LAG Rheinland-Pfalz: Anwaltliche Drohung mit der Einschaltung der Presse kann zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG führen
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.3.2016 – 5 Sa 313/15
Leitsätze (der Redaktion)
1. Lässt der Arbeitnehmer über seinen Rechtsanwalt mit der Einschaltung der Presse zur Durchsetzung seiner Forderungen drohen, kann dieses einen arbeitgeberseitigen Auflösungsantrag begründen.
2. Das für ein Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauensverhältnis ist durch ein solches Vorgehen zerstört.
3. Das Verhalten seiner Rechtsanwältin muss sich der Arbeitnehmer zurechnen lassen.
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, einen Auflösungsantrag der Beklagten zu 1), die vorläufige Weiterbeschäftigung des Klägers und Schmerzensgeld.
Der 1963 geborene, ledige Kläger war seit dem 01.03.2009 bei der Beklagten zu 1) zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 5.686,00 beschäftigt. Er wurde als Projektleiter eingestellt und am 01.01.2011 zum Fertigungsleiter ernannt. In dieser Eigenschaft erhielt er ab 01.01.2013 zusätzliche Verantwortung für die Abteilungen Werkzeugbau, Instandhaltung und Industrial-Engineering. Die Beklagte zu 1), die zum W.-Konzern gehört, stellt Backformen her. Sie beschäftigte im Zeitpunkt der Kündigung ca. 200 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Inzwischen hat die Beklagte zu 1) ihr Personal am Standort C-Stadt wegen Umstrukturierungen im Unternehmen um die Hälfte reduziert.
Vom 22.04. bis 02.05.2014 hatte der Kläger Urlaub. Auf Bitten der Beklagten erschien er am 30.04.2014 gleichwohl im Betrieb. Der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und der Beklagte zu 2), der kaufmännische Leiter, führten mit ihm ein unangekündigtes Trennungsgespräch. Sie legten ihm einen vorformulierten Aufhebungsvertrag vor und boten ihm die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2014 gegen Zahlung einer Abfindung von € 14.500,00 an. Innerhalb der eingeräumten Bedenkzeit teilte der Kläger mit, dass er keinen Aufhebungsvertrag wünsche. Am 05.05.2014 bot ihm der Beklagte zu 2) erneut einen Aufhebungsvertrag mit einer auf € 17.500,00 erhöhten Abfindung an. Der Kläger lehnte das Angebot am 08.05.2014 ab und teilte mit, dass er am nächsten Tag wieder zur Arbeit komme. Am 09.05.2014 erschien der Kläger im Betrieb und meldete sich beim Beklagten zu 2), worum dieser ihn gebeten hatte. Der Beklagte zu 2) erhöhte das Abfindungsangebot auf € 20.000,00; der Kläger lehnte ab.
Daraufhin führte der Beklagte zu 2) den Kläger in einen Konferenzraum im Verwaltungsgebäude und wies ihm diesen als Büro zu. Er untersagte ihm, den Fertigungsbereich zu betreten. Die Jalousien des Konferenzraums waren geschlossen, das Licht ausgeschaltet, ein Computer nicht vorhanden. Der Beklagte zu 2) entfernte noch den Telefonapparat. Zuvor hatte er den Mitarbeiter R. gebeten, dafür zu sorgen, dass der Kläger die Fertigung nicht betritt. R. hat diesen Auftrag abgelehnt, weil der Kläger sein „Chef“ sei. Dem Kläger ging es durch die Aufregung gesundheitlich so schlecht, dass er sich zu einem Arzt begab, der ihn vom 09.05. bis zum 25.05.2014 krankschrieb.
Mit Schreiben vom 14.05.2014 hörte die Beklagte zu 1) den Betriebsrat zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger an. Das Anhörungsschreiben hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:
„Wie nachfolgend dargelegt ist Herr A. [der Kläger] trotz intensiver Begleitung seitens des Unternehmens nicht in der Lage, den Anforderungen seiner Position gerecht zu werden. Er gefährdet dadurch die Ziele der Fertigung und somit den Bestand des Standortes. Hinzu kommt ein schwerer Bruch des Vertrauensverhältnisses gegenüber dem technischen Geschäftsführer.
Nachdem Herr A. mit Wirkung zum 01.01.2011 zum Fertigungsleiter ernannt wurde, wurden bei ihm Mängel hinsichtlich der Kommunikation und des Zeitmanagements festgestellt.
…
Mitte 2013 eskalierte die Situation und es wurde am 25.07.2013 unter Teilnahme von Herrn E. [dem Beklagten zu 2)] und Herrn X. [dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1)] nochmals ein gemeinsames Gespräch mit Herrn A. geführt … In diesem Gespräch wurde Herrn A. unmissverständlich mitgeteilt, dass er mit einer Beendigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen muss, wenn sich nicht umgehend eine Veränderung seines Verhaltens und seiner Arbeitsweise einstellt.
