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Arbeitsrecht
28.02.2024
Arbeitsrecht
LAG Mecklenburg-Vorpommern: Arbeitnehmerüberlassung – Besserstellung von Leiharbeitnehmern gegenüber eigenen Arbeitnehmern – Postpersonalreform

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 9.1.2024 – 5 Sa 37/23

ECLI:DE:LAGMV:2024:0109.5SA37.23.00

Volltext: BB-Online BBL2024-563-3

 

Leitsätze

1. Ein Arbeitnehmer wird nicht deshalb zu einem Leiharbeitnehmer, weil seine direkten Vorgesetzten und die Mehrzahl der Mitarbeiter im Betrieb nicht in einem Arbeitsverhältnis zu der Arbeitgeberin stehen, sondern als Leiharbeitnehmer aus einem anderen (konzernangehörigen) Unternehmen oder als zugewiesene Beamte beschäftigt sind.

2. Der Gleichstellungsgrundsatz des § 8 Abs. 1 AÜG schützt Leiharbeitnehmer vor einer Schlechterstellung gegenüber einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer. Er schützt jedoch nicht die Stammarbeitnehmer. Ein Anspruch auf Gewährung des Entgelts der besser vergüteten Leiharbeitnehmer ergibt sich daraus nicht.

§ 1 Abs 1 AÜG, § 8 Abs 1 AÜG, § 13 AÜG, § 106 GewO, § 2 PostPersRG, § 242 BGB

 

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob sich die Beschäftigung der Klägerin rechtlich als Arbeitnehmerüberlassung darstellt und ihr deshalb Auskunft über die Arbeitsbedingungen, insbesondere die Vergütung anderer Beschäftigter zu erteilen ist.

Die 1964 geborene Klägerin schloss mit der Beklagten zum 01.01.2013 einen Arbeitsvertrag über eine Beschäftigung als Call-Center Agentin im Servicecenter am Standort S-Stadt. Die Parteien vereinbarten eine kalenderjährliche durchschnittliche Arbeitszeit von 1.566 Stunden, was einer 30-Stunden-Woche entspricht. Die monatliche Vergütung betrug zuletzt € 1.394,66 brutto. Ein Tarifvertrag findet auf das Arbeitsverhältnis nicht Anwendung.

Die Beklagte ist ein konzernabhängiges Unternehmen, das über mehrstufige Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge mit der Nebenintervenientin verbunden ist. Die Beklagte beschäftigt bundesweit rund 2.500 Mitarbeiter/innen an 21 Standorten, von denen sie mit etwa 900 selbst einen Arbeitsvertrag geschlossen hat. Im Übrigen setzt die Beklagte Leiharbeitnehmer/innen ein, von denen mehr als 1.500 aus konzernangehörigen und rund 70 aus konzernfremden Unternehmen stammen. Gegenstand des Unternehmens ist die Erbringung von (Mehrwert-)Dienstleistungen in den Bereichen Kundenkommunikation und -prozessmanagement, Customer Relationship Management (CRM) über alle Kommunikationskanäle und -medien hinweg sowie der Betrieb von Customer Service Centern.

Am Standort S-Stadt arbeiten ca. 45 Beschäftigte. Zwei dieser Beschäftigten, u. a. die Klägerin, sind dort als Call-Center Agenten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten tätig, während die übrigen Beschäftigten von der Nebenintervenientin entliehen oder als Beamte nach dem Postpersonalrechtsgesetz zugewiesen sind. Die von der Nebenintervenientin entliehenen und zugewiesenen, als Call-Center Agenten eingesetzten Beschäftigten werden deutlich besser vergütet als die Klägerin. Die Nebenintervenientin verfügt über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

