BAG: Anspruch des Leiharbeitnehmers auf Übernahme nach TV
BAG, Urteil vom 22.10.2019 – 1 AZR 217/18
ECLI:DE:BAG:2019:221019.U.1AZR217.18.0
Volltext: BB-ONLINE BBL2020-180-1
Orientierungssätze
1. Der auf die Abgabe eines Angebots zum Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtete Klageantrag ist nur dann hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Klageantrag ggf. in Verbindung mit der Klagebegründung die wesentlichen Vertragsbedingungen - Art der Tätigkeit, ihr zeitlicher Umfang, die Vergütung, den Vertragsbeginn und die Angabe, ob der Vertrag befristet oder unbefristet sein soll - festlegt (Rn. 14).
2. Nach § 4 Nr. 1 TV LeiZ hat der Entleiher dem Leiharbeitnehmer nach 24 Monaten Überlassung einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten, wenn keine freiwillige Betriebsvereinbarung iSv. § 3 TV LeiZ besteht. Soweit § 3 Nr. 3 Satz 1 TV LeiZ bereits bei Inkrafttreten des TV LeiZ bestehende „betriebliche Regelungen“ einer solchen Betriebsvereinbarung gleichstellt, erfordert dies nicht, dass im Betrieb schon eine - nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG normativ wirkende - Betriebsvereinbarung gilt. Eine betriebliche Regelung iSd. § 3 Nr. 3 TV LeiZ liegt vielmehr auch dann vor, wenn die (Gesamt-)Betriebsparteien eine Regelungsabsprache getroffen haben, die den Einsatz der Leiharbeitnehmer im Betrieb in irgendeiner Art und Weise reglementiert (Rn. 18 ff.).
Sachverhalt
Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten.
Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er war vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2015 bei einem Leiharbeitsunternehmen beschäftigt. Jedenfalls in der Zeit ab dem 9. Januar 2012 war er - bis auf den Monat März 2013 - durchgängig bei der Beklagten als Kfz-Techniker mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden in deren Forschungs- und Innovationszentrum in M eingesetzt.
Die Beklagte ist Mitglied im Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e.V. (VME). Sie unterzeichnete mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat am 27. November 2007 ein „Memorandum of Understanding Flexibilisierungsinstrument Zeitarbeit“ (MoU). Dieses lautet auszugsweise:
„Unternehmensleitung und Gesamtbetriebsrat sind sich über folgende Punkte einig:
1. … Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation ist der Einsatz flexibler personalwirtschaftlicher Steuerungsinstrumente erforderlich.
2. Dazu gehören unter anderem … der Einsatz von befristet Beschäftigten und Zeitarbeitskräften.
3. Die B AG wird nur mit solchen Personaldienstleistern zusammenarbeiten, die sich beim laufenden Entgelt einer bei B eingesetzten Zeitarbeitskraft an den Grundentgelten der Metall- und Elektroindustrie gemäß Anforderung der jeweiligen Tätigkeit orientieren. Unter dieser Bedingung erfolgen daher auch die Leistungen der B AG an die Personaldienstleister. ...“
Am 22. Mai 2012 trat der am selben Tag zwischen der IG Metall und dem VME geschlossene Tarifvertrag zum Einsatz von Leih-/Zeitarbeitnehmern für die bayerische Metall- und Elektroindustrie (TV LeiZ) in Kraft. Dieser bestimmt ua.:
„§ 3 Freiwillige Betriebsvereinbarung
1. Die Betriebsparteien können im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung den Einsatz von Leih-/Zeitarbeit und die Ausgestaltung der betrieblichen Flexibilität regeln. Auf Verlangen einer Seite sind hierzu Verhandlungen aufzunehmen.
(I) In dieser Vereinbarung können zum betrieblichen Einsatz von Leih-/Zeitarbeit u. a. geregelt werden:
- Einsatzzwecke, Einsatzbereiche und Volumen von Leih-/Zeitarbeit
- Höhe der Vergütung der Leih-/Zeitarbeitnehmer, die in Verleihverträgen vereinbart wird …
- Höchstdauer des Einsatzes und Übernahmeregeln
(II) Soweit betriebliche Regelungen gemäß Ziffer 1 Abs. (I) getroffen werden, soll neben der Nutzung vorhandener betrieblicher und tariflicher Flexibilisierungsinstrumente folgender tarifvertraglicher Rahmen, für den der Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen zugelassen wird, genutzt werden, um Einschränkungen der Flexibilität zu kompensieren.
