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Arbeitsrecht
31.07.2014
Arbeitsrecht
LSG Rheinland-Pfalz: Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen trotz illegaler Arbeitnehmerüberlassung im Ausland

LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.5.2014 – L 4 R 148/13

Amtliche Leitsätze

1. Bestehen wegen Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis gem. § 10 Abs. 1 AÜG sowohl ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer als auch ein fingiertes Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher, sind nicht für beide Beschäftigungsverhältnisse Sozialversicherungsbeiträge zu leisten.

2. Besteht im Rahmen des fingierten Arbeitsverhältnis kein Anspruch des Leiharbeitnehmers auf Arbeitsentgelt gegen den Entleiher, liegt in diesem Verhältnis keine sozialversicherungspflichtige entgeltliche Beschäftigung vor.

3. Gem. § 28e Abs. 2 S 4 SGB 4 haftet der Entleiher neben dem Verleiher für die Forderung der Einzugsstelle, die für den Verleiher zuständig ist; eine Verpflichtung gegenüber einer weiteren, für den Entleiher zuständigen Einzugsstelle wird hierdurch nicht begründet.

Sachverhalt

Der Kläger wendet sich gegen einen Beitragsbescheid über die Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen wegen unwirksamer Arbeitnehmerüberlassung in Höhe von 41.150,64 Euro.

Der Kläger ist nach Übernahme des Betriebs von seinem Vater zum 01.01.1999 Inhaber der Firma R Metall- und Maschinenbau in A geworden. Bereits zuvor, ab dem Jahr 1991 oder 1992 wurden der Firma für verschiedene Verrichtungen Beschäftigte von der Firma K AG in Luxemburg überlassen. Seit 2000 erfolgte mit Unterbrechungen bis Ende Februar 2007 nur noch die Entleihe des Beigeladenen. Dieser war seit etwa 1989 bei der Firma K in Luxemburg als Schlosser beschäftigt, bezog von dort sein Gehalt auf der Basis eines Stundenlohns von 14,00 Euro und war bei der Luxemburger Sozialversicherung (centre commun de la sécurité sociale) angemeldet. Entsprechende Sozialversicherungsbeiträge wurden für den Beigeladenen von der Firma K abgeführt. Seit 2007 bezieht der Beigeladene sowohl eine deutsche als auch eine luxemburgische Rente. Die Firma des Klägers, für die der Beigeladene hauptsächlich Säge- und Zuschneidarbeiten verrichtete und von der er bei Außenmontagen eingesetzt wurde, zahlte monatlich gegen Rechnungen Überlassungsgeld an die Firma K gemäß der Arbeitszeitnachweise und auf der Basis eines Stundensatzes von 21,47 Euro. Eigenen Mitarbeitern zahlte der Kläger maximal einen Stundenlohn von 15,40 Euro.

Nach Betriebsübernahme überprüfte der Kläger nach eigenen Angaben alle bestehenden Verträge und fragte im Jahr 2000 oder 2001 bei der Firma K nach, ob diese zur Arbeitnehmerüberlassung berechtigt sei. Nachdem man ihm das dort bestätigt hatte, bezweifelte der Kläger auch künftig nicht die Berechtigung der Firma K zur Arbeitnehmerüberlassung. Tatsächlich hatte die Firma K nur für die Zeit vom 15.04.2000 bis zum 14.04.2001 die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Eine Verlängerung wurde von ihr weder beantragt, noch wurde der Kläger hierüber informiert.

Aufgrund von Ermittlungen des Finanzamts Trier stellte der Betriebsprüfdienst der Beklagen im November 2006 fest, dass die Firma des Klägers den Beigeladenen ohne Betragszahlung zur deutschen Sozialversicherung und über einen längeren Zeitraum von der der Firma K AG in Luxemburg entliehen hatte.

Im Januar 2007 wurde wegen des Verdachts der illegalen Arbeitnehmerüberlassung ein Verfahren eingeleitet, woraufhin das Hauptzollamt K, Finanzkontrolle Schwarzarbeit, am 20.03.2007 u.a. in den Firmenräumen des Klägers eine Durchsuchung durchführte. Der Kläger gab bei diesem Anlass freiwillig Rechnungen der Firma K ab dem Jahr 2000 heraus.

Das Verfahren gegen den Kläger wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie Steuerhinterziehung im Hinblick auf den Leiharbeitnehmer Z, den Beigeladenen, wurde eingestellt. Gemäß einem Vermerk der Staatsanwaltschaft sei es plausibel, dass dem Kläger auf dessen ausdrückliche Nachfrage im Jahr 2000 oder 2001 bestätigt worden sei, es liege eine gültige Verleiherlaubnis vor, er in der Folgezeit an deren Bestand nicht gezweifelt und daher bei der Entleihe nicht vorsätzlich gehandelt habe. Zudem sei ein finanzielles Motiv für eine vorsätzliche Beteiligung an illegaler Arbeitnehmerüberlassung nicht ersichtlich, weil der Kläger für den an die Firma K gezahlten Stundensatz in Höhe von 21,47 Euro auch Leiharbeitnehmer von Verleihfirmen mit gültiger Verleiherlaubnis hätte bekommen können.