Die unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin ist eine Teamleiterin, Frau M., die in einem Arbeitsverhältnis zur Nebenintervenientin steht und von dieser an die Beklagte entliehen ist. Den Teamleitern übergeordnet ist eine Abteilungsleiterin, Frau Z., die verbeamtet und der Beklagten zugewiesen ist. Ihr Vorgesetzter ist der Leiter Kundencenter K-Stadt und S-Stadt, Herr M., ein Beamter. Herr M. war zunächst nach dem Postpersonalrechtsgesetz beurlaubt. Seit Eintritt in die Altersteilzeit im November 2022 ist er aufgrund einer Zuweisung dort tätig. Herr M. wiederum ist dem für den Kundenservice Privatkunden Post & Paket zuständigen Geschäftsführer unterstellt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass sie rechtlich betrachtet als Leiharbeitnehmerin beschäftigt sei, da der Betrieb gerade nicht von der Beklagten geführt werde, sondern von der Nebenintervenientin, die neben den gesamten Führungskräften auch den weitaus größten Teil der Call-Center Agenten stelle. Die Leitung der Betriebsstätte S-Stadt liege ausschließlich in den Händen der Nebenintervenientin. Tatsächlich sei die Klägerin in einer Arbeitsorganisation der Nebenintervenientin eingegliedert. Als Leiharbeitnehmerin könne sie deshalb Auskunft über die für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen, um ihre Ansprüche auf Gleichstellung geltend machen zu können.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass es sich bei der von der Klägerin zu leistenden Tätigkeit als Call-Center Agentin im Servicecenter der Beklagten am Standort S-Stadt um Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG an die Nebenintervenientin handelt,

2. die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Auskunft über die im Betrieb der Nebenintervenientin im Servicecenter S-Stadt der Beklagten für vergleichbare Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu erteilen.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben beantragt, die Klage abzuweisen. Das Servicecenter in S-Stadt betreibe allein die Beklagte, nicht aber die Nebenintervenientin. Die Beklagte stelle die notwendigen Betriebsmittel, um die Kundenanliegen mündlich oder schriftlich beantworten zu können. Die wesentlichen wirtschaftlichen Entscheidungen treffe die Geschäftsführung am Sitz des Unternehmens. Der Beklagten sei es nicht verwehrt, Leiharbeitnehmer einzusetzen, und zwar auch als Führungskräfte. Es sei sogar zulässig, einen Betrieb ausschließlich mit Leiharbeitnehmern oder freiberuflichen Handelsvertretern zu führen. Das Gleiche gelte für zugewiesene Beamte. Mit der Zuweisung gehe das Direktionsrecht von der Nebenintervenientin auf die Beklagte über.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin nicht als Leiharbeitnehmerin eingesetzt sei. Vielmehr arbeite sie als Stammarbeitnehmerin in dem Betrieb ihrer Vertragsarbeitgeberin. Dass die Mehrzahl der im Betrieb Beschäftigten letztlich Arbeitnehmer der Nebenintervenientin seien, ändere daran nichts, da die Leitung des Betriebs und die Weisungskette auf die Geschäftsführung der Beklagten zurückzuführen seien. Es handele sich nicht um einen Betrieb der Nebenintervenientin. Unabhängig davon sei es zulässig, einen Betrieb allein mit Leiharbeitnehmern zu führen. Eine Auskunft zur Vergütung der von der Nebenintervenientin entliehenen Arbeitnehmer könne die Klägerin nicht verlangen, da sie aus keinem Rechtsgrund, insbesondere nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, einen Anspruch darauf habe, in gleicher Höhe vergütet zu werden. Ein Verleiher dürfe seine verliehenen Arbeitnehmer besser vergüten als ein Entleiher seine Stammarbeitnehmer. Es gebe zwar einen Gleichstellungsanspruch des Leiharbeitnehmers, nicht aber einen Gleichstellungsanspruch des Stammarbeitnehmers.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Die gesamte betriebliche Organisation im Callcenter S-Stadt gehe von der Nebenintervenientin aus. Sowohl die Teamleiterin der Klägerin, Frau M., als auch die Abteilungsleiterin, Frau Z., als auch der Kundendienstleiter, Herr M., seien der Nebenintervenientin zuzuordnen. Diese seien z. B. für die Anordnung von Überstunden, Urlaub und sonstige Arbeitsanweisungen zuständig. Der Betrieb werde tatsächlich von der Nebenintervenientin geleitet. Im Ergebnis habe die Beklagte ihren Betrieb der Nebenintervenientin überlassen, und zwar einschließlich der beiden arbeitsvertraglich gebundenen Arbeitnehmerinnen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 02.02.2023 – 1 Ca 456/22 – abzuändern und

