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Arbeitsrecht
14.04.2016
Arbeitsrecht
BAG: Selbstentscheidung über Befangenheitsgesuch - Vereinbarkeit mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG

Das BAG hat mit Beschluss vom 17.3.2016 – 6 AZN 1087/15 – wie folgt entschieden:

1. Gemäß § 557 Abs. 2 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG unterliegen dem Endurteil vorausgegangene unanfechtbare Entscheidungen nicht der Beurteilung des Revisionsgerichts. Deshalb ist eine inzidente Überprüfung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über ein Ablehnungsgesuch im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die unter Mitwirkung des erfolglos abgelehnten Richters getroffene Sachentscheidung grundsätzlich ausgeschlossen. Die Partei, deren Befangenheitsantrag abgelehnt worden ist, ist auf die Anhörungsrüge gemäß § 78a ArbGG zu verweisen.

2. Allerdings kann ausnahmsweise mit der Nichtzulassungsbeschwerde der absolute Revisionsgrund der fehlerhaften Besetzung des Gerichts (§ 547 Nr. 1 ZPO) geltend gemacht werden, wenn das Ablehnungsgesuch nicht nur fehlerhaft behandelt worden ist, sondern das Berufungsgericht bei der Bescheidung des Ablehnungsgesuchs Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat. Aufgrund der Ausstrahlungswirkung der Verfassungsgarantie des gesetzlichen Richters muss das Revisionsgericht in dieser Konstellation die in fehlerhafter Besetzung ergangene Entscheidung aufheben.

3. Eine Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ist nur in klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs mit dem Gewährleistungsgehalt des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar. Erlaubt sind nur echte Formalentscheidungen und Entscheidungen, die einen offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts verhindern sollen. Eine Verwerfung des Ablehnungsgesuchs unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn das Ablehnungsgesuch für sich allein – ohne jede weitere Aktenkenntnis - offenkundig die Ablehnung nicht zu begründen vermag. Ist hingegen ein - wenn auch nur geringfügiges - Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet die Ablehnung als unzulässig unter Mitwirkung des abgelehnten Richters aus. Eine gleichwohl erfolgte Entscheidung durch den abgelehnten Richter selbst ist dann willkürlich und verkennt die Tragweite der Verfahrensgarantie des gesetzlichen Richters.

4. Die Ablehnung eines Ablehnungsgesuchs unter Verweis auf eine damit verfolgte Verschleppungsabsicht bedarf in der Regel einer Auseinandersetzung mit dem Prozessverlauf und dem Akteninhalt und kann darum grundsätzlich nicht unter Mitwirkung des abgelehnten Richters erfolgen.

5. Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kann der Rechtsstreit bei Verletzung eines absoluten Revisionsgrundes an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen werden.

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