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Arbeitsrecht
24.06.2016
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Arbeitszeitkonto zur Anpassung der Arbeitszeit an die Betriebszeit – Keine Pflicht zum Ausstempeln bei Annahmeverzug des Arbeitgebers

ArbG Berlin, Urteil vom 29.4.2016 – 28 Ca 1511/16

Volltext: BB-ONLINE BBL2016-1588-6

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

1. Allein die vertragliche Vereinbarung eines sogenannten Arbeitszeitkonto's, das seiner erklärten Zwecksetzung zufolge eine „Anpassung der Betriebszeiten an die Arbeitszeiten“ anstrebt, erzeugt als solche ohne diesbezügliche Weisung noch keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, zur Vermeidung von Vergütungsansprüchen kraft Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 BGB) bei Störungen des Arbeitsablaufs „auszustempeln“.

2. Stellt danach der Arbeitgeber fest, dass ein Arbeitnehmer die Zeit einer Arbeitsstockung in der Kantine statt am Arbeitsplatz verbracht hat, ohne zuvor „auszustempeln“, so stellt dies somit bereits keine Vertragspflichtverletzung dar.

Das gilt auch dann, wenn vertraglich vereinbart ist, dass „sämtliche Pausen“ durch entsprechende Buchungen am Zeiterfassungsterminal zu erfassen seien. Insbesondere scheidet dann eine auf „Arbeitszeitbetrug“ gestützte Kündigung aus.

Sachverhalt

Es geht um auf Gründe im Verhalten (hier: wegen „Arbeitszeitbetrugs“) gestützte – vorzugsweise fristlose Kündigung. - Vorgefallen ist folgendes:

I.              Der (heute[1]) 49-jährige Kläger trat im Juli 1990 (wohl) als „Papierschneider“ in die Dienste der Beklagten, die mit einer nicht mitgeteilten Zahl von Beschäftigten eine Druckerei betreibt. Nachdem er von Januar 2006 bis Juni 2007 vorübergehend in ein anderes Unternehmen (wohl) derselben Branche gewechselt hatte, nahm ihn per Juli 2007 wieder die Beklagte unter Vertrag. Dazu unterzeichneten die Parteien ein neues Reglement (Kopie[2]: Urteilsanlage I.), das seine erwähnte Zwischenbeschäftigung ausdrücklich auf die Beschäftigungsdauer bei der Beklagten anrechnete[3]. Hiernach bezog der Kläger zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bei 37,5 Wochenarbeitsstunden eine Monatsvergütung, über deren Höhe die Angaben der Parteien auseinander gehen: Während er sie mit rund 3.750,-- Euro (brutto) beziffert[4], spricht die Beklagte von einem „Durchschnittsverdienst von 2.796,63 € brutto monatlich“[5]. Fest steht, dass in deren hiesigem Standort ein Betriebsrat nicht gewählt ist.

II.             Mit besagten „Ereignissen“ hat es folgende Bewandtnis:

1.            Bereits unter dem Datum des 29. Juni 2007 hatten die Parteien eine nach Erscheinungsbild und Diktion von der Beklagten vorformulierte „Anlage zum Arbeitsvertrag“ (Kopie[6]: Urteilsanlage II.) unterzeichnet, auf deren Grundlage für die Beschäftigten ein sogenanntes „Zeitkonto“ eingeführt wurde. Darin heißt es unter anderem:

1            Ziel und Zweck

Zweck dieser Vereinbarung ist die an Mitarbeiterinteressen orientierte Anpassung der Betriebszeiten an die Arbeitszeiten einerseits und eine vorrangige Berücksichtigung der Belange unserer Kunden mit dem Ziel einer erhöhten Flexibilisierung und Wettbewerbsfähigkeit andererseits.

2             Arbeitszeit

Die betriebliche Soll-Arbeitszeit beträgt 36,5 bezahlte Stunden/Woche. Die tarifliche Wochenarbeitszeit beträgt zur Zeit 35 Stunden/Woche. Sollte sich die tarifliche Wochenarbeitszeit ändern, so hat diese Änderung Vorrang. Die Pausenbezahlung erfolg[t] entsprechend Tarif.

Halbjährlich wird die Rendite des konsolidierten Standorts ermittelt (s. Punkt 9). Bei einer Rendite von unter 5% erhöht sich die betriebliche Soll-Arbeitszeit um 1 Stunde/Woche und bei unter 0% um 2,5 Stunden/Woche jeweils ohne Entgeldausgleich[7].

Die Wochentage Montag bis Freitag haben eine gleichmäßige tägliche Soll-Arbeitszeit von 1/5-tel der gesamten wöchentlichen Soll-Arbeitszeit.

Die Wahl des jeweiligen Tages- und Wochenprogramms und der arbeitsfreien Tage obliegt der Planung der Firma. Sie werden spätestens zwei Tage vorher angekündigt. Vorbehaltlich der Zustimmung der betroffenen Mitarbeiter können das Tages- und Wochenprogramms sowie arbeitsfreie Tage kürzer angekündigt werden. Die Festlegung der Arbeitszeit erfolgt je Funktionsbereich, je Aggregat oder je Mitarbeiter.

Es wird für jeden Mitarbeiter ein Zeitkonto geführt. Beginn, Unterbrechung und Ende der Arbeit sind immer im Zeiterfassungssystem zu buchen. Der maximale Stand auf dem Zeitkonto darf im Plus maximal 95 Stunden und im Minus ebenfalls maximal 95 Stunden betragen. Stunden, die im Rahmen dieser Modelle angesammelt werden, sind keine Mehrarbeit. Für die Zeit von Montag bis Freitag werden keine Mehrarbeitszuschläge gezahlt.