…
Trotz dieser vielfältigen Maßnahmen zeigt Herr A. weiterhin gravierende Mängel in seinen Sozial- und Methodenkompetenzen. Dies wird durch die folgenden drei Vorkommnisse in jüngster Zeit deutlich, die für uns nicht mehr hinnehmbar sind:
1. Beschaffung einer Etikettiermaschine (Anlage 8)
Herr A. wurde mit der Beschaffung einer Etikettiermaschine beauftragt mit geplantem Endtermin 19.05.14. Herr A. stellte hierfür einen Investitionsantrag über € 18.000,00, versäumte es aber, die Bestellung lt. Vorschrift unserer Unterschriftsregelung über die Abteilung Einkauf abzuwickeln. … Am 19.03.14 meldete sich der Lieferant bei Herrn A., um mitzuteilen, dass er für die Erstellung eines finalen Angebots Musterbackformen benötigen würde. Am 26.03.14 wurden die Muster von Herrn O. an den Versand gegeben. Vor seinem 2wöchigen Urlaub am 17.04.14 lag Herrn A. immer noch kein vollständiges Angebot des Lieferanten vor. Herr A. teilte dem Lieferanten mit, dass er erst in KW 19 mit der Bestellung rechnen könne. Diese Missachtung von internen Vorschriften und die schleppende Bearbeitung seitens Herrn A. führten dazu, dass der Lieferant erst am 12.05.14 ein überarbeitetes Angebot abgegeben hat, nachdem das Projekt an Herrn K. übergeben wurde. Die von Herrn A. verursachten Verzögerungen haben dazu geführt, dass der Liefertermin der Maschine seitens des Lieferanten nicht eingehalten werden kann. Dies bedeutet, dass die Maschine für die in der KW 22/14 geplanten Aufträge nicht zur Verfügung stehen wird. Dadurch wird dem Unternehmen ein Schaden zugefügt, da das Etikettieren der Backformen nun händisch durchgeführt werden muss, was einen erheblichen Mehraufwand bedeutet und damit höhere Kosten verursacht und zu einer zeitlichen Verzögerung führt.
2. Betriebsvereinbarung über Schichtmodell 27 (Anlage 10)
Herr A. hatte Herrn X. gebeten, für die Samstagsarbeit in KW 19-22/14 eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat über Schichtmodell 27 zu schließen. Dies wurde seitens Herrn X. gemäß Absprache veranlasst. Herr A. hat es aber versäumt dafür Sorge zu tragen, dass auch ein Mitarbeiter des Werkzeugbaus an den Samstagen zur Verfügung stehen muss. Erst in der laufenden KW 19 ist Herrn R. aufgefallen, dass hierfür beim Betriebsrat kein Antrag gestellt wurde. Dieser wurde durch die Personalabteilung am 06.05.14 nachträglich gestellt. Der Betriebsrat hat daraufhin am 09.05.14 seine Zustimmung hierzu gegeben. Dadurch konnte in letzter Minute Schaden vom Unternehmen abgewendet werden.
Diese beiden Vorfälle sind exemplarisch für die Arbeitsweise von Herrn A.. Es wird dadurch deutlich, dass auf ihn kein Verlass ist. Termine und Absprachen werden von Herrn A. nicht eingehalten. Er ist dadurch nicht in der Lage, seine Aufgaben als Fertigungsleiter ordnungsgemäß auszuüben.
3. Gespräch mit den beiden Fertigungsmeistern
Am 17.04.14 hat Herr A. mit Herrn H. und Herrn F. die beiden in der Anlage 11 protokollierten Gespräche geführt. Er erklärte, dass Herr X. ihm mitgeteilt habe, dass es zukünftig keine Fertigungsmeister mehr geben werde. Diese Aussage sorgte bei beiden Meistern für Verunsicherung, die insbesondere durch die derzeitige Situation im Unternehmen noch verstärkt wurde.
Diese Äußerung gegenüber seinen Mitarbeitern stellt einen besonders schwerwiegenden Vertrauensbruch gegenüber der Geschäftsführung dar. Zum einen hat Herr X. in seinem Gespräch mit Herrn A. diese Äußerung nicht getroffen. Zum anderen hat Herr A. diese Unwahrheit absichtlich an die beiden Meister weitergegeben, um diese zu verunsichern und zu demoralisieren. Dies wird durch die Tatsache belegt, dass er beide in separaten Gesprächen informiert hat. Er hat damit bewusst in Kauf genommen, dass sie das Vertrauen in Herrn X. und damit in ihren Arbeitsplatz verlieren.
Dieses für einen Vorgesetzten untragbare Verhalten war der Auslöser dafür, dass Herrn A. ein Aufhebungsvertrag mit sofortiger Freistellung unter Einhaltung der Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende angeboten wurde.
Herr K. lehnte dies ab und erschien am 09.05.14 zur Arbeit. Da er aufgrund seines das Unternehmen schädigenden Verhaltens nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehren sollte, wurde er von Herrn E. erst einmal im Konferenzraum 2 untergebracht. Daraufhin verließ Herr A. diesen Raum, meldete sich bei Herrn E. krank und ging nach Hause.
….“
Am 26.05.2014 kehrte der Kläger nach seiner Erkrankung in den Betrieb zurück. Er richtete sich bis zum Antritt seines Urlaubs in dem ihm zugewiesenen Konferenzraum ein Büro ein. Ihm wurde ein Laptop zur Verfügung gestellt, das Telefon war wieder installiert, jedoch nur für interne Gespräche freigeschaltet worden. Mit Schreiben vom 27.05.2014, dem Kläger am selben Tag überreicht, kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.08.2014. Vom 10.06. bis zum 13.06.2014 nahm der Kläger Urlaub.
Am 10.06.2014 übersandte die jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers folgendes Schreiben an die drei Vorstände der W. AG persönlich:
„Betr.: Dringende Aufforderung Ihrer Einflussnahme
…
ich wurde soeben von dem völlig verzweifelten Fertigungsleiter Ihres Tochterunternehmens … mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt.
