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Arbeitsrecht
20.12.2013
Arbeitsrecht
BAG: Unzumutbare Kündigungserschwerung - Masseverbindlichkeit bei auflösend beding-ter Forderung - Vorsatzanfechtung

Das BAG hat mit Urteil vom 12.9.2013 - 6 AZR 980/11 - entschieden: Sagt der Schuldner dem Arbeitnehmer eine Prämie dafür zu, dass dieser bis zu einem bestimmten Stichtag keine Eigenkündigung erklärt (Halteprämie), und ist diese Prämie auch dann zu zahlen, wenn der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung erklärt, ist diese Vereinbarung nicht gemäß § 119 InsO unwirksam. Sie greift in die Gestaltungsrechte des Insolvenzverwalters nach §§ 103 ff. InsO nicht ein, weil eine Kündigung des Insolvenzverwalters den Anspruch auf die Halteprämie nicht auslöst. Liegt der Stichtag für die Halteprämie bzw. einzelne Teilbeträge der Halteprämie nach Insolvenzeröffnung, sind die an diesem Stichtag entstehenden (Teil-)Ansprüche Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Der Anspruch ist in diesem Fall daran gebunden, dass der Arbeitnehmer in Form von weiter erwiesener Be-triebstreue eine Leistung „für“ die Masse erbringt und steht damit jedenfalls in einem weiten Sinn im Synallagma. Für den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners iSv. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist auf Beweisanzeichen abzustellen, insbesondere auf die Kenntnis des Schuldners von seiner Zahlungsunfähigkeit und auf das Vorliegen einer inkongruenten Deckung. Die Indizwirkung dieser Beweisanzeichen kann im Einzelfall ausgeschlossen sein. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn die angefochtene Rechtshandlung Be-standteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist. Voraussetzung ist allerdings, dass zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegt, das bei einer Realisierung die vollständige Befriedigung der übrigen Gläubi-ger vorsieht, das zumindest in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt. Die bloße Hoffnung des Schuldners, die Krise überwinden oder abwenden zu können, genügt nicht. Auf Seiten des Anfechtungsgegners ist subjektive Voraussetzung der Vorsatzan-fechtung die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. Diese Kenntnis wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wuss-te, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und die Handlung die Gläubiger benachteilig-te. Der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Die grob fahrläs-sige Unkenntnis genügt dagegen nicht. Die weiter erforderliche Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Gläubigerbe-nachteiligung wird widerleglich vermutet, wenn der Anfechtungsgegner Umstände kennt, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Die Beweisanzeichen für das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen der Vor-satzanfechtung begründen keine gesetzliche Vermutung iSd. § 292 ZPO, sondern sind nur mehr oder weniger gewichtige Indizien, die eine Gesamtwürdigung durch das Tatsachengericht nicht entbehrlich machen und nicht schematisch angewandt werden dürfen. Ob die Voraussetzungen des § 133 InsO vorliegen, unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung des Tatsachengerichts. Die beweisbelastete Partei muss keinen „Vorbeweis“ führen, indem sie Anhalts-punkte für - gegebenenfalls von ihr nur vermutete - Tatsachen konkretisiert und unter Beweis stellt. Hat eine Partei keinen Einblick in die Geschehensabläufe und ist ihr deshalb die Beweisführung erschwert, kann sie auch solche Umstände unter Beweis stellen, die sie nur vermutet, aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält.

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