R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Arbeitsrecht
28.08.2014
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Abmahnung - Missbilligung erkrankter Arbeitspersonen

ArbG Berlin, Urteil vom 25.4.2014 – 28 Ca 17463/13

Amtliche Leitsätze

1. Es stellt im Lichte des allgemeinen Gebotes zur Rücksichtnahme auf den Vertragspartner (§ 241 Abs 2 BGB) und dem damit nicht zuletzt eingeforderten möglichst "partnerschaftlichen Miteinander" (BT-Drs. 14/8796 S 24) keine akzeptable Kritik des Arbeitgebers an einer Arbeitsperson dar, wenn deren Hinweis, sie sei für den beanstandeten Zustand schon deshalb nicht verantwortlich, weil sie am betreffenden Tag nicht im Dienst gewesen sei, mit dem Bemerken quittiert wird, dies "interessiere" ihn nicht.

2. Geht es um die rechtliche Kontrolle von Abmahnungen, so hat die forensische Praxis ihr Augenmerk unter anderem darauf zu legen, dass die Missbilligung keine persönlichen "Unwerturteile" über die Zielperson enthalte (s. bereits BAG 7.11.1979 - 5 AZR 962/77 - AP Nr 3 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße [Leitsatz 1.]; 11.08.1982 - 5 AZR 1089/79 - AP Nr 9 zu Art 5 GG Meinungsfreiheit = NJW 1983, 1220 [3.]). Aufmerksamkeit kann aber wegen des Kränkungswertes einschlägiger Defizite auch der Verfahrensweise des Arbeitgebers gebühren: Hierher gehören neben der (unterbliebenen) Anhörung des Arbeitnehmers auch situative Begleitumstände wie die Neigung mancher betrieblicher Sachwalter, erkrankte Arbeitspersonen ohne erkennbare Dringlichkeit mit (ggf.: möglichst zahlreichen) Missbilligungen zu belegen (s. dazu etwa schon ArbG Kiel 16.01.1979 - 5d Ca 2306/96 - juris).

Sachverhalt

Es geht um Geldentschädigung wegen Verletzung des sogenannten allgemeinen Persönlichkeitsrechts und um „Schmerzensgeld“ wegen Gesundheitsschädigung. - Vorgefallen ist folgendes:

I. Die (heute1) 46-jährige Klägerin trat im April 2011 als „examinierte Fachkraft“2 (Kopie Arbeitsvertrag [Auszug3]: Urteilsanlage I.) in die Dienste der Beklagten, die einen ambulanten Intensivpflegedienst betreibt. Hier bezog die Klägerin zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechtsstreits bilden, bei 30 Wochenarbeitsstunden als Schichtleiterin ein Monatsgehalt von 1.800,-- Euro (brutto).

II. Wie es in den Parteien im Zuge der Arbeitsbeziehung miteinander erging, ist nicht im Einzelnen ausgeleuchtet. Fest steht, dass die Klägerin ihre Interaktion als seit Juni 2013 systematischen Ausdruck „einer ihre Menschenwürde missachtenden und persönlichkeitszersetzenden Behandlung durch die Beklagte“ apostrophieren lässt4. Als Zeichen „zielgerichteter und planmäßiger Anfeindungen, Schikanen und Erniedrigungen“5 namentlich vonseiten des Geschäftsführers der Beklagten hat sie in diesem Zusammenhang folgende Erlebniskomplexe zur Sprache bringen lassen, deren Einzelheiten und Bedeutungen die Parteien teilweise unterschiedlich schildern:

1. So sei es im Juni 2013 während einer Frühschicht dazu gekommen, dass besagter Geschäftsführer ihr mit seinem Körper eine Tür im Gang der Arbeitsstätte verstellt habe6. Auf ihre Bitte, beiseite zu treten und ihr den Durchgang zu ermöglichen, habe dieser lediglich „demonstrativ“ ein Bein gehoben und entgegnet: „Bist doch so klein. Kannst doch darunter durch“7. - Dies hat die Beklagte mit dem Bemerken bestreiten lassen, der Vortrag der Klägerin sei „unsubstantiiert“8.

2. Fest steht, dass die Beklagte ihrem Pflegepersonal bei einer Teambesprechung am 15. August 2013 die Order erteilte, während der Arbeit einen sogenannten „Schrittzähler“ (Kopie einer Abbildung9: Urteilsanlage II.) zu tragen10. Abweichungen lassen die Parteien insoweit wegen der Beobachtungsdichte  vortragen: Während die Klägerin Wert auf die Feststellung legt, das Gerät zeichne in diesem Zusammenhang „ausnahmslos sämtliche während einer Schicht getätigten Schritte auf, auch mithin solche auf dem Gang zur Toilette oder in den Pausenzeiten“11, beteuert die Beklagte, angeordnet seien für die Erfassung der Pflegetätigkeiten die hierfür erforderlichen Wege, nicht aber die Aktivierung des Gerätes während der Toilettengänge und Pausen12. - Unstreitig ist immerhin, dass das Personal im selben Kontext auch den Auftrag erhielt, anhand hierfür gestellter Vordrucke13 (Kopie „Arbeitsanalyse“: Urteilsanlage III.) über ihre diesbezüglichen Aktivitäten Bericht zu erstatten14.

3. Unterschiedliche Darstellungen liefern die Parteien wiederum zu einem von der Klägerin auf den „August 2013“ datierten Vorgang: Hier habe der Geschäftsführer ihr „im aggressiven Tonfall“ vorgehalten, es am 9. August 2013 als Schichtleiterin zugelassen zu haben, dass zehn der Beschäftigten des Hauses gleichzeitig im Hof eine Raucherpause eingelegt und dadurch „den Betriebsablauf bewusst gestört“ hätten15. Ihrem Hinweis, sie sei am 9. August 2013 überhaupt nicht im Dienst gewesen, sei der Geschäftsführer lediglich mit dem Bemerken begegnet, dass ihn dies „nicht interessiere“16. - Hierzu lässt die Beklagte erwidern, die Darstellung der Klägerin sei „gleichermaßen unsubstantiiert“17. Unabhängig davon werde bestritten, dass er „im August 2013“ falsche Anschuldigungen im aggressiven Tonfall erhoben habe, „insbesondere nicht im Hinblick auf Raucherpausen, die nach der gültigen Betriebsordnung nur einzeln angetreten werden“ dürften18. Möglicherweise habe er „einmal in einer Teambesprechung hierauf verwiesen“19.

4. Fest steht wiederum, dass sich die Beklagte mit Schreiben vom 19. August 201320 (Kopie: Urteilsanlage IV.) wie folgt an die Klägerin wandte:

 „Abmahnung

… am Donnerstag, 15.08.2013, wurde in der Teamsitzung (siehe Teamsitzungsprotokoll 15.08.2013 [Kopie21: Urteilsanlage V.]) angewiesen, dass ab sofort Tätigkeitsberichte geführt werden. In der Nachtschicht 17. und 18.08.2013 haben sie keine Tätigkeitsberichte geführt.

Die Tätigkeitsberichte, sind zur Analyse und Rationalisierung der Arbeitsabläufe und nach Auswertung, zur Entlastung der in Pflege befindlichen Mitarbeiter vorgesehen.

Mit diesem Verhalten haben Sie gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Sie sind verpflichtet, den Anweisungen Ihrer Dienstvorgesetzten Folge zu leisten. Arbeitsvertrag § 2 Absatz 2: ,Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer andere oder zusätzliche, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten zuweisen … ‘

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie künftig die Arbeitsanweisungen Ihrer Vorgesetzten befolgen.

Sollten Sie dieser Erwartung nicht entsprechen, müssen Sie mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu einer Kündigung rechnen“.

5. Unstreitig ist auch, dass die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 26. August 201322 (Kopie: Urteilsanlage VI.) folgendes wissen ließ:

 „Abmahnung

… Sie haben es am 11.08.2013 in der Frühschicht unterlassen, der Patientin B. die von ihr eingeforderte Hilfe zukommen zu lassen.

Die Patientin hat über einen Zeitraum von 24 Minuten vergeblich den Personalruf betätigt, ohne dass Sie oder eine andere Pflegekraft hierauf reagierten. Die Patientin hat sah sich gezwungen, im Bett – ohne vorhandenen Schieber – Wasser zu lassen.

Sie als eingeteilte Schichtleitung und zudem examinierte Fachkraft waren zum genannten Zeitpunkt verpflichtet, die Patientin unverzüglich auf Anforderung der Patientin aufzusuchen, die Ursache des (flächendeckend lauten, deutlich vernehmbaren) Hilfe-(Personal)rufs umgehend zu eruieren und der Patientin einen Schieber zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen waren Sie zum genannten Zeitpunkt dafür verantwortlich, dass wenigstens auf Ihre Anweisung hin eine anwesende Pflege(hilfs)kraft unverzüglich auf die Anforderung der Patientin reagiert, diese aufsucht, die Ursache des Hilfs-(Personal)rufs umgehend ermittelt und der Patientin einen Schieber zur Verfügung stellt.

Ihr Verhalten, auf Personalrufe der Patienten nicht zu reagieren, ist geeignet, die Gesundheit und das Leben der Patienten konkret zu gefährden. Sie haben schwerwiegend gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, Ihre Arbeitsleistung mit Sorgfalt und unverzüglich entsprechend den Arbeitsanweisungen zu erbringen. Der Arbeitgeber ist darauf angewiesen, dass die ordnungsgemäße Überwachung der Patienten und unverzügliche Hilfeleistung gegenüber Patienten durchweg gewährleistet ist.

Sie haben durch Ihr Unterlassen vor den weiteren Mitarbeitern zum Ausdruck gebracht, dass Sie sich nicht mehr mit den Gepflogenheiten des Unternehmens und dem Bemühen des Arbeitgebers um die Sicherheit der hilfebedürftigen und schwer erkrankten Patienten identifizieren. Diese offen demonstrierte Haltung gerade in Ihrer Funktion als verantwortliche Schichtleitung hat Signalwirkung:

Sie verunsichern die Patienten und gefährden durch Ihr Unterlassen den Betriebsfrieden und die betriebliche Ordnung, da die Mitarbeiter aufgrund Ihrer Vorbildfunktion zu einer gleichermaßen risikobehafteten Untätigkeit angehalten werden.

Ferner schaden Sie durch Ihr Verhalten dem Ansehen des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit und gefährden die vertraglichen Beziehungen zu den Patienten und den Krankenkassen.

Wir sprechen Ihnen hiermit eine Abmahnung aus und fordern Sie auf, Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten künftig ordnungsgemäß zu erfüllen und derartige und andere Verstöße zu unterlassen.

Sollten Sie entgegen dieser Abmahnung erneut durch ein gleichartiges oder sonstiges Fehlverhalten gegen Ihre Pflichten verstoßen, werden wir arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur fristlosen Kündigung ergreifen. Wir weisen in diesem Fall ergänzend auch auf die Vorschrift des § 225 StGB23 (Misshandlung Schutzbefohlener), die ggf. bei weiteren Pflichtverletzungen zu prüfen wären“.

6. Fest scheint ferner zu stehen, dass die Klägerin mit dem 26. August 2013 arbeitsunfähig erkrankte (s. dazu noch unten, S. 6 [8.]). Fest steht schließlich auch, dass die Beklagte ihr währenddessen mit Schreiben vom 5. September 201324 (Kopie [Auszug]: Urteilsanlage VII.) folgende Nachricht übermittelte:

 „Abmahnung

… Sie haben es am 11.08.2013 unterlassen zu prüfen und zu überwachen, ob die Pflegekräfte vollzählig am Arbeitsplatz bzw. unter Berücksichtigung einzelner kurzer Pausenabwesenheiten im Betrieb anwesend sind. Sie haben es unterlassen, die plötzliche Abwesenheit der Frau W. bei der Geschäftsleitung zu melden, um eine kurzfristige Personalgestellung als Ersatz zu ermöglichen.

Der Arbeitgeber ist darauf angewiesen, dass Sie als eingeteilte Schichtleitung den ordnungsgemäßen betrieblichen Ablauf überwachen und insbesondere bei personellen Engpässen Maßnahmen einleiten, die es dem Arbeitgeber ermöglichen, Personaldispositionen zu treffen, - insbesondere um die Patientensicherheit zu gewährleisten.

Ihr Verhalten, auf Abwesenheiten der Pflegekräfte nicht zu reagieren, ist geeignet, die Gesundheit und das Leben der Patienten konkret zu gefährden. Sie haben gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, Ihre Arbeitsleistung in Ihrer Stellung als Schichtleitung verantwortlich zu erbringen. Der Arbeitgeber ist darauf angewiesen, dass Sie Ihren Sorgfaltspflichten als Schichtleitung nachkommen, damit die ordnungsgemäße Überwachung der Patienten und unverzügliche Hilfeleistung gegenüber Patienten durchgehend gewährleistet werden kann.

Sie haben durch Ihr Unterlassen vor den weiteren Mitarbeitern zum Ausdruck gebracht, dass Sie sich nicht mehr mit den Gepflogenheiten des Unternehmens und dem Bemühen des Arbeitgebers um die Sicherheit der hilfebedürftigen und schwer erkrankten Patienten identifizieren. Diese offen demonstrierte Haltung gerade in Ihrer Funktion als verantwortliche Schichtleitung hat Signalwirkung: … [Folgeseite fehlt; d.U.]“.