…
Der Fertigungsleiter sitzt völlig isoliert und ohne jede Beschäftigung in einem Konferenzraum. Er hat nun seit heute seinen Jahresurlaub eingereicht, weil er die Situation nicht mehr erträgt; er darf nun seit Wochen den Produktionsbereich nicht mehr betreten, keine E-Mails empfangen und ist in dem Raum unerträglichen Schikanen ausgesetzt.
Gegen den Willen des Betriebsrats wurde ihm - ohne jede Begründung - gekündigt, nachdem er jahrelang Bestbeurteilungen erhalten und sich nicht das Geringste zuschulden kommen ließ.
Er hat sich lediglich geweigert einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.
Vergeblich war der Fertigungsleiter … in den letzten Wochen hausintern allein darum bemüht die anliegend geschilderten völlig unhaltbaren Zustände im Unternehmen in C-Stadt abgestellt zu erhalten.
Ich bin nun beauftragt fristgerecht das Arbeitsgericht anzurufen, Strafanzeige zu erstatten und die Presse einzuschalten und habe den Mandanten eben dafür gewinnen können, dass Sie zunächst konzernintern noch Gelegenheit erhalten sollen unverzüglich entsprechend dem veröffentlichten Leitbild Ihre Unternehmens (s. Anlage) tätig zu werden.
Informieren Sie mich bitte bis zum 12.06.2014, 15.00 Uhr,
ob der Sachverhalt tatsächlich nicht - jedenfalls jetzt konzernintern - zu klären ist.
Nach diesem Zeitpunkt ist fristgerecht Kündigungsschutzklage zu erheben und darüber hinaus wie angekündigt zu verfahren.
Ich gehe angesichts der völlig unhaltbaren Zustände in Ihrem Tochterunternehmen davon aus, dass nicht tatsächlich in dieser Weise verfahren werden soll. …“
Am 12.06.2014 erhob der Kläger beim Arbeitsgericht Koblenz Kündigungsschutzklage. Er machte außerdem seine Weiterbeschäftigung, hilfsweise seine Freistellung, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits geltend. Darüber hinaus verlangte er die Zahlung eines Schmerzensgeldes iHv. mindestens € 2.000,00. Am 16.06.2014 meldete sich der Kläger telefonisch krank und erklärte, dass er am nächsten Tag wieder im Betrieb erscheinen wolle. An diesem Tag stellte ihn die Beklagte zu 1) unwiderruflich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 31.08.2014 unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung frei.
Mit Schriftsatz vom 05.09.2014 leitete der Kläger ein einstweiliges Verfügungsverfahren (5 Ga 60/14) ein. Er verlangte seine Weiterbeschäftigung, hilfsweise seine Freistellung, bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits. Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Anträge mit Urteil vom 25.09.2014 abgewiesen, das LAG hat die Berufung mit Urteil vom 26.02.2015 (5 SaGa 7/14 - Juris) als unzulässig verworfen.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.04.2015 Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 27.05.2014 zum 31.08.2014 nicht aufgelöst worden ist,
2. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihn als Fertigungsleiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen,
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes, das für den Fall der Säumnis beziffert wird auf € 2.000,00 zzgl. Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 30.04.2015 der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Beklagte zu 1) zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt. Außerdem hat es die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld iHv. € 1.000,00 zu zahlen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die ordentliche Kündigung vom 27.05.2014 sei sozial ungerechtfertigt, weil der Kläger nicht wirksam abgemahnt worden sei. Die dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen bei der Beschaffung einer Etikettiermaschine, der Organisation der Samstagsschichten und wegen der Gespräche vom 17.04.2014 mit den beiden Fertigungsmeistern wögen, selbst wenn sich die Vorwürfe bestätigen sollten, nicht so schwer, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen sei. Die Beklagte zu 1) sei im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Kündigung verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Fertigungsleiter weiter zu beschäftigen. Der Kläger könne wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts von beiden Beklagten als Gesamtschuldner ein Schmerzensgeld iHv € 1.000,00 beanspruchen. Dem Kläger sei als Fertigungsleiter verboten worden, den Fertigungsbereich zu betreten und Telefongespräche nach außen zu führen. In Verbindung mit der Erklärung des Beklagten zu 2), er habe nun Gelegenheit, sich seine Zustimmung zur Vertragsaufhebung zu überlegen bzw. er habe nun genug Zeit, um sich über die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags klar zu werden, sei der Kläger durch diese Maßnahmen unter Druck gesetzt und ausgegrenzt worden. Die Anweisung des Beklagten zu 2) an den dem Kläger unterstellten Mitarbeiter R., dafür zu sorgen, dass der Kläger die Fertigung nicht betritt, habe den Kläger in seinem sozialen Geltungsanspruch herabgesetzt. Der Eingriff sei so schwerwiegend, dass ein Schmerzensgeld von € 1.000,00 angemessen sei. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 30.04.2015 Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen aller Parteien. Der Kläger erstrebt mit seiner Berufung ein höheres Schmerzensgeld. Beide Beklagten machen geltend, dass ein Schmerzensgeldanspruch bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt sei. Die Beklagte zu 1) verteidigt ihre ordentliche Kündigung vom 27.05.2014 und stellt hilfsweise einen Auflösungsantrag.
