R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Arbeitsrecht
16.04.2014
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Anwendbarkeit der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG auf das Sonderkündigungsrecht nach § 21 Abs. 4 BEEG

ArbG Berlin, Urteil vom 4.12.2013 - 56 Ca 9425/13


Amtliche Leitsätze


1. Die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG ist auf Kündigungen nach § 21 Abs. 4 BEEG entgegen dem Wortlaut des § 21 Abs. 5 BEEG und entgegen der herrschenden Lehre anwendbar.


2. Vereinbart der Arbeitgeber ohne Rechtspflicht die Beendigung der Elternzeit der zu vertretenen Arbeitnehmerin, kann er sich ggü. der Vertreterin nicht auf das Sonderkündigungsrecht des § 21 Abs. 4 BEEG berufen.


Sachverhalt


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier Kündigungen, die der Beklagte gegenüber der Klägerin nach Ende der Elternzeit einer Mitarbeiterin ausgesprochen hat. Der Beklagte beruft sich auf § 21 Abs. 4 BEEG.


Das "Instituto Cervantes" ist ein dem deutschen Goethe-Institut vergleichbares Kulturinstitut des Spanischen Königreiches. Nach dem Gründungsgesetz 7/1991 vom 21.03.1991 (Bl. 27 ff. d.A. (auf Deutsch); Bl. 40 ff. d.A. (auf Spanisch)) ist es eine Körperschaft öffentlichen spanischen Rechts mit Sitz in Spanien und dem spanischen Außenministerium unterstellt. Es betreibt in Deutschland fünf Zentren. Eines davon befindet sich in Berlin („Instituto Cervantes en Berlin"). In Berlin sind i.d.R. mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.


Die Klägerin schloss mit dem "Instituto Cervantes" unter dem 26.04.2010 einen ersten Arbeitsvertrag für die Zeit ab dem 26.04.2010 zur Vertretung einer Frau S. (Anlage K 1, Bl. 8 f. d.A.). Dieser Arbeitsvertrag wurde ersetzt durch den Arbeitsvertrag vom 16.08.2010 (Anlage K2, Bl. 9 f. d.A.). Als Arbeitsaufgabe der Klägerin wurde schriftlich die Tätigkeit einer Bürohilfskraft („Auxiliar Administrativo") vereinbart Das Bruttomonatseinkommen der Klägerin betrug zuletzt rd. 2.500,- Euro.


Ziffern 6 und 7 des letzten Arbeitsvertrages vom 16.08.2010 lauten in der vom Beklagten nicht angefochtenen Übersetzung der Klägerin:


 „6.


Der vorliegende Vertrag ist vom 16.08.2010 bis zur Rückkehr der vertretenen Arbeitnehmerin befristet.


7.


Zweck des vorliegenden Vertrages ist die Vertretung von Frau ... H ..., die zur Betreuung ihrer Kinder freigestellt ist."


 (Der Ausdruck „befristet" findet sich nicht im Original. Wörtlicher übersetzt lautet Ziffer 6: "Die Dauer („duración") des Vertrages erstreckt sich vom 16.08.2010 bis zur (Wieder-) Eingliederung („incorporación") der vertretenen Arbeitnehmerin.")


In Ziffer 8. des Arbeitsvertrages ist unstreitig die Geltung des deutschen Arbeitsrechts vereinbart.


Mit Schreiben vom 31.06.2013 (Anlage B 1, Bl. 57 d.A.) beantragte Frau H. beim Beklagten eine frühestmögliche freiwillige Freistellung (Beklagter: „Auszeit") („excedencia voluntaria") ab dem 01.07.2013.


Mit Schreiben vom 05.06.2013 (Anlage K 3, Bl. 11 d.A.) kündigte der Beklagte der Klägerin zum 30.06.2013. Die Klägerin erhielt dieses Schreiben am 10.06.2013. In dem Schreiben heißt es, dass Gegenstand des Arbeitsvertrages der Klägerin die Vertretung der Frau H. während ihrer Beurlaubung zur Betreuung eines Kindes unter 3 Jahren gewesen sei. Da Frau H. mit Wirkung zum 01.072013 aus privaten Gründen eine freiwillige Freistellung („excedencia voluntaria por interés particular") beantragt habe, kündige der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2013.


Mit Vereinbarung („acuerdo") (Anlage B 3; Bl. 59 d.A.) vom 14.06.2013 vereinbarte Frau H. - deren Tätigkeit in der Vereinbarung mit „Auxiliar Administrativo" angegeben wird - mit dem Beklagten eine Änderung ihrer vertraglichen Situation durch Vereinbarung einer freiwilligen Freistellung aus persönlichen Gründen („excedencia voluntaria por interés particular") gemäß Ziffer 7.2. a) der „Resolución" vom 06.07.2009.


Mit Schreiben vom 20.06.2013 kündigte der Beklagte der Klägerin erneut mit derselben Begründung wie im ersten Kündigungsschreiben, diesmal - unter Berufung auf § 622 BGB - zum 31.07.2013 (Anlage K 4, Bl. 15 d.A.). Die Klägerin erhielt dieses Schreiben am 20.06.2013.


In beiden Kündigungsschreiben wird das BEEG nicht erwähnt.


Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 01.07.2013 eingegangenen Klage gegen das „Instituto Cervantes" wandte sich die Klägerin gegen die Kündigung des Beklagten vom 05.06.2013. Mit Klageerweiterung vom 03.07.2013, am gleichen Tage beim Arbeitsgericht eingegangen, macht die Klägerin auch die Unwirksamkeit der Kündigung vom 20.06.2013 geltend. Die Klageschrift und die Klageerweiterung wurden dem Instituto Cervantes in Berlin am 22.07.2013 mit Zustellungsurkunde zugestellt (Bl. 37 d.A.). Mit Schriftsatz vom 23.07.2013, bei Gericht eingegangen am selben Tage, meldeten sich die Beklagtenvertreter als Prozessbevollmächtigte des Beklagten. Die Klägerin wurde aufgefordert, sich zu erklären, ob die Klage sich gegen das Instituto Cervantes im Allgemeinen oder gegen das Instituto Cervantes in Berlin richte. Im ersteren Fall müsse die Zustellung wiederholt werden. Daraufhin hieß es von der Klägerseite, dass sich die Kündigungsschutzklage primär gegen das Instituto Cervantes in Berlin richte. Es blieb bei der Zustellung allein beim Instituto Cervantes in Berlin.


Die Klägerin ist der Ansicht, dass ein Kündigungsgrund im Sinne des KSchG nicht vorläge. Der Sachgrund der Befristung sei nicht fortgefallen. Es lägen auch die Voraussetzungen des Sonderkündigungsrechts nach § 21 Abs. 4 BEEG nicht vor. Die erste Kündigung vom 05.06.2013 sei schon deshalb unwirksam, weil die Vereinbarung des Beklagten mit Frau H. (Anlage B 3) erst am 14.06.2013 geschlossen worden sei. Es läge auch kein Fall der Beendigung der Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers vor. Die Elternzeit der Frau H. sei nur unterbrochen worden, die Fortsetzung der Freistellung sei mit Zustimmung des Beklagten erfolgt. § 21 IV BEEG greife auch schon deshalb nicht, weil er von einer Rückkehr der zu Vertretenen ausgehe. Die Rechtsqualität der vom Beklagten in Anspruch genommenen internen Richtlinien sei dunkel. In ihrem Schreiben vom 31.05.2013 habe Frau H. nicht um eine „freiwillige Beurlaubung aus persönlichen Gründen" gebeten. Im Schreiben der Frau H. vom 31.05.2013 (Anlage B 1, Bl. 57 d.A.) heiße es: „Ich bitte so schnell wie möglich um eine freiwillige Freistellung ab 01.07.2013." Die Klägerin habe Frau H. auch gar nicht vertreten.