Dem hält die Klägerin im Rechtsstreit entgegen25, das gerügte Vergehen habe sich nicht am 11., sondern am 3. August 2013 abgespielt, an dem sie selber jedoch keinen Dienst gehabt habe.

7. Unter Begleitumständen, die gleichfalls nicht im Einzelnen ausgeleuchtet sind, ergab es sich, dass die an sich für die Zeit vom 21. bis 29. September 2013 zur Teilnahme an einer Weiterbildung zur Atmungstherapeutin eingeplante Klägerin einer Änderung des Dienstplans begegnete: Ihrer Darstellung zufolge wurde dieser „überraschend und ohne vorherige Absprache“ dergestalt geändert, dass sie sich „nunmehr für den Spätdienst am 28/29.09.2013 eingeteilt“ sah26. - Hierzu legt die Beklagte Wert auf die Feststellung, sie habe sich keineswegs geweigert, den Dienstplan für September 2013 für die betreffende Spätschicht im Sinne der Klägerin zu ändern27: Vielmehr habe sie „unverzüglich nach Hinweis der Klägerin entsprechende organisatorische Maßnahmen zur Korrektur getroffen“, was Rücksprachen mit einer Vielzahl bereits anderweit eingeteilter Arbeits- und Ersatzkräfte erfordert habe28. Insofern sei die von ihr damals eingeforderte Dienstplanänderung seinerzeit schnellstmöglich vorgenommen worden29.

8. Sicher ist hingegen wiederum, dass die Beklagte der Klägerin – möglicherweise nach anfänglichen Querelen30 - auf entsprechende Aufforderung ihres Bevollmächtigten mit Schreiben vom 22. August 2013 ein auf den 29. August 2013 datiertes Zwischenzeugnis31 (Kopie: Urteilsanlage VIII.) hat zukommen lassen32.

9. Sicher ist schließlich, dass unter dem Datum des 8. Oktober 2013 mit Blick auf die Klägerin und „zur Vorlage bei Gericht“ ein ärztliches Attest ihres behandelnden Arztes für Innere Medizin (Herrn Dr. A. R.) entstand (Kopie33: Urteilsanlage IX.). - Darin heißt es:

 „Ärztliches Attest

zur Vorlage bei Gericht

Frau … [Name und Geburtsdatum der Klägerin; d.U.] ist seit dem 26.08.2013 wegen Mobbing arbeitsunfähig krank.

Laut Anamnese liegt eine Mobbing-Situation vor mit ungerechtfertigten Vorwürfen. Es besteht ein hoher Leidensdruck mit Tendenz zur reaktiven Depression“.

III. Mit ihrer am 29. November 2013 bei Gericht eingereichten und der Beklagten elf Tage später (10. Dezember 2013) zugestellten Klage nimmt die Klägerin diese unter Hinweis auf das besagte Geschehen auf Geldentschädigung von 10.050,-- Euro34, Schmerzensgeld von mindestens 5.000,-- Euro und Feststellung weiterer Schadenshaftung der Beklagten wegen der Folgen „systematischen Mobbings“ in Anspruch. Sie erblickt in den für die Zeit von Juni bis September 2013 geschilderten Ereignissen die bereits erwähnten (s. oben, S. 2 [II.]) Erscheinungsformen „zielgerichteter und planmäßiger Anfeindungen, Schikanen und Erniedrigungen“ vor allem durch den gesetzlichen Repräsentanten der Beklagten. Insofern apostrophiert sie den Vorgang vom „Juni 2013“ (s. oben, S. 2 [II.1.]) als „Herabsetzung und Erniedrigung“35, die Direktive zur Verwendung eines „Schrittzählers“ (s. oben, S. 3 [2.]) als unzulässigen Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht36, die förmlichen Abmahnungen mit Schreiben vom 19. August 2013 (s. oben, S. 3-4 [4.]; Urteilsanlage IV.), 26. August 2013 (s. oben, S. 4-5 [5.]; Urteilsanlage VI.) und 5. September 2013 (s. oben, S. 5-6 [6.]; Urteilsanlage VII.) als „unberechtigte Serienabmahnungen“37 und die Geschehnisse um den Dienstplan vom 28./29. September 2013 (s. oben, S. 6 [7.]) bzw. das Zwischenzeugnis (s. oben, S. 6 [8.]; Urteilsanlage VIII.) als „Isolierung im Betrieb“ und Versuche der Beklagten, sie „von der übrigen Belegschaft auszugrenzen“38. Mit eben diesen Vorgängen (Klägerin: „Mobbingattacken“39) habe die Beklagte „planmäßig ein durch Einschüchterungen, Falschbeschuldigungen, Erniedrigungen und Entwürdigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen“40. Seinetwegen sei sie schließlich erkrankt, woraus insbesondere „psychische und körperliche Zusammenbrüche“, „reaktive Depression“, „Schlafstörungen“ und „psychosomatische Unruhe“ erwachsen seien41. Insofern werde namentlich auch mit dem von ihr beigebrachten Attest (Urteilsanlage IX.) deutlich, dass ihre gesundheitliche Verschlechterung mit dem gegen sie gerichteten Mobbing einhergehe42. Es bestehe „eine augenfällige Korrelation“ zwischen ihren „fortschreitenden Leiden“ und „den beständigen Falschbeschuldigungen und Erniedrigungen, denen sie im Betrieb ausgesetzt“ gewesen sei43.

IV. Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr 10.050,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagte ferner zu verurteilen, ihr ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld von mindestens 5.000,-- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche durch das systematische Mobbing am Arbeitsplatz entstandenen und zukünftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit nicht ein Übergang auf den Sozialversicherungsträger erfolgt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

V. Sie hält das Klagebegehren der Sache nach für gegenstandslos. Es liege kein zielgerichtetes Vorgehen seitens ihres Geschäftsführers oder der Vorgesetzten gegen die Klägerin vor44. Die in der Klageschrift aufgeführten Vorwürfe zu angeblich systematischen Übergriffen erschöpften sich „in textbausteinartigen Rechtsausführungen ohne jeden konkreten und ohne zeitlichen Bezug“45.

1. Der von der Klägerin auf „Juni 2013“ datierte Vorfall (s. oben, S. 2 [II.1.]) werde, wie schon erwähnt, bestritten (s. oben, S. 2 Fn. 8).

2. Die Direktive bezüglich des „Schrittzählers“ (s. oben, S. 3 [II.]; Urteilsanlagen II. u. V.) sei bereits Gegenstand eines Parallelrechtsstreits46 (ArbG Berlin  – 54 Ca 14147/13) und im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Maßnahme ohnehin nur „für die begrenzte Dauer von 14 Tagen“ angeordnet gewesen sei47.

3. Die auf „August 2013“ datierte Kritik wegen eines der Klägerin angelasteten Versäumnisses am 9. August 2013 (s. oben, S. 3 [3.]) werde, wie gleichfalls schon erwähnt (S. 3 Fn. 17-19), bestritten.

4. Die schriftliche Abmahnung vom 19. August 2013 (s. oben, S. 4 [IV.]; Urteilsanlage IV.), die wie die übrigen schriftlichen Rügen zudem gleichermaßen Gegenstand des erwähnten Parallelrechtsstreits sei48, halte rechtlicher Kontrolle ebenfalls Stand: Sie beruhe darauf, dass die Klägerin für den 17. und 18. August 2013 – anders als noch für den 16. (Urteilsanlage VIII.) - keinen Tätigkeitsbericht zwecks „Arbeitsanalyse“ erstattet habe49.

5. Entsprechendes gelte für die Abmahnung vom 26. August 2013 (s. oben, S. 4-5 [5.]; Urteilsanlage VI.). Hier habe die Klägerin im betreffenden Falle nicht nur ihre Pflichten zum Nachteil der Patientin Frau B. vernachlässigt, sondern auch – darauf angesprochen – erklärt, sie sei „nicht verantwortlich für die anderen Mitarbeiter“ und werde diese „auch nicht erziehen“50.

6. Was schließlich die Abmahnung vom 5. September 2013 (s. oben, S. 5-6 [6.]; Urteilsanlage VII.) anbelangt, so habe die Klägerin ihre Verpflichtungen beim fraglichen Geschehen gleichfalls vernachlässigt51: Es sei auch nicht richtig, dass der Vorgang (nur) den 3. August 2013 betreffe: Frau W. habe ihren Arbeitsplatz nicht nur am 3. August 2013 während der Arbeitszeit, sondern auch am 11. August 2013 verlassen, um erneut eine private Wohnungsbesichtigung wahrzunehmen52.

7. Soweit es um den Dienstplan vom 28./29. September 2013 geht (s. oben, S. 6 [7.]), ist auch dies weiter oben schon kommentiert (s. S. 6 [vor 8.]).

8. Dasselbe gilt für das Zwischenzeugnis (s. oben, S. 6 [8.] mit Fn. 32; Urteilsanlage VIII.) - Inwiefern sich aus den Vorgängen um Dienstplan und das Zwischenzeugnis zulasten der Klägerin eine „Isolierung im Betrieb“ ergebe, erschließe sich aus ihrem Vortrag nicht53. Der Überschrift ihrer Darstellungen54 würden keine inhaltlichen Ausführungen unterlegt, die entsprechende Schlussfolgerungen zuließen55.

9. Sämtliche Vorwürfe „in Hinblick auf angebliche Mobbing-Handlungen“ würden daher zurückgewiesen56: Die von der Klägerin angeführten Beschreibungen erschöpften sich „in seitenlangen, textbausteinartigen und pauschalen Rechtsausführungen sowie in Eindrücken und Interpretationen subjektiver Wahrnehmungen“, die ihr nach eigenen Recherchen nicht erklärlich seien57.

VI. Hierzu verweist die Klägerin unter anderem darauf, dass sie mittlerweile wegen des erheblichen Leidensdrucks und der damit verbundenen seelischen Erkrankungen (insbesondere reaktive Depression) auf ausdrückliches Anraten ihres Arztes das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2014 gekündigt habe58. Immerhin habe die Beklagte in ihrer Klageerwiderungsschrift deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie „nicht gewillt“ sei, „das systematische Mobbing“ in Zukunft zu unterbinden59. - Sie betont des Weiteren, dass sie der Vorwurf im Beklagtenschreiben vom 26. August 2013 (s. oben, S. 4-5 [5.]; Urteilsanlage VI.), eine auf Hilfe angewiesene Patientin gleichsam sehenden Auges im Stich gelassen und deren Leben konkret gefährdet zu haben, erschüttert und zutiefst verletzt habe60. Gerade weil sie sich sehr um das Wohl der ihr anvertrauten Patienten sorge und mit diesen einen vertrauensvollen Umfang pflege, treffe und verletzte sie auch die weitergehende Kritik der Beklagten61 umso härter62. - Schließlich legt sie zum einen Wert auf die Feststellung, schon im Personalgespräch vom 15. August 2013 „auf die chronische Unterbesetzung der Station und das Organisationsverschulden der Beklagten hingewiesen“ zu haben63, zum anderen darauf, dass sie nach dem 11. August 2013 auch mit Frau B. gesprochen habe64: Diese habe „die chronische Unterbesetzung der Beklagten aus eigener Anschauung in einer Vielzahl von vorangegangenen Fällen erlebt“ und sei „mit deren Organisationsmängeln vertraut“ gewesen65. Sie habe den Pflegekräften und insbesondere ihr (Klägerin) daher „auch keinerlei Vorwurf gemacht, sondern die Verantwortung ausschließlich bei der Beklagten gesehen“66.

VII. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen. Nicht inbegriffen sind die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom „22.01.2014“67 (Eingang bei Gericht: 22. April 2014; d.U.), weil die Klägerin dazu kein ausreichendes rechtliches Gehör mehr erhalten hat. Soweit hier aus diesem Schriftsatz zitiert oder berichtet wird, geschieht dies daher ausschließlich zur Illustration.

Aus den Gründen

Der Klage kann nicht entsprochen werden.

Das gilt für jedes der verfolgten Antragsbegehren. - Im Einzelnen:

A. Die Geldentschädigung (10.050,-- Euro)

Ein Anspruch auf Geldentschädigung in Höhe von 10.000,-- Euro kann der Klägerin ebensowenig zugesprochen werden wie ein Anspruch auf pauschalierten Aufwendungsersatz68 (50,-- Euro). Die Beklagte hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin – wenn überhaupt – jedenfalls nicht in einer zur Kompensation durch Geldentschädigung verpflichtenden Weise verletzt. - Der Reihe nach:

I. Der Klägerin ist allerdings rückhaltlos zuzubilligen, dass eine Haftung des Arbeitgebers auf Geldentschädigung bei gravierenden Verletzungen von Persönlichkeitsrechten seines Personals sowohl nach Maßgabe des geschriebenen Gesetzesrechts (§ 823 Abs. 1 BGB69) als auch als ungeschriebener grundrechtlicher Schutzbehelf70 (Art. 1 Abs. 171, 2 Abs. 172 GG) unabhängig von etwaiger Verletzung der Gesundheit entsprechender Zielpersonen (s. hierzu auch (§§ 280 Abs. 173, 253 Abs. 2 BGB74) normativ durchaus in Betracht kommt:

1. Als allgemein anerkannt darf mittlerweile75 angesehen werden, dass der Arbeitgeber sein Personal respektvoll zu behandeln und dessen sozialen Geltungsanspruch zu wahren hat sowie allemal gut beraten ist, im Umgang von Vorgesetzten mit Untergebenen für ein möglichst partnerschaftliches Miteinander76 zu sorgen77. Das ergibt sich (heute78) – soweit nicht Spezialvorschriften eingreifen (s. etwa § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG79; § 2 Abs. 1 ArbSchG80) - bereits aus § 241 Abs. 2 BGB81 und korrespondiert entsprechenden Geboten an die Organisationspflichten des Arbeitgebers82. Dieser ist damit nach den Worten des Achten Senats des BAG „insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und der Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitnehmer verpflichtet“83. Er hat desgleichen die Pflicht, seine Arbeitnehmer „vor Belästigungen durch Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Dritte, auf die er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen“84.