Die Beklagte zu 1) macht geltend, die Kündigung vom 27.05.2014 sei sozial gerechtfertigt. Anlass und Auslöser der Kündigung sei der Vorfall mit den beiden Fertigungsmeistern am 17.04.2014 gewesen. Der Kläger habe die beiden Meister perfide gegeneinander ausgespielt und bewusst Falschinformationen gestreut, um die ihm unterstellten Mitarbeiter zu verunsichern. Das Verhalten des Klägers gegenüber den beiden Meistern sei geeignet, das Arbeitsverhältnis ohne einschlägige Abmahnung zu kündigen. Er habe seine Autorität bewusst und zielgerichtet dazu missbraucht, Existenzängste bei seinen Untergebenen hervorzurufen. Der Kläger habe damit ihr Vertrauen in seine charakterliche Integrität und damit in seine Eignung als Vorgesetzter nachhaltig und unwiederbringlich zerstört.
Zur Begründung des Auflösungsantrags trägt die Beklagte zu 1) vor, der Kläger habe im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz (5 Ga 60/14) am 06.09.2014 eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. Er habe versichert, dass ihm bis dato niemals überhaupt auch nur ein Fehlverhalten aufgezeigt worden sei. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 25.09.2014 habe die Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Koblenz noch völlige Ahnungslosigkeit vorgetäuscht. Der Kläger wisse überhaupt nicht, was ihm eigentlich vorgeworfen werde. Der Kläger habe die Kündigungsvorwürfe jedoch sehr wohl gekannt, denn der Betriebsratsvorsitzende habe die Stellungnahme des Betriebsrats zu den einzelnen in der Betriebsratsanhörung vom 14.05.2014 aufgelisteten Punkten mit ihm durchgesprochen. Hinzu komme, dass der Kläger mit dem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.06.2014 versucht habe, den Beklagten zu 2) und ihren Geschäftsführer hinter deren Rücken zu demontieren. Das Schreiben sei persönlich an die drei Vorstände der W. AG gerichtet worden. Das angedrohte Einschalten der Öffentlichkeit habe offenbar dem Zweck dienen sollen, die Vorstände der W. AG aus Angst vor einer schlechten Presse in Panik zu versetzen und zu spontanen, unüberlegten gegen ihren Geschäftsführer und den Beklagten zu 2) gerichteten Maßnahmen zu veranlassen. Auch dieser Vorfall lasse eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwarten. Schließlich habe die Prozessbevollmächtigte des Klägers im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 29.12.2014 (dort Seite 6) behauptet, ihr Geschäftsführer habe die beiden Fertigungsmeister H. und F. mit einer Einladung zum Mittagessen sozusagen bestochen, um sie dazu zu verleiten, in einer vorgefertigten Erklärung falsche Angaben zu machen. Dieses Vorbringen sei eine böswillige, frei erfundene Unterstellung, die den einzigen Zweck verfolge, ihren Geschäftsführer und den Beklagten zu 2) in ein zwielichtiges Licht zu rücken. Auch die Unterstellung gegenüber ihrem Geschäftsführer, er habe eine Urkundenfälschung begangen und seiner handschriftlichen Notizen über das Gespräch mit dem Kläger vom 25.07.2013 nachträglich ergänzt, oder auch die mehrfach wiederholte Behauptung, die angesprochenen Probleme seien sämtlich „wie so oft“ allein auf die Fehlentscheidungen ihres Geschäftsführers zurückzuführen, ließen eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwarten.
Das Arbeitsgericht habe dem Kläger zu Unrecht ein Schmerzensgeld zugesprochen. Der Vorfall mit den Fertigungsmeistern habe endgültig zu ihrem Entschluss geführt, sich vom Kläger zu trennen. Aus ihrer Sicht sei es nur noch darum gegangen, das Arbeitsverhältnis entweder einvernehmlich oder durch Kündigung aufzulösen. Sie hätte den Kläger aufgrund der Freistellungsklausel im Arbeitsvertrag sofort freistellen und anschließend das Kündigungsverfahren betreiben können. Ihr Bemühen, dem Kläger eine „goldene Brücke“ zu bauen, damit er gegen Zahlung einer Abfindung ausscheiden könne, stelle keine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar. Der Kläger habe von seinem neuen Büro im Verwaltungsgebäude seine Schreibtischarbeiten erledigen können. Es sei nicht nötig, dass sich ein Fertigungsleiter den ganzen Arbeitstag im Bereich der Fertigung aufhalte.
Auch der Beklagte zu 2) vertritt die Ansicht, dem Kläger stehe kein Schmerzensgeldanspruch zu. Es liege kein schwerwiegender Eingriff in dessen Persönlichkeitsrecht vor.
Der Beklagten zu 1) beantragt zweitinstanzlich,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.04.2015, Az. 5 Ca 2268/14, abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen,
2. hilfsweise, das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß §§ 9, 10 KSchG aufzulösen,
3. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 2) beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.04.2015, Az. 5 Ca 2268/14, teilweise abzuändern und die Klage gegen ihn vollständig abzuweisen,
2. die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.04.2015, Az. 5 Ca 2268/14, teilweise abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, das für den Fall der Säumnis beziffert wird auf weitere € 1.000,00 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.07.2014 zu zahlen,
2. die Berufungen der Beklagten zu 1) und zu 2) zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe das Schmerzensgeld deutlich zu niedrig angesetzt. Ihm seien mindestens weitere € 1.000,00 zuzusprechen. Er sei nach der Weigerung, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen, gezwungen worden wochenlang, völlig isoliert in einem Zimmer in der Verwaltung ohne Arbeit und Arbeitsmittel auszuharren. Er sei seelisch völlig zermürbt worden, er habe Schwächeanfälle erlitten, sei krankgeschrieben worden und habe nach seiner Genesung nur durch Urlaubsanträge seinem Schicksal entgehen können. Die Beklagte zu 1) habe sich geweigert, die Beschränkung aufzuheben. Sein Eilantrag auf Weiterbeschäftigung als Fertigungsleiter sei sowohl vom Arbeitsgericht (5 Ga 60/14) als auch vom Landesarbeitsgericht (5 SaGa 7/14) abgelehnt worden.