Durch Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 21.02.2008 (Az.: 2050 Js 51060/07.34 OWi) wurde gegen den Kläger wegen fahrlässigen Tätigwerdenlassens eines ohne Erlaubnis überlassenen Leiharbeiters eine Geldbuße in Höhe von 800,00 Euro verhängt.

Mit Schreiben vom 09.09.2008 hörte die Beklagte den Kläger zu deren Absicht an, für die Zeit vom 15.04.2001 bis 28.02.2007 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 92.067,94 Euro (einschließlich von Säumniszuschlägen in Höhe von 32.309,07 Euro) zu erheben. Die Ermittlungen des Hauptzollamts Koblenz hätten ergeben, dass ihm von der Firma K AG vom 15.04.2001 bis 28.02.2007 ein Leiharbeitnehmer überlassen worden sei, obwohl eine erforderliche Verleiherlaubnis nicht vorgelegen habe. Aus der Unwirksamkeit der Verträge folge, dass gemäß § 10 Abs. 1 Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung – Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – (AÜG) ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gelte. Damit habe der Entleiher die vollen Arbeitgeberpflichten aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) zu erfüllen und für den Leiharbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.

Der Kläger ließ daraufhin durch seinen Bevollmächtigten vortragen, der Leiharbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer werde erst nach Ablauf des Nachwirkungszeitraums von zwölf Monaten unwirksam, was bisher von der Beklagten nicht berücksichtigt worden sei. Unabhängig hiervon hätte die Auffassung der Beklagten zur Folge, dass bei illegaler gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung zwei Arbeitsverhältnisse und damit zwei sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnisse vorlägen und sowohl Verleiher als auch Entleiher Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssten. Dieses Konkurrenzverhältnis werde nach Literaturauffassung in der Weise aufgelöst, dass danach zu unterscheiden sei, ob der Verleiher das Arbeitsentgelt gezahlt habe oder nicht. Habe der Verleiher das Arbeitsentgelt gezahlt, sei der Entleiher nicht zur Zahlung verpflichtet. Damit bestehe auch kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in Beziehung zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher. Vorliegend habe der luxemburgischer Verleiher, die Firma K , dem Leiharbeitnehmer, dem Beigeladenen, nicht nur das mit ihm vereinbarte Arbeitsentgelt, sondern auch die auf das Arbeitsentgelt entfallenden Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Der Beigeladene habe also nicht nur seinen Lohn bekommen, sondern für ihn seien auch Krankenversicherungsbeiträge sowie Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung gezahlt worden. Der Beigeladene sei während der Zeit, in der dieser für den Kläger gearbeitet habe, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß sozialversichert gewesen. Daher sei die nachträgliche Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen für die Zeit vom 15.04.2001 bis 28.02.2007 sinnlos, da der Beigeladene krankenversichert gewesen sei. Gleiches gelte für die Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Der Beigeladene sei aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses zum Verleiher in Luxemburg gegen Arbeitslosigkeit bei der dortigen Kasse versichert gewesen. Wäre er im streitgegenständlichen Zeitraum arbeitslos geworden, hätte er gegen die Bundesagentur für Arbeit keinen Anspruch gehabt. Der Verleiher habe für den Beigeladenen auch in Luxemburg Rentenversicherungsbeträge abgeführt. Damit habe der Beigeladene gegen die luxemburgische Rentenversicherungskasse für den streitgegenständlichen Zeitraum einen entsprechenden Anspruch. Folge der Rechtsauffassung der Beklagten wäre es, dass der Beigeladene für den gleichen Arbeitszeitraum sowohl Anwartschaften bei der luxemburgischen Rentenkasse als auch bei der Beklagten erworben hätte. Sinn und Zweck der einschlägigen Regelungen im AÜG sei, illegale Arbeitnehmerüberlassung zu unterbinden und Rechtsnachteile für den Leiharbeitnehmer abzuwenden, nicht aber ihn infolge der illegalen Arbeitnehmerüberlassung, von der er keine Kenntnis erlangt habe, durch Ansprüche gegenüber zwei Rentenversicherungsträgern besser zu stellen, als andere Arbeitnehmer. Da das illegale Arbeitsverhältnis aus der Sicht des Verleihers, des Beigeladenen und auch aus der Sicht des Klägers als Entleiher ordnungsgemäß abgewickelt worden sei, führe die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung zu dem absurden Ergebnis, dass die Sozialversicherungsträger oder der Leiharbeitnehmer Leistungen erhalten würden, auf die sie bei normaler Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nie einen Anspruch gehabt hätten und denen auch kein entsprechendes Risiko entgegengestanden habe. Unabhängig davon seien wesentliche Teile der geltend gemachten Sozialversicherungsansprüche bereits verjährt.