- Ergänzend zu § 2 Ziffer 1 Abs. (III) Satz 7 MTV kann eine um bis zu 12 %-Punkte erhöhte Quote vereinbart werden …
- Wird in der Betriebsvereinbarung die Übernahme von Leih-/Zeitarbeitnehmern vereinbart, kann …
- …
2. Wird eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgeschlossen, …
3. Bestehende betriebliche Regelungen gelten als Betriebsvereinbarung in diesem Sinne. Sie sind auf ihre Gleichwertigkeit durch die Betriebsparteien zu überprüfen.
§ 4 Übernahmeangebot
1. Besteht keine Betriebsvereinbarung gemäß § 3, gilt folgendes:
- ...
- Nach 24 Monaten Überlassung*) hat der Entleiher dem Leih-/Zeitarbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. …
Bei Unterbrechungen von weniger als drei Monaten werden Einsatzzeiten im selben Betrieb addiert.
…
§ 6 Übergabe betrieblicher Regelungen an Verleihunternehmen
Bestehen im Entleihbetrieb Vereinbarungen/Regelungen … zugunsten der Leih-/Zeitarbeitnehmer im Entleihbetrieb, übergibt der Entleiher dem Verleihunternehmen die diesbezügliche[n] Informationen. …
§ 7 Bestehende betriebliche Regelungen
Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Tarifvertrages bestehende betriebliche Regelungen und/oder Ergänzungstarifverträge zur Regelung von Leih-/Zeitarbeit bleiben in Kraft …“
Unter dem 10. September 2012 unterzeichneten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine mit Unterzeichnung „in Kraft“ tretende „Protokollnotiz zur strategischen Flexibilität der B AG“ (Protokollnotiz). Ausweislich dieser sollte „gemäß den Tarifverträgen zum Einsatz von Leih-/Zeitarbeitnehmern in Erweiterung des Memorandum of Understanding ,Flexibilisierung Zeitarbeit‘ vom 27.11.2007“ ua. sichergestellt werden, dass bei der Beklagten eine Basisflexibilität von 8 % Zeitarbeitskräften (ZAK) bezogen auf die Gesamtkapazität zugrunde gelegt und eine Höchstgrenze von 12 % ZAK im Jahresdurchschnitt nicht überschritten wird (Nr. 1 und Nr. 3 der Protokollnotiz).
Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte müsse ihm nach § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV LeiZ ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags unterbreiten. Die Voraussetzungen hierfür lägen vor. Die Protokollnotiz stelle keine Betriebsvereinbarung iSd. § 3 Nr. 1 TV LeiZ dar. Zumindest könne eine Gesamtbetriebsvereinbarung den Übernahmeanspruch nicht ausschließen. Auch sei der Gesamtbetriebsrat für deren Abschluss nicht zuständig.
Der Kläger hat - soweit für die Revision von Interesse - zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Vertragsangebot als in Vollzeit beschäftigter Kfz-Techniker am Standort M mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016 gemäß den jeweils in ihrer gültigen Fassung geltenden Tarifverträgen für die bayerische Metall- und Elektroindustrie mit der Entgeltgruppe 8 des Entgeltrahmentarifvertrags (ERA-TV) für die bayerische Metall- und Elektroindustrie zu unterbreiten;
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Vertragsangebot als in Vollzeit beschäftigter Kfz-Techniker im Forschungs- und Innovationszentrum der B AG am Standort M mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016 gemäß den jeweils in ihrer gültigen Fassung geltenden Tarifverträgen für die bayerische Metall- und Elektroindustrie zu unterbreiten.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht - soweit in der Revision noch von Bedeutung - seinem Hauptantrag stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Aus den Gründen
10 Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Der zulässige Hauptantrag des Klägers ist unbegründet. Über den Hilfsantrag hatte der Senat mangels Bedingungseintritts nicht zu befinden.