Die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 27.05.2014 sei unwirksam. Er habe sich nichts zu Schulden kommen lassen, er sei auch niemals abgemahnt worden. Der zweitinstanzliche Auflösungsantrag der Beklagten zu 1) sei unbegründet. Er habe sich im Rechtsstreit angesichts der Zumutungen der Beklagten nicht unangemessen verhalten. Die Einschaltung des Konzernvorstandes der W. AG mit Schreiben vom 10.06.2014 sei nicht zu beanstanden. Es sei die einzige Möglichkeit gewesen, ohne Einschaltung der Öffentlichkeit der täglichen Isolation ohne jede Beschäftigung zu entgehen. Der Konzernvorstand habe demgemäß innerhalb weniger Stunden seine sofortige Freistellung veranlasst, so dass er den Raum habe verlassen dürfen. Er habe im einstweiligen Verfügungsverfahren keine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die Kündigung sei ohne Begründung erfolgt, die Beklagte zu 1) habe ihn nicht einmal bis zum Gütetermin vor dem Arbeitsgericht über die Kündigungsgründe informiert. Er habe auch wahrheitsgemäß vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) mit den beiden Fertigungsmeistern - entgegen jeder Übung - Essen gegangen sei. Die Gesprächsprotokolle, die von den Meistern unterzeichnet worden seien, habe eine Sekretärin auf Anweisung des Geschäftsführers zu Papier gebracht.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Aus den Gründen
I. Die Berufungen aller Parteien sind zulässig. Sie sind nach § 64 ArbGG statthaft. Die Berufungen sind jeweils form- und fristgerecht eingelegt und auch ausreichend begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO). Entgegen der Ansicht des Beklagten zu 2) genügt auch die Berufung des Klägers den gesetzlichen Anforderungen an ihre Begründung. Der Kläger setzt sich inhaltlich hinreichend mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts auseinander. Er legt dar, welche Umstände das Arbeitsgericht aus seiner Sicht außer Acht gelassen habe und wie daraus ein anderes Ergebnis folge. Das reicht als Berufungsangriff aus.
II. In der Sache haben die Berufung des Klägers und des Beklagten zu 2) keinen Erfolg, die Berufung der Beklagten zu 1) ist hingegen teilweise erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 27.05. zum 31.08.2014 sozial ungerechtfertigt ist. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) war jedoch auf den zweitinstanzlichen Auflösungsantrag zum 31.08.2014 gegen Zahlung einer Abfindung iHv. € 28.430,00 aufzulösen. Der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers war deshalb abzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Beklagten zutreffend als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes iHv. € 1.000,00 verurteilt. Dem Kläger ist kein höheres Schmerzensgeld zuzusprechen.
1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 27.05. zum 31.08.2014 sozial ungerechtfertigt ist.
a) Eine Kündigung ist gem. § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers „bedingt“, wenn dieser seine Vertragspflichten erheblich - in der Regel schuldhaft - verletzt hat und eine dauerhafte störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten ist. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die - fristgemäße - Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Im Vergleich mit einer fristgemäßen Kündigung kommt als milderes Mittel insbesondere eine Abmahnung in Betracht. Einer Abmahnung bedarf es nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten ist, oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich -auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. BAG 19.11.2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 24 mwN, Juris).
b) Von diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen. Die Kündigung lässt sich weder unter personenbedingten noch unter verhaltensbedingten Gesichtspunkten wegen Schlechtleistung oder mangelnder charakterlicher Integrität rechtfertigen.
Die Beklagte wirft dem Kläger „gravierende Mängel in seinen Sozial- und Methodenkompetenzen“ vor. Sie rügt zum einen die Qualität der Arbeitsleistung des Klägers im Zusammenhang mit der Beschaffung einer Etikettiermaschine (Vorfall 1) und der Anordnung von Samstagsarbeit (Vorfall 2). Der Kläger sei nicht in der Lage, seine Aufgaben als Fertigungsleiter ordnungsgemäß auszuüben. Zwar sind auf Pflichtverletzungen beruhende Schlechtleistungen geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen (vgl. BAG 17.01.2008 - 2 AZR 536/06 - NZA 2008, 693). Bei einer auf Leistungsmängel gestützten Kündigung bedarf es jedoch grundsätzlich einer vorherigen Abmahnung.
