LAG Berlin-Brandenburg: Streitwert bei Freistellungsanspruch bei Schulung eines Betriebsratsmitglieds
LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.5.2019 – 17 Ta (Kost) 6039/19
Volltext: BB-ONLINE BBL2019-1396-6
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Amtlicher Leitsatz
Macht der Betriebsrat die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds zur Teilnahme an einer Schulung im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG geltend und beantragt er im gleichen Verfahren, dass der Arbeitgeber die Schulungskosten zu tragen hat, ist für die Wertfestsetzung nur der höher zu bewertende Antrag maßgebend (§ 48 abs. 3 GKG).
Aus den Gründen
Die Beschwerde ist nur zum Teil begründet.
1. Die Anträge zu 1. und 3. aus der Antragsschrift betreffen nicht vermögensrechtliche Gegenstände. Will der Betriebsrat die Freistellung eines seiner Mitglieder für eine Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG erreichen, geht es ihm nicht vordringlich um die Zahlung der Vergütung für die Dauer der Freistellung. Dieser Vergütungsanspruch steht vielmehr dem jeweiligen Betriebsratsmitglied zu und müsste ggf. ohnehin in einem gesonderten arbeitsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Das Verfahren betrifft auch nicht den Schulungsanspruch des einzelnen Betriebsratsmitgliedes. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Schulung Kenntnisse vermittelt, die für die Tätigkeit des Betriebsrats erforderlich sind. Mit dem Freistellungsbegehren soll vor allem die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats gesichert werden; dieser Verfahrensgegenstand ist nichtvermögensrechtlicher Natur (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.05.2008 – 17 Ta (Kost) 6056/08 - juris; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.2017 – 4 Ta 630/16 – juris).
2. Nicht vermögensrechtliche Gegenstände sind gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz RVG ausgehend von einem Hilfswert von 5.000,00 EUR nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,00 EUR zu bewerten sind. Bei der Bestimmung des Wertes kommt es vor allem auf die Bedeutung der Angelegenheit für den Antragsteller an, wobei auch die finanzielle Belastung des Arbeitgebers berücksichtigt werden kann. Es ist dabei regelmäßig angemessen, die begehrte Freistellung zur Teilnahme an einer einwöchigen Schulung mit dem Hilfswert von 5.000,00 EUR zu bewerten. Der geltend gemachte Freistellungsanspruch bezieht sich nicht nur auf einen kurzfristigen Zeitraum. Auch ist die Teilnahme mit nicht unerheblichen Kosten für den Arbeitgeber verbunden; sie betragen im vorliegenden Fall 2061,00 EUR. Der Wert des Zwischenfeststellungs-antrags zu 3. wird – wogegen sich die Beschwerdeführer nicht wenden – von dem Wert des Freistellungsantrags umfasst.
3. Die Bewertung des nicht vermögensrechtlichen Antrags zu 1. führt zu einem Gesamtgegenstandswert von 5.000,00 EUR. Der Betriebsrat macht neben dem Freistellungsanspruch einen aus diesem folgenden vermögensrechtlichen Anspruch – die Übernahme der Seminarkosten durch den Arbeitgeber – geltend. Nach § 48 Abs. 3 GKG, der auch bei einer Wertfestsetzung nach § 23 Abs. 3 RVG zur Anwendung kommt (LAG Düsseldorf, a.a.O., Rdnr. 26 f., m.w.N.), ist in einer derartigen Fallgestaltung nur der höhere Wert – hier der Wert des Freistellungsanspruchs – für die Wertfestsetzung maßgebend. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Kosten der Schulung ein wertbildender Faktor bei der Bewertung des Freistellungsanspruchs sind.
4. Die Gebühr Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG war auf die Hälfte zu ermäßigen, weil die Beschwerde teilweise erfolgreich war.
5. Die Entscheidung ist unanfechtbar.