Die Klägerin beantragt:


Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 05.06.2013 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 20.06.2013 beendet wurde, sondern ungekündigt fortbesteht.


Der Beklagte beantragt,


die Klage abzuweisen.


Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Arbeitsvertrag der Klägerin vom 16.08.2010 eine Zweckbefristung zur Elternzeitvertretung der Frau H. i.S.d. § 21 Abs. 1 BEEG enthalte, der Beklagte daher das Sonderkündigungsrecht nach § 21 Abs. 4 BEEG gehabt hätte und das KSchG keine Anwendung fände.


Damit eine Befristung wegen Elternzeit der zu vertretenen Arbeitnehmerin vorläge, bedürfe es keines diesbezüglichen Hinweises im Arbeitsvertrag der Vertretungskraft. Selbst wenn, käme der Vertretungszweck vorliegend ausreichend zum Ausdruck. Von einer Vertretung sei auszugehen, da ausweislich des Arbeitsvertrages der Klägerin und des Arbeitsvertrages der Frau H. (Bl. 119 f. d.A.) - implizit: damals noch mit dem Namen „D" - sowohl Frau H. als auch die Klägerin nur als Bürohilfskraft („Auxiliar Administrativo") gemäß der Arbeitsbeschreibung des Beklagten für Bürohilfskräfte (Anlage B 4) beschäftigt worden seien.


Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fänden die Richtlinien über die Arbeitsbedingungen des Personals in den Zentren des Instituto Cervantes im Ausland Anwendung (Anlage B2; Deutsch (Auszug): Bl. 58 ff. d.A.; Spanisch: Anlage B 5, Bl. 80 ff. d.A.). Diesen käme nach deutschem Recht die Qualität einer Betriebsvereinbarung zu. Nach Ziff. 7.2 lit. a) der Richtlinien habe Frau H. den voraussetzungslosen Anspruch der Gewährung einer freiwilligen Auszeit aus persönlichen Gründen gehabt. Diesen habe sie mit Schreiben vom 31.05.2013 (Anlage B 1; Bl. 57 d.A.) geltend gemacht. Entgegen dem Eindruck, den die Klägerin mit ihrer Übersetzung erwecken wolle, habe Frau H. in diesem Schreiben auch den Ausdruck „excedencia voluntaria" und damit wortwörtlich den Ausdruck gemäß Ziffer 7.2. der Richtlinien des Instituto Cervantes verwendet. Mit Vereinbarung vom 14.06.2013 sei ihr diese Form der Beurlaubung mit Wirkung zum 01.07.2013 gewährt worden (Anlage B 3; Bl. 59 d.A.). Die Inanspruchnahme einer Beurlaubung gemäß Ziffer 7.2 lit a.) der Richtlinien habe zur Folge, dass die Mitarbeiterin ihr Recht auf Rückkehr auf ihre Stelle verloren habe. Nunmehr sei auch die Stelle gestrichen worden. Mit der Beendigung der Elternzeit der Frau H. sei „der Zweck des befristeten Arbeitsverhältnisses ... entfallen" (Bl. 54 d.A.). Der Beklagte sei daher nach § 21 Abs. 4 BEEG zur Kündigung berechtigt gewesen. Auf Grund der Inanspruchnahme ihrer Rechte aus den Richtlinien des Instituto Cervantes habe Frau H., ohne dass der Beklagte darauf hätte Einfluss nehmen können, die Elternzeit beendet. Nach den Richtlinien des Beklagten sei der Beklagte verpflichtet gewesen, der Frau H. eine freiwillige Auszeit zu gewähren. Da § 21 IV BEEG nach zutreffender Auffassung auch auf den Fall einer Eigenkündigung der zu vertretenen Arbeitnehmerin anwendbar sei, sei nach Sinn und Zweck des § 21 IV BEEG - Vermeidung einer finanziellen Sonderbelastung des Arbeitgebers - das Sonderkündigungsrecht auch im vorliegenden Fall entsprechend anwendbar. Da der Beklagte an der Kündigung vom 05.06.2013 nicht mehr festhalte, sei insofern Erledigung der Hauptsache eingetreten.


Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin persönlich, dass sie nicht als Bürohilfskraft, sondern als Assistentin gearbeitet habe. Die Bezeichnung „Auxiliar Administrativo" habe nur dazu gedient, ihre geringe Vergütung zu rechtfertigen. Sie, die Klägerin, sei daher nicht mit Frau H. vergleichbar. Frau H. habe sie trotz ihrer Tätigkeit seit dem 26.04.2010 nie gesehen. Sie nehme auch keine Aufgaben wahr, die zuvor Frau H. erledigt hätte. Die Elternzeit der Frau H. sei bis zum März 2014 befristet gewesen. Für die Klägerin völlig überraschend und verfrüht habe der Beklagte nunmehr ihr Vertretungsarbeitsverhältnis vorzeitig beendet. Frau H. habe nur gezwungenermaßen ihre Elternzeit früher beendet, da der Beklagte der Bitte der in Hamburg wohnenden Frau H., ihr während der Elternzeit eine 20stündige Teilzeitbeschäftigung zu erlauben, nicht entsprochen hätte. Die Initiative für eine „excedencia voluntaria" - mit der Konsequenz des Verlustes eines Rückkehrrechts auf den alten Arbeitsplatzes - sei nicht von Frau H., sondern von dem Beklagten ausgegangen. Der Beklagte rügt insoweit Verspätung und bittet um Erklärungsfrist.


Für den Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.


Aus den Gründen


Die auslegungsbedürftige Klage ist zulässig und begründet.


A.)


Die Klage ist wie tenoriert auszulegen und zulässig.


1.


Wie von den Parteien selbst zu Recht nicht weiter problematisiert, unterliegt das Arbeitsverhältnis der Klägerin auch nach § 20 Abs. 2 GVG der deutschen Gerichtsbarkeit, ist nach den Art. 18 ff. EuGVVO die internationale Zuständigkeit des ArbG Berlin gegeben und haben die Parteien arbeitsvertraglich die Anwendbarkeit deutschen Arbeitsrechts vereinbart.


2.


Die Klageanträge sind als Kündigungsschutzklagen gemäß § 4 KSchG auszulegen. Der letzte Halbsatz "sondern ungekündigt fortbesteht" ist ein unbeachtlicher Annex.


2.1


Die Klageanträge sind auslegungsbedürftig.


2.1.1


Nach § 21 Abs. 5 BEEG ist im Fall einer Kündigung nach § 21 Abs. 4 BEEG das KSchG "nicht anzuwenden". Dies schließt dem Wortlaut nach die Geltung auch des § 4 KSchG aus. Eine Kündigungsschutzklage mit punktuellem Klageantrag ist jedoch nur im Anwendungsbereich des § 4 KSchG (bzw. des § 13 KSchG) zulässig. Ansonsten bedarf es eines allgemeinen Feststellungsantrages nach § 256 Abs. 1 ZPO (BAG [10.11.2011] - 6 AZR 357/10 - Rn. 13 = NZA 2012, 205).