3             Pausen

Jeder Mitarbeiter hat täglich in Summe folgende Pausendauer mindestens einzuhalten:

- bei mehr als 4 Stunden Arbeitszeit insgesamt 15 Minuten Pausendauer

- bei mehr als 6 Stunden Arbeitszeit ingesamt 30 Minuten Pausendauer

Sämtliche Pausen werden durch entsprechende Buchungen am Zeiterfassungsterminal, jeweils bei Pausenbeginn und Pausenende, erfasst.

Der jeweilige Vorgesetzte (z.B. Maschinenführer, Vorarbeiter, Abteilungsleiter) legt die Lage der Pause verantwortlich nach Fertigungserfordernissen fest. Vor jedem Pausenbeginn ist die Zustimmung des Vorgesetzten einzuholen“.

3.            Als weitere „Anlage zum Arbeitsvertrag“ unterzeichneten die Parteien ein auf den 30. März 2011 datiertes und nach Erscheinungsbild und Diktion gleichfalls vonseiten der Beklagten vorformuliertes Schriftstück (Kopie[8]: Urteilsanlage III.). In dessen Text heißt es unter anderem:

„1.           Betriebliche Arbeitszeit

 

Es gilt eine regelmäßige betriebliche Wochenarbeitszeit i.d.R. von 37,50 Std. bzw. 7,5 Std. arbeitstäglich an fünf Werktagen in Wechselschicht (zwei- bzw. dreischichtig) ohne die Berücksichtigung der Pausen. Abweichungen hiervon sind im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich.

2.            Arbeitszeitkonto

Für den Mitarbeiter wird ein persönliches Arbeitszeitkonto geführt, mit dem Produktions- und Auslastungsschwankungen ausgeglichen werden. In diesem Konto wird die jeweilige Differenz zwischen der arbeitsvertraglichen Arbeitszeit und der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit erfasst und kumuliert. Das bedeutet beispielsweise, dass bei einer Tagesarbeitszeit von 7,5 Std. dem Konto 0,5 Std. gutgeschrieben und bei einem Schichtausfall dem Konto 7,0 Std. belastet werden. Bei Lohnfortzahlung wird keine Arbeitszeit dem Konto gutgeschrieben.

Der Mitarbeiter kann Guthabenstunden bis zu einem am Monatsletzten festgestellten Saldo von größer als 37,5o Stunden zur Auszahlung anfordern, der mit der nächsten Lohnabrechnung abgerechnet wird.

Ein Minussaldo wird durch Mehrarbeit ausgeglichen.

Die Vertragsänderung zu 1. + 2. gilt ab dem 01.04.2011; das bisherige Arbeitszeitkonto wird mit seinem Saldo per 31.03.2011 fortgeführt“.

4.            Am Montag, dem 28. Dezember 2015, war der Kläger – soweit ersichtlich – zur Spätschicht (ab 14.00 Uhr) eingeteilt[9]. Aufzeichnungen des Zeiterfassungssystems zufolge (Kopie[10]: Urteilsanlage IV.), legte er von 17.06 bis 17.36 eine Pause ein. Dann geschah, soweit die teilweise fragmentarische Darstellung der Parteien es erkennen lässt, folgendes:

a.            Um 20.30 Uhr zog sich ein Kollege des Klägers (Herr B.), der die „MLB-Maschine“[11] führte, aus dem Betriebsgeschehen zurück[12]. Zur Begründung gibt die Beklagte an, dass „keine Arbeit mehr zu verrichten gewesen“ sei[13]. Deshalb habe der Kollege „Feierabend“ gemacht[14]. Der Kläger blieb demgegenüber (wohl) – jedenfalls zunächst - vor Ort.

b.            Für die Zeit von 20:08:44 Uhr bis 21:36:51 Uhr registrierte nach Darstellung der Beklagten eine Videokamera, die im Verbindungsgang zur Kantine montiert ist (Foto der Örtlichkeit[15]: Urteilsanlage V.), dass der Kläger – ohne dabei am Zeiterfassungsgerät (s. Urteilsanlage V. [linke Seite]) aus- oder einzustempeln -, die Kantine aufsuchte. Nach Rückkehr in seinen Arbeitsbereich beendete er seine Schicht in dieser Nacht sodann um 22.03 Uhr (Urteilsanlage IV.).

5.            Dabei blieb es – jedenfalls zunächst.

a.            Mit Schreiben vom 25. Januar 2016 (Kopie[16]: Urteilsanlage VI.) empfing der Kläger vonseiten der Beklagten folgende Nachricht:

Anhörung

… wir haben konkrete Hinweise darauf, dass Sie sich in der Vergangenheit vermehrt im Pausenbereich aufgehalten haben ohne sich vorher ordnungsgemäß zur Pause am Zeiterfassungsterminal ausgestempelt zu haben. Es wurde daher für die Zeiten der Pausen Lohn bezahlt, obwohl Ihnen dieses nicht zustand.

Wir beabsichtigen Sie am Dienstag, den 26. Januar 2016 um 13.00 Uhr im Besprechungsraum Berlin zu diesen Vorwürfen anzuhören, Ihnen die Vorwürfe konkret vorzuhalten sowie Ihnen Gelegenheit zu geben, die Vorwürfe zu entkräften. Wenn Sie es wünschen, steht es Ihnen frei, eine Person Ihres Vertrauens zu diesem Gespräch mitzubringen“.

b.            Am Folgetag (26. Januar 2016) fand sich der Kläger wie geheißen zur so anberaumten Unterredung im Hause ein. Hier hielt ihm der Geschäftsführer der Beklagten vor, am 28. Dezember 2015 um 20.08 Uhr die Kantine betreten und diese um 21.36 Uhr wieder verlassen zu haben, „ohne sich am Zeiterfassungsterminal auszuloggen“[17]. Damit sei die betreffende Verweilzeit „als Arbeitszeit“ gebucht worden[18]. Angaben der Beklagten zufolge räumte der Kläger schließlich ein, „sich falsch verhalten“ und „für sein Fehlverhalten“ entschuldigt zu haben.

