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Arbeitsrecht
30.10.2013
Arbeitsrecht
BAG: Unterbrechung durch Eröffnung eines brasilianischen Insolvenzverfahrens nach § 352 InsO nur bei Rechtshängigkeit - Wirksamkeit einer Auslandszustel-lung

Das BAG hat mit Urteil vom 18.7.2013 - 6 AZR 882/11 (A) - entschieden: Die internationale Zuständigkeit, dh. die Frage, für welche Rechtsstreitigkeiten mit internationalem Bezug die deutschen Gerichte zuständig sind, richtet sich nach den autonomen nationalen Regelungen der Zivilprozessordnung über die örtliche Zu-ständigkeit, wenn weder unionsrechtliche Bestimmungen noch bilaterale oder inter-nationale Abkommen Anwendung finden. Wird ein Insolvenzverfahren im Ausland eröffnet und betrifft ein im Inland geführter Rechtsstreit die Insolvenzmasse, ordnet § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO an, dass der inländische Rechtsstreit unterbrochen ist. Als nicht kollisionsrechtliche Sachnorm bestimmt § 352 InsO abschließend, dass die Entscheidung darüber, ob der Rechts-streit unterbrochen ist, allein nach dieser Bestimmung zu treffen ist. Die Unterbre-chungswirkung des § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO knüpft damit lediglich an den Umstand der Verfahrenseröffnung im Ausland an, nicht dagegen an das Recht des ausländi-schen Staats, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (sog. lex fori concur-sus). Ob eine Klage wirksam zugestellt ist, bestimmt sich nach deutschem Zivilprozess-recht. Nach den Regeln des deutschen Internationalen Prozessrechts richtet sich das Verfahren auch in Fällen mit Auslandsberührung nach dem Recht des angerufenen Gerichts und den inländischen Prozessvorschriften, der sog. lex fori. Für die Zustellung einer Klage und die Heilung von Zustellungsmängeln gilt au-ßerhalb des Anwendungsbereichs des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handels-sachen vom 15. November 1965 (HZÜ) grundsätzlich das Verfahrensrecht des angerufenen Prozessgerichts. Die lex fori concursus entscheidet darüber, ob die Insolvenzmasse selbst Rechts- und Parteifähigkeit erhält und vom Verwalter vertreten wird oder ob der Verwalter in eigenem Namen auftritt. Nach der lex fori concursus bestimmt sich daher auch, ob der ausländische Verwalter für die Masse prozessführungsbefugt ist und ob er einen Dritten zur Prozessführung ermächtigen kann. Ob ein ausländisches Verfahren als Insolvenzverfahren iSv. § 343 Abs. 1 Satz 1 InsO zu qualifizieren ist, ist unter Berücksichtigung der Vielfalt der Insolvenzbereini-gung in den verschiedenen Rechtsordnungen zu bestimmen. Das ausländische Verfahren braucht nicht in jeder Beziehung oder auch nur in seinen wesentlichen Grundzügen mit dem deutschen Recht übereinzustimmen. Erforderlich ist nur, dass das ausländische Insolvenzverfahren im Wesentlichen den gleichen Zielen wie das deutsche Insolvenzverfahren verpflichtet ist. Insolvenzverfahren iSv. §§ 335 ff. InsO sind jedenfalls Gesamtverfahren, die die Zahlungsunfähigkeit, die Zahlungseinstellung oder die Krediterschütterung des Schuldners voraussetzen. Sie müssen den vollständigen oder teilweisen Vermö-gensbeschlag - dh. den Verlust der Befugnis des Schuldners zur Verwaltung seines Vermögens - und die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, weicht die Abwicklung der Insolvenz nach dem ausländi-schen Verfahren aber erheblich von den Grundsätzen des inländischen Rechts ab, ist dieser Umstand lediglich bei der Prüfung von § 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO zu berücksichtigen. Danach ist zu untersuchen, ob die Anerkennung des ausländischen Insolvenzverfahrens mit der deutschen öffentlichen Ordnung, dem sog. ordre public, zu vereinbaren ist. Mit dem deutschen ordre public ist eine Entscheidung nicht schon dann unverein-bar, wenn der deutsche Richter - hätte er über die Frage entschieden - aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Maß-geblich ist vielmehr, ob das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach inländi-scher Vorstellung untragbar erscheint.

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