11 I. Der Kläger hat sein Begehren mit dem Hauptantrag zwar in zulässiger Weise angebracht; in der Sache hat es jedoch keinen Erfolg. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Abgabe eines Vertragsangebots nach § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV LeiZ zu.
12 1. Der Hauptantrag ist zulässig.
13 a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
14 aa) Bei einem Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung, die nach § 894 Satz 1 ZPO mit der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils als abgegeben gilt, erfordert das Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dass der Klageantrag - ggf. in Verbindung mit der Klagebegründung - die wesentlichen Vertragsbedingungen festlegt. Dazu gehören neben der Art der Tätigkeit, dem Arbeitsumfang, der Vergütung und den übrigen Arbeitsbedingungen auch der Vertragsbeginn und die Angabe, ob der Vertrag befristet oder auf unbefristete Zeit abgeschlossen werden soll (vgl. etwa BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 33/11 - Rn. 25 mwN).
15 bb) Diesen Anforderungen wird der Antrag - bei entsprechender Auslegung - gerecht. Sowohl der Zeitpunkt, zu dem das Vertragsangebot der Beklagten Wirkung zeitigen soll, als auch die Art der Tätigkeit sind ausdrücklich genannt. Die Formulierung „Vollzeit“ beschreibt aufgrund des Verweises auf die bei Vertragsschluss kraft beidseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) normativ für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltenden Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie in ihrer jeweiligen Fassung den begehrten Arbeitszeitumfang von 35 Wochenstunden. Die erstrebte Vergütung ist durch die Nennung der Entgeltgruppe 8 des Entgeltrahmentarifvertrags für die bayerische Metall- und Elektroindustrie (ERA-TV) in seiner jeweils geltenden Fassung hinreichend bezeichnet. Unschädlich ist, dass der Kläger die - die Entgelthöhe mitbestimmende - tarifliche Entgeltstufe nicht näher spezifiziert hat. Da sich diese entsprechend dem Inhalt des Klageantrags nach den Vorgaben in § 4 ERA-TV bestimmen soll, muss sie im Klageantrag nicht angegeben werden. Gleiches gilt für die sonstigen, sich aus dem normativ geltenden Tarifwerk der bayerischen Metall- und Elektroindustrie ergebenden Arbeitsbedingungen. Die Klagebegründung lässt zudem erkennen, dass der Kläger, wie in § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV LeiZ vorgesehen, ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags erstrebt.
16 b) Dem auf Abgabe eines Vertragsangebots durch die Beklagte gerichteten Antrag fehlt es nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (vgl. dazu ausführlich BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 20 und 23 mwN).
17 2. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht nach § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV LeiZ verpflichtet, dem Kläger das von ihm begehrte Vertragsangebot zu unterbreiten. Nach § 4 Nr. 1 Einleitungshalbs. TV LeiZ hat der Entleiher dem Leiharbeitnehmer nach 24 Monaten Überlassung einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten, wenn keine „Betriebsvereinbarung gemäß § 3“ besteht. Das zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene MoU aus dem Jahr 2007 ist eine bei Inkrafttreten des TV LeiZ bereits bestehende betriebliche Regelung zum Einsatz von Leiharbeit, die nach § 3 Nr. 3 Satz 1 TV LeiZ als Betriebsvereinbarung in diesem Sinne gilt und damit den geltend gemachten Anspruch ausschließt. Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Ob eine Übernahmepflicht der Beklagten auch an der Protokollnotiz vom 10. September 2012 scheitert, bedarf keiner Entscheidung.
18 a) Entgegen der Ansicht des Klägers erfordert der Begriff der „betrieblichen Regelung“ iSd. § 3 Nr. 3 Satz 1 TV LeiZ nicht, dass im Betrieb eine - nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG normativ wirkende - Betriebsvereinbarung gilt. Vielmehr erfasst er auch sonstige Vereinbarungen zwischen den Betriebsparteien iSv. § 77 Abs. 1 BetrVG und damit auch Regelungsabsprachen. Dies ergibt die Auslegung der Norm (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. etwa BAG 23. Oktober 2018 - 1 ABR 10/17 - Rn. 26 mwN).