2.1.2


Die Klageanträge sind auch insoweit auslegungsbedürftig, als die Möglichkeit besteht, dass der Beklagte sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der - i.V.m. einer ergänzenden Vertragsauslegung gewonnen und nunmehr gegebenen - Bedingung beruft. Diese Auslegung mag zwar fernliegend sein, jedoch muss ein Arbeitnehmer nach neuerer Rechtsprechung des BAG (vgl. z.B. BAG [27.07.2011] - 7 AZR 402/10 - juris Rn. 23) bei einem Streit um den Eintritt einer Bedingung den Nichteintritt innerhalb der Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG geltend machen. Wenn auch nur beiläufig erklärte hier der Beklagte schriftsätzlich, dass der Zweck des befristeten Arbeitsverhältnisses entfallen sei (Bl. 54 d.A.).


2.2


Die Klageanträge sind der Auslegung fähig.


Eine Auslegung ist nicht schon deshalb überflüssig, weil die Klageanträge ihrem Wortlaut nach sich klar an § 4 KSchG orientieren. Für das Verständnis eines Klageantrages ist nicht am buchstäblichen Wortlaut der Antragsfassung zu haften. Das Gericht ist gehalten, Klageanträge nach Möglichkeit dahin auszulegen, dass eine Sachentscheidung über sie ergehen kann (vgl. BAG [14.12.2011] - 4 AZR 242/10 - juris Rn. 11 m.w.N. = NZA 2012, 1452). Die Auslegung eines Klageantrages hat unter Berücksichtigung der Klagebegründung und ausgerichtet am Prozessziel zu erfolgen (BAG [19.01.2011] - 3 AZR 111/09 - Rn. 20 m.w.N.). Wäre nur ein allgemeiner Feststellungsantrag i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, wären die Klageanträge als allgemeine Feststellungsanträge auszulegen (vgl. BAG [10.11.2011] - 6 AZR 357/10 - Rn. 13 = NZA 2012, 205).


2.3


Die Klageanträge sind als Kündigungsschutzklagen gemäß § 4 S. 1 KSchG auszulegen, weil entweder entgegen fast allgemeiner Meinung die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG abstrakt - oder zumindest im vorliegenden konkreten Fall auf eine Kündigung nach § 21 Abs. 4 BEEG Anwendung findet (eine Anwendbarkeit des § 4 S. 1 KSchG auf eine Kündigung nach § 21 Abs. 4 BEEG verneinend: Backhaus, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Aufl. 2012, BEEG § 21 Rn. 38; Däubler, in: Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchR, 8. Aufl. 2011, BEEG § 21 Rn. 20 ("ein wenig erstaunliche[.] Konsequenz"); ErfK/Müller-Glöge, 14. Aufl. 2014, BEEG § 21 Rn. 9; KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, BEEG, § 21 Rn. 28; Kühn, in: Annuß/Thüsing, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 23 Rn. 146; Schlachter, in: Laux/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 23 Anhang 2 F, BEEG § 21 Rn. 16; Rancke, Mutterschutz, Elterngeld, Elternzeit, 2. Aufl. 2010, BEEG, § 21 Rn. 13; das KSchG pauschal für unanwendbar erklärend: Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 15. Aufl. 2013, § 172 Rn. 67; bejahend hingegen: Boecken, in: Boecken/Joussen, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 21 BEEG Rn. 18 („gemessen an Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzrechts"); Willikowsky, MuSchG, 2. Aufl. 2007, § 21 BEEG Rn. 5).


2.3.1


Die herrschende Meinung argumentiert mit dem Wortlaut des § 21 Abs. 5 BEEG. Daraus wird abgeleitet, dass das KSchG nach Abs. 5 "unabhängig von seiner jeweiligen Ausgestaltung - in seiner Gesamtheit nicht zur Wirkung kommen" soll (KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, BEEG, § 21 Rn. 28; ähnlich Kühn, in: Annuß/Thüsing, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 23 Rn. 146: .. findet insgesamt keine Anwendung). Dass dies nach der Novellierung des § 4 S. 1 KSchG sinnwidrig zu einer Schlechterstellung des nach dem Normzweck zu begünstigenden Arbeitgebers führt, spricht nur Däubler an (Däubler, in: Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchR, 8. Aufl. 2011, BEEG § 21 Rn. 20: "ein wenig erstaunliche[.] Konsequenz"). Die Gegenansicht argumentiert damit, dass seit dem 01.01.2004 § 4 S. 1 KSchG sämtliche Unwirksamkeitsgründe erfasse (Willikowsky, MuSchG, 2. Aufl. 2007, § 21 BEEG Rn. 5). Das BEEG ist allerdings vom 05.12.2006 und hat trotzdem die oben zitierte weite Wortfassung der Vorgängernorm des § 21 BErzGG a.F. beibehalten.


2.3.2


Es kann vorliegend offenbleiben, ob die Anwendbarkeit des § 4 S. 1 KSchG im Wege einer einschränkenden Auslegung oder durch eine teleologische Reduktion des § 21 Abs. 5 BEEG erfolgt. Die Grenzziehung wird als "im Einzelfall schwierig" (Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl. 1991, S. 391; Schwacke, Juristische Methodik, 5. Aufl. 2011, S. 141: "schwierig") bezeichnet. Idealtypisch liegt die Grenze beim "eindeutigen" Wortsinn (Schwacke, Juristische Methodik, 5. Aufl. 2011, S. 140). Die Praxis des BAG ist großzügig: So wird zum Beispiel § 4 S. 1 KSchG - obwohl nach seinem Wortlaut alle Unwirksamkeitsgründe erfassend ("oder aus anderen Gründen") - und damit trotz "zunächst eindeutig erscheinenden Wortlaut" für den Fall der Vertretung ohne Vertretungsmacht als "nicht eindeutig" qualifiziert, wozu eine recht dogmatische und vor allem teleologische Überlegung veranlasste (vgl. BAG [26.03.2009] - 2 AZR 403/07 - juris Rn. 18 ff. = NZA 2009, 1146; Stiebert, NZA 2013, 657 (658): " Vielmehr ist eine Betrachtung vom Telos der Regelung her geboten."). Genauso gut hätte das BAG auch von einer teleologischen Reduktion sprechen können, sich dadurch allerdings einer höheren Argumentationslast ausgesetzt.


2.3.3


Für die herrschende Meinung spricht nur der Wortlaut des § 21 Abs. 5 BEEG ("Das Kündigungsschutzgesetz ist im Falle des Absatz 4 nicht anzuwenden.").


Gesetzgebungsgeschichte, Systematik und Normzweck sprechen dagegen:


Die Gesetzgebungsgeschichte spricht gegen die herrschende Auslegung: ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 16/1889) ging mit der Einführung des BEEG kein Gestaltungswille des Gesetzgebers bezüglich des § 21 Abs. 5 BEEG einher. § 21 Abs. 5 BEEG schreibt § 21 Abs. 5 BErzGG fort. § 21 Abs. 5 BErzGG entsprach § 21 Abs. 6 BErzGG des Gesetzesentwurfes. Dieser wurde jedoch damit begründet, dass § 21 Abs. 5 BErzGG des Gesetzesentwurfes (später dann § 21 Abs. 4 BErzGG, jetzt § 21 Abs. 4 BEEG) eine Sondervorschrift und deshalb das KSchG nicht anwendbar sei. Wörtlich (BT-Drs. 10/3792, S. 22): "Absatz 5 ist eine Sondervorschrift, deshalb ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar (Absatz 6)." Dies betrifft ersichtlich nur die Notwendigkeit der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung im Geltungsbereich des § 1 KSchG. Nach der Erstreckung des § 4 S. 1 KSchG auf sämtliche Unwirksamkeitsgründe und insofern auch Sondervorschriften trägt diese Begründung nicht die Nichtanwendung der Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG.