Die Berufungskammer pflichtet dem Arbeitsgericht bei, dass die Beklagte zu 1) die Kündigung nicht auf angebliche Schlechtleistungen des Klägers (Vorfälle 1 und 2) stützten kann, weil er wegen Mängeln im Leistungsbereich nicht in einer den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechenden Form abgemahnt worden ist. Die Beklagte zu 1) hat zwar vorgetragen, dass ihr Geschäftsführer und der Beklagte zu 2) dem Kläger in einem Gespräch vom 25.07.2013 Probleme bei der Produktion von Herdbackblechen und Pizzablechen angelastet haben. Dem Kläger sei vorgehalten worden, dass er trotz aller Fortbildungsmaßnahmen kurzsichtig agiere und ihm die Fähigkeit fehle, Engpässe und Probleme frühzeitig zu erkennen und abzustellen. Am Ende des Gesprächs sei dem Kläger unmissverständlich erklärt worden, dass er mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen müsse, wenn sich nicht umgehend eine Änderung seines Verhaltens und seiner Arbeitsweise einstelle. Das Arbeitsgericht hat angenommen, dass die Beklagte zu 1) ein abmahnungswürdiges (schuldhaftes) Fehlverhalten des Klägers nicht konkret dargelegt habe. Gegen diese Beurteilung, die Rechtsfehler nicht erkennen lässt, wendet sich die Berufung nicht. Es kann deshalb dahinstehen, ob der Kläger in dem Gespräch ordnungsgemäß abgemahnt worden ist. Die Beklagte zu 1) hat zwar dargetan, dass der Beklagte zu 2) den Kläger auf die Gefährdung seines Arbeitsplatzes („O-Ton“: „letztes Gespräch - beim nächsten Mal werden wir uns trennen“) hingewiesen habe. Der Vortrag der Beklagten zu 1) ist aber insofern nicht ausreichend, als er nicht erkennen lässt, welche konkreten Leistungsmängel sie beanstandet hat. Der pauschale Vorwurf über die Unzufriedenheit mit der erbrachten Arbeitsleistung reicht für eine ordnungsgemäße Abmahnung nicht aus.
Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) berechtigt sie auch das Verhalten des Klägers am 17.04.2014 (Vorfall 3) nicht zur Kündigung. Der Kläger hat eingeräumt, dass er an diesem Tag mit den beiden ihm unterstellten Fertigungsmeistern H. und F. Gespräche geführt habe, um sie im Zusammenhang mit dem (damals geplanten) Personalabbau zu informieren. In der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hat der Kläger auf Nachfrage erklärt, der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) habe ihm am 15.04.2014 mitgeteilt, dass in der Fertigung „eine Ebene abgebaut“ werden solle. Auf seine Bemerkung, dass es sich dabei nur um seine (Fertigungsleiter-)Stelle handeln könne, habe ihm der Geschäftsführer geantwortet, dass er nicht betroffen sei. Über den Inhalt dieses Gesprächs habe er die beiden Fertigungsmeister am 17.04.2014 in Kenntnis gesetzt. Es kann offen bleiben, ob der Kläger den beiden Meistern erklärt hat, dass es „zukünftig keine Fertigungsmeister mehr geben werde“ (so die Beklagte zu 1)), oder „dass die Produktion ohne Fertigungsmeister nicht laufen könne“ (so der Kläger), denn beide Erklärungen waren gleichermaßen geeignet, die beiden Arbeitnehmer zu verunsichern und bei ihnen Ängste um den Verlust des Arbeitsplatzes auszulösen. Die maßgebliche Motivlage des Klägers für diese Gespräche ist unklar. Letztlich bleibt die Annahme der Beklagten, der Kläger habe die beiden Fertigungsmeister „perfide gegeneinander ausgespielt“ und „bewusst Falschinformationen gestreut, um Existenzängste hervorzurufen“, reine Spekulation. Selbst wenn man den bestrittenen Vortrag der Beklagten zu 1) über den Inhalt der Gespräche vom 17.04.2014 als wahr unterstellt, ist der von ihr bemängelte negative Führungsstil des Klägers nach dem das gesamte Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ohne Abmahnung nicht geeignet, die Kündigung zu rechtfertigen. Zu Gunsten des Klägers ist in die Gesamtbetrachtung auch einzubeziehen, dass die Ängste der Fertigungsmeister vor dem Arbeitsplatzverlust in erster Linie auf den (damals noch beabsichtigten) Personalabbau im Werk der Beklagten zu 1) zurückzuführen waren. Selbst wenn der Kläger durch sein Verhalten die Sorgen noch bestärkt haben sollte, sind sie von ihm nicht monokausal ausgelöst worden.
2. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 1) war auf den zweitinstanzlichen Hilfsantrag gem. §§ 9,10 KSchG zum 31.08.2014 gegen Zahlung einer Abfindung iHv. € 28.430,00 brutto aufzulösen.
a) Die Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber berechtigt ist, den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu stellen, liegen im Streitfall vor. Die Beklagte zu 1) hat den Auflösungsantrag in der Berufungsschrift vom 07.07.2015 rechtzeitig gestellt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG hat das Gericht nach erfolgreicher Kündigungsschutzklage auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und ihn zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Arbeitsvertragsparteien nicht erwarten lassen. Nach Satz 3 dieser Vorschrift kann der Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gestellt werden. Das Gericht hat gem. § 9 Abs. 2 KSchG für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Das ist hier wegen der arbeitsvertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende der 31.08.2014.
Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses kommt nach der Konzeption des Gesetzes nur ausnahmsweise in Betracht. Dass allerdings auch die während des Kündigungsschutzprozesses auftretenden Spannungen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sinnlos erscheinen lassen können, ist dem Gesetz nicht fremd (vgl. BAG 23.02.2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 28 mwN, NZA 2010, 1123; BAG 09.09.2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 10 mwN, NJW 2010, 3798). Bei der Entscheidung darüber, ob im Einzelfall ein Sachverhalt vorliegt, der die Auflösung rechtfertigen kann, haben die Arbeitsgerichte die wechselseitigen Grundrechtspositionen des betroffenen Arbeitgebers und Arbeitnehmers zu berücksichtigen und abzuwägen (vgl. BVerfG 22.10.2004 - 1 BvR 1944/01 - zu II 2 der Gründe, NZA 2005, 41).