6.            Das reichte der Beklagten nicht. Mit Schreiben vom 29. Januar 2016 (Kopie[19]: Urteilsanlage VII.), das seinen Adressaten am selben Tag erreichte, erklärte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses „fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. August 2016“.

III.            Damit wiederum will es der Kläger nicht bewenden lassen. Er nimmt die Beklagte mit seiner am 1. Februar 2016 bei Gericht eingereichten und vier Tage später (5. Februar 2016) zugestellten Klage auf Feststellung in Anspruch, dass die erwähnte Kündigung sein Arbeitsverhältnis weder mit sofortiger Wirkung beendet habe noch unter Wahrung einer Frist auflösen werde. Zwar werfe die Beklagte ihm vor, „sich unter Verletzung seiner Arbeitspflicht vermehrt im Pausenbereich aufgehalten“ zu haben, ohne vorher zur Pause auszustempeln[20]. Irgendeinen Grund, der die außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnte, sei jedoch, wie sich zeigen werde, nicht gegeben[21]. Die vorsorglich auch fristgemäß erklärte Kündigung sei sozial ungerechtfertigt[22].

IV.           Der Kläger beantragt sinngemäß,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose, noch durch die hilfsweise fristgerecht zum 31. August 2016 ausgesprochene Kündigung der Beklagten im Schreiben vom 29. Januar 2016 aufgelöst wurde oder wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

V.            Sie hält das Klagebegehren der Sache nach für gegenstandslos[23]. Sie sieht sich zur – auch abrupten – Kündigung für berechtigt, weil sich der Kläger am 28. Dezember 2015 rund eineinhalb Stunden, während derer er sich in der Kantine aufgehalten habe, „als Arbeitszeit mit Mehrarbeit und Mehrarbeitszuschlägen“ habe berechnen lassen[24]. Obwohl er gewusst habe, „dass er den Arbeitsplatz zu verlassen“ habe, „wenn nichts mehr zu tun“ sei, habe er im sicheren Wissen und Kenntnis den Arbeitsplatz nicht verlassen sich auch beim Zeiterfassungsterminal nicht austragen lassen[25]. Stattdessen sei er „im Betriebsbereich“ verblieben[26]. Dadurch seien ihm allein für den 28. Dezember 2015 Mehrarbeitszuschläge und Mehrarbeitsstunden von 32,27 Euro abgerechnet und ausgezahlt worden[27]. Hiernach habe sich ihr (Beklagte) für den 28. Dezember 2015 der dringende Verdacht aufgedrängt, dass er sie betrogen habe[28]. - Im Übrigen legt sie Wert auf die Feststellung, dass es sich nicht um einen einmaligen Verstoß gehandelt habe[29]: Vielmehr sei der Kläger auch an weiteren – genannten[30] – Tagen „genauso verfahren“[31].

VI.           Hierzu erwidert der Kläger unter anderem[32], er bestreite die Kantinenaufenthalte nicht[33]. Allerdings habe er in den fraglichen Fällen „schlicht nichts mehr zu tun“ gehabt[34]. Produktive Arbeit sei „nicht mehr vorhanden“ gewesen[35]. Soweit die Beklagte ihm betrügerisches Verhalten vorwerfe, weil er gewusst habe, „dass er den Arbeitsplatz zu verlassen und nach Hause zu gehen“ habe, wenn nichts mehr zu tun sei, bleibe sie eine Begründung zur Quelle solcher Verpflichtungen schuldig[36]. Jedenfalls ergebe sich diese (Begründung) nicht aus der Vereinbarung vom 30. März 2011[37] (s. oben, S. 3-4 [3.]; Urteilsanlage III.). Abgesehen von Bedenken gegen den dortigen Versuch, ihr Betriebsrisiko bei einem Schichtausfall in vollem Umfang auf die Arbeitnehmer abzuwälzen[38], könne der Klausel in Nr. 2 zum Schichtausfall jedenfalls nicht entnommen werden, dass er (Kläger) unter Belastung seines Arbeitszeitkontos nach Hause zu gehen habe, wenn nichts mehr zu tun sei[39]. Sollte hingegen auch dies damit gemeint sein, so sei die Klausel nicht nur völlig intransparent, sondern stellte auch eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB[40] dar[41]. Richtigerweise könne die Beklagte Auslastungsprobleme nicht einseitig zu Lasten ihrer Arbeitnehmer lösen[42]: Sei Arbeit nicht vorhanden, befinde sie sich im Annahmeverzug[43]. Er jedenfalls habe einen Anspruch auf Bezahlung der vollen täglichen Arbeitszeit, auch wenn er nichts zu tun gehabt habe[44]. Folglich sei auch dem Arbeitszeitkonto die volle Arbeitszeit gutzubringen gewesen[45]. Den Vorwurf eines betrügerischen Verhaltens weise er zurück[46].

VII.          Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen. Hier sind die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 7. April 2016 nur mit der Maßgabe inbegriffen, dass die Beklagte dazu zum Kammertermin am 8. April 2016 kein ausreichende rechtliches Gehör mehr erhalten hat. Soweit hier aus diesem Schriftsatz zitiert oder berichtet wird, geschieht dies daher ausschließlich zur Illustration.