Die systematische Auslegung trägt die herrschende Auslegung ebenfalls nicht. Führt eine bestimmte Interpretation einer Norm infolge des klaren Inhalts einer anderen Gesetzesregel dazu, dass eine der beiden Bestimmungen unanwendbar oder zweck- und funktionslos wird, so ist diese Auslegung systematisch nicht anzunehmen (Bydlinski, Methodenlehre, 1982, S. 444). Normzweck sowohl des § 21 BEEG als auch des § 4 S. 1 KSchG sprechen gegen eine Nichtanwendbarkeit des § 4 S. 1 KSchG.


Die Ausnahmeregelung des § 21 Abs. 5 BEEG sekundiert das Sonderkündigungsrecht des § 21 Abs. 4 BEEG. § 21 Abs. 4 BEEG hat das Ziel, Doppelbelastungen des Arbeitgebers zu vermeiden (Boecken, in: Boecken/Joussen, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 21 BEEG Rn. 18; Schlachter, in: Laux/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 23 Anhang 2 F, BEEG § 21 Rn. 13). Deshalb soll dem Arbeitgeber die Kontrolle durch das KSchG erspart bleiben. § 21 V BEEG ist ein "Privileg" (Däubler, in: Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchR, 8. Aufl. 2011, BEEG § 21 Rn. 20) des eine Ersatzkraft beschäftigenden Arbeitgebers. Die Nichtanwendung des § 4 S. 1 KSchG führt wertungswidrig jedoch zu einer Benachteiligung des Arbeitgebers im Vergleich zu anderen Arbeitgebern. Die herrschende Auslegung macht aus der intendierten Besserstellung des Arbeitgebers in § 21 Abs. 5 BEEG eine Schlechterstellung des kündigenden Arbeitgebers. Das ist nicht nur eine "ein wenig erstaunliche[.] Konsequenz" (so Däubler, in: Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchR, 8. Aufl. 2011, BEEG § 21 Rn. 20), sondern eine legislatorische Fehlleistung ohne erkennbaren bewussten Gestaltungswillen, die den alten Wortlaut des § 21 Abs. 5 BErzGG im § 21 Abs. 5 BEEG gedankenlos fortschrieb, ohne die Änderung des § 4 S. 1 KSchG zu berücksichtigen.


Die uneingeschränkte Nichtanwendung des KSchG im Fall einer Kündigung nach § 21 Abs. 4 BEEG kollidiert auch mit dem Normzweck des § 4 S. 1 KSchG: Die Erstreckung der Dreiwochenfrist auf grundsätzlich alle Unwirksamkeitsgründe in § 4 S. 1 KSchG n.F. durch das "Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt" erfolgte "Im Interesse einer raschen Klärung der Frage, ob eine Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat oder nicht, ..." (BT-Drucksache 15/1204 v. 24.06.2003, S. 9, zitiert nach juris). Klarer akzentuiert das cui bono der Neufassung das BAG: "Die Erweiterung der dreiwöchigen Klagefrist auf `sonstige Unwirksamkeitsgründe´ erfolgte im Interesse einer raschen Klärung der Frage, ob eine Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat oder nicht (BR-Drucks. 421/03 S. 11 und 19). Die dreiwöchige Klagefrist und die daraus resultierende Rechtssicherheit sollten vor allem dem Schutz des Arbeitgebers dienen. Er soll nach Ablauf der drei Wochen darauf vertrauen dürfen, dass `seine´ Kündigung das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat" (BAG [26.03.2009] - 2 AZR 403/07 - juris Rn. 22).


2.3.4


Soweit man in dieser Auslegung keine restriktive Auslegung, sondern eine teleologische Reduktion sieht, liegen deren Voraussetzungen vor, ohne dass in eine unzulässige Rechtsfortbildung abgeglitten wird. Richterliche Rechtsfortbildung ist von Verfassung wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sie den erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht beiseite schiebt und durch eine autark getroffene Interessenabwägung ersetzt. Es ist Aufgabe der Gerichte, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes zur Geltung zu bringen bzw. eine planwidrige Regelungslücke zu füllen (vgl. BVerfG [01.07.2012] - 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 - "Delisting" - juris Os. = BVerfGE 132, 99 = NJW 2012, 3081).


Voraussetzung der teleologischen Reduktion ist die Feststellung, "daß die ratio legis einer Norm auf einen bestimmten Ausnahmetatbestand nicht paßt" (Canaris, Feststellung von Lücken, 2. Aufl. 1983, S. 83) und das Vorliegen "einer verdeckten Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes" (BAG [24.03.2009] - 9 AZR 983/07 - Rn. 67 = NZA 2009, 538; BGH [13.11.2011] - X ZR 134/00 - juris Rn. 35 = BGHZ 149, 165; BGH [26.11.2008] - VIII ZR 200/05 - juris Rn. 22 = NJW 2009, 427). Für eine planwidrige Gesetzeslücke ist erforderlich, dass für den mit dem Gesetz verfolgten Zweck - den „gesetzgeberischen Plan" - eine Regelung erforderlich wäre, diese aber nicht getroffen wurde. Ein eventuelles rechtspolitisches Versäumnis des Gesetzgebers begründet keine der Rechtsfortbildung zugängliche Regelungslücke. Maßgebend ist dabei, ob das Gesetz nach seiner eigenen Regelungsabsicht tatsächlich unvollständig ist oder ob die in ihm getroffene Entscheidung nur rechtspolitisch kritisiert werden kann (BAG [07.07.2010] - 4 AZR 549/08 - juris Rn. 29 = NZA 2010, 1068). Hier geht es nicht um eine rechtspolitische Kritik, sondern um eine Widerspruchsfreiheit der gesetzgeberischen Normzwecke des § 4 S. 1 KSchG einerseits und des § 21 Abs. 5 BEEG andererseits.


2.3.5


Gegen die herrschende Meinung spricht auch Art. 3 Abs. 1 GG und das Gebot verfassungskonformer Auslegung. Selbst wenn Art. 3 Abs. 1 GG hier nur als Willkürverbot anzuwenden wäre (vgl. BVerfG [08.02.1998] - 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 - "Hinterbliebenenrente" - juris Rn. 82 = BVerfGE 97, 271), sind keinerlei sachlichen Gründe ersichtlich, den nach § 21 Abs. 4 BEEG kündigenden Arbeitgeber schlechter zu behandeln als andere Arbeitgeber.


2.3.6


Die Anwendung der Klagefrist des § 4 KSchG in Fällen des § 21 Abs. 4 BEEG ist auch deshalb geboten, weil es - wie im vorliegenden Fall - unklar oder streitig sein kann, (1) ob die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 BEEG überhaupt vorliegen, (2) ob der Arbeitgeber überhaupt eine Kündigung (nur) nach § 21 Abs. 4 BEEG aussprechen will und (3) weil der Arbeitgeber - im Fall einer ordentlichen Kündbarkeit des Arbeitnehmers - dem Arbeitnehmer auch unabhängig von § 21 Abs. 4 BEEG zugleich auch aus anderen Gründen kündigen kann, was zu der Möglichkeit einer auf mehreren Kündigungsgründen gestützten Kündigung führt.