2. Dem entspricht – spiegelbildlich - das Verbot, einen Mitarbeiter am Arbeitsplatz Verhältnissen auszusetzen, in denen – in der vom Achten Senat aufgegriffenen85 Kaleidoskopie des § 3 Abs. 3 AGG - „die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen“ oder, wie hinzuzufügen wäre, auch nur hingenommen würde. Ebenso wenig darf der Arbeitgeber anordnen oder zulassen, dass Mitarbeiter, die in zulässiger Weise ihre Rechte – und nicht zuletzt auch ihre Grundrechte – ausüben, hierfür „getriezt“ oder in anderweitig nachtragender Weise behelligt werden (s. dazu auch § 612 a BGB86). - Erst recht sind dem Arbeitgeber und seinen Sachwaltern hiernach jene als „Mobbing“ diskutierten Strategien verboten, in denen berufstätige Menschen von Vorgesetzten und/oder Kolleg(inn)en systematisch angefeindet, schikaniert oder diskriminiert werden87, wie dies auch die hiesige Klägerin als ihr Schicksal im Hause der Beklagten seit jedenfalls Juni 2013 für sich in Anspruch nimmt. Was insofern als „systematisch“ normativ diskreditiert sein soll, hat das Thüringer LAG in seinen damals großes Aufsehen erregenden Urteilen vom 15. Februar88 und 10. April 200189 gekennzeichnet als „fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergehende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen“90.

3. Hält sich der Arbeitgeber nicht an diese „Spielregeln“ zivilisierter Rechtskultur, so kann ihn das teuer zu stehen kommen:

a. Seit nämlich der Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) schon in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts das allgemeine Persönlichkeitsrecht als „sonstiges Recht“ dem Schutz des Deliktsrechts in § 823 Abs. 1 BGB unterstellt91 und sodann (nach anfänglichem Zögern92) – gegen den Wortlaut des damaligen § 253 BGB, aber mit Billigung93 des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) – im Wege richterlicher Rechtsfortbildung die Möglichkeit eröffnet hat, die Verletzung dieses Rechts mit „Schmerzensgeld“ (richtig: Geldentschädigung) zu belegen94, müssen Arbeitgeber und andere Akteure ernstlich damit rechnen, für solche Drangsalierung von ihrer Zielperson auch vor den Gerichten für Arbeitssachen zur Rechenschaft gezogen zu werden.

b. Freilich sind etwaigen Hoffnungen auf vergleichsweise bequeme Aktivierung sprudelnder Einnahmequellen von befassten Zivilgerichten auch substantielle Grenzen gesetzt: Da schon die Judikatur der Nachkriegszeit die Gefahr erkannte95, dass mit der schrankenlosen Einräumung von Entschädigungsansprüchen für Nichtvermögensschäden auf dem Gebiet des Persönlichkeitsrechts fragwürdige „Begehrlichkeiten“ geweckt werden könnten96, haben die Gerichte eine ganze Reihe von Kautelen  formuliert, die in der praktischen Rechtsanwendung als „Handsteuerung“ fungieren:

ba. So hängt nach dieser Rechtsprechung schon die gerichtliche Feststellung, es läge eine „Verletzung“ (statt lediglich: Betroffenheit oder Beeinträchtigung) des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch widerrechtliches Verhalten des anderen Teils vor, von einer Abwägung der rechtlichen Belange des Anspruchstellers mit den möglicherweise ihrerseits geschützten Belangen des Gegners ab97. Das ist auch nur allzu begreiflich: Da in der Vielgestaltigkeit des Lebens nun einmal schon im Zuge der Ausübung eigener Grundrechte zahllose Möglichkeiten des Einzelnen bestehen, den Mitmenschen auch ganz ohne jede böse Absicht schon einmal „auf die Füße zu treten“, kann nicht schon jede Kränkung des Adressaten die Konsequenz nach sich ziehen (dürfen), diesem nun „Schmerzensgeld“ leisten zu müssen. Den in diesem Zusammenhang daher gebotenen Abgleich mit gegenläufigen Belangen des Handelnden suchen die befassten Gerichte in sogenannter „Güter- und Interessenabwägung“98 , in der auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit seinen Platz99 hat. - Das ist aber noch längst nicht alles:

bb. Die zweite Kautele, die richterliche „Handsteuerung“ nicht nur bewirkt, sondern erklärtermaßen anstrebt, hängt mit der schon erwähnten – und nach aller menschlichen Erfahrung auch durchaus realitätsnahen – Scheu der Gerichte zusammen, durch allzu viel „Großzügigkeit“ die Schleusen für Neigungen von Menschen zur „Kommerzialisierung der eigenen Person“100 zu öffnen. Bewerkstelligen sollen dies Formeln wie die, dass eine Geldentschädigung im Allgemeinen nur in Betracht komme, wenn sich im Blick auf das zur Debatte stehende Verhalten „der Vorwurf einer schweren Schuld“ erheben lasse101, es sich „um eine objektiv erheblich ins Gewicht fallende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts“102 oder auch um „schwerwiegende Verletzungen“103 oder „ernste Störungen“104 handele.

bc. Die dritte Eingrenzung, in der sich - der Sache, nicht dem Namen nach - Einflüsse des Prinzips der Verhältnismäßigkeit zur Geltung bringen, nehmen die Gerichte traditionell mit der in gleichfalls wechselnden Formeln auftauchenden Feststellung vor, der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dürfe nicht auf für den Störer (anstelle beanspruchter Geldentschädigung) schonendere Weise auszuräumen sein. Dazu heißt es etwa im schon wiederholt zitierten Urteil des BGH vom 19. September 1961105, es werde auch „stets zu prüfen“ sein, ob die Einbuße des Betroffenen „auf andere Art nicht auszugleichen“ sei. An anderen Stellen ist schon in den Anfangsjahren dieser Judikatur106 von einer Entschädigungspflicht die Rede, die nur eintrete, wenn das Persönlichkeitsrecht des Verletzten in „sonst nicht behebbarer Weise“ beeinträchtigt sei, oder später107, davon, dass „der Schaden nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden“ könne. Dasselbe drückt der sich schon in der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts108 findende Hinweis des BAG aus, der „Anspruch auf Schmerzensgeld“ sei dem Beseitigung- oder Widerrufsanspruch der Ehrverletzung „subsidiär“109.

c. Diesen relativ „ausgetretenen Pfade“ monetärer Flankierung des Persönlichkeitsrechtsschutzes fand der Achte Senat des BAG vor, als er sich in seinem gleichfalls schon erwähnten Urteil aus dem Mai 2007110 erstmals gründlich der Problematik des „Mobbing“ am Arbeitsplatz annahm. Dort hat das Gericht die gerade skizzierten Entwicklungslinien der Ziviljustiz seinerseits skizziert111 und die Gelegenheit genutzt, in knappen Ausführungen zur Abgrenzung  erlaubter von normativ diskreditierten Verhaltensweisen112 Stellung zu nehmen: Danach sei bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Gesamtverhalten als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers (oder als Gesundheitsverletzung) zu qualifizieren sei, zu berücksichtigen, dass „im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über eine längeren Zeitraum erstrecken“ könnten, „nicht geeignet“ seien, derartige rechtliche Tatbestände zu erfüllen113. Daher gelte es, „sog. folgenloses (...) oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten (…) auf Grund einer objektiven Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen“114. - Und weiter: „Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Direktionsrechts bewegen und bei denen sich nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz entnehmen lässt, dürften nur in seltenen Fällen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen“115. Gleiches könne, so der Achte Senat a.a.O.116, für den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen gelten, denen jedoch „sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers“ zugrunde lägen. Schließlich könne es darüber hinaus an der verschiedene einzelne Handlungen zusammenfassenden „Systematik“ fehlen, wenn ein Arbeitnehmer von verschiedenen Vorgesetzten, die nicht zusammenwirken und die zeitlich aufeinander folgen, in seiner Arbeitsleistung kritisiert oder schlecht beurteilt werde oder wenn die Arbeitsleistung nicht nur kritisiert oder ignoriert, sondern ausdrücklich gleichermaßen auch positiv gewürdigt werde117. Endlich könnten Verhaltensweisen von Arbeitgebern oder Vorgesetzten „nicht in die Prüfung einbezogen“ werden, die „lediglich eine Reaktion auf Provokationen durch den vermeintlich gemobbten Arbeitnehmer darstellen“118. Insoweit fehle es nämlich an der von der Instanzrechtsprechung und Lehre so bezeichneten „eindeutigen Täter-Opfer-Konstellation“119.

4. Kommt es wegen des Verlangens nach Geldentschädigung für die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zum Streit vor Gericht, so ist der Arbeitnehmer als Anspruchsteller für die tatbestandlichen Voraussetzungen des verfolgten Entschädigungsanspruchs darlegungs- und beweisbelastet120. - Ist dem Betroffenen auf diesen Wegen der Nachweis einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts in einer für Geldentschädigung ausreichenden Weise gelungen, so haben bei der Bemessung des vom Störer verwirkten Geldbetrages in der Tat auch Präventionsaspekte ihren Platz121. Das macht vor allem den zuweilen bitter nötigen Weg dafür frei, durch entsprechende Bemessung des Entschädigungsbetrages in potentiellen „Störern“ spürbare Hemmungen zu verankern122.

II. Im Lichte dieser Grundsätze kann allerdings der hiesigen Klägerin nicht bescheinigt werden, in der von ihr im Rechtsstreit apostrophierten Weise von der Beklagten oder ihrem Geschäftsführer fortgesetzt drangsaliert worden zu sein. Weder in einem (oder mehreren) der von ihr geschilderten Ausschnitte ihres betrieblichen Daseins im Hause der Beklagten noch in deren Gesamtheit ist die skizzierte „Reizschwelle“ der Rechtsordnung mit der Folge erreicht oder gar überschritten, dass die Beklagte ihr danach Geldersatz zu leisten hätte. - Insofern, nochmals, der Reihe nach:

1. Was dabei zunächst die Schilderung der Klägerin zum Vorgang vom „Juni 2013“ (s. oben, S. 2 [II.1.]) anbelangt, den sie als „Erniedrigung und Herabsetzung“123, „beschämendes Ansinnen“124 und „Demütigungs- und Unterwerfungsgeste“ des Geschäftsführers125 klassifiziert sehen will, so kann dahinstehen, ob sich die Dinge so wie behauptet seinerzeit zugetragen haben. Jedenfalls lässt sich mit dem, was sie zu dieser Begebenheit mitteilt, schon eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten nicht objektivieren. Das gilt auch für den Fall, dass es zutreffen sollte, dass der Geschäftsführer ihre Bitte um Durchlass spontan mit der Anhebung eines Beines und den Worten beantwortet haben sollte, sie sei „doch so klein“, könne daher „doch darunter durch“:

a. Auch wenn die Klägerin nicht mitteilt, was sich nach diesen Bemerkungen des Geschäftsführers denn weiter abgespielt habe, darf zumindest als sicher angenommen werden, dass sie dem so gestellten Ansinnen jedenfalls – sonst hätte sie dies nicht für sich behalten - keine Folge zu leisten brauchte. Genauso steht fest, dass sie dem Erlebnis seinerzeit keine im betrieblichen Geschehen irgendwie sichtbar gemachten Konsequenzen hat folgen lassen. Insofern mag es sich bei dem Vorfall um eine – singuläre - Geschmacklosigkeit oder auch (mit Verlaub) „Schnapsidee“ des Geschäftsführers gehandelt haben, jedoch nicht um ein ernstzunehmendes Zeichen mangelnder Wertschätzung ihrer Person. Nur ergänzend sei danach daran erinnert, dass sich die Geschehensschilderung der Klägerin schon im Ansatz als zu unergiebig für eine brauchbare soziale Deutung des so konfigurierten Geschehens darstellt: Zwischenmenschliche Kommunikation bezieht ihre kommunikatorische „Botschaft“ diesseits hier nicht interessierender Evidenzlagen bekanntlich erst aus dem Gesamtbild von verbalen und nonverbalen „Botschaften“, die namentlich ihren sprachlichen Elementen erst Richtung und Verständlichkeit verleihen126: Insofern käme auch für die hier von der Klägerin gegebene Schilderung ausschlaggebende Bedeutung erst nicht zuletzt der Frage zu, welches Ausdrucksverhalten im Blick und der stimmlichen Färbung der Worte des Geschäftsführers gelegen haben sollte und in welcher „Beziehung“ man überhaupt (bis dahin) zueinander stand. Ohne die Kenntnis solcher kontextueller Faktoren ist das besagte Erlebnis von reiner – und sei es: missglückter – „Frotzelei“ jedenfalls nicht unterscheidbar127. Von einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Klägerin – geschweige denn in einer Art und Intensität, die nach den erwähnten Grundsätzen (s. oben, S. 16-17 [bb. u. bc.]) eine Haftung der Beklagten auf Geldentschädigung indizierten – kann bei dieser Sachlage keine Rede sein.