Durch Bescheid vom 16.04.2009 forderte die Beklagte für die Zeit vom 01.12.2003 bis 28.02.2007 vom Kläger Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 41.150,64 Euro nach (darin enthalten Säumniszuschläge in Höhe von 11.017,00 Euro). Zur Begründung führte sie unter anderem aus, die Firma K AG habe lediglich bis zum 14.04.2001 eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gehabt und eine Verlängerung nicht beantragt, sodass ein Nachwirkungszeitraum nicht gegeben sei. Bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung gelte ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer als zustande gekommen. Diese gesetzliche Fiktion eines Beschäftigungsverhältnisses führe bei einem Beschäftigungsort im Inland zur Anwendung deutscher Rechtsvorschriften in der Sozialversicherung. Dem Eintritt der Versicherungs- und Beitragspflicht in der deutschen Sozialversicherung könne nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass der Leiharbeitnehmer bereits durch andere Sozialversicherungssysteme geschützt sei oder Leistungen aus der deutschen Sozialversicherung nicht erhalten könnte. Etwaige Aufwendungen zur sozialen Absicherung der Leiharbeitnehmer an einen ausländischen Versicherungsträger könnten den gesetzlichen Beitrag in der deutschen Sozialversicherung nicht ersetzen und seien diesem auch nicht gleich gestellt. An den ausländischen Sozialversicherungsträger bereits abgeführte Sozialversicherungsbeiträge berührten die rechtlich unabhängig bestehende Verpflichtung zur Entrichtung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages aufgrund der Versicherungs- und Betragspflicht nach deutschen Rechtsvorschriften nicht. Durch Vereinbarung zwischen den Beteiligten könnten die Versicherungs- und Beitragspflichten nach deutschen Rechtsvorschriften nicht ausgeschlossen oder sonst beschränkt werden. Da nur Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge nach 30 Jahren verjähren würden, sei in Anlehnung an die Verfügung der Staatsanwaltschaft Tier nunmehr nur noch der nicht verjährte Zeitraum vom 01.12.2003 bis 28.02.2007 bei der Nachberechnung berücksichtigt worden. Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeträge habe man den durch das Hauptzollamt Koblenz ermittelten Brutto-Stundenlohn von 14,00 Euro zugrunde gelegt und mit den festgestellten Arbeitsstunden multipliziert.

Am 04.05.2009 legte der Kläger gegen den Bescheid Widerspruch ein und verwies zur Begründung im Wesentlichen auf seinen bisherigen Vortrag und die Kommentarliteratur zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.

Im Widerspruchsverfahren regte die Beklagte an, nachträgliche die Befreiung von den deutschen Rechtsvorschriften über die Soziale Sicherheit bei gleichzeitiger Anwendung der luxemburgischen Rechtsanwendungen über die Soziale Sicherheit aufgrund einer Ausnahmevereinbarung nach Artikel 17 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zu bewirken. Der Kläger nahm daraufhin Kontakt mit der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung- Ausland (DVKA) auf. Diese wandte sich mit Schreiben vom 17.05.2011 an die Beklagte und bat um Mitteilung, ob für den Fall, dass die luxemburgische zuständige Behörde eine solche Ausnahmevereinbarung befürworten und einen entsprechenden Vereinbarungsvorschlag übermitteln werde, von Seiten der Beklagten gegen die ausschließliche Anwendung der luxemburgischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit im Fall des Beigeladenen Bedenken bestehen würden. Zugleich bat die DVKA den Kläger gemeinsam mit dem Beigeladenen einen Antrag beim zuständigen Ministère de la Sécurité in Luxemburg zu stellen. Dazu kam es nicht, weil der Beigeladene nach anwaltlicher Beratung jegliche Mitwirkung bei der Antragstellung verweigerte.

Durch Widerspruchsbescheid vom 09.08.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 31.08.2012 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht Trier (SG) erhoben und am 19.10.2012 zusätzlich den Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 16.04.2009 bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens anzuordnen, da der Beklagte die Vollziehung der Beitragsforderung nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt hatte und die A W dem Kläger mit Schreiben vom 01.10.2012 mitgeteilt hatte, dass vom Vollzug der Beitragsforderung nur abgesehen werden könne, wenn das Sozialgericht dies anordne.