Die Klägerin bestreitet, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 BEEG überhaupt vorliegen: weder sei von einer Elternzeitbefristung i.S.d. § 21 Abs. 1 BEEG auszugehen noch seien, selbst wenn, die Voraussetzungen eines Sonderkündigungsrechts nach § 21 Abs. 4 BEEG gegeben. In den Kündigungsschreiben beruft sich der Beklagte zwar auf ein Ende der Elternzeit der Frau H., nicht aber auf das Sonderkündigungsrecht nach § 21 Abs. 4 BEEG. Im zweiten Kündigungsschreiben wird die Kündigungsfrist ausdrücklich nach § 622 BGB berechnet. Für die Klägerin war gar nicht erkennbar, ob sich der Beklagte nur auf § 21 Abs. 4 BEEG berufen wollte - oder auch auf einen zwischenzeitlichen Wegfall der Stelle der Frau H. Die zulässige Klageart kann aber nicht von der Zufälligkeit und Unsicherheit abhängen, ob die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 BEEG überhaupt vorliegen und wie klar der Arbeitgeber eine Kündigung nach § 21 Abs. 4 BEEG ausspricht oder sich wie hier erst im Nachgang auf § 21 Abs. 4 BEEG beruft.


2.3.7


Dies bedeutet, dass die Klägerin die richtigen punktuellen Kündigungsschutzanträge gemäß § 4 S. 1 KSchG gestellt hat und diese nicht als allgemeine Feststellungsklagen auszulegen sind.


2.4


Der Zusatz "sondern ungekündigt fortbesteht" ist ein unbeachtlicher überflüssiger Zusatz.


2.4.1


Das BAG verlangt für eine allgemeine Feststellungsklagen nach § 256 Abs. 1 ZPO neben einer punktuellen Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG zu Recht ein besonderes Feststellungsinteresse (BAG [13.03.1997] - 2 AZR 512/96 - juris Rn. 16 = NZA 1997, 844). Nach Ansicht des BAG soll auf Grund dieser Erkenntnis des BAG die vorherige jahrzehntelange anderweitige Praxis und der damit verbundene Wille mit Zusätzen wie "sondern fortbesteht" eine allgemeine Feststellungsklage zu erheben - nach der Logik was nicht sein darf, das nicht sein kann - unbeachtlich sein: bei Fehlen von Ausführungen zur konkreten Besorgnis über die angegriffene Kündigung(en) hinausgehender Beendigungsgründe (BAG [15.03.2001] - 2 AZR 141/00 - NZA 2001, 1267 (1269) [zu B II 3 der Gründe]) oder der Erklärung, dass man auf jeden Fall einen (auch unzulässigen) allgemeinen Feststellungsantrag stellen wolle, sollen solche Zusätze als "unselbständiges Anhängsel" nunmehr "völlig überflüssig" sein (BAG [27.01.1994] - 2 AZR 484/93, AP Nr. 28 zu § 4 KSchG 1969 [zu B II 2 b (2) der Gründe]).


2.4.2


Folgt man dem BAG erstinstanzlich, ist der Zusatz "sondern ungekündigt fortbesteht" auch hier ein überflüssiger Zusatz.


Dies trotz der im Termin zur mündlichen Verhandlung angesprochenen Gefahr, dass bei Streit um den Eintritt der Bedingung nunmehr leicht die Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 TzBfG unbeachtet bleibt. Dies wurde von der Klägerseite jedoch nicht aufgegriffen. Zum derzeitigen Zeitpunkt zu Recht, da der Beklagte zwar schriftsätzlich beiläufig von der Erreichung des Zwecks einer Zweckbefristung spricht, daraus jedoch keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von einer Kündigung herleitet. Ohne eine bei einer Zweckbefristung notwendigen Unterrichtung nach § 15 Abs. 2 TzBfG beginnt nicht nur nicht die Klagefrist der §§ 17, 21 TzBfG, sondern ist im vorliegenden Zusammenhang mangels genügender Klarheit der schriftsätzlichen Bemerkung auch nicht davon auszugehen, dass der Beklagte sich auf eine Beendigung allein durch Zweckerreichung beruft. Es kann daher offen bleiben, ob hier im Bedarfsfall eine Formulierung wie "sondern ungekündigt fortbesteht" in einen dann notwendigen Bedingungskontrollantrag auslegbar wäre, wenn die Klägerin sich nicht darauf beruft.


3.


Auch der gegen die Kündigung vom 05.06.2013 gerichtete Kündigungsschutzantrag ist zulässig. Insbesondere fehlt ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dies, obwohl der Beklagte aus dieser Kündigung ausdrücklich keine Rechte mehr herleitet (vgl. allgemein BAG [19.08.1982] - 2 AZR 230/80 - juris Rn. 19 ff. = NJW 1983, 1628).


B.)


Die Klage ist begründet.


Die Kündigungen vom 05.06.2013 und 20.06.2013 sind unwirksam.


1.


Die Kündigung vom 05.06.2013 ist unwirksam.


1.1


Zum Zeitpunkt der Kündigung stand eine Beendigung der Elternzeit der zu vertretenen Frau H. noch gar nicht fest, so dass ein Kündigungsrecht nach § 21 Abs. 4 BEEG schon von daher nicht in Betracht kommt. Die diesbezügliche Vereinbarung erfolgte erst am 14.06.2013. Der etwaige Antrag der Frau H. vom 31.05.2013 war zum Kündigungszeitpunkt noch nicht umgesetzt.


1.2


Die Kündigung vom 05.06.2013 ist auch nicht aus formalen Gründen unwirksam.


1.2.1


Der Kündigungsschutzantrag richtet sich gegen den richtigen Beklagten. Arbeitsvertragspartner, Kündigender und Beklagter ist allein das Instituto Cervantes mit Sitz in Madrid. Das "Instituto Cervantes en Berlin" hat keine eigene Rechtspersönlichkeit (zur rechtlichen Unselbständigkeit ausländischer Zentren von Kulturinstituten im Einzelfall und allgemein vgl. auch BAG [23.04.1998] - 2 AZR 489/97 - juris = NZA 1998, 995 <italienisches Kulturinstitut>; LAG Berlin [20.07.1998] - 9 Sa 74/97 - juris = NZA-RR 1998, 555 <Centre Culturel et de Cooperation Linguistique>). Ausweislich des vorgelegten spanischen Gründungsgesetzes (Ley 7/1991) und ausweislich der öffentlichen Website des Instituto Cervantes in Berlin kommt dem Instituto Cervantes in Berlin keine eigene Rechtspersönlichkeit zu. Der Arbeitsvertrag vom 16.08.2013 wurde zwischen dem "Instituto Cervantes" und der Klägerin geschlossen. Der jeweilige Leiter bzw. die jeweilige Leiterin des Instituto Cervantes in Berlin handelten in Vertretung des Instituto Cervantes (Madrid). Weder aus der Unterschrift des damaligen "Director del Instituto Cervantes de Berlin" noch aus der von der nunmehrigen Leiterin unterschriebenen Kündigung folgt etwas Anderes. Sie handelten im Namen des Instituto Cervantes (Madrid). Die Ausführungen des Klägervertreters in seinem Schriftsatz vom 06.08.2013 darüber, dass sich die Kündigungsschutzklage gegen das Instituto Cervantes in Berlin richte, ist zum einen im Zusammenhang mit den anfänglichen Bedenken des Gerichts zu sehen, dem ausländischen Kulturinstitut direkt und nicht über das spanische Außenministerium zuzustellen und zum anderen im Zusammenhang mit der Ansicht des Beklagtenvertreters, dass bei Adressierung an das Instituto Cervantes in Madrid eine Zustellung an das Instituto Cervantes in Berlin nicht ausreichend und eine förmliche Zustellung nachzuholen sein dürfte. Der Klägervertreter wollte keine nicht existierende juristische Person verklagen, sondern das Gericht bewegen, es bei der schon erfolgten Zustellung bewenden zu lassen.