2. Nicht besser bestellt ist es um die Anweisung vom 15. August 2013 an das Personal (s. oben, S. 3 [2.]; Urteilsanlagen II. u. V.]), bis auf Weiteres (oder: für 14 Tage) den strittigen „Schrittzähler“ mit sich zu führen und die geforderte Berichterstattung (Urteilsanlage III.) zu tätigen. Für diese Beurteilung bedarf es hier keiner Klärung, ob und ggf. mit welchen Maßgaben der Arbeitgeber kraft allgemeinen Weisungsrechts (s. § 106 GewO128) oder auf sonstiger Grundlage rechtlich in der Lage ist, ohne die Mitwirkung etwaiger Belegschaftsvertretungen entsprechende Anordnungen – wirksam – zu verfügen, zumal die Frage wohl auch in anderer Zuständigkeit zur gerichtlichen Entscheidung gestellt ist (s. oben, S. 8-9 [V.2.]). Jedenfalls wird hier nicht im Entferntesten greifbar, dass die Klägerin auf die Ahndung etwaig fragwürdigen Direktionsverhaltens der Beklagten per Geldentschädigung zum Schutze ihrer Persönlichkeitsbelange angewiesen wäre: Insofern stehen ihr vielmehr sämtliche (übrigen) Möglichkeiten zur Verfügung, die die Rechtsordnung zum Austrag von Meinungsverschiedenheiten zur Frage der Überschreitung etwaiger Grenzen des Direktionsrechts nun einmal bietet. Das geht von der – ggf. differenzierten – Nutzung bestehender Selbsthilferessourcen129 bis hin zum gerichtlichen Rechtsschutz notfalls unter Aktivierung sofortiger Intervention (§ 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG130, §§ 935131, 940132 ZPO). - Zur Ahndung rechtswidrigen Direktionsverhaltens mit Blick auf den Einsatz von „Schrittzählern“ ist für das Mittel der Geldentschädigung insofern in aller Regel – und jedenfalls auch hier – kein Raum.

3. Differenzierter verhält es sich für die ebenfalls ohne nähere zeitliche und situative Eingrenzung auf den „August 2013“ datierte Schilderung der Klägerin (s. oben, S. 3 [3.]), der Geschäftsführer der Beklagten habe sie wegen einer kollektiven Raucherpause am 9. August 2013 „im aggressiven Tonfall“ mit Kritik bedacht, obwohl sie an diesem Tage gar nicht im Dienst gewesen sei, und ihren diesbezüglichen Hinweis obendrein mit dem Bemerken quittiert, dass ihn dies „nicht interessiere“:

a. Der Klägerin ist allerdings zuzubilligen, dass eine solche „Fehlerkultur“ den wechselseitigen Geboten zur allfälligen Rücksichtnahme auf die Belange der Vertragsparteien (s. nochmals § 241 Abs. 2 BGB133) nicht genügte, zumal der parlamentarische Gesetzgeber – wie bereits erwähnt (s. oben, S. 12) - nicht ohne Grund ein „eher partnerschaftliches Miteinander von Arbeitgebern und Beschäftigten“ unlängst noch einmal eigens angemahnt hat134: Während eine aufgeklärte Fehlerkultur heute ohnehin aus wohlerwogenen Gründen dazu übergehen sollte, in der sogenannten Verhältnisprävention (statt: Verhaltenssteuerung) die nötigen betrieblichen Verbesserungsreserven zu suchen135, fiele eine personenadressierte Rüge, der die Verantwortlichkeit ihrer Zielperson einerlei ist, noch hinter den gleichsam „archaischen“ Zustand hergebrachter Schuldigensuche zurück. Dergleichen hilft indessen, solange es der Kritik wirklich um nichts anderes als die Wiederherstellung gestörter Kooperation gehen soll136, niemandem weiter. - Im Gegenteil: Destruktive Kritik hat bekanntlich sogar das Zeug, die gesundheitlichen Ressourcen der Zielperson zu überfordern und damit auch auf den Beschäftigungsstand des Betriebs zutiefst kontraproduktiv zu wirken137 .

b. Die Frage kann hier aber gleichfalls auf sich beruhen. Denn selbst wenn sich die Dinge so oder ähnlich zugetragen haben sollten, wie es die Klägerin hier schildert, böte dies allein keine Grundlage für eine Verurteilung der Beklagten zur Geldentschädigung: So wenig wie nach dem Volksmund „eine Schwalbe“ noch „keinen Sommer“ macht, so wenig führt bereits ein einzelner kränkender Fehlgriff der hier umrissenen Art nach den weiter oben erörterten Grundsätzen (s. nochmals S. 16-17) zur Verpflichtung zur Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung.

4. Kein anderer Befund ergibt sich mit Blick auf die Abmahnung im Schreiben vom 19. August 2013 (s. oben, S. 4 [4.]; Urteilsanlage IV.), deren Berechtigung im Übrigen ohnehin Gegenstand des schon wiederholt erwähnten Parallelprozesses (s. oben, S. 9 [4.]) sein soll:

a. Soweit die Beklagte der Klägerin dort vorhält, im Unterschied zum 16. August 2013 (Urteilsanlage VIII.) für die Nachtschicht vom 17. zum 18. August 2013 keinen Tätigkeitsbericht erstattet zu haben, kann auf sich beruhen, ob der Vorwurf die Klägerin – wie sie zuletzt beleglos hat unterbreiten lassen138 - schon deshalb zu Unrecht trifft, weil sie den Bericht in Wahrheit eben doch geliefert habe. Denn für die persönlichkeitsrechtliche Seite des Konflikts wäre es weder geboten noch zwangsläufig ausreichend, darüber Aufschluss zu gewinnen, ob der Sachvorwurf objektiv tragfähig ist oder nicht. Hier spielen vielmehr Fragen des personalen Belastungswerts ultimativer Rügen eine besondere Rolle, die immerhin teilweise schon in der seit Jahrzehnten eingespielten Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen reflektiert sind, wonach sich insbesondere personalaktenkundig gemachte Missbilligungen eines „Unwerturteils“ über die Person ihres Adressaten zu enthalten haben139. Außerdem wird das Augenmerk der forensischen Praxis auf die Verfahrensweise des Arbeitgebers zu richten sein, die bekanntlich bereits dabei helfen kann, „Spreu vom Weizen zu trennen“: Insofern kann etwa die Frage der Anhörung der Zielperson bei objektiv unklaren Sachverhalten ebenso eine Rolle spielen140 wie beispielsweise die zuweilen ausgeprägte Neigung eher „robuster“ Akteure, gerade erkrankte Arbeitspersonen mit erkennbar wenig eiligen Missbilligungen möglichst zahlreich zu belegen141.

b. Auch im Lichte dessen bleibt die hiesige Abmahnung der Beklagten jedoch weit entfernt von einer Fallgestaltung, die hinsichtlich der damit (inoffiziell) verfolgten Absichten nachdenklich stimmen müsste: Insofern ist nämlich nicht nur festzustellen, dass sich die Rüge mit der hiesigen Berichterstattung auf ein thematisch zweifelsfrei akzeptables Sachanliegen richtet, was umso mehr zu gelten hätte, wenn die Aktion tatsächlich, wie die Beklagte beteuert (s. oben, S. 9 [vor 3.]), aus ihrem Ergebnisprotokoll zur Teambesprechung vom 15. August 2013 (Urteilsanlage V.) allerdings so nicht hervorgeht, von vornherein auf eine Laufzeit von lediglich 14 Tagen angelegt gewesen sein sollte. Darüber hinaus scheint die Beklagte in der Tat darauf zu achten, wie ihre Einlassungen zur Abmahnung vom 26. August 2013 (Urteilsanlage VI.) belegen könnten (s. oben, S. 9 [5.]), ihr Personal vor förmlicher Erteilung und Archivierung schriftlicher Missbilligungen zu den betreffenden Geschehnissen anzuhören, was gleichfalls – zumal solche die Arbeitsbeziehung schonenden Verfahrensgebote noch nicht immer zum allgemeinen Rechtsgebrauch der Gerichte für Arbeitssachen geworden sind142 – für die Sachbezogenheit ihrer Kritik spricht. Obendrein lässt die Beklagte sich schließlich erkennbar vom in der Tat ebenso empfehlenswerten wie hilfreichen Bemühen143 leiten, für ihre Maßnahmen selbst noch in schriftlichen Rügen durch Erläuterungen ihres Zweckes um Verständnis zu werben. Unter solchen Bedingungen kann jedenfalls keine Rede von einer Sachlage sein, die die hiesige Beklagte auch nur in die Nähe eines normativ diskreditierten und daher potentiell entschädigungspflichtigen Konfliktmanagements bringen könnte.

5. Im Ergebnis nichts anderes gilt auch für die förmliche Missbilligung, die sie der Klägerin mit Schreiben vom 26. August 2013 (s. oben, S. 4-5 [5.]; Urteilsanlage VI.) hat angedeihen lassen. - Allerdings hat dieser Vorgang es in der Tat in sich:

a. Insofern springt nämlich nicht nur die zeitliche Koinzidenz (wohl) der vorherigen Anhörung der Klägerin (s. oben, S. 9 [5.]) und ihrer Erkrankung mit dem 26. August 2013 ins Auge. Es wirkt auch nachvollziehbar, dass sich die Klägerin gerade durch diesen Text in ihren persönlichen und beruflichen Belangen in mehrfacher Hinsicht verletzt fühlt (s. oben, S. 10 [VI.]). Immerhin könnte der Stil der Kritik, der nicht nur eine (konkrete) Gefährdung (auch) des Lebens von Patienten zur Sprache bringt, sondern der Klägerin auch „demonstratives“ Fehlverhalten im Kreise des Pflegepersonals zur Last legt, hinsichtlich des schon erwähnten Verbots, unnötige personale Unwerturteile zu verlautbaren (s. oben, S. 24 [vor b.]), als mindestens grenzwertig empfunden werden. Insofern wäre die Frage an die Beklagte keineswegs ganz von der Hand zu weisen, ob sie ihre Kritik am Verhalten der Klägerin nicht sprachlich besser doch „eine Nummer kleiner“ hätte ausgestalten sollen.

b. Die Frage kann für den vorliegenden Rechtsstreit, in dem es nicht um die Berechtigung eines Entfernungsverlangens als Teil des Persönlichkeitsschutzes geht, sondern um die Forderung nach Geldentschädigung, auf sich beruhen. Denn angesichts der umgekehrt gleichfalls mit Händen zu greifenden Belange der Arbeitgeberin, dass potentielle (Not-)Rufe ihrer Patienten auch jedenfalls bis zur Klärung der Ursache unbedingtes Gehör beim vor Ort anwesenden Pflegepersonal finden müssen, wäre die Schärfe der gewählten Diktion zumindest hinreichend nachvollziehbar, um zumindest eine Entschädigungslage (noch) zu verneinen. In diesem Zusammenhang bedarf auch keiner Untersuchung, welche Berechtigung dem für die Pflegebranche im Allgemeinen an sich nicht unplausiblen Hinweis der Klägerin (s. oben, S. 10 [VI.]: „chronische Unterbesetzung“) zukäme, mit permanent zuwenig Personal einem Übermaß an Aufgaben ausgesetzt zu sein: Die Frage kann als Kassationskriterium repressiver Rechtsakte zwar prinzipiell eine erhebliche Rolle spielen144. Insbesondere dürfen nicht Organisationsdefizite im Ergebnis ohne hinreichend tragfähige Grundlage kurzerhand zu individuellem Fehlverhalten umgedeutet werden145. Das bleibt angesichts der zitierten zusätzlichen Anforderungen an die Zubilligung geldlicher Kompensationsleistungen für Anspruchsteller in persönlichkeitsrechtlichen Zusammenhängen jedoch zweitrangig. Allein der Umstand, dass die etwaige Mitverantwortung des Arbeitgebers für vertragliche Fehlentwicklungen dazu beiträgt, seine Kündigungs- oder Abmahnungsmacht zu begrenzen, erleichtert deren Zielpersonen nicht den Zugriff auf monetäre Genugtuung. - Nach der besagten Judikatur der Ziviljustiz (s. oben, S. 17 [bc.]) ist das Gegenteil der Fall.

6. Keine andere Beurteilung kommt auch der Abmahnung im Schreiben vom 5. September 2013 (s. oben, S. 6-7 [VII.]) zu, dessen Diktion insbesondere mit seinem letzten (vorliegenden) Absatz146 (s. oben, S. 6 [vor 7.]) auch im Falle ihrer Berechtigung in tatsächlicher Hinsicht allerdings den Eindruck erwecken könnte, dass beim Autoren inzwischen „die Nerven blank“ liegen: Ob die so formulierte Kritik – gemessen am Anlass vom 11. August 2013 – noch mit berechtigten Belangen der Arbeitgeberin zu rechtfertigen wäre, braucht die befasste Kammer allerdings nicht zu entscheiden. Hier geht es nicht zum Entfernung des Schriftstücks, sondern um Geldentschädigung. Deren Voraussetzungen wären hier allerdings auch allein mit einem Missverhältnis von Anlass und Rhetorik noch längst nicht erfüllt.

