BAG: Sachgrundlose Befristung - Betriebsratsmitglied
Das BAG entschied in seinem Urteil vom 5.12.2012 - 7 AZR 698/11 - wie folgt: Nach der Tariföffnungsklausel des § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG ist es den Tarifvertragsparteien ermöglicht, zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen sachgrundloser Befristungen von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG abweichende Regelungen zu treffen, die nicht nur entweder die Anzahl der Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge oder die Höchstdauer der Befristung, sondern kumulativ beide Vorgaben betreffen. Systematischer Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck des TzBfG sowie verfassungs- und unionsrechtliche Gründe gebieten eine immanente Beschränkung der durch § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffneten Dispositionsbefugnis der Tarifvertragsparteien. § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG erlaubt keine tarifvertragliche Gestaltung sachgrundloser Befristungen, die das in § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ausgedrückte gesetzgeberische Konzept konterkariert, wonach die Befristung grundsätzlich eines Sachgrundes bedarf. Auch ermöglicht die Vorschrift keine tarifvertragliche Befristung ohne Sachgrund, die nicht mehr der mit dem TzBfG verfolgten Verwirklichung der aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden staatlichen Schutzpflicht entspricht oder dem nach der Befristungs-RL und deren inkorporierter Rahmenvereinbarung von den Mitgliedstaaten zu verwirklichenden Ziel der Verhinderung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge erkennbar zuwiderläuft. Die gesetzliche Tariföffnungsklausel des § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG unterliegt mit den gebotenen immanenten Einschränkungen keinen unionsrechtlichen Bedenken. Sie widerspricht nicht § 5 Nr. 1 Eingangssatz der Rahmenvereinbarung. Sie verstößt auch insbesondere nicht gegen das Verschlechterungsverbot des § 8 Nr. 3 der Rahmenvereinbarung. Die Grenzen der den Tarifvertragsparteien durch § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffneten Regelungsbefugnis sind bei einer Festlegung der zulässigen Höchstdauer von 42 Monaten für die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes und bei einer in diesem Rahmen vorgegebenen höchstens viermaligen Vertragsverlängerung - wie in § 2 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 MRTV - nicht überschritten. Art. 7 und 8 der Richtlinie 2002/14 gebieten - auch unter Berücksichtigung von Art. 27, 28 und 30 der GRC - bei sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen mit Betriebsratsmitgliedern kein Verständnis von § 14 Abs. 2 TzBfG dahingehend, dass die Vorschrift richtlinien-/unionsrechtskonform zu reduzieren und unanwendbar sei. Ein sachgrundlos befristet beschäftigtes Betriebsratsmitglied genösse keinen ausreichenden Schutz und keine ausreichenden Sicherheiten iSv. Art. 7 Richtlinie 2002/14, wenn die Beendigung seines Arbeitsvertrags mit seinem Mandat oder mit seiner Amtstätigkeit begründet werden könnte. Das Gesetz sieht für eine derartige unzulässige Benachteiligung aber hinreichende Sanktionen vor. Zwar kommt eine analoge Anwendung von § 78a Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BetrVG nicht in Betracht. Dem unionsrechtlich gebotenen Schutz eines Betriebsratsmitglieds vor einer im Zusammenhang mit einer Befristung stehenden Benachteiligung kann aber durch § 78 Satz 2 BetrVG - ggf. iVm. § 280 Abs. 1 und/oder § 823 Abs. 2 BGB - Rechnung getragen werden.