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag wiederholt und ergänzend darauf hingewiesen, dass der Beigeladene aufgrund der vom Verleiher ordnungsgemäß abgeführte Sozialversicherungsbeiträge eine luxemburgische Rente beziehe, die für diesen günstiger sei, als wenn Beiträge an die Beklagte gezahlt worden wären. Es sei daher nicht ersichtlich, was die Beklagte außer einer Erlangung von Beiträgen wolle, für die sie keine Leistung zu erbringen habe. Gleiches gelte für die Krankenversicherung. Der Beigeladene sei bei der luxemburgischen Krankenkasse versichert gewesen und habe diese im Krankheitsfall in Anspruch genommen. Die nach Auffassung der Beklagten für den Beigeladenen zuständige deutsche Krankenversicherung habe niemals Leistungen für diesen erbracht und werde solche auch nicht erbringen müssen, da er als Rentner auch weiterhin bei der luxemburgischen Krankenversicherung versichert sei. Es könne nicht richtig sein, dass die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen habe, für die sie nie Leistungen erbracht habe und nie werde erbringen müssen. Daher könne es nur so sein, dass der Leiharbeitnehmer nie in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zum Entleiher gestanden habe. Habe zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger zu keiner Zeit ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden, habe die Beklagte auch keinen Anspruch gegen den Kläger.

Durch Beschluss vom 21.11.2012 hat das SG die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2012 bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens angeordnet (Az.: S 7 R 376/12 ER). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es würden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen, sodass ein Erfolg des Rechtsbehelfs mindestens ebenso wahrscheinlich sei wie ein Misserfolg. Im Hinblick auf die zu klärende Frage, ob es zum Abschluss einer Ausnahmevereinbarung nach Artikel 17 der Verordnung (EWG) 1408/71 komme und dies bisher nur an der fehlenden Mitwirkung des Beigeladenen gescheitert sei, erscheine es unbillig, wenn der Kläger bereits während des Hauptsacheverfahrens in erster Instanz verpflichtet wäre, die streitgegenständlichen Beiträge zu entrichten, zumal die Beklagte diesbezüglich an den Beigeladenen keinerlei Anfragen gerichtet habe, um eine weitere Klärung bezüglich der Gründe für eine fehlende Mitwirkung herbeizuführen. Jedenfalls stelle es in der Regel keine unbillige Härte dar, die in diesem Punkt unterbliebene Aufklärung des Sachverhalts zu Lasten der Beklagten zu werten, zumal durch eine Vollstreckung des Beitrags- und Säumnisbescheids die Firma des Klägers in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre. Zudem könne die in der Kommentarliteratur zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vertretene Auffassung vorliegend greifen, wonach in der Praxis die ausdrücklich geregelten Ansprüche gegen den Entleiher aus dem fingierten Arbeitsverhältnis zumindest soweit hinter die Ansprüche aus dem vollzogenen fehlerhaften Leiharbeitsverhältnis zurücktreten würden, als diese nicht höher seien. Nach Auffassung des SG sprächen im speziellen vorliegenden Fall, in dem der Verleiher die Sozialversicherungsbeiträge bereits vollständig an den Luxemburger Sozialversicherungsträger entrichtet und der Leiharbeitnehmer keinerlei Interesse habe, an dieser Situation etwas zu ändern, jedenfalls auch Argumente dafür, das Gesetz anders als die Beklagte auszulegen.

In der mündlichen Verhandlung des SG am 22.02.2013 hat der Beigeladene auf Nachfrage des Gerichts erklärt, er sei nicht bereit, bei der luxemburgischen zuständigen Stelle einen Antrag auf Befreiung von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die Soziale Sicherheit für die Zeit vom 01.12.2000 bis 28.02.2007 zu stellen.

Sodann hat das SG durch Urteil vom 22.02.2013 die Klage abgewiesen, da die Beklagte zu Recht für den streitgegenständlichen Zeitraum Gesamtsozialversicherungsbeträge in Höhe von 41.150,64 Euro vom Kläger nachgefordert habe. Der Kläger sei als Arbeitgeber des Beigeladenen zur Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge verpflichtet gewesen, da die Firma K AG nach dem 14.01.2011 nicht die gemäß § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis besessen habe. Die Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern seien deshalb gemäß § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam gewesen, sodass nach Maßgabe von § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gelte. Damit werde zugleich im Bereich der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung ein Beschäftigungsverhältnis fingiert. Vorliegend habe deshalb bei unerlaubter gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Kläger und Beigeladenem ab dem 15.01.2001 im Geltungsbereich des SGB IV vorgelegen und der Beigeladene habe mithin im streitgegenständlichen Zeitraum der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht unterlegen. Die Fiktion von § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG und die Anwendung des deutschen Rechts auf ein solches Beschäftigungsverhältnis seien nicht abdingbar. Eine Einstrahlung ausländischen Rechts habe bei diesen Beschäftigungsverhältnissen nicht stattgefunden. Die rechtlichen Bedenken des Klägers gegen die Anwendung der §§ 9, 10 AÜG würden nicht durchgreifen. Diese Rechtsvorschriften würden die Arbeitnehmerüberlassung für das Inland regeln und uneingeschränkte Geltung beanspruchen. Eine Ausnahme für Arbeitnehmerüberlassungen aus dem Ausland bestehe nicht. Dies liefe auch dem Zweck des Schutzes von Leiharbeitnehmern zuwider. Es könne keine Berücksichtigung finden, dass der Beigeladene anderweitig geschützt sei und kaum in den Genuss von Leistungen aus der deutschen Sozialversicherung komme, da Ausnahmen von der Versicherungspflicht, der Beitragspflicht sowie der Versicherung in der Unfallversicherung aus derartigen Gründen im Gesetz nicht vorgesehen seien. Auch bestünden Zweifel, ob der Beigeladene den Großteil seiner bisherigen Versicherungsbiografie im System der luxemburgischen Sozialversicherung zurückgelegt habe. Zwar liege seine Luxemburger Rente um einiges höher als die deutsche Rente, doch habe er in Deutschland mehr Beitragsjahre als in Luxemburg zurückgelegt und scheue die Antragstellung auf Befreiung der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit für den streitgegenständlichen Zeitraum bei der luxemburgischen zuständigen Stelle, da er befürchte, sodann möglicherweise ganz nach deutschen Sozialversicherungsnormen beurteilt zu werden. Die gegenteilige Literaturmeinung überzeuge in Anbetracht des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht.