7. Keine Relevanz vermag die befasste Kammer in entschädigungsrechtlicher Hinsicht schließlich dem Umstand zuzubilligen, dass die Akteure der Beklagten offenbar den Dienstplan für Ende September 2013 zunächst ohne Berücksichtigung der Fortbildungsbelange der Klägerin fabrizierten, ehe sie diesen auf Intervention ihrer Bevollmächtigten wunschgemäß abänderten. Der diesbezüglichen Sachverhaltsdarstellung der Klägerin kann nicht entnommen werden, dass das vorherige Missgeschick auf bösem Willen beruhte. Fehler sind bekanntlich „menschlich“ - dies sollte daher im Zweifel und bis zum Beweis des Gegenteils von beiden Vertragsparteien einander zugute gehalten werden.

8. Ähnlich verhält es sich für die Querelen um das Zwischenzeugnis (Urteilsanlage VIII.), das offenbar gleichfalls schon vorgerichtlich auf entsprechende Anforderung ihrer Bevollmächtigten nach den Wünschen der Klägerin ausgestaltet worden ist. - Auch hier sollte damit, solange nicht nachweislich „böser Wille“ waltet, kurz und bündig gelten: „Schwamm drüber!“.

9. Auch die – gebotene - Gesamtwürdigung der behandelten Schlaglichter aus der jüngsten Geschichte des Arbeitsverhältnisses der Parteien erbringt keinen abweichenden Befund: Die von der Klägerin geschilderten Begebenheiten tragen auch in ihrer Gesamtheit nicht, was sie unter Voranstellung der von den Gerichten für Arbeitssachen erarbeiteten Charakteristika einer Mobbing-Situation damit zu vermitteln sucht (s. oben, S. 2 [II.]). Die Phänomenologie fortgesetzter Drangsalierung einer Arbeitsperson ist auf der Grundlage ihrer Beschreibung des hiesigen betrieblichen Sozialgeschehens nicht feststellbar.

III. Das Resultat dieser Befunde spiegelt der Tenor zu I. des Urteils.

B. Das „Schmerzensgeld“ (5.000,-- Euro)

Der Klägerin kann von der Beklagten auch kein Schmerzensgeld wegen Verletzung ihrer Gesundheit fordern. Die insoweit greifbaren Erkenntnisquellen tragen keinen solchen Anspruch. Dass ihr behandelnder Arzt ihr eine „Mobbing-Situation“ bescheinigt (s. oben, S. 7 [9.]; Urteilsanlage IX.), ändert daran nichts. Er war im Betrieb nicht dabei und kann über die dortigen Verhältnisse damit aus eigener Anschauung nichts beisteuern. - Daher auch insoweit: Tenor zu I.

C. Die künftigen Schäden

Die Feststellungsklage ist unzulässig. Der Klageantrag zu 3. erweist sich als – irreparabel – unbestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO147 ). Das liegt daran, dass sich mithilfe des Textfragments „systematisches Mobbing“ keine brauchbare Abgrenzung davon erfasster von anderen Lebenssachverhalten erzielen lässt. Das ist von den Gerichten für Arbeitssachen bereits wiederholt zutreffend zu bedenken gegeben worden148 und bedarf daher hier keiner neuerlichen Vertiefung. - Folge: Tenor zu I.

D. Kosten und Streitwerte

Für Kosten und Streitwerte lässt es sich (ebenfalls) kurz machen:

I. Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO149). Diese Kosten hat das Gericht der Klägerin als unterlegener Partei zuweisen müssen (s. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO150; Tenor zu II.).

II. Den Wert der Streitgegenstände hat es aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG151 im Tenor festgesetzt und für die Zahlungsanträge mit den bezifferten Werten der Klageforderungen bemessen. Beim Feststellungsantrag hat das Gericht die Anregung der Klägerin (Klageschrift/Deckblatt) aufgegriffen und ihre Wertangabe von 2.000,-- Euro übernommen. Das macht also zusammen (10.050,-- Euro + 5.000,-- Euro + 2.000,-- Euro = ) 17.050,-- Euro und erklärt den Tenor zu III.

 

Fußnoten

 

1) Geboren im April 1969.

2) S. Kopie (Auszug: erste acht Blätter) des Anschluss-Arbeitsvertrags nach einer ersten (nicht vorgelegten) Vertragsurkunde wohl vom 26.3.2011 als Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 14-20 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA“]).

3) Wie Fn. 2.

4) S. Klageschrift S. 2 (Bl. 2 GA): „Seit Juni 2013 ist die Klägerin systematisch einer ihre Menschenwürde missachtenden und persönlichkeitszersetzenden Behandlung durch die Beklagte ausgesetzt. Mittels zielgerichteter und planmäßiger Anfeindungen, Schikanen und Erniedrigungen ist vor allem der Geschäftsführer der Beklagten bestrebt, die Klägerin durch fortgesetzte Zermürbungen zur freiwilligen Aufgabe des Arbeitsplatzes zu bewegen“.

5) S. Klageschrift a.a.O. - Zitat Fn. 4.

6) S. Klageschrift S. 2-3 [1.] (Bl. 2-3 GA).

7) S. Klageschrift S. 3 [vor 2.] (Bl. 3 GA).

8) S. Klageerwiderungsschrift vom 22.1.2014 S. 9 (Bl. 75 GA): „Es wird im übrigen bestritten, dass es ,im Juni 2013‘ einen Vorfall gegeben haben soll, in welchem der Geschäftsführer der Klägerin den Durchgang durch eine Türe versperrt haben soll und sich hierbei aufforderte, sich – wie und wo auch immer - hindurchzuzwängen“.

9) S. Kopie einer Abbildung als Anlage B 9 zum Beklagtenschriftsatz vom „22.01.2014“ [Eingang bei Gericht: 22.4.2014; d.U.] (Bl. 125 GA).

10) S. Klageschrift S. 3 [2.] (Bl. 3 GA); Klageerwiderungsschrift S. 7 [V.] (Bl. 73 GA).

11) S. Klageschrift a.a.O.

12) S. Klageerwiderungsschrift S. 7 [V.] (Bl. 73 GA); s. dazu auch Klägerinschriftsatz vom 10.2.2014 S. 5 [3.] (Bl. 105 GA).

13) S. Kopie eines solchen Berichts der Klägerin vom 16.8.2013 als Anlage B 8 zum Beklagtenschriftsatz vom „22.01.2014“ [Eingang bei Gericht: 22.4.2014; d.U.] (Bl. 124 GA).

14) S. dazu Klageschrift S. 3 [2.] (Bl. 3 GA): „Zugleich wurde die Klägerin angewiesen, jeden Gang auch schriftlich zu dokumentieren“.

15) S. Klageschrift S. 4 [3.] (Bl. 4 GA).

16) S. Klageschrift a.a.O.

17) S. Klageerwiderungsschrift S. 9 [VII.] (Bl. 75 GA).

18) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

19) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

20) S. Kopie als Anlage K 4 zur Klageschrift (Bl. 24 GA).

21) S. Kopie als Anlage B 4 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 83-88 GA).

22) S. Kopie als Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 21-22 GA).

23) S. Text (Auszug): „§ 225 Misshandlung von Schutzbefohlenen. - (1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die – 1. seiner Fürsorge oder Obhut untersteht, - 2. seinem Hausstand angehört, - 3. von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder – 4. ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, - quält oder roh misshandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft“.

24) S. Kopie als Anlage K 3 zur Klageschrift (Bl. 23 GA).

25) S. Klageschrift S. 6 [vor 5.] (Bl. 6 GA): „Tatsächlich hat sich der Vorfall bereits am 03.08.2013 ereignet, zu einem Zeitpunkt an dem sich die Klägerin im Urlaub befand“.

26) S. Klageschrift S. 6-7 [5.] (Bl. 6-7 GA).

27) S. Klageerwiderungsschrift S. 9 (Bl. 75 GA).

28) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

29) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

30) S. dazu Klageschrift S. 7 (Bl. 7 GA): „Zudem wurde der Klägerin zunächst die Erteilung eines Zwischenzeugnisses für die berufliche Weiterbildungsmaßnahme zur Atmungstherapeutin verweigert. Der Träger der Weiterbildungsmaßnahme hat von den Kursteilnehmern die Vorlage eines Arbeitszeugnisses angefordert. Der Geschäftsführer verweigerte der Klägerin jedoch zunächst ein Zwischenzeugnis. Im Übrigen müsse nach dessen Mitteilung in jedem Fall das angeblich vorsätzliche Nichtbeachten von Patientenrufen durch die Klägerin in ein Zeugnis aufgenommen werden. Der der Abmahnung vom 26.08.2013 zugrunde liegende Sachverhalt müsse in einem Zeugnis aufgeführt werden“.

31) S. Kopie als Anlage B 5 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 89-90 GA).

32) S. Klageerwiderungsschrift S. 8 [VI.]: „Der Geschäftsführer hat die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses nicht verweigert. Die Klägerin hat binnen kürzester Frist nach Aufforderung vom 22.08.2013 von der Beklagten ein Zwischenzeugnis, datiert auf den 29.09.2013 [gemeint vermutlich: 29.08.2013; d.U.], erhalten und zwar übersandt mit dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten zu sämtlichen weiteren von der Klägerin aufgeworfenen Themen vom 05.09.2013“.

33) S. Kopie als Anlage K 5 zur Klageschrift (Bl. 25 GA).

34) S. wegen der Bezifferung von 50,-- Euro den Hinweis in der Klageschrift S. 11 (Bl. 11 GA): „Mehraufwendungen“.

35) S. Klageschrift S. 2 [1.] (Bl. 2 GA): „Bezeichnend für die fortgesetzten Erniedrigungen und Herabsetzungen ist vor allem … [usw.]“.

36) S. Klageschrift S. 3 [2.] (Bl. 3 GA).

37) S. Klageschrift S. 4 [4.] (Bl. 4 GA).

38) S. Klageschrift S. 6 [5.] (Bl. 6 GA).

39) S. Klageschrift S. 7 (Bl. 7 GA).

40) S. Klageschrift a.a.O.

41) S. Klageschrift a.a.O.

42) S. Klageschrift S. 8 (Bl. 8 GA).

43) S. Klageschrift a.a.O.

44) S. Klageerwiderungsschrift S. 1 (Bl. 67 GA).

45) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

46) S. Klageerwiderungsschrift S. 7 [V.] (Bl. 73 GA).

47) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

48) S. Klageerwiderungsschrift S. 2 [vor I.] (Bl. 68 GA).

49) S. Klageerwiderungsschrift S. 6 [IV.] (Bl. 72 GA); s. dazu auch Klägerinschriftsatz vom 10.2.2014 S. 5 [vor 3.] (Bl. 105 GA): „Abgesehen von den unzulässig geforderten Angaben zu den Laufwegen hat die Klägerin auch am 17.08. und 18.08.2013 einen Tätigkeitsbericht erstellt“.

50) S. Klageerwiderungsschrift S. 2 [I.] (Bl. 68 GA).

51) S. Klageerwiderungsschrift S. 5 (Bl. 71 GA).

52) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

53) S. Klageerwiderungsschrift S. 9 (Bl. 75 GA).

54) S. Klageschrift S. 6-7 [5.] (Bl. 6 GA).

55) S. Klageerwiderungsschrift S. 9 (Bl. 75 GA).

56) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

57) S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

58) S. Schriftsatz vom 10.2.2014 S. 1 (Bl. 101 GA).

59) S. Schriftsatz vom 10.2.2014 a.a.O.

60) S. Schriftsatz vom 10.2.2014 S. 2 (Bl. 102 GA).

61) Hier bezieht sich die Klägerin auf die Vorhaltungen der Beklagten (s. nochmals oben, S. 5 u. 6 [6.]; Urteilsanlage VII.), „Ihr Verhalten, auf Personalrufe der Patienten nicht zu reagieren, ist geeignet, die Gesundheit und das Leben der Patienten konkret zu gefährden“, und: „Sie haben durch Ihr Unterlassen … Signalwirkung“; d.U.

62) S. Schriftsatz vom 10.2.2014 S. 3 (Bl. 103 GA).

63) S. Schriftsatz vom 10.2.2014 a.a.O.

64) S. Schriftsatz vom 10.2.2014 S. 4 (Bl. 104 GA).

65) S. Schriftsatz vom 10.2.2014 a.a.O.

66) S. Schriftsatz vom 10.2.2014 a.a.O.

67) S. Schriftsatz vom „22.1.2014“ S. 1- 5 (Bl. 118 a - 122 GA) nebst Anlagen B 7 u. B 8 (Bl. 123-124 GA).

68) S. dazu etwa AG Frankfurt/Main 14.6.2000 – 29 Ca 2234/00 u.a. - NJW-RR 2001, 17 [„Juris“-Rn. 16]: „Nicht ersetzt verlangen kann die Klägerin eine Unkostenpauschale … in Höhe von DM 50,00. Zwar ist bei Verkehrsunfällen dem Geschädigten für Telefon, Porto und Fahrtkosten ohne weitere Spezifizierung eine Auslagenpauschale zuzuerkennen (…). Dies wurde bislang von der Rechtsprechung allerdings nur für den speziellen Fall der Verkehrsunfälle entschieden. Da die Klägerin die Fahrtkosten separat geltend gemacht hat, ist unklar, woraus sich die geltend gemachte Auslagenpauschale in Höhe von DM 50,00 zusammensetzt. … Die Klägerin hat lediglich behauptet, dass die Auslagenpauschale in Höhe von 50,00 DM für Telefonate und weitere entsprechende Aufwendungen zu erstatten sei. Die Beklagten haben diesen Vortrag der Klägerin bestritten, so dass es der Klägerin oblegen hätte, diesbezüglich detaillierter vorzutragen“.