Auflösungsgründe für den Arbeitgeber iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG können solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, eine Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm übertragenen Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit gefährdet ist (vgl. BAG 19.11.2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 60, Juris). Auch das Verhalten eines Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bedingen. Dies gilt für vom Arbeitnehmer nicht veranlasste Erklärungen des Prozessbevollmächtigten jedenfalls dann, wenn er sich diese zu eigen macht und sich auch nachträglich nicht von ihnen distanziert (vgl. BAG 09.09.2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 11, mwN, aaO). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass gerade Erklärungen im laufenden Kündigungsschutzverfahren durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können (vgl. BAG 23.02.2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 31 mwN, aaO).
b) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Auflösungsantrag der Beklagten zu 1) begründet. Die notwendige Vertrauensgrundlage zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin, der Beklagten zu 1), sowie seinem unmittelbaren Vorgesetzten, dem Beklagten zu 2), ist so stark erschüttert, dass eine weitere sinnvolle Zusammenarbeit in Zukunft nicht zu erwarten ist.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich mit ihrem Schreiben vom 10.06.2014 an die drei Vorstandsmitglieder der W. AG persönlich gewandt und diese dringend aufgefordert, auf den Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und den Beklagten zu 2) in ihrem Sinne Einfluss zu nehmen. Für den Fall, dass die drei Vorstandsmitglieder nicht die von ihr geschilderten „völlig unhaltbaren Zustände“ bei der Beklagten zu 1) gegenüber ihrem Mandaten abstellen sollten, hat sie ua. damit gedroht, die Presse einzuschalten. Diese Drohung gegenüber der Konzernmutter mit Unannehmlichkeiten in der Öffentlichkeit - und zwar durch die Information der Presse - hat die Grundlage für die weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit der Parteien entfallen lassen (vgl. zur Androhung von Presseveröffentlichungen BAG 19.11.2015 - 2 AZR 217/15 - Rn. 36 mwN, Juris; BAG 08.05.2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 20 mwN - NZA 2014, 1258; KR-Fischmeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 408). Gerade in seiner Position als Fertigungsleiter hat der Kläger mit dem Schreiben seiner Rechtsanwältin an die W. AG, das er veranlasst hat, die unverzichtbare Loyalität zu seiner Arbeitgeberin vermissen lassen. Zwischen dem Kläger und der W. AG bestanden keine vertraglichen Beziehungen. Das Schreiben an deren Vorstände diente, wie der gesamten Diktion zu entnehmen ist, allein dem Zweck, den Geschäftsführer und den kaufmännischen Leiter seiner Arbeitgeberin bei der Konzernspitze in ein schlechtes Licht zu rücken, um die Erfüllung eigener streitiger Forderungen, bis hin zum Ziel, von der bereits erklärten Kündigung Abstand zu nehmen, zu erreichen. Durch die Drohung, die Presse einzuschalten, wenn der Vorstand der Konzernmutter nicht in der gewünschten Form auf die Beklagten Einfluss nehmen sollte, um seine Individualansprüche durchzusetzen, hat der Kläger die Basis einer weiteren vertrauensvollen Zusammenarbeit aufgekündigt. Er hat einem konzernrechtlich verbundenen Unternehmen eine Anprangerung in der Öffentlichkeit für den Fall angedroht, dass dieses nicht auf seine Vorstellungen („dringende Aufforderung zur Einflussnahme“) eingehen sollte. Das Verhalten seiner Rechtsanwältin muss sich der Kläger zurechnen lassen. Sie handelte, wie sich aus dem Inhalt des Schreibens vom 10.06.2014 ergibt, ausdrücklich in seinem Auftrag.
Die Drohung war auch widerrechtlich. Zwar unterliegt die Veranlassung einer Presseveröffentlichung dem Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Deshalb muss auch die Frage, ob der mit der Information der Presse Drohende sich eines rechtmäßigen oder eines rechtswidrigen Mittels bedient, im Lichte dieses Grundrechts beurteilt werden. Es ist nicht allgemein unzulässig, mit einem privaten Rechtsstreit an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn interne Einigungsversuche scheitern (vgl. BGH 19.04.2005 - X ZR 15/04 - Rn. 30 ff, NJW 2005, 2766). Vorliegend bestand jedoch bei Abwägung beider Rechtspositionen kein legitimes Interesse daran, sich mit einer Drohung an die Konzernmutter zu wenden, um damit die Beklagte zu 1) in Bezug auf den Arbeitsvertrag des Klägers zum Einlenken zu bewegen. Zwar vertritt der Kläger im Schriftsatz vom 07.11.2015 die Auffassung, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien sehr wohl zu erwarten sei. Der entsprechenden Wertung des Klägers vermag die Berufungskammer aus den dargestellten Gründen nicht zu folgen. Ob noch weitere Auflösungsgründe vorliegen, insb. wegen Abgabe einer vorsätzlich falschen eidesstattlichen Versicherung im einstweiligen Verfügungsverfahren, kann dahinstehen.