Am 18.03.2013 hat der Kläger gegen das ihm am 22.02.2013 zugestellte Urteil Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Klageabweisung werde den Interessen der Beklagten gerecht, möglichst viele Sozialversicherungsbeiträge zu vereinnahmen, ungeachtet dessen, ob hierfür Gegenleistungen in Vergangenheit oder Zukunft zu erbringen wären. Die Anwendung der im angegriffenen Urteil zitierten Vorschriften würde weder dem Sinn und Zweck der Gesetzgebung zur Sozialversicherung noch dem des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes entsprechen. Es sei nicht Absicht des Gesetzgebers, dass für ein und dieselbe Arbeitsleistung zwei Arbeitgeber Gesamtsozialversicherungsbeiträge abführen müssten und damit eine Doppelsicherung des Arbeitnehmers eintrete. Der Gesetzgeber habe auch keine Regelung treffen wollen, wonach zwei Sozialversicherungsträger für ein und dasselbe Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf die Gesamtsozialversicherungsbeiträge hätten, unabhängig davon, ob infolge der Unwirksamkeit oder der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses, diese Situation eintreten könne. Zwar habe der Verleiher gegen deutsches Recht verstoßen, da ihm nicht während des gesamten Verleihzeitraums die erforderliche Genehmigung nach dem AÜG vorgelegen habe, er habe allerdings an den Beigeladenen Leiharbeitnehmer das mit diesem vereinbarte Gehalt gezahlt und die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Der Kläger habe als Entleiher regelmäßig das für die Überlassung des Arbeitnehmers vereinbarte Entgelt an den Verleiher gezahlt. Der Beigeladene, der davon ausgegangen sei, Arbeitnehmer des Verleihers zu sein, sei „sehr zufrieden“ denn für ihn seien bis zu seiner Verrentung Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden. Dies habe wegen der Systemunterschiede der Rentenversicherungen zur Folge, dass dieser für den streitgegenständlichen Zeitraum eine unvergleichlich höhere Rente beziehe, als wenn der Kläger als fingierter Arbeitgeber die Rentenversicherungsbeiträge an die Beklagte abgeführt hätte. Darin liege auch der Grund dafür, dass der Beigeladene sich nicht bereit erklärt habe, an der Antragstellung auf Befreiung von der deutschen Rentenversicherung mitzuwirken. Niemand habe verbindlich zusagen könne, mit welchem Ergebnis dieses Verfahren für ihn enden würde. Der Beigeladene wolle schlicht und einfach seinen Besitzstand wahren. Infolge der Verpflichtung des Klägers, die von der Beklagten festgesetzten Beiträge zu zahlen, hätten die Beklagte und die weiteren Sozialversicherungsträger einen im Gesetz nicht vorgesehenen Vorteil, denn sie würden Beiträge für einen Zeitraum erhalten, in dem der Beigeladene bereits anderweitig sozialversichert gewesen sei. Der Gesetzgeber habe in den §§ 28d ff. SGB IV lediglich sicherstellen wollen, dass auch bei unwirksamen Verträgen zwischen den Beteiligten die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags an die Einzugsstelle gesichert sei. Dass infolge der gesetzlichen Regelungen zwei Einzugsstellen Ansprüche geltend gemacht könnten, habe der Gesetzgeber nicht gesehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 22.02.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf den angefochtenen Bescheid und die Gründe des angefochtenen Urteils.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Prozessakte, den Inhalt der Akte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (Az.: S 7 R 376/12 ER) sowie den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten (Az.: 56369902) verwiesen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Aus den Gründen

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 16.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Nachforderungen zur Sozialversicherung für die Zeit vom 01.12.2003 bis 28.02.2007 findet – entgegen den Auffassungen des Sozialgerichts und der Beklagten – in § 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV keine Rechtsgrundlage. Der Kläger hat wegen der unerlaubten Überlassung des Beigeladenen im streitgegenständlichen Zeitraum nicht die vollen Arbeitgeberpflichten aus seinem Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV zu erfüllen.