Aus den Gründen

Der Klage ist ihr Erfolg nicht zu versagen. Die Kündigung im Schreiben vom 29. Januar 2016 (Urteilsanlage VII.) hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Sie wird Lösungswirkung auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt zeitigen. Denn sie ist unwirksam. - Im Einzelnen:

A.         Der Kläger hat seine Feststellungsklage binnen dreier Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens (29. Januar 2016) bei Gericht einreichen lassen (1. Februar 2016). Die Zustellung ist am 5. Februar 2016 bewirkt worden. Damit hat der Kläger selbst ohne die andernfalls rechtlich gebotene[47] Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen aus § 167 ZPO[48] die ihm durch die § 13 Abs. 1 Satz 2[49], § 4 Satz 1[50] KSchG zur Klageerhebung gesetzte dreiwöchige Frist gewahrt. Die Kündigung „gilt“ folglich nicht schon kraft Gesetzes nach § 7 (1. Halbsatz)[51] KSchG als „von Anfang an rechtswirksam“. Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit vielmehr eines besonderen (hier in erster Linie sogar „wichtigen“) Grundes und darf – selbstverständlich – auch sonst nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen.

B.         Diesen Anforderungen genügt die hiesige Kündigung indessen nicht. Der Kläger hat der Beklagten keinen Grund gegeben, sein Arbeitsverhältnis – sogar fristlos - aufzukündigen[52]. Die Kündigung wäre schon nicht i.S.d.§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[53]„sozial gerechtfertigt“[54]. Folglich steht der Beklagten erst recht kein sogenannter „wichtiger“ Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB[55] zu, kraft dessen sofortige Lösungswirkung zu erzielen wäre. Durchschlagend kündigungsrelevante Tatsachen sind von der dafür als Arbeitgeber bekanntlich darlegungs- und beweisbelasteten[56] Beklagten nicht beigebracht. - Der Reihe nach:

I.          Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[57] ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist. Von den so umschriebenen möglichen „Störquellen“ (Wilhelm Herschel [58]) im Vollzug eines Arbeitsverhältnisses geht es dem Beklagten erklärtermaßen um sogenannte verhaltensbedingte Gesichtspunkte. Als Grundstein setzt eine so motivierte Kündigung eine – in aller Regel: vorwerfbare - Verletzung vertraglicher Pflichten des Arbeitnehmers voraus[59].

II.         Bereits diese Voraussetzung verhaltensbedingter Kündbarkeit des hiesigen Arbeitsverhältnisses kann der Beklagten hier schon nach eigener Darstellung nicht bescheinigt werden:

1.         Einzuräumen ist ihr, dass sogenannter „Arbeitszeitbetrug“ den Arbeitgeber bei Wahrung der übrigen Kautelen zur Kündbarkeit geschützter Arbeitsverhältnisse einen Grund zur – ggf. abrupten – Trennung verschaffen kann. Insofern kennen die Gerichte für Arbeitssachen sogar in aller Regel keinen Pardon[60]. Das stellt der Kläger allerdings auch nicht in Abrede, so dass sich weitere Überlegungen hierzu für den Streitfall erübrigen. Trivial ist allerdings die nicht minder gültige Aussage, dass der einer Kündigung zugrunde gelegte Lebenssachverhalt den betreffenden Vertragsverstoß hergeben muss.

2.         Gerade dies lässt sich hier jedoch nicht feststellen. Hier fehlt es nämlich angesicht des von ihm schon erwähnten Annahmeverzugs (s. § 615 Satz 1 BGB[61]) nicht nur an verifizierbaren Versuchen des Klägers, die Beklage zu schädigen. Es ist schon keine Vertragspflicht brauchbar aufgezeigt, die er mit seinen Kantinenaufenthalten am 28. Dezember 2015 (und den von der Beklagten bezeichneten Parallelsachverhalten im November und Dezember 2015 [s. oben, S. 6 Fn. 30]) verletzt habe:

a.         Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Beklagte den Kläger am 28. Dezember 2015 für die Zeit von 14.00 bis 22.00 Uhr zur Verrichtung ihrer Spätschicht eingeteilt hatte (s. oben, S. 4 [4.]). Diese hatte er auch pünktlich angetreten (Urteilsanlage IV.). Soweit er ab spätestens 20.08 Uhr keine produktive Tätigkeit entfaltete, sondern seine betriebliche Präsenz bis 22.03 Uhr teils in der Kantine, teils am Arbeitsplatz verbrachte, ist jedenfalls gleichermaßen unstreitig, dass die Voraussetzungen produktiver Tätigkeit nicht mehr erfüllt waren: Die Beklagte sagt es vielmehr - mit Blick auf Herrn B. – selber (s. oben, S. 4 Fn. 12): Es war keine Arbeit mehr zu verrichten.

b.         Wenn sie dem Kläger bei dieser Sachlage eine – gar kündigungsrelevante – Vertragsverfehlung zuschreibt, weil er den Betrieb nicht umgehend verlassen und sie vor den ihrerseits unerwünschten Folgen des kodifzierten „Annahmeverzugs“ (§ 615 Satz 1 BGB[62]) verschont habe, so macht sie es sich deutlich zu leicht:

ba.       Richtig ist allerdings, dass sie gerade im hiesigen Versuch, mit formularvertraglichen Mitteln „Produktions- und Auslastungsschwankungen“ mithilfe des hiesigen Arbeitszeitkonto's auf Kosten ihrer Belegschaft nach Möglichkeit auszugleichen (Urteilsanlage III.), dem kundigen Betrachter unschwer erkennbar gemacht hat, dass sie wenigstens Teile ihres erwähnten, in § 615 Satz 1 BGB hinsichtlich der Konsequenzen kodifizierten „Betriebsrisiko's“ an ihre Beschäftigten weitergereicht sehen will. In welchem Umfange dies gesetzlich – zumal unter dem „Firmament“[63] heutiger Inhaltskontrolle (§§ 305[64] ff., 307[65] BGB) – normativ statthaft ist, braucht hier im Einzelnen nicht ausgeleuchtet zu werden. Fest steht jedoch, dass sich allein aus dem erkennbaren Wunsch nach tunlichster Selbstentlastung noch keine konkreten Verhaltenspflichten des Personals herleiten. Diese im Einzelnen näher auszugestalten, ist vielmehr Teil ihrer anhand des § 106 Satz 1 GewO[66] denn auch prinzipiell – und ohne Betriebsrat sogar prozedual einseitig - umsetzbaren Organisationslast.

bb.       Genau das ist hier für den Fall, dass ihr im Laufe einer Schicht für das dazu eingeteilte Personal die Beschäftigungsressourcen mit der Folge ausgehen, dass dieses nicht mehr bis zum kalkulierten Ende ausgelastet werden kann, offenbar nicht geschehen. Anders als für den (kompletten) „Schichtausfall“, für den sie in Nr. 2 ihres Reglements vom 30. März 2011 (s. oben, S. 4 [vor 4.]; Urteilsanlage III.) eine Lösung darin sucht, das Arbeitszeitkonto ihrer Beschäftigten mit sieben Stunden zu belasten, ist für den Fall einer Störung im Zuge des Schichtverlaufs – soweit ersichtlich – keinerlei Vorsorge getroffen. Insbesondere ist von einer Weisung keine Rede, mit der der Pflichtenkreis betroffener Mitarbeiter einschlägig konfiguriert (worden) wäre. Soweit sich Herr B. in der fraglichen Nacht von sich aus zurückgezogen und der Beklagten damit mutmaßlich Verzugslohnansprüche erspart hat, kann das für die Rechte des Klägers keine Rolle spielen. Für solche Problemlagen hat bekanntlich schon das Reichsarbeitsgericht (RAG) die nötigen Klarstellungen getroffen[67]. Das sieht das Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht anders[68].

bc.       Hat sich der Kläger nach allem nicht deshalb einer Vertragspflichtverletzung schuldig gemacht, weil er sein betriebliches Dasein am 28. Dezember 2015, anders als Herr B., seinerzeit nicht ebenfalls abbrach, so gilt nicht deshalb etwas anderes, weil er seine Zeit bis zum Schichtablauf teilweise in der Kantine - und nicht am Arbeitsplatz - verbracht hat. Das bleibt bestenfalls Äußerlichkeit. Dass die Beklagte sich schon im vorherigen Reglement vom 29. Juni 2007 (s. oben, S. 3 [vor 3.]; Urteilsanlage II.) hatte unterschreiben lassen, „sämtliche Pausen“ durch entsprechende Buchungen im hiesigen Zeiterfassungsterminal (Urteilsanlage V.) zu erfassen, vermag das Blatt gleichfalls nicht zu wenden: Abgesehen davon, dass der Kläger seine arbeitszeitrechtlich gebotene Pause (§ 4 ArbZG[69]) für diese Schicht bereits absolviert hatte (s. oben, S. 4 [4.]), handelte es sich beim hiesigen Wechsel vom Arbeitsplatz in die mutmaßlich aufenthaltsfreundlichere Kantine wegen Produktionsstillstand nicht um eine „Pause“ im arbeitszeitrechtlichen Sinne. Im Gegenteil: Wollte die Beklagte vom Kläger hier erwarten, dass er die betriebsbedingte Verweilzeit in der Kantine zur „Pause“ - buchstäblich – stempelte, so hätte sie genau das erreicht, was ihr die Prinzipien des § 615 Satz 1 BGB nicht zugedacht haben. Seinen ersatzlosen Verzicht auf Verzugsvergütung. - Dazu trat ihn keine Rechtspflicht.

3.         Ergibt sich bereits hiernach keine Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses des Klägers, weil eine Vertragspflichtverletzung nach Lage der Dinge auf Anhieb ausscheidet, so können die weiteren von den Parteien aufgeworfenen oder sich anderweit möglicherweise stellenden Fragen – etwa zur erwähnten Inhaltskontrolle des Reglements zum Arbeitszeitkonto nach §§ 305 ff. BGB – ebenso auf sich beruhen wie die Frage nach persönlichkeitsrechtlicher Unbedenklichkeit (Art. 1 Abs. 1[70], 2 Abs. 1[71] GG) der hiesigen Erhebung und Verwertung von Videoaufnahmen zur Ahndung vermeintlichen Fehlverhaltens (s. Urteilsanlage V.; §§ 32[72], 4 Abs. 1[73] BDSG). Nur beiläufig sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass die hier offenbar permanente Überwachung des Verbindungsbereichs zur Kantine nebst Zeiterfassungsterminals sich als erheblicher Eingriff in normativ geschützte Persönlichkeitsbelange des Personals der Beklagten darstellen könnte. Ob dergleichen „Beifang“ allein mit dem Vortrag der Beklagten zu legitimieren wäre, es solle anhand dieser Technik „Diebstählen und Einbrüchen“ begegnet werden[74], könnte zumindest zweifelhaft erscheinen[75].

III.        Die Konsequenzen dieser Befunde spiegelt der Tenor zu I. des Urteils.

C.         Für Kosten und Streitwert lässt es sich kurz machen:

I.          Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO[76]). Diese Kosten hat es der Beklagten als unterlegener Partei zuweisen müssen (s. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO[77]; Tenor zu II.).