19 aa) Sowohl der Wortlaut der Bestimmung als auch ihr Inhalt zeigen, dass es sich bei den betrieblichen Regelungen in formeller Hinsicht gerade nicht um eine Betriebsvereinbarung handeln muss. Die Vorschrift stellt die bei Inkrafttreten des TV LeiZ am 22. Mai 2012 schon in den Betrieben der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vorhandenen Regelungen zum Einsatz von Leiharbeitnehmern ausdrücklich einer Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gleich. Sprachlich haben die Tarifvertragsparteien in der Norm ausdrücklich zwischen beiden Begriffen unterschieden.
20 bb) Diese differenzierende Wortwahl findet sich auch in den sonstigen Normen des TV LeiZ. So verlangt § 3 Nr. 1 Satz 1 TV LeiZ ausdrücklich den Abschluss einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung. Auch § 3 Nr. 1 (II) Satz 1, Nr. 1 (II) Spiegelstrich 2 und Nr. 2 TV LeiZ knüpfen an diesen Begriff an. Soweit die Tarifvertragsparteien in § 3 Nr. 1 (I) TV LeiZ das Wort „Vereinbarung“ verwendet haben, zeigt das vorangestellte Demonstrativpronomen („diese“), dass es sich hierbei um die im vorhergehenden Satz genannte freiwillige Betriebsvereinbarung handelt. Entsprechendes gilt für § 3 Nr. 1 (II) Satz 1 TV LeiZ. Der dort angeführte Begriff „betriebliche Regelungen“ bezieht sich - wie der spezifizierende Zusatz „gemäß Ziffer 1 Abs. (I)“ verdeutlicht - lediglich auf die inhaltlich in der freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 3 Nr. 1 Satz 1 TV LeiZ vereinbarten Bestimmungen. Demgegenüber haben die Tarifvertragsparteien sowohl in § 6 als auch in § 7 TV LeiZ die sprachlich weitergehende Formulierung der betrieblichen Regelungen gewählt. Dies bestätigt, dass hiervon nicht nur Betriebsvereinbarungen, sondern auch sonstige, auf Regelungsabsprachen der Betriebsparteien beruhende und damit für die betrieblichen Verhältnisse maßgebende Vorgaben für den Einsatz von Leiharbeitnehmern im Betrieb erfasst werden sollten.
21 cc) Der Sinn und Zweck von § 3 Nr. 3 TV LeiZ unterstreicht dieses Verständnis. Die Tarifvertragsparteien wollten bereits bestehende Regelungen im Betrieb zur Leiharbeit ausreichen lassen, um eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Abgabe des in § 4 TV LeiZ geregelten Übernahmeangebots auszuschließen. Die Betriebsparteien sollten in diesem Fall nicht zum Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 3 Nr. 1 TV LeiZ angehalten werden, da dem hiermit verfolgten - und durch die andernfalls möglichen Übernahmeansprüche von Leiharbeitnehmern in § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV LeiZ flankierten - Ziel, den Einsatz von Leiharbeitnehmern im Betrieb zu reglementieren, bereits Genüge getan war. Die Handlungspflicht der Betriebsparteien sollte sich lediglich darauf beschränken, die Gleichwertigkeit der schon vorhandenen betrieblichen Regelungen zu überprüfen (vgl. § 3 Nr. 3 Satz 2 TV LeiZ).
22 b) Nach der Systematik und dem Normzweck von § 3 Nr. 3 TV LeiZ müssen sich die bei Inkrafttreten des TV LeiZ bereits im Betrieb anwendbaren Regelungen inhaltlich auf den in § 3 Nr. 1 Satz 1 TV LeiZ aufgeführten Regelungsgegenstand „Einsatz von Leih-/Zeitarbeit“ beziehen. Soweit dort auch die „Ausgestaltung der betrieblichen Flexibilität“ genannt ist, kann dahinstehen, ob es sich hierbei um einen weiteren - eigenständigen - Regelungsgegenstand handelt. Selbst wenn dies der Fall wäre, zeigen § 3 Nr. 1 (I) und (II) Satz 1 TV LeiZ, dass Bestimmungen zur Gestaltung der betrieblichen Flexibilität - etwa die Erhöhung der zulässigen Quote von Arbeitnehmern mit verlängerter individueller wöchentlicher Arbeitszeit nach § 3 Nr. 1 (II) Spiegelstrich 2 Satz 1 TV LeiZ - von den Betriebsparteien nicht zwingend vereinbart sein müssen („soll … genutzt werden“). Weitergehende inhaltliche Anforderungen an die schon bestehenden betrieblichen Regelungen zum Einsatz von Leiharbeitnehmern iSv. § 3 Nr. 3 TV LeiZ stellt der Tarifvertrag nicht auf. Die sprachliche Fassung von § 3 Nr. 1 (I) TV LeiZ („können“ und „u. a.“) verdeutlicht, dass es sich bei den dort genannten Inhalten lediglich um Beispiele für mögliche Inhalte von Regelungen handelt.