69) S. Text: „§ 823 Schadensersatzpflicht. (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet“.

70) S. BVerfG 14.2.1973 – 1 BvR 112/65 – BVerfGE 34, 269, 282 [C.I.3.]: „Schutzauftrag der Art. 1 und 2 Abs. 1 GG“; s. auch BGH 4.11.2004 – III ZR 361/03 – BGHZ 161, 33 = NJW 2005, 58 = MDR 2005, 447 [2 a.]: „Für die Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, dass es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB a.F. (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB n.F.) handelt, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht“; s. zu den „Nebenwirkungen“ etwa BT-Drs. 14/7752 S. 24-25: „Ist dieser Anspruch damit von den §§ 847, 253 BGB geltenden Rechts unabhängig, so können Änderungen dieser Vorschriften ihn auch nicht tangieren“; s. zu Konsequenzen für die Bemessung einschlägiger Entschädigungszahlungen unter Präventionsgesichtspunkten auch noch unten, S. 19 Fn. 121.

71) S. Text: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“.

72) S. Text: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“.

73) S. Text: „§ 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung. (1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat“.

74) S. Text: „§ 253 Immaterieller Schaden. (1) … (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden“.

75) S. als frühen Vorläufer solchen Denkens – mit allerdings begreiflicherweise noch wenig ausgeprägten Konturen - bereits LAG Stuttgart 9.10.1950 – III Sa 52/50 – AP 1951 (Nr. 177), 97, 99 unter Hinweis auf das Grundgesetz: „Der Mensch soll im Vordergrund stehen und die Aufgabe des Staates ist es nach heutiger Anschauung, dem Menschen die Entfaltung seiner Persönlichkeit zu ermöglichen und diesem Zwecke zu dienen. … Die Berücksichtigung menschlicher Gesichtspunkte führt zu einschneidenden Folgerungen. Die wichtigste ist, dass im Arbeitsvertrag nicht mehr nur ein seelenloser Austausch von Arbeit gegen Geld zu sehen ist. Beide Vertragsparteien müssen sich vielmehr als Menschen sehen und allgemeine menschliche Gesichtspunkte berücksichtigen“.

76) S. BT-Drs. 14/8796 S. 24 [Zu Satz 3]: „Nach einem modernen Verständnis der arbeitsrechtlichen Beziehungen können Unternehmen heute, vor allem auch im globalen Wettbewerb, nicht mehr nur durch Über- oder Unterordnung, sondern durch ein eher partnerschaftliches Miteinander von Arbeitgebern und Beschäftigten bestehen“.

77) S. hierzu beispielsweise BAG 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 – BAGE 124, 295 = AP § 611 BGB Mobbing Nr. 6 = NZA 2008, 223 [B.II.1 c.]: „notwendiger Respekt“; 10.10.2002 – 2 AZR 240/01 – AP § 9 KSchG 1969 Nr. 45 [B.III.2.]: „möglichst spannungsfreies Zusammenwirken“; LAG Sachsen-Anhalt 27.1.2000 – 9 Sa 473/99 – AiB 2004, 105 (Kurzwiedergabe; Volltext: „Juris“) [II.2 a, aa.]: „von gegenseitiger Achtung und Hilfe getragene Arbeitsatmosphäre“, LAG Rheinland-Pfalz 19.2.2004 – 2 Ta 12/04 – NZA-RR 2004, 232, 233: „ausgeglichenes Betriebsklima“.

78) Bis zum Inkrafttreten des § 241 BGB n.F. (s. sogleich S. 13 Fn. 81) leitete man diese und ähnliche normative Aussagen, wo Spezialvorschriften fehlten, bekanntlich aus § 242 BGB her: „§ 242 Leistung nach Treu und Glauben. Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern“.

79) S. Text: „§ 75 Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen. (1) … (2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern“.

80) S. Text: „§ 2 Begriffsbestimmungen. (1) Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit“; s. dazu namentlich Wolfhard Kohte, in: Norbert Franz Kollmer (Hrg.), ArbSchG, 3. Auflage (2005), § 2 Rn. 24: „Dabei geht es nicht um die reaktive Abwehr von Gefahren, sondern um die präventive gesundheitsbezogene Gestaltung der Arbeitsbedingungen unter arbeitsphysiologischen und -psychologischen Gesichtspunkten, die auch die Gestaltung der Arbeitsumgebung und -organisation einschließt (ausführlich GK-BetrVG/Wiese, § 90 Rdnr. 45). - Es besteht jedoch weitgehende Übereinstimmung, dass sich der Begriff der menschengerechten Gestaltung der Arbeit nicht in gesundheitsbezogenen Forderungen erschöpft, sondern ebenso weitergehend die Förderung und Entfaltung der Persönlichkeit im Betrieb durch eine entsprechende Arbeitsorganisation umfassen soll“.

81) S. Text: „§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis. (1) … (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten“.

82) S. etwa BAG 16.5.2007 – 8 AZR 709/06 – BAGE 122, 304 = AP § 611 BGB Mobbing Nr. 5 = NZA 2007, 1154 = EzA § 611 BGB 2002 Persönlichkeitsrecht Nr. 1 [B.II.3 a, bb (1 c.): „Bei der Haftung für Organisationsverschulden handelt es sich um einen Unterfall der Haftung wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Der Unternehmer ist danach verpflichtet, die innerbetrieblichen Abläufe so zu organisieren, dass Schädigungen Dritter in dem gebotenen Umfang vermieden werden. Er hat also für eine 'ordentliche Betriebsführung' zu sorgen (vgl. hierzu MünchKommBGB/Wagner § 823 Rn. 368 ff.)“; s. auch Thüringer LAG 15.2.2001 – 5 Sa 102/2000 – LAGE § 626 BGB Nr. 133 = NZA-RR 2001, 577 = DB 2001, 1783 [3 e.]: „Zur Erhaltung der im Zusammenhang mit der Sicherung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts seiner Beschäftigten bestehenden Pflichten kann der Arbeitgeber als Störer nämlich nicht nur dann in Anspruch genommen werden, wenn er selbst den Eingriff begeht oder steuert, sondern auch dann, wenn er es unterlässt, Maßnahmen zu ergreifen oder seinen Betrieb so zu organisieren, dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts ausgeschlossen wird“; 10.4.2001 – 5 Sa 403/2000 – LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 2 = NZA-RR 2001, 347 = DB 2001, 1204 [III.3 b, aa.].

83) S. BAG 16.5.2007 (Fn. 82) [B.II.3 a, aa (2 a.)]; im Anschluss BAG 25.10.2007 (Fn. 77) [B.II.4 a.]; 24.4.2008 – 8 AZR 347/07 - AP § 611 BGB Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 8 = NZA 2009, 38 [B.II.1 c, aa.]; s. auch schon LAG Berlin  7.11.2002 – 16 Sa 938/02 – AiB 2004, 108 (Kurzwiedergabe; Volltext: „Juris“) [1.2.1.], wonach den Arbeitgeber die vertragliche Nebenpflicht treffe, „den Arbeitsplatz und die Arbeitsumgebung menschengerecht und menschenwürdig zu gestalten und die Ehre, die Gesundheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu wahren und zu schützen und nicht etwa im Gegenteil zu verletzen“; LAG Niedersachsen 9.3.2009 – 9 Sa 378/78 – n.v. (Volltext: „Juris“) [II.3.]: „In Betracht kommt daher nur eine Haftung für Organisationsverschulden“.

84) S. BAG 25.10.2007 (Fn. 77) [B.II.2 a.] mit Hinweis auf „HWK/Thüsing, 2. Aufl. § 611 BGB Rn. 256; im Anschluss  BAG 13.3.2008 – 2 AZR 88/07 – AP § 1 KSchG 1969 Nr. 87 = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 73 [B.I.2 c, cc.].

85) S. BAG 2 5.10.2007 (Fn. 77) [B.II.1 a.]: „Dieser in § 3 Abs. 3 AGG umschriebene Begriff des 'Mobbing', … kann auf die Fälle der Benachteiligung eines Arbeitnehmers … übertragen werden. Diese Norm zeigt vor allem, dass es grundsätzlich auf die Zusammenschau der einzelnen 'unerwünschten' Verhaltensweisen ankommt, um zu beurteilen, ob 'Mobbing' vorliegt. § 3 Abs. 3 AGG stellt nämlich darauf ab, ob ein durch 'Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld' geschaffen wird. Ein Umfeld wird aber grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen“; im Anschluss BAG 24.4.2008 (Fn. 82) [B.II.1 b.]; kritisch hierzu Martina Benecke, RdA 2008, 357, 359 [vor III.]; zustimmend hingegen mit weiterführenden Hinweisen Martin Wolmerath, Anm. BAG [25.10.2007] jurisPR-ArbR 9/2008 Anm. 1 [D.].

86) S. Text: „§ 612 a Maßregelungsverbot. Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt“.

87) S. hierzu BAG 15.1.1997 – 7 ABR 14/96 – BAGE 85, 56 = AP § 37 BetrVG 1972 Nr. 118 = NZA 1997, 851 [B.1 a)]: „Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“.

88) S. Thüringer LAG  15.2.2001 (Fn. 82).

89) S. Thüringer LAG 10.4.2001 (Fn. 82).

90) S. Thüringer LAG 15.2.2001 (Fn. 82) [3 d.]; 10.4.2001 (Fn. 82) [III.3 b, cc (2 b, aa.)]; im Anschluss – oder zitierend – auch BAG 16.5.2007 (Fn. 82) [B.II.2 b, cc.].

91) S. BGH 25.5.1954 – I ZR 211/53 – BGHZ 13, 334, 338: „Nachdem nunmehr das Grundgesetz das Recht des Menschen auf Achtung seiner Würde (Art. 1 GrundG) und das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit auch als privates, von jedermann zu achtendes Recht anerkennt, … muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht als ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht angesehen werden“; 14.2.1958 – I ZR 151/56 – BGHZ 26, 349, 354 [II.4.]: „Diesem sog. Allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt mithin auch innerhalb der Zivilrechtsordnung Rechtsgeltung zu und es genießt als 'sonstiges Recht' den Schutz des § 823 Abs. 1 BGB“.

92) S. BGH 8.5.1965 – I ZR 62/54 – BGHZ 20, 345, 352 [3.]: „Es ist anerkannten Rechts, dass auch die Verletzung von Persönlichkeitsrechten vermögensrechtliche Ersatzansprüche auslösen kann. Ein Schaden freilich, der nicht Vermögensschaden ist, kann nach geltendem Recht nicht zu einem Geldersatzanspruch führen, weil hier keiner der Fälle vorliegt, in denen das Gesetz den Anspruch eigens darauf erstreckt (§ 253 BGB)“.

93) S. erneut BVerfG 14.2.1973 (Fn. 70) [C.I.3.]: „Schutzauftrag der Art. 1 und 2 Abs. 1 GG“.

94) S. BGH 14.2.1958 (Fn. 91) BGHZ 26, 349, 356 [II.4.]: „Nachdem nunmehr das Grundgesetz einen umfassenden Schutz der Persönlichkeit garantiert und die Würde des Menschen sowie das Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit als einen Grundwert der Rechtsordnung anerkennt und damit die Auffassung des ursprünglichen Gesetzgebers des Bürgerlichen Gesetzbuchs, es gebe kein bürgerlichrechtlich zu schützendes allgemeines Persönlichkeitsrecht, berichtigt hat und da ein Schutz der 'inneren Freiheit' ohne das Recht auf Ersatz auch immaterieller Schäden weitgehend unwirksam wäre, würde es eine nicht erträgliche Missachtung dieses Rechts darstellen, wollte man demjenigen, der in der Freiheit der Selbstentschließung über seinen persönlichen Lebensbereich verletzt ist, einen Anspruch auf Ersatz des hierdurch hervorgerufenen immateriellen Schadens versagen“.

95) S. BGH 19.9.1961 – VI ZR 259/60 – BGHZ 35, 363, wo Veranlassung zur Klarstellung gesehen wird, dass, wenn schon „bei jeder auch geringfügigen Überschreitung der Grenze auf Verlangen des Betroffenen immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts zugebilligt werden müsste, dann … allerdings die Gefahr (bestünde), dass unbedeutende Beeinträchtigungen in unangemessener Weise ausgenutzt“ würden, „um daran zu verdienen“.

96) S. etwa BVerfG 8.3.2000 – 1 BvR 1127/96 – NJW 2000, 2187, 2188 [1 c.]: „Begehrensneurose“; s. auch Rudolf Wiethölter KJ 1970, 121, 128 [III.4 d.]: „nicht Kommerzialisierung der menschlichen Würde“; s. speziell im Blick auf „Mobbing“ auch Peer Gralka, ab 1995, 2651, 2655: Der Betroffene müsse vor Ort auch angemessen gegensteuern, statt „allenfalls auf die Höhe vermeintlicher Schadensersatzansprüche zu kalkulieren“.