II.         Den Wert des Streitgegenstandes hat das Gericht aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG[78] im Tenor festgesetzt und gemäß den Wertungen aus § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG[79] mit der dreifachen Monatsvergütung des Klägers bemessen. Das macht (3 x 3.750[80],-- Euro = ) 11.250,-- Euro und erklärt den Tenor zu III.



[1]   Geboren im August 1966.

[2]   S. Kopie des Arbeitsvertrags vom 12./16.7.2007 als Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 4-7 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA“]).

[3]   S. „Präambel“ zum vorerwähnten ArbV; Text: „Herr L. [Name des Klägers im Original ausgeschrieben; d.U.] war vom 02.07.1990 bis zum 31.12.2005 bei der [Beklagten] beschäftigt. Vom 01.01.2006 bis zum 30.06.2007 wechselte Herr L. zur G. D. + B. GmbH. Unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeiten wechselt Herr L. zum 01.07.2007 zurück zur [Beklagten]“.

[4]   S. Klageschrift S. 2 (Bl. 2 GA).

[5]   S. Klageerwiderungsschrift vom 23.3.2016 S. 1 (Bl. 15 GA).

[6]   S. Kopie als Anlage B 2 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 29-32 GA).

[7]   Schreibweise (statt „Entgeltausgleich“) im Original; d.U.

[8]   S. Kopie als Anlage B 1 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 28 GA).

[9]   S. Klageerwiderungsschrift S. 6 [3.] (Bl. 20 GA): „Am 28.12.2015 begann der Kläger seine Schicht um 14:00 Uhr“.

[10] S. Kopie als Anlage B 4 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 35 GA).

[11] S. Klageerwiderungsschrift S. 6 [4.] (Bl. 20 GA); worum genau es sich bei diesem Aggregat handelt, hat das Gericht nicht festgestellt; d.U.

[12] S. Klageerwiderungsschrift S. 6-7 [4.] (Bl. 20-21 GA): „Es ergab sich nämlich an diesem 28.12.15, dass der mit dem Kläger an der MLB-Maschine arbeitende und die Maschine führende Kollege, Herr B., um 20:30 Uhr gegangen war, da keine Arbeit mehr zu verrichten gewesen ist“.

[13] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O. - Zitat vorige Fußnote.

[14] S. Klageerwiderungsschrift S. 7 [4 a.] (Bl. 21 GA).

[15] S. Farbkopie als Anlage B 5 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 36 GA).

[16] S. Kopie als Anlage K 3 zur Klageschrift (Bl. 9 GA).

[17] S. Klageerwiderungsschrift S. 9 (Bl. 23 GA).

[18] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[19] S. Kopie als Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 8 GA).

[20] S. Klageschrift S. 2 (Bl. 2 GA).

[21] S. Klageschrift S. 3 (Bl. 3 GA).

[22] S. Klageschrift a.a.O.

[23] S. Klageerwiderungsschrift S. 1-13 (Bl. 15-27 GA) nebst Anlagen B 1 bis B 9 (Bl. 28-42 GA).

[24] S. Klageerwiderungsschrift S. 9 (Bl. 23 GA).

[25] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[26] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[27] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[28] S. Klageerwiderungsschrift S. 10 [vor 6.] (Bl. 24 GA).

[29] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[30] S. Klageerwiderungsschrift S. 10-11 [6.] (Bl. 24-25 GA): 02.11.2015: 5.48 bis 5.58 Uhr – 10 Minuten; 10.11.2015: 4.52 bis 5.04 Uhr – 12 Minuten; 11.11.2015: 23.54 bis 00.02 Uhr – 8 Minuten; 26.11.2015: 19.21 bis 19.25 Uhr – 5 Minuten; 23.12.2015: 20.06 bis 20.44 Uhr – 36 Minuten; 21.29 bis 21.44 Uhr – 15 Minuten; 29.12.2015: 20.11 bis 20.58 Uhr – 43 Minuten; 30.12.2015: 20.43 bis 21.39 Uhr – 43 Minuten.

[31] S. Klageerwiderungsschrift S. 10 [6.] (Bl. 24 GA).

[32] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 S. 1-4 (Bl. 43-46 GA).

[33] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 S. 2 (Bl. 44 GA).

[34] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 a.a.O.

[35] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 a.a.O.

[36] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 aS. 3 (Bl. 45 GA): „Woraus sich diese Verpflichtung ergeben soll, sagt die Beklagte nicht“.

[37] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 a.a.O.

[38] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 S. 2 (Bl. 44 GA); nochmals S. 3 (Bl. 45 GA).

[39] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 S. 3 (Bl. 45 GA).

[40] S. Text: „§ 307 Inhaltskontrolle. (1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. 2Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist“.

[41] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 S. 3 (Bl. 45 GA).

[42] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 a.a.O.

[43] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 a.a.O.

[44] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 S. 4 (Bl. 46 GA).

[45] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 a.a.O.

[46] S. Schriftsatz vom 7.4.2016 a.a.O.

[47] Vgl. zur analogen Anwendung der Vorgängervorschrift in § 270 Abs. 3 ZPO statt vieler BAG 26.6.1986 – 2 AZR 358/85 – BAGE 52, 263 = AP § 4 KSchG 1969 Nr. 14 = NZA 1986, 761 [B.II.3 c, cc.], wonach die Regelung des § 270 ZPO a.F. „auch im Bereich der Klageerhebung nach § 4 KSchG Anwendung findet“; 17.6.1998 – 2 AZR 336/97 – NZA 1998, 1225 = RzK I 7 b Nr. 32 [II.1.], wonach „gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 KSchG auch dann gewahrt wird, wenn die Klage zwar vor Fristablauf bei dem Gericht eingereicht worden ist, aber die Zustellung an den Prozessgegner erst danach erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: ,demnächst')“; ebenso schon BAG 8.4.1976 – 2 AZR 583/74 – AP § 4 KSchG 1969 Nr. 2.