23 c) Daran gemessen schließt das im Jahr 2007 geschossene MoU als bereits bestehende betriebliche Regelung zum „Einsatz von Leih-/Zeitarbeit“ iSv. § 3 Nr. 3 TV LeiZ einen Anspruch des Klägers nach § 4 Nr. 1 Spiegelstrich 2 TV LeiZ aus.
24 aa) In Nr. 3 des MoU hat die Beklagte sich gegenüber dem Gesamtbetriebsrat verpflichtet, Verleihverträge nur mit Unternehmen zu schließen, die sich an den Grundentgelten der Metall- und Elektroindustrie orientieren. Die Höhe der in Verleihverträgen zu vereinbarenden Vergütung von Leiharbeitnehmern ist in § 3 Nr. 1 (I) TV LeiZ ausdrücklich als möglicher Regelungsinhalt erwähnt. Unschädlich ist, dass die Gesamtbetriebsparteien lediglich eine Orientierung des Entgelts einer bei der Beklagten eingesetzten Zeitarbeitskraft an den Grundentgelten der Metall- und Elektroindustrie vereinbart haben. Mit dieser Vereinbarung sollte die Arbeitgeberin angehalten werden, nur solche Leiharbeitsunternehmen zu beauftragen, die ihren Arbeitnehmern in etwa die Grundentgelte der bei der Beklagten tätigen Stammbelegschaft zahlen.
25 bb) Das MoU stellt auch eine betriebliche Regelung dar. Diese erfordert nicht, dass die den Einsatz von Leiharbeit begrenzende oder zumindest ausgestaltende Vorgabe mit dem Betriebsrat vereinbart wurde. Die mit dem Gesamtbetriebsrat getroffene Regelungsabsprache reicht aus, da sie den Einsatz von Leiharbeitnehmern in allen Betrieben der Beklagten und damit auch im Betrieb, in dem der Kläger eingesetzt war, betrifft. Dies folgt aus Sinn und Zweck von § 3 Nr. 1 und § 4 TV LeiZ. Den Tarifvertragsparteien ging es darum, den Einsatz von Leiharbeitnehmern zugunsten der Stammbelegschaft zu beschränken. Daher kommt es auch im Rahmen von § 3 Nr. 3 TV LeiZ lediglich darauf an, ob für den Betrieb eine Regelung zur Anwendung gelangt, die diesen Einsatz in irgendeiner Art und Weise reglementiert.
26 cc) Die in § 3 Nr. 3 Satz 2 TV LeiZ vorgesehene Prüfpflicht der Betriebsparteien steht dem durch das MoU bewirkten Ausschluss des Übernahmeanspruchs nach § 4 TV LeiZ nicht entgegen. Unabhängig davon, dass die Betriebsparteien dieser Aufgabe durch den Abschluss der Protokollnotiz - die das MoU ausdrücklich erweitert und damit bestätigt - nachgekommen sind, hätte ein Verstoß hiergegen weder die Unwirksamkeit der betrieblichen Regelungen noch den Wegfall der Fiktionswirkung nach § 3 Nr. 3 Satz 1 TV LeiZ zur Folge.
27 II. Über den Hilfsantrag hatte der Senat nicht zu entscheiden. Dieser stand ersichtlich unter der Bedingung, dass das erkennende Gericht den Hauptantrag wegen des Inhalts des vom Kläger begehrten Vertragsangebots abweist. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.