97) S. dazu statt vieler BGH 19.9.1961 (Fn. 95) BGHZ 35, 363, 368 [3.]: „Ein Anlass zur Differenzierung liegt schon deshalb nahe, weil der Tatbestand der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts weit unbestimmter ist als der Tatbestand der Verletzung des Körpers, der Gesundheit und der Freiheit. Das bedeutet, dass häufiger Grenzfälle auftreten, bei denen zu prüfen ist, ob sie von der generalklauselartigen Umschreibung der Beeinträchtigung der Persönlichkeit umfasst werden und ob, wenn das zutrifft, die Rechtswidrigkeit nicht wegen kollidierender Rechte des Eingreifenden ausgeschlossen ist“.

98 ) S. z.B. BGH 25.4.1995 – VI ZR 272/94 – NJW 1995, 1955, 1956 [III.1.]: „Ob und in welchem Umfange bereits die Fertigung solcher Bilder rechtswidrig und unzulässig ist oder aber vom Betroffenen hinzunehmen ist, kann nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlichen, insbesondere auch verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden“; s. zur arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung statt vieler schon BAG 2.6.1982 – 2 AZR 1237/79 – BAGE 41, 37, 42 = AP § 284 ZPO Nr. 3 [B.II.1.]; 8.2.1984 – 5 AZR 501/81 – BAGE 45, 111, 114 = AP § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 5 = NZA 1984, 225 [II.1.]; 18.12.1984 – 3 AZR 389/83 – AP § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 8 = NZA 1985, 811 [II.1.]; 29.10.1997 – 5 AZR 508/96 – AP § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 27 = NZA 1998, 307, 308.

99) S. BVerfG 31.1.1973 – 2 BvR 454/71 – BVerfGE 34, 238, 245 [B.II.1.]: „Abwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes“.

100) S. hierzu prägnant etwa BVerfG 15.12.1999 – 1 BvR 653/96 – BVerfGE 101, 361 = NJW 2000, 1021, 1023 [I. 1 b, cc.], wonach der verfassungsrechtliche Privatsphärenschutz „nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet“ sei.

101) S. BGH 19.9.1961 (Fn. 95) BGHZ 35, 363, 369 [3.].

102) S. BGH 19.9.1961 a.a.O.

103) S. BGH 22.1.1985 – VI ZR 28/83 – NJW 1985, 1617, 1619 [B.III.2 a.]; dazu auch schon BAG 29.4.1983 – 7 AZR 678/79 – n.v. (Volltext: „Juris“) [II.2 b.]; 18.12.1984 (Fn. 98) [III.].

104) S. BGH 19.9.1961 (Fn. 95) BGHZ 35, 363, 369 [3.].

105) S. BGH 19.9.1961 a.a.O.

106) S. BGH 5.3.1963 – VI ZR 55/62 - BGHZ 39, 124, 133 [II.].

107) S. statt vieler BGH 17.3.1969 – VI ZR 151/68 – NJW 1970, 1077 [3 d.]; 26.1.1971 – VI ZR 95/70 – NJW 1971, 698, 699 [I.3.]; 15.11.1994 – VI ZR 56/94 – BGHZ 128, 1, 12 = NJW 1995, 861, 864 [III.4.]: Geld, wenn die Beeinträchtigung „nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann“; ebenso BAG 21.2.1979 - – 5 AZR 568/77 – DB 1979, 1513 = AP § 847 Nr. 13 [B.II.2 a.]; 29.4.1983 (Fn. 103) [II.2 b.]; noch restriktiver BAG 18.12.1984 (Fn. 98) [III.]: „unabweisbares Bedürfnis“; LAG Berlin 5.3.1997 – 13 Sa 137/96 – NZA-RR 1998, 488 = AR-Blattei ES 1260 Nr. 13 (Volltext: „Juris“) [Juris-Rn. 33]; präziser, weil von „Ausgleich“ angesichts inkommensurabler Größen („Leid“ und „Geld“) streng genommen nicht gesprochen werden kann, BGH 12.12.1995 – VI ZR 223/94 – VersR 1996, 341 [II.1 c.]; 30.1.1996 – VI ZR 386/94 – BGHZ 132, 14, 27 [II.2 a.]: in anderer Weise nicht befriedigend „aufzufangen“.

108) S. BVerfG 14.2.1973 (Fn. 70) BVerfGE 34, 269, 286 [C.III.]: „Der Schadensersatzanspruch hat subsidiären Charakter; die Gerichte sprechen eine Geldentschädigung nur dann zu, wenn eine Wiederherstellung in natura, etwa durch Zubilligung eines Unterlassungs- oder Widerrufsanspruchs nicht möglich oder nach Lage der Dinge nicht ausreichend ist“.

109) S. BAG 21.2.1979 (Fn. 107) [B.II.2 c.].

110) S. BAG 16.5.2007 (Fn. 82).

111) S. BAG 16.5.2007 (Fn. 82) [B.II.3 b, cc. - Juris Rnrn. 122-123].

112) S. hierzu schon BAG 15.1.1997 (Fn. 87) [B 1 a.]: „Schwierigkeiten bereitet vor allem das Erkennen von Mobbing, die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Betroffenen sowie die Abgrenzung gegenüber sozial anerkannten Verhaltensweisen am Arbeitsplatz“.

113) S. BAG 16.5.2007 (Fn. 82) [B.II.3 a, aa. (3 b.) - Juris-Rn. 85]; im gleichen Sinne schon Sächsisches LAG 17.2.2005 – 2 Sa 751/03 – n.v. (Volltext: „Juris“) [A.II.1.], wo die Anspruchstellerin verwiesen wird auf Klagen „auf vertragsgemäße Beschäftigung“, gegen Überschreitungen des Direktionsrechts und – bei Verletzungen von Bestimmungen des öffentlichen Arbeitsschutzes – auf u.U. die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts.

114) S. BAG 16.5.2007 a.a.O.; im Anschluss LAG Niedersachsen 9.3.2009 (Fn. 83) [II.2.].

115) S. BAG 16.5.2007 a.a.O.; im Anschluss LAG Niedersachsen 9.3.2009 a.a.O.

116) S. BAG 16.5.2007 (Fn. 82) [B.II.3 a, aa. (3 c.) - Juris-Rn. 86]; ebenso BAG 24.4.2008 (Fn. 83) [B.II.1 c, aa. (2. am Ende)]; 22.7.2010 – 8 AZR 1012/08 – n.v. (Volltext: „Juris“) [C.II.1. - „Juris“-Rn. 90].

117) S. BAG 16.5.2007 a.a.O.

118) S. BAG 16.5.2007 a.a.O.; im Anschluss LAG Niedersachsen 9.3.2009 (Fn. 83) [II.2.].

119) S. BAG 16.5.2007 a.a.O. mit Hinweisen auf Thüringer LAG 10.4.2001 (Fn. 82) [III.3 b, cc (2 b, aa.)], wo es heißt: „Denkbar ist allerdings auch ein wechselseitiger Eskalationsprozess, der keine klare Einordnung einer Täter-Opfer-Beziehung zulässt (Heiler/Bielmann [gemeint: „Bieler/Heilmann“; d.U.] ArbuR 1996, 430, 432) und deshalb der Annahme des Mobbings entgegensteht“ mit Hinweisen auf Martina Benecke NZA-RR 2003, 225; dies. Mobbing Rnrn. 19 ff.; s hierzu auch LAG Rheinland-Pfalz 20.6.2006 – 2 Sa 67/06 – AuA 2006, 614 (Kurzwiedergabe; Volltext: „Juris“) [Juris-Rn. 23]: : Mobbing „setzt ein systematisches Vorgehen voraus, das im Rahmen einer klaren Täter-Opfer-Konstellation zur Verletzung eines Rechtsguts des Betroffenen führt“ - mit Hinweis auf Sächsisches LAG  17.2.2005 – 2 Sa 751/03 – ArbuR 2006, 131; im Anschluss dass. 19.4.2007 – 11 Sa 7/07 – n.v. (Volltext: „Juris“) [II.2 b.].

120) S. BAG 16.5.2007 (Fn. 82) [B.II.3 a, aa (3 e.) - Juris-Rn. 88]: „Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Gläubiger und damit der Arbeitnehmer (vgl. Palandt/Heinrichs 66. Aufl. § 280 Rn. 35). Dies gilt auch in sog. Mobbing-Fällen“; ebenso BAG 24.4.2008 (Fn. 83) [B.II.1 c, aa. (1.)]; LAG Schleswig-Holstein 15.10.2008 – 3 Sa 196/08 – SchlHA 2009, 166 [II.2 c.]: „Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Mobbinghandlung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der betroffene Arbeitnehmer“; LAG Niedersachsen 9.3.2009 (Fn. 83) [II.2 b.]: „Die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Klägerin“; früher schon LAG Bremen 17.10.2002 – 3 Sa 78/02 u.a. - LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 5 = NZA-RR 2003, 234 [II.b.]: „Die Klägerin trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsgutverletzung und den eingetretenen Schaden nach allgemeinen Regeln. … Der 'gemobbte Arbeitnehmer' ist als Kläger mithin in einem gerichtlichen Prozess für die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig“.

121) S. dazu etwa BGH 22.1.1985 – VI ZR 28/83 – NJW 1985, 1617, 1619 [B.II.2 a. u. 2 b, cc.]: Besondere „Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen …, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den widerrechtlichen Eingriff besteht …, als auch, und zwar in erster Linie, ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe“; „Zustand der Schutzlosigkeit des Bürgers in seiner Intimsphäre …, der bei dem besonders hohen Stellenwert der in den Art. 1 und 2 GG geschützten Grundrecht schon aus präventiven Gründen nicht hingenommen werden kann“; 15.11.1994 – VI ZR 56/94 – BGHZ 128, 1, 15 = NJW 1995, 861, 865 [IV.2.]: „Außerdem soll der Rechtsbehelf der Prävention dienen“; 5.12.1995 - VI ZR 332/94 – NJW 1996, 984, 985 [II.1.]: „Bei dieser Entschädigung steht – anders als beim Schmerzensgeld – regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen. Das bedeutet, dass hier der Ausgleichsgedanke …. zugunsten des Präventionsgedankens in den Hintergrund treten muss“; auf derselben Linie schon LAG Berlin 5.3.1997 (Fn. 107) [Juris-Rn. 35]: „Bei dieser Entschädigung steht – anders als beim Schmerzensgeld – regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BGH 5.12.1995 … )“; s. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser besonders auf „Pressefälle“ gemünzten Rechtsprechung BVerfG 8.3.2000 (Fn. 96) NJW 2000, 2187, 2188 [II.1 b.]: „Maßgebend sind also Präventionsgesichtspunkte, die bei der Bemessung der Geldentschädigung in den Persönlichkeitsrechtsfällen zu einer deutlichen Erhöhung der zugebilligten Entschädigung führen“.

122) S. zur Thematik auch Peter Wickler, Wertorientierungen in Unternehmen und gerichtlicher Mobbingschutz, DB 2002, 477, 484 [X.]: „Wünschenswert wäre unter dem Gesichtspunkt des Verursacherprinzips, der Entlastung der Allgemeinheit und aus Gründen der Prävention schlussendlich die konsequente, regressmäßige Inanspruchnahme der Verursacher von mobbingbedingten Belastungen von Kranken- und Rentenkassen durch die Sozialversicherungsträger“; ders. in: Peter Wickler (Hrg.), Handbuch Mobbing-Rechtsschutz (2004), S. 104-105.

123) S. Klageschrift S. 2 [1.] (Bl. 2 GA).

124) S. Klageschrift S. 3 [vor 2.] (Bl. 3 GA).

125) S. Schriftsatz vom 10.2.2014 S. 7 [5.] (Bl. 107 GA).

126) S. dazu statt vieler nur LAG Baden-Württemberg 23.3.2001 – 18 Sa 65/00 – n.v. (Volltext: „Juris“) [B.I.2 c, cc. - „Juris“-Rn. 51], wonach „allgemein bekannt“ sei, dass die Wirkung eines Menschen auf andere Menschen im Vergleich zum sprachlichen Ausdruck von Informationen „in weit größerem Umfang von nonverbalen Faktoren geprägt wird (z.B. nach Albert Mehrabian, Silent Messages: Implicit Communication of Emotions and Attitudes [1972], wirkt der Mensch zu 55 % durch Körpersprache, zu 38 % durch die Stimme und zu 7 % durch Worte)“.

127) S. im – methodisch – selben Sinne für eine gegenläufige Problemlage mit umgekehrter Beweislastverteilung etwa auch LAG Baden-Württemberg 23.3.2001 (Fn. 126) [B.I.2 c, cc. - „Juris“-Rn. 51]: „Die Beklagte hat zu diesem nonverbalen Verhalten der Klägerin nichts vorgetragen. Ein solcher Vortrag hätte sich z.B. auf fehlenden Blickkontakt oder Fixieren der Patientin, verächtliche oder gelangweilte Mimik, abwehrende Körperhaltung, Lautstärke der Stimme oder Unterbrechen der Patientin beim Sprechen beziehen können. … Die Kammer kann nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Kritik dieser Patientin berechtigt ist. Um dies zu prüfen hätte es eines Tatsachenvortrags der Beklagten zum Gesprächsinhalt und zu den nonverbalen Körper- und Stimmsignalen bedurft. Die Vernehmung der Zeugin … hätte erst der Beschaffung beweiserheblicher Tatsachen gedient und wäre daher entgegen der Ansicht der Beklagten ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gewesen“.

128) S. Text: „§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“.

129) S. dazu – bei Interesse – Bernd Ruberg, Schikanöse Weisungen, 2. Auflage (2010), S. 122 ff.