[48] S. Text: „§ 167 Rückwirkung der Zustellung. Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt“.

[49]        S. Text: „§ 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen. (1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden“.

[50] S. Text: „§ 4 Anrufung des Arbeitsgerichts. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist“.

[51] S. Text: „§ 7 Wirksamwerden der Kündigung. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam“.

[52] Soweit sich für die Belegschaft der Beklagten keine konkrete Kopfzahl angeben lässt (s. oben, S. 2 [I.], bleibt das unschädlich; beide Parteien sehen die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 Abs. 1 KSchG) offenbar als unproblematisch an. Das Gericht unterstellt diese daher; d.U.

[53] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist“.

[54] S. zu dieser Prüfungsfolge auch bei Erklärung einer fristlosen Kündigung näher Ulrich Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen (1987), S. 483-484: „Der Rechtsanwender, dem die Überprüfung einer außerordentlichen Kündigung obliegt, fragt – als Kontrollüberlegung – zunächst, ob der vorgelegte Sachverhalt überhaupt eine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen vermag. Diese Kontrollfrage ist möglich, geboten und hilfreich, weil es in der Tat keinen außerordentlichen Kündigungsgrund geben dürfte, der nicht in diese Dreiteilung eingeordnet werden könnte. … Kommt er nach dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass schon eine ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt wäre, scheitert natürlich erst recht die außerordentliche Kündigung“; ders. DB 1990, 685, 689; ders. Anm. BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 44; Reiner Ascheid, KSchR (1993), Rn. 92; Walter Erman/Detlev W. Belling, BGB, Handkommentar, 12. Auflage (2008), § 626 Rn. 45; früher schon Klaus Popp, Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (1980), in: Wilhelm Maus/F. Jochen Kremp, Handbuch des Arbeitsrechts, Teil VI B; s. im gleichen Sinne auch Wilhelm Herschel, BB 1982, 254.

[55] S. Text: „§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann“.

[56] S. zur Beweislast für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG; Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) … 4Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen“; s. entsprechend zum „wichtigen Grund“ nach § 626 Abs. 1 BGB statt vieler etwa BGH 20.2.1995 – II ZR 9/94 – ZIP 1995, 560 = NJW-RR 1995, 669 [I.3 a.]: „Wer einen wichtigen Kündigungsgrund geltend macht, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 28.10.2002 – II ZR 353/00 – ZIP 2002, 2254 = NJW 2003, 431 [I.2 c, bb.]: „Wer einen Kündigungsgrund im Sinne von § 626 BGB geltend macht, wie hier die Beklagte, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 12.2.2007 – II ZR 308/05 – ZIP 2007, 396 = NJW-RR 2007, 690 [III.1.]; ständige Rechtsprechung.

[57] S. Text oben, Fn. 52.

[58] S. Wilhelm Herschel, Anm. BAG [23.7.1970] AP § 1 Gesamthafenbetriebsgesetz Nr. 3 [III.b.2]: „Die Dreiteilung der Kündigungsgründe gibt … die Richtung an, aus der die Störung kommen kann“; ebenso BAG 25.11.1982 – 2 AZR 140/81 – BAGE 40, 361 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 7 [B.I.3.]; 29.1.1997 – 2 AZR 9/96 – BAGE 85, 107 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 32 = NZA 1997, 709 [II.1 c.]: „§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG differenziert insoweit nach der ,Störquelle', nicht nach den der ,Störung' eventuell zugrunde liegenden ferneren Ursachen“.

[59] S. dazu statt vieler BAG 23.6.2009 – 2 AZR 283/08 – AP § 1 KSchG 1969 Abmahnung Nr. 5 = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75 [I.1.]: „Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht – in der Regel schuldhaft – erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit anderer Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint“; s. zur derzeitigen Formel der Judikatur des Zweiten Senats aus neuerer Zeit anschaulich BAG 19.4.2012 – 2 AZR 186/11 – AP § 14 KSchG 1969 Nr. 13 = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 40 = NZA 2013, 27 = DB 2013, 214 [I.2 b. - „Juris“-Rn. 23]: „Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe ,bedingt‘, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht“; 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 – NZA 2014, 250 [B.I.1. - „Juris“-Rn. 20]; s. zu § 626 Abs. 1 BGB orientierungshalber auch BAG 20.8.2009 – 2 AZR 165/08 – NZA 2009, 1227 [B.I.]: „Eine schwere, insbesondere schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grunde an sich nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen“.

[60] S. dazu statt vieler nur etwa BAG 9.6.2011 – 2 AZR 381/10 – AP § 626 BGB Nr. 234 = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 35 = NZA 2011, 1027 = ZTR 2011, 628 [Orientierungssatz 2.]: „Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine ihm gegenüber dem Arbeitgeber bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB)“.

[61] S. Text: „§ 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko. - 1Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. 2Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt“.

[62]        S. Text oben, S. 10 Fn. 60.

[63]        Sprachliche Anleihe bei Hartmut Oetker, Der arbeitsrechtliche Bestandsschutz unter dem Firmament der Grundrechtsordnung (1996), S. 1 ff.

[64]        S. Textauszug:  „§ 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag. (1) 1Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) bei Abschluss eines Vertrages stellt. 2Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. 3Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind“; vom weiteren Abdruck wird abgesehen; d.U.

