betriebsverfassungswidrig (BAG, Beschl. v. 18.12.1990 - 1 ABR 15/90 -, a.a.O.). Ob der Arbeitgeber eine Stelle nur in der örtlichen Printpresse oder Online und damit bundesweit ausschreibt, hat Einfluss auf die Größe des Bewerberkreises. Insoweit steht dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht zu. Insbesondere ist es dem Arbeitgeber aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen auch nicht verwehrt, mit dem Auswahlverfahren ein externes Personalberatungsunternehmen zu beauftragen. Der Umfang der Unterrichtungspflichten hängt dann von der Art des Auftrages ab.


 (1) Wenn sich der Arbeitgeber an einen Personalberater wendet, um ihm einen geeigneten und von diesem, dem Personalberater, zur Vermittlung geführten Bewerber für eine konkret zu besetzende Stelle vorzuschlagen, beschränkt sich die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers auf die Personen und deren Bewerbungsunterlagen, die ihm der Personalberater vorschlägt. Dies ist der Fall der Beauftragung eines sogenannten Headhunters, der Arbeitnehmer an Arbeitgeber vermittelt. Der Headhunter führt eine Kundenkartei von zumeist höher- oder hochqualifizierten Führungskräften, die er an Arbeitgeber vermittelt. Gleiches gilt dann, wenn der Headhunter eine Führungskraft oder einen Spezialisten gezielt für den Arbeitgeber bei einem Dritten abwirbt.


 (2) Hiervon zu unterscheiden ist allerdings der Fall, dass der Arbeitgeber ein Personalberatungsunternehmen damit beauftragt, für ihn eine konkrete Stelle per Annonce oder Online auszuschreiben und aufgrund der eingehenden Bewerbungsunterlagen ihm konkrete Besetzungsvorschläge zu unterbreiten. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber in diesem Falle den Betriebsrat über alle Bewerber unter Vorlage von deren Unterlagen nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu unterrichten, also auch über diejenigen, die das Personalberatungsunternehmen nicht für geeignet hält (BAG, Beschl. v. 18.12.1990 - 1 ABR 15/90 -, Rn. 21, a.a.O.). Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, dass der Personalberater bereits auftragsgemäß eine Vorauswahl getroffen habe und er selbst, der Arbeitgeber, nicht im Besitz der vom Personalberater aussortierten Bewerbungsunterlagen sei. Dies wäre eine unzulässige Umgehung der gesetzlichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Vielmehr muss der Arbeitgeber in diesem Falle die Herausgabe der aussortierten Bewerbungsunterlagen von dem Personalberatungsunternehmen verlangen, um seiner Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat vollständig entsprechen zu können (BAG, Beschl. v. 18.12.1990 - 1 ABR 15/90 -, Rn. 21, a.a.O.).


cc) Hieran gemessen ist der vorliegende Fall nicht im Ansatz mit dem vom BAG mit Beschluss vom 18.12.1990 - 1 ABR 15/90 - entschiedenen Fall der Unterrichtungspflichten bei der Beauftragung eines Headhunters vergleichbar.


Bei dem Recruitment-Center handelt es sich nicht um eine Art der Personalvermittlungsstelle. Vielmehr übernimmt das interne Recruitment-Center zentral für alle ihm unterstellten Filialen die mit der Ausschreibung von Stellen und dem Eingang von Bewerbungen einhergehenden Aufgaben. Dort werden die zu besetzenden Stellen auf dem Onlineportal der Arbeitgeberin ausgeschrieben und die Online eingehenden Bewerbungen gesichtet, ggfs. weitere oder klarstellende Auskünfte von den Bewerbern eingeholt und sodann bearbeitet. Das Recruitment-Center darf dabei eine Vorauswahl der eingehenden Bewerber treffen und der Filialleitung somit einen Besetzungsvorschlag unterbreiten, um beispielsweise die bundeseinheitlichen Unternehmenskonzepte zu wahren. Indessen hat der Betriebsrat im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG Anspruch auf Auskunft über alle Bewerber nebst Aushändigung der entsprechenden Bewerbungsunterlagen. Ansonsten hätte es die Arbeitgeberin in der Hand, den Umfang der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats durch Zwischenschaltung einer internen Personalbewerbungszentrale zu beschränken. Die „Vorauswahl" durch das Recruitment-Center führt zu einer objektiven Umgehung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Einstellungen gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG und ist damit rechtswidrig. Dabei kommt es unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Mitbestimmungsrechte nicht darauf an, dass die praktizierte Verfahrensweise bei der mutmaßlichen Fülle der eingehenden Bewerbungen effizient und sinnvoll ist. Wie bereits in der Beschwerdeverhandlung angesprochen kann praktische Schwierigkeiten in Großbetrieben durch entsprechende Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bzw. Gesamtbetriebsrat vorgebeugt werden, dass z. B. eine Unterrichtung des Betriebsrates nur über die Bewerber erfolgt, die nach einer Vorauswahl des Arbeitgebers unter bestimmten Gesichtspunkten überhaupt für eine Einstellung in Betracht kommen (Fitting, a.a.O., Rn. 168 zu § 99 BetrVG).


Die Arbeitgeberin bzw. deren Recruitment-Center der Area 1 hat vorliegend auch nicht nur eine Vorauswahl nach „formellen" Gesichtspunkten getroffen, was auch immer darunter zu verstehen ist. Vielmehr hat das Recruitment-Center nicht nur diejenigen Bewerber aussortiert, die sich auf keine für die F. Filiale ausgeschriebenen Stellen beworben hatten (z. B. Frau E.), sondern auch solche, die (vermeintlich) nicht das Anforderungsprofil erfüllten und damit für die konkrete Stelle ungeeignet erschienen (z. B. Frau V.) und dem Unternehmenskonzept (keine verwandtschaftlichen Beziehungen auf unterschiedlichen Hierarchieebenen) widersprachen (z. B. Herr R.).


3. Nach alledem war unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses dem Hilfsfeststellungsantrag stattzugeben und im Übrigen die Beschwerde zurückzuweisen.


Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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