130) S. Text: „§ 62 Zwangsvollstreckung. (1) … (2) Im Übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung Anwendung“.

131) S. Text: „§ 935 Einstweilige Verfügung bezüglich Streitgegenstand. Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte“.

132) S. Text: „§ 940 Einstweilige Verfügung zur Regelung eines einstweiligen Zustandes. Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint“.

133) S. Text oben, S. 13 Fn. 81.

134) S. Text oben, S. 12 Fn. 76.

135) S. zu deren essentiellen Grundlagen den Beitrag von Rosemarie Stein im Berliner „Tages-spiegel“ vom 29.6.2005 S. 24 mit dem Hinweis auf das prägnante Diktum des Präsidenten der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz: „Nicht ‚Wer war schuld?’, sondern ‚Was war schuld?’, habe man zu fragen“; s. im Übrigen etwa auch das Diktum des Vorsitzenden der Fachgruppe Personalmanagement des Bundesverbandes Deutscher Unternehmerverbände (BDU) Jan Kunert im Berliner „Tagesspiegel“ vom 11.8.2002 S. K 1: „Uns geht es nicht in erster Linie um die Schuldfrage, die ist eher nachrangig. Es müssen Lösungsstrategien entwickelt werden“.

136) S. zu solcher konstruktiven Zwecksetzung von Kritik und anderen dialogischen Mitteln der Intervention treffend Joachim Heilmann/Tatjana Aigner, Streitkultur in Wirtschaftsunternehmen – Zur Konzeption eines abgestuften Konfliktmanagements, in: Dieter Strempel/Theo Rasehorn (Hrg.), Empirische Rechtssoziologie, Gedenkschrift für Wolfgang Kaupen (2002), S. 223, 239: „Insgesamt dokumentieren die Erscheinungsformen der Intervention den Versuch, die durch das Fehlverhalten gestörte Kooperation wiederherzustellen“.

137 ) S. statt aller nur die herausragende Studie von Bernhard Badura, Eckhard Münch und Wolfgang Ritter, Partnerschaftliche Unternehmenskultur und betriebliche Gesundheitspolitik – Fehlzeiten durch Motivationsverlust? (1997), S. 12-13: „Die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen hat eine ganz besondere Bedeutung für Motivation, Arbeitszufriedenheit und Gesundheit – darauf verweist eine mittlerweile erdrückende Zahl sozialepidemiologischer Forschungsarbeiten. … Als positiv empfundene soziale Beziehungen, gegenseitige Unterstützung und die dadurch gegebenen Erleichterungen bei der Problemlösung und Gefühlsregulierung bilden die vielleicht wichtigsten Gesundheitspotentiale des Menschen – auch in der Arbeitswelt“.

138) S. Klägerinschriftsatz vom 10.2.2014 S. 5 [vor 3.] (Bl. 105 GA): „Abgesehen von den unzulässig geforderten Angaben zu den Laufwegen hat die Klägerin auch am 17.08. und 18.08.2013 einen Tätigkeitsbericht erstellt“.

139) S. dazu BAG 11.8.1982 – 5 AZR 1089/79 – BAGE 39, 289 = AP Art. 5 GG Meinungsfreiheit Nr. 9 = NJW 1983, 1220 [3.] - mit Hinweis auf BAG 7.11.1979 – 5 AZR 962/77 – AP § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße Nr. 3 = EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebsbuße Nr. 4 = SAE 1981, 237 [Leitsatz 1.]: „Eine nicht an das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gebundene Abmahnung des Arbeitgebers darf keinen über den Warnzweck hinausgehenden Sanktionscharakter haben. Sie darf kein Unwerturteil über die Person des Arbeitnehmers enthalten. Das schließt nicht aus, dass der Arbeitgeber die Schwere der Vertragspflichtverletzung zum Ausdruck bringt oder eine wiederholte Verletzung vertraglicher Pflichten besonders kennzeichnet“.

140) S. in diesem Sinne etwa – falls Interesse - Bernd Ruberg, Mobbing – Überlegungen zu Interventionsmitteln der Arbeitsgerichte, wenn statt der Sache die Person erledigt werden soll, ArbuR 2002, 201, 203 [3.]: „Auch Mobbing-Akteure haben ihr ,Problem‘. Ich meine hier natürlich nicht den Adressaten ihrer Maßnahmen, den sie zum ,Problem‘ stempeln. Sondern vielmehr ein ihren Tarnungsstrategien gegenläufiges Element aus ihren Antrieben, das richterlich erkannt, aufgegriffen und bei den von mir hier herausgegriffenen repressiven Rechtsakten zur Grundlage von deren Kassation gemacht werden kann: Mobbing soll weh tun, belasten und vertreiben. Davon lebt es. - Weil das so ist, tendieren die Akteure dazu, alles zu vermeiden, was in einem intakten und beidseitig gewollten Arbeitsverhältnis als aufbauend, kraftstiftend, vertrauensbildend, sachbezogen und kooperativ ganz selbstverständlich praktiziert wird. … Und das ist ihre ,Achillesferse‘. Aus den Spuren genau dieser psychologischen Dynamik ergeben sich nämlich sowohl Erkennungsmerkmale für sachfremde Ausgrenzungsstrategien als auch rechtliche Anknüpfungspunkte für kassatorische gerichtliche Maßnahmen. Die chronische Feindseligkeit schlägt typischerweise auf den rechtsförmigen Umgang mit dem Betroffenen durch, wenn endlich die besagten repressiven Rechtsakte mobilisiert werden. Dabei sind es nicht die Rechtsakte als solche. Sie treffen wir schließlich auch im ,normalen‘ Arbeitsleben an. Sondern es sind vielmehr – neben ihren oft marginalen Anlässen – vor allem prozedurale Auslassungen, die sich im Vorfeld der fraglichen Rechtsakte bemerkbar machen“.

141) S. insofern gleichsam „klassisch“ bereits ArbG Kiel 16.1.1997 – 5 d 2306/96 – n.v. (Volltext: „Juris“) [Leitsatz]: „Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entfernung einer Vielzahl von Abmahnungen aus dessen Personalakte, die innerhalb kürzester Zeit ausgesprochen wurden und unterschiedliche Vertragsverletzungen aus einem längeren Zeitraum betreffen, kann allein unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht und des Übermaßverbots auf seiten des Arbeitgebers gerechtfertigt sein, ohne dass es auf die Berechtigung jeder einzelnen Abmahnung ankommt. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn der öffentliche Arbeitgeber einem bis dato weitestgehend unbescholtenen Arbeitnehmer, der bereits tariflichen Kündigungsschutz genießt, innerhalb von neun Tagen während dessen Arbeitsunfähigkeit neun Abmahnungen wegen diverser Vertragsverletzungen aus dem letzten halben Jahr erteilt“.

142) S. ArbG Frankfurt/Oder 7.4.1999 – 6 Ca 61/99 – DB 2000, 146 = AiB 2000, 366 mit Anm. Heinz Josef Eichhorn; zuvor schon ArbG Berlin – 24 Ca 80/90 – n.v. [1 a.] mit Hinweis auf BGH 29.11.1956 – III ZR 70/55 – BGHZ 22, 258, 267: Anhörung des Betroffenen vor Ziehung nachteiliger Konsequenzen ein „Fundamentalgrundsatz jeder rechtsstaatlichen Ordnung“; s. zum Fachschrifttum zutreffend bereits bereits Wolfhard Kohte, Anm. LAG Düsseldorf [24.1.1990 – 12 Sa 1169/89] LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 27 [IV.]: „Wenn man berücksichtigt, dass die parallele Norm im Beamtenrecht vom BGH als fundamentaler Grundsatz einer rechtsstaatlichen Ordnung qualifiziert worden ist (BGHZ 22, 258, 266 f.), dann entspricht es dem Normzweck des § 82 BetrVG, der die Rechtsstellung der einzelnen Arbeitnehmer stärken soll, auch insoweit von einem Anhörungsgebot auszugehen, dessen Nichtbeachtung zur Unwirksamkeit der Abmahnung führt“; Günter Schaub NJW 1990, 872, 876; ders. Arbeitsrechtshandbuch, 9. Auflage (2002), § 61 III 1 a.; Hans Eisemann, in: Wolfdieter Küttner (Hrg.), Personalhandbuch 2011, 18. Auflage (2011), „Abmahnung“, Rn. 29: Anhörungsrecht als „allgemeiner Rechtsgrundsatz“.

143) S. dazu lehrreich bereits BAG 28.2.1958 – 1 AZR 491/56 – ArbuR 1958, 378, 380 [IV.], wo der Erste Senat mit Blick auf eine fristlose Kündigung zur Beantwortung der Weigerung einer Arbeitsperson, Überstunden zu verrichten, die Frage aufwirft, ob die Arbeitgeberin ihre Anordnung eigentlich „in irgendeiner Weise begründet“ habe, und dazu gleich selber klarstellt, dass eine Begründung der Maßnahme durch Androhung fristloser Entlassung „nicht zu ersetzen“ sei.

144) S. im gleichen Sinne etwa ArbG Bamberg 26.6.2007 – 4 BV 7/07 C – n.v. für eine Drogeriemarktkette, wo das Gericht ein Übermaß der dem Verkaufspersonal zudiktierten Aufgaben mit den Worten kommentiert: „Die Vorgaben der Antragstellerin stehen letztlich auf dem Papier und sind nicht ohne Vernachlässigung von anderen Aufgaben der Verkaufsstellenverwaltung zu erfüllen“; s. auch bereits – gleichfalls für die Pflegebranche - ArbG Berlin 3.2.2012 – 28 Ca 16766/11 – n.v. [S. 16 des Urteils]: „Allerdings könnte der Klägerin dies auch nur dann mit Erfolg als objektiver Vertragsverstoß angelastet werden, wenn sie unter den situativen Begleitbedingungen des 5.09.2011 die leicht zugängliche Möglichkeit gehabt hätte,,Dienst nach Vorschrift‘ zu erledigen. Bekanntlich ist der Arbeitgeber zwar berechtigt, seinem Personal im Rahmen des § 106 Satz 1 GewO arbeitsbezogene Weisungen zu erteilen, doch obliegt es ihm als Teil seiner Organisationsverantwortung auch, deren Erfüllbarkeitsvoraussetzungen zu gewährleisten“.

145) S. zum Problem statt vieler anschaulich Erwin Fromm, Die arbeitnehmerbedingten Kündigungsgründe (1995), S. 277 ff.: „Indessen gehört es zu den wichtigsten soziologischen Einsichten, dass die Welt sich nicht als Ergebnis individueller Aktivitäten begreifen lässt. Sie ist letztlich nur unter Einbeziehung sozialer Phänomene wie Rollenprozesse, Gruppendynamik und institutioneller Mechanismen verständlich. … So hat die Konfliktforschung reichhaltiges Material zusammengetragen, wie durch überindividuelle Phänomene individuelles Fehlverhalten geradezu vorprogrammiert wird. So können Widersprüche in der Organisation eines Betriebs Kompetenzstreitigkeiten auslösen, die rasch als individuelles Fehlverhalten missverstanden werden können. Ebenso kann ein individuelles Fehlverhalten die Folge von Spannungen zwischen formalen und informellen Verhaltensnormen bzw. Widersprüchen zwischen Gruppenzielen und Betriebszielen sein. .… Auch hier darf das bei isolierter Betrachtung fehlerhaft handelnde Individuum nicht zum alleinigen Zurechnungssubjekt gemacht werden, weil es überindividuelle Mechanismen sind, die sein Tun und Lassen entscheidend beeinflusst haben. All diesen Einsichten trägt das Kündigungsschutzrecht Rechnung, indem es den kontradiktorischen Gegensatz von,vertragswidrig-vertragsgemäß' zugunsten eines abgestuften Systems unterschiedlicher Verantwortungsgrade relativiert“.

146) Gemeint ist die Passage von: „Sie haben durch Ihr Unterlassen … “ bis: „hat Signalwirkung“; d.U.

147 ) S. Text: „§ 253 Klageschrift. (1) … (2) Die Klageschrift muss enthalten: - 1. … - 2. die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag“.

148 ) S. dazu etwa Sächsisches LAG 17.2.2005 – 2 Sa 751/03 – n.v. (Volltext: „Juris“) [Leitsatz 1.]: „Das Wort ,mobbing‘ kann aus Gründen des Prozessrechts nicht Teil des Tenors der Entscheidung eines deutschen Gerichts sein“; im selben Sinne BAG 23.1.2007 – 9 AZR 557/06 – AP § 611 BGB Mobbing Nr. 4 = NZA 2007, 1166 = ZTR 2007, 465 [Leitsatz 2.]: „Ergibt die Auslegung, dass die Arbeitnehmerin sich nicht mehr in der Lage sieht, ihre Arbeitsleistung zu erbringen, weil ihr auf Grund von,Mobbing-Attacken‘ gesundheitliche Beeinträchtigungen drohen, folgt daraus, dass sie nicht ein auf unbestimmte Dauer gerichtetes Zurückbehaltungsrecht in Anspruch nimmt, sondern nur ein solches für die Zeit, während der die sogenannte,Mobbing-Situation‘ besteht. Ein solcher in diesem Sinne ausgelegter Feststellungsantrag ist nicht hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO“.

149) S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) … (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen“.

150) S. Text: „§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht. (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen … “.

151) S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest“.

stats