BAG: Verschleiertes Arbeitseinkommen - modifizierte Freigabe aus der Insolvenzmasse - Wirkung nur für die Zukunft - Ausgliederung
Das BAG hat mit Urteil vom 16.5.2013 - 6 AZR 556/11 - wie folgt entschieden: Ein vor Wirksamwerden der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG gegen den übertragenden Rechtsträger erwirkter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entfaltet für die Dauer der Nachhaftung nach §§ 156 f. UmwG weiterhin auch Wirkung gegenüber dem übertragenden Rechtsträger. Anderenfalls wäre der von §§ 156 f. UmwG bezweckte Gläubigerschutz nicht ausreichend gewährleistet. Für eine Begrenzung der Nachhaftung auf den Zeitpunkt bis zur ersten Kündigungsmöglichkeit ist kein Raum. Gemäß § 157 Abs. 1 Satz 1 UmwG haftet der übertragende Einzelkaufmann nicht mehr für die Ansprüche auf fiktives Arbeitsentgelt iSv. § 850h Abs. 2 ZPO, die später als fünf Jahre nach dem Ausgliederungsstichtag fällig werden. Das gilt auch dann, wenn innerhalb der Fünf-Jahres-Frist über diese Ansprüche ein vollstreckbarer Titel erwirkt worden ist. Auch verschleiertes Arbeitseinkommen iSv. § 850h Abs. 2 ZPO gehört in Höhe des pfändbaren Teils der angemessenen Vergütung zur Insolvenzmasse. Insoweit wird die Masse zugunsten der Gesamtheit der Gläubiger um den pfändbaren Teil des verschleierten Arbeitseinkommens erweitert. Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet, verliert die Pfändung des pfändbaren Teils des verschleierten Arbeitseinkommens ihre Wirkung nach Ablauf des in § 114 Abs. 3 InsO genannten Zeitraums. Den pfändbaren Teil der angemessenen Vergütung kann danach nur noch der Treuhänder beanspruchen. Der in einem Rechtsstreit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits erreichte Prozesserfolg kann dadurch gesichert werden, dass der Treuhänder das verschleierte Arbeitseinkommen eines Schuldners aus dem Massebeschlag zugunsten eines Gläubigers freigibt und dieser sich verpflichtet, das beigetriebene verschleierte Arbeitseinkommen an die Insolvenzmasse abzuführen (modifizierte Freigabe). Eine solche Freigabeerklärung wirkt allerdings nur für die Zukunft. Mit Wirksamwerden der Freigabe kann der Gläubiger mit dem durch die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erreichten Rang bis zum Ablauf der Nachhaftungsgrenze die Zwangsvollstreckung wieder betreiben. Mit Ablauf des Nachhaftungszeitraums der §§ 156 f. UmwG endet die Vollstreckungsmöglichkeit aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Ein Urteil in einem im Zeitpunkt der Ausgliederung bereits anhängigen Rechtsstreit zwischen dem übertragenden Rechtsträger und einem Gläubiger entfaltet keine rechtskrafterstreckende Wirkung auf den übernehmenden Rechtsträger. § 265 Abs. 2 ZPO findet in einem solchen Fall weder unmittelbare noch analoge Anwendung. § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO sieht bei Anschließungen in Prozessen, die eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323 ZPO) zum Gegenstand haben, eine Ausnahme vom Erfordernis der Einlegung der Anschlussberufung innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO vor. Diese Ausnahmeregelung erfasst Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, durch die sich nicht lediglich die Höhe der wiederkehrenden Leistungen ändert, sondern ein neuer Streitgegenstand eingeführt wird, insbesondere eine Änderung der Anspruchsberechtigung geltend gemacht wird, nicht.