[65]        S. Textauszug oben, S. 7 Fn. 40.

[66]        S. Text: „§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers. 1Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind“.

[67] S. hierzu instruktiv RAG 19.6.1929 – RAG 552/28 – ARS 6, 253, 256-257: „Der Beurteilung des danach zu prüfenden Grundes der beharrlichen Arbeitsverweigerung hat der Berufungsrichter mit Recht eine Erörterung der objektiven Rechtslage hinsichtlich der den Klägern obliegenden Arbeitszeit zugrunde gelegt. Er hat es zutreffend abgelehnt, in diesem Zusammenhang den Gesichtspunkt gelten zu lassen, der für das Arbeitsgericht entscheidend war, dass die große Mehrzahl der Belegschaft sich der Anforderung des Arbeitgebers gefügt hat. Es widerspricht den Zwecken und der positivrechtlichen Ordnung der Arbeitsschutzgesetzgebung gegenüber den Regelungen gesetzlicher und tariflicher Arbeitszeitregelung, Mehrheitsentscheidungen innerhalb der Belegschaft einen rechtlich bedeutsamen Einfluss einzuräumen. Waren die Kläger ebenso wie die andere Belegschaft zu der von der Beklagten angeordneten Mehrarbeit nicht verpflichtet, so kann es dem Rechtsstandpunkt, den die Kläger vertreten haben, nicht Abbruch tun, dass die übrige Belegschaft auf ihren Rechten nicht bestanden hat“.

[68] S. statt vieler nur BAG 18.12.1964 – 5 AZR 262/64 – AP § 611 BGB Gratifikation Nr. 51 = NJW 1965, 1347 = BB 1965, 588 = DB 1965, 897 [III.3 a. - „Juris“-Rn. 26]: „Soweit es nicht aufzuklären sein sollte, inwieweit die Solvenzverhältnisse im Einzelnen den Beklagten nach den damaligen – nicht nach retrospektiven – Beurteilungsmöglichkeiten nötigten, den Arbeitnehmern eine Kürzung oder Stundung ihrer Gratifikationsansprüche anzusinnen, geht das an sich zu Lasten des Beklagten. Denn der von den übrigen Arbeitnehmern ausgesprochene Verzicht als solcher hindert den Kläger, der nicht verzichtet hat, nicht, seine Ansprüche zu verfolgen. … Denn rechtlich handelt es sich im vorliegenden Fall dennoch um einen vertraglichen Anspruch des Klägers, den er nur verliert, wenn er erfüllt wird oder wenn sonstige vom BGB anerkannte Erfüllungssurrogate (Aufrechnung, Hinterlegung, Erlaß) durchgreifen (...)“.

[69]   S. Text: „§ 4 Ruhepausen. - 1Die Arbeit ist durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. 2Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepausen beschäftigt werden“.

[70]   S. Text: „Art. 1 [Schutz der Menschenwürde, Menschenrechte, Grundrechtsbindung] (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“.

[71]   S. Text: „Art. 2 [Freie Entfaltung der Persönlichkeit, … ] (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“.

[72]   S. Text: „§ 32 Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. - (1) Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Beschäftigte im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. - (2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ohne dass sie automatisiert verarbeitet oder in oder aus einer nicht automatisierten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhoben werden. - (3) Die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten bleiben unberührt“.

[73]   S. Text: „§ 4 Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung. - (1) Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat“.

[74]   S. Klageerwiderungsschrift S. 6 [3.] (Bl. 20 GA): „Die genaue Zeit, die der Kläger sich in der Kantine aufgehalten hat, ließ sich durch eine für jeden sichtbaren und allseits bekannten Überwachungskamera dokumentieren, die installiert worden ist um insbesondere den Eingangsbereich des Betriebsgebäudes zu überwachen, um Diebstählen und Einbrüchen begegnen zu können“.

[75]   S. dazu statt vieler beispielsweise nur Achim Seifert, in: Spiros Simitis (Hrg.), BDSG, 8. Auflage (2014), § 32 Rn. 80: „Wegen der besonderen Intensität eines durch Videoüberwachung verursachten Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Beschäftigten ist die Rechtfertigungsschwelle hoch anzusetzen. Eine nur präventive Videoüberwachung ohne konkreten Grund genügt den Anforderungen des § 32 Abs. 1 Satz 1 grundsätzlich nicht, wie bereits eine Auslegung im Lichte von § 32 Abs. 1 Satz 2 zeigt (…). Zu verlangen ist deshalb, dass sich das Interesse des Arbeitgebers an einer Videoüberwachung wegen des Vorliegens konkreter Anhaltspunkte für Diebstähle oder sonstiger Straftaten gegen den Arbeitgeber und wegen fehlender milderer Mittel als überwiegend erweist (...)“.

[76]   S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) … (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen“.

[77]   S. Text: „§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht. (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen … “.

[78]   S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest“.

[79]   S. Text: „§ 42 Wiederkehrende Leistungen. (1) … (4) Für die Wertberechnung bei Rechts-streitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahrs zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet“.

[80]   Das Gericht legt hier trotz der diesbezüglichen Divergenzen der Parteien (s. oben, S. 2 [vor II.]) den vom Kläger bezeichneten Wert zugrunde, weil dieser den Angaben der Beklagten in seiner Verdienstabrechnung für Dezember 2015 (Kopie: Anlage B 3 zur Klageerwiderungsschrift – Bl. 33-34 GA) entspricht: Wenn dort als steuerpflichtiges Entgelt seit Januar 2015 insgesamt 45.367,52 Euro angegeben sind (Bl. 34 GA), so entspricht ein Zwölftel dessen 3.780,63 Euro; d.U.

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