BAG: Wiedereingliederungsverhältnis - Anspruch auf Vergütung - Annahmeverzug - Kirchliches Selbstbestimmungsrecht
Das BAG hat mit Urteil vom 24.9.2014 - 5 AZR 611/12 - entschieden:
Ein Wiedereingliederungsverhältnis ist als Vertragsverhältnis eigener Art (sui generis) auf die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit gerichtet und nicht auf die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. Es besteht deshalb - vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung - weder ein vertraglicher, noch ein gesetzlicher Vergütungsanspruch. Ein ärztlicher Wiedereingliederungsplan indiziert eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit. Die Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs ist unschlüssig, wenn der Arbeitnehmer nicht substantiiert seine Leistungsfähigkeit für die vertraglich geschuldete Tätigkeit darlegt und so die indizielle Wirkung des Wiedereingliederungsplans erschüttert. Die Mitteilung, die Tätigkeit im Rahmen einer Wiedereingliederung aufnehmen zu wollen, beinhaltet regelmäßig kein Angebot der Arbeitsleistung, auch wenn der Arbeitnehmer erklärt, er böte die Arbeitskraft an. Inhalt der nach § 294 BGB zu bewirkenden Leistung ist die Befolgung aus dem Arbeitsvertrag resultierender Bekleidungsvorgaben, sofern deren Einhaltung zur vertragsgemäßen Erfüllung der Arbeitsleistung geboten ist. Die Reichweite sich aus der Bezugnahme auf die RL-EKD ergebender Loyalitätspflichten bei der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Aufgaben ist in Abwägung der Grundrechtspositionen des kirchlichen Arbeitgebers und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere mit Blick auf deren Tätigkeit und Stellung in der kirchlichen Einrichtung, unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu ermitteln. Die RL-EKD beschränkt sich in § 4 nicht nur auf die Wiedergabe allgemeiner Loyalitätspflichten als vertragliche Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, son-dern verknüpft diese in besonderer Weise - als Anforderung an die Aufgabenerfüllung im kirchlichen Dienst - mit der Verwirklichung des kirchlichen Auftrags, an dem alle Beschäftigten einer kirchlichen Einrichtung, ungeachtet ihres individuellen Glaubens oder ihrer weltanschaulichen Überzeugungen, durch ihre Tätigkeit mitwirken. Die den Religionsgemeinschaften durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV verliehene Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsgarantie hat nicht zur Folge, dass die Zuordnung einer Einrichtung zu einer Religionsgemeinschaft der Kontrolle durch die Gerichte für Arbeitssachen entzogen ist. Diese haben in einer zweistufigen Prüfung darüber zu befinden, ob überhaupt eine verwaltungsmäßige Verflechtung zwischen der Kirche und der Einrichtung besteht und ob die Kirche aufgrund dieser Verbindung über ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten verfügt, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit ihren Vorstellungen gewährleisten zu können.