Der angegriffene Bescheid der Beklagten ist insofern nicht bereits aus formalen Gründen zu beanstanden, als die Firma K AG nicht am Verfahren beteiligt wurde. Der Ausgang des Verfahrens hat für sie keine rechtsgestaltende Wirkung im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X), da die Beitragsnacherhebung beim Kläger die Firma K AG als Entleiherin weder unmittelbar betrifft, noch zivilrechtliche Ausgleichsansprüche gegen die Firma K AG begründen könnte. Abgesehen davon hat die Beklagte die Firma K AG mit Schreiben vom 18.11.2009 darüber informiert, dass nach Feststellungen des Hauptzollamts K der Beigeladene an die Firma des Klägers verliehen wurde sowie in diesem Zusammenhang um Auskunft gebeten, bei welchem Sozialversicherungsträger der Beigeladene gemeldet war und ob Versicherungsbeiträge abgeführt wurden. Damit war der Firma K AG bekannt, dass wegen Versicherungs- und Beitragspflicht des Beigeladenen ein Verwaltungsverfahren anhängig war, sodass eine Beteiligung daran hätte beantragt werden können.

Im Gegensatz zur Firma K AG hätte der Beigeladene schon im Verwaltungsverfahren und nicht erst im sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt werden müssen, da es um seine Versicherungs- und Beitragspflicht als Arbeitnehmer geht und die Entscheidung des Beklagten für den Beigeladenen somit rechtsgestaltende Wirkung im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X für ihn hatte. Hierdurch sah sich der Senat aber nicht veranlasst, den Beigeladenen zu fragen, ob er auf einer Wiederholung des Verwaltungsverfahrens bestehe. Zwar reicht es für die Annahme, er habe sein Recht auf Benachrichtigung vom Verwaltungsverfahren verwirkt, nicht aus, wenn er sich im Prozess nicht geäußert hat (Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 25.10.1988 – 12 RK 21/87 -, juris Rn. 17), doch hat der Beigeladene vorliegend ausreichend deutlich zu erkennen gegeben, am Verwaltungsverfahren nicht beteiligt werden zu wollen. Im Widerspruchsverfahren wurde er über die Frage seiner Versicherungspflicht in Deutschland unterrichtet und sollte veranlasst werden, im Zusammenwirken mit dem Kläger und der DVKA einen Antrag auf Abschluss einer Ausnahmevereinbarung von der Versicherungspflicht in Deutschland nach Artikel 17 VO (EWG) 1408/71 zu stellen. Dies hat der Beigeladene abgelehnt. Ferner hat er in der mündlichen Verhandlung des SG am 22.02.2013 auf Nachfrage des Gerichts erklärt, nicht bereit zu sein, bei der in Luxemburg zuständigen Stelle einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht zu stellen.

Der Nachforderungsbescheid ist aber materiell rechtswidrig.

In Bezug auf die Versicherungs- und Beitragspflicht des Beigeladenen ist die Anwendbarkeit deutschen Sozialrechts allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen. Nach § 3 Nr. 1 SGB IV gelten die deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich des SGB IV beschäftigt sind.

Zu einer Ausnahme der Geltung deutschen Rechts bei unerlaubter gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung aus dem Ausland führt auch nicht § 5 Abs. 1 SGB IV. Danach gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, nicht für Personen, die im Rahmen eines außerhalb des Geltungsbereichs des SGB IV bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in diesen Geltungsbereich entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart dieser Beschäftigung oder im Voraus zeitlich begrenzt ist. Wie zwischen den Beteiligen unstreitig ist, lag ab dem 15.04.2001 eine unerlaubte gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung vor. Nach § 1 Abs. 1 AÜG bedürfen Arbeitgeber der Erlaubnis, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen wollen. Die Firma K AG Luxemburg war nur bis zum 14.04.2001 im Besitz einer solchen Verleiherlaubnis, da die Verlängerung der zuvor erteilten Erlaubnis nicht beantragt worden war. Infolge dessen sind gemäß § 9 Nr. 1 AÜG Verträge zwischen dem Verleiher und dem Entleiher sowie zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer unwirksam. Bei einer solchen Unwirksamkeit gilt nach Maßgabe des § 10 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz AÜG das Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit, also dem Ablauf der Geltungsdauer der Verleiherlaubnis, als zustande gekommen. Damit wird zugleich im Bereich der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung im Grundsatz ein Beschäftigungsverhältnis im Geltungsbereich des SGB IV fingiert. Diese Fiktion sowie die damit verbundene Anwendung des deutschen Rechts auf ein solches Beschäftigungsverhältnis sind nicht abdingbar. Eine Einstrahlung ausländischen Rechts gemäß § 5 Abs. 1 SGB IV findet bei diesem Beschäftigungsverhältnis nicht statt (BSG, Urteil vom 25.10.1988, 12 RK 21/87 –, juris Rn. 22).