1. festzustellen, dass es sich bei der von der Klägerin zu leistenden Tätigkeit als Call-Center Agentin im Servicecenter der Beklagten am Standort S-Stadt um Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG an die Nebenintervenientin handelt,

2. die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Auskunft über die im Betrieb der Nebenintervenientin im Servicecenter S-Stadt der Beklagten für Call-Center Agenten geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu erteilen.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts. In ihrer Berufungsbegründung widerspreche sich die Klägerin selbst. Sollte sich die Klägerin mit ihrer Behauptung, dass die Beklagte ihren Servicebetrieb der Nebenintervenientin überlassen habe, auf einen Betriebsübergang berufen wollen, könne es sich nicht zugleich um Arbeitnehmerüberlassung handeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle und das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Aus den Gründen

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1.

Die Beklagte hat die Klägerin nicht im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG als Leiharbeitnehmerin an die Nebenintervenientin als Entleiherin überlassen. Die Klägerin erbringt ihre Arbeitsleistung als Call-Center Agentin nicht in einem Betrieb der Nebenintervenientin. Sie ist nicht als Leiharbeitnehmerin für die Nebenintervenientin tätig.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung, wenn ein Arbeitgeber im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit Arbeitnehmer einem Dritten (Entleiher) zur Arbeitsleistung überlässt. Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG). Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG ist durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen (BAG, Urteil vom 25. Juli 2023 – 9 AZR 278/22 – Rn. 14, juris = MDR 2023, 1535; BAG, Urteil vom 27. September 2022 – 9 AZR 468/21 – Rn. 31, juris = NZA 2023, 105).

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers besteht darin, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind (§ 106 Satz 1 GewO). Im Falle der Arbeitnehmerüberlassung wird dieses Weisungsrecht nicht von dem Vertragsarbeitgeber, sondern von dem Entleiher, also einem Dritten, ausgeübt.

Wer in einem Unternehmen oder Betrieb berechtigt ist, das Direktionsrecht des Arbeitgebers wem gegenüber auszuüben, richtet sich nach der jeweiligen Betriebshierarchie. Die Weisungsbefugnisse können sich aus Geschäfts- und Dienstanweisungen, Organigrammen, Aufgabenzuweisungen etc. ergeben. Bei juristischen Personen leiten sich die Weisungsbefugnisse von dem jeweiligen Organ, beispielsweise der Geschäftsführung einer GmbH, ab. Die Geschäftsführer sind den Betriebszwecken ihres Unternehmens verpflichtet und haben diese zu verfolgen. Gleiches gilt für die nachgeordneten weisungsbefugten Personen. Welches Rechtsverhältnis ihrer Tätigkeit innerhalb des Unternehmens oder Betriebs zugrunde liegt, ist dabei nicht ausschlaggebend. Maßgeblich ist allein, wessen Betriebszwecke sie zu fördern haben.

Die Klägerin unterliegt nicht den Weisungen eines Dritten, der Nebenintervenientin. Die Vorgesetzten der Klägerin stehen zwar nicht in einem Arbeits- oder Beamtenverhältnis zur Beklagten. Sie verfolgen jedoch mit ihrer Tätigkeit die Betriebszwecke der Beklagten, indem sie den Betrieb des Servicecenters S-Stadt organisieren und absichern. Damit tragen sie zum wirtschaftlichen Ergebnis der Beklagten bei. Ihre Weisungsbefugnisse sind von den Geschäftsführern der Beklagten abgeleitet, sei es unmittelbar oder mittelbar. Auch wenn sie in einem Arbeits- oder Beamtenverhältnis zur Nebenintervenientin stehen, so erbringen sie ihre Leistung dennoch nicht für die Nebenintervenientin, sondern für die Beklagte, die ihnen die entsprechenden Kompetenzen übertragen hat. Die Nebenintervenientin nimmt ihrerseits keinen Einfluss auf die Ausübung der Tätigkeit als Kundencenterleiter, als Abteilungsleiterin oder als Teamleiterin. Nicht die Nebenintervenientin, sondern die Beklagte steuert den Einsatz dieser Führungskräfte.

2.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Auskunft über die wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts der anderen Call-Center Agenten. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 13 AÜG noch aus einer sonstigen Vorschrift.