1.2.2


Die Kündigung vom 05.06.2013 ist auch nicht deshalb wirksam, weil die Kündigungsschutzklage die einzuhaltende Dreiwochenfrist des § 4 KSchG i.V.m. § 167 ZPO nicht gewahrt hätte. Eine etwaige unzulässige Zustellung ist vorliegend zeitnah geheilt.


Es kann offenbleiben, ob die vom Urlaubsvertreter veranlasste zeitnahe Zustellung der Klage mit der Zustellungsurkunde vom 22.07.2013 (Bl. 37 d.A.) an das Instituto Cervantes des Spanischen Königreichs mit Sitz in Madrid durch Zustellung an das Berliner Zentrum direkt völkerrechtswidrig oder aus sonstigen Gründen unzulässig und daher unwirksam war (zur Immunität von Kulturinstituten vgl. BGH [01.10.2009] - VII ZB 37/08 - juris Rn. 21 ff. = NJW 2010, 769; KG [26.06.2002] - 9 W 176/02 - juris Rn. 20 m.w.N. = KGR Berlin 2002, 356; zur Zustellung ggü. ausländischen Staaten vgl. Zöller, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 183 Rn. 36; Geimer, IZPR, 4.Aufl. 2001, Rn. 2144 f.)


Eine Heilung etwaiger Zustellungsmängel liegt zwar nicht nach § 295 ZPO, jedoch nach § 189 ZPO vor.


Eine Heilung nach § 295 ZPO mit ex-tunc-Wirkung (vgl. BAG [26.06.1986] - 2 AZR 358/85 - juris Rn. 26 ff. = NJW 1986, 3224 für eine fehlende Unterschrift) hinsichtlich der verzichtbaren Verfahrensvorschriften für die Zustellung scheidet hier aus, weil es erstinstanzlich keinen nach § 504 ZPO analog i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG notwendigen entsprechenden gerichtlichen Hinweis gab (vgl. allgemein Musielak/Huber, ZPO, 10. Aufl. 2013, § 295 Rn. 6).


Eine Heilung ist hier jedenfalls gemäß § 189 ZPO durch tatsächliche Zustellung erfolgt. Nach der Regelung in § 189 ZPO gilt ein unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangenes Dokument in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Die Heilung von Mängeln, die bei der Ausführung der Zustellung unterlaufen sind, soll nach dem Willen des Gesetzgebers von Gesetzes wegen eintreten, wenn der Zustellungszweck erreicht ist. Nach Sinn und Zweck ist die Vorschrift weit auszulegen und auch dann anzuwenden, wenn ein Rechtsanwalt erst durch spätere Bevollmächtigung zu einem Prozessbeteiligten wird und er bereits zuvor oder zeitgleich mit der Bevollmächtigung in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks gelangt ist (BGH [07.10.2010] - VI ZR 48/10 - juris Rn. 11 = MDR 2011, 121).


Vorliegend haben sich die Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 23.07.2012 als Prozessbevollmächtigte des Beklagten bestellt. Nach dem Gesamtzusammenhang ist davon auszugehen, dass die Beklagtenvertreter zu diesem Zeitpunkt im Besitz der Klageschrift und der Klageerweiterung waren oder es spätestens zum Gütetermin am 02.09.2013 wurden. Es entspricht jedenfalls bei den rechtsstaatsorientierten EU-Staaten einer häufigen Praxis, dass zur sachgerechten Verkürzung des Verfahrens - und zur Verringerung des Annahmeverzugslohnrisikos - sich ortsansässige Prozessbevollmächtigte für Behörden von EU-Staaten melden und auf ein langwieriges Zustellungsverfahren verzichtet wird. Die Beklagtenvertreter haben sich hier mit Schriftsatz vom 23.07.2013 beim Arbeitsgericht Berlin als Vertreter des Beklagten gemeldet. Das Prozessverhalten der Beklagtenvertreter setzte zumindest schon im Gütetermin die Kenntnis und den Besitz der klägerischen bestimmenden Schriftsätze voraus. Schon im Gütetermin wurde in Anwesenheit der zu zweit auftretenden Prozessbevollmächtigten des Beklagten ausgiebig über den Rechtsstreit verhandelt und hatten sich die Beklagtenvertreter intensiv zu dem Rechtsstreit vorbereitet.


66


Die Kündigung vom 05.06.2013 ging der Klägerin am 10.06.2013 zu. Die Güteverhandlung fand am 02.09.2013 statt. Damit erfolgte die Zustellung der Klageanträge "demnächst" i.S.d. § 167 ZPO. Vorliegend hat die etwaig falsche Zustellung die effektive Zustellung nicht verzögert, sondern im Gegenteil beschleunigt. Eine Zustellung über den diplomatischen Weg oder im Wege einer Auslandszustellung hätte Monate länger gedauert und wäre erfahrungsgemäß zum Zeitpunkt des Kammertermins noch gar nicht oder jedenfalls nicht nachgewiesen erfolgt.


2.


Auch die Kündigung vom 20.06.2013 ist unwirksam.


2.1


Die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG ist gewahrt (vgl. schon oben zu B. 1.2.2).


2.2


Die Kündigung ist nicht schon deshalb unwirksam, weil die Klägerin i.V.m. § 15 Abs. 3 TzBfG absolut ordentlich unkündbar wäre. Nach § 15 Abs. 3 TzBfG ist ein befristeter Arbeitsvertrag nur dann ordentlich kündbar, wenn dies einzelvertraglich oder in einem anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. Der auf Spanisch abgefasste Arbeitsvertrag enthält, soweit ersichtlich, nicht die Vereinbarung einer ordentlichen Kündbarkeit. Dadurch ist jedoch das gesetzliche ordentliche Sonderkündigungsrecht nach § 21 Abs. 4 BEEG nicht ausgeschlossen (KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, BEEG, § 21 Rn. 22). Das Kündigungsrecht des Beklagten ist auch nicht nach § 21 Abs. 6 BEEG abbedungen.


2.3


Das Kündigungsrecht nach § 21 Abs. 5 BEGG setzt eine Befristung zur Vertretung eines in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmers oder Arbeitnehmerin für die Dauer einer Elternzeit i.S.d. § 21 Abs. 1 - 3 BEEG voraus. Zugunsten des Beklagten wird dies hier unterstellt. Insofern bedarf es daher keiner Erklärungsfrist des Beklagten. Zweifelhaft ist vorliegend, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin wirksam nach § 21 Abs. 1 BEEG befristet wurde. Unaufgeklärt blieb in der mündlichen Verhandlung auch die Frage, ob die Voraussetzungen einer zumindest mittelbaren Vertretung überhaupt vorliegen.


2.3.1


Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist nicht bis zum Ende der Elternzeit der Frau H. befristet worden. Zwar wird in Ziffer 7 des Arbeitsvertrages als Gegenstand/Zweck ("objeto") des Vertrages die Vertretung der in Elternzeit befindlichen Frau H. genannt. Die Befristungsabrede in Ziffer 6 des Arbeitsvertrages bezieht sich aber nicht auf das Ende der Elternzeit der Frau H., sondern auf ihre Rückkehr. Dies ist unter Umständen etwas ganz anderes als das Ende der Elternzeit. Der vorliegende Fall macht das anschaulich.