c) Im Streitfall hält die Berufungskammer eine Abfindung iHv. € 28.430,00 für angemessen. Nach § 10 Abs. 1 KSchG ist bei der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses als Abfindung ein Betrag von bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers betrug vorliegend nur fünf Jahre, so dass kein Anlass besteht, den Abfindungsrahmen voll auszuschöpfen. Hinzu kommt, dass der Kläger keine Unterhaltspflichten hat. Zudem hat er nach seinen Angaben in der Berufungsverhandlung ab dem 13.05.2015, wenn auch zu einer geringeren Vergütung, eine neue Arbeitsstelle gefunden. Allerdings erscheint die sog. „Regelabfindung“ von einem halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr (vgl. BAG 21.06.2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 40, NZA 2013, 199) unter Berücksichtigung des Lebensalter des Klägers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, und des Grades der Sozialwidrigkeit der Kündigung nicht angemessen. Auch das Verhalten der Beklagten, um den Kläger dazu zu bewegen, ihr letztes Abfindungsangebot vom 09.05.2014 iHv. € 20.000,00 zu akzeptieren (siehe nachfolgend unter 4.) und die damit verbundenen psychischen Belastungen des Klägers wurde abfindungserhöhend berücksichtigt (vgl. zu diesen Bemessungsfaktoren DLW/Dörner 13. Aufl. Kap. 4 Rn. 3553). Die Berufungskammer setzt die Höhe der Abfindung bei einer Würdigung der Gesamtumstände auf ein Bruttomonatsentgelt pro Beschäftigungsjahr, mithin auf € 28.430,00 (€ 5.686 x 5) fest. Dieser Betrag ist einerseits ausreichend, andererseits aber auch erforderlich, um den Kläger angemessen für den Verlust des Arbeitsplatzes zu entschädigen.
3. Die Beklagte zu 1) ist nicht verpflichtet, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen. Der Auflösungsantrag der Beklagten zu 1) hat gem. § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG Erfolg. Das Arbeitsverhältnis ist durch das vorliegende Urteil mit Ablauf des 31.08.2014 aufgelöst worden.
4. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte zu 1) als Gesamtschuldnerin mit dem Beklagten zu 2) verpflichtet ist, an den Kläger gem. § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Schmerzensgeld iHv. € 1.000,00 zu zahlen. Ein höheres Schmerzensgeld kann der Kläger nicht beanspruchen.
a) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsverhältnis zu beachten. Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. zuletzt BAG 19.02.2015 - 8 AZR 1007/13 - Rn. 14 mwN, NZA 2015, 994).
Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der ua. auf den Schutz gegen herabsetzende, entwürdigende Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist. Es umfasst auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (vgl. BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 19). Die Nichterfüllung des Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers stellt eine Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, die im Einzelfall je nach Schwere des Eingriffs einen Anspruch auf Schmerzensgeld bzw. Geldentschädigung auslösen kann (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 05.06.2014 - 2 Sa 394/13 - Rn. 75 mwN, Juris).
b) Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass aufgrund der gesamten Umstände des vorliegenden Falls eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers vorlag.
Der Beklagte zu 2) hat dem Kläger ab dem 09.05.2014 untersagt, den Fertigungsbereich zu betreten. Stattdessen hat er ihm einen Schreibtischarbeitsplatz in einem Konferenzraum zugewiesen, der zunächst weder mit einem Computer noch mit einem Telefon ausgestattet war. Der Kläger war - in seiner Position als Fertigungsleiter - nicht nur aus dem Fertigungsbereich ausgegrenzt, sondern auch von üblichen Kommunikationsmitteln abgeschnitten worden. Die besondere Schwere des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ergibt sich im Streitfall daraus, dass der Beklagte zu 2) den Kläger mit diesem Vorgehen veranlassen wollte, den angebotenen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Hinzu kommt, dass der Beklagte zu 2) den Arbeitnehmer R., der dem Kläger unterstellt war, beauftragt hat, dafür zu sorgen, dass der Kläger den Fertigungsbereich nicht betritt. Dass sich R. geweigert hat, dieser Anweisung Folge zu leisten, entlastet den Beklagten zu 2) nicht. Im Vorgehen des Beklagten zu 2) lag eine im Betrieb offen zu Tage getretene Ausgrenzung und Herabwürdigung des Klägers, die als rechtswidrige Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu bewerten ist. Insbesondere steht der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers kein schutzwürdiges Interesse des Beklagten zu 2) gegenüber, denn der Kläger war unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, das Abfindungsangebot der Beklagten anzunehmen.
In der Reaktion des Beklagten zu 2) auf die fehlende Bereitschaft des Klägers, aus dem Arbeitsverhältnis freiwillig auszuscheiden, liegt eine schwerwiegende Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Da diese in anderer Weise nicht mehr ausgeglichen werden kann, erachtet die Berufungskammer - wie bereits das Arbeitsgericht - unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falls ein Schmerzensgeld iHv. € 1.000,00 für angemessen, aber auch ausreichend. Mit diesem Geldbetrag ist dem Gesichtspunkt der Genugtuung und Prävention hinreichend Rechnung getragen.
Die Beklagte zu 1) haftet als Gesamtschuldner zusammen mit dem Beklagten zu 2), denn sie hat dessen Verschulden gem. § 278 Satz 1 BGB wie eigens zu vertreten (vgl. BAG 28.04.2011 - 8 AZR 769/09 - Rn. 46 mwN, NZA-RR 2012, 290).
Der Kläger hat gem. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB seit 29.07.2014 Anspruch auf Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.