Der Beigeladene ist auch nicht nach Artikel 17 VO (EWG) 1408/71 während seiner vorübergehenden Beschäftigung beim Kläger in Deutschland von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über Soziale Sicherheit befreit worden, da die notwendige Befürwortung einer solchen Ausnahmevereinbarung durch die in Luxemburg zuständige Behörde einen Antrag voraussetzen würde, an dem der Beigeladene gemäß seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung des SG am 22.02.2013 nicht mitwirken will und der auch nicht ersetzbar ist.

Aus dem damit anwendbaren deutschen Sozialrecht folgt vorliegend allerdings keine Versicherungs- und Beitragspflicht.

Es fehlt im Verhältnis von Leiharbeitnehmer zum Entleiher bereits an einer entgeltlichen Beschäftigung, denn die Entgeltlichkeit gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV setzt voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt schuldet. Vorliegend schuldete der Kläger dem Beigeladenen aber kein Arbeitsentgelt. Zwar ist nach § 9 Nr. 1 AÜG der Arbeitsvertrag zwischen dem Verleiher, der Firma K AG, und dem Leiharbeitnehmer, dem Beigeladenen, nach Ablauf der Geltungsdauer der Verleiherlaubnis, somit ab dem 15.04.2001 unwirksam, mit der Folge, dass gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen der Firma des Klägers als Entleiher und dem Beigeladenen fingiert wird. Zwar wäre in einem solchen Fall nach allgemeinem Schuldrecht die zwischen Verleiher und Arbeitnehmer erbrachten Leistungen nach Bereicherungsrecht rückabzuwickeln, aber im Arbeitsrecht gilt für das aufgrund unwirksamen Arbeitsvertrags bestehende Rechtsverhältnis (sogenanntes fehlerhaftes Arbeitsverhältnis) etwas Abweichendes: Das fehlerhafte Arbeitsverhältnis wird wie ein wirksames Arbeitsverhältnis betrachtet, das die Parteien aber jederzeit beenden können. Das Sozialversicherungsrecht knüpft gemäß §§ 7 Abs. 1, 14 Abs. 1 SGB IV an das Arbeitsverhältnis unabhängig davon an, ob es wirksam ist oder nicht. Damit bestehen für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer illegal überlassen wurde, nebeneinander ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis und damit ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis zum Verleiher sowie ein fingiertes Arbeitsverhältnis und damit ein Beschäftigungsverhältnis zum Entleiher. Für die Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung gilt das fehlerhafte Beschäftigungsverhältnis somit als maßgeblich (vgl. Wank in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Auflage 2008, Einleitung zum AÜG Rn. 47/48).

Würde man der Auffassung der Beklagten folgen und auf das zusätzlich nach § 10 Abs. 1 AÜG fingierte Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer abstellen, würden zwei Arbeitsverhältnisse mit zwei sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnissen mit der Folge nebeneinander bestehen, dass sowohl Verleiher als auch Entleiher jeweils Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssten. In Bezug auf das Arbeitsentgelt ist jedoch geklärt, dass der Leiharbeitnehmer keinen doppelten Anspruch auf Arbeitsentgelt sowohl aus dem fehlerhaften Arbeitsverhältnis gegen den Verleiher als auch aus dem fingierten Arbeitsverhältnis gegen den Entleiher hat. Zahlt der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die volle Arbeitsvergütung, ist der Leiharbeitnehmer im Sinne des § 422 Abs. 1 BGB insoweit befriedigt. Infolge dessen geht die Forderung gegen den Entleiher gemäß § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den Verleiher über, sofern und soweit dieser vom Entleiher gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB Gesamtschuldnerausgleich beanspruchen kann. Wo kein Gesamtschuldnerausgleich stattfindet, erlischt die Forderung gegen den Entleiher in Höhe der Vergütungszahlung des Verleihers gemäß §§ 422 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB. Da vorliegend die Firma K AG im Rahmen des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses an den Beigeladenen das Arbeitsentgelt gezahlt hat, hat dieser im Rahmen des fingierten Arbeitsverhältnisses zum Kläger gegen diesen keinen entsprechenden (weiteren) zivilrechtlichen Anspruch; gemäß § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB ist insofern Erfüllung eingetreten. Infolge dessen fehlt es vorliegend im Verhältnis von Beigeladenem und Kläger an einer entgeltlichen Beschäftigung, denn die Entgeltlichkeit gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV setzt voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt schuldet. Folglich entfällt im fingierten Arbeitsverhältnis auch die Versicherung in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, denn diese setzen jeweils eine entgeltliche Beschäftigung voraus. Solange der Verleiher aufgrund des fehlerhaften Leiharbeitsverhältnisses also Entgelt zahlt, begründet nur dieses fehlerhafte Arbeitsverhältnis die Sozialversicherungspflicht des Leiharbeitnehmers. Das fingierte Arbeitsverhältnis zum Entleiher wird gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV sozialversicherungsrechtlich erst aktiv, wenn der Entleiher die Vergütungszahlung aufgrund des fingierten Arbeitsverhältnisses aufnimmt (vgl. Schüren in: Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 3. Auflage 2007, Einleitung Rn. 788).