Damit ist zum einen formal in Frage gestellt, ob der Beklagte den bei Zweckbefristungen geltenden Schriftformzwang nach § 14 Abs. 4 TzBfG gewahrt hat. § 14 Abs. 4 TzBfG unterwirft jede Befristung des Arbeitsvertrags dem Schriftformerfordernis. Da bei einer Zweckbefristung die Dauer des Arbeitsverhältnisses allein von dem Vertragszweck abhängt, muss im Fall der Zweckbefristung der Vertragszweck schriftlich vereinbart werden (BAG [21.12.2005] - 7 AZR 541/04 - juris Rn. 37 = NJW 2006, 1084). Der Zweck, mit dessen Erreichung das Arbeitsverhältnis enden soll, muss so genau bezeichnet sein, dass hieraus das Ereignis, dessen Eintritt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen soll, zweifelsfrei feststellbar ist (BAG [21.12.2005] - 7 AZR 541/04 - juris Rn. 36). Deshalb wird in der Literatur zu Recht gefordert, dass im Fall einer Elternzeitvertretung der Vertragszweck der Befristungsabrede "eindeutig" vereinbart sein müsse (KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, BEEG, § 21 Rn. 17a) und der Beendigungstatbestand nicht "auf unabsehbare Zeit angelegt" sein dürfe (KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, BEEG, § 21 Rn. 17c m.w.N.). Hier ist zwar das Ereignis eindeutig feststellbar: die Rückkehr der Frau H. Die Rückkehr der Frau H. korreliert aber nicht notwendig mit dem Ende der Elternzeit. Das wusste auch der Beklagte, da sich aus der vorgelegten „Resolución de 6/07/2009" ergibt, dass Frau H. - unter anderem - am Ende ihrer Elternzeit einen nicht an weitere Voraussetzungen gebundenen Anspruch auf unbezahlte Freistellung in Form der "excedencia voluntaria" hatte.


Zum anderen stellt sich die parallele Frage, ob im Sinne des § 21 Abs. 1 BEEG und damit im Sinne von § 21 Abs. 4 BEEG von einer Elternzeitvertretung überhaupt noch gesprochen werden kann, wenn nicht das Ende der Elternzeit, sondern die Rückkehr der Frau H. als Beendigungstatbestand vereinbart wurde. Eine Rückkehrbefristung ist keine Elternzeitbefristung (a.A. wohl KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, BEEG, § 21 Rn. 18).


2.3.2


Zugunsten des Beklagten wird unterstellt, dass die Abrede mit der Klägerin überhaupt ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag i.S.v. § 3 Abs. 1 2. Alt. TzBfG ist oder er eine auflösende Bedingung enthält, für die § 21 BEEG entsprechend gilt. Für eine Zweckbefristung ist kennzeichnend, dass die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht kalendermäßig bestimmt ist, das Arbeitsverhältnis jedoch mit Eintritt eines von den Parteien als gewiss, der Zeit nach aber als ungewiss angesehenen Ereignisses enden soll (BAG [14.02.2002] - 7 AZR 266/01 - AP ÄArbVtrG § 1 Nr. 1 (zu I 1 a der Gründe)). Ob der Beklagte und Frau H. eine Rückkehr der Frau H. als gewiss ansahen, kann nicht beurteilt werden. Die Befristungsabrede mit Frau H. hat der Beklagte nicht vorgelegt. Nähere Umstände der Abrede sind nicht vorgetragen. Aber selbst wenn eine Rückkehr den Vertragsparteien als ungewiss galt und "nur" eine auflösende Bedingung vorlag, soll eine Anwendbarkeit des § 21 BEEG nicht von vornherein ausgeschlossen sein (ablehnend und auf § 14 TzBfG als Alternative verweisend u.a. ErfK/Müller-Glöge, 14. Aufl. 2014, BEEG § 21 Rn. 5; zum Streitstand u.a.: KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, BEEG, § 21 Rn. 18).


2.3.3


Zugunsten des Beklagten wird weiter unterstellt, dass die Klägerin Frau H. überhaupt vertreten hat. Die Klägerin hat dies bestritten. Wie allgemein ist auch bei der Elternzeitvertretung eine mittelbare Vertretung möglich (Gaul, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht, 5. Aufl. 2012, BEEG § 21 Rn. 6; ErfK/Müller-Glöge, 14. Aufl. 2014, BEEG § 21 Rn. 6). Im Fall einer mittelbaren Vertretung hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang gleichwohl, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann insbesondere durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen (vgl. BAG [13.02.2013] - 7 AZR 225/11 - juris Rn. 33 = NZA 2013, 777). Im Fall einer Befristung nach § 21 Abs. 1 BEEG liegt - nicht anders wie bei einer allgemeinen Vertretungsbefristung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG - der zu verlangende erforderliche Kausalzusammenhang nur dann vor, wenn der Arbeitgeber tatsächlich und rechtlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Weiterarbeit nicht nur seine bisherigen Tätigkeiten, sondern auch den Aufgabenbereich des Vertreters zu übertragen (BAG [12.01.2011] - 7 AZR 194/09 - juris Os. = NZA 2011, 507). Es erscheint hier fraglich, ob der Vortrag des Beklagten diesen Anforderungen schon genügt. Mangels diesbezüglicher konkreter Auflagen und auf Grund der ernsthaften Problematisierung durch die Klägerin erst im Kammertermin, wäre dem Beklagten jedoch insofern eine Erklärungsfrist einzuräumen.


Die für eine mittelbare Vertretung erforderliche Kausalität ist auch dann nicht gegeben, wenn die Tätigkeit der Stammkraft mit der des vertretenen Arbeitnehmers nicht gleichwertig ist, die beiden Arbeitnehmer etwa tarifvertraglich unterschiedlich eingruppiert sind (BAG [12.01.2011] - 7 AZR 194/09 - juris Rn. 21 = NZA 2011, 507). In der mündlichen Verhandlung behauptet nun die Klägerin, ihre Tätigkeitsbezeichnung in ihrem Arbeitsvertrag diene nur der Verschleierung der geringen Vergütung. Sie sei nicht als Bürohilfskraft, sondern als studierte Mitarbeiterin sehr viel höherwertiger beschäftigt gewesen. Für diese bestrittene Behauptung ist die Klägerin darlegungs- und beweispflichtig. Sie nützte ihr im Übrigen auch nur etwas, wenn für Frau H. nicht Entsprechendes galt.


2.4


Jedenfalls liegen nicht die Voraussetzungen des Sonderkündigungsrechts nach § 21 Abs. 4 BEEG vor.


2.4.1


Nach § 21 Abs. 4 S. 1 BEEG kann ein nach § 21 Abs. 1 BEEG befristeter Arbeitsvertrag gekündigt werden, "wenn die Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers vorzeitig endet" und - hier - die Arbeitnehmerin die vorzeitige Beendigung der Elternzeit mitgeteilt hat. Nach § 21 Abs. 4 S. 2 BEEG gilt Entsprechendes, wenn der Arbeitgeber die vorzeitige Beendigung des Elternzeit in den Fällen des § 16 Abs. 3 Satz 2 nicht ablehnen darf. (Fälle des § 16 Abs. 3 Satz 2 BEEG sind die Geburt eines weiteren Kindes oder ein besonderer Härtefall i.S.d. § 7 Abs. 2 Satz 3 BEEG (schwere Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod eines Elternteils oder Kindes u.ä.)). Ob § 21 Abs. 4 BEEG auch den Fall der Eigenkündigung des vertretenen Arbeitnehmers erfasst, ist strittig (zum Streitstand vgl. ErfK/Müller-Glöge, 14. Aufl. 2014, BEEG § 21 Rn. 9 m.w.N.).