Nach § 13 AÜG kann ein Leiharbeitnehmer im Falle der Überlassung von seinem Entleiher Auskunft über die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen. Der Auskunftsanspruch soll es dem Leiharbeitnehmer ermöglichen, die Einhaltung des Gleichstellungsgrundsatzes aus § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG zu prüfen und evtl. Differenzansprüche zu beziffern (BAG, Urteil vom 25. März 2015 – 5 AZR 368/13 – Rn. 14, juris = NZA 2015, 877; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Februar 2021 – 5 Sa 257/20 – Rn. 59, juris). Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Diese Regelung schützt Leiharbeitnehmer vor einer Schlechterstellung gegenüber einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer. Sie schützt jedoch nicht die Stammarbeitnehmer. Ein Anspruch auf Gewährung des Entgelts der besser vergüteten Leiharbeitnehmer ergibt sich daraus nicht.

Die Beklagte ist nicht die in § 13 AÜG genannte Anspruchsgegnerin. Sie ist nicht Entleiherin der Klägerin, sondern vielmehr ihre Vertragsarbeitgeberin. Die Beklagte beschäftigt zwar Leiharbeitnehmer. Die Klägerin gehört jedoch nicht zu diesem Personenkreis.

Ein Auskunftsanspruch gegenüber der Beklagten folgt auch nicht aus § 242 BGB. Ein solcher Auskunftsanspruch kann gegeben sein, wenn (1) eine besondere rechtliche Beziehung vorliegt, (2) ein Leistungsanspruch des Auskunftsfordernden gegen den Anspruchsgegner dem Grund nach feststeht oder (im vertraglichen Bereich) zumindest wahrscheinlich ist, (3) der Auskunftsfordernde in entschuldbarer Weise über den Bestand und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, (4) dem Anspruchsgegner die Auskunftserteilung zumutbar ist und (5) durch die Zuerkennung des Auskunftsanspruchs die allgemeinen Beweisgrundsätze nicht unterlaufen werden (BAG, Urteil vom 26. April 2023 – 10 AZR 137/22 – Rn. 20, juris = NZA 2023, 1046; BAG, Urteil vom 12. Oktober 2022 – 5 AZR 135/22 – Rn. 23, juris = NZA 2023, 225).

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung derjenigen Arbeitsbedingungen einschließlich der Vergütung, die für die im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmer und zugewiesenen Beamten gelten. Aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergibt sich ein solcher Anspruch nicht.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG, Urteil vom 12. Oktober 2022 – 5 AZR 135/22 – Rn. 25, juris = NZA 2023, 225; BAG, Urteil vom 3. Juni 2020 – 3 AZR 730/19 – Rn. 42, juris = NZA 2021, 347).

Die Klägerin befindet sich nicht in einer mit den Arbeitnehmern und Beamten der Nebenintervenientin vergleichbaren Lage. Soweit es sich um zugewiesene Beamte handelt, scheitert eine Vergleichbarkeit bereits an der unterschiedlichen Art der Beschäftigungsverhältnisse. Das Rechtsverhältnis eines Beamten zu seinem Dienstherrn ist gänzlich anders ausgestaltet als ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis. Die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten sind Bundesbeamte. Auf sie sind die für Beamte des Bundes geltenden Vorschriften anzuwenden, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist (§ 2 Abs. 2 PostPersRG). Das gilt auch für ihre Besoldung. Die von der Nebenintervenientin entliehenen Arbeitnehmer stehen zwar ebenso wie die Klägerin und eine weitere Call-Center Agentin in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis, allerdings nicht zu demselben Arbeitgeber. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet den Arbeitgeber nur hinsichtlich seiner eigenen Arbeitnehmer. Die Arbeitsbedingungen entliehener Arbeitnehmer werden hingegen von dem Verleiher festgelegt. Dementsprechend entscheidet die Beklagte nicht über die Arbeitsbedingungen der von ihr entliehenen Arbeitnehmer. Diese werden von der Nebenintervenientin bestimmt, die hierzu Tarifverträge geschlossen hat, in denen u. a. ein Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen vereinbart ist und ggf. weitere Besitzstände berücksichtigt sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kosten der Nebenintervention hat die Klägerin nach § 101 ZPO zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

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