Etwas anderes folgt - entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts - vorliegend auch nicht aus § 28e Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Satz 3 SGB IV. Nach § 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV hat der Verleiher, wenn er das vereinbarte Arbeitsentgelt an den Leiharbeitnehmer zahlt, obwohl der Vertrag nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist, auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach § 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV). Das Gesetz geht somit von nur einer zuständigen Einzugsstelle aus („an die Einzugsstelle zu zahlen“). Ihr gegenüber ist der Verleiher zahlungspflichtig, wenn er im Rahmen des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses das Entgelt zahlt. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht („Zahlungspflicht nach Satz 3“) gilt der Verleiher neben dem Entleiher ebenfalls als Arbeitgeber. Der Entleiher haftet somit für die Forderung der Einzugsstelle, die für den Verleiher zuständig ist. Eine Verpflichtung gegenüber einer weiteren, für den Entleiher zuständigen Einzugsstelle wird hierdurch nicht begründet. Dies folgt aus dem eindeutigen Wortlaut sowie auch aus der Anordnung der Gesamtschuldnerschaft. Bei einer Gesamtschuldnerschaft schulden gemäß § 421 Satz 1 BGB mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist. Eine Verpflichtung, einen Gesamtsozialversicherungsbeitrag zusätzlich an die Einzugsstelle des Entleihers zu zahlen, nachdem bereits der Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle des Verleihers gezahlt worden ist, ist dem Gesetz somit nicht zu entnehmen. Eine solche doppelte Absicherung, die die Leistungsansprüche des Arbeitnehmers nicht verbessern, sondern sich allein auf die Einnahmeseite der Einzugsstelle, die für den Entleiher als fiktiven Arbeitgeber zuständig ist, auswirken würde, folgt auch nicht aus dem Zweck des Gesetzes, das allein auf den Schutz des Arbeitnehmers zielt.

Übertragen auf den vorliegenden Sachverhalt, ergeben sich folgende Konsequenzen: Da die Firma K trotz fehlerhaften Arbeitsverhältnisses das vereinbarte Arbeitsentgelt an den Beigeladenen gezahlt hat, ist sie nach § 28e Abs. 2 Satz 3 SGB IV auch verpflichtet gewesen, den hierauf entfallenen Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Firma K AG dementsprechend den Beigeladenen in der Zeit von 2003 bis 2007 bei der zuständigen Luxemburger Sozialversicherung („Einzugsstelle“) angemeldet und entsprechende Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat. Hinsichtlich dieser Zahlungspflicht gilt nach § 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV der Kläger neben der Firma K als Arbeitgeber und haftet „insoweit“ als Gesamtschuldner. Das bedeutet, dass der Kläger gegenüber der Luxemburger Sozialversicherung neben der Firma K als Gesamtschuldner gehaftet hat bis die Firma K AG die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt und damit die Gläubigerin befriedigt hat. Eine zusätzliche Beitragspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten ist aus dem eindeutigen Wortlaut des § 28e SGB IV nicht ableitbar.

Hierfür spricht auch, dass § 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV der Regelung in § 10 Abs. 3 AÜG folgt. Wie oben dargestellt, führt § 10 Abs. 3 AÜG aber nicht zu einer Anspruchsverdoppelung durch das fingierte Arbeitsverhältnis neben dem fehlerhaften Arbeitsverhältnis, sondern die tatsächlich erbrachte Leistung des Verleihers schließt die Verpflichtung des Entleihers zur Zahlung des Arbeitsentgelts grundsätzlich aus. Nichts anderes gilt auch im Bereich des Sozialrechts und folgt insbesondere auch nicht aus § 28e Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB IV.

Der Kläger hätte demgemäß nur dann Gesamtversicherungsbeiträge an die Beklagte als Einzugsstelle zahlen müssen, wenn im Rahmen des nach § 10 Abs. 1 AÜG fingierten Arbeitsverhältnisses eine Vergütungszahlung an den Beigeladenen tatsächlich erfolgt wäre. Erst dann hätte eine entgeltliche Beschäftigung vorgelegen und die Versicherungs- und Beitragspflicht hätte sich aus den allgemeinen sozialrechtlichen Vorschriften ergeben. Dieser Fall liegt hier aber nicht vor.

Die Berufung des Klägers hat daher in vollem Umfang Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 194 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO).

Die Revision wird zugelassen, die die Rechtssache grundsächliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 1 Nr. 1 SGG).

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

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