2.4.2


Vorliegend ist keiner der genannten Fälle gegeben. Frau H. hat ihre Elternzeit nicht "ohne Zustimmung" des Beklagten beendet. Die Beendigung der Elternzeit erfolgte einvernehmlich durch die Vereinbarung ("acuerdo") gemäß Anlage B 3, Bl. 59 d.A. Aus der Sicht der Klägerin entgegen dem eigentlichen Willen der Frau H. und auf Druck des Beklagten, der Frau H. trotz § 15 Abs. 4 BEEG eine Teilzeitbeschäftigung verwehrt habe. Die Vereinbarung einer "excedencia voluntaria" ist auch keine Eigenkündigung, was der Beklagte auch nicht behauptet. Es liegt auch kein Fall eines gebundenen Antrages i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 BEEG vor. Jedenfalls trägt der Beklagte in diese Richtung nicht vor.


2.4.3


Der Beklagte hat auch kein Sonderkündigungsrecht in Analogie zu § 21 Abs. 4 BEEG. Eine analoge Interessenlage liegt nicht vor. Die einvernehmliche Änderung der arbeitsvertraglichen Situation der Frau H. durch Beendigung der eigentlich noch bis März 2014 andauernden Elternzeit und die Vereinbarung einer unbefristeten unbezahlten Freistellung in Gestalt einer "excedencia voluntaria" steht keinem der Tatbestände des § 21 Abs. 4 BEEG gleich.


Man könnte einer Analogie allenfalls dann nähertreten, wenn der Beklagte die Elternzeit der vertretenen Frau H. analog zu § 21 Abs. 4 S. 2 BEEG rechtlich auf Antrag der Frau H. hätte beenden müssen. Dies ist in der Tat das Hauptargument des Beklagten. Dabei kann man die Rechtsqualität der von der Klägerseite als "ominös" bezeichneten Resolución de 6/07/2009 letztlich offen lassen. Ihre Gleichstellung mit einer Art Betriebsvereinbarung bzw. dann wohl Dienstvereinbarung durch den Beklagten ist hier mangels Aufzeigen einer beteiligten Mitarbeitervertretung fernliegend (zur Problematik der Anwendbarkeit des BPersVG auf ausländische Kulturinstitute vgl. BAG [29.10.1998] - 2 AZR 6/98 - juris Rn. 23). Aus hiesiger Sicht ist die "resolución" schlicht eine interne Verwaltungsvorschrift des Beklagten, auf die sich die Klägerin i.V.m. dem Gleichbehandlungsgrundsatz berufen kann. Es ist auch zutreffend, dass Ziff. 7.2. a) der resolución eine freiwillige Auszeit ("excedencia voluntaria") aus persönlichen Gründen ("por interés particular") an der entscheidenden Stelle (S. 26; Bl. 107 d.A.) mit Ausnahme einer einjährigen Beschäftigungszeit nicht an Voraussetzungen knüpft. Zugunsten des Beklagten wird unterstellt, dass die nur Spanisch vorgelegte 37seitige resolución auch nicht an anderer Stelle Einschränkungen enthält und der eine Erklärungsfrist reklamierende Spanisch sprechende Klägervertreter auch keine solche finden wird. Es wird auch unterstellt, dass trotz der gegenteiligen Einschätzung der Klägerin das Schreiben der Frau H. vom 31.05.2013 einen Antrag i.S.v. Ziffer 7.2. a) der resolución enthält oder es darauf nicht ankommt.


Wie diskutiert fehlt es jedenfalls an der weiteren Voraussetzung der Gebundenheit des Antrages der Frau H. Dies folgt aus einer systematischen Auslegung der Richtlinien (der "resolución") des Beklagten i.V.m. der Geltung des deutschen Arbeitsrechts. Bei isolierter Betrachtung mag Frau H. zwar nach Ziff. 7.2. a) der Richtlinien einen voraussetzungslosen Anspruch auf Gewährung einer unbezahlten Beurlaubung gehabt haben. Ein solcher Anspruch bestand jedoch nach dem vereinbarten deutschen Arbeitsrecht nicht während der laufenden Elternzeit der Frau H. Nach dem BEEG kann - zum Schutz des Arbeitgebers - der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin eine Elternzeit entweder nur einvernehmlich (§ 16 Abs. 3 S. 1 BEEG) oder nur in den qualifizierten Fällen des § 16 Abs. 3 S. 2 BEEG vorzeitig beenden. Der Beklagte trägt zu den Gründen der Beendigung der Elternzeit nichts Näheres vor. Damit gilt der Fall des § 16 Abs. 3 S. 2 BEEG als nicht gegeben. Den Richtlinien allgemein und auch nicht dem angeblichen Arbeitsvertrag der Frau H. (Bl. 119 f. d.A.) ist keine - theoretisch mögliche - Besserstellung durch Abbedingung zugunsten der Frau H. zu entnehmen. Während ihrer laufenden Elternzeit hatte Frau H. somit keinen Anspruch auf Abbruch ihrer Elternzeit und Wechsel in eine "freiwillige Auszeit". Wenn der Beklagte eine solche trotzdem vereinbarte - etwa um einen verordneten Stellenabbau betreiben zu können -, ist dies sein gutes Recht, eröffnet ihm aber kein Sonderkündigungsrecht nach § 21 Abs. 4 BEEG.


Im Übrigen verlangt die herrschende Lehre für ein Sonderkündigungsrecht im Fall eines Anspruchs auf Beendigung der Elternzeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 BEEG, dass die zu vertretene Arbeitnehmerin tatsächlich wieder beschäftigt wird (Backhaus, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 4. Aufl. 2012, BEEG § 21 Rn. 35 ("Normzweck"); KR/Lipke, 10. Aufl. 2013, BEEG, § 21 Rn. 23a m.w.N.; Schlachter, in: 91/Schlachter, TzBfG, 2. Aufl. 2011, § 23, Anhang 2 F, BEEG § 21 Rn. 14).


2.4.4


Das gewonnene Ergebnis ist auch nicht deshalb zu korrigieren, weil es bis zu einer nunmehr offenbar recht ungewissen Rückkehr der jetzt in Hamburg wohnenden Frau H. zu einem ordentlich unkündbaren faktisch unbefristeten Arbeitsverhältnis der Klägerin führt. Dies ist jedoch nicht Folge der hiesigen Auslegung und Anwendung des § 21 BEEG, sondern Folge einer Vertragsgestaltung, die (1) auf die Vereinbarung einer ordentlichen Kündbarkeit während der Zweckbefristung verzichtet, (2) zudem nicht die Sicherheit einer Doppelbefristung sucht, (3) darüber hinaus das Vorliegen einer Elternzeitbefristung noch dadurch in Frage stellt, dass nicht auf das Ende der Elternzeit, sondern auf die Rückkehr der zu vertretenen Arbeitnehmerin abgestellt wird und (4) zuletzt auch noch durch eine vorgezogene einvernehmliche unbezahlte Freistellung den vereinbarten Beendigungstatbestand ins gänzlich Unbestimmte verlegt - ohne dass dieser Fall von der Befristungsabrede im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung erfasst wäre (vgl. zu Letzterem BAG [26.06.1996] - 7 AZR 674/95 - juris Rn. 19 = NZA 1997, 200).


3.


Der damit im Ergebnis unterlegene Beklagte hat gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Diese orientieren sich nach einem gemäß § 42 Abs. 3 S. 1 GKG festgesetzten und wegen § 61 Abs. 1 ArbGG tenorierten Streitwert - wegen der versetzten Kündigungstermine in Höhe von vier Bruttomonatseinkommen.

stats